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Entscheid des Bundesstrafgerichts: CR.2023.18 vom 03.10.2023

Hier finden Sie das Urteil CR.2023.18 vom 03.10.2023 - Strafkammer

Sachverhalt des Entscheids CR.2023.18

Der Strafbefehl des Bundesstrafgerichts vom 10. Juli 2023 gegen A. wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte (Art. 285 Ziff. 1 StGB) ist ungültig, da die Einsprache von A. am 13. Juli 2023 verspätet erfolgt war. Die Bundesanwaltschaft hat daher den Strafbefehl zurückgezogen und ihn an die Strafkammer des Bundesstrafgerichts weitergegeben.

Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts

Instanz:

Bundesstrafgericht

Abteilung:

Strafkammer

Fallnummer:

CR.2023.18

Datum:

03.10.2023

Leitsatz/Stichwort:

Schlagwörter

Einsprache; Bundes; Frist; Beschuldigte; Befehl; Rubrik; Kammer; Bundesanwaltschaft; Verfahren; Gericht; Verfahrens; Wiederherstellung; Bundesstrafgerichts; Einzelrichter; Gültigkeit; Behörde; Verfügung; Staatsanwalt; Tribunal; Parteien; Verfahrenskosten; Eingabe; Kommentar; Entscheid; Einhaltung; Einsprachefrist; Person

Rechtskraft:

Kein Weiterzug, rechtskräftig

Rechtsgrundlagen des Urteils:

Art. 285 StGB ;Art. 329 StPO ;Art. 35 StPO ;Art. 354 StPO ;Art. 356 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 41 StPO ;Art. 422 StPO ;Art. 9 StPO ;Art. 90 StPO ;Art. 91 StPO ;

Referenz BGE:

142 IV 201; ;

Entscheid des Bundesstrafgerichts

SK.2023.37

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: SK.2023.37

Verfügung vom 3. Oktober 2023   Strafkammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Martin Stupf, Einzelrichter

Gerichtsschreiber David Heeb

Parteien

Bundesanwaltschaft, vertreten durch Staatsanwalt des Bundes Johannes Rinnerthaler,

und

als Privatklägerschaft:

B., vertreten durch Avocat Michael Ledermann,

gegen

A.

Gegenstand

Gültigkeit der Einsprache

Der Einzelrichter erwägt, dass:

- die Bundesanwaltschaft mit Strafbefehl (und Vereinigungsverfügung) vom 10. Juli 2023 (SV.23.0622-RIN) A. (nachfolgend: der Beschuldigte) wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte (Art. 285 Ziff. 1 StGB) zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je Fr. 30.--, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie zu einer Verbindungsbusse von Fr. 300.--, bei schuldhaftem Nichtbezahlen ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von 10 Tagen, verurteilte und ihm die Verfahrenskosten von Fr. 500.-- auferlegte (BA Rubrik 7);

- dem Beschuldigten der Strafbefehl am 13. Juli 2023 zugestellt wurde (BA Rubrik 8);

- der Beschuldigte mit Schreiben vom 9. August 2023 (Postaufgabe: 10. August 2023) Einsprache gegen den Strafbefehl erhob und um Wiederherstellung der Frist ersuchte, wobei er ausführte, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht rechtzeitig habe Einsprache erheben können (BA Rubrik 11);

- die Bundesanwaltschat mit Schreiben vom 15. August 2023 dem Beschuldigten mitteilte, dass aus ihrer Sicht die Einsprache gegen den Strafbefehl verspätet erfolgt und somit ungültig sei, wobei er bis am 28. August 2023 Gelegenheit erhalte, ihnen mitzuteilen, ob er an der Einsprache festhalte oder diese zurückziehe (BA Rubrik 12);

- der Beschuldigte innert verlängerter Frist mit Schreiben vom 8. September 2023 der Bundesanwaltschaft mitteilte, dass er die Einsprache nicht zurückziehe (BA Rubrik 20);

- die Bundesanwaltschaft mit Eingabe vom 12. September 2023 die Akten an die Strafkammer des Bundesstrafgerichts überwies unter Hinweis, dass die Einsprache verspätet erfolgt sei (TPF pag. 2.100.001-003);

- die Strafkammer als erstinstanzliches Gericht gemäss Art. 356 Abs. 2 StPO vorfrageweise im Rahmen von Art. 329 Abs. 1 lit. b StPO (nach Eingang der Anklage bzw. der Akten mit dem Strafbefehl) über die Gültigkeit der Einsprache entscheidet und es sich dabei um eine Prozessvoraussetzung handelt (Daphinoff, Basler Kommentar, 3. Aufl. 2023, Art. 356 StPO N. 16);

- das Gericht im Falle einer ungültigen Einsprache mit beschwerdefähiger Verfügung darauf nicht eintritt (vgl. Schwarzenegger, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 2020, Art. 356 StPO N. 2);

- den Parteien vor dem Entscheid des Gerichts über die Vorfragen das rechtliche Gehör zu gewähren ist (Art. 329 Abs. 4 StPO);

- der Beschuldigte mit Schreiben des Einzelrichters der Strafkammer vom 19. September 2023 Gelegenheit erhielt, sich zur Gültigkeit der Einsprache (Einhaltung der Einsprachefrist [Art. 354 Abs. 1 StPO]) schriftlich zu äussern (TPF pag. 2.400.001);

- der Beschuldigte sich innert Frist nicht zur Gültigkeit der Einsprache vernehmen liess;

- Art. 354 Abs. 1 lit. a StPO festhält, dass die beschuldigte Person gegen den Strafbefehl bei der Staatsanwaltschaft innert 10 Tagen seit der Zustellung schriftlich Einsprache erheben kann;

- Fristen, die durch eine Mitteilung oder den Eintritt eines Ereignisses ausgelöst werden, am folgenden Tag zu laufen beginnen (Art. 90 Abs. 1 StPO);

- die Frist eingehalten ist, wenn die Eingabe spätestens am letzten Tag der Frist bei der Strafbehörde abgegeben oder zu deren Handen der Schweizerischen Post, einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben wird (Art. 91 Abs. 2 StPO);

- der vorliegende Strafbefehl die von Gesetz und Rechtsprechung geforderten Elemente enthält;

- die 10-tägige Frist für eine Einsprache gegen den – am 13. Juli 2023 gültig zugestellten – Strafbefehl am 14. Juli 2023 zu laufen begann und bei Postaufgabe der Einsprache am 10. August 2023 folglich bereits abgelaufen war;

- der Beschuldigte selber unter anderem einräumte, die Einsprachefrist nicht eingehalten zu haben (BA Rubrik 11);

- sich die Einsprache nach dem Gesagten als verspätet und damit als ungültig erweist;

- bei Säumnis die Frist wiederhergestellt werden kann, wenn die Partei eine Frist versäumt und ihr daraus ein erheblicher und unersetzlicher Rechtsverlust erwachsen würde, wobei sie glaubhaft zu machen hat, dass sie an der Säumnis kein Verschulden trifft (Art. 94 StPO);

- selbst die Rechtskraft des Urteils (oder Entscheids) des Gerichts die Wiederherstellung einer (Rechtsmittel-) Frist nicht auszuschliessen vermag (Riedo, Basler Kommentar, 3. Aufl. 2023, Art. 94 StPO N. 3 und N. 21);

- der Beschuldigte mit Schreiben vom 9. August 2023 um Wiederherstellung der First ersuchte (BA Rubrik 11);

- das Bundesgericht in einer ähnlich gelagerten Konstellation in Bezug auf die Zuständigkeit erwog, dass die Staatsanwaltschaft das Wiederherstellungsverfahren zu sistieren hat, bis das erstinstanzliche Gericht über die Gültigkeit der Einsprache (Einhaltung der Einsprachefrist) entschieden hat (BGE 142 IV 201 E. 2.5), was vorliegend der Fall ist (BA Rubrik 12);

- die Bundesanwaltschaft somit für ein allfälliges Wiederherstellungsverfahren zuständig wäre (vgl. BGE 142 IV 201 E. 2; vgl. BA Rubrik 12);

- ein allfälliges Wiederherstellungsverfahren vorliegend nichts daran ändert, dass der Strafbefehl ohne gültige Einsprache (mangels rechtzeitiger Einsprache) zum rechtskräftigen Urteil wird (Art. 354 Abs. 3 StPO);

- im Ergebnis auf die Einsprache nicht einzutreten ist;

- sich die Kosten des gerichtlichen Verfahrens und deren Verlegung grundsätzlich nach den Art. 422 - 428 StPO bestimmen;

- bei Säumnis und fehlerhaften Verfahrenshandlungen die Strafbehörde Verfahrenskosten und Entschädigungen ungeachtet des Verfahrensausgangs der verfahrensbeteiligten Person auferlegen kann, die sie verursacht hat (Art. 417 StPO);

- der Beschuldigte durch seine verspätete Einsprache das vorliegende gerichtliche Verfahren und damit dessen Kosten verursacht hat, weshalb ihm diese aufzuerlegen sind;

- in Anwendung von Art. 73 Abs. 1 lit. a und b und Abs. 3 lit. b des Bundesgesetzes über die Organisation der Strafbehörden des Bundes vom 19. März 2010 (StBOG; SR.173.71) i.V.m. Art. 1 Abs. 4, Art. 5 und Art. 7 lit. a des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren (BStKR; SR 173.713.162) eine pauschale Gebühr von Fr. 300.-- festzusetzen ist.

Der Einzelrichter verfügt:

1. Auf die Einsprache von A. gegen den Strafbefehl der Bundesanwaltschaft vom 10. Juli 2023 wird nicht eingetreten.

2. Die gerichtlichen Verfahrenskosten von Fr. 300.-- werden A. auferlegt.

3. Diese Verfügung wird den Parteien schriftlich eröffnet.

Im Namen der Strafkammer

des Bundesstrafgerichts

Der Einzelrichter                                                               Der Gerichtsschreiber

Geht an (Gerichtsurkunde)

- Bundesanwaltschaft, Johannes Rinnerthaler, Staatsanwalt des Bundes

- A. (Beschuldigter)

- Avocat Michael Ledermann, Rechtsvertreter von B. (Privatkläger)

Nach Eintritt der Rechtskraft mitzuteilen an

- Bundesanwaltschaft als Vollzugsbehörde (vollständig)

Rechtsmittelbelehrung

Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Gegen Verfügungen und Beschlüsse sowie die Verfahrenshandlungen der Strafkammer des Bundesstrafgerichts als erstinstanzliches Gericht, ausgenommen verfahrensleitende Entscheide, kann innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts geführt werden (Art. 393 Abs. 1 lit. b und Art. 396 Abs. 1 StPO; Art. 37 Abs. 1 StBOG).

Mit der Beschwerde können gerügt werden: a. Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung; b. die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts; c. Unangemessenheit (Art. 393 Abs. 2 StPO).

Einhaltung der Fristen

Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist bei der Strafbehörde abgegeben oder zu deren Handen der Schweizerischen Post, einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung oder, im Falle von inhaftierten Personen, der Anstaltsleitung übergeben werden (Art. 91 Abs. 2 StPO).

Versand: 3. Oktober 2023

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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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