Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts
Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Strafkammer |
Fallnummer: | SK.2020.60 |
Datum: | 09.09.2021 |
Leitsatz/Stichwort: | |
Schlagwörter | Bundes; Verfahren; Verfahrens; Beschuldigte; Verfahren; Beschuldigten; Bundesstrafgericht; Gericht; Bundesanwaltschaft; Kammer; Bundesstrafgerichts; Privatklägerinnen; Rechtsanwältin; Apos;; Vorverfahren; Verfolgung; Einstellung; Vergleich; BStKR; Gebühr; Behörde; Parteien; Verfahrenskosten; Wiedergutmachung; Kommentar; Schweizerische; Tribunal; ügen |
Rechtskraft: | Kein Weiterzug, rechtskräftig |
Rechtsgrundlagen des Urteils: | Art. 23 StPO ;Art. 28 StGB ;Art. 322 StPO ;Art. 355 StPO ;Art. 356 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 4 StGB ;Art. 422 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 5 StGB ;Art. 52 StGB ;Art. 53 StGB ;Art. 8 StPO ;Art. 91 StPO ; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Entscheid des Bundesstrafgerichts
SK.2020.60
Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal |
|
Geschäftsnummer: SK.2020.60 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen |
|
| Verfügung vom 9 . September 2021 |
Besetzung |
| Bundesstrafrichterin Sylvia Frei, Einzelrichterin Gerichtsschreiberin Elena Inhelder |
Parteien |
| Bundesanwaltschaft, vertreten durch
und
als Privatklägerschaft:
B., vertreten durch Rechtsanwältin Ladina Manetsch,
C., vertreten durch Rechtsanwältin Ladina Manetsch,
|
| gegen | |
|
| A., erbeten verteidigt durch Rechtsanwältin Sarah Schläppi, |
Gegenstand |
| Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte |
In Erwägung, dass
- die Bundesanwaltschaft gegen den Beschuldigten am 12. Dezember 2019 einen ersten und infolge Einsprache, nach Ergänzung der Untersuchung gemäss Art. 355 Abs. 1 StPO, am 10. November 2020 einen neuen Strafbefehl wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte gemäss Art. 285 StGB erliess und ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je Fr. 500.--, einer Verbindungsbusse von Fr. 3'000.-- sowie zur Bezahlung der Verfahrenskosten verurteilte (BA pag. 03-01-0001 ff.; 03-01-0064 ff.);
- der Beschuldigte in der Folge am 23. November 2020 form- und fristgerecht Einsprache gegen den Strafbefehl vom 10. November 2020 erhob (BA pag. 03-01-0068 f.);
- die Bundesanwaltschaft am Strafbefehl vom 10. November 2020 festhielt ( Art. 322 Abs. 3 lit. a StPO) und diesen mit den Akten am 4. Dezember 2020 an die Strafkammer des Bundesstrafgerichts zur Durchführung eines Hauptverfahrens überwies ( Art. 356 Abs. 1 StPO; TPF pag. 2.100.001 ff.);
- das Gericht seine Zuständigkeit von Amtes wegen prüft und der Tatbestand von Art. 285 StGB gemäss Art. 35 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Organisation der Strafbehörden des Bundes vom 19. März 2010 (Strafbehördenorganisationsgesetz; StBOG; SR 173.71) i.V.m. Art. 23 Abs. 1 lit. h StPO der Bundesgerichtsbarkeit untersteht, die Zuständigkeit des Bundesstrafgerichts somit gegeben ist;
- dem Beschuldigten zusammengefasst zur Last gelegt wird, er sei am 22. Juli 2019 anlässlich einer Ticketkontrolle gegenüber den beiden Privatklägerinnen aggressiv geworden und habe sich diesen bedrohlich und schreiend genähert, woraufhin diese die Polizei zur Unterstützung gerufen hätten;
- das Bundesstrafgericht mit Schreiben vom 16. Dezember 2020 bei der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland die Akten des gegen B. und C. geführten Verfahrens wegen falscher Anschuldigung und Irreführung der Rechtspflege zum Nachteil von A., welches sich auf den gleichen Vorfall wie das vor dem hiesigen Gericht geführte Verfahren bezieht, beizog;
- der Termin für die Hauptverhandlung auf den 6. September 2021 festgesetzt wurde (TPF pag. 2.310.015);
- die Parteien bereits im Vorverfahren Vergleichsverhandlungen führten, indes zu keiner Einigung gelangten;
- die Verteidigerin des Beschuldigten am 25. Juni 2021 und die Vertreterin der beiden Privatklägerinnen am 27. Juli 2021 das hiesige Gericht darüber informierten, dass sich die Parteien derweilen in aussergerichtlichen Vergleichsverhandlungen befinden;
- Rechtsanwältin Schläppi namens des Beschuldigten mit Schreiben vom 13. August 2021 der Strafkammer des Bundesstrafgerichts eine, von beiden Privatklägerinnen am 2. respektive 5. August 2021 und vom Beschuldigten am 11. August 2021 unterzeichnete, Vergleichsvereinbarung einreichen liess (TPF pag. 2.521.011 ff.);
- die Bundesanwaltschaft zur freigestellten Stellungnahme eingeladen wurde und mit Schreiben vom 19. August 2021 dem Gericht mitteilte, aus Sicht der Strafverfolgungsbehörden würden einer allfälligen Einstellung des Verfahrens, angesichts der in der Vergleichsvereinbarung geregelten Details, keine überwiegenden Interessen der Strafverfolgung entgegenstehen;
- gemäss Art. 8 Abs. 1 StPO die Staatsanwaltschaft und Gerichte von der Strafverfolgung absehen, wenn das Bundesrecht es vorsieht, namentlich unter den Voraussetzungen von Art. 52, 53 und 54 StGB und sie in diesen Fällen verfügen, dass kein Verfahren eröffnet oder das laufende Verfahren eingestellt wird ( Art. 8 Abs. 4 StPO);
- das in Art. 8 StPO verankerte Opportunitätsprinzip in jedem Verfahrensstadium Geltung hat und sich nicht auf eine Anwendung im Vorverfahren beschränken lässt;
- das Verfahren bei einer Wiedergutmachung gemäss Art. 53 StGB i.V.m. Art. 8 Abs. 1 und 4 StPO eingestellt wird, wenn der Täter den Schaden gedeckt oder alle zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um das von ihm bewirkte Unrecht auszugleichen, eine bedingte Strafe in Betracht kommt (lit. a), das Interesse der Öffentlichkeit und des Geschädigten an der Strafverfolgung gering sind (lit. b) und der Täter den Sachverhalt eingestanden hat (lit. c);
- die Voraussetzungen einer bedingten Strafe in casu gegeben sind ( Art. 42 StGB, Art. 53 lit. a StGB);
- der Beschuldigte sich im Sinne einer (symbolischen) Wiedergutmachung zur Leistung einer Zahlung an die Privatklägerinnen oder eine karitative Institution ihrer Wahl verpflichtet und sich persönlich bei den Privatklägerinnen für sein Verhalten entschuldigt hat, er damit zumindest implizit den Sachverhalt respektive die Unkorrektheit seiner Tat, wie gemäss Art. 53 lit. c StGB vorausgesetzt, anerkennt ( Wohlers, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2020, Art. 8 N. 16; Fiolka/Riedo, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 8 StPO N. 39; vgl. ferner BGE 6B_344/2013 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E.4.3) und sich der Beschuldigte darüber hinaus – ebenso wie die Bundesanwaltschaft und die Privatklägerschaft – ohnehin mit der Einstellung des Verfahrens einverstanden erklärt;
- die Unrechtsausgleichsbemühungen sowie Wiedergutmachungsleistungen des Beschuldigten nach dem Gesagten als hinreichend erscheinen;
- hinzukommend zur Wiedergutmachungsleistung des Beschuldigten, Schuld und Tatfolgen – im Vergleich zu artgleichen Vorfällen – insgesamt gering erscheinen, insbesondere da in casu offensichtlich ein Verständigungsproblem zwischen dem Beschuldigten, welcher der französischen Sprache nicht mächtig ist, und den Privatklägerinnen, welche der deutschen Sprache nicht mächtig sind und anlässlich der Einvernahmen im Vorverfahren entsprechend eine Übersetzung benötigten, vorlag;
- die beiden Privatklägerinnen ihr ausdrückliches Desinteresse an der Strafverfolgung erklärt haben ( Art. 53 lit. b StGB);
- das Strafverfolgungsinteresse einer Einstellung des Verfahrens nicht entgegensteht ( Art. 53 lit. b StGB) und dem Rechtsfrieden mit der vorliegenden Verfahrenserledigung mithin besser gedient ist;
- eine strafrechtliche Reaktion nach dem Gesagten unverhältnismässig erscheint;
- Art. 8 StPO bei gegebenen Voraussetzungen auch für Gerichte ausdrücklich eine Verpflichtung zur Einstellung vorsieht ( Wohlers, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2020, Art. 8 N. 11; Fiolka/Riedo, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 8 StPO N. 105 ff.; Schmid/Jositsch, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 8 N. 13)
- das Strafverfahren gegen den Beschuldigten nach dem Gesagten in Anwendung von Art. 8 Abs. 1 und 4 StPO i.V.m. Art. 53 StGB einzustellen ist;
- sich die Verfahrenskosten aus den Gebühren zur Deckung des Aufwands und den Auslagen im konkreten Straffall zusammensetzen ( Art. 422 Abs. 1 StPO; Art. 1 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren (BStKR, SR 173.173.162), wobei die Gebühren für Verfahrenshandlungen geschuldet sind, die im Vorverfahren von der Bundeskriminalpolizei und von der Bundesanwaltschaft sowie im erstinstanzlichen Hauptverfahren von der Strafkammer des Bundesgerichts durchgeführt oder angeordnet worden sind ( Art. 1 Abs. 2 BStKR) und die Auslagen die vom Bund vorausbezahlten Beträge, namentlich die Kosten für Übersetzungen, Gutachten, Porti und andere entsprechende Kosten umfassen ( Art. 422 Abs. 2 StPO und Art. 1 Abs. 3 BStKR);
- die Bundesanwaltschaft für das Vorverfahren eine Gebühr von Fr. 2'000.-- sowie Auslagen von Fr. 1'484.60 für die anlässlich der Einvernahmen benötigte Übersetzung für die Privatklägerinnen geltend macht, diese Kosten im gesetzlichen Rahmen (Art. 6 Abs. 3 lit. b, Abs. 4 lit. c und Abs. 5 BStKR) liegen und angemessen erscheinen, womit sie in besagter Höhe festzusetzen sind (TPF pag. 2.100.002);
- die Gebühr für das erstinstanzliche Hauptverfahren aufgrund der Bedeutung und Schwierigkeit der Sache in tatsächlicher Hinsicht sowie des – insbesondere aufgrund des fortgeschrittenen Zeitpunkts in der Vorbereitung der Hauptverhandlung –entstandenen Aufwands auf Fr. 500.-- festzusetzten ist (Art. 5 i.V.m. Art. 7 lit. a BStKR);
- die Verfahrenskosten somit insgesamt Fr. 3'984.60 betragen;
- gemäss Art. 426 Abs. 2 StPO bei der Einstellung des Verfahrens der beschuldigten Person die Verfahrenskosten ganz oder teilweise auferlegt werden können, wenn sie rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat ( Art. 426 Abs. 2 StPO);
- das Verhalten des Beschuldigten zur Einleitung des Verfahrens geführt hat;
verfügt die Einzelrichterin:
I.
1. Das Strafverfahren gegen A. wird in Anwendung von Art. 8 Abs. 1 und 4 StPO i.V.m. Art. 53 StGB eingestellt.
2. Die Kosten des Verfahrens, bestehend aus den Kosten des Vorverfahrens von Fr. 3'484.60 und der Gerichtsgebühr von Fr. 500.--, ausmachend Fr. 3'984.60, werden A. auferlegt.
3. Es wird keine Entschädigung zugesprochen.
II.
Diese Verfügung wird den Parteien schriftlich eröffnet.
Im Namen der Strafkammer
des Bundesstrafgerichts
Die Einzelrichterin Die Gerichtsschreiberin
Geht an:
- Bundesanwaltschaft, Frau Sabrina Beyeler, Staatsanwältin des Bundes
- Frau Rechtsanwältin Sarah Schläppi (erbetene Verteidigerin des Beschuldigten)
- Frau Rechtsanwältin Ladina Manetsch (Vertreterin der Privatklägerschaft)
Nach Eintritt der Rechtskraft mitzuteilen an:
- Bundesanwaltschaft als Vollzugsbehörde (vollständig)
Rechtsmittelbelehrung
Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts
Gegen Verfügungen und Beschlüsse sowie die Verfahrenshandlungen der Strafkammer des Bundesstrafgerichts als erstinstanzliches Gericht, ausgenommen verfahrensleitende Entscheide, kann innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts geführt werden (Art. 393 Abs. 1 lit. b und Art. 396 Abs. 1 StPO; Art. 37 Abs. 1 StBOG).
Mit der Beschwerde können gerügt werden: Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung; die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit ( Art. 393 Abs. 2 StPO).
Einhaltung der Fristen
Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist bei der Strafbehörde abgegeben oder zu deren Handen der Schweizerischen Post, einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung oder, im Falle von inhaftierten Personen, der Anstaltsleitung übergeben werden ( Art. 91 Abs. 2 StPO).
Versand: 9. September 2021
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.