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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Berufungskammer
Fallnummer:RR.2022.180, RR.2022.181
Datum:19.06.2023
Leitsatz/Stichwort:
Schlagwörter : Schuldig; Verfahren; Bundes; Verteidigung; Amtlich; Verfahren; Amtliche; Beschuldigte; Selig; Entsch?digung; Stunden; Berufung; Urteil; Beschuldigten; Auslagen; Verfahrens; Aufwendungen; Rechtsanwalt; Staat; Jeker; Gericht; Konrad; Erstinstanzlich; Verteidiger; Kammer; Stundenansatz; Erstinstanzliche; Aufwand; Amtlichen
Rechtskraft:Zurzeit keine Rechtsmittel ergriffen
Rechtsnorm: Art. 135 StPO ; Art. 31 StPO ; Art. 319 StPO ; Art. 32 StPO ; Art. 329 StPO ; Art. 37 StPO ; Art. 39 StPO ; Art. 40 StPO ; Art. 42 StPO ; Art. 422 StPO ; Art. 423 StPO ; Art. 429 StPO ; Art. 43 StPO ; Art. 436 StPO ; Art. 48 BGG ;
Referenz BGE:115 IV 156; 138 IV 206; 139 IV 263; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

CA.2022.21

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: CA.2022.21

Beschluss vom 19. Juni 2023

Berufungskammer

Besetzung

Richterinnen Brigitte Stump Wendt, Vorsitzende

Andrea Blum und Beatrice Kolvodouris Janett

Gerichtsschreiber Sandro Clausen

Parteien

A. selig, amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Konrad Jeker

 

Berufungsführer / Beschuldigter

 

gegen

1.       Eidgenössisches Finanzdepartement, Generalsekretariat EFD, vertreten durch Dr. Christian Heierli, Leiter Strafrechtsdienst,

Berufungsgegner / Untersuchungsbehörde

2.     Bundesanwaltschaft, vertreten durch Staatsanwältin des Bundes Lucienne Fauquex,

Berufungsgegnerin / Anklagebehörde

 

 

Gegenstand

Tätigkeit als Finanzintermediär ohne Bewilligung

Berufung gegen das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2021.46 vom 19. Juli 2022 (Einstellung des Strafverfahrens)

Die Berufungskammer erwägt:

I.            Prozessgeschichte

1.           Im Verfahren um gerichtliche Beurteilung einer Strafverfügung des Eidgenössischen Finanzdepartements (nachfolgend: EFD) sprach die Strafkammer des Bundesstrafgerichts A. selig (nachfolgend: Beschuldigter selig) mit Urteil vom 19. Juli 2022 der vorsätzlichen Tätigkeit als Finanzintermediär ohne Bewilligung gemäss Art. 44 Abs. 1 FINMAG i.V.m. Art. 14 Abs. 1 GwG schuldig und bestrafte ihn hierfür mit einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 30.00 (Urteil SK.2021.46 Dispositiv-Ziffern 1 und 2). Auf eine Ersatzforderung zulasten des Beschuldigten selig wurde verzichtet und ein Antrag auf Freigabe von beschlagnahmten Vermögenswerten wurde als gegenstandslos abgeschrieben (Urteil SK.2021.46 Dispositiv-Ziffern 3 und 4). Ferner wurden die Kosten- und Entschädigungsfolgen geregelt (Urteil SK.2021.46 Dispositiv-Ziffern 3 bis 7). Dieses Urteil wurde den Parteien direkt in seiner begründeten Fassung schriftlich eröffnet (TPF pag. 2.930.036 ff.). Der Beschuldigte selig erhob dagegen Berufung und beantragte mit am 23. August 2022 eingereichter Berufungserklärung, er sei von Schuld und Strafe freizusprechen (CAR pag. 1.100.001). Es wurden weder Anschlussberufungen noch Anträge auf Nichteintreten auf die Berufung des Beschuldigten selig gestellt (CAR pag. 1.400.001; CAR pag. 1.400.003). Mit Verfügung vom 19. Dezember 2022 wurden die Parteien zur Vernehmlassung dazu eingeladen, in welcher Verfahrensart die Berufungssache zu behandeln sei. Der amtlichen Verteidigung wurde unter Hinweis auf aktenkundige gesundheitliche Beschwerden des Beschuldigten selig zudem die Möglichkeit gewährt, das Gericht über dessen aktuellen Gesundheitszustand zu unterrichten (CAR pag. 4.600.001). Mit Eingabe vom 9. Januar 2023 teilte die amtliche Verteidigung mit, dass sie keine verlässlichen Angaben zum Gesundheitszustand des Beschuldigten selig machen könne (CAR pag. 4.600.007). Am 31. Januar 2023 erging eine Verfügung über Beweismassnahmen (CAR pag. 4.200.001 f.).

2.           Mit Eingabe vom 7. Februar 2023 teilte die amtliche Verteidigung der Berufungskammer unter Beilage einer amtlichen Todesurkunde mit, dass der Beschuldigte selig am […] verstorben sei, und ersuchte um Einstellung des Verfahrens unter gesetzlichen Kosten- und Entschädigungsfolgen (CAR pag. 2.102.002 ff.). Mit Verfügung vom 8. Februar 2023 wurden die übrigen Parteien über den Tod des Beschuldigten selig orientiert. Gleichzeitig wurde den Parteien zur Frage, wie das vorliegende Berufungsverfahren zu erledigen sei und welche Kosten- und Entschädigungsfolgen sich aus der entsprechenden Verfahrenserledigung ergäben, das rechtliche Gehör gewährt (CAR pag. 2.100.001). Mit Eingabe vom 16. Februar 2023 beantragte das EFD die Einstellung des Verfahrens unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Staatskasse. Ferner ersuchte es gestützt auf Art. 101 VStrR um Einräumung der Gelegenheit zur Stellungnahme zur Kostennote der amtlichen Verteidigung (CAR pag. 2.103.001 f.). Unter Einreichung ihrer Honorarnote beantragte die amtliche Verteidigung mit Eingabe vom 24. Februar 2023, es seien die Kosten des Verfahrens dem Staat aufzuerlegen und dem Beschuldigten selig die entstandenen Anwaltskosten zu ersetzen (CAR pag. 2.102.005; CAR pag. 2.102.006 ff.). Die Bundesanwaltschaft liess sich nicht vernehmen. Mit Verfügung vom 2. März 2023 wurde dem EFD Frist angesetzt, um sich zum von der amtlichen Verteidigung geltend gemachten Entschädigungsanspruch zu äussern und entsprechende Anträge zu stellen (CAR pag. 2.103.003). In seiner am 15. März 2023 hierorts eingegangenen Stellungnahme stellte das EFD die Entschädigungswürdigkeit einzelner Positionen der Honorarnote der amtlichen Verteidigung in Frage (CAR pag. 2.103.004). Mit Verfügung vom 22. März 2023 zur Stellungnahme und ergänzender Begründung ihrer Honorarrechnung eingeladen (CAR pag. 2.102.011 f.), äusserte sich die amtliche Verteidigung mit Eingabe vom 31. März 2023 erneut zur beantragten Entschädigung (CAR pag. 2.102.013). Die Stellungnahme wurde den übrigen Verfahrensbeteiligten zur Kenntnisnahme mitgeteilt (CAR pag. 2.300.001).

3.           Nachdem den Parteien zu sämtlichen Fragen der Erledigung des Verfahrens und den Nebenfolgen das rechtliche Gehör gewährt wurde, kann der Prozess nunmehr zu einem Abschluss gebracht werden.

II.           Verfahrenseinstellung

Kann ein Urteil nach Anklageerhebung definitiv nicht ergehen, so stellt das Gericht, mithin auch die Rechtsmittelinstanz, gestützt auf die vorliegend massgebenden Verweisungsnormen von Art. 82 VStrR und Art. 379 StPO das Verfahren ein (Art. 329 Abs. 4 StPO), sofern dieses wegen fehlender Prozessvoraussetzungen oder vorhandener Prozesshindernisse (Art. 319 Abs. 1 lit. d StPO) einzustellen ist (Urteil des Bundesgerichts 6B_133/2016 vom 3. Juni 20216 E. 3; Urteil des Bundesgerichts 6B_991/2013 vom 24. April 2014 E. 2.3). Ein Prozesshindernis liegt insbesondere beim Tod der beschuldigten Person vor (Grädel/Heiniger, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 319 StPO N. 15). Eine Fortführung des Verfahrens ist beim Tod der beschuldigten Person ausgeschlossen und das Verfahren ist einzustellen. Zudem wird das erstinstanzliche Urteil in Bezug auf die verstorbene beschuldigte Person gegenstandslos (Art. 329 Abs. 4 StPO i.V.m. Art. 82 VStrR; Stephenson/Zalunardo-Walser, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 329 StPO N. 5; Schmid/Jositsch, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 399 StPO N. 2 und Art. 403 StPO N. 9). Da der Beschuldigte selig während des Berufungsverfahrens verstorben ist, liegt ein unüberwindbares Verfahrenshindernis vor, welches die Fällung eines Urteils definitiv verunmöglicht. Das Verfahren ist aufgrund des Ablebens des Beschuldigten selig einzustellen und das erstinstanzliche Urteil ist in Bezug auf die verstorbene beschuldigte Person für gegenstandslos zu erklären.

III.          Kosten- und Entschädigungsfolgen

1.           Nach dem Grundsatz von Art. 423 StPO in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 VStrR werden die Verfahrenskosten von Bund oder Kanton getragen, sofern die Strafprozessordnung nichts anderes vorsieht. In Art. 426 StPO ist die Kostentragungspflicht der beschuldigten Person geregelt. Stirbt die beschuldigte Person während des Strafverfahrens, so können die Verfahrenskosten ihrem Nachlass mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage in der Strafprozessordnung nicht auferlegt werden. Wenn die Voraussetzungen für die Kostenauflage an einen anderen (privaten) Verfahrensbeteiligten – wie vorliegend – ebenfalls nicht erfüllt sind, hat der Staat die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 423 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 97 Abs. 1 VStrR; Domeisen, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 426 StPO N. 11). Gemäss Art. 97 Abs. 2 VStrR können die Kosten der Verwaltung gleich verlegt werden wie die Kosten des gerichtlichen Verfahrens. Die Kosten für das Vorverfahren und das erstinstanzliche Gerichtsverfahren (Urteil SK.2021.46 E. 6.1 – E. 6.3 [total Fr. 3'861.10 (= Fr. 2'861.10 Kosten für Strafverfahren der Verwaltung + Fr. 1'000.00 erstinstanzliche Gerichtsgebühr)]) sind folglich vom Staat zu tragen. Die Gebühr für das Berufungsverfahren ist in Anwendung von Art. 73 Abs. 1 lit. a und b StBOG und Art. 3 lit. c StBOG; Art. 1, 5, 7 und 9 des Reglements des Bundesstrafgerichts über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren vom 31. August 2010 (BStKR; SR.173.713.162) auf Fr. 500.00 (inkl. Auslagen) zu veranschlagen und ebenfalls vom Staat zu tragen. Können beim Tode der beschuldigten Person die Verfahrenskosten nicht dem Nachlass auferlegt werden, kann dieser auch nicht mit den Aufwendungen für die angemessene Ausübung der Verteidigungsrechte belastet werden (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_614/2013 vom 29. August 2013). Deshalb sind auch die zu den Verfahrenskosten zählenden Kosten für die amtliche Verteidigung (vgl. Art. 422 Abs. 2 lit. a StPO) vom Staat zu tragen.

2.1         Gemäss Art. 99 Abs. 1 VStrR ist der beschuldigten Person, gegen die das Verfahren eingestellt oder die nur wegen Ordnungswidrigkeit bestraft wird, auf Begehren eine Entschädigung für die Untersuchungshaft und für andere Nachteile, die sie erlitten hat, auszurichten. Im gerichtlichen Verfahren gilt Art. 99 VStrR sinngemäss, wobei das Gericht auch über die Entschädigung für Nachteile im Verfahren vor der Verwaltung entscheidet (Art. 101 Abs. 1 VStrR). Der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zufolge sind auf entsprechendes Begehren hin auch die notwendigen Verteidigungskosten zu erstatten. Bezüglich der Notwendigkeit der Parteikosten darf dabei kein allzu strenger Massstab angelegt werden, denn Verteidigungskosten müssen im Sinne dieser Bestimmung grundsätzlich dann als notwendige Auslagen anerkannt werden, wenn die Verteidigung im Zeitpunkt, als der Verteidiger in Anspruch genommen wurde, zulässig war und die Kosten unmittelbar durch das Verfahren bedingt und aus Vorkehren entstanden sind, welche sich bei sorgfältiger Interessenwahrung als geboten erweisen oder doch in guten Treuen verantworten lassen (BGE 115 IV 156 E. 2c; Urteil des Bundesgerichts 6B_655/2011 vom 20. Februar 2012 E. 5.2). Bevor das Gericht eine Entschädigung festsetzt, hat es der beteiligten Verwaltung Gelegenheit zu geben, sich zum Anspruch und seiner Höhe zu äussern und Anträge zu stellen (Art. 101 Abs. 2 VStrR). Die Entschädigung geht zu Lasten des Bundes (Art. 99 Abs. 3 VStrR).

2.2         Mit Verfügung des vorinstanzlichen Einzelrichters vom 7. Juni 2022 wurde dem Beschuldigten selig mit Wirkung auf 2. Juni 2022 in der Person von Rechtsanwalt Konrad Jeker eine amtliche Verteidigung beigegeben (TPF pag. 2.911.001). Weil die amtliche Verteidigung erst für das Gerichtsverfahren bestellt wurde, richtet sich die Entschädigung nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung. Die amtliche Verteidigung wird für ihre Bemühungen unabhängig vom Verfahrensausgang entschädigt (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_59/2016 vom 13. April 2016 E. 2.2; Urteil des Bundesgerichts 6B_59/2016 vom 13. April 2016 E. 2.2). Gemäss Art. 135 Abs. 2 StPO legen die Staatsanwaltschaft oder das Gericht die Entschädigung am Ende des Verfahrens fest, wobei die Entschädigung der amtlichen Verteidigung in Bundesstrafverfahren nach dem Anwaltstarif des Bundes festgesetzt wird (Art. 135 Abs. 1 StPO). Eine amtlich verteidigte beschuldigte Person hat keinen Anspruch auf Entschädigung für angefallenen Verteidigungsaufwand gestützt auf Art. 99 VStrR bzw. Art. 436 Abs. 2 StPO oder Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO (BGE 139 IV 263 E. 2.2.2 ; BGE 138 IV 206 E. 1; Urteil des Bundesgerichts 6B_45/2012 vom 7. Mai 2012 E. 1). Vor der Bestellung als amtlicher Verteidiger war Rechtsanwalt Konrad Jeker bereits als erbetene Verteidigung des Beschuldigten selig tätig (EFD pag. 060-0021; TPF pag. 2.821.007 ff.; CAR pag. 2.102.007 ff.). Für die von Rechtsanwalt Jeker in der Funktion als Wahlverteidiger getätigten Bemühungen ist angesichts des Ausgangs des vorliegenden Verfahrens eine Parteientschädigung geschuldet. Die in Art. 99 Abs. 1 VStrR bzw. Art. 430 StPO verankerten Voraussetzungen für die Verweigerung oder Herabsetzung der Entschädigung sind vorliegend nicht gegeben. Da der Beschuldigte selig bei der Mandatserteilung an Rechtsanwalt Jeker mit diesem die Abtretung allfälliger gerichtlicher Aufwandentschädigungen zahlungshalber vereinbarte (vgl. Anwaltsvollmacht vom 14. Juni 2020 [EFD pag. 060-0021]), ist die Parteientschädigung aus der Staatskasse direkt dem erbetenen Verteidiger auszurichten.

2.3         Die Höhe der Entschädigung für die amtliche Verteidigung richtet sich nach dem Reglement des Bundesstrafgerichts über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren vom 31. August 2010 (BStKR; SR 173.713.162). Auf die Berechnung der Entschädigung der Wahlverteidigung sind die Bestimmungen über die Entschädigung der amtlichen Verteidigung anwendbar (Art. 10 BStKR). Die Anwaltskosten umfassen das Honorar und die notwendigen Auslagen, namentlich für Reise, Verpflegung und Unterkunft sowie Porti und Telefonspesen (Art. 11 Abs. 1 BStKR). Das Honorar wird nach dem notwendigen und ausgewiesenen Zeitaufwand bemessen. Der Stundenansatz beträgt mindestens Fr. 200.00 und höchstens Fr. 300.00 (Art. 12 Abs. 1 BStKR). Bei FäIlen im ordentlichen Schwierigkeitsbereich, d.h. für Verfahren ohne hohe sachliche oder rechtliche Komplexität, beträgt der Stundenansatz gemäss ständiger Praxis aller Kammern des Bundesstrafgerichts Fr. 230.00 für Arbeitszeit und Fr. 200.00 für Reise- und Wartezeit (Verfügung der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SN.2017.3 vom 21. März 2017 E. 2; Beschluss der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SN.2021.8 vom 3. Mai 2021 E. 2.1; Urteil der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts CA.2021.27 vom 31. Oktober 2022 E. 12.2.2; Urteil der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts CA.2019.17 vom 28. August 2020 E. II.8.2.4; Beschluss der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts BB.2018.149-150 vom 5. August 2019 E. 7.5.2). Seine Aufwendungen als erbetener Verteidiger des Beschuldigten selig stellt Rechtsanwalt Konrad Jeker zu einem Stundenansatz von Fr. 280.00 in Rechnung (CAR pag. 2.102.007; vgl. auch TPF pag. 2.821.007). Für die Bemessung des massgeblichen Stundenansatzes ist indessen zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend nicht um eine ausserordentlich umfangreiche und besonders schwierig zu beurteilende Strafsache handelt. Es sind keine Umstände genannt worden oder ersichtlich, die das vorliegende Strafverfahren als überdurchschnittlich komplex oder aufwändig erscheinen liessen. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass, vom praxisgemäss für Verfahren mit ordentlichem Schwierigkeitsgrad anzuwendenden Stundenansatz von Fr. 230.00 abzuweichen. Für die Bemühungen als amtlicher Verteidiger wird gemäss der im Berufungsverfahren eingereichten Leistungszusammenstellung ein Stundenansatz von Fr. 220.00 geltend gemacht (vgl. CAR pag. 2.102.007). Damit wird ein gegenüber der noch vor Vorinstanz zu den Akten gegebenen Kostennote (TPF pag. 2.821.009 [Stundenansatz von Fr. 200.00]) erhöhter Stundenansatz gewählt. Zu den Gründen äusserte sich die amtliche Verteidigung nicht, sondern führte einzig aus, sie «beharre» nicht auf dem höheren Stundenansatz (CAR pag. 2.102.013). Die anwaltlichen Leistungen der amtlichen Verteidigung im vorinstanzlichen Verfahren sind auf der Grundlage der ursprünglich geltend gemachten Stundenansatzhöhe von Fr. 200.00 zu vergüten. Der für die Aufwendungen im Berufungsverfahren herangezogene Stundenansatz von Fr. 220.00 (vgl. CAR pag. 2.102.010) bewegt sich schliesslich im vorgegebenen Rahmen und ist für die Bemessung der Entschädigung zu übernehmen. Zu dem auf den soeben erörterten Grundlagen berechneten Honorar kommen die im Rahmen der Höchstansätze aufgrund der tatsächlichen Kosten vergüteten Auslagen (Art. 13 BStKR) und die Mehrwertsteuer hinzu (Art. 14 BStKR).

2.4         Laut der von Rechtsanwalt Konrad Jeker eingereichten Kostennote beläuft sich sein Aufwand für die Tätigkeit als erbetener Verteidiger des Beschuldigten selig auf eine Arbeitszeit von 46.37 Stunden und Auslagen in der Höhe von Fr. 69.00 (Aufwendungen und Auslagen vom 10.02.2020 bis 31.05.2022 [TPF pag. 2.821.007 ff.; CAR pag. 2.102.007 ff.]). In seiner Stellungnahme vom 13. März 2023 bemängelt das EFD einzelne der aufgeführten Bemühungen bezüglich ihrer Sachbezogenheit und Angemessenheit. Dies betrifft einzelne Leistungen, die nach Ansicht des EFD nicht dem verwaltungsrechtlichen Verfahren zuzurechnen oder aber vom Zeitaufwand übersetzt seien (CAR pag. 2.103.004). Die amtliche Verteidigung anerkennt, dass einzelne der in der Kostennote enthaltenen Aufwendungen auch für das von der Bundesanwaltschaft gegen eine Vielzahl von Beschuldigten geführte Strafverfahren relevant gewesen seien. Hingegen wird geltend gemacht, dass parallel mehrere Verfahren mit unterschiedlichen Vorhalten geführt worden seien, wobei die jeweiligen Untersuchungsergebnisse teilweise in beiden Verfahren Berücksichtigung gefunden hätten (CAR pag. 2.102.013 f.). Den Akten ist zu entnehmen, dass das vorliegende Strafverfahren gegen den Beschuldigten selig seinen Ursprung in einem umfangreichen Untersuchungskomplex mit internationalen Bezügen hatte. Wegen Betrugs- und Geldwäschereidelikten von unbekannter Dimension wurde gegen zahlreiche beschuldigte Personen ermittelt, wobei zuweilen auch der Vorwurf einer kriminellen Organisation im Raum stand (EFD pag. 010-0001 ff.; EFD pag. 020-0001 ff.; EFD pag. 030-0001 ff.; BA pag. 442-3-13580 ff.). In den Fokus dieser Strafuntersuchung geriet auch die gewisse Zahlungsdienstleistungen erbringende «B. GmbH», deren einziger Gesellschafter und Geschäftsführer sowie Liquidator der Beschuldigte selig war (EFD pag. 010-0001 ff.; EFD pag. 020-0001). Zwischen den verschiedenen Strafuntersuchungen bestanden daher sachliche Überschneidungen und relevante Berührungspunkte. Das EFD hat für ihr Verfahren denn auch die Untersuchungsakten mehrerer kantonaler Staatsanwaltschaften und der Bundesanwaltschaft beigezogen (EFD pag. 010-0004; EFD pag. 010-0176; EFD pag. 040-0001). Es erscheint bei dieser Ausgangslage nachvollziehbar, dass eine akkurate Abgrenzung des auf das vorliegende Strafverfahren und auf die übrigen Strafuntersuchungen entfallenden Aufwandes – wie dies von der amtlichen Verteidigung vorgebracht wird (CAR pag. 2.102.013) – kaum möglich ist. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei den vom EFD beanstandeten Rechnungspositionen um verfahrensfremde und deshalb nicht entschädigungspflichtige Leistungen gehandelt hat. Von einer Kürzung des zu berücksichtigenden Zeitaufwandes ist schliesslich auch bezüglich der vom EFD vereinzelt als übersetzt bezeichneten Aufwandpositionen abzusehen. Der in der spezifizierten Übersicht der Verteidigung aufgeführte Aufwand mag für die angegebenen Leistungen insgesamt eher hoch erscheinen. Wie von der amtlichen Verteidigung erläutert wurde (CAR pag. 2.102.013 f.), stehen die angesprochenen Bemühungen (CAR pag. 2.102.008 [Positionen vom 24.07.20 bis 30.07.20]) jedoch im Kontext mit der für den Beschuldigten selig zu verfassenden Stellungnahme zum Schlussprotokoll des EFD. Dabei handelte es sich um eine bedeutsame Prozesshandlung, die von der Verteidigung besondere Sorgfalt erforderte. Der dafür verrechnete Arbeitsaufwand wurde von der Verteidigung detailliert aufgelistet und enthält Leistungen (Aktenstudium und Analyse von Beweismitteln / Vorbereitung und Abhaltung von Instruktionsbesprechungen / Redaktionsarbeit), die im Rahmen der verfahrensnotwendigen Erarbeitung und Umsetzung einer sachgemässen Verteidigungsstrategie üblicherweise geboten sind. Die Länge einer Rechtsschrift korreliert nicht ohne Weiteres mit dem für sämtliche damit zusammenhängenden Vorkehren gerechtfertigten Stundenaufwand. Ausgewiesene Aufwendungen sind nur als unnötig zu werten, wenn sie als solche oder in ihrem Umfang überflüssig gewesen sind. Bei gesamthafter Betrachtung ist das vorliegend nicht der Fall. Als Teil einer sachgerechten Ausübung der Verfahrensrechte und wirksamen Verteidigung sind damit die geleisteten Bemühungen als Ganzes als entschädigungsfähiger Verteidigungsaufwand zu honorieren. Ausgehend von den ausgewiesenen Aufwendungen (Arbeitsaufwand von 46.37 Stunden zwischen 10. Februar 2020 bis 27. Mai 2022 [TPF pag. 2.821.007 ff.; CAR pag. 2.102.007 ff.]) und einem Stundenansatz von Fr. 230.00 ist die Entschädigung für die erbetene Verteidigung im Vorverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren auf Fr. 10'665.10 (= 46.37 Stunden x Fr. 230.00/Stunde) festzusetzen. Zu diesem Honorar sind die konkret deklarierten Auslagen von Fr. 69.00 hinzuzurechnen (TPF pag. 2.821.007 ff.; CAR pag. 2.102.007 ff.). Zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer von Fr. 826.55 (= 7.7 % von Fr. 10'734.10) resultiert eine Rechtsanwalt Konrad Jeker aus der Staatskasse zuzusprechende Entschädigung von Fr. 11'560.65 (inkl. MWST und Auslagen).

2.5         Für seine Aufwendungen als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten selig im erstinstanzlichen Verfahren fakturierte Rechtsanwalt Konrad Jeker einen Aufwand von 6.91 Stunden sowie Auslagen von Fr. 7.60 (TPF pag. 2.821.009). Das von der amtlichen Verteidigung vor Berufungsgericht eingereichte Stundenblatt enthält zudem Positionen, die mit dem erstinstanzlich beanspruchten und als angemessen beurteilten Aufwand (vgl. Urteil SK.2021.46 E. 8.2 [6.91 Stunden]) offensichtlich noch nicht abgegolten sind. Dies gilt für die zusätzlich angegebenen Aufwendungen von gesamthaft einer Stunde für das Studium des erstinstanzlichen Urteils (0.75 Stunden) sowie für eine telefonische Besprechung (0.25 Stunden) mit dem Beschuldigten selig (Position «AStu Urteil BstGer» vom 10.08.2022 und Position «Tel. mit Klient» vom 12.08.2022 [CAR pag. 2.102.009 f.]). Der von Rechtsanwalt Konrad Jeker geltend gemachte Aufwand für seine Tätigkeit als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten selig im Zusammenhang mit dem erstinstanzlichen Verfahren erweist sich damit im Umfang von 7.91 Stunden als angemessen. Auf der Basis des zu berücksichtigenden Stundenansatzes von Fr. 200.00 lässt sich eine Entschädigung für die Arbeitszeit von Fr. 1'582.00 (entspricht 7.91 Stunden zu Fr. 200.00 pro Stunde) berechnen. Zu berücksichtigen sind zudem die nach Erhalt des vorinstanzlichen Urteils noch angefallenen Auslagen von Fr. 2.10 («Briefversand» vom 10.08.2022 [CAR pag. 2.102.009]), was insgesamt zu ersetzende Auslagen von Fr. 9.70 ergibt. Auf der resultierenden Gesamtvergütung von Fr. 1'591.70 (Fr. 1'582.00 + Fr. 9.70) ist schliesslich die gesetzliche Mehrwertsteuer (7,7 %) hinzuzurechnen. Für seine Aufwendungen als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten selig im erstinstanzlichen Verfahren ist Rechtsanwalt Konrad Jeker damit von der Eidgenossenschaft mit Fr. 1'714.30 (inkl. Auslagen und MWST) zu entschädigen.

2.6         Das von Rechtsanwalt Konrad Jeker als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten selig für das Berufungsverfahren beantragte Honorar beruht gemäss Kostennote auf einem Aufwand von insgesamt 0.58 Stunden (Aufwendungen vom 22.08.2022 bis 07.02.2023 [CAR pag. 2.102.010]). Zudem sind Auslagen im Betrag von Fr. 17.70 aufgeführt (Auslagen vom 22.08.2022 bis 09.01.2023 [CAR pag. 2.102.010]). Der geltend gemachte Aufwand steht nicht in einem unangemessenen Verhältnis zur Bedeutung des Falles, den sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht stellenden Fragen und dem dafür angemessenen Zeitaufwand des Rechtsanwaltes. Die ausgewiesenen Aufwandpositionen sind damit der Honorarfestsetzung zugrunde zu legen. Diese Entschädigung ist durch die in der Honorarnote noch nicht berücksichtigten, aber im Berufungsverfahren ebenfalls angefallenen bzw. noch anfallenden Aufwendungen und Auslagen zu erhöhen. Es rechtfertigt sich, für die Aufwendungen im Zusammenhang mit der bezüglich der Honoraransprüche vom EFD eingereichten Stellungnahme notwendig gewordenen Aufwendungen sowie für Abschlussarbeiten nach Beendigung des vorliegenden Berufungsverfahren zusätzlich ein Aufwand von rund einer Stunde (Lektüre Stellungnahme EFD [CAR pag. 2.103.004 f.], Verfügung des Gerichts [CAR pag. 2.102.011] und verfahrenserledigender Beschluss / Verfassen der Eingabe vom 31. März 2023 [CAR pag. 2.102.013]) sowie Auslagen von Fr. 5.30 (Briefversand Einschreiben) hinzuzurechnen. Unter Berücksichtigung dieses Aufwandes resultiert bei Anwendung eines Stundenansatzes von Fr. 220.00 eine Entschädigung von Fr. 347.60 (Honorar von Fr. 370.60 [1.58 Stunden x Fr. 220.00/Stunde] + Auslagen von Fr. 23.00). Zuzüglich Mehrwertsteuer ist Rechtsanwalt Konrad Jeker für seine Aufwendungen als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten selig im Berufungsverfahren durch die Eidgenossenschaft mit Fr. 399.15 (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer) zu entschädigen.

Die Berufungskammer beschliesst:

1.           Das Strafverfahren gegen den Beschuldigten A. selig wird eingestellt. Demzufolge ist das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2021.46 vom 19. Juli 2022 gegenstandslos.

2.           Die Kosten für das Vorverfahren und das erstinstanzliche Gerichtsverfahren (Verwaltung Fr. 2'861.10; erstinstanzliche Gerichtsgebühr Fr. 1'000.00) werden vom Staat getragen.

3.           Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 500.00 (Gerichtsgebühr und Auslagen) werden vom Staat getragen.

4.           Rechtsanwalt Konrad Jeker wird für seine Aufwendungen als erbetener Verteidiger des Beschuldigten A. selig im Vorverfahren und im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren eine Entschädigung von Fr. 11'560.65 (inkl. MWST und Auslagen) aus der Staatskasse zugesprochen.

5.           Rechtsanwalt Konrad Jeker wird für seine Aufwendungen als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten A. selig im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren durch die Eidgenossenschaft mit Fr. 1'714.30 (inkl. MWST und Auslagen) entschädigt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden definitiv vom Staat getragen.

6.           Rechtsanwalt Konrad Jeker wird für seine Aufwendungen als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten A. selig für das Berufungsverfahren durch die Eidgenossenschaft mit Fr. 399.15 (inkl. MWST und Auslagen) entschädigt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden definitiv vom Staat getragen.

Im Namen der Berufungskammer

des Bundesstrafgerichts

Die Vorsitzende                                                                Der Gerichtsschreiber

Brigitte Stump Wendt                                                       Sandro Clausen

Zustellung an (Gerichtsurkunde):

- Bundesanwaltschaft, Frau Lucienne Fauquex, Staatsanwältin des Bundes

- Eidgenössisches Finanzdepartement, Herrn Christian Heierli, Leiter Strafrechtsdienst

- Herrn Rechtsanwalt Konrad Jeker

Kopie an:

- Bundesstrafgericht, Strafkammer (brevi manu)

Nach Eintritt der Rechtskraft mitzuteilen an:

- Eidgenössisches Finanzdepartement, Urteilsvollzug und Vermögensverwaltung

- Bundesamt für Justiz, Direktionsbereich Strafrecht, Schweizerisches Strafregister (zur Entfernung der Daten)

- Migrationsamt des Kantons Waadt

Rechtsmittelbelehrung

Beschwerde an das Bundesgericht

Dieser Beschluss kann innert 30 Tagen nach Eröffnung der vollständigen Ausfertigung mit Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht angefochten werden. Das Beschwerderecht und die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind in den Art. 78-81 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG) geregelt. Die begründete Beschwerdeschrift ist beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen.

Die Fristeinhaltung bei Einreichung der Beschwerdeschrift in der Schweiz, im Ausland bzw. im Falle der elektronischen Einreichung ist in Art. 48 Abs. 1 und 2 BGG geregelt.

                                                                                                                                                              Versand: 20. Juni 2023

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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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