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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Beschwerdekammer: Strafverfahren
Fallnummer:CA.2021.26
Datum:19.12.2022
Leitsatz/Stichwort:
Schlagwörter : Bundes; Kanton; Gesuch; Zust?ndigkeit; Kantons; Gericht; Beschuldigte; Handlung; Gesuchsteller; Gerichtsstand; Bundesanwaltschaft; Erfolg; Geldw?scherei; Staatsanwaltschaft; Beschuldigten; Bundesstrafgerichts; Handlungsort; Beschwerdekammer; Beh?rde; Akten; Nationale; Sache; Handlungsorte; Verfolgung; Vorgeworfen; Recht; Zust?ndig; Gerichtsstands
Rechtskraft:Kein Rechtsmittel gegeben
Rechtsnorm: Art. 14 StPO ; Art. 2 StPO ; Art. 22 StPO ; Art. 24 StPO ; Art. 30 StPO ; Art. 305 StGB ; Art. 309 StPO ; Art. 396 StPO ; Art. 40 StPO ; Art. 423 StPO ;
Referenz BGE:133 IV 235; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

BG.2022.35

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BG.2022.35

Beschluss vom 19. Dezember 2022 Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter

Roy Garré, Vorsitz,

Miriam Forni und Patrick Robert-Nicoud,

Gerichtsschreiber Stefan Graf

Parteien

Kanton Bern, Generalstaatsanwaltschaft,

Gesuchsteller

gegen

1.    Bundesanwaltschaft,

2.    Kanton Zürich, Oberstaatsanwaltschaft,

Gesuchsgegner

Gegenstand

Sachliche Zuständigkeit (Art. 28 StPO)

Sachverhalt:

A. Am 18. Mai 2021 erstattete die Bank A. eine Meldung gemäss Art. 9 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes vom 10. Oktober 1997 über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung (Geldwäschereigesetz, GwG; SR 955.0) zu ihrer Geschäftsbeziehung Nr. 1 zu B. (Akten Kanton Bern [nachfolgend «BE»] pag. 04 020 001 ff.). Diese wurde am 1. November 2021 von der Meldestelle für Geldwäscherei (nachfolgend «MROS») gestützt auf Art. 23 Abs. 4 GwG der Staatsanwaltschaft des Kantons Bern übermittelt (BE pag. 04 001 001 ff.). Die MROS kam dabei – kurz zusammengefasst – zum Schluss, es ergäben sich Hinweise auf einen möglichen Anlagebetrug. Die dabei erlangten Gelder seien in der Folge über die gemeldete Kundenbeziehung auf weitere Konten von B. in der Schweiz, in Liechtenstein sowie in Grossbritannien verschoben worden.

B. Am 2. November 2021 wurde die Meldung von der kantonalen Staatsanwaltschaft für besondere Aufgaben zur Bearbeitung an die Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland weitergeleitet (BE pag. 02 001 001). Diese übermittelte die Meldung am 19. Januar 2022 zur Durchführung ergänzender Ermittlungen im Sinne von Art. 309 Abs. 2 StPO der Kantonspolizei Bern (BE pag. 08 001 001; siehe auch den entsprechenden Berichtsrapport vom 16. Februar 2022, BE pag. 08 002 001 ff.). Am 18. Februar 2022 wurde die Angelegenheit der kantonalen Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte überwiesen (BE pag. 02 002 001 f.). Diese beauftragte die Kantonspolizei Bern am 14. März 2022 ebenfalls mit der Durchführung ergänzender Ermittlungen im Sinne von Art. 309 Abs. 2 StPO (BE pag. 08 005 001; siehe auch den diesbezüglichen Berichtsrapport vom 1. Juni 2022, BE pag. 08 006 001 f.).

C. Am 5. April 2022 gelangte die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern (nachfolgend «GStA BE») mit einer Zuständigkeitsanfrage (ergänzt am 8. April 2022) an die Bundesanwaltschaft (act. 1.1, 1.2). In ihrem Schreiben vom 2. Juni 2022 verneinte die Bundesanwaltschaft das Vorliegen einer Bundeszuständigkeit (act. 1.3). Am 20. Juli 2022 initiierte die GStA BE zur Klärung der Zuständigkeit in der Strafsache B. einen abschliessenden Meinungsaustausch (act. 1.4) mit der Bundesanwaltschaft, der Staatsanwaltschaft des Kantons Zug (nachfolgend «StA ZG») und der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (nachfolgend «OStA ZH»). Die StA ZG teilte hierzu am 28. Juli 2022 mit, der Kanton Zug erachte sich in dieser Sache nicht als zuständig (act. 1.5). Am 16. August 2022 liess die GStA BE der Bundesanwaltschaft und der OStA ZH in Ergänzung zu ihrem Schreiben vom 20. Juli 2022 Korrespondenz mit dem Rechtsvertreter des Beschuldigten betreffend Handlungsorte zugehen (act. 1.6). Die OStA ZH teilte am 30. August 2022 mit, es bestehe keine Zuständigkeit des Kantons Zürich zur Führung des Verfahrens (act. 1.7). Die Bundesanwaltschaft kam am 27. September 2022 zum Schluss, es sei keine Bundeszuständigkeit nach Art. 24 StPO gegeben und die Sache falle in die Zuständigkeit kantonaler Strafverfolgungsbehörden (act. 1.8).

D. Während diesem Meinungsaustausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden übermittelte die MROS der Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte am 7. April und am 14. Juni 2022 im selben Sachzusammenhang weitere Verdachtsmeldungen (BE pag. 04 040 001 ff. und 04 060 001 ff.).

E. Daraufhin gelangte die GStA BE am 6. Oktober 2022 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (act. 1). Sie stellt die folgenden Anträge:

1. Es sei die Bundesanwaltschaft zur Verfolgung und Beurteilung des Beschuldigten bezüglich der ihm vorgeworfenen Taten für berechtigt und verpflichtet zu erklären.

2. Eventualiter seien die Behörden des Kantons Zürich zur Verfolgung und Beurteilung des Beschuldigten bezüglich der ihm vorgeworfenen Taten für berechtigt und verpflichtet zu erklären.

Mit Vernehmlassung vom 10. Oktober 2022 beantragt die OStA ZH Folgendes (act. 3):

1. Es sei die Bundesanwaltschaft zur Verfolgung und Beurteilung des Beschuldigten bezüglich der ihm vorgeworfenen Taten für berechtigt und verpflichtet zu erklären;

2. Eventualiter seien die Behörden des Kantons Bern zur Verfolgung und Beurteilung des Beschuldigten bezüglich der ihm vorgeworfenen Taten für berechtigt und verpflichtet zu erklären.

In ihrer Gesuchsantwort vom 19. Oktober 2022 schliesst die Bundesanwaltschaft auf Abweisung des Antrags gemäss Ziffer 1 des Gesuchs der GStA BE (act. 4). Die beiden letztgenannten Eingaben wurden den Parteien am 20. Oktober 2022 wechselseitig zur Kenntnisnahme übermittelt (act. 5).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Kantonen richtet sich nach den Art. 22 ff. StPO. Konflikte zwischen der Staatsanwaltschaft des Bundes und kantonalen Strafbehörden entscheidet die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (Art. 28 StPO i.V.m. Art. 37 Abs. 1 StBOG). Die Beschwerdekammer entscheidet bei solchen Konflikten gemäss den Regeln, die Gesetz und Rechtsprechung für die Behandlung eines interkantonal streitigen Gerichtsstandes aufgestellt haben (Schweri/Bänziger, Interkantonale Gerichtsstandsbestimmung in Strafsachen, 2. Aufl. 2004, N. 419 m.w.H.; siehe auch Baumgartner, Die Zuständigkeit im Strafverfahren, 2014, S. 548; Schlegel, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 2020, Art. 28 StPO N. 1; Kipfer, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 28 StPO N. 2).

Voraussetzung ist somit, dass ein Streit über die Zuständigkeit vorliegt und dass die Parteien über diesen Streit einen Meinungsaustausch mit allen in Frage kommenden Kantonen durchgeführt haben. Hinsichtlich der Frist, innerhalb welcher die ersuchende Behörde ihr Gesuch einzureichen hat, ist im Normalfall die Frist von zehn Tagen gemäss Art. 396 Abs. 1 StPO analog anzuwenden (vgl. hierzu TPF 2019 62 E. 1; TPF 2011 94 E. 2.2 S. 96 bei interkantonalen Gerichtsstandskonflikten). Die Behörden, welche berechtigt sind, ihren Kanton im Meinungsaustausch und im Verfahren vor der Beschwerdekammer zu vertreten, bestimmen sich nach dem jeweiligen kantonalen Recht (Art. 14 Abs. 4 StPO; siehe zum Ganzen zuletzt die Beschlüsse des Bundesstrafgerichts BG.2021.38 vom 7. Oktober 2021 E. 1.1; BG.2021.10 vom 31. März 2021 E. 1.1 und 1.2).

1.2 Die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern vertritt gegenüber den Bundesbehörden bei der Festlegung der sachlichen Zuständigkeit die Interessen der bernischen Strafverfolgung (Art. 24 lit. a des Einführungsgesetzes zur Zivilprozessordnung, zur Strafprozessordnung und zur Jugendstrafprozessordnung des Kantons Bern vom 11. Juni 2009 [EG ZSJ/BE; BGS 271.1]). Auf Seiten des Gesuchsgegners 2 steht diese Befugnis der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich zu (§ 107 Abs. 1 lit. b des Gesetzes über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess des Kantons Zürich vom 10. Mai 2010 [GOG/ZH; LS 211.1]). Die Parteien führten zur Frage der Zuständigkeit hinsichtlich der vorliegenden Strafsache einen Meinungsaustausch, welcher mit dem Schreiben der Bundesanwaltschaft vom 27. September 2022 seinen Abschluss fand. Die Postaufgabe des Gesuchs erfolgte am 6. Oktober 2022 und somit innerhalb der analog anwendbaren zehntägigen Frist von Art. 396 Abs. 1 StPO.

2. Der Gesuchsteller formuliert gestützt auf die ihm am 1. November 2021 durch die MROS übermittelte Meldung – kurz zusammengefasst – den folgenden Tatverdacht des gewerbsmässigen Betrugs und der Geldwäscherei (vgl. act. 1, S. 2 f.): Am 12. März 2021 habe B. die Stiftung C. mit Sitz im Kanton Zug gegründet. B. werde vorgeworfen, er habe, insbesondere mithilfe diverser nationaler und internationaler Medien sowie bei Veranstaltungen, Investoren/Anleger zum Kauf des D. Coins überzeugt, ohne dass er die Absicht gehabt haben soll, das entsprechende Projekt dahinter tatsächlich zu realisieren, resp. indem er Investoren/Anleger über Vermögensanlagen und insbesondere einen angeblich von ihm erfundenen Algorithmus zum automatisierten Handel mit Kryptowährungen getäuscht habe. Aufgrund der bewusst und aktiv über diverse nationale und internationale Medien gesteuerten Täuschungen soll er ein grosses nationales und internationales Publikum erreicht und sich u.a. als erfolgreicher «Kryptomilliardär» vermarktet haben, um Investoren/Anleger für seine D.-Token zu gewinnen. Den mutmasslich deliktischen Erlös habe der Beschuldigte bis Ende Mai 2021 auf dem auf ihn lautenden Konto Nr. 2 bei der Bank A. entgegengenommen. Nach Saldierung der Beziehung zur Bank A. seien die verbleibenden Vermögenswerte über ein Konto bei der Bank E. am 28. Mai 2021 zur Bank F. mit Sitz in Liechtenstein transferiert worden. Auf verschiedenen auf B. lautenden Konten bei dieser Bank seien zwischen dem 28. Mai 2021 und ca. 21. Juni 2022 weitere Zahlungseingänge potentieller Anleger erfolgt. B. werde weiter vorgeworfen, den mutmasslich deliktischen Erlös mindestens teilweise von der Bank F. an die Plattform G. mit Sitz in den USA auf ein Konto der Bank H., welche der I. Ltd. mit Sitz im Vereinigten Königreich gehöre, einbezahlt zu haben und Teile dieses Erlöses in Kryptowährungen zu halten. Der Gesuchsteller macht geltend, für den Betrug bestehe eine fakultative Bundeszuständigkeit nach Art. 24 Abs. 2 StPO, für die Geldwäscherei zwingende Bundeszuständigkeit nach Art. 24 Abs. 1 StPO (act. 1, S. 6 ff.).

3.

3.1 Nebst den in Art. 23 StPO genannten unterstehen der Bundesgerichtsbarkeit nach Art. 24 Abs. 1 StPO u.a. auch Straftaten nach Art. 305bis StGB (Geldwäscherei), wenn diese zu einem wesentlichen Teil im Ausland begangen worden sind (lit. a) oder in mehreren Kantonen begangen worden sind und dabei kein eindeutiger Schwerpunkt in einem Kanton besteht (lit. b). Bei Verbrechen des zweiten und des elften Titels des StGB (Strafbare Handlungen gegen das Vermögen bzw. Urkundendelikte) kann die Staatsanwaltschaft des Bundes gestützt auf Art. 24 Abs. 2 StPO eine Untersuchung eröffnen, wenn die Voraussetzungen von Art. 24 Abs. 1 StPO erfüllt sind (lit. a) und keine kantonale Strafverfolgungsbehörde mit der Sache befasst ist oder die zuständige kantonale Strafverfolgungsbehörde die Staatsanwaltschaft des Bundes um Übernahme des Verfahrens ersucht (lit. b).

3.2

3.2.1 Geht in einem Kanton eine Strafanzeige bzw. ein Strafantrag ein, so hat die betroffene Strafverfolgungsbehörde von Amtes wegen zu prüfen, ob nach den Gerichtsstandsbestimmungen die örtliche Zuständigkeit ihres Kantons gegeben ist. Damit diese Prüfung zuverlässig erfolgen kann, muss die fragliche Behörde alle für die Festlegung des Gerichtsstandes wesentlichen Tatsachen erforschen und alle dazu notwendigen Erhebungen durchführen (TPF 2019 62 E. 4.1 S. 64). Dazu gehört insbesondere die Ermittlung des Ausführungsortes (vgl. die Beschlüsse des Bundesstrafgerichts BG.2020.37 vom 30. September 2020 E. 3.3; BG.2019.38 vom 16. Oktober 2019 E. 3.2.3; Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 443). Entsprechendes hat auch für die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Kantonen zu gelten.

3.2.2 Bezüglich Form und Substantiierung eines Gesuchs im Sinne von Art. 40 Abs. 2 StPO gilt, dass dieses vollständig zu dokumentieren ist, sodass ohne weitere Beweismassnahmen darüber entschieden werden kann. Die ersuchende Behörde hat das Gesuch so zu verfassen, dass ihm ohne Durchsicht der kantonalen Akten die für die Bestimmung des Gerichtsstandes erforderlichen und wesentlichen Tatsachen entnommen werden können, weshalb dieses in kurzer, aber vollständiger Übersicht darzulegen hat, welche strafbaren Handlungen dem Beschuldigten vorgeworfen werden, wann und wo diese ausgeführt wurden und wo allenfalls der Erfolg eingetreten ist, wie die aufgrund der Aktenlage in Frage kommenden strafbaren Handlungen rechtlich zu würdigen sind sowie welche konkreten Verfolgungshandlungen von welchen Behörden wann vorgenommen wurden. Zudem sind die für die Gerichtsstandsbestimmung wesentlichen Akten zweckmässig paginiert, mit Verzeichnis versehen und geordnet in einem separaten Dossier beizulegen, wobei der blosse Hinweis auf die vollständig beigelegten kantonalen Akten unzulässig ist und die Erläuterungen daher stets mit der Angabe der entsprechenden Aktenstelle zu versehen sind (vgl. u.a. die Beschlüsse des Bundesstrafgerichts BG.2022.7 vom 23. Februar 2022 E. 1.2.2; BG.2021.11 vom 11. März 2021 E. 1.3; BG.2020.57 vom 1. Februar 2021 E. 1.2; vgl. auch Baumgartner, a.a.O., S. 498; Guidon/Bänziger, Die aktuelle Rechtsprechung des Bundesstrafgerichts zum interkantonalen Gerichtsstand in Strafsachen, Jusletter vom 21. Mai 2007, N. 20). Entsprechendes muss auch für Gesuche zur Beurteilung von Konflikten zwischen der Staatsanwaltschaft des Bundes und den kantonalen Strafbehörden gelten.

3.2.3 Für die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen den eidgenössischen und kantonalen Strafverfolgungsbehörden kommt es nicht darauf an, was dem Beschuldigten nachgewiesen werden kann. Es muss vielmehr genügen, dass ein konkreter Tatverdacht besteht (vgl. BGE 133 IV 235 E. 4.4). Bei der Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit stützt sich die Beschwerdekammer wie bei der Festlegung des Gerichtsstands auf Fakten und nicht auf Hypothesen. Es gilt der Grundsatz in dubio pro duriore (TPF 2019 82 E. 2.4; TPF 2016 180 E. 2.2). 

3.3

3.3.1 Ein Betrug gilt als dort verübt, wo der Täter jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen zu einem Verhalten bestimmt, das den sich Irrenden oder einen Dritten am Vermögen schädigt (Urteil des Bundesgerichts 6B_127/2013 vom 3. September 2013 E. 4.2.2 m.H.). Ausführungshandlung des Betrugs ist jede Tätigkeit, die nicht blosse Vorbereitungshandlung ist, d.h. die nach dem Plan des Betrügers auf dem Weg zum Erfolg den entscheidenden Schritt bildet, von dem es in der Regel kein von äusseren Schwierigkeiten unbeeinflusstes Zurück mehr gibt (Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 106; siehe den Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2021.17 vom 16. Juni 2021 E. 2.4.3). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist Betrug ein Erfolgsdelikt mit einem doppelten Erfolg (kupiertes Erfolgsdelikt). Der Erfolg kann sowohl am Ort eintreten, wo die Entreicherung bzw. die beabsichtigte Bereicherung eingetreten ist, wie auch am Ort, wo die Irrtumserregung oder die Vermögensdisposition stattgefunden haben (Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2021.17 vom 16. Juni 2021 E. 2.4.4 m.w.H.). In gerichtsstandsrechtlicher Hinsicht ist primär der Handlungsort massgebend, während dem Ort des Erfolgseintritts lediglich subsidiäre Bedeutung zukommt (Baumgartner, a.a.O., S. 60; Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 65 und 95; siehe auch TPF BG.2022.34 vom 17. November 2022 E. 3.2 und BG.2021.42 vom 28. September 2022 E. 2.2, beide zur Publikation vorgesehen).

3.3.2 Dem Gesuch sind keine Ausführungen zu entnehmen, welche hinsichtlich des Vorwurfs des gewerbsmässigen Betrugs eine präzise Bestimmung der Handlungsorte erlauben würden. Der Gesuchsteller macht diesbezüglich lediglich geltend, der Beschuldigte habe die potentiellen Investoren/Anleger bei einer «Vielzahl von Veranstaltungen» getäuscht (act. 1, S. 7). Wo diese Veranstaltungen durchgeführt worden sind, ist dem Gesuch – mit einer Ausnahme, wo auf eine Veranstaltung in Z./AG hingewiesen wird (act. 1, S. 3) – nicht zu entnehmen. Weiter habe der Beschuldigte seine Täuschungen mithilfe «diverser nationaler und internationaler Medien» verbreitet. Dabei habe er sich der «diversen Medien» bewusst als mittelbare Täterschaft bedient, weshalb die Tat überall dort als verübt gelte, wo der mittelbare Täter und sein Tatmittler gehandelt haben. Konkrete Angaben zu den Handlungsorten des mittelbaren Täters oder der Tatmittler macht der Gesuchsteller jedoch keine. Den Akten ist auch nicht zu entnehmen, wie und wo der Beschuldigte die Medien kontaktiert haben soll. Soweit ersichtlich beinhalten die Verfahrensakten sechs Medienberichte, wovon lediglich einer einem ausländischen Presseunternehmen zuzuordnen ist (BE pag. 13 001 001 ff.). Drei dieser Berichte dürften zudem nicht auf ein Handeln des Beschuldigten als mittelbarer Täter zurückzuführen sein, da sie bereits ein kritisches Licht auf ihn und seine Stiftung werfen (BE pag. 13 001 035 ff.). Der Schluss des Gesuchstellers, dass sich die nicht näher bezeichneten «aktenkundigen Ausführungsorte» nicht bloss auf einen oder wenige Kantone erstrecken, sondern vielmehr auf die gesamte Deutschschweiz sowie den deutschsprachigen Raum von Europa verteilt seien (act. 1, S. 7), ist nach dem Gesagten nicht nachvollziehbar. Die übrigen Erläuterungen des Gesuchstellers zu den Investoren/Anlegern und deren Herkunft betreffen, wenn überhaupt, allfällige Erfolgsorte, denen bei der Gerichtsstandsbestimmung nur subsidiäre Bedeutung zukommt (siehe oben E. 3.3.1 in fine). Eine zuverlässige Bestimmung der Zuständigkeit ist aufgrund der Angaben des Gesuchstellers nicht möglich.

3.4

3.4.1 Geldwäscherei begeht, wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen herrühren (Art. 305bis Ziff. 1 StGB). Der Tatbestand der Geldwäscherei gilt als abstraktes Gefährdungsdelikt. Anzuknüpfen ist dabei primär an den Handlungsort im Sinne des Ortes, wo die Tathandlung oder Unterlassung gemäss Art. 305bis StGB stattgefunden hat. Die gerichtsstandsrechtliche Anknüpfung des Tatbestandes der Geldwäscherei ist unabhängig von der Anknüpfung der entsprechenden Vortat (Baumgartner, a.a.O., S. 141).

3.4.2 Diesbezüglich führt der Gesuchsteller aus, es würde zu kurz greifen, im vorliegenden Fall nur von schweizerischen Handlungsorten in Bern und Zürich auszugehen. Vielmehr würden die Ausführungsorte in der Realität wohl weitaus zahlreicher sein. Es bleibe zu konstatieren, dass die tatsächlichen Handlungsorte der mutmasslichen Geldwäscherei unbekannt seien, so dass die «Erfolgsorte» einbezogen werden müssen (act. 1, S. 8). Hinreichend präzise Angaben zur Festlegung der Zuständigkeit sind auch das keine. Dass die tatsächlichen Handlungsorte unbekannt sind, dürfte in diesem Verfahrensstand in erster Linie daran liegen, dass der Gesuchsteller bis dato weder alle für die Festlegung des Gerichtsstandes wesentlichen Tatsachen erforscht noch alle dazu notwendigen Erhebungen durchgeführt hat. Tatsächlich hat der Gesuchsteller gestützt auf die Meldung der MROS noch nicht mal eine Untersuchung gemäss Art. 309 StPO eröffnet (vgl. act. 1.3, S. 1; siehe auch BE pag. 14 001 031). Wenn der Gesuchsteller mit dem Ort der Kontoführung als «Erfolgsort» der Geldwäscherei argumentiert, so kann ihm schon nur wegen deren Qualifizierung als abstraktes Gefährdungsdelikt nicht gefolgt werden (siehe auch den Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2022.3 vom 17. Mai 2022 E. 2.3).

4. Nach dem Gesagten ist nicht ersichtlich, welche Handlungen des Beschuldigten wo erfolgt sein sollen. Eine etwaige Befragung des Beschuldigten oder anderer Verfahrensbeteiligter hat offensichtlich noch nicht stattgefunden. Die bisherigen Abklärungen erlauben es dem Gericht nicht, den bzw. die Handlungsorte oder einen allfälligen Schwerpunkt der deliktischen Tätigkeit im In- oder Ausland zuverlässig festzustellen. Diesbezüglich bedarf es weiterer Ermittlungen. Bis dahin drängt sich weder ein Abstellen auf bloss subsidiär zur Geltung kommende Erfolgsorte noch die Annahme einer Bundeszuständigkeit auf. Die Frage der Zuständigkeit lässt sich aufgrund der Angaben im Gesuch nicht beurteilen, weshalb auf das Gesuch nicht einzutreten ist.

5. Es ist keine Gerichtsgebühr zu erheben (Art. 423 Abs. 1 StPO).

Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Auf das Gesuch wird nicht eingetreten.

2. Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben.

Bellinzona, 19. Dezember 2022

Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Präsident:                                                            Der Gerichtsschreiber:

Zustellung an

- Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern

- Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich

- Bundesanwaltschaft

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.

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