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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Berufungskammer
Fallnummer:BH.2023.8, BP.2023.48
Datum:23.05.2023
Leitsatz/Stichwort:
Schlagwörter : Berufung; Bundes; Kammer; Urteil; Verfahren; Bundesstrafgericht; Bundesstrafgerichts; Beschuldigte; Sinne; BStKR; Berufungskammer; Berufungserklärung; Gericht; Urteils; Rechtsmittel; Sprengstoffe; Frist; Beschuldigten; Berufungsverfahren; Honorar; Bundesgericht; Bundesanwaltschaft; Verzicht; Berufungsgericht; Verteidigerin; Entschädigung; Auslagen; Luzern; Tribunal
Rechtskraft:Zurzeit keine Rechtsmittel ergriffen
Rechtsnorm: Art. 135 StPO ; Art. 144 StGB ; Art. 18 StGB ; Art. 181 StGB ; Art. 22 StGB ; Art. 224 StGB ; Art. 226 StGB ; Art. 32 StPO ; Art. 38 StPO ; Art. 386 StPO ; Art. 39 StPO ; Art. 399 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 48 BGG ; Art. 5 StGB ;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

CA.2023.10A

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: CA.2023.10

Beschluss vom 23. Mai 2023 Berufungskammer

Besetzung

Richter Olivier Thormann, Vorsitzender,

Beatrice Kolvodouris Janett und Andrea Blum,

Gerichtsschreiber David Mühlemann

Parteien

A., amtlich verteidigt durch Rechtsanwältin Michèle

Akermann,

Berufungsführer

gegen

Bundesanwaltschaft, vertreten durch Staatsanwalt des Bundes Nils Eckmann,

Berufungsgegnerin

und

Transportdienst Luzerner Polizei Haftleitstelle, vertreten durch Adolf Achermann,

Privatklägerschaft

Gegenstand

Berufung gegen das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2022.40 vom 1. Dezember 2022

Verzicht auf die Ausübung des Rechts auf Berufungserklärung

Die Berufungskammer erwägt:

1. Am 8. September 2022 erhob die Bundesanwaltschaft bei der Strafkammer des Bundesstrafgerichts Anklage gegen A. (nachfolgend: Beschuldigter) wegen strafbarer Vorbereitungshandlungen zu schwerer Körperverletzung (Ad. 260bis Abs. 1 lit. c StGB), Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 2 StGB), Herstellens, Verbergens, Weiterschaffens von Sprengstoffen und giftigen Gasen (Art. 226 Abs. 1 und 2 StGB), Widerhandlungen gegen das Sprengstoffgesetz (Art. 37 ff. SprstG), Drohung (Art. 180 StGB), mehrfacher versuchter Nötigung (Art. 181 i.V.m. Art. 22 StGB) und Widerhandlungen gegen das Waffengesetz (Art. 33 WG) (TPF pag. 6.100.001 ff.). Mit Urteil vom 1. Dezember 2022 stellte die Strafkammer fest, dass der Beschuldigte nachfolgende Tatbestände im Zustand der Schuldunfähigkeit erfüllt hat: Strafbare Vorbereitungshandlungen zu schwerer Körperverletzung im Sinne von Art. 260bis Abs. 1 lit. c StGB, Herstellen von Sprengstoffen und giftigen Gasen im Sinne von Art. 226 Abs. 1 StGB, Verbergen und Weiterschaffen von Sprengstoffen und giftigen Gasen im Sinne von Art. 226 Abs. 2 StGB, Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht im Sinne von Art. 224 Abs. 2 StGB, mehrfache versuchte Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB, Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB, mehrfacher unbefugter Verkehr mit Sprengmitteln im Sinne von Art. 37 Ziff. 1 SprstG, mehrfache Widerhandlung gegen das Waffengesetz im Sinne von Art. 33 WG und es wurde eine stationäre Massnahme i.S.v. Art. 59 StGB angeordnet.

2. Die StPO sieht für die Einlegung der Berufung ein zweistufiges Verfahren vor: Nach Art. 399 Abs. 1 StPO ist die Berufung dem erstinstanzlichen Gericht innert 10 Tagen seit Eröffnung des Urteils schriftlich oder mündlich zu Protokoll anzumelden. Nach Ausfertigung des begründeten Urteils übermittelt das erstinstanzliche Gericht die Anmeldung zusammen mit den Akten dem Berufungsgericht (Art. 399 Abs. 2 StPO). Damit wird das Verfahren beim Berufungsgericht rechtshängig und die Verfahrensleitung geht vom erstinstanzlichen Gericht auf das Berufungsgericht über (vgl. Eugster, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 399 StPO N. 1d). Die Partei, die Berufung angemeldet hat, reicht dem Berufungsgericht gemäss Art. 399 Abs. 3 StPO innert 20 Tagen seit Zustellung des begründeten Urteils eine schriftliche Berufungserklärung ein (vgl. Urteil des BGer 6B_469/2015 vom 17. August 2015 E. 3). Die Berufungsanmeldung kann zurückgezogen werden, solange die Verfahrensleitung noch bei der Strafkammer des Bundesstrafgerichts liegt (vgl. Art. 328 StPO und Art. 35 des Bundesgesetzes über die Organisation der Strafbehörden des Bundes [StBOG, SR 173.71]) und das begründete Urteil noch nicht ausgefertigt und den Parteien zugestellt worden ist. Diesfalls wird das Verfahren abgeschrieben. Nach Eröffnung des Urteilsdispositivs bis zum Ablauf der Frist von 20 Tagen gemäss Art. 399 Abs. 3 StPO (welche durch die Zustellung des begründeten Urteils ausgelöst wird), kann die Partei, die Berufung angemeldet hat, stattdessen den Verzicht auf das Rechtsmittel der Berufung erklären (vgl. Art. 386 Abs. 1 StPO; Ziegler/Keller, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 386 StPO N. 1 f.). Darauf wird das Verfahren ebenfalls abgeschrieben. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, innert der Frist von 20 Tagen (Art. 399 Abs. 3 StPO) keine Berufungserklärung einzureichen, worauf ein Nichteintretensentscheid ergeht (Eugster, a.a.O., Art. 399 StPO N. 2). Schliesslich kann nach Einreichung einer Berufungserklärung die Berufung gemäss den Vorgaben von Art. 386 Abs. 2 StPO zurückgezogen werden (vgl. Ziegler/Keller, a.a.O., Art. 386 StPO N. 3), worauf das Verfahren abgeschrieben wird.

3. Gegen das mündlich eröffnete Urteil vom 1. Dezember 2022 meldete der Beschuldigte am 12. Dezember 2022 Berufung an (TPF pag. 6.940.001). Das schriftlich begründete Urteil wurde der amtlichen Verteidigerin zuhanden des Beschuldigten am 9. Mai 2023 zugestellt (CAR pag. 1.100.070) und die Strafkammer des Bundesstrafgerichts übermittelte am 5. Mai 2023 sämtliche Verfahrensakten an die Berufungskammer (CAR pag. 1.100.071). Mit Eingabe vom 17. Mai 2023 teilte die amtliche Verteidigerin im Namen des Beschuldigten mit, dass auf die Einreichung einer Berufungserklärung verzichtet wird (CAR pag. 1.300.001). Es wurde somit innerhalb der 20-tägigen Frist gemäss Art. 399 Abs. 3 StPO auf das Rechtsmittel der Berufung verzichtet und das Berufungsverfahren ist entsprechend abzuschreiben.

Demgemäss ist festzustellen, dass das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2022.40 vom 1. Dezember 2022 per Entscheiddatum vollumfänglich in Rechtskraft erwachsen ist (Art. 437 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 StPO).

4. Im Rechtsmittelverfahren tragen die Parteien die Kosten nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens, wobei als unterliegend auch die Partei gilt, die ein Rechtsmittel zurückzieht (Art. 428 Abs. 1 StPO). Der Verzicht auf ein Rechtsmittel kommt einem Rückzug gleich. In Anwendung von Art. 73 Abs. 1 Iit. a und b sowie Abs. 3 lit. c StBOG i.V.m. Art. 1 Abs. 4, Art. 5 und Art. 7bis des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren (BStKR, SR 173.713.162) ist eine minimale Gebühr von Fr. 200.00 festzusetzen.

Ausgangsgemäss sind die Kosten des Berufungsverfahrens dem Beschuldigten aufzuerlegen.

5. Die amtliche Verteidigerin des Beschuldigten hat mit Eingabe vom 17. Mai 2023 eine Kostennote für ihr Honorar im Berufungsverfahren eingereicht (CAR pag. 1.300.002 f.).

Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung wird in Bundesstrafverfahren nach dem Anwaltstarif des Bundes – gemäss BStKR – festgesetzt (Art. 135 Abs. 1 StPO). Die Anwaltskosten umfassen das Honorar und die notwendigen Auslagen, namentlich für Reise, Verpflegung und Unterkunft sowie Porti und Telefonspesen (Art. 11 Abs. 1 BStKR). Das Honorar wird nach dem notwendigen und ausgewiesenen Zeitaufwand bemessen. Der Stundenansatz beträgt mindestens Fr. 200.00 und höchstens Fr. 300.00 (Art. 12 Abs. 1 BStKR). Bei FälIen im ordentlichen Schwierigkeitsbereich, d.h. für Verfahren ohne hohe sachliche oder rechtliche Komplexität, beträgt der Stundenansatz gemäss ständiger Praxis der Berufungskammer sowie der Strafkammer Fr. 230.00 für Arbeitszeit und Fr. 200.00 für Reise- und Wartezeit (Beschluss der Beschwerdekammer des BStGer BK.2011.21 vom 24. ApriI 2012 E. 2.1; Urteil der Strafkammer des BStGer SN.2011.16 vom 5. Oktober 2011 E. 4.1). Die Auslagen werden im Rahmen der Höchstansätze aufgrund der tatsächlichen Kosten vergütet (Art. 13 BStKR). Bei besonderen Verhältnissen kann ein Pauschalbetrag vergütet werden (Art. 13 Abs. 4 BStKR). Gemäss Art. 14 BStKR kommt die Mehrwertsteuer zum Honorar und den Auslagen hinzu.

Die amtliche Verteidigerin des Beschuldigten macht in ihrer Kostennote ein Honorar von insgesamt Fr. 981.25 (inkl. MWST) geltend, bestehend aus einem Aufwand von 3.75 Stunden zu einem Ansatz von Fr. 230.– sowie Auslagen im Umfang von Fr. 48.60, jeweils zzgl. 7.7 % MWST (CAR pag. 1.300.002 f.).

Die beantragte Entschädigung erscheint vorliegend als angemessen.

Die Berufungskammer beschliesst:

I. Das Berufungsverfahren CA.2023.10 wird infolge Verzichts auf die Ausübung des Rechts auf Berufungserklärung als gegenstandslos abgeschrieben.

II. Es wird festgestellt, dass das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2022.43 per Entscheiddatum vollumfänglich in Rechtskraft erwachsen ist.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 200.00 werden A. auferlegt.

IV. Rechtsanwältin Michèle Akermann wird für die amtliche Verteidigung von A. durch die Eidgenossenschaft mit Fr. 981.25 (inkl. MWST) entschädigt.

V. A. hat der Eidgenossenschaft für die Entschädigung der amtlichen Verteidigung gemäss Ziffer IV. vollumfänglich Ersatz zu leisten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

Im Namen der Berufungskammer

des Bundesstrafgerichts

Der Vorsitzende                                                                Der Gerichtsschreiber

Olivier Thormann                                                              David Mühlemann

Zustellung an (Gerichtsurkunde):

- Bundesanwaltschaft

- Frau Rechtsanwältin Michèle Akermann

- Transportdienst Luzerner Polizei, Haftleitstelle

Kopie an (brevi manu):

- Bundesstrafgericht, Strafkammer

Nach Eintritt der Rechtskraft mitzuteilen an:

- Bundesanwaltschaft, Urteilsvollzug und Vermögensverwaltung

- Amt für Justizvollzug (Straf- und Massnahmenvollzug) des Kantons Luzern

- Amt für Migration des Kantons Luzern

- Bundesamt für Polizei (fedpol)

Rechtsmittelbelehrung

Beschwerde an das Bundesgericht

Dieser Beschluss kann innert 30 Tagen nach Eröffnung der vollständigen Ausfertigung mit Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht angefochten werden. Das Beschwerderecht und die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind in den Art. 78-81 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG) geregelt. Die begründete Beschwerdeschrift ist beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen.

Gemäss Art. 48 Abs. 1 und 2 BGG müssen Eingaben spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden. Im Falle der elektronischen Einreichung ist für die Wahrung einer Frist der Zeitpunkt massgebend, in dem die Quittung ausgestellt wird, die bestätigt, dass alle Schritte abgeschlossen sind, die auf der Seite der Partei für die Übermittlung notwendig sind.

Versand: 24.05.2023

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