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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Berufungskammer
Fallnummer:CA.2021.7
Datum:07.09.2021
Leitsatz/Stichwort:
Schlagwörter : Beschuldigte; Beschuldigten; Filter; Urteil; Freiheit; Beruf; Berufung; Kinder; Waffe; Waffen; Apos;; Massnahme; Verfahren; Dolch; Verfahren; Entscheid; Dolche; Recht; Bundes; Behandlung; BStGer; Beweis; Entscheide; Täter; Verfahrens; Kammer; ässig
Rechtskraft:Weiterzug
Rechtsnorm: Art. 1 StGB ; Art. 10 StPO ; Art. 11 StGB ; Art. 110 StGB ; Art. 110 StPO ; Art. 12 StGB ; Art. 13 StPO ; Art. 135 StPO ; Art. 139 StPO ; Art. 14 StGB ; Art. 18 StGB ; Art. 183 StGB ; Art. 19 StGB ; Art. 19 StPO ; Art. 2 StPO ; Art. 21 StPO ; Art. 22 StGB ; Art. 23 StPO ; Art. 26 StPO ; Art. 260 StGB ; Art. 267 StPO ; Art. 28 ZGB ; Art. 29 StGB ; Art. 3 BV ; Art. 3 StGB ; Art. 31 StPO ; Art. 32 BV ; Art. 34 StGB ; Art. 343 StPO ; Art. 36 BV ; Art. 38 StPO ; Art. 382 StPO ; Art. 39 StPO ; Art. 391 StPO ; Art. 398 StPO ; Art. 399 StPO ; Art. 4 OR ; Art. 4 StGB ; Art. 41 StGB ; Art. 42 StPO ; Art. 422 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 428 StP
Referenz BGE:101 IV 154; 111 IV 150; 111 IV 157; 111 IV 158; 113 IV 56; 119 IV 216; 124 IV 86; 126 II 185; 129 IV 6; 134 IV 17; 135 IV 180; 136 IV 55; 138 IV 120; 139 IV 282; 140 IV 196; 141 IV 10; 142 IV 265; 143 IV 288; 144 IV 345; 83 IV 152; 89 IV 85; ;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

CA.2021.7

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: CA.2021.7

Urteil vom 7. September 2021
Berufungskammer

Besetzung

Richter Andrea Blum, Vorsitzende

Thomas Frischknecht und Olivier Thormann

Gerichtsschreiber Franz Aschwanden

Parteien

A. , zurzeit inhaftiert im Gefängnis BB.,

amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Zani Dzaferi,

 Berufungsführer / Beschuldigter

 

gegen

Bundesanwaltschaft , vertreten durch Staatsanwalt des Bundes Johannes Rinnerthaler,

Berufungsgegnerin / Anklagebehörde

 

Gegenstand

Strafbare Vorbereitungshandlungen (Art. 260bis Abs. 1 StGB), Widerhandlung gegen das Waffengesetz ( Art. 33 Abs. 1 lit. a WG)

Berufung (teilweise) vom 10. Mai 2021 gegen das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. März 2021


Sachverhalt:

A. Prozessgeschichte und erstinstanzliches Urteil

A.1      Der Beschuldigte wurde am 11. Februar 2020 um ca. 16:00 Uhr am Hauptbahnhof ZZ. kontrolliert und festgenommen, nachdem er ohne gültigen Fahrausweis im Zug von U. nach ZZ. unterwegs gewesen war. Anlässlich der Effektenkontrolle wurden bei ihm unter anderem zwei Dolche und vier sogenannte unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen (nachfolgend: USBV) sichergestellt (BA pag. 10-01-0001 ff.).

A.2      Am 11. Februar 2020 eröffnete die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat eine Strafuntersuchung gegen den Beschuldigten wegen strafbarer Vorbereitungshandlungen zu einem Tötungsdelikt etc. (Art. 260bis StGB) (BA pag. 01-01-0003). Am 19. Februar 2020 wurde das Verfahren von der Bundesanwaltschaft (nachfolgend: BA) übernommen und von dieser am 20. Februar 2020 auf die Straftatbestände des Herstellens, Verbergens, Weiterschaffens von Sprengstoffen ( Art. 226 StGB) sowie die Vorwürfe der Widerhandlung gegen Art. 37 ff. des Sprengstoffgesetzes (SprstG; SR 941.41) und der Widerhandlung gegen Art. 33 ff. des Waffengesetzes (WG; SR 514.54) ausgedehnt (BA pag. 01-01-0001 f.). Am 16. September 2020 hielt die BA fest, dass keine Anklage im Sinne der Tatbestände gemäss Art. 37 ff. SprstG erhoben werde, ohne jedoch eine formelle Verfahrenseinstellung vorzunehmen (BA pag. 01-01-0003 f.). Am 13. November 2020 dehnte die BA das Verfahren auf den Tatbestand des Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen (Art. 292 StGB) aus (BA pag. 01-01-0005) und vereinigte mit Verfügung vom 13. November 2020 die der kantonalen Zuständigkeit unterliegenden Verfahrensgegenstände in eigener Hand (BA pag. 02-00-0011 f.).

A.3      Mit Verfügung vom 13. Februar 2020 ordnete das Zwangsmassnahmengericht des Bezirksgerichts ZZ. für den Beschuldigten Untersuchungshaft an (BA pag. 06-01-0018 ff.). Die dagegen erhobene Beschwerde des Beschuldigten schrieb das Obergericht des Kantons ZZ. zufolge Beschwerderückzugs mit Beschluss vom 17. März 2020 ab (BA pag. 06-01-0073 ff.). Mit Entscheid vom 30. März 2020 wies das kantonale Zwangsmassnahmengericht T. ein Haftentlassungsgesuch des Beschuldigten ab (BA pag. 06-01-0086 ff.). Dasselbe Gericht ordnete mit Entscheid vom 18. Mai 2020, anstelle der von der BA beantragten Haftverlängerung, bis zum 17. August 2020 befristete Ersatzmassnahmen im Sinne einer ambulanten psychiatrischen Behandlung und eines Konsumverbots (betreffend Drogen / Betäubungsmittel [inkl. Alkohol]) an. Es ordnete weiter an, dass die Haftentlassung spätestens am 2. Juni 2020 zu erfolgen habe (pag. 06-01-0127 ff.). Der Beschuldigte wurde schliesslich am 28. Mai 2020 aus der Haft entlassen (BA pag. 06-01-0147 ff.). Mit Entscheid vom 17. Juli 2020 verlängerte das Zwangsmassnahmengericht T. die Ersatzmassnahmen bis zum 16. Oktober 2020 und ordnete für den Beschuldigten anstelle der ambulanten psychiatrischen Behandlung eine stationäre Entzugs- / Entwöhnungsbehandlung mit Abstinenzkontrolle und begleitender psychotherapeutischen Behandlung an, wobei die BA für den möglichst baldigen Antritt zu sorgen habe (BA pag. 06-02-0082 ff.). Am 10. September 2020 ordnete die BA die Durchführung einer stationären Entzugsbehandlung mit Abstinenzkontrolle und begleitender psychotherapeutischen Behandlung in den Universitären Psychiatrischen Kliniken U. an (BA pag. 06-02-0127 ff.). Nach Antritt der Behandlung per 9. September 2020, wurde der Beschuldigte am 11. Oktober 2020 gestützt auf einen Haftbefehl der BA von der Kantonspolizei S. in der Universitären Psychiatrischen Kliniken U. festgenommen (BA pag. 06-03-0001 ff.). Am 14. Oktober 2020 ordnete das Zwangsmassnahmengericht T. auf Antrag der BA Untersuchungshaft bis zum 10. Januar 2021 an und widerrief die Ersatzmassnahmen (BA pag. 06-03-0037 ff.). Am 2. Dezember 2020 verfügte das Zwangsmassnahmengericht T. im Zusammenhang mit der zwischenzeitlich erfolgten Anklageerhebung gegen den Beschuldigten Sicherheitshaft bis zum Erlass des erstinstanzlichen Urteils, wobei das Haftentlassungsgesuch des Beschuldigten abgewiesen wurde (TPF pag. 6.231.7.001 ff.), und verlängerte die Sicherheitshaft mit Entscheid vom 19. Februar 2021 bis zum 12. März 2021 (TPF pag. 6.231.7.063 ff.).

A.4      Am 23. November 2020 erhob die BA bei der Strafkammer des Bundesstrafgerichts (nachfolgend: Strafkammer) Anklage gegen den Beschuldigten wegen strafbarer Vorbereitungshandlungen (Art. 260bis Abs. 1 StGB), versuchten Herstellens von Sprengstoffen ( Art. 226 Abs. 1 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB), Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen ( Art. 292 StGB) und Widerhandlungen gegen Art. 33 Abs. 1 lit. a WG (TPF pag. 6.100.003 ff.).

A.5      Die Hauptverhandlung vor der Strafkammer fand am 4. / 5. März 2021 in Anwesenheit des Beschuldigten, seines amtlichen Verteidigers (dannzumal RA Georges Müller) und der BA statt (vgl. TPF pag. 6.720.001 ff.). Mit Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. März 2021, gleichentags mündlich eröffnet und begründet, wurde der Beschuldigte von den Vorwürfen des versuchten Herstellens von Sprengstoffen ( Art. 226 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB) und des Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen ( Art. 292 StGB) freigesprochen, der strafbaren Vorbereitungshandlungen (Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB) und der Widerhandlung gegen Art. 33 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. c WG schuldig gesprochen und mit einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten (unter Anrechnung von Untersuchungs- / Sicherheitshaft / Ersatzmassnahmen im Umfang von total 348 Tagen) bestraft. Zudem wurde eine Massnahme im Sinne von Art. 60 StGB angeordnet (TPF pag. 6.720.006 ff.; 6.930.001 ff.). Mit separatem Beschluss SN.2021.6 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. März 2021 ordnete die Strafkammer den Verbleib des Beschuldigten in Sicherheitshaft an ( Art. 231 StPO) (TPF pag. 6.720.1.003; 6.912.2.001 ff.).

A.6      Mit persönlich handschriftlich verfasstem und als «Einsprache» bezeichnetem Schrei­ben an die Strafkammer vom 15. März 2021 erklärte sich der Beschuldigte mit dem Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. März 2021 nicht einverstanden und ersuchte um «Freilassung» (TPF pag. 6.940.001). Durch seinen Anwalt liess er am 16. März 2021 den vorzeitigen Antritt der angeordneten Massnahme beantragen (TPF pag. 6.912.2.011).

A.7      Mit Beschluss der Strafkammer SN.2021.9 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 22. März 2021 wurde das Haftentlassungsgesuch des Beschuldigten vom 15. März 2021 abgewiesen (TPF pag. 6.912.4.001 - 004). Die Verfahrensleitung der Strafkammer bewilligte dem Beschuldigten sodann mit Verfügung SN.2021.7 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 22. März 2021 den vorzeitigen Massnahmenantritt (TPF pag. 6.912.1.001 - 005).

A.8      Das als «Einsprache» betitelte, an die Strafkammer adressierte handschriftliche Schreiben des Beschuldigten vom 15. März 2021 (TPF pag. 6.940.001) wurde zudem als Berufungsanmeldung entgegengenommen. Das vollständig begründete Urteil wurde am 16. April 2021 an die Parteien versandt und am 19. April 2021 (RA Müller für den Beschuldigten) bzw. 20. April 2021 (BA) in Empfang genommen (TPF pag. 6.930.006 ff.; CAR pag. 940.007).

A.9      Den Beschluss SN.2021.6 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen (Sicherheitshaft) sowie das Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. März 2021 focht der Beschuldigte mit persönlich handschriftlich verfassten Beschwerde-Eingaben vom 16. März 2021 beim Bundesgericht an (vgl. TPF pag. 6.231.9.258 ff.; CAR pag. 1.100.125 ff.). Mit Urteil 1B_140/2021 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 20. April 2021 trat das Bundesgericht auf die Beschwerden, zufolge fehlender Legitimation für deren Einreichung beim Bundesgericht, nicht ein (CAR pag. 1.100.122 ff.).

A.10    Mit Beschluss SN.2021.8 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 3. Mai 2021 setzte die Strafkammer die Entschädigung der Verteidigung (RA Müller) für das erstinstanzliche Strafverfahren fest. Dieser Beschluss erwuchs unangefochten in Rechtskraft (CAR pag. 1.100.131 ff.).

B. Verfahren vor der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts

B.1      Mit prozessleitender Verfügung der Vorsitzenden der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts (nachfolgend: Berufungskammer) vom 26. April 2021 wurde mit Wirkung per 27. April 2021 Rechtsanwalt Georges Müller aus dem Mandat der amtlichen Verteidigung des Beschuldigten entlassen und an seiner Stelle dessen Kanzleipartner, Rechtsanwalt Zani Dzaferi, zum amtlichen Verteidiger des Beschuldigten bestellt (CAR pag. 2.100.001 f.).

B.2      Der Beschuldigte liess mit Berufungserklärung vom 10. Mai 2021 folgende Anträge stellen (CAR pag. 1.100.139 ff.):

            1.  Es sei das Urteil des Bundesstrafgerichts vom 5. März 2021 ( SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen) betreffend die folgenden Dispositiv-Ziffern aufzuheben:

                 -    Ziff. 2 (Schuldsprüche betreffend strafbare Vorbereitungshandlungen [Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB] und Widerhandlung gegen das Waffengesetz [Art. 33 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. c WG])

                 -    Ziff. 3 (Strafe)

                 -    Ziff. 4 (Massnahme)

                 -    Ziff. 5 (Vollzugskanton)

                 -    Ziff. 6 (beschlagnahmte Gegenstände)

                 -    Ziff. 7 (Entschädigungen)

            2.  Es sei der Berufungskläger vollumfänglich freizusprechen.

            3.  Dispositiv-Ziff. 8 des Urteils des Bundesstrafgerichts vom 5. März 2021 ( SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen) sei insofern aufzuheben, als die erstinstanzlichen Verfahrenskosten vollumfänglich auf die Staatskasse zu nehmen, eventualiter die dem Berufungskläger auferlegten Verfahrenskosten angemessen zu reduzieren seien.

            4.  Dispositiv-Ziff. 9.2 des Urteils des Bundesstrafgerichts vom 5. März 2021 ( SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen) sei insofern aufzuheben, als die Kosten für die amtliche Verteidigung vollumfänglich auf die Staatskosten zu nehmen, eventualiter der dem Berufungskläger auferlegte Umfang an den Kosten der amtlichen Verteidigung angemessen zu reduzieren sei.

            5.  Dem Berufungskläger sei eine angemessene Entschädigung und Genugtuung zuzusprechen.

            6.  Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. 7,7 % MWSt) zu Lasten der Staatskasse.

B.3      Mit Eingabe vom 21. Mai 2021 erklärte die BA ihren Verzicht sowohl auf die Beantragung des Nichteintretens als auch auf die Erklärung einer Anschlussberufung (CAR pag. 2.100.004).

B.4      Im Vorfeld der Berufungsverhandlung reichte der Beschuldigte diverse handschriftliche Eingaben ein, datierend vom 4. / 5. / 8. / 17. / 18. / 21. / 24. Juni 2021 (CAR pag. 3.101.002 ff., 3.102.003 ff.). Seine beiden Eingaben vom 21. Juli 2021 (CAR pag. 3.102.031 ff.) wurden mit Schreiben der Vorsitzenden vom 3. August 2021 aufgrund teilweise fehlender Leserlichkeit / Verständlichkeit i.S.v. Art. 110 Abs. 4 StPO mit Frist zur Verbesserung zurückgewiesen. Dies mit dem Hinweis, dass sie andernfalls unbeachtet bleiben würden (CAR pag. 3.102.035). In der Folge wurden bis zur Berufungsverhandlung keine verbesserten Fassungen der Eingaben eingereicht.

B.5      Mit Beweisverfügung der Vorsitzenden vom 14. Juni 2021 wurden bezüglich des Beschuldigten von Amtes wegen der Beizug eines aktuellen Betreibungs- und Strafregisterauszugs, der aktuellen Steuerunterlagen (Steuererklärung / -veranlagungsverfügung) sowie eines Führungsberichts betreffend sein Verhalten während der Sicherheitshaft bzw. allenfalls während des vorzeitigen Massnahmenvollzugs veranlasst (vgl. CAR pag. 6.200.001 f.; 6.401.001 ff.). Der vom 13. August 2021 datierende Führungsbericht des Gefängnisses BB. wurde dem Gericht gleichentags eingereicht (CAR pag. 6.401.026 f.).

B.6      Bei der Transportpolizei der SBB wurden gemäss Art. 195 StPO am 20. / 23. August 2021 sämtliche im vorliegenden Zusammenhang durch die Transportpolizei erstellten Akten (Rapport, Journal etc.) ediert (CAR pag. 4.103.001 ff.).

B.7      Anlässlich der Berufungsverhandlung vom 27. August 2021, welche in Anwesenheit des Beschuldigten, seiner Verteidigung und der BA stattfand (CAR pag. 7.200.002), wurden die Zeugen CC., Transportpolizei der SBB; (CAR pag. 7.601.001 ff.), DD., Kantonspolizei Zürich; (CAR pag. 7.602.001 ff.) und EE., Sachbearbeiter der Bundeskriminalpolizei [nachfolgend: BKP]; (CAR pag. 7.603.001 ff.) sowie von Amtes wegen der Beschuldigte einvernommen (CAR pag. 7.401.001 ff.). Im Rahmen der Parteivorträge bestätigte der Beschuldigte (Berufungsführer) seine Anträge (CAR pag. 7.300.001 ff.; vgl. oben SV lit. B.2).

Die BA stellte die Anträge, die Berufung sei vollumfänglich abzuweisen und das vorinstanzliche Urteil zu bestätigen. Die oberinstanzlichen Verfahrenskosten seien vollumfängIich dem Beschuldigten aufzuerlegen. Die weiteren Verfügungen seien von Amtes wegen zu treffen (vgl. CAR pag. 7.300.043 ff.).

            Die Parteien verzichteten auf die mündliche Urteilseröffnung (CAR pag. 7.200.009). Das Urteilsdispositiv wurde am 7. September 2021 an die Parteien versandt (CAR pag. 11.100.001 ff.).

B.8      Auf die Ausführungen der Parteien wird – soweit erforderlich – in den Erwägungen eingegangen.

Die Berufungskammer erwägt:

I.            Formelle Erwägungen

1.              Eintreten / Fristen

1.1         Die Berufungsanmeldung und -erklärung des Beschuldigten erfolgte jeweils fristgerecht ( Art. 399 Abs. 1 - 3 StPO). Die Berufung richtet sich gegen das Urteil der Strafkammer SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. März 2021, mit welchem der Beschuldigte wegen strafbarer Vorbereitungshandlungen (Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB) und Widerhandlung gegen das Waffengesetz (Art. 33 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. c WG) schuldig gesprochen, mit einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten (unter Anrechnung von Untersuchungs- / Sicherheitshaft / Ersatzmassnahmen im Um fang von total 348 Tagen) bestraft sowie mit einer Massnahme im Sinne von Art. 60 StGB belegt wurde.

1.2         Nach Art. 35 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Organisation der Strafbehörden des Bundes vom 19. März 2010 (StBOG; SR 173.71) i.V.m. Art. 23 Abs. 1 lit. d StPO unterstehen von den vorliegend angeklagten Delikten einzig die Verbrechen und Vergehen gemäss Art. 224 bis 226ter StGB der Bundesgerichtsbarkeit. Aufgrund der Vereinigungsverfügung der BA vom 13. November 2020 (vgl. oben Sachverhalt [SV] lit. A.2 in fine) ist gemäss Art. 26 Abs. 2 StPO in Bezug auf diese beiden (nach Art. 22 StPO eigentlich in die kantonale Kompetenz fallenden) Delikte die Bundeskompetenz ebenfalls gegeben. Der Beschuldigte ist durch die vorinstanzliche Verurteilung beschwert und hat ein rechtlich geschütztes Interesse an deren Aufhebung / Änderung (Art. 104 Abs. 1 lit. b, Art. 111 Abs. 1 und Art. 382 Abs. 1 StPO). Die Berufungskammer ist in der Besetzung mit drei Richterpersonen für die Beurteilung der vorliegenden Berufung örtlich und sachlich zuständig ( Art. 21 Abs. 1 lit. a StPO; Art. 33 lit. c, Art. 38a und 38b StBOG). Sämtliche Voraussetzungen um auf die Berufung einzutreten sind erfüllt. Verfahrenshindernisse liegen keine vor. Entsprechend ist auf die Berufung einzutreten.

2.           Verfahrensgegenstand und Kognition / Verbot der reformatio in peius

2.1         Die vorliegende Berufung richtet sich gegen das Urteil der Strafkammer SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. März 2021 bzw. die Schuldsprüche betreffend strafbare Vorbereitungshandlungen (Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB) und Widerhandlung gegen das Waffengesetz (Art. 33 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. c WG). Die erstinstanzlichen Freisprüche betreffend die Anklagevorwürfe des versuchten Herstellens von Sprengstoffen ( Art. 226 Abs. 1 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB) sowie des Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen ( Art. 292 StGB) erwuchsen unangefochten in Rechtskraft.

2.2         Gemäss Art. 398 Abs. 2 StPO kann das Berufungsgericht das Urteil in allen angefochtenen Punkten umfassend überprüfen. Da die BA weder Berufung noch Anschlussberufung erhoben hat, gelangt allerdings der Grundsatz des Verbots der reformatio in peius ( Art. 391 Abs. 2 StPO) zur Anwendung, welcher nicht nur bezüglich des Strafmasses, sondern auch hinsichtlich der rechtlichen Qualifikation zu beachten ist ( BGE 139 IV 282 E. 2.3 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen - 2.6; Ziegler / Keller, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 391 StPO N. 3 und N. 3a). Diese Grundsätze sind vorliegend konkret in folgender Weise relevant:

2.2.1      Gemäss Anklageschrift (nachfolgend: AKS) Ziffer 1.1 wird dem Beschuldigten zusammengefasst vorgeworfen, am 11. Februar 2020 planmässig konkrete technische und organisatorische Vorkehrungen getroffen zu haben, deren Art und Umfang zeigen würden, dass er sich angeschickt habe, eine vorsätzliche Tötung ( Art. 111 StGB), eine schwere Körperverletzung ( Art. 122 StGB), eine Freiheitsberaubung oder Entführung ( Art. 183 StGB) oder eine Brandstiftung ( Art. 221 StGB) zu begehen. Die Vorinstanz erachtete den Vorwurf der Vorbereitungshandlungen einzig bezüglich Entführung, evtl. Freiheitsberaubung zum Nachteil der beiden Kinder, evtl. der Ex-Ehefrau als erstellt (Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB), nicht aber bezüglich vorsätzlicher Tötung, schwerer Körperverletzung oder Brandstiftung (vgl. Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 4.3 - 4.6; Dispositivziffer 2, erstes Lemma). Aufgrund des Verbots der reformatio in peius scheiden auch im vorliegenden Berufungsverfahren die drei letztgenannten Versionen aus. Demnach ist insofern nur noch der Vorwurf der Vorbereitungshandlungen bezüglich Freiheitsberaubung bzw. Entführung (Art. 260bis Abs. 1 lit. e 1 StGB) zu prüfen.

2.2.2      Die Vorinstanz ist hinsichtlich AKS Ziffer 1.3, welche auf «Widerhandlungen gegen das Waffengesetz» ( Art. 33 Abs. 1 lit. a WG) lautet (TPF pag. 6.100.008 f.), zum Schluss gekommen, dass – entgegen der Anklage – kein rechtswidriger Erwerb erfolgt sei, weshalb objektiv keine mehrfache Widerhandlung gegen das Waffengesetz vorliege (Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 6.3). Dementsprechend wurde der Beschuldigte nur wegen (einfacher) «Widerhandlung gegen das Waffengesetz» verurteilt (Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen Dispositivziffer 2, zweites Lemma). Aufgrund des Verbots der reformatio in peius scheidet im Berufungsverfahren somit ein Schuldspruch wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das Waffengesetz aus.

2.2.3      Im Falle von Schuldsprüchen in den noch zu prüfenden beiden Anklagepunkten (strafbare Vorbereitungshandlungen im Sinne von Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB und [ einfache ] Widerhandlung gegen das Waffengesetz gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. c WG; vgl. oben E. I. 2 - 2.2.2) darf die Berufungskammer aufgrund des Verbots der reformatio in peius keine höhere bzw. schärfere Strafe aussprechen als die Vorinstanz.

2.3         Im Übrigen ist die Berufungskammer bei der Würdigung des Sachverhalts in Bezug auf die Anklagepunkte der strafbaren Vorbereitungshandlungen (Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB) und der (einfachen) Widerhandlung gegen das Waffengesetz (Art. 33 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. c WG) jedoch frei.

II.           Materielle Erwägungen

1.              Anklagevorwürfe / Standpunkte der Vorinstanz und des Beschuldigten

1.1         Strafbare Vorbereitungshandlungen (Art. 260bis Abs. 1 StGB)

1.1.1      Dem Beschuldigten wird in AKS Ziffer 1.1 Folgendes vorgeworfen (die Vorwürfe werden unter Berücksichtigung von Verfahrensgegenstand, Kognition bzw. Verbot der reformatio in peius im vorliegenden Berufungsverfahren wiedergegeben, vgl. oben E. I. 2 - 2.3): Er habe planmässig konkrete technische und organisatorische Vorkehrungen getroffen, deren Art und Umfang zeigen würden, dass er sich angeschickt habe, eine Freiheitsberaubung und Entführung ( Art. 183 StGB) auszuführen. Konkret habe der Beschuldigte im Zeitraum von ca. Mitte Dezember 2019 bis 11. Februar 2020 an seinem Wohnort in U. vier USBV angefertigt, zwei Dolche mit symmetrischer Klinge gekauft und auf seiner Schleifmaschine geschärft sowie einen Glasbrecher (Nothammer), sieben schwarze Kunststoffkabelbinder, einen Feldstecher, eine Stirnlampe sowie ein Küchenmesser (Rüstmesser) bereitgestellt. Er habe handschriftlich ein Testament, ein auf den 11. Februar 2020 datiertes Schreiben mit Bezug auf seine beiden Töchter C. und D. und die Evangelische Gemeinde Y. in Z. / SG sowie einen Notizbucheintrag mit folgendem Wortlaut verfasst: „Wir schreiben das Jahr 2020 und der 11. 2. Ich hoffe, dass es alles gut geht und ich E. helfen kann, dass sie frei ist […]“. Die aufgeführten Gegenstände sowie die drei schriftlichen Aufzeichnungen habe der Beschuldigte am 11. Februar 2020 in einem Rucksack mit sich geführt, als er um 15:06 Uhr mit dem Zug von U. nach ZZ. gefahren sei. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung seien diese Handlungen bzw. Gegenstände zur Verwirklichung der vorgenannten Tatbestände geeignet. Insbesondere seien die vier USBV und die zwei Dolche als Droh- bzw. Nötigungsmittel für eine Freiheitsberaubung und Entführung geeignet. Der Glasbrecher, die Kabelbinder, der Feldstecher, die Stirnlampe sowie das Küchenmesser seien geeignet, sich dem Tatort anzunähern, sich Zutritt zu einem Gebäude (oder Fahrzeug) zu verschaffen respektive Menschen zu fesseln. Das Testament, das Schreiben und der Notizbucheintrag seien als formulierter Tatplan sowie als letztwillige Verfügung für den Fall des Versterbens bei der Tatausführung zu verstehen. Die vorgenannten Vorbereitungen, das Bereitstellen und Packen der Ausrüstung in den Rucksack für den Transport an den Tatort und die Reise mit dem Zug nach ZZ. zur Annäherung an den Tatort seien auf das gemeinsame Ziel ausgerichtet gewesen, bei der evangelischen Gemeinde in Z. eine Freiheitsberaubung / Entführung zu begehen. Die Vorkehrungen seien nach Art und Umfang soweit gediehen, dass vernünftigerweise angenommen werden könne, der Beschuldigte hätte seine manifestierte Deliktsabsicht in Richtung Ausführung der Tat weiterverfolgt, insbesondere nachdem er am 11. Februar 2020 nach ZZ. gereist sei, wo er von der Transportpolizei angehalten worden sei. Der Beschuldigte habe wissentlich und willentlich gehandelt. Insbesondere habe er direkt angestrebt, die geeigneten Vorkehrungen zur Begehung einer Freiheitsberaubung / Entführung zu treffen. Er habe in der Absicht gehandelt, diese Straftatbestände in Z. zu verwirklichen; insbesondere habe er den Zug nach ZZ. in der Absicht bestiegen, direkt nach Z. weiterzureisen, um dort seine Töchter C. und D. (und eventuell seine ehemalige Ehefrau E.) aus der evangelischen Gemeinde in Z. zu befreien oder gegen ihren Willen von dort zu entführen (vgl. TPF pag. 6.100.003 - 006).

1.1.2      Die Vorinstanz erachtete diesen Anklagesachverhalt bezüglich Vorbereitungshandlungen zu einer Entführung, evtl. Freiheitsberaubung i.S.v. Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB als erstellt (Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. II. 4.3 - 4.6, insbesondere 4.4.4 und 4.4.8) und befand den Beschuldigten entsprechend als schuldig (Urteilsdispositiv Ziffer 2, erstes Lemma).

1.1.3      Der Beschuldigte macht geltend, es sei unbestritten, dass er aus Feuerwerks­körpern und anderen Materialien vier „USBV“ genannte Gegenstände hergestellt habe und mit diesen im Zug nach ZZ. gefahren sei. Die von der BA geltend gemachte Sachverhaltsdarstellung und die rechtliche Würdigung entbehrten aber jeglicher Grundlage (vgl. TPF pag. 6.721.160 ff., 6.731.009 ff.; CAR pag. 7.401.006 ff.; 7.300.004 ff.).

1.2         Widerhandlung gegen das Waffengesetz ( Art. 33 Abs. 1 lit. a WG)

1.2.1      Der Vorwurf gegen den Beschuldigten in AKS Ziffer 1.3 bezieht sich auf zwei Dolche mit symmetrischer Klinge (die er im Zeitraum von ca. Mitte Dezember 2019 bis 11. Februar 2020 an seinem Wohnort in U. von einem F. gekauft, in der Folge bei sich aufbewahrt und auf seiner Schleifmaschine geschärft habe): Am 11. Februar 2020 habe er diese zwei Dolche in einem Rucksack mitgeführt, spätestens um ca. 14:30 Uhr das Haus R. verlassen, sich zum Bahnhof U. SBB begeben, dort um 15:06 den Zug nach ZZ. bestiegen und sei um ca. 16:00 Uhr im HB ZZ. von der Bahnpolizei angehalten worden. Die Dolche würden je eine feststehende, spitz zulaufende, mehr als 5 cm und weniger als 30 cm lange symmetrische Klinge (exakte Klingenlänge: 23,5 cm bzw. 23,8 cm) aufweisen und seien zwischen 1920 und 1930 hergestellt worden. Der Beschuldigte habe keine Waffentragbewilligung für deren Transport besessen. In subjektiver Hinsicht wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe wissentlich und willentlich gehandelt (vgl. TPF pag. 6.100.008 f.).

1.2.2      Die Vorinstanz erachtete den betreffenden Anklagesachverhalt bezüglich widerrechtlich nichtvorhandener Waffentragbewilligung ( Art. 27 Abs. 1 WG) mindestens in eventualvorsätzlicher Hinsicht als erstellt (vgl. Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 6.1 - 6.5; Urteilsdispositiv Ziff. 2, zweites Lemma; sowie oben E. I. Ziffer 2.2.2).

1.2.3      Der Beschuldigte räumt ein, es treffe zu, dass er die zwei von ihm erworbenen Dolche am 11. Februar 2020 auf sich getragen habe. Er sei jedoch auf dem Weg zu einem Waffenhändler gewesen, um die Dolche zu verkaufen. Hierfür habe er gemäss Art. 28 Abs. 1 lit. c WG keine WaffentragbewilIigung gebraucht. Zudem sei er davon ausgegangen, dass die Dolche so alt gewesen seien, dass sie nicht mehr als «Waffen» gälten, sondern als blosse «AussteIlungsgegenstände». Gemäss Beurteilungsbericht der Zentralen Waffenstelle des Bundesamtes für Polizei «dürften» die Dolche zwar zwischen 1920 und 1930 hergestellt worden sein. Ein Augenschein der Dolche lasse aber viel eher den Schluss zu, dass diese älter seien. Er sei sich so oder so keiner strafbaren Handlung bewusst gewesen und entsprechend vom Vorwurf der Widerhandlung gegen das Waffengesetz nach Art. 33 Abs. 1 Iit. a WG freizusprechen (vgl. TPF pag. 6.721.171 f.; CAR pag. 7.401.017 ff.; 7.300.036 f. Rz. 46).

2.              Strafbare Vorbereitungshandlungen (Art. 260bis Abs. 1 StGB)

2.1. Rechtliches

2.1.1      Gemäss Art. 260bis Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer planmässig konkrete technische oder organisatorische Vorkehrungen trifft, deren Art und Umfang zeigen, dass er sich anschickt, eine der in Abs. 1 lit. a bis j genannten strafbaren Handlungen auszuführen, worunter nach lit. e Freiheitsberaubung und Entführung ( Art. 183 StGB) fallen.

2.1.2      Wo das Gesetz Vorbereitungshandlungen als strafbar erklärt, ist Strafbarkeit nur vorgesehen, wenn äussere Akte des Täters auf eine solche Intensität des deliktischen Willens schliessen lassen, dass eine Ausführung der Straftat normalerweise bevorsteht ( BGE 111 IV 157 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2a). Die Vorkehrungen müssen planmässig und konkret sein, d.h. es müssen mehrere überlegt ausgeführte Handlungen gegeben sein, die im Rahmen eines deliktischen Vorhabens eine bestimmte Vorbe­reitungsfunktion haben ( BGE 111 IV 150 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 4b; 111 IV 158 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2b). Das Vorliegen eines Plans muss aus einer Mehrzahl von auf dasselbe Ziel – nämlich die Verübung eines deliktischen Vorhabens – gerichteten Handlungen ersichtlich sein ( Trechsel / Vest, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 260bis StGB N. 4; Engler, Basler Kommentar, Strafrecht II, 4. Aufl. 2019, Art. 260bis StGB N. 7). Hinreichend konkretisiert sind Vorbereitungshandlungen, die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung zur Verwirklichung der betreffenden Tatbestände geeignet erscheinen ( Engler, a.a.O., Art. 260bis StGB N. 8). Die konkreten Vorbereitungen müssen soweit gediehen sein, dass objektiv die verbrecherische Absicht eindeutig erkennbar ist, und sich das Verhalten nicht anders deuten lässt, als auf eine der in Art. 260bis StGB aufgelisteten Taten ausgerichtet ( Trechsel / Vest, a.a.O., Art. 260bis StGB N. 6). Das Gesetz verlangt hingegen nicht, dass die Vorkehrungen auf ein nach Ort, Zeit und Begehungsweise bereits hinreichend konkretisiertes Delikt Bezug haben ( BGE 111 IV 158 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2b).

2.1.3      Die Vorkehrungen müssen technischer oder organisatorischer Art sein. Vorkehrungen technischer Art sind das Beschaffen und Bereitstellen von Deliktswerkzeugen und anderen Hilfsmitteln zur Tatausführung, wie beispielsweise das Herstellen von Brandsätzen für Brandstiftungen ( Wohlers / Godenzi / Schlegel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Handkommentar, 4. Aufl. 2020, Art. 260bis StGB N. 2; Corboz, a.a.O., Art. 260bis StGB N. 14) oder das Bereitstellen der Mittel zu einer Entführung, vom Auto mit gefälschten Kontrollschildern bis zu den als Versteck vorgesehenen Räumen ( Stratenwerth / Bommer , Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II, 7. Aufl. 2013, § 40 N. 6) . Im Falle von gewöhnlichen Vorkehrungen, wie Kauf von Handschuhen oder eines Rucksackes, ist das Vorhandensein zusätzlicher Elemente nötig, die diese als im Sinne von Art. 260bis StGB zu wertende technische Vorkehrungen erscheinen lassen ( Corboz, a.a.O., Art. 260bis StGB N. 14 in fine). Die Beschaffung von Informationen wird als technische Vorkehr betrachtet ( Trechsel / Vest, a.a.O., Art. 260bis StGB N. 3). Organisatorische Vorkehrungen sind demgegenüber alle Vorkehren nicht technischer Art, die den reibungslosen Ablauf der beabsichtigten Straftat ermöglichen sollen, wie beispielsweise die Rollenverteilung zwischen Mittätern ( BGE 111 IV 150 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen; 118 IV 367 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen f.; Wohlers / Godenzi / Schlegel, a.a.O., Art. 260bis StGB N. 2). Im Allgemeinen geht es bei den organisatorischen Vorkehrungen um die Planung des Ablaufs ( Trechsel / Vest, a.a.O., Art. 260bis StGB N. 3). Darunter fallen auch Augenscheinnahmen ( Corboz, a.a.O., Art. 260bis StGB N. 15).

2.1.4      In subjektiver Hinsicht ist Vorsatz erforderlich, nicht nur bezüglich der Vorbereitungshandlungen selber, sondern auch hinsichtlich der geplanten Tat ( Trechsel / Vest, a.a.O., Art. 260bis StGB N. 7). Der Täter muss seine Vorkehrungen wissentlich und willentlich treffen. Durch das objektive Tatbestandsmerkmal der Planmässigkeit ist bei den Vorbereitungshandlungen Eventualvorsatz ausgeschlossen ( Engler, a.a.O., Art. 260bis StGB N. 12), mit Ausnahme der in Aussicht genommenen Straftat, deren Art im Sinne von Art. 260bis StGB bloss zumindest in Kauf genommen werden muss. In diesem Sinne ist es möglich, dass verschiedene Varianten von in Aussicht genommenen Straftaten bestehen, deren Verwirklichung vom Täter in Kauf genommen wird (vgl. Weder, StGB-Kommentar, 20. Aufl. 2018, Art. 260bis StGB N. 11; Trechsel / Vest, a.a.O., Art. 260bis StGB N. 7; Dupuis et al. [Hrsg.], Petit commentaire, CP, 2. Aufl. 2017, Art. 260bis StGB N. 16). Dabei muss die Vorstellung des Täters hinsichtlich der Präzisierung der Tat nicht über die Verwirklichung des objektiven Tatbestands hinausgehen ( Engler, a.a.O., Art. 260bis StGB N. 12).

2.2         Gemäss Anklage habe der Beschuldigte eine Freiheitsberaubung und Entführung im Sinne von Art. 183 StGB geplant.

2.2.1      Nach Art. 183 StGB wird bestraft, wer jemanden unrechtmässig festnimmt
oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht (Freiheitsberaubung; Ziffer 1 Abs. 1) oder wer jemanden durch Gewalt, List und Drohung entführt oder wer jemanden entführt, der urteilsunfähig, widerstandsunfähig oder noch nicht 16 Jahre alt ist (Entführung; Ziffer 1 Abs. 2 und Ziffer 2). Das geschützte Rechtsgut ist die körperliche Fortbewegungsfreiheit. Bei der Freiheitsberaubung wird das Opfer unrechtmässig festgehalten, während es bei der Entführung umgekehrt von einem Ort an einen anderen verbracht wird ( BGE 119 IV 216 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2e S. 220; 118 IV 61 E. 2b S. 63 und E. 3a S. 64; Delnon / Rüdy, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 183 StGB N. 20, 23). Freiheitsberaubung und Entführung erscheinen aufgrund der gesetzlichen Regelung als prinzipiell gleichwertige Eingriffe in das Rechtsgut der Bewegungsfreiheit ( BGE 141 IV 10 E. 4.5.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen). Abgrenzungsfragen sind daher nach geltendem Recht – infolge der Zusammenfassung in einem Tatbestand – nicht mehr bedeutsam ( BGE 119 IV 216 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2e; Delnon / Rüdy, a.a.O., Art. 183 StGB N. 24 f., 46).

2.2.2      Unrechtmässig ist eine Freiheitsberaubung, wenn rechtfertigende Umstände fehlen. Als solche kommen nebst den gesetzlichen Rechtfertigungsgründen nach Art. 14 ff. StGB auch Einwilligungen in Betracht ( Delnon / Rüdy, a.a.O., Art. 183 StGB N. 53 f.). Die unzulässige Beschränkung der körperlichen Fortbewegungsfreiheit liegt nach Rechtsprechung und Lehre darin, dass jemand daran gehindert wird, sich selbstständig, mit Hilfsmitteln oder mit Hilfe Dritter nach eigener Wahl vom Ort, an dem er sich befindet, an einen anderen Ort zu begeben oder bringen zu lassen ( BGE 141 IV 10 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 4.4.1 S. 13; Urteil des BGer 6B_145/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 28. August 2019 E. 6.2.2). Nicht verlangt wird, dass der Freiheitsentzug von langer Dauer ist. Einige Minuten reichen aus (Urteile des BGer 6B_145/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 28. August 2019 E. 6.2.2; 6B_86/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 8. Februar 2019 E. 3.1; 6B_1070/2017 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 20. April 2018 E. 4.2). Die Rechtsprechung bejahte einen Freiheitsentzug unter anderem, als eine Ehefrau die Familienwohnung nicht verlassen durfte (Urteil des BGer 6B_139/2013 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 20. Juni 2013 E. 2), beim Festhalten in einer Wohnung während 20 bis 30 Minuten (Urteil des BGer 6B_400/2012 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 15. November 2012 Sachverhalt lit. A), beim Einschliessen in der Waschküche (Urteil des BGer 6B_20/2012 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 29. Mai 2012 E. 1.3.5), bei einer Fahrt in einem Auto gegen den Willen des Opfers ( BGE 89 IV 85 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 1 S. 87; Urteil des BGer 6B_1064/2013 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 10. März 2014 E. 1). Demgegenüber erfüllt den Tatbestand nicht, wer jemanden zwingt, einen Ort zu verlassen ( BGE 101 IV 154 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 3b S. 161). Ebenfalls keine unzulässige Beschränkung der Fortbewegungsfreiheit liegt vor, wenn eine Person einen bestimmten Ort überhaupt nicht oder nicht auf dem gewünschten Weg erreichen kann. Eine partielle Beeinträchtigung der Freiheit, den Aufenthaltsort zu wählen, ist keine Freiheitsberaubung. Nur eine umfassende Aufhebung dieser Freiheit erfüllt den Tatbestand ( BGE 141 IV 10 E. 4.4.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen m.w.H.). Der Tatbestand der Freiheitsberaubung ist beispielsweise nicht erfüllt, wenn Kindern vom nicht sorgeberechtigten Vater der Zugang zum Wohnort ihrer Mutter verwehrt wird, soweit ihre Fortbewegungsfreiheit nicht auch in anderer Weise eingeschränkt ist ( BGE 141 IV 10 E. 4.4.2 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen [in casu wurde indessen der objektive Tatbestand der Entführung im Sinne von Art. 183 Ziffer 2 StGB als erfüllt erachtet; a.a.O., E. 4.5]). Die Freiheitsberaubung kann durch unrechtmässige Festnahme, Gefangenhalten oder unrechtmässige Freiheitsentziehung auf andere Weise geschehen (Generalklausel; vgl. BGE 141 IV 10 E. 4.4.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen).

2.2.3      Die Tathandlung der Entführung besteht nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung darin, dass der Täter sein Opfer an einen anderen Ort verbringt, wo es sich in der Gewalt des Täters oder eines Dritten befindet und unabhängig von dessen Willen nicht an seinen früheren Aufenthaltsort zurückkehren kann ( BGE 83 IV 152 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen, 154; 118 IV 61 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen, 63 f.; Delnon / Rüdy, a.a.O., Art. 183 StGB N. 46). Das Entführen einer urteils- und widerstandsfähigen Person über 16 Jahren ist nur strafbar, wenn bestimmte Tatmittel – Gewalt, List oder Drohung – eingesetzt werden ( Delnon / Rüdy, a.a.O., Art. 183 StGB N. 47 f.). Die Tatmittel beziehen sich auf die Art und Weise des Wegbringens des Opfers, nicht auf seine allfällige Freiheitsberaubung am neuen Ort ( Delnon / Rüdy, a.a.O., Art. 183 StGB N. 48).

Entführung ist ein Dauerdelikt. Die Vollendung tritt bei Dauerdelikten mit der erstmaligen Verwirklichung aller Tatbestandsmerkmale ein, die Beendigung erst mit der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes oder dem Abbruch des verbotenen Verhaltens. Die Entführung ist vollendet, wenn das Opfer vom früheren Aufenthaltsort entfernt und in der Macht des Täters ist; sie ist beendet, wenn dieses seine Freiheit wiedererlangt hat ( BGE 119 IV 216 E. 2 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen lit. f.; Trechsel / Mona, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 183 StGB N. 14a).

2.2.4      In subjektiver Hinsicht erfordern sowohl Freiheitsberaubung als auch Entführung Vorsatz; Eventualvorsatz genügt ( Delnon / Rüdy, a.a.O., Art. 183 StGB N. 56 f.).

2.2.5      Abschliessend ist darauf hinzuweisen, dass die grundsätzlichen Ausführungen der Vorinstanz zum Rechtlichen (objektiver und subjektiver Tatbestand) betreffend Art. 260bis Abs. 1 lit. e sowie Art. 183 StGB (Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 4 - 4.2.4) von den Parteien nicht bestritten werden (vgl. insbesondere CAR pag. 7.300.007 Rz. 14 und pag. 7.300.013 Rz. 23).

2.3. Beweisgrundsätze / Beweisthema

2.3.1      Das Rechtsmittelverfahren beruht auf den Beweisen, die im Vorverfahren und im erstinstanzlichen Hauptverfahren erhoben worden sind. Beweisabnahmen des erstinstanzlichen Gerichts werden nur wiederholt, wenn: a. Beweisvorschriften verletzt worden sind; b. die Beweiserhebungen unvollständig waren; c. die Akten über die Beweiserhebungen unzuverlässig erscheinen. Die Rechtsmittelinstanz erhebt von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei die erforderlichen zusätzlichen Beweise ( Art. 389 StPO). Die Strafbehörden setzen zur Wahrheitsfindung alle nach dem Stand von Wissenschaft und Erfahrung geeigneten Beweismittel ein, die rechtlich zulässig sind. Über Tatsachen, die unerheblich, offenkundig, der Strafbehörde bekannt oder bereits rechtsgenügend erwiesen sind, wird nicht Beweis geführt (Art. 139 Abs. 1 und 2 StPO). Art. 139 Abs. 2 StPO schränkt die gerichtliche Pflicht zur förmlichen Beweisführung wieder in engen Grenzen ein. Bestimmte Tatsachen müssen nicht bewiesen werden oder dürfen bereits vor dem Verfahren als bewiesen gelten. Art. 139 Abs. 2 StPO erlaubt damit in gewissem Umfang auch eine antizipierte Beweiswürdigung vor allem aus prozessökonomischen Gründen ( Gleiss, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 139 StPO N. 31).

2.3.2      Eine unmittelbare Beweisabnahme hat im mündlichen Berufungsverfahren u.a. zu erfolgen, wenn die unmittelbare Kenntnis des Beweismittels für die Urteilsfällung notwendig erscheint (vgl. BGE 143 IV 288 E. 1.4.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen f. mit Hinweisen), bzw. wenn sie im Sinne von Art. 405 Abs. 1 i.V.m. Art. 343 Abs. 3 StPO den Ausgang des Verfahrens beeinflussen kann. Dies ist namentlich der Fall, wenn die Kraft des Beweismittels in entscheidender Weise vom Eindruck abhängt, der bei seiner Präsentation entsteht, beispielsweise wenn es in besonderem Masse auf den unmittelbaren Eindruck einer Zeugenaussage ankommt, so wenn die Aussage das einzige direkte Beweismittel (Aussage gegen Aussage) darstellt. Das Gericht verfügt bei der Frage, ob eine erneute Beweisabnahme erforderlich ist, über einen Ermessensspielraum (vgl. BGE 140 IV 196 E. 4.4.2 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen, mit Hinweisen).

2.3.3      Das Bundesgericht führte im Urteil 6B_1427/2016 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 27. April 2017 in E. 3 aus, nach der Rechtsprechung sei auch ein indirekter Beweis zulässig, falls keine direkten Beweise vorliegen. Beim Indizienbeweis wird aus bestimmten Tatsachen, die nicht unmittelbar rechtserheblich, aber bewiesen sind (Indizien), auf die zu beweisende, unmittelbar rechtserhebliche Tatsache geschlossen. Eine Mehrzahl von Indizien, welche für sich alleine nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf die Täterschaft oder die Tat hinweisen und einzeln betrachtet die Möglichkeit des Andersseins offenlassen, können in ihrer Gesamtheit ein Bild erzeugen, das bei objektiver Betrachtung keine Zweifel bestehen lässt, dass sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Der Indizienbeweis ist dem direkten Beweis gleichwertig (mit Verweis auf die Urteile des BGer 6B_824/2016 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 10. April 2017 E. 12.1 und 6B_605/2016 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 15. September 2016 E. 2.8, je mit Hinweisen). Sachverhaltsalternativen sind nur zu prüfen, wenn die Indizienlage widersprüchlich oder ambivalent ist ( BGE 144 IV 345 E. 2.2.3.7 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen). Zu letzterem Punkt ist ergänzend anzumerken, dass die korrekte Einschätzung, ob eine Indizienlage eindeutig oder ambivalent ist, auch davon abhängen kann, wie stichhaltig eine Sachverhaltsalternative erscheint. Diesfalls ist grundsätzlich zu prüfen, ob eine Sachverhaltsalternative objektiv betrachtet als stichhaltig erscheint; falls dies zu bejahen ist, kann die Indizienlage nicht mehr als eindeutig bezeichnet werden. Das Gesagte schliesst eine antizipierte Beweiswürdigung im Sinne von Art. 139 Abs. 2 StPO jedoch nicht aus.

2.3.4      Gemäss Art. 10 Abs. 3 StPO geht das Gericht von der für die beschuldigte Person günstigeren Sachlage aus, wenn unüberwindliche Zweifel daran bestehen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen der angeklagten Tat erfüllt sind. Diese Bestimmung konkretisiert den verfassungsmässigen Grundsatz der Unschuldsvermutung (in dubio pro reo; Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziffer 2 EMRK). Der Grundsatz in dubio pro reo als Beweiswürdigungsregel besagt, dass sich der Strafrichter nicht von einem für den Beschuldigten ungünstigen Sachverhalt überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Dabei sind bloss abstrakte und theoretische Zweifel nicht massgebend, weil solche immer möglich sind und absolute Gewissheit nicht verlangt werden kann. Es muss sich um erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel handeln, d.h. um solche, die sich nach der objektiven Sachlage aufdrängen (Urteil des BGer 6B_781/2010 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 13. Dezember 2010 E.3.2, mit Verweis auf BGE 124 IV 86 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2a; 120 Ia 31 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2c). 

2.3.5      Im Rechtsmittelverfahren kann das Gericht für die tatsächliche und die rechtliche Würdigung des angeklagten Sachverhalts auf die Begründung der Vorinstanz verweisen ( Art. 82 Abs. 4 StPO). Diese Bestimmung dient der Prozessökonomie. Werden jedoch im Rechtsmittelverfahren erhebliche Einwände vorgebracht, welche nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens bildeten, entfällt die Möglichkeit der Verweisung (vgl. Stohner, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 82 StPO N. 9, mit Hinweisen).

2.3.6      Die in Bezug auf den Anklagevorwurf unbestrittenen und bestrittenen Punkte sind zusammenfassend aus den obigen Ausführungen (E. II. 1.1.1 - 1.1.3) ersichtlich, woraus sich auch das Beweisthema ergibt. Es ist unbestritten und anhand der Akten erwiesen, dass d er Beschuldigte aus Feuerwerkskörpern und anderen Materialien vier «USBV» genannte Gegenstände hergestellt hat und u.a. mit diesen sowie zwei Dolchen am 11. Februar 2021 im Zug nach ZZ. gefahren ist. Im Übrigen jedoch wird die von der BA geltend gemachte Sachverhaltsdarstellung bestritten, ebenso wie die rechtliche Würdigung der BA bzw. der Vorinstanz (vgl. TPF pag. 6.721.160 ff., 6.731.009 ff.; CAR pag. 7.401.006 ff.; 7.300.004 ff.).

Der Beschuldigte bestreitet insbesondere, dass er die USBV zu irgendeiner Deliktsbegehung gebaut und die Dolche zu einer ebensolchen mitgenommen habe. Er behauptet, am 11. Februar 2020 nicht vorgehabt zu haben, nach Z. zu reisen (vgl. TPF pag. 6.721.160 - 162; CAR pag. 7.300.005 f. Rz. 7 f., 7.300.009 ff. Rz. 18 ff., 7.300.013 Rz. 22, 7.300.028 Rz. 38, 7.300.030 f. Rz. 39). Entgegen der Auffassung der BA habe er auch kein Testament im eigentlichen Sinne (letztwillige Verfügung) verfasst, sondern nur ein Schreiben, in welchem er den Inhalt bezeugt habe (lat. testamentum, von testari = «bezeugen»). Seine völlig verrosteten Dolche habe er nur für den Verkauf poliert, nicht geschärft. Der Notizbucheintrag mit dem Wortlaut «Wir schreiben das Jahr 2020 und der 11.2. Ich hoffe, dass es alles gut geht und ich E. helfen kann, dass sie frei ist...» entlaste ihn – im Widerspruch zur Auffassung der Anklagebehörde – ebenfalls. Dieser Notiz könne nichts Negatives abgewonnen werden, im Gegenteil (vgl. TPF pag. 6.721.162 f.; CAR pag. 7.300.020 ff. Rz. 30 f., 7.300.031 ff. Rz. 40 f.). Die sichergestellten USBV hätten gemäss Gutachten des Forensischen Instituts ZZ. (FOR) vom 15. JuIi 2020 nachweislich nicht getaugt, um die von der BA genannten Straftaten zu bewirken. Dies sei dem Beschuldigte natürlich bestens bekannt gewesen. Er habe die USBV insbesondere aus dem Pulver von «Vulkanen» und «Wunderkerzen» gebaut, welche frei verkäufIich seien und selbst von Kindern am 1. August oder Silvester abgebrannt würden. Gemäss Gutachten des FOR vom 15. JuIi 2020 seien die von ihm gebastelten «USBV» nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung nicht zur Verübung einer Gewalttat geeignet. Die USBV seien vielmehr «Spielzeuge», gebastelt aus völlig ungefährlichem pyrotechnischen Material. Ebenso wenig seien der Glasbrecher und die anderen sichergestellten Sachen geeignet gewesen, um sich Zutritt zu einem Gebäude zu verschaffen. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung kaufe man solche uralten Dolche auch nicht für Gewalttaten, sondern viel eher handelsübliche Messer; man benutze auch nicht solche Kabelbinder, um Personen zu fesseln, diese seien dazu völlig ungeeignet. Und weshalb sollte er jemanden fesseln wollen? Er habe nie jemandem gegenüber Gewalt angewendet oder diese im Rahmen dieses vorliegenden Vorwurfs angedroht. Ein konkreter Plan, eine Freiheitsberaubung und Entführung verüben zu wollen, sehe völlig anders aus. Er sei zudem geübt im Umgang mit Schusswaffen und habe auch gewusst, wie er sich eine solche beschaffen könnte. Hätte er tatsächlich die ihm vorgeworfenen Handlungen vorgehabt, hätte er sich zweifelsfrei anderes «Material» beschafft. So hätte er sich auch anstatt der Dolche viel eher «normaler» Messer oder Schusswaffen bedient (vgl. TPF pag. 6.721.164; CAR pag. 7.300.012 Rz. 21, 7.300.020 Rz. 29, 7.300.025 ff. Rz. 33 ff.).

Anhaltspunkte, wonach er eine in Art. 260bis StGB erwähnte Katalogtat vorgehabt habe, lägen nicht im Geringsten vor. Er sei zudem von allen Zeugen / Auskunftspersonen als freundlicher, hilfsbereiter und zuvorkommender Mensch beschrieben worden. Im psychiatrischen Gutachten werde festgehalten, dass auf latenter Ebene mit «infantilen Impulshandlungen» zu rechnen sei (S. 67), was sich mit den Äusserungen von Q. (Heimleiter des Hauses R.) decke. Weiter führe der Gutachter aus (S. 77), «er könnte allenfalls in einem Zustand der halben Entschlossenheit verharrt haben, in einer nebulösen-schwammigen Stimmung, und sein Tathandeln könnte mehr eine untaugliche Gestik als ein tatkräftiger Akt gewesen sein ». Die Sachverhaltsdarstellung der BA sei falsch ist, beruhe auf reinen Mutmassungen und entbehre jeder Grundlage (vgl. TPF pag. 6.721.165 - 169; CAR pag. 7.300.007 ff. Rz. 16 f., 7.300.034 ff. Rz. 42 ff.).

2.4. Beweisanträge

Der Beschuldigte beantragte im Berufungsverfahren die Einvernahme des BKP-Mitarbeiters EE. sowie der beiden Polizeibeamten FF. und DD. je als Zeugen (vgl. CAR pag. 6.200.003 - 007). Diesen Anträgen wurde (mit Ausnahme von FF., der aufgrund von Ferienabwesenheit nicht zur Berufungsverhandlung erscheinen konnte) stattgegeben (vgl. CAR pag. 6.301.006, 011 ff.). Entsprechende Einvernahmen mit EE. und DD. fanden anlässlich der Berufungsverhandlung statt. Zudem wurde der SBB-Transportpolizist CC. von Amtes wegen als Zeuge befragt (CAR pag. 7.601.001 - 7.603.008). Die BA stellte im Rahmen des Berufungsverfahrens keine Beweisanträge (CAR pag. 2.100.004).

2.5. Beweiswürdigung / Beweisergebnis

2.5.1

2.5.1.1   Der Beschuldigte hielt anlässlich der Berufungsverhandlung daran fest, dass die vier USBV ausgetauscht bzw. verwechselt worden seien. Die auf dem Grundrap­port der Kantonspolizei ZZ. (BA pag. 10-01-0022) und dem Bericht des Forensischen Instituts ZZ. (BA pag. 10-01-0032) abgebildeten vier USBV seien nicht diejenigen, die er damals anlässlich seiner Festnahme auf sich getragen habe (vgl. CAR pag. 7.300.011 Rz. 21; 7.300.016 Rz 25; 7.401.008 Rz. 12 - 21).

              Anlässlich der Einvernahmen durch die Kantonspolizei Zürich vom 11. und 25. Februar 2020 (BA pag. 13-01-0002 bis 0019) hatte der Beschuldigte noch keine derartigen Einwendungen gemacht. Die erwähnten Beweise zweifelte er erst im Rahmen der Einvernahmen durch die BKP vom 7. / 8. April 2020 (vgl. BA pag. 13-01-0040 und 0054) und in der Schlusseinvernahme durch die BA vom 13. November 2020 (BA pag. 13-01-0076 f.) an.

Die vier USBV wurden am 11. Februar 2020 durch die Kantonspolizei ZZ. sichergestellt und mittels Fotos und Röntgenbildern dokumentiert (vgl. BA pag. 10-01-0002 ff., 0008 ff., 0022 ff.). Das Vorgehen des N. ist ebenfalls dokumentiert (BA pag. 10-01-0028 ff.), inkl. Fotos und Röntgenbildern (BA pag. 10-01-0032). Im Rahmen des vom N. in der Folge erstellten Gutachtens (BA pag. 1102-0011 ff.) konnten u.a. eine Passspuren-Identifizierung zwischen Bestandteilen der USBV und den in der Wohnung des Beschuldigten sichergestellten Gegenständen (Glasscherben, Klebeband) sowie auf den USBV 1, 2 und 4 mehrere dem Beschuldigten zuzuordnende daktyloskopische Spuren festgestellt werden (vgl. BA pag. 11-02-0019 bis 0021 und 0030 ff., mit Verweisen). Auch die Befragung der drei Zeugen anlässlich der Berufungsverhandlung vom 27. August 2021 ergab keine Hinweise darauf, dass die vier USBV verwechselt oder ausgetauscht worden sein könnten. Zeuge DD. sagte aus, d ass der Vorwurf nicht stimmen könne, weil die USBV samt den Dolchen und den weiteren Gegenständen bei der Transportpolizei durch ihn und FF. sichergestellt, über Nacht bei ihnen im Büro eingeschlossen und am nächsten Tag bei ihnen vom Entschärfungsdienst ZZ. abgeholt worden seien. Dies sei im Asservatensystem erfasst worden; jede Station sollte da vermerkt worden sein. Es sei damals nichts vorgefallen, was eine solche Vermutung seitens des Beschuldigten bestätigen könnte (vgl. CAR pag. 7.602.004 f.; siehe dazu auch die Aussagen des Zeugen CC. in CAR pag. 7.601.004 f.). Zeuge EE. sagte aus, gemäss den ihm zur Verfügung stehenden Akten gebe es keine Hinweise, dass etwas ausgetauscht worden oder nicht richtig sei (vgl. CAR pag. 7.603.004 f.). Demgemäss liegen keine Anhaltspunkte vor, dass Beweise – ob absichtlich oder versehentlich – ausgetauscht worden sein könnten. Es bestehen keine Zweifel, dass es sich bei den in Akten dokumentierten vier USBV um jene handelt, welche der Beschuldigte gemäss eigener Aussage selber hergestellt hatte und am 11. Februar 2020 in einem Rucksack mit sich führte.

2.5.1.2   Auch betreffend den sichergestellten Nothammer / Glasbrecher (vgl. BA pag. 10-01-0005, 0014, 0025) besteht kein Zweifel, dass es sich um das vom Beschuldigten am 11. Februar 2020 mitgeführte Exemplar handelt. Der Einwand des Beschuldigten, er habe einen alten, beschädigten Nothammer dabeigehabt und nicht einen intakten bzw. neuen (BA pag. 13-01-0040), entbehrt jeder Grundlage.

2.5.1.3   Abgesehen davon bestreitet der Beschuldigte nicht, dass die Gegenstände, welche am 11. Februar 2020 (vgl. BA pag. 08-01-0001, 10-01-0007 ff.) sowie am 17. Februar 2020 anlässlich der Hausdurchsuchung an seinem Wohnort ( Haus R., [ … ] ) sichergestellt wurden (vgl. BA pag. 08-02-0006 f.) , in seinem Besitz gewesen waren.

2.5.1.4   Damit ist erstellt, dass der Beschuldigte am 11. Februar 2020 während der Zugfahrt von U. nach ZZ. insbesondere folgende Gegenstände in einem Rucksack mit sich führte: 4 USBV und 2 Dolche (BA pag. 10-01-0001 ff.), 1 Nothammer / Glasbrecher, 1 Küchenmesser / Rüstmesser (BA pag. 10-01-0014; vgl. 10-01-0022 ff.), 1 Feldstecher, 1 Kunststoffseil, 7 Kunststoffkabelbinder, 1 Stirnlampe, 1 Notizbuch, diverse handschriftliche Notizen (undatiertes Testament / Schreiben vom 11. Februar 2020 / Notizzettel mit diversen Telefonnummern), 1 Quittung (Schwarzfahren) vom 4. F ebruar 2020 U. SBB - Z. und 1 Quittung (Schwarzfahren) vom 11. Februar 2020 U. SBB - ZZ. HB (vgl. BA pag. 08-01-0001; Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 3.1 - 3.3).

2.5.2      Gemäss Aussagen des Beschuldigten ist auch erstellt, dass er die vier USBV am Vorabend des 11. Februar 2020 herstellte (vgl. CAR pag. 7.401.013 Rz. 11 ff.).

2.5.3      Es ist weiter erstellt, dass der Beschuldigte am 4. Februar 2020 ohne gültigen Fahrausweis mit dem Zug von U. nach Z. zur EGY reisen wollte, um dort seine Kinder zu sehen. Gemäss seiner Aussage sah er von seinem Vorhaben ab und kehrte in ZZ. um (vgl. BA pag. 13-01-0014 Rz. 47). Die SMS-Nachricht des Beschuldigten an K. vom 4. Februar 2020, 13:42 Uhr („Hole ab morgen wieder die Zeit die ich nicht kommen kann ein. Versuche mit dem Weg zu meinen Lieben zurück in mein Leben zu können. Tut mir leid aber ich muss mich jetzt nach sehen wie es ihnen geht! LG A.“; BA pag. 10-02-0092 Nr. 776) bestätigt, dass der Beschuldigte an jenem Tag beabsichtigte, zu seinen Kindern zu fahren.

2.5.4      Ebenso ist e rstellt, dass der Beschuldigte am 11. Februar 2020 ohne gültigen Fahrausweis mit dem Zug von U. nach ZZ. Hauptbahnhof reiste, wo er um 16.00 Uhr ankam (vgl. BA pag. 10-01-0001 f. und 0018; 13-01-0002; CAR pag. 7.401.011 Rz. 43 - pag. 7.401.012 Rz. 13).

2.5.5      Am 10. Februar 2020 um 18.10 Uhr versandte der Beschuldigte an seine beste Freundin (vgl. CAR pag. 7.401.003 Rz. 39 ff.) L. eine SMS-Nachricht, die wie folgt lautete: « Ist das so okay dann bis nachher. Ich muss dann aber nachher, gleich zu meinen Kindern gehen und wissen wie es ihnen geht. Ich habe niemanden, der mir hilft, um zu wissen, dass es ihnen gut geht!!! Ich habe sie nun schon seit über 5 Jahren nicht mehr gesehen! Ich vermisse sie und es zerreisst mir jeden Tag mein Herz. Das mir meine Familie nicht hilft, ist das Schlimmste. Also bis gleich LG A. » (BA pag. 10-02-0092 Nr. 858). Darin liegt – entgegen der Auffassung des Beschuldigten ( CAR pag. 7.300.017 f. Rz. 28; pag. 704.010 Rz. 30 ff.; pag. 7.401.011 Rz. 34 ff.) – ein gewichtiges Indiz dafür, dass er vorhatte, nach einem unmittelbar bevorstehenden Besuch bei L. nach Z. zu reisen, um nach seinen Kindern zu sehen. Der vom Beschuldigten geltend gemachte Umstand, dass er am 10. Februar 2020 nicht nach Z. gereist sei, steht dieser Einschätzung nicht entgegen. Er selbst sagte insofern aus, dass er am 10. Februar 2020 bei L. gewesen sei (vgl. CAR pag. 7.401.011 Rz. 34). Ebenso räumte er ein, dass er am 10. Februar 2020 bis 17 bzw. 18 Uhr gearbeitet habe und sich dann von ca. 19 - 20 Uhr bei L. aufgehalten habe, weshalb es zeitlich gar nicht möglich gewesen wäre, am gleichen Tag noch nach Z. zu fahren (vgl. TPF pag. 6.731.019 Rz. 1 - 9). Dies deutet ebenfalls darauf hin, dass die SMS-Passage, er müsse « nachher » gleich zu seinen Kindern gehen, die Absicht, am Folgetag des 11. Februar 2020 zu den Kindern zu fahren, beinhaltete. Auch der Umstand, dass er am 4. Februar 2020 von seinem damaligen Vorhaben, mit dem Zug von U. nach Z. zu reisen, um seine Kinder zu sehen, abgelassen hatte und in ZZ. umgekehrt war ( vgl. oben E. II. 2.5.3), steht der Einschätzung, dass er am 11. Februar 2020 in Z. nach seinen Kindern sehen wollte, nicht entgegen. Soweit der Beschuldigte sodann anlässlich der Berufungsverhandlung vorbrachte, dass er von einer Umdatierung dieser SMS durch einen « Computerspezialisten » ausgehe , entbehrt dies jeder Grundlage. Dies gilt umso mehr, als der Beschuldigte einen Zugriff des besagten « Computerspezialisten » auf sein Handy verneinte (vgl. CAR pag. 7.401.011 Rz. 9 - 36). Es besteht kein Zweifel, dass der Beschuldigte selbst die erwähnte SMS geschrieben hatte.

2.5.6      Der Beschuldigte führte am 11. Februar 2020 ein Notizbuch mit sich, das einen mit 11. 2. 2020 datierten Eintrag mit folgendem Wortlaut enthielt: « Ich hoffe, dass es alles gut geht und ich E. helfen kann, dass sie frei ist… » (BA pag. 08-01-0016). Anlässlich der Berufungsverhandlung sagte der Beschuldigte dazu aus, er habe damit gemeint, dass seine Ex-Ehefrau frei sei, dass er ihr mal helfen könnte, frei von dieser Sekte zu werden (vgl. CAR pag. 7.401.014 Rz. 27 ff.).

              Im vorliegenden Notizbucheintrag liegt ein wesentliches Indiz, dass der Beschuldigte vorhatte, am 11. Februar 2020 nach Z. zu seiner Ex-Ehefrau zu reisen. Der Text deutet darauf hin, dass er an diesem Tag auf planmässige Weise tätig werden wollte, damit seine Ex-Ehefrau « frei » sei bzw. werde. Was der Beschuldigte insofern zu seiner Entlastung vorbringt (vgl. CAR pag. 7.300.020 f. Rz. 30) – etwa, dass die beiden Töchter in diesem Notizbucheintrag nicht erwähnt werden – vermag die obige Einschätzung nicht umzustossen. Auch erweckt der Notizbucheintrag, entgegen der Auffassung des Beschuldigten, nicht den Eindruck, bloss ein «wirres Geschreibe» zu sein. Bei der Würdigung der vorliegenden Indizien ist zudem zu beachten, dass es schlussendlich auf den Eindruck ankommt, welche diese in ihrer Gesamtheit hinterlassen (vgl. oben E. II. 2.3.3). Die Argumentation des Beschuldigten geht jedoch in die Richtung, dass er bei jedem Indiz jeweils eine isolierende Betrachtungsweise geltend macht, wonach das Indiz für sich alleine betrachtet nicht beweisen könne, dass er am 11. Februar 2021 nach Z. habe reisen wollen. Diese Argumentationslinie verkennt grundsätzlich den gesamtheitlichen Charakter der Beweiswürdigung in einem Indizienprozess. Entgegen der Ansicht des Beschuldigten hat die Vorinstanz mit ihrer Beweiswürdigung zum Notizbucheintrag – insbesondere angesichts des gesamtheitlichen Charakters der Beweiswürdigung in einem Indizienprozess – weder Art. 260bis StGB noch den Anspruch auf rechtliches Gehör bzw. auf Begründung verletzt. Der Beschuldigte erhebt betreffend die von ihm am 11. Februar 2020 mitgeführten Dokumente zudem den Vorwurf, dass die Vorinstanz diverse Aufzeichnungen, in denen er sich beispielsweise auf die Bibel beziehe, aus dieser zitiere, Jesus preise, etc. nicht berücksichtige und dadurch den Sachverhalt unvollständig feststelle (vgl. CAR pag. 7.300.020 Rz. 29). Diese Rüge ist ebenfalls nicht stichhaltig. Insbesondere zeigt der Beschuldigte weder konkret auf noch ist ersichtlich, inwiefern seine entsprechenden religiösen Äusserungen für die Feststellung des für die Beweiswürdigung massgebenden Sachverhalts relevant sein sollten.

              Im Übrigen ist erstellt, dass der Beschuldigte die am 11. Februar 2021 mit sich geführten handschriftlichen Notizen – auf denen teils sein Name und das Datum des 11. Februar 2020 notiert sind – selber erstellt hatte. Eine andere Urheberschaft kann schon aufgrund dieser Umstände ausgeschlossen werden. Der Beschuldigte brachte in der vorinstanzlichen Hauptverhandlung vor, sein Bruder habe « zum Beispiel eine ähnliche Handschrift » (TPF 6.731.012 Rz. 45); bzw. machte in der Berufungsverhandlung geltend, dass sein Bruder «so gut schreiben» könne (CAR pag. 7.401.010 Rz. 34). Weshalb er im Besitz von Aufzeichnungen seines Bruders, teilweise mit Datum vom 11. Februar 2020 gewesen sein sollte, legte der Beschuldigte nicht dar. Die Einwendung entbehrt jeder Grundlage. Es handelt sich insofern um ein wiederkehrendes Muster von Schutzbehauptungen des Beschuldigten: In Bezug auf nachweislich von ihm verfasste Texte, die am 11. Februar 2021 in seinem Besitz waren und deren Inhalt für ihn potenziell belastend sind, bringt er stereotyp vor, diese seien von einer anderen Person verfasst bzw. manipuliert worden (vgl. dazu auch oben E. II. 2.5.5 und unten 2.5.7).

2.5.7      Unter den vom Beschuldigten am 11. Februar 2020 mitgeführten Notizen befand sich ein undatiertes, an die EGY in Z. adressiertes Dokument, in welchem er dieses als «Testament» bezeichnet und darum bittet, ihm seine «Verfehlungen zu vergeben» (vgl. BA pag. 08-01-0010). Am Schluss des Dokuments steht: «Sollten meine Kinder nicht auf dem Hof sein, oder nicht zu erreichen werde ich dies ALLEN schreiben + erzählen». Gemäss seiner Aussage will der Beschuldigte das undatierte Testament schon vor geraumer Zeit, im Sommer 2019, erstellt haben (vgl. BA pag. 13-01-0015 Rz. 50); es handle sich um eine Zusammenstellung von Ereignissen (vgl. BA pag. 13-01-0049 Rz. 18). Der Beschuldigte führte neben undatierten Schreiben am 11. Februar 2020 indes auch datierte Dokumente mit sich (vgl. oben E. II. 2.5.6; BA pag. 08-01-0002 f. und 0016). Bereits daraus ergibt sich ein Zusammenhang des «Testaments» mit den datierten Aufzeichnungen. Soweit der Beschuldigte in Bezug auf das «Testament» vorbringt, dass er (am 11. Februar 2020) «einfach das Schreibpapier zusammengepackt» habe und gegangen sei (vgl. BA pag. 13-01-0015 Rz. 50), ist dies als Schutzbehauptung zu werten. Der Bezug des Beschuldigten auf eine Passage im Gutachten von Dr. AA. ( «Er gerät immer Ieicht ins Schwadronieren und macht seine Äusserungen so, dass ich sie bezüglich Zeit, Ort und Sinnzusammenhang oft nicht einordnen kann und immer wieder zu Nachfragen gezwungen werde, um mein Verständnis zu sichern», S. 65 Mitte, BA pag. 11-01-0085) änderte an dieser Einschätzung, entgegen der Auffassung des Beschuldigten (CAR pag. 7.300.019 RZ. 29), nichts. Nicht glaubhaft erscheint auch, dass der Beschuldigte insofern geltend macht, er habe in dem an die EGY adressierten Schreiben « meine Verfehlungen zu vergeben » geschrieben, weil er schon oft versucht habe, Frieden mit dem Leiter zu schliessen; es sei ein Friedensversuch gewesen (vgl. BA pag. 13-01-0049 Rz. 16 ff.). Diese Erklärung steht insbesondere in Widerspruch mit dem oben erwähnten Schlusssatz des Dokuments und mit dem Inhalt des Rucksacks, den der Beschuldigte am 11. Februar 2020 mit sich führte. Anlässlich der Berufungsverhandlung wiederum antwortete der Beschuldigte auf die Frage, was er mit Inhalt des «Testaments» gemeint habe, es seien «Redewendungen», und behauptete, das sei eben genau das, was er nicht schreibe (vgl. CAR pag. 7.401.014 Rz. 6 - 25). Die implizite Behauptung des Beschuldigten, dass auch dieses Dokument nicht von ihm stamme, entbehrt wiederum jeder Grundlage (vgl. oben E. II. 2.5.6 in fine). Das «Testament» hat, entgegen den Aussagen des Beschuldigten, den Charakter eines Bekennerschreibens, das zu seiner Entschuldigung dienen sollte, falls er erwischt würde. Insbesondere der erwähnte Schlusssatz des «Testaments» ist ein gewichtiges weiteres Indiz dafür, dass der Beschuldigte am 11. Februar 2020 tatsächlich nach Z. zu seinen Kindern reisen wollte. Daran vermag der Einwand des Beschuldigten, wonach er das undatierte Schreiben / «Testament» schon im Sommer 2019 erstellt haben will (vgl. BA pag. 13-01-0015 Rz. 50) nichts zu ändern.

2.5.8      Zum Verständnis des Kontexts bzw. der Motivationslage des vorliegend zu beurteilenden Verhaltens des Beschuldigten sind die nachfolgend aufgeführten Umstände (E. II. 2.5.8.1 - 4) von Bedeutung.

2.5.8.1   Es ist erstellt, dass der Beschuldigte nach der Trennung von seiner Ex-Ehefrau im Jahr 2005, insbesondere nach der Scheidung im Jahr 2010, bis Ende 2019 zahlreiche Male in Widerhandlung gegen bestehende Verbote die Liegenschaft Y. in Z. (Wohnort seiner Kinder und Ex-Frau) sowie die dortige Schule G., welche beide Kinder besuchten, aufsuchte. Dabei drang er teilweise in diese Gebäude ein. Mehrere Male begab er sich in die Nähe dieser Örtlichkeiten, ohne das Betretungsverbot zu verletzen. Er gab jeweils an, dass er zu seinen Kindern wollte, sie sehen und nachschauen wollte, ob es ihnen gut gehe, oder dass er das Bedürfnis verspürt habe, in ihrer Nähe zu sein. Um nach Z. oder in die Nähe davon zu gelangen, benutzte er – nebst den öffentlichen Verkehrsmitteln – wiederholt und trotz Fahrausweisentzugs Motorfahrzeuge, wobei er solche teilweise zu diesem Zweck entwendete (vgl. BA pag. B1-18-02-0003 f., 0007 f., 0030 f., 0049, 0098 ff., 0179; pag. B1-18-03-0002 ff.).; pag. B1-18-05-0002 f.; pag. B1-18-07-0019 f., 0025 f., 0031 f.; pag. B1-18-08-0004; vgl. ergänzend auch pag. B1-18-02-0039 ff., 0050 ff., 0063 ff., 0225 ff.).

2.5.8.2   Ebenso ist erstellt, dass der Beschuldigte seit ca. 2014 / 2015 kaum mehr direkten Kontakt zu seinen Kindern hatte, wobei diese selber keinen Kontakt mehr zu ihm wünschten (vgl. z.B. BA pag. B1-18-06-0012, B1-18-07-0031 f.). Die Beistandschaft über Tochter C. war damals zufolge deren Volljährigkeit bereits aufgehoben worden und die Aufhebung der Beistandschaft über Tochter D. war absehbar (vgl. BA pag. B1-18-07-0043 ff., pag. 10-02-0223 ff.). Dadurch verlor der Beschuldigte die einzige Möglichkeit (bzw. hätte er diese Möglichkeit auch in Bezug auf D. demnächst verloren), zumindest auf amtlichem Weg Kenntnis über die Lebenssituation seiner Kinder und damit auch über ihr Wohlbefinden und ihre Bedürfnisse zu erlangen.

2.5.8.3   Des Weiteren ist aktenkundig, dass der Beschuldigte betreffend seine Kinder Gefährdungsmeldungen bei diversen Stellen machte. In der vorinstanzlichen Hauptverhandlung erklärte er, dass er die KESB vergeblich darum ersucht habe, den Kindern Schutz anzubieten und sie in einem persönlichen Gespräch zu befragen; stattdessen hätten die Kinder schriftlich geantwortet (vgl. TPF pag. 6.731.013 unten / 014 oben). Aus den Akten der KESB ist indes ersichtlich, dass die Beiständin mit beiden Kindern diverse persönliche Gespräche geführt hat (vgl. z.B. BA pag. B1-18-07-0040M TPF pag. 6.731.018 Rz. 13 ff.); zusätzlich teilten beide Kinder der Beiständin in Briefen mit, dass es ihnen auf Y. gefalle (vgl. BA pag. B1-18-07-0044). Der Beschuldigte hatte demgemäss keinen stichhaltigen Grund zur Annahme, dass die KESB sich in ungenügender Weise um die Belange seiner Kinder gekümmert hätte. In den Meldungen an die Behörden wies der Beschuldigte jedoch auf (angebliche) Misshandlungen seiner Kinder in der Schule G. hin (vgl. z.B. BA pag. B1-18-06-0002 ff.). Auch aufgrund seiner diversen persönlichen handschriftlichen Eingaben im vorliegenden Strafverfahren (vgl. z.B. CAR pag. 3.102.008 ff.) bestehen hinreichende Indizien, dass sich der Beschuldigte weiterhin Sorgen um die Gesundheit seiner Kinder macht, solange sie in der EGY leben. In der vorinstanzlichen Hauptverhandlung räumte er indes ein, dass er über all die Jahre keine konkreten Anhaltspunkte gehabt hat, dass seine beiden Kinder misshandelt worden seien oder würden, auch nicht für die Zeit vor dem 11. Februar 2020 (vgl. TPF pag. 6.731.014 Rz.41 ff.; 6.731.015 Rz.8 ff.). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass im Zusammenhang mit den Misshandlungs- und Züchtigungsvorwürfen gegenüber der Schule G. lediglich ein konkreter Vorfall, der ungefähr auf das Jahr 1999 zurückgeht, bekannt ist. Damals wurde ein Knabe vom Präsidenten der Trägerschaft geohrfeigt; dieser Vorfall wurde dem Amt für Volkschule mitgeteilt, wie der im Rahmen der vorliegenden Strafuntersuchung einvernommene Zeuge O. darlegte. In der Folge wurde die Aufsicht über die Privatschulen reorganisiert und professionalisiert. Der Zeuge erklärte, in den letzten 20 Jahren seien ihm keine Vorfälle bekannt, auch keine, bei denen die Kinder des Beschuldigten von Misshandlungen oder Schlägen betroffen gewesen seien (vgl. BA pag. 12-06-0008). Aus dem vom Beschuldigten vorgebrachten und von O. sinngemäss bestätigten Umstand, wonach offenbar vor 25 - 30 Jahren einer seiner Söhne geschlagen worden war (vgl. BA pag. 12-06-0009), kann ebenfalls nicht auf Misshandlungen von Kindern in der Schule G. geschlossen werden.

2.5.8.4   Aus den obigen Erwägungen (II. 2.5.8 - 2.5.8.3) ist erstens ersichtlich, dass die Mutmassungen des Beschuldigten über angebliche Misshandlungen oder Züchtigungen seiner Kinder beweismässig nicht fundiert sind. Zweitens erhellt aus den Ausführungen, dass die Möglichkeiten des Beschuldigten, mit seinen Kindern Kontakt zu haben bzw. diese zu besuchen, nach der Trennung bzw. Scheidung von seiner Ex-Ehefrau eingeschränkt wurden und sodann (infolge auferlegter Verbote) seit mehreren Jahren unmöglich waren. Daraus entstand beim Beschuldigten drittens offensichtlich ein dauerhafter, starker Leidensdruck. Damit verbunden war bei ihm viertens ein ausgeprägtes Bedürfnis bzw. eine emotionale und gedankliche Fixierung darauf, seine Kinder (trotzdem bzw. erst recht und weiterhin) beschützen und besuchen zu müssen, wofür ihm jedoch keine (legale) Möglichkeit mehr offenstand. In einer SMS an K. vom 6. Dezember 2019 schrieb der Beschuldigte etwa, dass er zu seinen Kindern gehen müsse, erst dann könne er wieder leben. Sie fehlten ihm und so zerreisse es ihm jeden Tag sein Herz (vgl. BA pag. 10-02-0090 Nr. 284 und pag. 13.01-0051 Rz. 18 f.; betreffend Fixiertheit bzw. obsessiver Verhaltensweisen des Beschuldigten vgl. auch BA pag. B1-18-07-0021, 0027).

2.5.9      Laut Kurzbericht (BA pag. 10-01-0027 ff.) und Gutachten des N. (BA pag. 11-02-0011 ff.) waren drei der vier USBV mit einer pyrotechnischen Anzündung versehen; alle USBV enthielten ein explosives Gemisch und Glasscherben, die sich in einem Rohrkörper aus mehreren Lagen aus Papier, welches mit Klebeband verklebt war, befanden. Die Bestandteile der USBV waren ein Schwarzpulversatz mit Effektsternen, Lady Cracker, Wunderkerzen, Wirbel, Effektkörper, Meteoriten (nur USBV 2) und Glasscherben aus Klarglasflaschen und Flachglas. Der Gutachter des N. gelangte zum Schluss, dass sich die USBV aufgrund der kurzen Brenndauer als Brandsatz oder Brandvorrichtungen eher schlecht eigneten (Antwort zu Fragen 3.2 und 3.3). Da aber die Vorrichtung im offenen Abbrand oder bei geringer Verdämmung eher langsam abbrenne, könnten sich die Feuerwerkskörper der Kategorie F1 entzünden, wodurch die Möglichkeit bestehe, dass leicht entzündbares Material in unmittelbarer Nähe entzündet werde (Antwort zu Frage 2.7). Aufgrund der Bauweise der USBV (geringe Verdämmung mittels Papier, nicht hermetisch abgeschlossener Körper) seien mutmasslich Explosionen bei der Umsetzung der Lady Cracker wahrnehmbar. Bei zusätzlicher Verdämmung wäre eine erhöhte Abbrandgeschwindigkeit und dadurch eine Explosion möglich (Antwort zu Fragen 2.1 - 2.3). Die in den USBV enthaltenen pyrotechnischen Gegenstände seien nicht zum Zerstören geeignet (Antwort zu Frage 2.5). Ein Wegschleudern der Glasscherben sei nicht zu erwarten (Antwort zu Frage 2.8). Die vier USBV seien zur direkten Zerstörung eher ungeeignet (Antwort zu Fragen 3.1 und 3.3). Anhand der Konstruktion der USBV könne nicht gesagt werden, zu welchem Zweck die USBV konstruiert worden seien; aufgrund der Anzündvorrichtung sei zu vermuten, dass die Möglichkeit des Anzündens gewünscht war (Antwort zu Frage 3.3). Das Gutachten ist vollständig, klar und schlüssig; die Schlussfolgerungen sind überzeugend. Entsprechend kann darauf abgestellt werden.

2.5.10    Es ist ungewöhnlich und auffällig , dass der Beschuldigte am 11. Februar 2020 während der Zugfahrt von U. nach ZZ. – n eben den erwähnten vier USBV (welche der Beschuldigte nach eigenen Aussagen am Vorabend des 11. Februar 2020 selbst hergestellt hatte; oben E. II. 2.5.2) und den besagten Dokumenten – d ie beiden Dolche, den Nothammer / Glasbrecher, das Küchenmesser, den Feldstecher, das Kunststoffseil und die sieben Kunststoffkabelbinder mit sich führte (vgl. oben E. II. 2.5.1.4). Darauf ist zurückzukommen. I n Kombination mit den oben erwähnten Indizien bzw. Feststellungen (E. II. 2.5.2 - 9), insbesondere den erwähnten aussagekräftigen Textstellen (inkl. SMS vom 10. Februar 2020, oben E. II. 2.5.5), deutet dies darauf hin, dass der Beschuldigte die besagten Gegenstände nach Z. mitnehmen wollte.

2.5.11    Der Beschuldigte bringt vor, dass er am 11. Februar 2020 die zwei Dolche in einem Waffengeschäft in U. habe verkaufen wollen. Weil das Geschäft an jenem Tag geschlossen gewesen sei, sei er spontan nach ZZ. gefahren, um die Dolche stattdessen dort zu verkaufen (vgl. BA pag. 13-01-0005 Rz. 42., pag. 13-01-0009 Rz. 4, pag. 13-01-0013 Rz. 36 ff.; TPF pag. 6.731.006 unten / pag. 6.731.007 oben; CAR pag. 7.401.007 Rz. 13 ff., pag. 7.401.008 Rz. 24 ff., pag. 7.401.010 Rz. 1 ff.). Es trifft zwar zu, dass das Waffengeschäft GG. an der [ … ] – in der Zone, wo der Beschuldigte gemäss seiner Aussage auf dem Weg von YY. zur Arbeitsstelle in X. mit dem Tram jeweils vorbeifuhr bzw. umstieg – seit Ende Dezember 2019 geschlossen, jedoch weiterhin wahrnehmbar war. I n U. gab es indes mehrere andere Waffengeschäfte, die am 11. Februar 2021 geöffnet waren (z.B. I. Waffen, [ … ] ). Der Beschuldigte gab an, er kenne in U. nur ein Waffengeschäft – womit er offenbar das bereits geschlossene Waffengeschäft GG. meinte – und habe angenommen, in ZZ. ein Waffengeschäft in Bahnhofsnähe zu finden (vgl. BA pag. 13-01-0013; 0082). Er sei der Meinung gewesen, dass er dort mal einen Waffenladen gesehen habe (vgl. BA pag. 13-01-0009 Rz. 4). Entgegen der Auffassung des Beschuldigten (vgl. CAR pag. 7.300.024 Rz. 32) war es jedoch nicht naheliegend, spontan nach ZZ. zu reisen, um nach einem Waffengeschäft zu suchen, ohne vorherige Abfrage im Telefonbuch, im Internet oder mittels Nachfrage bei Bekannten (z.B. beim Mitbewohner F., der ihm die Dolche verkauft hatte), ob es ein weiteres Waffengeschäft in U. gebe. Der Umstand, dass ZZ. grösser ist als U. (vgl. CAR pag. 7.300.024 Rz. 32), ändert daran nichts Wesentliches. Der Beschuldigte räumte anlässlich der Berufungsverhandlung denn auch ein, dass er andere Leute hätte fragen können (vgl. CAR pag. 7.401.008 Rz. 25 f.). Der Beschuldigte bringt weiter vor, dass sich im XX. gemäss seiner Beschreibung das Waffengeschäft HH. befinde, welches auch über eine Waffenhandelsbewilligung verfüge, sodass die Ausnahme von Art. 28 Abs. 1 lit. c WG sehr wohl greife (vgl. CAR pag. 7.300.037 Rz. 46). Diese Argumentation lässt jedoch u.a. ausser Acht, dass dieses Waffengeschäft keine antiken Dolche kauft oder verkauft.

              Zu berücksichtigen ist zudem, dass der Beschuldigte nicht genügend Geld für das Zugticket bei sich hatte, was ebenfalls dagegensprach, ohne stichhaltigen Grund die Zugfahrt nach ZZ. auf sich zu nehmen und eine Busse wegen Schwarzfahrens zu riskieren (vgl. BA pag. 13-01-0048 Rz. 19 ff.). Das gleiche gilt für den Umstand, dass er eigentlich zur Arbeit hätte gehen müssen (vgl. BA pag. 13-01-0013 Rz. 37). Seine Erklärung, dass er Geld für Zigaretten und Alkohol gebraucht hätte (BA pag. 13-01-0013 Rz. 37), überzeugt aufgrund des geringen Erwerbspreises der Dolche nicht. Da diese aus einer Brockenstube stammten, konnte er nicht davon ausgehen, viel Geld für sie lösen zu können (vgl. BA pag. 13-01-0013 Rz. 39). Seine Rüge, dass die Vorinstanz betreffend Verkauf der beiden Dolche den Sachverhalt falsch festgestellt habe (vgl. CAR pag. 7.300.023 Rz. 32 unten), trifft nicht zu. Die Behauptung des Beschuldigten, am 11. Februar 2020 zwecks Verkauf der beiden Dolche nach ZZ. gefahren zu sein, wird durch keine konkreten Anhaltspunkte gestützt und ist im Gesamtzusammenhang als Schutzbehauptung zu werten.

2.5.12     Nach dem Verwendungszweck der von ihm angefertigten vier USBV gefragt, brachte der Beschuldigte vor, dass er diese an seinem Arbeitsplatz in einem Recycling-Container bei seinem Arbeitgeber habe zünden und das Ganze filmen und z.B. auf Facebook teilen wollen (vgl. insbes. BA 13-01-0005 Rz. 39, 13-01-0009 ff. Rz. 4 ff., 13-01-0014 Rz. 45, 13-01-0036 unten / 0037 oben, 13-01-0038 f., 13-01-0083 unten; TPF pag. 6.731.010 f.; CAR pag. 7.401.008 oben, 7.401.013 Rz. 23 ff., 7.401.023 Rz. 15 ff.). Es fällt insbesondere auf, dass der Beschuldigte am Abend des 10. Februar 2020 vier USBV herstellte, um sie angeblich sogleich am Folgetag an seinem Arbeitsort zu testen. Dies obwohl er beispielsweise den Vulkan und weitere pyrotechnische Gegenstände schon seit längerer Zeit in Besitz gehabt haben will (vgl. BA pag. 13.01-0006 Rz. 52, 13-01-0010 Rz. 8 ff., 13-01-0011 Rz. 15, 13-01-0037 Rz. 33 - 42). Sein Arbeitgeber K. war über dieses Vorhaben indes nicht informiert, weshalb es ohnehin an dessen Zustimmung zur Testung gefehlt hätte (vgl. BA pag. 12-02-0010 Rz. 1 ff.). Es erscheint lebensfremd, dass der Beschuldigte davon ausgehen wollte, solche pyrotechnischen Versuche am Arbeitsplatz durchführen zu können, selbst wenn diese nach Arbeitsschluss erfolgt wären. Ergänzend ist zu erwähnen, dass der Beschuldigte am 6. Januar 2018 beim Bahnhof WW. mit einem selbstgebastelten Knallkörper angetroffen worden war. Auch damals gab er an, diesen zum Testen der Wirkungsweise mitgeführt zu haben (vgl. BA pag. 13-01-0017 Rz. 73). Es handelt sich hierbei offenbar um ein wiederkehrendes, unplausibles und unglaubhaftes Erklärungsmuster des Beschuldigten, wenn er mit USBV bzw. selbstgebastelten Knallkörpern (vgl. zu dieser Bezeichnung auch BA pag. 13-01-0005 Rz. 35 ff.) unterwegs ist und dabei erwischt wird. Seine vorliegende Erklärung zu seinem Plan betreffend die vier USBV ist gesamthaft betrachtet ebenfalls als Schutzbehauptung zu werten. Entgegen seiner Auffassung (vgl. CAR pag. 7.300.028 Rz. 37) hat die Vorinstanz in diesem Zusammenhang den Sachverhalt nicht falsch festgestellt.

2.5.13    Damit ist der Sachverhalt gemäss AKS Ziffer 1.1 (unter Berücksichtigung von Verfahrensgegenstand, Kognition bzw. Verbot der reformatio in peius im vorliegenden Berufungsverfahren, vgl. oben E. II. 1.1.1; 2 - 2.3) in subjektiver und objektiver Hinsicht im Wesentlichen erstellt. Auf gewisse spezifische Aspekte des Sachverhalts, die für die Subsumtion des objektiven und subjektiven Tatbestands relevant sind, wird, um Wiederholungen zu vermeiden, nachfolgend (E. II. 2.6 ff.) ergänzend eingegangen.

2.6         Subsumtion des objektiven Tatbestands

2.6.1      Der Beschuldigte kaufte die beiden Dolche im Zeitraum zwischen ca. Mitte Januar 2020 und anfangs Februar 2020 (vgl. BA pag. 13-01-0003 Rz. 14; 13-01-0012 f.). Die vier USBV stellte er (spätestens) am 10. Februar 2020 bei sich zuhause selber her mit Materialien, die sich bereits in seinem Besitz befanden. Der Nothammer / Glasbrecher gelangte zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt in seinen Besitz. Auch die weiteren Gegenstände befanden sich bereits in seinem Besitz; jedenfalls ist nicht bekannt, wann und zu welchem Zweck er sie erworben hatte. Dass der Beschuldigte einige der Gegenstände anlässlich pyrotechnischer Versuche verwenden wollte bzw. zu diesem Zweck bereitgestellt hatte, wie die vier USBV und die Kabelbinder zum Befestigen einer Kamera, kann ausgeschlossen werden (vgl. oben E. II. 2.5.12). Die datierten Schriftstücke (insbesondere den Notizbucheintrag mit Datum 11. Februar 2020; vgl. oben E. II. 2.5.6) stellte der Beschuldigte am 11. Februar 2020 her. Wann der Beschuldigte das als « Testament » bezeichnete Dokument (vgl. oben E. II. 2.5.7) schrieb, ist unbekannt. Er packte gemäss eigenen Angaben alle Gegenstände und Schriftstücke am 11. Februar 2020, bevor er das Haus R. verliess und sich auf den Weg machte, in seinen Rucksack, den er auf der Zugfahrt von U. nach ZZ. (Ankunft: ca. 16 Uhr) mit sich führte (vgl. BA pag. 13-01-0035 f.).

2.6.2      In objektiver Hinsicht eigneten sich die vom Beschuldigten am 11. Februar 2020 mitgeführten Gegenstände insbesondere zu den nachfolgend aufgeführten Vorgehensweisen. Feldstecher: Zur Verschaffung von Übersicht aus der Ferne über die Lage in einem örtlichen Bereich. Stirnlampe: Um sich an einem fremden Ort im Dunkeln zurechtzufinden. Glasbrecher: Um sich durch Zerstören von Fenstern oder Glastüren Zutritt zu verschlossenen Gebäuden oder Autos (als Fluchtfahrzeug; vgl. dazu unten E. II. 2.7.6) zu verschaffen. USBV: Bedrohung von Personen durch diese Art von Bombenattrappen, bzw. Abbrennen der USBV als Ablenkungsmanöver. An dieser Einschätzung würde sich auch nichts ändern, wenn der Beschuldigte – wie von ihm geltend gemacht (vgl. CAR pag. 7.401.009 Rz. 26 ff.; 7.300.017 Rz. 26) und entgegen dem Kurzbericht (BA pag. 10-01-0027 ff.) und Gutachten des N. (BA pag. 11-02-0011 ff.) – bei den USBV je ca. 5 kleine Schrauben, aber weniger Glasscherben beigefügt hätte. Soweit der Beschuldigte zudem geltend macht, dass sich in den USBV «keine Nägel» befunden hätten (CAR pag. 7.300.017 Rz. 26), ist darauf hinzuweisen, dass weder der Kurzbericht noch das Gutachten des N. zum Schluss kommen, dass sich Nägel in den USBV befunden hätten. Insofern geht das Argument ins Leere. Bloss im Rapport der Kantonspolizei ZZ. vom 12. Februar 2020 wird festgehalten, der Beschuldigte habe gemäss seinen eigenen Aussagen die von ihm angefertigten USBV u.a. mit «Nägeln» angereichert (vgl. BA pag. 10-01-0002 unten) und dass auf der Röntgenaufnahme ersichtlich sei, dass der Beschuldigte die Sprengladung u.a. «mit Nägeln» versehen habe (vgl. BA pag. 10-01-0004 unten). Bei letzterer Einschätzung handelte es sich offenbar um eine vorläufige, unzutreffende Interpretation der Röntgenaufnahme (BA pag. 10-01-0024; vgl. auch pag. 10-01-0032) durch die Kantonspolizei ZZ., welche vor dem Hintergrund der erwähnten Aussage des Beschuldigten erfolgte. Dolche und Küchenmesser: Einsatz zwecks Überwindung von Hindernissen und zur Bedrohung von Personen. Kunststoffseil und Kabelbinder: Diese eignen sich – entgegen der Auffassung des Beschuldigten (vgl. CAR pag. 7.300.012 Rz. 21) – durchaus dazu, Personen zu fesseln.

2.6.3      Der Beschuldigte hat demnach in objektiver Hinsicht im Zeitraum ab ca. Mitte Januar 2020 (vgl. oben E. II. 2.6.1) bis zum 11. Februar 2020 planmässig technische und organisatorische Vorkehren getroffen mit dem Ziel, gegenüber seinen beiden Töchtern und eventuell seiner Ex-Ehefrau eine Freiheitsberaubung, alternativ eine Entführung ( Art. 183 StGB) im Sinne von Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB auszuführen.

2.7          Subsumtion des subjektiven Tatbestands

2.7.1      Der Beschuldigte hatte zum Tatzeitpunkt seit langer Zeit massiv darunter gelitten, seine Kinder nicht mehr kontaktieren und besuchen zu können. Er hatte (und hat weiterhin) ein ausgeprägtes Bedürfnis, seine Kinder (trotzdem bzw. erst recht) zu beschützen und zu besuchen. Darauf war der Beschuldigte subjektiv dauerhaft fixiert, insbesondere auch aufgrund seiner Mutmassungen über angebliche Misshandlungen seiner Kinder, die beweismässig jedoch nicht fundiert sind (vgl. oben E. II. 2.5.8 - 2.5.8.4). Die konstante Fixiertheit auf diese Thematik hat wohl auch einen ausgeprägten krankheitsbedingten Aspekt; für den Beschuldigten war es offenbar schwierig, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen bzw. auseinanderzusetzen (vgl. BA pag. 11-01-0063). Die von ihm eingereichten Gefährdungsmeldungen betreffend seine Kinder, welche objektiv betrachtet unbegründet waren, blieben gemäss seinen Angaben erfolglos. Die ihm auferlegten Betretungs- und Annäherungsverbote hielten ihn nicht davon ab, immer wieder seine Kinder besuchen und beschützen zu wollen; seine Vorhaben setzte er in zahlreichen Fällen in die Tat um, was zu entsprechenden polizeilichen Interventionen und Strafverfahren führte (vgl. oben E. II. 2.5.8.1). Auch in seiner SMS an L. vom 10. Februar 2020 zeigte sich, wie sich der Beschuldigten um seine Kinder weiterhin Sorgen machte (vgl. oben E. II. 2.5.5). Dasselbe gilt für den Umstand, dass der Beschuldigte am 11. Februar 2020 die Kontaktdaten des Kinderbüros U. – einer offiziellen Stelle, die sich für Kinderbelange und Kinderrechte einsetzt – mit sich führte (BA pag. 08-01-0013).

2.7.2      Insbesondere die erwähnte SMS an L. vom 10. Februar 2020 (« Ich muss dann aber nachher, gleich zu meinen Kindern gehen und wissen wie es ihnen geht » vgl. oben E. II. 2.5.5), der mit 11. 2. 2020 datierte Notizbucheintrag (« Ich hoffe, dass es alles gut geht und ich E. helfen kann, dass sie frei ist… », vgl. oben E. II. 2.5.6) sowie das mit «Testament» bezeichnete Dokument, in dem der Beschuldigte darum bittet, ihm seine «Verfehlungen zu vergeben», und wo am Schluss steht «Sollten meine Kinder nicht auf dem Hof sein, oder nicht zu erreichen werde ich dies ALLEN schreiben + erzählen» (vgl. oben E. II. 2.5.7), sind in subjektiver Hinsicht von grosser Aussagekraft. Sie enthalten einen konkreten Bezug zu seinen Kindern und seiner Ex-Ehefrau und bringen Misshandlungen, die aus Sicht des Beschuldigten gegenüber seinen (wie auch anderen) Kindern in der EGY geschehen sein sollen oder angeblich weiterhin geschehen würden, zum Ausdruck (vgl. zu Letzterem BA pag. 08-01-0010 und auch weitere mit «11. 02. 2020» bzw. mit «Dienstag 01:44» datierte Dokumente [BA pag. 08-01-0002 ff.]). Zusammen mit den konkreten objektiven Anhaltspunkten (vgl. oben E. II. 2.6.1 f.) illustrieren diese Texte klar, dass der Beschuldigte nunmehr entschlossen war, zur Tat zu schreiten. Aufgrund der konkreten Umstände kann die geplante Tat einzig in einer Freiheitsberaubung oder Entführung im Sinne von Art. 183 StGB gelegen haben. Der Beschuldigte war fest entschlossen, seine Kinder aus der « Sekte » der EGY, wo sie gemäss seiner Vorstellung vor Misshandlungen nicht geschützt waren, zu befreien. Dass seine Kinder ihm freiwillig folgen würden, konnte er nicht annehmen. Er kannte nämlich die Berichte betreffend Kindesschutzmassnahmen und entsprechend war ihm bewusst, dass die Kinder ihn nicht mehr sehen wollten. Sein Ziel konnte er deshalb nur erreichen, indem er die Kinder von der EGY, falls erforderlich unter Drohung oder mit Gewalt, wegführen würde.

2.7.3      Gestützt auf diese Ausführungen steht fest, dass der Beschuldigte mit seinen Vorbereitungshandlungen beabsichtigte, eine Entführung zum Nachteil seiner Kinder und eventuell seiner Ex-Ehefrau zu begehen. Da die Kinder bei der Mutter lebten und der Beschuldigte nicht annehmen konnte, dass diese tatenlos zuschauen würde, wie er ihre Kinder entführen würde, musste sein Tatplan – im Sinne einer Variante (vgl. oben E. II. 2.1.4) – alternativ auch eine Entführung der Mutter beinhaltet haben.

2.7.4      Weiter ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte bereit gewesen wäre, bei einem allfälligen Scheitern der Entführung seiner Kinder alternativ eine Freiheitsberaubung zu begehen, indem er seine Kinder und allenfalls auch seine Ex-Ehefrau auf der EGY gefangen gehalten hätte, etwa, indem er sich verschanzen würde, um auf eine günstige Fluchtmöglichkeit – mit oder ohne seine Kinder – zu warten. Wäre das Wegbringen dieser Personen misslungen, dann wäre dadurch alternativ eine Freiheitsberaubung erfüllt gewesen.

2.7.5      Der Beschuldigte reiste am 11. Februar 2020 mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Der Umstand, dass er kein Zugticket nach Z. gelöst und damit nicht «jegliches Risiko ausgeschlossen» hatte, schliesst entgegen der Annahme des Beschuldigten (vgl. CAR pag. 7.300.009 f. Rz. 18) nicht aus, dass er tatsächlich nach Z. gelangen wollte. Aus den Akten ist ersichtlich und seitens des Beschuldigten unbestritten, dass er in der Vergangenheit oft schwarzgefahren war. Auch hatte er gemäss eigener Aussage am 11. Februar 2020 zu wenig Geld dabei, um sich ein Zugticket zu kaufen (vgl. oben E. II. 2.5.11). Zudem versteckte er sich während der Zugfahrt von U. nach ZZ. nach eigenen Angaben auf der Toilette, um der Kontrolle zu entgehen (vgl. TPF pag. 6.731.009 Rz. 39 ff.). Des Weiteren entfernte er während der Zugfahrt den Akku und die SIM-Karte aus seinem Mobiltelefon, um nicht geortet werden zu können (vgl. CAR pag. 7.401.022 Rz. 25 ff.), und gab anlässlich der Kontrolle seine Personalien nicht an (vgl. BA pag. 10-01-0002 oben). Dies alles zeigt, dass der Beschuldigte sehr wohl mit verschiedenen Vorkehrungen das Risiko, entdeckt zu werden, minimiert hat. Offenbar rechnete er aber insbesondere nicht damit, dass er trotz des Versteckens auf der Toilette kontrolliert werden würde.

2.7.6      Auch das Argument, dass der Beschuldigte zwecks Vermeidung eines Risikos alternativ mit einem Auto nach Z. hätte fahren können und dieses nötigenfalls entwendet hätte, wie er das in der Vergangenheit bereits getan habe (vgl. CAR pag. 7.300.010 Rz. 18, 7.300.012 Rz. 22), überzeugt nicht. Mit einem entwendeten Auto und ohne Fahrausweis bereits ab U. unterwegs zu sein, wäre aufgrund des damit verbundenen Entdeckungsrisikos riskant gewesen. Der mitgeführte Nothammer / Glasbrecher deutet allerdings darauf hin, dass der Beschuldigte sich damit insbesondere die Möglichkeit offenhalten wollte, erst im Bereich oder Umfeld der EGY ein Auto zu entwenden. Dazu wäre er aufgrund seiner entsprechenden Erfahrung, auf die er selbst hinweist, durchaus in der Lage gewesen. Durch Drohen, etwa mit den Dolchen oder den USBV, hätte er sodann seine Kinder und seine Ex-Ehefrau zwingen können, in ein entwendetes Auto einzusteigen, um sich auf diese Weise von der EGY entfernen zu können.

2.7.7      Der Beschuldigte wohnte in U. in einem Zimmer in einer betreuten Wohnsituation, wo er seine Kinder und seine ehemalige Ehefrau nicht hätte unterbringen können. Dass er keine konkreten Vorkehren für die Beschaffung eines Raumes getroffen hat, um die zu entführenden Personen von ihrem Aufenthaltsort an einen neuen Ort zu bringen, spricht jedoch nicht gegen den Plan einer Entführung. Gemäss Beweisergebnis wollte der Beschuldigte vor allem erreichen, dass seine Kinder von der EGY wegkommen, dass sie von dort « befreit » würden. Insbesondere wollte er verhindern, dass seine Kinder, wie von ihm stets befürchtet wurde, misshandelt würden. Dazu musste er nicht notwendigerweise eine Räumlichkeit für einen anderen Aufenthalt bereitstellen.

              Gemäss diesen Ausführungen sind auch die Rügen des Beschuldigten unzutreffend, dass die Vorinstanz betreffend Fehlens eines Fluchtautos und von Fluchträumen den Sachverhalt falsch festgestellt und Art. 260bis StGB verletzt habe (vgl. CAR pag. 7.300.012 f. Rz. 22).

2.7.8      Der Beschuldigte beruft sich darauf, dass i m psychiatrischen Gutachten festgehalten werde, auf latenter Ebene sei bei ihm mit «infantilen Impulshandlungen» zu rechnen (S. 67), was sich mit den Äusserungen von Q. decke (Heimleiter des Hauses R., der im Untersuchungsverfahren als Zeuge einvernommen wurde; vgl. BA pag. 12-04-0003 ff.; CAR pag. 7.300.007 ff. Rz. 16 f.). Weiter führe der Gutachter aus (S. 77), «er könnte allenfalls in einem Zustand der halben Entschlossenheit verharrt haben, in einer nebulösen-schwammigen Stimmung, und sein Tathandeln könnte mehr eine untaugliche Gestik als ein tatkräftiger Akt gewesen sein» (vgl. oben E. II. 2.3.6). Diese Ausführungen vermögen die Anhaltspunkte in objektiver und subjektiver Hinsicht, welche sich zu einem stimmigen Gesamtbild betreffend strafbarer Vorbereitungshandlungen i.S.v. Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB zusammenfügen (vgl. oben E. 2.6 - 2.7.7), nicht zu entkräften. Was der Psychiater (bzw. der Zeuge Q.) insofern ausführt, bezieht sich auf gewisse Aspekte der Persönlichkeit und Handlungsmöglichkeiten des Beschuldigten. Dies schliesst die Möglichkeit eines planmässigen, zielgerichteten Handelns des Beschuldigten keineswegs aus. Im Gutachten wird explizit festgehalten, dass der Beschuldigte «recht zielgerichtet und geordnet vorgegangen» sei (BA pag. 11-01-0098 oben). Letzteres wird vorliegend durch die Kombination von Anhaltspunkten in objektiver und subjektiver Hinsicht illustriert, die klarerweise auf das beschriebene konkrete Tatvorhaben des Beschuldigten hindeuten.

2.7.9      Dasselbe gilt entsprechend auch, soweit der Beschuldigte sich darauf beruft, dass er gemäss psychiatrischem Gutachten immer leicht ins Schwadronieren gerate, bzw. dass er gemäss eigener Aussage in der Verzweiflung immer wieder solche Sachen schreibe (vgl. CAR pag. 7.300.019 f. Rz. 29). Diese Umstände stehen der obigen Einschätzung betreffend ein konkretes Tatvorhaben ebenfalls nicht entgegen.

2.7.10    Das Argument, dass der Beschuldigte unmittelbar nach der Kontrolle die Flucht ergriffen oder sich des Rucksacks entledigt hätte, wenn er tatsächlich etwas Strafbares im Schilde geführt hätte (vgl. CAR pag. 7.300.011 Rz. 20), vermag ebenso wenig zu überzeugen. Eine solche Flucht hätte erst recht den Verdacht des ihn bewachenden Zugspersonals und der anrückenden Transportpolizei geweckt. Zudem wäre dem nicht sehr sportlichen, an einer chronischen Suchtkrankheit leidenden Beschuldigten (vgl. unten E. II. 2.8.2, 3.8 und 5.2) eine Flucht wohl nicht leichtgefallen und kaum gelungen.

2.7.11    Demgemäss steht in subjektiver Hinsicht fest, dass der Beschuldigte im Zeitraum ab ca. Mitte Januar 2020 bis zum 11. Februar 2020 mit konkreten Vorbereitungshandlungen beabsichtigte, eine Entführung, alternativ Freiheitsberaubung zum Nachteil seiner beiden Kinder, eventuell auch seiner Ex-Ehefrau zu begehen.

2.7.12    Aufgrund des Gesagten ist erstellt, dass der Beschuldigte hinsichtlich der Vorbereitungshandlungen im Sinne von Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB zu einer Entführung, alternativ zu einer Freiheitsberaubung nach Art. 183 StGB mit direktem Vorsatz gehandelt hat. Er hat diese Vorkehrungen wissentlich und willentlich getroffen. Was die in Aussicht genommenen Straftaten betrifft, hat er deren Art bzw. die entsprechenden Varianten (Entführung, alternativ Freiheitsberaubung zum Nachteil seiner beiden Kinder, eventuell auch seiner Ex-Ehefrau) zumindest in Kauf genommen (vgl. oben E. II. 2.1.4). Der objektive und subjektive Tatbestand ist in diesem Sinne erfüllt.

2.8          Rechtfertigungs- / Schuldausschluss- bzw. minderungsgründe

2.8.1      Rechtfertigungsgründe werden weder geltend gemacht noch sind solche ersichtlich (vgl. oben E. II. 2.5.8 - 2.5.8.4 und 2.7.1).

2.8.2      Auch Schuldausschussgründe werden weder geltend gemacht noch sind solche ersichtlich. Die Frage eines Schuldminderungsgrundes im Sinne von Art. 19 Abs. 2 StGB wird im Rahmen der Strafzumessung zu thematisieren und berücksichtigen sein (vgl. unten E. II. 4.6).

2.9          Fazit

Demgemäss ist der Beschuldigte der strafbaren Vorbereitungshandlungen im Sinne von Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB schuldig zu sprechen.

3.            Widerhandlung gegen das Waffengesetz ( Art. 33 Abs. 1 WG)

3.1         Rechtliches

Gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. a WG wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer ohne Berechtigung Waffen, wesentliche oder besonders konstruierte Waffen­bestandteile, Waffenzubehör, Munition oder Munitionsbestandteile anbietet, überträgt, vermittelt, erwirbt, besitzt, herstellt, abändert, umbaut, trägt, in einen Schengen-Staat ausführt oder in das schweizerische Staats­gebiet verbringt.

Gemäss Art. 4 Abs. 1 lit. c WG gelten Messer, deren Klinge mit einem einhändig bedienbaren automatischen Mechanismus ausgefahren werden kann, Schmetterlingsmesser, Wurfmesser und Dolche mit symmetrischer Klinge als Waffen. Wurfmesser und Dolche gelten als Waffen, wenn sie eine feststehende, spitz zulaufende, mehr als 5 cm und weniger als 30 cm lange symmetrische Klinge aufweisen (Art. 7 Abs. 3 der Verordnung vom 2. Juli 2008 über Waffen, Waffenzubehör und Munition [ Waffenverordnung, WV, SR 514.541 ] i.V.m. Art. 4 Abs. 4 WG).

Für antike Waffen gelten nur die Artikel 27 und 28 sowie die entsprechenden Strafbestimmungen des Waffengesetzes. Als antike Waffen gelten vor 1870 hergestellte Feuerwaffen sowie vor 1900 hergestellte Hieb-, Stich- und andere Waffen ( Art. 2 Abs. 2 WG).

Wer eine Waffe an öffentlich zugänglichen Orten tragen oder sie transportieren will, benötigt eine Waffentragbewilligung. Diese ist mitzuführen und auf Verlangen den Polizei- oder den Zollorganen vorzuweisen. Vorbehalten ist Art. 28 Abs. 1 ( Art. 27 Abs. 1 WG). Gemäss Art. 28 Abs. 1 WG ist keine Waffentragbewilligung erforderlich für den Transport von Waffen, insbesondere: a. von und zu Kursen, Übungen und Veranstaltungen von Schiess-, Jagd- oder Soft-Air-Waffen-Vereinen sowie von militärischen Vereinigungen oder Verbänden; b. von und zu einem Zeughaus; c. von und zu einem Inhaber oder einer Inhaberin einer Waffenhandelsbewilligung; d. von und zu Fachveranstaltungen; e. bei einem Wohnsitzwechsel.

3.2         Beweisthema

Die in Bezug auf den Anklagevorwurf unbestrittenen und bestrittenen Punkte sind zusammenfassend aus den obigen Ausführungen (E. II. 1.2 - 1.2.3) ersichtlich, woraus sich auch das Beweisthema ergibt. Es ist unbestritten, dass der Beschuldigte die zwei von ihm erworbenen Dolche am 11. Februar 2020 bei der Zugfahrt von U. SBB nach ZZ. Hauptbahnhof in einem Rucksack mit sich führte . Im Übrigen jedoch wird die von der BA geltend gemachte Sachverhaltsdarstellung bestritten, ebenso wie die rechtliche Würdigung der BA bzw. der Vorinstanz, soweit es den ergangenen Schuldspruch betrifft. Der Beschuldigte macht geltend, dass er auf dem Weg zu einem Waffenhändler gewesen sei, um die Dolche zu verkaufen. Hierfür habe er gemäss Art. 28 Abs. 1 lit. c WG keine WaffentragbewilIigung gebraucht. Zudem sei er davon ausgegangen, dass die Dolche so alt gewesen seien, dass sie nicht mehr als «Waffen» gälten, sondern als blosse «AussteIlungsgegenstände». Gemäss Beurteilungsbericht der Zentralen Waffenstelle des Bundesamtes für Polizei «dürften» die Dolche zwischen 1920 und 1930 hergestellt worden sein. Ein Augenschein der Dolche lasse aber viel eher den Schluss zu, dass diese älter seien. Er sei sich so oder so keiner strafbaren Handlung bewusst gewesen und entsprechend vom Vorwurf der Widerhandlung gegen das Waffengesetz nach Art. 33 Abs. 1 Iit. a WG freizusprechen (vgl. TPF pag. 6.721.171 f.; CAR pag. 7.401.017 ff.; 7.300.036 f. Rz. 46; oben E. II. 1.2.3).

3.3         Beweisanträge

Die vom Beschuldigten im Berufungsverfahren beantragte Einvernahme des BKP-Mitarbeiters EE. sowie der beiden Polizeibeamten FF. und DD. je als Zeugen (vgl. oben E. II. 2.4; CAR pag. 6.200.003 - 007) bezog sich offenbar nicht auf den Anklagepunkt der Widerhandlung gegen das Waffengesetz. Die BA stellte, wie bereits erwähnt, im Rahmen des Berufungsverfahrens keine Beweisanträge (CAR pag. 2.100.004).

3.4         Beweiswürdigung / Beweisergebnis

3.4.1      Gemäss Sicherstellungsliste der Kantonspolizei Zürich vom 12. Februar 2020 handelt es sich bei den Dolchen um einen Dolch mit 23,5 cm Klingenlänge, Gesamtlänge 36 cm, mit Zubehör Etui (Asservat Nr. A013'517'072), und einen Dolch mit 23,8 cm Klingenlänge, Gesamtlänge 38 cm, mit Zubehör Etui (Asservat Nr. A013'517'094); beide Dolche sind unbekannten Fabrikats (BA pag. 10-01-0013). Im Beurteilungsbericht des Bundesamts für Polizei fedpol, Zentralstelle Waffen, vom 1. Mai 2020 werden die beiden Dolche wie folgt beurteilt (BA pag. 10-02-0012):

–        Asservat Nr. A013'517'072: Dolch Gesamtlänge 36 cm mit feststehender spitz zulaufender symmetrischen beidseitig geschliffenen Klinge von einer Länge von 23,5 cm;

–        Asservat Nr. A013'517'094: Dolch Gesamtlänge 38 cm mit feststehender spitz zulaufender symmetrischen beidseitig geschliffenen Klinge von einer Länge von 23,8 cm.

Laut Bericht stammen beide Dolche aus dem nordafrikanischen Raum. Es handelt sich mit grosser Wahrscheinlichkeit um sogenannte „Telek“, welche von den Tuareg noch heute hergestellt und getragen werden. Die Hersteller der sichergestellten Dolche sind unbekannt. Die Qualität der Dolche ist nicht sehr hoch. Die Vor­instanz ist zugunsten des Beschuldigten zum Schluss gekommen, dass die Waffen tatsächlich aus der Zeit von vor 1900 stammen könnten und damit antik sind (vgl. Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 6.2). An diese Feststellung ist die Berufungskammer aufgrund des Verbots der reformatio in peius gebunden (vgl. oben E. I. 2.2.2).

3.4.2      Wie vorstehend ausgeführt (E. II. 2.5.11), kann in beweismässiger Hinsicht entgegen der Ansicht des Beschuldigten (vgl. CAR pag. 7.300.036 f. Rz. 46) ausgeschlossen werden, dass er am 11. Februar 2020 die Dolche zu einem Waffenhändler in ZZ. transportieren wollte, welcher über eine Waffenhandelsbewilligung im Sinne von Art. 17 Abs. 1 WG verfügt. Vielmehr wollte er sie im Zusammenhang mit einer vorbereiteten Entführung oder Freiheitsberaubung – und somit in verbrecherischer Absicht – nach Z. mitnehmen.

3.4.3      Damit ist der Sachverhalt gemäss AKS Ziffer 1.3 (unter Berücksichtigung von Verfahrensgegenstand, Kognition bzw. Verbot der reformatio in peius im vorliegenden Berufungsverfahren, vgl. oben E. I. 2.2.2; II. 1.2.2; 3.4.1) in subjektiver und objektiver Hinsicht erstellt.

3.5         Subsumtion des objektiven Tatbestands

Für das Tragen an öffentlich zugänglichen Orten und den Transport ist auch für antike Waffen, um die es sich bei den beiden vorliegenden Dolchen handelt, eine Waffentragbewilligung erforderlich ( Art. 27 Abs. 1 WG). Der Beschuldigte verfügt nicht über eine solche Bewilligung. Wie ausgeführt (oben E. II. 2.5.11; 3.4.2), wollte der Beschuldigte die Dolche im Zusammenhang mit einer vorbereiteten Entführung oder Freiheitsberaubung – und somit in verbrecherischer Absicht – nach Z. mitnehmen. Die Ausnahmebestimmung von Art. 28 Abs. 1 lit. c WG kommt somit nicht zur Anwendung; der Beschuldigte hätte eine Waffentragbewilligung benötigt. Das Tragen der zwei Dolche vom Wohnort U. nach ZZ. am 11. Februar 2020 erfolgte auf öffentlich zugänglichen Orten. Gleichzeitig liegt darin ein Transport der Dolche von U. nach ZZ. Sowohl das Tragen wie auch der Transport der Dolche unterliegen demnach der Bewilligungspflicht. Das Tragen und der Transport der Dolche wird als Handlungseinheit qualifiziert. Der Beschuldigte hat somit in objektiver Hinsicht gegen Art. 33 Abs. 1 lit. a WG verstossen.

3.6          Subsumtion des subjektiven Tatbestands

Der Beschuldigte kennt sich mit der Waffengesetzgebung grundsätzlich aus. In der Einvernahme durch die BKP vom 6. April 2020 erklärte er, dass er einen Waffentragschein erworben habe, weil er sich im Zeitraum von ca. 1995 bis 2000 mehrmals in Südafrika aufgehalten habe; das Leben dort sei sehr gefährlich gewesen (vgl. BA pag. 13-01-0025). Anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung bestätigte er, dass er berufsmässig eine Schusswaffe getragen habe (vgl. TPF pag. 6.731.004 Rz 39 ff.). Gemäss Vorakten wurde der Beschuldigte am 8. Juni 2011 wegen vorsätzlicher und am 15. Januar 2018 wegen fahrlässiger Widerhandlung gegen das Waffengesetz verurteilt; dabei ging es um ein Wurfmesser mit symmetrischer Klinge von 11 cm (vgl. BA pag. B1-18-04-0002 f. ) bzw. einen Schlagring (vgl. BA pag. B1-18-02-0223 f. ). Der Beschuldigte wusste, dass der Umgang mit gefährlichen Gegenständen einer Bewilligung unterliegen kann. Er nahm zumindest in Kauf, mit dem Tragen und dem Transport der Dolche widerrechtlich zu handeln. Er handelte demnach vorsätzlich ( Art. 12 Abs. 2 StGB). Der subjektive Tatbestand von Art. 33 Abs. 1 lit. a WG ist erfüllt.

3.7          Rechtfertigungs- / Schuldausschluss- bzw. minderungsgründe

3.7.1      Wie dargelegt, kommt die Ausnahmebestimmung von Art. 28 Abs. 1 lit. c WG vorliegend nicht zur Anwendung (vgl. oben E. II. 3.5). Andere Rechtfertigungsgründe werden weder geltend gemacht noch sind solche ersichtlich (vgl. oben E. II. 2.5.8 - 2.5.8.4; 2.7.1; 3.4.2; 3.5).

3.7.2      Schuldausschussgründe werden weder geltend gemacht noch sind solche ersichtlich. Die Frage eines Schuldminderungsgrundes im Sinne von Art. 19 Abs. 2 StGB wird im Rahmen der Strafzumessung zu thematisieren und berücksichtigen sein (vgl. unten E. II. 4.6).

3.8         Fazit

Demgemäss ist d er Beschuldigte der Widerhandlung gegen Art. 33 Abs. 1 lit. a WG schuldig zu sprechen.

4.           Strafzumessung

4.1         Anträge und Ausführungen der Parteien

4.1.1      Der Beschuldigte beantragt, das vorinstanzliche Urteil sei betreffend Dispositivziffer 3 (Strafe) aufzuheben (vgl. oben SV lit. B.7). Anlässlich der Berufungsverhandlung hielt er fest, da er vollumfänglich freizusprechen sei, erübrigten sich Ausführungen bzw. Rügen zur vorinstanzlichen Strafzumessung (vgl. CAR pag. 7.300.037 Rz. 47 f.). Vormerk zu nehmen sei vom Umstand, dass er bis zum 27. August 2021 insgesamt 523 Tage in Freiheitsentzug verbracht habe, welche ihm anzu rechnen seien. Eine allfällige Freiheitsstrafe wäre damit bereits erstanden (CAR pag. 7.300.038 Rz. 49).

4.1.2      Die BA beantragt, der Beschuldigte sei mit einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten zu bestrafen. Die ausgestandene Untersuchungs- und Sicherheitshaft und die Ersatz­massnahmen seien auf die Strafe anzurechnen (CAR pag. 7.300.043 Ziffer 1.2 Abs. 1; oben SV lit. B.7). Anlässlich der Berufungsverhandlung verzichtete die BA auf nähere Ausführungen dazu.

4.2         Rechtliches

4.2.1      Anwendbares Recht

Vorliegend sind die im Tatzeitpunkt geltenden, am 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Bestimmungen des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs anzuwenden.

4.2.2      Grundsätze der Strafzumessung

4.2.2.1   Das Gericht misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters ( Art. 47 Abs. 1 StGB). Das Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden (Art. 47 Abs. 2 StGB).

4.2.2.2   Der für die Strafzumessung zentrale Begriff des Verschuldens im Sinne von Art. 47 StGB bezieht sich auf den gesamten Unrechts- und Schuldgehalt der konkreten Straftat. Dabei unterscheidet das Bundesgericht in konstanter Rechtsprechung zwischen der Tat- und der Täterkomponente. Die Tatkomponente umfasst das Ausmass des verschuldeten Erfolges, die Art und Weise der Herbeiführung dieses Erfolges, die Willensrichtung, mit der der Täter gehandelt hat und seine Beweggründe. Die Täterkomponente umfasst das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse sowie das Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren, wie z.B. Reue, Einsicht und Strafempfindlichkeit ( BGE 134 IV 17 E. 2.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen S. 19 f.; BGE 129 IV 6 E. 6.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen S. 20 f.; BGE 101 IV E. 2 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen S. 103 ff.).

4.2.2.3   Gemäss Art. 50 StGB hält das Gericht, sofern es ein Urteil zu begründen hat, die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung fest. Für die Beurteilung der Schwere des Verschuldens ist eine Gesamtwürdigung der den Beschuldigten belastenden und der ihn entlastenden Umstände erforderlich ( BGE 136 IV 55 E. 5.5 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen S. 59 f.). Bei der Gewichtung der einzelnen zu beachtenden Komponente steht dem Gericht – innerhalb des ordentlichen oder gegebenenfalls ausserordentlichen Strafrahmens – ein erheblicher Ermessensspielraum zu ( BGE 136 IV 55 E. 5.6 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen S. 60 ff.; 135 IV 130 E. 5.3.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen S. 134 f.; Urteil des BGer 6B_1077/2014 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 21. April 2015 E. 4).

4.2.2.4   Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat, d.h. derjenigen Tat, die mit der schwersten Strafe bedroht ist, und erhöht sie angemessen (Asperationsprinzip). Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden ( Art. 49 Abs. 1 StGB).

              Die Bildung einer Gesamtstrafe im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB ist nur bei gleichartigen Strafen möglich. Ungleichartige Strafen sind kumulativ zu verhängen. Das Asperationsprinzip kommt nur zur Anwendung, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss gleichartige Strafen ausfällt. Dass die anzuwendenden Strafbestimmungen abstrakt gleichartige Strafen androhen, genügt nicht. Geldstrafe und Freiheitsstrafe sind keine gleichartigen Strafen im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB. Grundsätzlich kann das Gericht nur auf eine Gesamtfreiheitsstrafe erkennen, wenn es für jede Tat eine Freiheitsstrafe ausfällen würde (sogenannte konkrete Methode; BGE 142 IV 265 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2.3.2; 138 IV 120 E. 5.2).

4.2.2.5   Nach dem Prinzip der Verhältnismässigkeit ( Art. 5 Abs. 2 BV) soll bei alternativ zur Verfügung stehenden Sanktionen im Regelfall diejenige gewählt werden, die weniger stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift bzw. die ihn am wenigsten hart trifft ( BGE 138 IV 120 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 5.2 S. 123; 134 IV 97 E. 4.2.2, 82 E. 4.1 mit Hinweisen).

4.2.2.6   Die Täterkomponenten (Art. 47 Abs. 1 Satz 2 StGB), die mit der konkreten Straftat nicht im unmittelbaren Tatzusammenhang stehen, sind erst (und nur einmal) nach der Festlegung der (hypothetischen) Gesamtstrafe für sämtliche Delikte zu berücksichtigen (Urteile des BGer 6B_105/2015 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 13. Januar 2016 E. 1.4.2; 6B_375/2014 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 28. August 2014 E. 2.6; 6B_466/2013 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 25. Juli 2013 E. 2.3.2).

4.3         Strafrahmen

Abstrakt schwerste Tat ist Art. 260bis Abs. 1 StGB; dieser Straftatbestand droht Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe an. Die Strafbestimmung von Art. 33 Abs. 1 WG droht Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe an. Da der Beschuldigte zwei mit Freiheitsstrafe bedrohte Straftatbestände erfüllt hat, beträgt die obere Grenze des Strafrahmens 7 ½ Jahre ( Art. 49 Abs. 1 StGB). Die Geldstrafe beträgt mindestens drei und höchstens 180 Tagessätze (Art. 34 Abs. 1 StGB). Ein Tagessatz beträgt in der Regel mindestens Fr. 30.-- und höchstens Fr. 3'000.--; ausnahmsweise kann er bis auf Fr. 10.-- gesenkt werden ( Art. 34 Abs. 2 StGB).

4.4         Bemessung der Einsatzstrafe

4.4.1      Gegenstand der Einsatzstrafe bildet die Verurteilung nach Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB. Führt der Täter aus eigenem Antrieb die Vorbereitungshandlung nicht zu Ende, so bleibt er straflos (Art. 260bis Abs. 2 StGB). Vorliegend war die Verhaftung massgebend für den Abbruch der Vorbereitungshandlungen, womit die Voraussetzungen für die Straflosigkeit nicht gegeben sind.

4.4.2      Die Strafdrohung von Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB lautet, wie erwähnt, auf Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Bei der Strafzumessung ist zu berücksichtigen, dass die Delikte, denen die Vorbereitung gelten muss, von unterschiedlicher Schwere sind. Im leichtesten Fall, bei Art. 183 StGB, wird auf das (vollendete) Delikt selbst keine andere Strafe angedroht als für die Vorbereitungshandlungen, was bedeutet, dass letztere deutlich milder zu ahnden sind ( Stratenwerth / Bommer, a.a.O., § 40 N. 11).

4.4.3      Tatkomponenten

4.4.3.1   Objektives Tatverschulden

Der Beschuldigte hat die Vorbereitungshandlungen ab ca. Mitte Januar 2020 bis zum 11. Februar 2020 vorgenommen, beginnend mit dem Kauf der beiden Dolche (vgl. oben E. II. 2.6.1; 2.6.3; 2.7.11). Die USBV will er nach eigenen Angaben erst am Vorabend des 11. Februar 2020 hergestellt haben. Die Komponenten dazu musste er jedoch bereits vorher erworben oder aus einem anderen Grund in seinem Besitz gehabt haben. Die Fertigung erforderte handwerkliches Geschick, wie er selber einräumte. Das lässt darauf schliessen, dass er sich zumindest gedanklich schon vorher mit der Herstellung der USBV befasst haben musste. Zudem musste er sich überlegen, welche weiteren Gegenstände für sein Vorhaben nützlich sein konnten. Von diesen Gegenständen – Nothammer / Glasbrecher, Küchenmesser, Feldstecher, Stirnlampe, Kunststoffseil, Kunststoffkabelbinder (vgl. oben E. II. 2.5.1.4; 2.6.2) – sind zumindest der Glasbrecher und die Kabelbinder keine Alltagsgegenstände. Zu berücksichtigen ist, dass die USBV objektiv betrachtet kaum gefährlich waren. Der Beschuldigte verpackte am 11. Februar 2020 sämtliches Material in seinen Rucksack und begab sich Richtung Z., den Tatort für die geplante Entführung oder Freiheitsberaubung. Damit waren die Vorbereitungshandlungen abgeschlossen und der Beginn der Ausführung der geplanten Straftaten stand unmittelbar bevor. Wie erwähnt, handelt es sich bei Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB ( Art. 183 StGB) um die leichteste Variante innerhalb dieses Tatbestands, weshalb entsprechende Vorbereitungshandlungen deutlich milder zu ahnden sind (vgl. oben E. II. 4.4.2). Gesamthaft betrachtet ist das objektive Tatverschulden als leicht zu qualifizieren.

4.4.3.2   Subjektives Tatverschulden

Der Beschuldigte hatte keinen objektiven Grund zur Annahme, dass sich seine Kinder in einer konkreten Gefahr für ihre Gesundheit befanden. Er hatte jedoch grosse Sehnsucht nach seinen Kindern, nachdem er diese schon mehrere Jahre nicht mehr gesehen hatte. Mit seinem geplanten Handeln hätte er sich indes über den Willen der Kinder, die keinen persönlichen Kontakt mehr zu ihm wünschten, hinweggesetzt, und auch über den Willen seiner Ex-Ehefrau. Die Kontaktlosigkeit zu den Kindern ist zu einem wesentlichen Teil auf ein unkorrektes Verhalten des Beschuldigten bei früheren Besuchsrechtsausübungen zurückzuführen; in diesem Sinne liegt ein gewisses Selbstverschulden vor. Ihm wurden behördliche Annäherungs- und Betretungsverbote auferlegt, über die er sich während Jahren hinwegsetzte – das wäre auch am 11. Februar 2020 der Fall gewesen. Das subjektive Tatverschulden des Beschuldigten, der unter einem starken Leidendruck stand, ist im Gesamtzusammenhang ebenfalls als leicht einzustufen.

4.4.4      Insgesamt ist das Tatverschulden als leicht zu gewichten. Die gedankliche Einsatzstrafe ist auf 14 Monate Freiheitsstrafe festzulegen.

4.5         Asperation

Diese Strafe ist in Anwendung des Asperationsprinzips – soweit gleichartige Strafen gemäss Art. 49 Abs.1 StGB auszusprechen sind – angemessen zu erhöhen. Zu bewerten ist die Widerhandlung gegen das Waffengesetz ( Art. 33 Abs. 1 WG).

4.5.1      Objektives Tatverschulden

Der Beschuldigte hat zwei antike Dolche ohne die notwendige Transportbewilligung von seinem Wohnort in U. mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach ZZ. transportiert. Das objektive Tatverschulden ist als leicht zu qualifizieren.

4.5.2      Subjektives Tatverschulden

Der Beschuldigte ist einschlägig vorbestraft. Er wusste, dass gefährliche Gegenstände, wie Waffen und Messer, grundsätzlich – je nach Verwendungszweck ( Erwerb, Tragen, Transport etc.) – einer Bewilligungspflicht unterliegen. Er hatte früher einen Waffenerwerbsschein und nahm seine Schusswaffe ins Ausland mit (vgl. TPF pag. 6.731.004 Rz. 39 ff.; oben E. II. 3.6). Mit Verfügung der Kantonspolizei St. Gallen vom 7. März 2006 wurde gegen ihn ein Verbot ausgesprochen, Waffen zu erwerben oder zu besitzen (vgl. BA pag. B1-08-02-0238). Ungeachtet dieser Kenntnisse hat er zwei Dolche an öffentlich zugänglichen Orten getragen und transportiert. Auch in subjektiver Hinsicht wiegt das Verschulden noch leicht.

4.5.3      Für die Widerhandlung gegen Art. 33 Abs. 1. lit. a WG ist eine Strafe im Äquivalent von weniger als 6 Monaten Freiheitsstrafe angemessen. Bei diesem Strafmass fällt grundsätzlich eine Geldstrafe in Betracht. Bei der Wahl der Strafart ist der Verhältnismässigkeitsgrundsatz zu beachten ( Art. 5 Abs. 2 BV; vgl. oben E. II. 4.2.2.5. Am 1. Januar 2018 trat der revidierte Art. 41 StGB in Kraft, welcher die Ausfällung einer Freiheitsstrafe anstelle einer ebenfalls möglichen Geldstrafe u.a. dann vorsieht, wenn eine Freiheitsstrafe geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten (Art. 41 Abs. 1 lit. a StGB). Diese Bestimmung dient der sog. negativen Spezialprävention, d.h. der individuellen Abschreckung von rückfälligen Tätern, die zuvor bereits erfolglos mit Geldstrafen belegt wurden und mit ihrem Rückfall bewiesen haben, dass sich die aus Verhältnismässigkeitsgrundsätzen primär auszufällende Geldstrafe bei ihnen in präventiver Hinsicht als wirkungslos erweist. In solchen Fällen soll eine Freiheitsstrafe ausgesprochen werden (vgl. Mazzucchelli, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2019, N. 39 f. zu Art. 41 StGB). Vorliegend steht aufgrund der zahlreichen, grösstenteils unbedingt ausgesprochenen Vorstrafen fest, dass eine Geldstrafe nicht mehr als zweckmässig erscheint, um den Beschuldigten von weiteren Straftaten abzuhalten. Es ist daher eine Freiheitsstrafe auszusprechen.

4.5.4      Die Einsatzstrafe von 14 Monaten ist angemessen zu erhöhen (Art. 49 Abs. 1 StGB). Eine Erhöhung um zwei Monate Freiheitsstrafe erscheint schuldangemessen. Die (hypothetische) Gesamtstrafe ist damit auf 16 Monate festzusetzen.

4.6         Strafmilderung

4.6.1      War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar ( Art. 19 Abs. 1 StGB). War der Täter zur Zeit der Tat nur teilweise fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so mildert das Gericht die Strafe ( Art. 19 Abs. 2 StGB).

4.6.2      Im Vorverfahren wurde ein Gutachten zur Frage der Schuldfähigkeit und der Frage nach einer Massnahme im Sinne von Art. 59-61 und 63 StGB eingeholt. Der Gutachter Dr. med. AA. erstattete das Gutachten am 27. Juni 2020 (BA pag. 11-01-0021 ff.). Dieses ist vollständig, klar, schlüssig und aktuell. Gründe für eine allfällige Abweichung von den Schlussfolgerungen bestehen nicht. Es ist somit auf das Gutachten abzustellen (vgl. dazu auch unten E. II. 5.4.3). Der Gutachter stellte fest, dass der Beschuldigte zur Zeit der Taten, das heisst am 11. Februar 2020, an einer psychischen Störung und gleichzeitig an einer Abhängigkeit von Suchtstoffen gelitten hat. Es handelt sich um eine Schizotypie und um eine Polytoxikomanie (Abhängigkeit von Methadon, Kokain, Alkohol; BA vgl. pag. 11-01-0100). Betreffend Schuldfähigkeit wird ausgeführt, dass keine Beeinträchtigung der Einsichtsfähigkeit vorliege. Jedoch sei wegen der schyzotypen Störung die Fähigkeit des Beschuldigten, gemäss der vorhandenen Einsicht in die Unrechtmässigkeit der Tat zu handeln, in leichtem Grade beeinträchtigt gewesen (vgl. BA pag. 11-01-0097 f., 0100). Demgemäss liegt beim Beschuldigten eine leicht verminderte Schuldfähigkeit nach Art. 19 Abs. 2 StGB vor.

4.6.3      Gemäss diesen Ausführungen ist die Strafe zu mildern. Mildert das Gericht die Strafe, so ist es nicht an die angedrohte Mindeststrafe gebunden (Art. 48a Abs. 1 StGB). Es kann auf eine andere als die angedrohte Strafart erkennen, ist aber an das gesetzliche Höchst- und Mindestmass der Strafart gebunden (Art. 48a Abs. 2 StGB). Als mildere Strafart fiele eine Geldstrafe in Betracht ( Art. 34 StGB). Deren Maximum beträgt 180 Tagessätze ( Art. 34 Abs. 1 StGB). Eine derart starke Strafmilderung ist aufgrund der nur leicht verminderten Schuldfähigkeit indes nicht angemessen. Demnach ist dem Strafmilderungsgrund im Sinne einer Strafminderung bei der Bemessung der auszusprechenden Freiheitsstrafe Rechnung zu tragen.

4.6.4      Aufgrund der leicht verminderten Schuldfähigkeit auf der Steuerungsebene ist eine Strafminderung im Umfang von vier Monaten Freiheitsstrafe angemessen. Die hypothetische Gesamtstrafe ist auf 12 Monate Freiheitsstrafe festzusetzen.

4.7         Täterkomponenten

4.7.1       Im Gegensatz zu den Tatkomponenten, die sich auf den Zeitpunkt der Tatbegehung beschränken, umfassen die Täterkomponenten den Zeitraum vor oder nach der Tat. Bei der Würdigung des Täters sind jedoch die Umstände massgeblich, wie sie sich zur Zeit der Beurteilung ergeben ( Mathys, Leitfaden Strafzumessung, 2. Aufl. 2019, S. 117 N. 313; BGE 113 IV 56 E. 4 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen). Gemäss ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung kann bloss ein hartnäckiges Bestreiten der Tatvorwürfe unter gewissen Umständen als fehlende Einsicht und Reue ausgelegt und straferhöhend berücksichtigt werden (vgl. Urteil des BGer 6B_1032/2017 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 1. Juni 2018 E. 6.4.2; Wiprächtiger / Keller, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 47 StGB N. 173). Ein deliktfreies Verhalten während eines laufenden Strafverfahrens darf vorausgesetzt werden (Urteil des BGer 6B_882/2009 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 30. März 2010 E. 2.5); Delinquenz während der Probezeit und der Strafuntersuchung wirkt sich hingegen straferhöhend aus ( Mathys, a.a.O., S. 124 f. N. 329 f.). Aufrichtige Reue, Zeitablauf verbunden mit Wohlverhalten sowie Betroffenheit durch die Tat wirken sich strafmildernd aus ( Mathys, a.a.O., S. 126 ff. N. 334 ff.). Ein Geständnis wiederum führt nicht zwingend zu einer Strafreduktion, es muss als Zeichen der Einsicht und Reue stehen und die Strafverfolgung erleichtern ( Mathys, a.a.O., S. 136 f. N. 363). Die persönlichen Verhältnisse umfassen sämtliche Lebensumstände des Täters im Zeitpunkt der Strafzumessung, etwa Familienstand und Beruf, Gesundheit, soziale Herkunft, Lebenserfahrung, Bildungsstand, mehr oder weniger günstige Lebensverhältnisse oder auch Alkohol- und Drogenabhängigkeit. Dabei können sich fast alle Umstände mit anderen Strafzumessungstatsachen überschneiden, z.B. dann, wenn sie zum Entschluss des Täters, das Delikt zu begehen, beigetragen haben ( Wiprächtiger / Keller, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 47 StGB N. 146).

4.7.2      Der Beschuldigte ist 57-jährig und alleinstehend. Er wuchs zusammen mit vier Geschwistern in geordneten Verhältnissen auf und absolvierte die Primar- und Sekundarschule. Eine nach einem Austauschjahr in Frankreich begonnene Maurerlehre brach er ab. Schon als junger Erwachsener kam er mit Drogen in Kontakt. Mit 29 Jahren machte er eine Entzugstherapie. Dadurch konnte er eine Lehre als Landschaftsgärtner absolvieren, die er als Drittbester abschloss. Danach besuchte er eine Handelsschule und einen Kaderjahreskurs. Er gründete in der Schweiz eine Landschaftsgärtnerfirma und später in Rumänien eine Firma für den Rückbau und Wiederverkauf gebrauchter Materialien. Er hielt sich wiederholt in Südafrika auf, wo er im Sicherheitsdienst tätig war. Dort lernte er seine spätere Ehefrau kennen, die er 2000 heiratete. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Von 1995/96 bis 2005 lebte der Beschuldigte auf Y. in Z. Seit 2005 lebte er getrennt von seiner ehemaligen Ehefrau und den Kindern. Die Ehe wurde 2010 geschieden. Das Obhuts- und Sorgerecht über die Kinder wurde der Mutter zugesprochen; die Kinder befinden sich bis heute in ihrer Obhut. Der Beschuldigte weist eine langjährige Suchtproblematik auf, die wiederholt stationäre Behandlungen erforderlich machte; diesbezüglich kann auf das psychiatrische Gutachten (BA pag. 11-01-0021 ff.) verwiesen werden. Gemäss eigenen Angaben verlor der Beschuldigte etwa zwei Jahre vor der Trennung von seiner Ehefrau seine Arbeitsstelle. Seine Wohn- und Lebensverhältnisse sind seit der Trennung von der Familie unstet. Gemäss seinen Angaben litt und leidet er weiterhin sehr unter der Trennung, vor allem unter der seit 2014/2015 bestehenden Kontaktlosigkeit zu seinen Kindern. Zuletzt lebte er in einer betreuten Wohnsituation. Gelegentlich konnte er kürzere Arbeitseinsätze verrichten. Im Rahmen der wirtschaftlichen Sozialhilfe erhielt er monatlich Fr. 400.-- zu seiner Verfügung. Die Krankenkassen- und Wohnkosten werden von der Sozialhilfe übernommen. Der Beschuldigte hat laufende Betreibungen in der Höhe von Fr. 1'470.-- sowie Verlustscheine von total Fr. 31'400.90 (vgl. CAR pag. 6.401.015). Er hat kein Vermögen und unterliegt keinen familiären Unterhaltspflichten (vgl. Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 8.6; Art. 82 Abs. 4 StPO).

4.7.3      Die schwierigen persönlichen Lebensverhältnisse des Beschuldigten sind zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Soweit diese Umstände nicht bereits – wie die langjährige Drogen- und Alkoholabhängigkeit – im Rahmen der verminderten Schuldfähigkeit beachtlich sind, sind sie in leichtem Masse strafmindernd zu berücksichtigen.

4.7.4      Bei der Strafzumessung kommt den Vorstrafen eine ausserordentlich wichtige, straferhöhende Rolle zu ( Wiprächtiger / Keller, a.a.O., Art. 47 StGB N. 130). Gemäss Strafregisterauszug vom 14. Juni 2021 ergingen gegen den Beschuldigten im Zeitraum von April 2011 bis November 2019 zehn Verurteilungen wegen Diebstahls, Hehlerei, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruchs, sexueller Belästigung, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, Verstössen gegen das Waffengesetz, Übertretungen im Bereich des Betäubungsmittelgesetzes sowie einer Vielzahl von Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz (wie grobe Verletzung der Verkehrsregeln, Fahren in fahrunfähigem Zustand, pflichtwidriges Verhalten bei einem Unfall, Entwendung eines Motorfahrzeugs zum Gebrauch, Führen eines Motorfahrzeuges trotz Verweigerung, missbräuchliche Verwendung von Ausweisen, widerrechtliche Aneignung von Kontrollschildern). Der Beschuldigte wurde zweimal zu unbedingten Freiheitsstrafen von je 6 Monaten, im Übrigen zu unbedingten Geldstrafen zwischen 10 und 130 Tagessätzen sowie zu Bussen von bis zu Fr. 1'200.-- verurteilt (vgl. CAR pag. 6.401.004 ff.). Weiter liegt ein Strafbefehl der Staatsanwaltschaft U.-Stadt vom 12. Mai 2020 vor. Der Beschuldigte wurde wegen mehrfacher Übertretung des Personenbeförderungsgesetzes zu Fr. 200.-- Busse verurteilt, weil er vorsätzlich oder fahrlässig ohne gültigen Fahrausweis oder andere Berechtigung ein Fahrzeug der SBB für die Strecke U. SBB bis Z. (4. Februar 2020) bzw. U. SBB bis ZZ. HB (11. Februar 2020) benutzte (TPF pag. 6.231.5.006 f.). Die vielen Vorstrafen sind in einem leichten Masse straferhöhend zu berücksichtigen.

4.7.5      Das Nachtatverhalten, insbesondere das Verhalten im Verfahren und in der Haft, gibt vorliegend zu keinen strafzumessungsrelevanten Bemerkungen Anlass.

4.7.6      Eine erhöhte Strafempfindlichkeit wird nur bei aussergewöhnlichen Umständen bejaht. Gesundheitliche Probleme fallen als strafmindernder Faktor nur in Betracht, wenn Abweichungen vom Grundsatz einer einheitlichen Leidensempfindlichkeit geboten sind, etwa bei Schwerkranken ( Wiprächtiger / Keller, a.a.O., Art. 47 StGB N. 150 und 152). In der Berufungsverhandlung gab der Beschuldigte an, es gehe ihm gesundheitlich nicht schlecht. Er habe mit Rauchen aufgehört und nehme regelmässig am Hofgang teil. Aber sonst sei es gesundheitlich sehr schwierig im Gefängnis. Er habe auch zugenommen (vgl. CAR pag. 7.401.002 Rz. 33 ff.). Laut dem von der Vorinstanz eingeholten Arztbericht zum aktuellen Gesundheitszustand des Beschuldigten vom 10. Februar 2021 ergab sich kein pathologischer Befund; der Arzt bezeichnet den gesundheitlichen Zustand als gut. Soweit der Beschuldigte die notwendige Medikation erhalte, sei sein psychischer Zustand relativ stabil (vgl. TPF pag. 6.264.1.005 ff.). Der Eingriff in die persönliche Freiheit und in die Lebensverhältnisse treffen den Beschuldigten nicht mehr als andere Straftäter. Er musste sich auch bewusst sein, dass er allenfalls eine Freiheitsstrafe zu gewärtigen haben wird. Eine hinsichtlich der Strafzumessung relevante, besondere Strafempfindlichkeit liegt nicht vor.

4.8         Konkrete Gesamtstrafe

Unter Berücksichtigung der Täterkomponenten – leicht strafmindernde Wirkung der persönlichen Verhältnisse bzw. leicht straferhöhende Wirkung der Vorstrafen – ist die konkrete Gesamtstrafe auf 12 Monate Freiheitsstrafe festzusetzen.

4.9         Anrechnung der Haft und der Ersatzmassnahmen

4.9.1      Das Gericht rechnet die Untersuchungshaft, die der Täter während dieses oder eines anderen Verfahrens ausgestanden hat, auf die Strafe an ( Art. 51 StGB). Als Untersuchungshaft gilt auch die Sicherheitshaft ( Art. 110 Abs. 7 StGB).

4.9.2      Die Vorinstanz rechnete die ausgestandene Untersuchungs- und Sicherheitshaft von 254 Tagen und die Ersatzmassnahmen von 135 Tagen gesamthaft im Umfang von 348 Tagen auf die Strafe an (die Untersuchungs- und Sicherheitshaft von 254 Tagen sowie die stationäre Ersatzmassnahme von 52 Tagen wurden je vollumfänglich angerechnet; die weiteren Ersatzmassnahmen von insgesamt 83 Tagen [ambulante psychiatrische Behandlung; regelmässige Abstinenzkontrolle; Verbot, die Schweiz zu verlassen; Verbot, sich der Gemeinde Z. näher als 10 km zu nähern] wurden im Umfang von aufgerundet 42 Tagen angerechnet; vgl. Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 8.8 - 8.8.2). Seitens der Parteien ist diese Berechnung bzw. Anrechnung unbestritten; Berechnungsfehler sind keine ersichtlich. Auf diese Ausführungen kann somit verwiesen werden ( Art. 82 Abs. 4 StPO). Seit dem erstinstanzlichen Urteil vom 5. März 2021 bis zum vorliegenden Urteil der Berufungskammer vom 7. September 2021 sind weitere 186 Tage Sicherheitshaft hinzugekommen. Damit werden die ausgestandene Untersuchungs- und Sicherheitshaft von 440 Tagen und die Ersatzmassnahmen von 135 Tagen gesamthaft im Umfang von 534 Tagen auf die Strafe angerechnet. Dies übersteigt die verhängte Freiheitsstrafe von 12 Monaten (oben E. II. 4.8 / unten E. II. 4.10.2); der Beschuldigte weist diesbezüglich zutreffend darauf hin, dass eine Freiheitsstrafe bereits erstanden wäre (CAR pag. 7.300.038 Rz. 49). Soweit vorliegend über den Beschuldigten eine Massnahme i.S.v. Art. 60 StGB verhängt wird – was unten (E. II. 5) zu prüfen ist –, liegt grundsätzlich keine Überhaft vor, da der mit der Mass­­nahme verbundene Freiheitsentzug auf die Strafe anzurechnen ist ( Art. 57 Abs. 3 StGB; vgl. unten E. II. 5.8 und 10.4.2).

4.10       Vollzug

4.10.1    Gemäss ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung schliesst die  Verur­teilung zu einer stationären therapeutischen Massnahme die Gewährung des bedingten Strafvollzugs per se aus (vgl. z.B. BGE 135 IV 180 E. 2 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen). Über den Beschuldigten ist vorliegend eine Massnahme gemäss Art. 60 StGB zu verhän­gen (vgl. unten E. II. 5 - 5.8). Bereits aus diesem Grund kann ihm der bedingte Strafvollzug somit nicht gewährt werden.

4.10.2    Damit ist der Beschuldigte mit einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten zu bestrafen.

5.           Massnahme

5.1         Anträge

5.1.1      Der Beschuldigte beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils betreffend Dispositivziffer 4 (Massnahme) (vgl. oben SV lit. B.2 und B.7).

5.1.2      Die BA beantragt die Anordnung einer Massnahme für den Beschuldigten i.S.v. Art. 60 StGB, wobei der Vollzug der Freiheitsstrafe zugunsten der Massnahme aufzuschieben sei (vgl. oben SV lit. B.7).

5.1.3      Auf die Ausführungen der Parteien betreffend Massnahme ist, soweit erforderlich, nachfolgend (E. II. 5.3 ff.) einzugehen.

5.2         Rechtliches

5.2.1      Das Strafgesetzbuch sieht als Massnahmen die therapeutischen Massnahmen ( Art. 56 - 63b StGB) und die Verwahrung ( Art. 64 - 64c StGB) vor. Zum Verhältnis der Massnahmen zu den Strafen bestimmt das Gesetz in Art. 57 StGB: Sind die Voraussetzungen sowohl für eine Strafe wie für eine Massnahme erfüllt, so ordnet das Gericht beide Sanktionen an (Abs. 1). Der Vollzug einer Massnahme nach den Artikeln 59 - 61 geht einer zugleich ausgesprochenen sowie einer durch Widerruf oder Rückversetzung vollziehbaren Freiheitsstrafe voraus. Ebenso geht die Rückversetzung in eine Massnahme nach Artikel 62a einer zugleich ausgesprochenen Gesamtstrafe voraus (Abs. 2). Der mit der Massnahme verbundene Freiheitsentzug ist auf die Strafe anzurechnen (Abs. 3). Für das Zusammentreffen von Massnahmen bestimmt Art. 56a StGB: Sind mehrere Massnahmen in gleicher Weise geeignet, ist aber nur eine notwendig, so ordnet das Gericht diejenige an, die den Täter am wenigsten beschwert (Abs.1). Sind mehrere Massnahmen notwendig, so kann das Gericht diese zusammen anordnen (Abs. 2).

5.2.2      Gemäss Art. 56 Abs. 1 StGB ist eine Massnahme anzuordnen, wenn eine Strafe allein nicht geeignet ist, der Gefahr weiterer Straftaten des Täters zu begegnen (lit. a), ein Behandlungsbedürfnis des Täters besteht oder die öffentliche Sicherheit dies erfordert (lit. b), und die Voraussetzungen von Art. 59 - 61, 63 oder 64 erfüllt sind (lit. c). Die Anordnung einer Massnahme setzt voraus, dass der mit ihr verbundene Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Täters im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit und Schwere weiterer Straftaten nicht unverhältnismässig ist ( Art. 56 Abs. 2 StGB; vgl. Art. 36 BV). Das Gericht stützt sich beim Entscheid über die Anordnung einer Massnahme nach Art. 59 - 61, 63 und 64 StGB auf eine sachverständige Begutachtung ( Art. 56 Abs. 3 StGB); diese äussert sich über die Notwendigkeit und die Erfolgsaussichten einer Behandlung des Täters (lit. a), die Art und die Wahrscheinlichkeit weiterer möglicher Straftaten (lit. b) und die Möglichkeiten des Vollzugs der Massnahme (lit. c). Das Gericht ordnet eine Massnahme in der Regel nur an, wenn eine geeignete Einrichtung zur Verfügung steht (Art. 56 Abs. 5 StGB). Die therapeutischen Einrichtungen im Sinne von Art. 59 - 61 StGB sind vom Strafvollzug getrennt zu führen ( Art. 58 Abs. 2 StGB).

5.2.3      Das Gesetz sieht stationäre therapeutische Massnahmen zur Behandlung von psychischen Störungen ( Art. 59 StGB) sowie zur Suchtbehandlung ( Art. 60 StGB) vor. Im Vordergrund steht vorliegend eine Massnahme nach Art. 60 StGB, wonach gilt: Ist der Täter von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn: a. der Täter ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, das mit seiner Abhängigkeit in Zusammenhang steht; und b. zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit der Abhängigkeit in Zusammenhang stehender Taten begegnen (Abs. 1). Das Gericht trägt dem Behandlungsgesuch und der Behandlungsbereitschaft des Täters Rechnung (Abs. 2). Die Behandlung erfolgt in einer spezialisierten Einrichtung oder, wenn nötig, in einer psychiatrischen Klinik. Sie ist den besonderen Bedürfnissen des Täters und seiner Entwicklung anzupassen (Abs. 3). Der mit der stationären Behandlung verbundene Freiheitsentzug beträgt in der Regel höchstens drei Jahre. Sind die Voraussetzungen für die bedingte Entlassung nach drei Jahren noch nicht gegeben und ist zu erwarten, durch die Fortführung der Massnahme lasse sich der Gefahr weiterer mit der Abhängigkeit des Täters in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Verlängerung der Massnahme einmal um ein weiteres Jahr anordnen. Der mit der Massnahme verbundene Freiheitsentzug darf im Falle der Verlängerung und der Rückversetzung nach der bedingten Entlassung die Höchstdauer von insgesamt sechs Jahren nicht überschreiten (Abs. 4).

5.2.4      Die Anordnung einer Massnahme zur Suchtbehandlung setzt nach Art. 60 Abs. 1 StGB voraus, dass der Täter von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig ist. Art. 60 StGB erfasst verschiedene Typen Abhängiger. Eine solche Massnahme kann einmal denjenigen auferlegt werden, die Suchtstoffen ausgeliefert sind. Darunter falls in erster Linie die Alkohol- und Betäubungsmittelabhängigen, die an sich grundverschieden sind. Ergänzt werden kann der Kreis der Abhängigen u.a. durch die Arzneimittelabhängigen (vgl. Heer / Habermeyer, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 60 StGB N. 10). Eine Alkoholabhängigkeit ist nach der Rechtsprechung gegeben, wenn der Betroffene regelmässig zu viel Alkohol konsumiert und diese Neigung zum übermässigen Alkoholgenuss durch den eigenen Willen nicht zu überwinden vermag (Urteil des BGer 6B_760/2015 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 8. Oktober 2015 E. 1.6; BGE 126 II 185 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2a; 126 II 361 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 3a zum altrechtlichen Begriff der Trunksucht im Sinne von Art. 14 Abs. 2 lit. c aSVG; Heer / Habermeyer, a.a.O., Art. 60 StGB N. 26; Schwarzenegger / Hug / Jositsch, Strafrecht II, Strafen und Mass­nahmen, 8. Aufl. 2007, S. 170). Oft konsumieren Abhängige verschiedene Substanzen gleichzeitig oder nacheinander. Heute wird in der Praxis häufig eine Austauschbarkeit dieser Mittel (einschliesslich Alkohol) beobachtet. Diese Polytoxikomanie ist einerseits auf die wechselnde Verfügbarkeit der Mittel zurückzuführen. Anderseits werden Mittel gegen Nebenwirkungen oder Entzugserscheinungen eines anderen Mittels eingesetzt (vgl. Heer / Habermeyer, a.a.O. Art. 60 StGB N. 28).

5.2.5      Eine Straftat muss in ursächlichem Zusammenhang mit der Abhängigkeit sein. Diese Abhängigkeit muss zum Tat- und Urteilszeitpunkt bestehen. Die Straftat muss allerdings nicht in akutem Rauschzustand oder unter direktem Einfluss von Drogen oder Medikamentenbegangen worden sein. In der Praxis werden nicht allzu strenge Anforderungen an das erwähnte Erfordernis gestellt. Ein indirekter symptomatischer Zusammenhang genügt bereits (vgl. Heer / Habermeyer, a.a.O. Art. 60 StGB N. 35).

5.2.6      Nicht ausser Acht gelassen werden darf die Erfolgsaussicht einer Behandlung ( Art. 60 Abs. 1 lit. b StGB). Es sollten aber ebenso wie bei Massnahmen nach Art. 59 StGB auch bei Art. 60 StGB nicht allzu hohe Anforderungen an dieses Erfordernis gestellt werden. Ernsthafte Aussichten auf eine wesentliche Verminderung der Rückfallgefahr genügen. Der Süchtige sollte zumindest über eine gewisse Zeitspanne von seiner Sucht befreit oder mit ihr umgehen können (vgl. Heer / Habermeyer, a.a.O. Art. 60 StGB N. 38 ff., mit Hinweisen).

5.2.7      Der Gesetzgeber trägt dem Gericht auf, dem Behandlungsgesuch und der Behandlungsbereitschaft der betroffenen Person Rechnung zu tragen (Art. 60 Abs. 2 StGB). Es wäre aber verfehlt, einem anfänglichen Fehlen der Motivation vorschnell nachzugeben. Häufig ist diese Haltung der betroffenen Person gerade krankheitsbedingt. Die Herstellung der Therapiebereitschaft gehört denn auch oft zum ersten Schritt einer Behandlung. Nach heutigen psychiatrischen Erkenntnissen darf nicht voreilig geschlossen werden, eine Massnahme mache keinen Sinn. Gemäss der forensisch-psychiatrischen Literatur ist Freiwilligkeit keine Voraussetzung einer Therapie; zwangsweise angetretene Behandlungen haben nahezu die gleichen Erfolgschancen wie freiwillig angetretene Behandlungen (vgl. Heer / Habermeyer, a.a.O. Art. 60 StGB N. 44 f., mit Hinweisen).

5.3         Psychiatrisches Gutachten

5.3.1      Die BA beauftragte am 9. April 2020 PD Dr. med. AA. damit, ein psychiatrisches Gutachten über den Beschuldigten zu erstellen, welches sich u.a. zu den Fragen einer Massnahme nach Art. 59 - 61 und 63 StGB zu äussern hatte (BA pag. 11-01-0002 ff.). Dr. AA. erstattete dem Gericht das Gutachten am 27. Juni 2020 (BA pag. 11-01-0021 ff.).

5.3.2      Der Gutachter hält fest, dass der Beschuldigte in der Vergangenheit sehr oft hospitalisiert worden sei. Dabei sei er durch psychiatrisch ausgebildete Ärzte untersucht und diagnostisch beurteilt worden. Im Zeitraum von 2008 bis 2014, in welchem zahlreiche Hospitalisationen erfolgt seien, sei Hauptgrund der Behandlung eine Suchtkrankheit, in der Erscheinungsform eines schädlichen Gebrauchs oder einer Abhängigkeit (konsumierte Suchtmittel: Haschisch, Heroin, Benzodiazepin, Kokain und Alkohol) gewesen, wobei die Opiatabhängigkeit auch als methadonsubstituierte Variante genannt worden sei. In Kontakt mit Drogen (Haschisch) sei der Beschuldigte bereits mit zwölf Jahren gekommen. Es sei ihm zwar gelungen, dank Behandlung während mehrerer Jahre abstinent zu leben. Zu einem Absturz ins alte Fahrwasser der Sucht sei es im Zusammenhang mit der Trennung von seiner Ehefrau im Jahre 2005 und den für ihn als Folge davon als bedrückend und deprimierend empfundenen Lebensverhältnissen gekommen. Die Behandlungen, die immer als Suchtbehandlungen erfolgt seien, liessen auf eine chronische Suchtkrankheit schliessen (vgl. BA pag. 11-01-0093 f.).

5.3.3      Aufgrund psychopathologischer Merkmale und Auffälligkeiten attestiert der Gutachter dem Beschuldigten eine schizotype Störung gemäss ICD F21, welche früher auch als Borderline-Schizophrenie oder Grenzschizophrenie bezeichnet worden sei (BA pag. 11-01-0096). Betreffend Krankheitsprognose (sowie Legalprognose) wird festgehalten, dass sowohl die Polytoxikomanie (Abhängigkeit von verschiedenen Suchtstoffen) als auch die schizotype Persönlichkeitsstörung grundsätzlich Krankheiten bzw. Störungen mit einer ungünstigen Prognose seien. Die Sucht neige, wie der Beschuldigte selber veranschauliche, zu Rückfällen. Die schizotype Persönlichkeitsstörung sei ohnehin von konstanter Natur. In Bezug auf die Sucht sei grundsätzlich damit zu rechnen, dass die Wirkung der Suchtmittel enthemmend sein und auch Delikte aus unkontrollierten Impulsen heraus begünstigen könne. Aus diesem Grund sei damit zu rechnen, dass der Beschuldigte immer wieder Taten von jener Art begehen könnte, für die er bisher schon verurteilt worden sei (Sachbeschädigungen, Drohungen etc.). Die Legalprognose sei von daher auch ungünstig. Ausserdem sei bei ihm eine Gewaltneigung oder Affinität für Gewaltsymbole und Gewaltmittel festzustellen (vgl. BA pag. 11-01-0098). Die Kombination von Affinität zu Waffen und explosiven Stoffen, die bekannten, erwähnten Manifestationen von Gewalt in Form von Drohungen und der Zustand von Verzweiflung und feindseligen Gefühlen gegenüber seiner Ex-Ehefrau und Behörden gebe Anlass, an die Möglichkeit von Gewaltdelikten zu denken. Der Gutachter weist in diesem Zusammenhang insbesondere auf die unberechenbaren Auswirkungen eines Drogenkonsums hin. Eine Gefahr für gewaltbezogene Delikte sieht der Gutachter erst gebannt, wenn die Konfliktspannung in der Beziehung zur Ex-Ehefrau und das Problem des Besuchsrechts (zu seinen Kindern) zu seiner Befriedigung gelöst werden könnten (vgl. BA pag. 11-01-0099). In Bezug auf das Besuchsrecht ist darauf hinzuweisen, dass die Kinder des Beschuldigten (geb. August 2001 / März 2003) bereits volljährig sind und es daher ein eigentliches Besuchsrecht nicht mehr zu regeln gibt. Allerdings geht es dem Beschuldigten generell um den Kontakt zu seinen Kindern.

5.3.4      Zur Frage der Therapiemassnahme hält der Gutachter fest, dass auf eine Abstinenztherapie hinzuarbeiten sei. Die im vorliegenden Strafverfahren als Ersatzmassnahme angeordnete ambulante psychiatrische Behandlung mit Abstinenzkontrolle sei gescheitert, da der Beschuldigte Abstinenzauflagen nicht eingehalten und Behandlungstermine verpasst habe und positiv auf Alkohol getestet worden sei. Angebracht sei daher eine stationäre Behandlung gemäss Art. 59 StGB, falls die Schizotypie als Hauptkrankheit betrachtet werde, oder Art. 60 StGB, falls die Suchtkrankheit das grössere Problem sei. Eine Behandlung nach Art. 60 StGB sei vorliegend zweckmässiger, weil in einer Behandlungseinrichtung, die nicht auf Suchttherapie spezialisiert sei, diese zu kurz komme, d.h. nicht mit der notwendigen Intensität erfolge. Hingegen könne durch eine begleitende Gesprächstherapie die Schizotypie auch in einer Suchtstation behandelt werden. Zweck der Behandlung müsste sein, längerfristig auf eine Abstinenz hinzuarbeiten, nach anfänglicher körperlicher Entwöhnung durch eine psychische Entwöhnungstherapie (vgl. BA pag. 11-01-0099 f.).

5.3.5      Betreffend die an ihn gestellten Fragen kommt der Gutachter (soweit vorliegend relevant) zu folgenden Schlüssen (vgl. BA pag. 11-01-0100 bis 0102): Der Beschuldigte habe zur Zeit der Taten, d.h. am 11. Februar 2020, an einer psychischen Störung und gleichzeitig an einer Abhängigkeit von Suchtstoffen gelitten. Dabei handle es sich um eine Schizotypie und um eine Polytoxikomanie (Abhängigkeit von Methadon, Kokain, Alkohol; Antwort zu Fragen 1.1 und 1.2). Es bestehe die Gefahr, dass der Beschuldigte erneut Straftaten begehen werde. Es wären gleiche Straftaten zu erwarten, für die der Beschuldigte bereits verurteilt worden sei, und falls der aktuelle Vorwurf zutreffe, auch eine solche Tat (Antwort zu Fragen 3.1. und 3.2). Es bestehe die Gefahr, dass der Beschuldigte durch schwere Verbrechen oder Vergehen die Sicherheit anderer erheblich gefährden könnte, wenn seine Vorliebe für explosives Material sich unter der Wirkung seiner psychischen Störung in ein Tathandeln umwandeln würde (Antwort zu Frage 3.3). Falls der Beschuldigte unter einem stärkeren Einfluss seiner schizotypen Störung stehe und unter zusätzlichem Einfluss von Drogen, bestehe die Gefahr, dass er sich zu einem schweren Verbrechen hinreissen lassen könnte (Tötung, schwere Körperverletzung), wobei er in Kauf nehmen könnte, bei der Tatausführung – in Z. oder anderswo – ums Leben zu kommen (Antwort zu Frage 3.4). Die Gefahr erneuter solcher Straftaten bestehe einerseits aufgrund einer anhaltenden oder langdauernden psychischen Störung und/oder Abhängigkeit von Suchtstoffen von erheblicher Schwere, andererseits aufgrund der für ihn deprimierenden und zur Verzweiflung bringenden familiären Situation (Antwort zu Frage 3.5). Die für die Tatzeit festgestellte psychische Störung und Abhängigkeit von Suchtstoffen bestehe weiterhin; die vorgeworfenen Taten stünden damit in Zusammenhang (Antwort zu Frage 4.1). Hierfür gebe es eine Behandlung, mit welcher sich der Gefahr neuerlicher Straftaten begegnen lasse. Es sollte sich dabei um eine stationäre Entzugs- und Entwöhnungsbehandlung mit begleitender psychotherapeutischer Aufarbeitung der Schizotypie handeln (Antwort zu Frage 4.2). Eine stationäre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 60 StGB sei einer ambulanten Behandlung vorzuziehen; nur eine stationäre Behandlung sei geeignet, der Gefahr weiterer Straftaten zu begegnen. Es brauche nicht mehrere Massnahmen im Sinne von Art. 57a (recte: Art. 56a) StGB. Es bestünden in der Schweiz mehrere Suchtkliniken zur Durchführung einer solchen Massnahme; in Frage käme zum Beispiel die « Klinik II. » im Kanton M. (Antwort zu Frage 4.4).

5.4         Würdigung

5.4.1      Die nach Art. 60 Abs. 1 lit. a StGB geforderte Anlasstat ist gegeben, da der Beschuldigte wegen eines Verbrechens und eines Vergehens verurteilt wird (vgl. Art. 10 StGB): strafbare Vorbereitungshandlungen (Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB) sowie Widerhandlung gegen das Waffengesetz (Art. 33 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. c WG).

5.4.2      Im Gutachten wird in nachvollziehbarer, schlüssiger Weise festgehalten, dass der Beschuldigte zur Zeit der Taten, d.h. am 11. Februar 2020, an einer psychischen Störung (Schizotypie) und gleichzeitig – was Voraussetzung für eine Suchtbehandlung nach Art. 60 StGB ist – an einer mehrfachen Abhängigkeit von Suchtstoffen gelitten hat. Anlässlich der Berufungsverhandlung sagte der Beschuldigte aus, dass er am Abend des 10. Februar 2020, als er die USBV hergestellt habe, einfach das Normale konsumiert habe, d.h. Ritalin, seine MSD (recte: MST), und noch ein bisschen getrunken habe. Er habe einfach langsam durch den ganzen Tag ein bisschen getrunken und vielleicht 0,8 (Promille) gehabt (vgl. CAR pag. 7.401.025 Rz. 12 - 30). Zudem ist beim Beschuldigten eine langjährige Trunk- und Rauschgiftproblematik festzustellen (vgl. oben E. II. 5.3.2 - 5). Entgegen der Auffassung des Beschuldigten (vgl. CAR pag. 7.300.038 ff. Rz. 51) hat er die ihm vorgeworfenen Delikte somit sehr wohl im Zusammenhang mit seiner Abhängigkeit bzw. Suchtproblematik begangen, und nicht davon losgelöst. Dies gilt umso mehr, als er während des Herstellens der USBV unter kombiniertem Einfluss von Alkohol, MST und Ritalin stand. (Bei MST handelt es sich um morphinhaltigen Tabletten, die u.a. stark schmerzstillende Eigenschaften aufweisen; vgl. dazu CAR pag. 7.401.003 Rz. 14 ff., wo der Beschuldigte aussagte, dass er auf Opioide [MSD; recte: MST] umgestiegen sei; sowie BA pag. 11-01-0038, 0049, 0058, 0067 ff.). Dies stimmt mit der im Gutachten festgestellten Polytoxikomanie überein (vgl. oben E. II. 5.3.2 und 4). Entsprechend sind auch die Rügen des Beschuldigten, dass die Vor­instanz insofern den Sachverhalt falsch festgestellt, Art. 60 StGB falsch angewandt und die Begründungspflicht bzw. das rechtliche Gehör des Beschuldigten verletzt habe (vgl. CAR pag. 7.300.039 f. Rz. 51), unzutreffend.

5.4.3      Das Gutachten ist – wiederum entgegen der Ansicht des Beschuldigten (vgl. CAR pag. 7.300.038 ff.) – klar, vollständig und schlüssig; seine Schlussfolgerungen sind überzeugend und nachvollziehbar. Insbesondere trifft es nicht zu, dass der Gutachter sich widerspreche, indem er auf S. 77 (BA pag. 11-01-0097 oben) festhalte, dass es keine Hinweise dafür gebe, dass der Beschuldigte an jenem 11. Februar speziell unter Drogeneinfluss gestanden wäre, also in einem berauschten oder rauschähnlichen Zustand (vgl. CAR pag. 7.300.039 Rz. 51). Wie erwähnt (oben E. II. 5.2.5; Heer / Habermeyer, a.a.O. Art. 60 StGB N. 35), muss d ie Straftat nicht in akutem Rauschzustand oder unter direktem Einfluss von Drogen oder Medikamenten begangen worden sein. Die oben (E. II. 5.4.2) wiedergegebenen, anlässlich der Berufungsverhandlung (d.h. nach Erstellung des psychiatrischen Gutachtens) erfolgten Aussagen des Beschuldigten (CAR pag. 7.401.025 Rz. 12 - 30) deuten indes ergänzend darauf hin, dass er jedenfalls bei der Herstellung der USBV am Vorabend des 11. Februar 2020 durchaus unter direktem, sogar kombiniertem Einfluss von Alkohol, MST und Ritalin stand. Auf das Gutachten kann demgemäss abgestellt werden.

5.4.4      Ausserdem besteht die Gefahr, dass der Beschuldigte, falls er unter einem stärkeren Einfluss seiner schizotypen Störung und unter zusätzlicher Einwirkung von Drogen steht, sich zu einem schwereren Verbrechen hinreissen lassen könnte. Bezogen auf den hier beurteilten Fall könnte dies somit bedeuten, dass der Beschuldigte nicht nur strafbare Vorbereitungshandlungen für eine Entführung oder eine Freiheitsberaubung treffen könnte, sondern im vom Psychiater beschriebenen Zustand effektiv zur Ausführung einer Entführung oder Freiheitsberaubung oder einer noch schwerwiegenderen Tat schreiten könnte (vgl. oben E. 5.3.5). Dass der Beschuldigte die Gefahr erneuter Straftaten und insbesondere schwererer Verbrechen verneint (vgl. TPF pag. 6.731.029 f.), ändert an dieser Einschätzung gesamthaft betrachtet nichts – im Gegenteil.

5.4.5      Demgemäss ist im Falle des Beschuldigten ein Präventionsbedarf festzustellen (Art. 60 Abs. 1 lit. b StGB; vgl. Art. 36 Abs. 2 BV). Der Beschuldigte sollte nach Möglichkeit von seiner Sucht geheilt, bzw. zumindest über eine gewisse Zeitspanne von ihr befreit werden oder mit ihr umgehen können (vgl. oben E. II. 5.2.6). Die Behandlungsbedürftigkeit und damit die Erforderlichkeit der Massnahme ist – entgegen der Auffassung des Beschuldigten (vgl. CAR pag. 7.300.040 f. Rz. 52; 7.401.019 Rz. 10 ff.) – klar ausgewiesen.

5.4.6      Ebenso erweist sich eine Massnahme nach Art. 60 StGB – wiederum entgegen der Auffassung des Beschuldigten (vgl. CAR pag. 7.300.040 f. Rz. 52; 7.401.019 Rz. 10 ff.) – als geeignet, die Gefahr weiterer Staftaten zu reduzieren: Gemäss den Ausführungen des Gutachters sei die Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme einer ambulanten Behandlung vorzuziehen, denn nur eine stationäre Behandlung sei geeignet, der Gefahr weiterer Straftaten zu begegnen; eine ambulante Behandlung genüge hierfür nicht. D ie Suchtbehandlung nach Art. 60 StGB sei einer allfälligen Behandlung nach Art. 59 StGB vorzuziehen. Der Gutachter hält dazu fest, dass die Schizotypie im Rahmen einer Suchtbehandlung effizient, durch Gesprächstherapie, mitbehandelt werden könne. Im Übrigen folgert der Gutachter nicht, dass eine schwere psychische Störung im Sinne von Art. 59 StGB vorliege (vgl. Art. 60 Abs. 1 lit. b StGB und Art. 36 Abs. 2 f. BV; BA pag. 11-01-0096, 0100 ff.; oben E. II. 5.2.6 und 5.3.4 f.).

5.4.7     

5.4.7.1   Betreffend Behandlungsbereitschaft des Beschuldigten ist anzumerken, dass er anlässlich der Berufungsverhandlung Folgendes aussagte: Eine stationäre Entzugs- / Entwöhnungstherapie mit begleitender Psychotherapie (zur Aufarbeitung der Schizotypie) fände er schlecht und absolut kontraproduktiv. Er habe schon Entzüge gemacht, die aber immer freiwillig gewesen seien. Er sei schon frei geworden von Drogen. Jetzt sei er auch freiwillig vom Rauchen weggekommen. Das wolle er auch vom Alkohol und vom Methadon. Druck funktioniere bei ihm einfach nicht. Das wäre wie der Tod für ihn. Erwartungen oder Ziele habe er (bezüglich einer Massnahme) keine. Vielleicht bringe er sich um. Er wisse nicht, ob er lebend rauskäme (vgl. CAR pag. 7.401.019 Rz. 10 - 7.401-020 Rz. 25).

5.4.7.2   Entgegen diesen Ausführungen des Beschuldigten ist festzuhalten, dass er gestützt auf das Gutachten aufgrund seiner Suchtmittelabhängigkeit dringend auf professionelle Hilfe angewiesen ist. Eine Behandlung wäre klar zu seinem Vorteil. Beim Beschuldigten liegt (in Verbindung mit seinen kriminellen Tendenzen) ein komplexes Krankheitsbild vor; zu diesem gehört auch, dass er gar nicht merkt, dass er Hilfe braucht. Er ist gesamthaft betrachtet nicht in der Lage, aus eigener Kraft von den ihn abhängig machenden Suchtstoffen wegzukommen oder mindestens mit ihnen umgehen zu können. Wie sich gezeigt hat, ist der Beschuldigte, wenn er unter dem Einfluss von Suchtstoffen steht, in seinen kriminellen Tendenzen nicht zu stoppen. Im Haus R. ist er insofern nicht unter genügender Kontrolle und erhält nicht in ausreichendem Masse Hilfe.

Was die Problematik des fehlenden Kontakts des Beschuldigten zu seinen Kindern betrifft, kann diese im Rahmen des vorliegenden Strafverfahrens nicht gelöst werden. Auch der Beschuldigte räumt ein, dass betreffend Bewältigung bzw. Besserung dieser Problematik (fehlender Kontakt zu seinen Kindern) keine gesetzliche Grundlage bestehe (vgl. CAR pag. 7.300.040 f. Rz. 52). Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Thematik im Rahmen der Gesprächstherapie bzw. eines umfassenden Therapieangebots angesprochen werden kann (vgl. dazu auch unten E. II. 5.4.8).

5.4.8      Die Einweisung des Beschuldigten in eine für ihn geeignete Anstalt oder Klinik ist zwar Sache des Vollzugs, jedoch hat das Gericht gemäss Art. 60 Abs. 2 StGB auch insofern der Behandlungsbereitschaft des Beschuldigten gebührend Rechnung zu tragen (vgl. dazu auch oben E. II. 5.4.7). Die Behandlung ist folglich den besonderen Bedürfnissen des Täters und seiner Entwicklung anzupassen. Der Beschuldigte hat anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung klar zu verstehen gegeben, dass ihm eine stationäre Behandlung wie in den Universitären Psychiatrischen Kliniken U. nicht zusage (vgl. TPF pag. 6.731.031 Rz. 18 ff.; 6.731.032 Rz. 5 ff.). In der Schweiz existieren jedoch mehrere geeignete Suchtkliniken. Der Gutachter empfiehlt etwa die «Klinik II.» im Kanton M. Zum stationären Aufenthalt wird auf deren Homepage angegeben, dass in einem beschützenden und unterstützenden Rahmen eine grundlegende Veränderung des Suchtmittelkonsums möglich sei, wobei sich Behandlungsziele, -inhalte und -dauer nach den individuellen Bedürfnissen des Patienten richteten. Das Behandlungskonzept stütze sich dabei auf wirksame und umfassende Therapieangebote aus den Bereichen Psychotherapie, Pflege, Körper- und Bewegungstherapie, Kunsttherapie, Sozialdienst und Ergotherapie. Ein solches «Setting» in dieser oder einer vergleichbaren spezialisierten Klinik erachtet das Gericht für die gesundheitlichen Bedürfnisse des Beschuldigten als durchaus angemessen. Eine geeignete Einrichtung im Sinne von Art. 56 Abs. 5 StGB ist somit vorhanden.

5.5         Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine stationäre Massnahme im Sinne von Art. 60 StGB gegeben sind. Andere Massnahmen sind nicht oder nicht in gleichem Masse zur Behandlung des Beschuldigten geeignet. Ebenso wenig sind mehrere Massnahmen gleichzeitig notwendig. Somit ist eine Massnahme im Sinne von Art. 60 StGB anzuordnen.

5.6         Da sowohl die Voraussetzungen für eine Strafe als auch für eine Massnahme gegeben sind, sind beide Sanktionsarten anzuordnen ( Art. 57 Abs. 1 StGB).

5.7         Der Vollzug der Strafe ist von Gesetzes wegen zugunsten der Massnahme nach Art. 60 StGB aufzuschieben ( Art. 57 Abs. 2 StGB).

5.8         Der mit der Massnahme verbundene Freiheitsentzug ist auf die Strafe anzurechnen ( Art. 57 Abs. 3 StGB; vgl. oben E. II. 4.9.2 und unten E. II. 10.4.2). Da die Dauer der Massnahme erst nach deren Beendigung feststeht, ist deren Anrechnung auf die Strafe eine Frage des Vollzugs.

6.           Vollzugskanton

Der Kanton S. ist als Vollzugskanton zu bestimmen ( Art. 74 Abs. 1 StBOG i.V.m. Art. 31 Abs. 1 StPO).

7.           Einziehung / beschlagnahmte Gegenstände

7.1         Anträge / Ausführungen der Parteien

7.1.1      Der Beschuldigte beantragt, das vorinstanzliche Urteil sei betreffend Dispositiv-ziffer 6 (beschlagnahmte Gegenstände) aufzuheben (vgl. oben SV lit. B.2 und B.7). Insbesondere aufgrund der Straflosigkeit des Beschuldigten hätten die Gegenstände gemäss Dispositivziffer 6.1 keinen Bezug zu einer Straftat, weshalb sie dem Beschuldigten herauszugeben seien (vgl. CAR pag. 7.300.041 Rz. 56).

7.1.2      Die BA hat die bei Anklageerhebung noch beschlagnahmten Gegenstände und Vermögenswerte in der Anklage bezeichnet (AKS Ziffer 4; TPF pag. 6.100.012). Sie beantragt die Einziehung und Vernichtung der Gegenstände, soweit sie nicht als Beweismittel in den Akten zu belassen oder dem Beschuldigten zurückzugeben sind (vgl. oben SV lit. B.7).

7.2         Rechtliches

              Ist die Beschlagnahme eines Gegenstandes oder Vermögenswertes nicht vorher aufgehoben worden, so ist über seine Rückgabe an die berechtigte Person, seine Verwendung zur Kostendeckung oder über seine Einziehung im Endentscheid zu befinden ( Art. 267 Abs. 3 StPO). Der Sicherungseinziehung unterliegen ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person Gegenstände, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden ( Art. 69 Abs. 1 StGB). Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden ( Art. 69 Abs. 2 StGB).

7.3         Der Feldstecher, die Stirnlampe, das Mobiltelefon und die SIM-Karte gemäss Auflistung in Dispositivziffer III. 6.3 können dem Beschuldigten zurückgegeben werden. Es handelt sich um Alltagsgegenstände, von denen keine Gefahr ausgeht.

Zu Handen des Urteilsvollzugs ist festzuhalten, dass die folgenden Positionen

A013526211

Mobiltelefon Wiko Sunny 2, 1

10-01-0011, 10-02-0123

A013526233

SIM-Karte m-Budget Mobile, 2

dem Beschuldigten bereits zurückgegeben worden sind (BA pag. 08-00-0008). Die Auflistung dieser Gegenstände in der Anklageschrift betrifft bloss die forensische Sicherstellung. Eine diesbezügliche Präzisierung des Dispositivs erübrigt sich.

7.4         Die Dokumente gemäss Auflistung in Dispositivziffer III. 6.2 sind als Beweismittel bei den Akten zu belassen ( Art. 192 StPO). Hingegen spricht nichts dagegen, dem Beschuldigten auf Verlangen Fotokopien dieser Dokumente herauszugeben.

7.5         Die restlichen Gegenstände gemäss Auflistung in Dispositivziffer 6.1 haben einen Bezug zur begangenen Straftat und können, falls sie in den Händen des Beschuldigten belassen werden, eine Gefahr für die Sicherheit von Menschen darstellen. Sie sind daher einzuziehen und zu vernichten ( Art. 69 Abs. 1 und 2 StGB).

8.           Verfahrenskosten

8.1         Anträge

8.1.1.     Der Beschuldigte beantragt die Aufhebung der Dispositivziffer 8 des vorinstanzlichen Urteils bzw. die vollumfängliche Vergütung der erstinstanzlichen Verfahrenskosten durch die Staatskasse, eventualiter eine angemessene Reduktion der dem Berufungskläger auferlegten Verfahrenskosten (vgl. oben SV lit. B.2 Ziffer 3 und lit. B.7). Zudem stellt er den Antrag «unter KostenfoIge zu Lasten der Staatskasse» (vgl. oben SV lit. B.2 Ziffer 6 und lit. B.7 Ziffer 6).

8.1.2      Die BA beantragt, von den vorinstanzlichen Verfahrenskosten in der Höhe von Fr. 64'475.60 seien dem Beschuldigten Fr. 25'000.00 aufzuerlegen. Die oberinstanzlichen Verfahrenskosten seien dem Beschuldigten vollumfängIich aufzuerlegen (vgl. oben SV lit. B.7).

8.2         Gesetzliche Grundlagen

8.2.1      Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird (Art. 426 Abs. 1 Satz 1 StPO). Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 Satz 1 StPO). Fällt die Rechtsmittelinstanz selber einen neuen Entscheid, so befindet sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung ( Art. 428 Abs. 3 StPO).

8.2.2      Das Bundesstrafgericht regelt durch Reglement (a) die Berechnung der Verfahrenskosten, (b) die Gebühren, (c) die Entschädigungen an Parteien, die amtliche Verteidigung, den unentgeltlichen Rechtsbeistand, Sachverständige sowie Zeuginnen und Zeugen ( Art. 73 Abs. 1 StBOG). Die Gebühr richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien sowie nach dem Kanzleiaufwand ( Art. 73 Abs. 2 StBOG; vgl. Art. 5 Reglement des Bundesstrafgerichts über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR, SR. 173.713.162]). Es gilt ein Gebührenrahmen von Fr. 200.00 bis Fr. 100'000.00 für jedes der folgenden Verfahren: (a) Vorverfahren, (b) erstinstanzliches Verfahren, (c) Rechtsmittelverfahren ( Art. 73 Abs. 3 StBOG; vgl. Art. 6 - 7bis BStKR).

8.2.3      Die Verfahrenskosten umfassen die Gebühren und Auslagen ( Art. 1 Abs. 1 BStKR). Die Gebühren sind für die Verfahrenshandlungen geschuldet, die im Vorverfahren von der BKP und von der BA, im erstinstanzlichen Hauptverfahren von der Strafkammer, im Berufungsverfahren und im Revisionsverfahren von der Berufungskammer und in Beschwerdeverfahren gemäss Artikel 37 StBOG von der Beschwerdekammer durchgeführt oder angeordnet worden sind ( Art. 1 Abs. 2 BStKR). Die Auslagen umfassen die vom Bund vorausbezahlten Beträge, namentlich die Kosten für die amtliche Verteidigung und die unentgeltliche Verbeiständung, Übersetzungen, Gutachten, Mitwirkung anderer Behörden, Porti, Telefonspesen und andere entsprechende Kosten ( Art. 1 Abs. 3 BStKR). Die Auslagen werden entsprechend den dem Bund verrechneten oder von ihm bezahlten Beträgen festgelegt ( Art. 9 Abs. 1 BStKR).

8.3          Kosten des Untersuchungs- und des erstinstanzlichen Verfahrens

8.3.1      Die Rechtsmittelinstanz fällt vorliegend einen neuen Entscheid, weshalb sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung befindet (Art. 428 Abs. 3 StPO; vgl. oben E. II. 8.2.1). Eine konkrete Rüge des Beschuldigten zur vorinstanzlichen Kostenfestsetzung (Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 12 - 12.4) liegt nicht vor. Fehler sind insofern auch nicht erkennbar. Die für das Vorverfahren und das erstinstanzliche Verfahren festgesetzten Gebühren von Fr.12'000.-- bzw. Fr. 5'000.-- erscheinen gesamthaft betrachtet angemessen. Dazu kommen Auslagen im Vorverfahren von Fr. 43'875.60 und im Hauptverfahren von Fr. 3'600.--. Die entsprechenden Verfahrenskosten (ohne Kosten der amtlichen Verteidigung) betragen demnach insgesamt Fr. 64'475.60 (Gebühren Fr. 17'000.--, Auslagen Fr. 47'475.60).

8.3.2      Die Vorinstanz erwog, dass aufgrund des Freispruchs in zwei Anklagepunkten dem Beschuldigten die Verfahrenskosten in einem reduzierten Umfang von zwei Dritteln aufzuerlegen wären. Aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Situation seien die aufzuerlegenden Verfahrenskosten im Sinne von Art. 425 StPO auf Fr. 25'000.-- zu reduzieren (Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 12.5 Abs. 2).

8.3.3      Die vorinstanzlich verhängte Freiheitsstrafe von 16 Monaten wird im Berufungsverfahren auf 12 Monate reduziert (vgl. oben E. II. 4.8 und 4.10.2). Die Schuldpunkte bleiben gleich, und auch betreffend Anordnung einer Massnahme ändert sich im Vergleich zum vorinstanzlichen Urteil nichts (vgl. oben E. II. 2.9; 3.8; 5.5 ff.). Gesamthaft betrachtet erscheint es angemessen, die dem Beschuldigten auferlegten Kosten für das Vorverfahren und das erstinstanzliche Verfahren zusätzlich zur von der Vorinstanz ursprünglich festgelegten Reduktion von 2/3 um 1/6 bzw. um 16,67 % zu reduzieren, was eine Reduktion von insgesamt ½ bzw. 50 % ergibt. Die von der Vorinstanz effektiv gewährte Reduktion von Fr. 64'475.60 auf Fr. 25'000.-- (vgl. oben E. II. 8.3.2) geht über eine Reduktion von 50 % hinaus. Aufgrund des Antrags der BA, wonach dem Beschuldigten von den vorinstanzlichen Verfahrenskosten in der Höhe von Fr. 64'475.60 Fr. 25'000.00 aufzuerlegen seien (vgl. oben E. II. 8.1.2 bzw. SV lit. B.7), greift die Berufungskammer betreffend Kostenerlass nicht ohne Not ins Ermessen der Vorinstanz ein. Damit erfährt die vorinstanzliche Kostenausscheidung im Ergebnis keine Änderung.

8.4          Kosten des Berufungsverfahrens

8.4.1      Die Kosten des Berufungsverfahrens bestehen vorliegend aus einer Gerichts­gebühr, die im Lichte der erwähnten Grundsätze (vgl. oben E. II. 5.2.1 ff.) auf Fr. 6'000.-- (inkl. Auslagen; vgl. Art. 73 Abs. 1 Iit. a und b sowie Abs. 3 lit. c StBOG; Art. 1, 5, 7bis und 9 BStKR) festgelegt wird.

8.4.2      Gesamthaft betrachtet erscheint es angesichts des Verfahrensausgangs angemessen, dem Beschuldigten diese Kosten im Umfang von Fr. 5'000.-- (5/6 bzw. 83,33 %) aufzuerlegen (vgl. oben E. II. 8.3.3).

9.            Entschädigung der amtlichen Verteidigung

9.1         Anträge

9.1.1      Der Beschuldigte beantragt die Aufhebung von Dispositivziffer 9.2 des vor­instanzlichen Urteils insofern, als die Kosten für die amtliche Verteidigung vollumfänglich auf die Staatskasse zu nehmen, eventualiter der dem Beschuldigten auferlegte Umfang an den Kosten der amtlichen Verteidigung angemessen zu reduzieren sei (vgl. oben SV lit. B.2 Ziffer 4). Zudem stellt er den Antrag «unter Kosten- und EntschädigungsfoIgen (zzgl. 7,7 % MWST) zu Lasten der Staatskasse» (vgl. oben SV lit. B.2 Ziffer 6). Auf die Anträge der Rechtsvertreter im Rahmen der einzelnen eingereichten Honorarnoten ist unten (E. II. 9.3 f.) einzugehen.

9.1.2      Die BA beantragt wie erwähnt, dass die oberinstanzlichen Verfahrenskosten dem Beschuldigten vollumfänglich aufzuerlegen seien (vgl. oben E. II. 8.1.2). In Bezug auf die Entschädigung der amtlichen Verteidigung im Vorverfahren und erstinstanzlichen Verfahren, bzw. zur Rückzahlungspflicht des Beschuldigten, stellte die BA im Berufungsverfahren keinen spezifischen Antrag. Zur Honorarnote von Rechtsanwalt Dzaferi vom 30. August 2021 (CAR pag. 9.102.001 ff.) brachte die BA keine Anmerkungen an.

9.2          Gesetzliche Grundlagen

9.2.1      Gemäss Art. 135 StPO wird die amtliche Verteidigung nach dem Anwaltstarif des Bundes oder desjenigen Kantons entschädigt, in dem das Strafverfahren geführt wird (Abs. 1). Die Staatsanwaltschaft oder das urteilende Gericht legen die Entscheidung am Ende des Verfahrens fest (Abs. 2). Gegen den Entschädigungsentscheid kann die amtliche Verteidigung Beschwerde führen: wenn der Entscheid von der Staatsanwaltschaft oder dem erstinstanzlichen Gericht gefällt wurde: bei der Beschwerdeinstanz (lit. a); wenn der Entscheid von der Beschwerdeinstanz oder dem Berufungsgericht des Kantons gefällt wurde: beim Bundesstrafgericht (lit. b). Wird die beschuldigte Person zu den Verfahrenskosten verurteilt, so ist sie, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben, verpflichtet: dem Bund oder dem Kanton die Entschädigung zurückzubezahlen (lit. a); der Verteidigung die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar zu erstatten (lit. b). Der Anspruch des Bundes oder des Kantons verjährt in 10 Jahren nach Rechtskraft des Entscheides (Abs. 5).

9.2.2      Die Kosten für die amtliche Verteidigung und unentgeltliche Verbeiständung gehören an sich zu den Verfahrenskosten (vgl. Art. 422 Abs. 2 lit. a StPO). Da die beschuldigte Person indes, auch wenn sie verurteilt wird, die Kosten für die amtliche Verteidigung (unter dem Vorbehalt von Art. 135 Abs. 4 StPO) nicht zu tragen hat (vgl. Art. 426 Abs. 1 Satz 2 StPO), werden sie vorliegend gesondert aufgeführt.

9.2.3      Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung wird in Bundesstrafverfahren nach dem Anwaltstarif des Bundes – gemäss BStKR – festgesetzt (Art. 135 Abs. 1 StPO). Die Anwaltskosten umfassen das Honorar und die notwendigen Auslagen, namentlich für Reise, Verpflegung und Unterkunft sowie Porti und Telefonspesen ( Art. 11 Abs. 1 BStKR). Das Honorar wird nach dem notwendigen und ausgewiesenen Zeitaufwand bemessen. Der Stundenansatz beträgt mindestens Fr. 200.-- und höchstens Fr. 300.-- ( Art. 12 Abs. 1 BStKR). Bei Fällen im ordentlichen Schwierigkeitsbereich, d.h. für Verfahren ohne hohe sachliche oder rechtliche Komplexität, beträgt der Stundenansatz gemäss ständiger Praxis der Berufungskammer sowie der Strafkammer Fr. 230.-- für Arbeitszeit und Fr. 200.-- für Reise- und Wartezeit (Beschluss der Beschwerdekammer des BStGer BK.2011.21 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 24. April 2012 E. 2.1; Urteil der Strafkammer des BStGer SN.2011.16 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. Oktober 2011 E. 4.1). Der Stundenansatz für Praktikanten beträgt praxisgemäss Fr. 100.-- (Urteile der Strafkammer des BStGer SK.2010.28 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 1. Dezember 2011 E. 19.2; SK.2010.3 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. Mai 2010 E. 8.4; Urteil des BGer 6B_118/2016 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 20. März 2017 E. 4.4.1). Die Auslagen werden im Rahmen der Höchstansätze aufgrund der tatsächlichen Kosten vergütet (Art. 13 BStKR). Bei besonderen Verhältnissen kann ein Pauschalbetrag vergütet werden ( Art. 13 Abs. 4 BStKR). Gemäss Art. 14 BStKR kommt die Mehrwertsteuer zum Honorar und den Auslagen hinzu.

9.2.4      Das vorliegende Verfahren stellte in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine überdurchschnittlichen Anforderungen an die Verteidigung. Der Stundenansatz für die anwaltliche Tätigkeit ist daher praxisgemäss auf Fr. 230.--, für die Reisezeit auf Fr. 200.-- sowie für die Praktikantentätigkeit auf Fr. 100.-- festzusetzen.

9.3          Vorverfahren / erstinstanzliches Verfahren

9.3.1      Rechtsanwältin Ursigna Breiter-Marugg wurde von der BA mit Verfügung vom 3. November 2020 für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten im Haftverfahren vom 14. Oktober 2020 mit total Fr. 1'201.95 entschädigt (BA pag. 16-02-0010 ff.). Diese Entschädigung wurde definitiv festgesetzt (Verfügung, Dispositiv Ziffer 1). Das Bundesstrafgericht hat indessen über die Rückerstattungspflicht des Beschuldigten zu befinden (Verfügung, Dispositivziffer 2; vgl. Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 14.3 Abs. 2).

              Die Entschädigung von Rechtsanwalt Georges Müller für die amtliche Verteidi-gung des Beschuldigten wurde in einem separaten Entscheid festgelegt (vgl. Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 14.3 Abs. 1). Gemäss Beschluss der Strafkammer SN.2021.8 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen.  vom 3. Mai 2021 (CAR pag. 1.100.131 ff.) wurde diese auf Fr. 40'623.70 (inkl. MWST) festgesetzt, abzüglich bereits geleisteter Akontozahlungen.

              Die vorinstanzliche Festsetzung der Entschädigung für die amtlichen Verteidigungen von insgesamt Fr. 41'825.65 (inkl. MWST) (Fr. 1'201.95 + Fr. 40'623.70) (Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 14.3 und Dispositivziffer 9 / Beschluss SN.2021.8 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2.4 und Dispositivziffer 1; abzüglich bereits geleisteter Akontozahlungen) blieb unangefochten; betreffend Berechnung derselben sind auch keine Fehler ersichtlich.

9.3.2      Entsprechend der reduzierten Auferlegung der Verfahrenskosten hat die Vor­instanz den Beschuldigten verpflichtet, dem Bund die Kosten seiner amtlichen Verteidigung im reduzierten Umfang von zwei Dritteln der Entschädigungen an Rechtsanwalt Georges Müller und an Rechtsanwältin Ursigna Breiter-Marugg – somit im Umfang von Fr. 27'883.75 – zurückzuerstatten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (vgl. Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 14.2 und Dispositivziffer 9.2).

9.3.3      Wie erwähnt, geht die von der Vorinstanz gewährte Reduktion der vom Beschuldigten zu übernehmenden Kosten für das Vorverfahren und das erstinstanzliche Verfahren von Fr. 64'475.60 auf Fr. 25'000.-- (vgl. oben E. II. 8.3.3) deutlich über die an sich zu gewährende Reduktion von 50 % (2/3 + 1/6) hinaus. Eine weitere Reduktion der Rückzahlungspflicht für die Kosten der amtlichen Verteidigung, als es die Vorinstanz festgelegt hat, erscheint deshalb gesamthaft betrachtet nicht angezeigt. Der vorinstanzlich festgelegte Anteil der Rückzahlungspflicht bleibt demnach unverändert. Der Übersicht und Vollständigkeit halber ist die entsprechende Kostenausscheidung im Urteilsdispositiv (Ziffer IV. 9.2) durch die effektiven Beträge zu ergänzen (vgl. oben E. II. 9.3.1 f.).

9.4          Berufungsverfahren

9.4.1      Mit Honorarnote vom 30. August 2021 macht die Verteidigung folgende Entschädigung geltend: Honorar Fr. 18'194.90, Auslagen Fr. 305.00, Zwischensumme Fr. 18'499.90, MWST (7.7%) Fr. 1'424.49, Auslagen (steuerfrei) Fr. 96.00, Rechnungsbetrag Fr. 20'020.39 (CAR pag. 7.300.046 ff.).

9.4.2      Die Honorarnote kann grundsätzlich genehmigt werden, mit folgenden Korrekturen:

               a)  Betreffend Arbeitszeit:

              -    Honorar Abklärung Rechtslage betreffend electronic monitoring,

                   Schreiben an Justiz- und Sicherheitsdepartement BS (Pos. 19;

                   CAR pag. 7.300.048): Diese Position kann nicht genehmigt werden,

                   da nicht verfahrensrelevant. Der Beschuldigte befand sich im

                   Zeitpunkt der Mandatsübernahme durch RA Dzaferi bereits im

                   vorzeitigen Straf-/Massnahmenvollzug. Betreffend Vollzug braucht

                   der Beschuldigte keinen amtlichen Verteidiger.                                   -  1,33 h

              -    Nachbesprechung (gemäss Antrag auf S. 1, CAR pag. 7.300.046):      + 0,33 h

                                                                                                                                     -----------

                   Total Korrektur der zu berücksichtigenden Arbeitszeit

                   (d.h. abzuziehende Stunden im Vergleich zum Antrag)                        -  1 h                                                                                                                                                 -----------

-    Ergänzend ist betreffend Arbeitszeit zu erwähnen, dass erst m it prozessleitender Verfügung der Vorsitzenden der Berufungskammer vom 26. April 2021 mit Wirkung per 27. April 2021 RA Müller aus dem Mandat der amtlichen Verteidigung des Beschuldigten entlassen und an seiner Stelle dessen Kanzleipartner, RA Dzaferi, zum amtlichen Verteidiger des Beschuldigten bestellt wurde (oben SV lit. B.1; CAR pag. 2.100.001 f.). Auf S. 2 der Honorarnote (CAR pag. 7.300.047) sind indes mehrere Positionen mit Datum vor dem 27. April 2021 aufgelistet, was an sich fragwürdig erscheint. Aufgrund der speziellen Situation (Suche nach einem neuen amtlichen Verteidiger innerhalb der 20-Tages-Frist von Art. 399 Abs. 3 StPO infolge gesundheitlicher Probleme des vormaligen amtlichen Verteidigers) können diese Positionen jedoch genehmigt werden.

               b)  Betreffend Auslagen:

              -    Zugbillett vom 5. Januar (recte wohl: März) 2021; «sonstige steuer-

                   freie Auslage» (S. 6, CAR pag. 7.300.051): Vorliegend handelt es

                   sich nicht um einen Fall für den zeitgleichen Einsatz von zwei amtlichen

                   Verteidigern. Zudem fiele die Genehmigung dieser Position ohnehin in

                   die Zuständigkeit der Vorinstanz.                                                          - Fr. 96.--

                                                                                                                                     -------------

Somit Total Aufwand: 79.63 h (auf S. 2 bzw. 5 beantragte Stunden; CAR

pag. 7.300.047, 050) – 1 h (abzuziehende Stunden im Vergleich zum

Antrag auf S. 2 bzw. 5) = 78.63 h

              78.63 h (Total Aufwand) – 4 h (Wegzeit, vgl. S. 2 und 6; CAR pag.

              7.300.047, 051) = 74.63 h (Arbeitszeit)

              74.63 h x Fr. 230.-- / h =                                                                         Fr. 17'164.90

              4 h x Fr. 200.-- / =                                                                                           Fr.      800.--

                                                                                                                                     ------------------

                                                                                                                                     Fr. 17'964.90

              Auslagen (gemäss Antrag auf S. 1 bzw. 5 f., CAR pag. 7.300.046, 050;

              ohne Zugbillett vom 1. Januar [recte: März] 2021, CAR pag. 7.300.051)    Fr.      305.--

                                                                                                                                     ------------------

                                                                                                                                     Fr. 18'269.90

              + 7,7 % MWST auf Fr. 18'269.90                                                             Fr.   1'406.78

                                                                                                                                     ------------------

                                                                                                                           Fr. 19'676.68          bzw. aufgerundet Fr. 19'676.70

             

               Rechtsanwalt Zani Dzaferi wird somit für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten im Berufungsverfahren durch die Eidgenossenschaft mit Fr. 19'676.70 (inkl. MWST) entschädigt.

9.4.3      Im Sinne der obigen Ausführungen (E. II. 8.3.3, 8.4.2 und 9.3.3) hat der Beschuldigte der Eidgenossenschaft hierfür Ersatz im Umfang von Fr. 16'397.25 (5/6 bzw. 83,33 % von Fr. 19'676.70) zu leisten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

10.         Entschädigung / Genugtuung

10.1       Anträge

10.1.1    Der Beschuldigte beantragt die Zusprechung einer angemessenen Entschädigung und Genugtuung (vgl. oben SV lit. B.2 Ziffer 5). Zudem beantragt er zufolge Überhaft eine Entschädigung von mindestens Fr. 200.-- pro Tag unrechtmässig erlittener Haft (vgl. Parteivortrag CAR pag. 7.300.041 Rz. 54; 7.300.042 Rz. 58).

10.1.2    Die BA beantragt, dem Beschuldigten sei keine Entschädigung auszurichten (vgl. oben SV lit. B.7).

10.2       Entschädigung gemäss Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO

10.2.1    Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte ( Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO). Bei der Entschädigung nach Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO geht es primär um die Kosten der frei gewählten Verteidigung. Diese müssen verhältnismässig und angemessen sein ( Schmid / Jositsch, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 429 StPO N. 7 m.w.H.).

10.2.2    Der Beschuldigte ist vorliegend amtlich verteidigt. Die Kosten seiner Verteidigung trägt daher der Staat ( Art. 426 Abs. 1 StPO); vorbehalten bleibt Art. 135 Abs. 4 StPO. Eine Entschädigung für die Verteidigungskosten ist daher nicht zuzusprechen.

10.3       Entschädigung gemäss Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO

10.3.1    Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen, die ihr aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind ( Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO). Gemäss dieser Bestimmung werden Lohn- und Erwerbseinbussen entschädigt, die wegen Freiheitsentzuges oder der Beteiligung an den Verfahrenshandlungen erlitten wurden, wie etwa auch die durch das Verfahren verursachten Reisekosten. Grundsätzlich werden alle wirtschaftlichen Einbussen, d.h. der gesamte Verdienstausfall während der gesamten Verfahrensdauer (inkl. polizeilicher Ermittlung) aus selbständiger und/oder unselbständiger Erwerbstätigkeit ersetzt. Auch zu entschädigen sind Stellenverlust, entgangene künftige Lohnaufbesserungen, Krankheit, eingetretene Arbeitsunfähigkeit und Karriereschäden aufgrund des Strafverfahrens. Es sind nur Schäden zu ersetzen, die kausal durch das Wirken der Strafverfolgungsorgane verursacht wurden (vgl. Wehrenberg / Frank, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 429 StPO N. 23 f.).

10.3.2    Als Straftatbestand stand im vorliegenden Strafverfahren von Anfang an der Vorwurf der strafbaren Vorbereitungshandlungen gemäss Art. 260bis StGB im Zentrum. Soweit dem Beschuldigten aus seiner notwendigen Beteiligung am Strafverfahren wirtschaftliche Einbussen entstanden sein sollten (die er indes nicht einmal ansatzweise substantiiert), so haben die beiden Anklagepunkte des versuchten Herstellens von Sprengstoffen und des Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen, die vorinstanzlich in Freisprüchen resultierten (Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen Dispositivziffer 1), insofern keine relevante Rolle gespielt. Insbesondere wäre die Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft auch dann verhängt worden, wenn in den beiden erwähnten Punkten nie eine Strafuntersuchung eröffnet bzw. durchgeführt worden wäre (vgl. unten E. II. 10.4.2). Gestützt auf Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO steht dem Beschuldigten somit ebenfalls kein Anspruch auf Entschädigung zu.

10.4       Genugtuung gemäss Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO

10.4.1    Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf Genugtuung für besonders schwere Verletzungen ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere bei Freiheitsentzug (Art. 429 Abs. 1 lit. c SPO). Diese bezweckt einen Ausgleich für die erlittene Unbill. Vorausgesetzt ist, dass eine besonders schwere Verletzung der persönlichen Verhältnisse i.S.v. Art. 28 Abs. 2 ZGB oder Art. 49 OR vorliegt. Mithin muss eine gewisse Intensität der Verletzung vorliegen, damit eine Genugtuung zugesprochen werden kann. Als Beispiele können neben der ungerechtfertigten Untersuchungs- und Sicherheitshaft die publik gewordene Hausdurchsuchung, eine sehr lange Verfahrensdauer oder eine breite Darlegung in den Medien genannt werden, wie auch allfällige Probleme im Familien- und Beziehungsleben durch die Strafuntersuchung oder persönlichkeitsverletzende Äusserungen von Strafbehörden. Für eine Genugtuung nicht genügen sollen die mit jedem Strafverfahren einhergehenden psychischen Belastungen sowie die geringfügige Blossstellung und Demütigung nach aussen (vgl. Wehrenberg / Frank, a.a.O., Art. 429 StPO N. 26, 27 und 27b).

10.4.2    Im Zusammenhang mit den vorinstanzlich ergangenen Freisprüchen betreffend die Anklagepunkte versuchtes Herstellen von Sprengstoffen und Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen (Urteil SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen Dispositivziffer 1) liegen keine schweren Verletzungen der persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten vor. Insbesondere wäre die Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft auch verhängt worden, wenn in diesen beiden Punkten keine Strafuntersuchung durchgeführt worden wäre. Als Straftatbestand stand betreffend die Anordnung von Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft nämlich klarerweise und von Anfang an der Vorwurf der strafbaren Vorbereitungs­handlungen gemäss Art. 260bis StGB bzw. damit zusammenhängend die Haftgründe der Kollusions- und Ausführungsgefahr (Art. 221 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 StPO) im Zentrum (vgl. insbesondere BA pag. 06-01-0014 ff.; 0018 ff.; 0073 ff.; 0086 ff.). Da der Beschuldigte zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird und die ausgestandene Haft (einschliesslich Ersatzmassnahmen) anzurechnen ist ( Art. 57 Abs. 3 StGB), entfällt eine Entschädigung für die Haft; Überhaft liegt grundsätzlich nicht vor. Da die Dauer der Massnahme erst nach deren Beendigung feststeht, ist deren Anrechnung auf die Strafe eine Frage des Vollzugs (vgl. oben E. II. 4.9.2 und 5.8).

11.         Löschung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten im AFIS

11.1       Der Beschuldigte beantragte anlässlich der Berufungsverhandlung im Rahmen des Parteivortrags, aufgrund der beantragten Freisprüche seien auch die biometrischen erkennungsdienstlichen Daten im AFIS umgehend zu löschen (vgl. CAR pag. 7.300.042 Rz. 59).

11.2       Die Verordnung über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten vom 6. Dezember 2013 ( SR 361.3; nachfolgend: Verordnung) regelt in Art. 17 ff. die Löschung der erhobenen Daten. In den Fällen nach Art. 17 Abs. 1 lit. e - k und Abs. 4 holt die auftraggebende Behörde die Zustimmung der zuständigen richterlichen Behörde ein (Art. 19 Abs. 1 der Verordnung). Beim Vollzug (u.a.) einer Freiheitsstrafe oder bei therapeutischen Massnahmen löscht das Bundesamt für Polizei (fedpol) die Daten 20 Jahre nach der Entlassung aus der Freiheitsstrafe beziehungsweise nach dem Vollzug der therapeutischen Massnahme (Art. 17 Abs. 4 der Verordnung) . Eine Löschung ist nicht bereits im Urteil anzuordnen, sondern im Rahmen des Vollzugs. Der besagte Antrag ist demnach obsolet (vgl. Urteil der Berufungskammer des BStGer CA.2020.18 vom 9. Juli 2021 E. 6 - 6.4).

Die Berufungskammer erkennt:

I.              Auf die Berufung gegen das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. März 2021 wird eingetreten.

II.              Die Berufung gegen das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. März 2021 wird teilweise gutgeheissen.

III.              Das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2020.56 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. März 2021 wird teilweise bestätigt und wie folgt angepasst (nachfolgend in fetter Schrift):

1. A. wird freigesprochen:

–    des versuchten Herstellens von Sprengstoffen (Art. 226 Abs. 1 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB);

–    des Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen ( Art. 292 StGB).

2. A. wird schuldig gesprochen:

–    der strafbaren Vorbereitungshandlungen (Art. 260bis Abs. 1 lit. e StGB);

–    der Widerhandlung gegen das Waffengesetz (Art. 33 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. c WG).

3. A. wird bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten.

Die ausgestandene Untersuchungs- und Sicherheitshaft von 440 Tagen und die Ersatzmassnahmen von 135 Tagen werden gesamthaft im Umfang von 534 Tagen auf die Strafe angerechnet.

4. Über A. wird eine Massnahme im Sinne von Art. 60 StGB angeordnet.

Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird zugunsten der Massnahme aufgeschoben.

5. Der Kanton U.-Stadt wird als Vollzugskanton bestimmt.

6. Beschlagnahmte Gegenstände

6.1  Folgende Gegenstände werden eingezogen und vernichtet:

Ass.-Nr.

Beschreibung

Referenz (pag.)

21030

1 Dolch (A013517094)

08-01-0020,
10-01-0007/ 10-01-0013

21031

1 Dolch (A013517072)

21032

1 Küchenmesser

08-01-0018 f.,

10-01-00014

21033

1 Glasbrecher, rot

A013520246

4 USBV

10-01-0007 ff./0029 ff.

A013520280

Frischhaltedose

A013520326

USBV 1, mit Rohrkörper (A013520495) und Inhalt (A013520519)

A013520348

USBV 2, mit Rohrkörper (A013520531) und Inhalt (A013520542)

A013520440

USBV 3, mit Rohrkörper (A013520575) und Inhalt (A013'520597)

A013520451

USBV 4, mit Rohrkörper (A013520622) und Inhalt (A013520633)

A013521034

Papier und Klebeband

21016

1 Kunststoffseil, schwarz

21017

7 Kabelbinder, schwarz

21024

12 Tabletten Valium

21027

1 blaues Kugelschreiberrohr, mit weissen Pulverrückständen

21006

1 kleine schwarze Blechdose, beinhaltend Papier mit weissem Pulver (A013526493)

10-01-00012

21002

1 Metallbox mit Bestandteilen einer Waffenattrappe

08-02-0006

21003

1 Hämmerli CO2-Pistole, Cal. 4.5, 3

21004

1 Metalldose, Kugeln für Luftdruck, 4.5 mm, Händler & Natermann

A013527407

1 Klebebandrolle

08-02-0006 f./0050 ff.

A013527485

1 Glasscherbe

A013527532

1 Packung Carat Wunderkerzen

A013527543

1 Wirbel, grau

A013527598

1 Weinbrandflasche Napoleon, French Brandy

A013527690

3 Glasscherben

A013527714

1 Wirbel, grau

A013527781

1 Deckel einer Aufbewahrungsbox

6.2  Folgende Gegenstände verbleiben in den Akten:

Ass.-Nr.

Beschreibung

Referenz (pag.)

12383

1 Schreiben vom 11.02.2020

08-01-0001/0002

12389

1 handschriftliche Notizen

08-01- 0002/0003 ff.

21019

1 undatiertes Testament

08-01-0001/0010

21018

1 Notizbuch, Tigermuster

08-01-0001/0015 f.

21028

1 Couvert mit Liste Essensgeldauszahlung

08-01-0001/0011 f.

21020

1 Quittung (Schwarzfahren),4,
11.02.2020 U.-ZZ.

08-01-0001/0017

21021

1 Quittung (Schwarzfahren) 5,
04.02.2020 U.-Z.

6.3  Folgende Gegenstände werden an die berechtigte Person zurückgegeben:

7 Ass.-Nr.

Beschreibung

Referenz (pag.)

21014

1 Feldstecher mit Etui Bushnell

08-01-0001

21015

1 Stirnlampe, grau schwarz mit Band

A013526211

Mobiltelefon Wiko Sunny 2, 1

10-01-0011, 10-02-0123

A013526233

SIM-Karte m-Budget Mobile, 2

7. Entschädigungen

Es wird keine Entschädigung ausgerichtet.

8.   Verfahrenskosten

      Die Verfahrenskosten betragen:

       Fr.        12'000.00          Gebühr Vorverfahren

       Fr.        43'875.60          Auslagen Vorverfahren

       Fr.          5'000.00          Gerichtsgebühr

       Fr.          3'600.00          Auslagen Gericht

       Fr.        64'475.60          Total

       Davon werden A. Fr. 25'000.-- auferlegt.

9.   Amtliche Verteidigung

9.1 Die Entschädigung von Rechtsanwalt Georges Müller für die amtliche Verteidigung von A. wird mit separatem Entscheid festgelegt.

9.2  A. wird verpflichtet, dem Bund die Kosten seiner amtlichen Verteidigung im reduzierten Umfang von zwei Dritteln der Entschädigungen an Rechtsanwalt Georges Müller ( Fr. 40'623.70 inkl. MWST) und an Rechtsanwältin Ursigna Breiter-Marugg ( Fr. 1'201.95 inkl. MWST), ausmachend Fr. 27'883.75 (2/3 von Fr. 41'825.65) zurückzuerstatten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

IV. Kosten

1.              Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 6'000.-- (Gerichtsgebühr inkl. Auslagen) werden A. im Umfang von Fr. 5'000.-- (5/6 bzw. 83,33 %) auferlegt.

Die übrigen Verfahrenskosten werden vom Staat getragen.

2.              Rechtsanwalt Zani Dzaferi wird für die amtliche Verteidigung von A. durch die Eidgenossenschaft mit Fr. 19'676.70 (inkl. MWST) entschädigt. A. hat der Eidgenossenschaft hierfür Ersatz im Umfang von Fr. 16'397.25 (5/6 bzw. 83,33 % von Fr. 19'676.70) zu leisten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

3.              Die Anträge von A. auf Entschädigung und Genugtuung werden abgewiesen.

Im Namen der Berufungskammer

des Bundesstrafgerichts

Die Vorsitzende                                                                Der Gerichtsschreiber

Zustellung an (Gerichtsurkunde):

- Bundesanwaltschaft

- Herrn Rechtsanwalt Zani Dzaferi

Mitteilung an:

- Strafkammer des Bundesstrafgerichts (brevi manu)

- Straf- und Massnahmenvollzug Kanton Basel-Stadt

Nach Eintritt der Rechtskraft mitzuteilen an:

- Bundesanwaltschaft, Urteilsvollzug und Vermögensverwaltung

Rechtsmittelbelehrung

Beschwerde an das Bundesgericht

Dieses Urteil kann innert 30 Tagen nach Eröffnung der vollständigen Ausfertigung mit Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht angefochten werden. Das Beschwerderecht und die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind in den Art. 78-81 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG) geregelt. Die begründete Beschwerdeschrift ist beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen.

Gemäss Art. 48 Abs. 1 und 2 BGG müssen Eingaben spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden. Im Falle der elektronischen Einreichung ist für die Wahrung einer Frist der Zeitpunkt massgebend, in dem die Quittung ausgestellt wird, die bestätigt, dass alle Schritte abgeschlossen sind, die auf der Seite der Partei für die Übermittlung notwendig sind.

Versand: 23. Dezember 2021

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