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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Strafkammer
Fallnummer:CA.2023.1
Datum:16.09.2022
Leitsatz/Stichwort:
Schlagwörter : Bundes; Vollzug; Vorzeitig; Vorzeitige; Bundesstrafgericht; Vorzeitigen; Beschuldigte; Massnahme; Bundesstrafgerichts; Kammer; Verfahrens; Sicherheitshaft; Massnahmen; Beschwerde; Untersuchung; Vorsitz; Vollzugs; Prozessordnung; Bundesanwaltschaft; Zwangsmassnahme; Untersuchungs; Beschuldigten; Fluchtgefahr; Kantons; Massnahmenvollzug; Vorsitzende
Rechtskraft:Kein Weiterzug, rechtskräftig
Rechtsnorm: Art. 10 SVG ; Art. 15 Or; Art. 22 StPO ; Art. 220 StPO ; Art. 226 StGB ; Art. 23 StPO ; Art. 236 StPO ; Art. 393 StPO ; Art. 396 StPO ; Art. 61 StPO ; Art. 63 SVG ; Art. 91 StPO ; Art. 97 SVG ;
Referenz BGE:133 I 270; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

SN.2022.12

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: SN.2022.12

(Hauptgeschäftsnummer: SK.2022.34)

Verfügung vom 16. September 2022 Strafkammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Maric Demont, Vorsitz

Gerichtsschreiberin Elena Inhelder

Parteien

A., amtlich verteidigt durch Fürsprecher Dieter Caliezi,

Gesuchsteller

Gegenstand

Vorzeitiger Strafvollzug (Art. 236 StPO)

Der Vorsitzende erwägt, dass:

- die Bundesanwaltschaft am 18. August 2022 bei der Strafkammer des Bundesstrafgerichts Anklage gegen A. (nachfolgend: Beschuldigter) wegen Herstellen, Verbergen, Weiterschaffen von Sprengstoffen und giftigen Gasen (Art. 226 Abs. 2 StGB), Widerhandlungen gegen das Sprengstoffgesetz (Art. 37 Ziff. 1; Art. 38 Abs. 1 i.V.m. Art. 17 und Art. 24 Abs. 1 SprstG) sowie Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz (Art. 96 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 10 Abs. 1 SVG; Art. 96 Abs. 2 i.V.m. Art. 63 Abs. 1 SVG; Art. 97 Abs. 1 lit. f SVG) erhob (TPF pag. 7.100.1 ff.);

- der Beschuldigte vom 3. November 2021 bis 18. August 2022 im B. in Untersuchungshaft war (TPF pag. 7.231.7.1 f.);

- das Zwangsmassnahmegericht des Kantons Bern auf Antrag der Bundesanwaltschaft vom 18. August 2022 am 29. August 2022 die Sicherheitshaft wegen bestehender Fluchtgefahr anordnete und den Beschuldigten bis zum 17. November 2022 in Sicherheitshaft versetzte (TPF pag. 7.231.7.1 ff.);

- der Beschuldigte mit Eingabe seines Verteidigers an die Strafkammer des Bundesstrafgerichts vom 2. September 2022 (Posteingang: 5. September 2022) um Bewilligung des vorzeitigen Strafantritts ersuchen liess (TPF pag. 7.231.7.12);

- die Bundesanwaltschaft mit Stellungnahme vom 12. September 2022 keine Einwendungen gegen den vorzeitigen Strafantritt erhob (TPF pag. 7.231.7.19);

- die Verfahrensleitung der beschuldigten Person bewilligen kann, Freiheitsstrafen oder freiheitsentziehende Massnahmen vorzeitig anzutreten, sofern der Stand des Verfahrens es erlaubt (Art. 236 Abs. 1 StPO);

- es sich hierbei um eine strafprozessuale Zwangsmassnahme auf der Schwelle zwischen Strafverfolgung und Strafvollzug handelt, welche sich mithin zwischen Untersuchungs- und Sicherheitshaft einerseits und Straf- und Massnahmenvollzug andererseits bewegt, jedoch voraussetzt, dass die Haftvoraussetzungen nach Art. 212 Abs. 2 und Art. 221 StPO weiterhin jederzeit erfüllt sind, während lediglich die automatische periodische Prüfung von Amtes wegen entfällt (BGE 133 I 270 E. 3.2.1; Frei/Zuberbühler Elsässer, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2020, Art. 236 StPO N. 4);

- der vorzeitige Straf- und Massnahmenvollzug in Abweichung vom Grundsatz, dass nur rechtskräftige Urteile vollzogen werden können, die Versetzung des Beschuldigten, auf dessen ausdrücklich (und in Kenntnis der Rechtslage) gestellten Antrag hin, in den für ihn in mancherlei Hinsicht günstigeren Straf- oder Massnahmenvollzug ermöglicht (Schmid/Jositsch, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 236 StPO N. 1);

- Art. 236 StPO, neben einem ausdrücklichen Gesuch, voraussetzt, dass eine Freiheitsstrafe oder eine mit hinreichender Wahrscheinlichkeit sichernde Massnahme zu erwarten ist und der Verfahrensstand einen Sanktionsantritt erlaubt, d.h. die Untersuchung weitgehend abgeschlossen und der Beschuldigte dafür nicht mehr unmittelbar verfügbar sein muss (Frei/Zuberbühler Elsässer, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2020, Art. 236 StPO N. 8; Schmid/Jositsch, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 236 StPO N. 2);

- mit dem vorzeitigen Antritt einer freiheitsentziehenden Sanktion die Sicherheitshaft endet (Art. 220 Abs. 2 StPO);

- der Präsident oder Vorsitzende der Strafkammer des Bundesstrafgerichts als Verfahrensleitung im Sinne von Art. 61 lit. c StPO zum Entscheid über den vorzeitigen Straf- und Massnahmenvollzug zuständig ist (Art. 36 Abs. 1 des Bundesgesetztes über die Organisation der Strafbehörden des Bundes vom 19. März 2010, StBOG; SR 173.71; i.V.m. Art. 15 Abs. 3 des Organisationsreglements für das Bundesstrafgericht vom 31. August 2010, BStGerOR; SR 173.713.161);

- die Voraussetzungen für einen vorzeitigen Strafvollzug vorliegend gegeben sind, d.h. ein in Kenntnis der Rechtslage ausdrücklich gestellter Antrag des Beschuldigten vorliegt, angesichts des Anklagevorwurfs im Falle einer Verurteilung mit einer längeren Freiheitsstrafe zu rechnen ist, der Verfahrensstand die Anordnung des vorzeitigen Vollzugs erlaubt und Letzterer unter Würdigung der gesamten Umstände verhältnismässig erscheint;

- sich die Umstände, die zur Bejahung der Sicherheitshaft durch das Zwangsmassnahmegerichts des Kantons Bern geführt haben, nicht verändert haben und die Haftvoraussetzungen nach Art. 212 Abs. 2 und Art. 221 StPO weiterhin erfüllt sind, namentlich Fluchtgefahr, angesichts der Strafandrohung und mit Blick auf die fehlenden Beziehungen des niederländischen Gesuchstellers zur Schweiz, (weiterhin) besteht;

- dem Beschuldigten nach dem Gesagten der vorzeitige Strafvollzug bewilligt werden kann;

- die beschuldigte Person mit dem Eintritt in die Vollzugsanstalt dem Vollzugsregime untersteht, wenn der Zweck der Untersuchungs- oder der Sicherheitshaft dem nicht entgegensteht (Art. 236 Abs. 4 StPO);

- die Vollzugsanstalt der vorliegend bestehenden Fluchtgefahr durch geeignete Massnahmen Rechnung zu tragen hat;

- die Vollzugsbehörde keinen Hafturlaub - auch nicht begleiteten - gewähren darf, für die Gewährung von Hafturlaub im vorzeitigen Strafvollzug nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesstrafgerichts ohnehin die Verfahrensleitung zuständig ist (Urteil des Bundesgerichts 1B_122/2022 vom 20. April 2022 E. 3.4 f.; ferner 1B_636/2021 vom 21. Dezember 2021 E. 4.5);

- es sich beim vorzeitigen Straffvollzug, wie erwähnt, um eine strafprozessuale Zwangsmassnahme auf der Schwelle zwischen Strafverfolgung und Strafvollzug handelt, weshalb für ihn das bis anhin für die Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft zuständige kantonale Justizvollzugsamt bis zum erstinstanzlichen Urteil zuständig verbleibt;

- für diesen Entscheid keine Kosten erhoben werden;

- gegen diesen Entscheid die Beschwerde gemäss Art. 393 ff. StPO gegeben ist (Frei/Zuberbühler Elsässer, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2020, Art. 236 StPO N 17).

Der Vorsitzende verfügt:

1. Das Gesuch von A. um vorzeitigen Strafvollzug wird per sofort bewilligt.

2. Das Amt für Justizvollzug des Kantons Bern hat der Fluchtgefahr durch geeignete Massnahmen Rechnung zu tragen, insbesondere ist A. kein Hafturlaub zu gewähren.

3. Für diese Verfügung werden keine Kosten erhoben.

Im Namen der Strafkammer

des Bundesstrafgerichts

Der Vorsitzende                                                                Die Gerichtsschreiberin

Geht an (Gerichtsurkunde):

- Bundesanwaltschaft, Frau Simone Meyer-Burger, Staatsanwältin des Bundes

- Herrn Fürsprecher Dieter Caliezi, Verteidiger von A. (Beschuldigter)

- Herrn A.

sowie an (Einschreiben):

- B.

- Amt für Justizvollzug des Kantons Bern

Rechtsmittelbelehrung

Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Gegen Verfügungen und Beschlüsse sowie die Verfahrenshandlungen der Strafkammer des Bundesstrafgerichts als erstinstanzliches Gericht, ausgenommen verfahrensleitende Entscheide, kann innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts geführt werden (Art. 393 Abs. 1 lit. b und Art. 396 Abs. 1 StPO; Art. 37 Abs. 1 StBOG).

Mit der Beschwerde können gerügt werden: Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung; die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit (Art. 393 Abs. 2 StPO).

Einhaltung der Fristen

Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist bei der Strafbehörde abgegeben oder zu deren Handen der Schweizerischen Post, einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung oder, im Falle von inhaftierten Personen, der Anstaltsleitung übergeben werden (Art. 91 Abs. 2 StPO).

Versand: 16. September 2022

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