Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts
Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Berufungskammer |
Fallnummer: | CA.2021.5 |
Datum: | 17.09.2021 |
Leitsatz/Stichwort: | |
Schlagwörter | Berufung; Berufungsgegner; Aussage; Sicht; Verfahren; Aussagen; Bundes; Filter; Urteil; Person; Sichtverlust; Vorinstanz; Verband; «leader»; Flugzeug; Beweis; Flugzeuge; Formation; Pilot; Bericht; SUST-Bericht; Kollision; Briefing; Verkehr |
Rechtskraft: | Kein Weiterzug, rechtskräftig |
Rechtsgrundlagen des Urteils: | Art. 1 VRV ;Art. 10 StPO ;Art. 12 StGB ;Art. 14 StPO ;Art. 141 StPO ;Art. 157 StPO ;Art. 162 StPO ;Art. 178 StPO ;Art. 182 StPO ;Art. 192 StPO ;Art. 21 StPO ;Art. 23 StGB ;Art. 23 StPO ;Art. 30 StGB ;Art. 31 StPO ;Art. 34 StPO ;Art. 346 StPO ;Art. 355 StPO ;Art. 356 StPO ;Art. 369 StGB ;Art. 37 StPO ;Art. 381 StPO ;Art. 391 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 399 StPO ;Art. 405 StPO ;Art. 42 StPO ;Art. 423 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 429 StPO ;Art. 5 StGB ; |
Referenz BGE: | 100 IV 55; 101 IV 173; 102 IV 26; 105 IV 41; 106 IV 121; 106 IV 370; 130 IV 7; 134 IV 193; 134 IV 255; 135 IV 56; 139 IV 282; 146 IV 226; ; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Entscheid des Bundesstrafgerichts
CA.2021.5
Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal |
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Geschäftsnummer: CA.2021.5 |
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| Urteil vom 17. September 2021 |
Besetzung |
| Richter Andrea Blum, Vorsitzende Marcia Stucki und Petra Venetz Gerichtsschreiber Ömer Keskin |
Parteien |
| Bundesanwaltschaft, vertreten durch Staatsanwältin des Bundes Simone Meyer-Burger,
Berufungsführerin / Anklagebehörde
|
| gegen | |
|
| A., erbeten verteidigt durch Rechtsanwalt Philipp Perren,
Berufungsgegner / Beschuldigter
|
Gegenstand |
| Fahrlässige Störung des öffentlichen Verkehrs
Berufung (vollumfänglich) vom 4. März 2021 gegen das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2020.38 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 18. Dezember 2020 |
Sachverhalt:
A. Prozessgeschichte und erstinstanzliches Urteil
A.1 Vom […] 2016 fand auf dem Flugplatz Z. der vom K. durchgeführte jährliche Flugvorführungs- und Verbandsflugkurs statt. Dieser diente den Piloten der Ausbildung respektive der Vertiefung der Kenntnisse zur Durchführung von Flugvorführungen. Am […] 2016 führte der Berufungsgegner als Pilot des einmotorigen Doppeldeckers Boeing Stearman, eingetragen als B., einen Verbandsflug zusammen mit zwei propellerturbinengetriebenen Flugzeugen, eingetragen als C. und D., vom Flugplatz Z. aus. Im Rahmen dieses Verbandsfluges übernahm der Berufungsgegner die Rolle des Verbandsführers («leader»). Kurz nach dem Start der Formation kam es zu einer Streifkollision des linken, oberen Flügels der Stearman («leader») mit der rechten Flügelspitze der C. («wingman» links), wobei beide Piloten unverletzt wieder auf dem Flugplatz Z. landen konnten.
A.2 Der Vorfall wurde durch die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (nachfolgend: SUST) untersucht. Der entsprechende Schlussbericht Nr. 1 wurde am 26. Mai 2019 erstattet (nachfolgend SUST-Bericht; BA pag. 11-01-0002 ff.).
A.3 Die Bundesanwaltschaft (nachfolgend: BA) eröffnete am 7. August 2019 gestützt auf den SUST-Bericht eine Strafuntersuchung gegen «Unbekannt» wegen Störung des öffentlichen Verkehrs gemäss Art. 237 StGB i.V.m. Art. 98 Abs. 1 LFG (BA pag. 01-01-0001).
A.4 Mit Ausdehnungsverfügung der BA vom 18. September 2019 wurde die Strafuntersuchung gegen den Berufungsgegner weitergeführt (BA pag. 01-00-0002).
A.5 Gegen den von der BA am 10. Dezember 2019 gegen ihn erlassenen Strafbefehl erhob der Berufungsgegner am 19. Dezember 2019 fristgerecht Einsprache (BA pag. 03-00-0001 ff. und 0005). Nach Ergänzung der Untersuchung gemäss Art. 355 Abs. 1 StPO (Einvernahmen des Berufungsgegners, einer Auskunftsperson und eines Zeugen) erliess die BA am 6. August 2020 einen neuen Strafbefehl gegen den Berufungsgegner, mit welchem sie ihn wegen fahrlässiger Störung des öffentlichen Verkehrs gemäss Art. 237 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 2 StGB zu einer bedingten Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je Fr. 290.00 unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren und zu einer Busse von Fr. 2'500.00 verurteilte (BA pag. 03-00-008 ff.). Dagegen erhob der Berufungsgegner am 19. August 2020 wiederum fristgerecht Einsprache (BA pag. 03-00-0011 f.).
A.6 Mit Schreiben vom 31. August 2020 überwies die BA gestützt auf Art. 355 Abs. 3 lit. a und d StPO die Verfahrensakten der Strafkammer des Bundesstrafgerichts (hiernach Strafkammer) zur Durchführung des Hauptverfahrens, wobei der Strafbefehl vom 6. August 2020 gemäss Art. 356 Abs. 1 StPO als Anklageschrift gilt (TPF pag. 2.100.001 ff.).
A.7 Mit Eingabe vom 13. Oktober 2020 beantragte der Berufungsgegner beim Einzelrichter der Strafkammer die Einstellung des Verfahrens in Anwendung von Art. 53 StGB wegen erfolgter Wiedergutmachung, eventualiter die Rückweisung des Verfahrens an die Vorinstanz zur Einstellung des Verfahrens. Subeventualiter beantragte er, es sei von einer weiteren Strafverfolgung gemäss Art. 8 StPO i.V.m. Art. 53 StGB abzusehen; unter Kosten-/Entschädigungsfolgen zu Lasten der Staatskasse (TPF pag. 2.521.004 ff.). Mit Verfügung des Einzelrichters vom 23. Oktober 2020 wurden die Anträge abgewiesen (TPF pag. 2.255.001 ff.).
A.8 Die Hauptverhandlung vor dem Einzelrichter der Strafkammer fand am 4. Dezember 2020 in Anwesenheit des Berufungsgegners und der Verteidigung statt, wobei die BA auf eine Teilnahme verzichtet hatte. Mit Urteil SK.2020.38 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 18. Dezember 2020, das gleichentags im Dispositiv schriftlich eröffnet wurde (TPF pag. 2.930.001 ff.), wurde der Berufungsgegner von der Strafkammer vom Vorwurf der fahrlässigen Störung des öffentlichen Verkehrs gemäss Art. 237 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 2 StGB freigesprochen (TPF pag. 2.930.033).
A.9 Nach Berufungsanmeldung durch die BA vom 23. Dezember 2020 wurde das schriftlich begründete Urteil SK.2020.38 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen am 12. Februar 2021 an die Parteien versandt und von diesen am 15. Februar 2021 postalisch in Empfang genommen (TPF pag. 2.930.035 f.).
B. Verfahren vor der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts
B.1 Mit Berufungserklärung vom 4. März 2021 stellte die BA folgende Anträge (CAR pag. 1.100.040 f. ):
1. A. sei unter Gutheissung der Berufung wegen fahrlässiger Störung des öffentlichen Verkehrs (Art. 237 Ziff. 2 i.V.m. Ziff. 1 StGB) schuldig zu sprechen.
2. A. sei mit einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je CHF 290.00, entsprechend CHF 14'500.00, zu bestrafen. Der Vollzug der Geldstrafe sei aufzuschieben, unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren.
3. A. sei zudem mit einer Busse von CHF 2'500.00 zu bestrafen; bei schuldhaftem Nichtbezahlen ersatzweise mit einer Freiheitsstrafe von 9 Tagen.
4. Die Kosten des Verfahrens in der Höhe von CHF 1'000.00, zzgl. der erst- und zweitinstanzlichen Verfahrenskosten, seien A. aufzuerlegen.
5. Der Kanton Glarus sei mit dem Vollzug der Strafe zu beauftragen ( Art. 74 StBOG i.V.m. Art. 31 ff. StPO).
B.2 Der Berufungsgegner verzichtete innert Frist auf die Beantragung des Nichteintretens und die Erklärung der Anschlussberufung.
B.3 Mit Verfügung über Beweismassnahmen vom 14. April 2021 wurden unter anderem die Einvernahme des Berufungsgegners als beschuldigte Person (von Gesetzes wegen) und des Zeugen G. (von Amtes wegen) sowie die Edition der Unterlagen bzw. Auskünfte zu den persönlichen und finanziellen Verhältnissen des Berufungsgegners veranlasst (CAR pag. 6.200.001 f.).
B.4 Anlässlich der Berufungsverhandlung vom 9. September 2021, welche in Anwesenheit des Berufungsgegners, dessen Verteidigung und der BA stattfand (vgl. CAR pag. 7.200.002), wurde dieser als beschuldigte Person sowie G. als Zeuge befragt (CAR pag. 7.400.001 ff. bzw. 7.601.001 ff.). Die BA stellte folgende Anträge (CAR pag. 7.200.004):
1. A. sei unter Gutheissung der Berufung wegen fahrlässiger Störung des öffentlichen Verkehrs (Art. 237 Ziff. 2 i.V.m. Ziff. 1 StGB) schuldig zu sprechen.
2. A. sei mit einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je CHF 290.00, entsprechend CHF 14'500.00, zu bestrafen. Der Vollzug der Geldstrafe sei aufzuschieben, unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren.
3. A. sei zudem mit einer Busse von CHF 2'500.00 zu bestrafen; bei schuldhaftem Nichtbezahlen ersatzweise mit einer Freiheitsstrafe von 9 Tagen.
4. Die Kosten des Verfahrens in der Höhe von CHF 1'000.00, zzgl. der erst- und zweitinstanzlichen Verfahrenskosten, seien A. aufzuerlegen.
Der Berufungsgegner stellte folgende Anträge (CAR pag. 7.200.011):
1. Es sei auf die Berufung gar nicht einzutreten.
2. Es sei der Beschuldigte freizusprechen.
2.1 Eventualiter sei das Verfahren wegen erfüllter Wiedergutmachung einzustellen.
2.2 Subeventualiter sei das Verfahren an die Vorinstanz zurückzuweisen, zur Rückweisung an die Bundesanwaltschaft, mit dem Auftrag, das Verfahren wegen erfüllter Wiedergutmachung einzustellen.
2.3 Sub-subeventualiter sei von einer Bestrafung abzusehen.
3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Staatskasse.
B.5 Das Urteil wurde den Parteien schriftlich im Dispositiv eröffnet (CAR pag. 11.100.001 ff.).
Die Berufungskammer erwägt:
I. Formelle Erwägungen
1.
Zuständigkeit und Eintreten
1.1
Die Berufungsanmeldung und -erklärung der BA erfolgten jeweils unter Fristenwahrung (Art. 399 Abs. 1-3 StPO; CAR pag. 1.100.033 sowie 1.100.040 f.).
1.2
Die Berufung richtet sich gegen das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2020.38 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 18. Dezember 2020, mit dem das Verfahren betreffend fahrlässige Störung des öffentlichen Verkehrs ganz abgeschlossen wurde (vgl. Art. 398 Abs. 1 StPO). Mit diesem Urteil wurde der Berufungsgegner vom Vorwurf der fahrlässigen Störung des öffentlichen Verkehrs gemäss Art. 237 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 2 StGB freigesprochen. Die BA ist im vorliegenden Strafverfahren durch den vorinstanzlichen Freispruch beschwert bzw. an dessen Aufhebung interessiert und entsprechend zur Anhebung der Berufung legitimiert (Art. 104 Abs. 1 lit. c und Art. 381 Abs. 1 StPO).
1.3
Gemäss Art. 98 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1948 über die Luftfahrt (LFG, SR 748.0) unterstehen die an Bord eines Luftfahrzeuges begangenen strafbaren Handlungen der Bundesgerichtsbarkeit. Die zu beurteilende Tat wurde angeblich an Bord des als B. eingetragenen Motorflugzeuges Boeing Stearman E75 begangen. Das angeklagte Delikt fällt gestützt auf Art. 98 Abs. 1 LFG sowie Art. 23 Abs. 2 StPO in die Bundesgerichtsbarkeit. Die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts ist in der Besetzung mit drei Richterpersonen für die Beurteilung der vorliegenden Berufung örtlich und sachlich zuständig ( Art. 21 Abs. 1 lit. a StPO; Art. 33 lit. c, Art. 38a und Art. 38b StBOG).
1.4
Der Berufungsgegner beantragte anlässlich der Berufungsverhandlung vom 9. September 2021 das Nichteintreten auf die Berufung. Dies sinngemäss mit der Begründung, dass die Berufungserklärung der BA ungenügend sei. Es gehe nicht an, mit der Berufungsbegründung «im jetzigen Zeitpunkt» auf das Stellen von Beweisanträgen zu verzichten bzw. sich das Stellen von weiteren Beweisanträgen zu einem späteren Zeitpunkt vorzubehalten. Zudem sei seines Erachtens die Erklärung, dieselben mit Berufungserklärung gestellten materiellen Begehren lediglich «voraussichtlich» an der Berufungsverhandlung stellen zu wollen, unzulässig. Dies stelle eine flagrante Verletzung des Anklageprinzips dar (CAR pag. 7.300.009). Hinsichtlich der Rüge des Berufungsgegners, es sei unzulässig, dass die BA sich vorbehalte, zu einem späteren Zeitpunkt weitere Beweisanträge zu stellen, gilt es festzuhalten, dass gemäss Art. 345 StPO i.V.m. Art. 405 Abs. 1 StPO für die Parteien die Gelegenheit, Beweisanträge zu stellen, bis vor Abschluss des Beweisverfahrens besteht. Hinsichtlich des Einwands des Berufungsgegners betreffend die Erklärung der BA, dass an der Berufungsverhandlung voraussichtlich eine Reihe von gleichlautenden Anträgen gestellt würden, ist darauf hinzuweisen, dass die BA – wie das Gericht auch – an die mit Berufungserklärung gestellten materiellen Begehren nicht gebunden ist. Diese sind von Gesetzes wegen erst nach Abschluss des Beweisverfahrens zu stellen und zu begründen (Art. 346 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. Art. 379 StPO sowie Art. 405 Abs. 1 StPO) und können entsprechend vorher geändert werden (Urteil des Bundesgerichts 6B_63/2013 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 4. März 2013 E. 1.3; Urteil des Bundesgerichts 6B_651/2013 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 23. Januar 2014 E. 5.3.). Entsprechend erweist sich der Hinweis der BA, dass voraussichtlich eine Reihe von gleichlautenden Anträgen gestellt würden, als unschädlich. Verfahrenshindernisse liegen keine vor. Folglich ist unter Abweisung des Antrags Ziff. 1 des Berufungsgegners (vgl. oben E. B.4) auf die Berufung einzutreten.
2.
Verfahrensgegenstand und Kognition
2.1
Die vorliegende Berufung richtet sich gegen das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2020.38 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 18. Dezember 2020. Sie ist vollumfänglich, d.h. das vorinstanzliche Urteil ist sowohl im Schuld- als auch im Strafpunkt sowie hinsichtlich der Kosten- und Entschädigungsfolgen angefochten (vgl. Anträge oben E. B.2).
2.2
Das in Art. 391 Abs. 2 StPO verankerte Prinzip des Verbots der «reformatio in peius» (Verschlechterungsverbot [vgl. BGE 139 IV 282 E. 2.3.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen]) greift zugunsten der beschuldigten Person, wenn das Rechtsmittel nur zu deren Gunsten ergriffen worden ist. Vorliegend hat die Bundesanwaltschaft das freisprechende Urteil der Vorinstanz mit Berufung angefochten. Der Berufungsgegner hat weder Berufung noch Anschlussberufung erklärt und somit kein Rechtsmittel zu seinen Gunsten ergriffen. Gestützt auf Art. 391 Abs. 2 StPO e contrario liegt in casu keine Beschränkung der gerichtlichen Überprüfungsbefugnis im Sinne eines Verschlechterungsverbots vor.
II. Materielle Erwägungen
1.
Fahrlässige Störung des öffentlichen Verkehrs ( Art. 237 StGB)
1.1
Anklagevorwurf und vorinstanzliches Urteil
1.1.1
Der Anklagevorwurf der BA lautet zusammengefasst dahingehend, dass der Berufungsgegner am […] 2016 in Z. (GL) bei einem Übungsverbandsflug eine Streifkollision verursacht habe, indem er als «leader» nach Trennung des Verbandes mit dem Befehl «Grande» den Steigflug einzig in Sichtkontakt mit dem «wingman» rechts der D. fortgeführt habe, ohne dabei sicherzustellen, dass auch der «wingman» links der C. über ihm keine Kollisionsgefahr mehr darstellen würde, wodurch auf einer Flughöhe von rund 1'200 ft (Fuss) über dem Flugplatz Z. der linke obere Flügel der B. (Flugzeug des «leaders») mit der rechten Flügelspitze der C. kollidiert sei. Im Weiteren sei auch die Flugvorbereitung mangelhaft gewesen, da der aufgrund der Bauweise und Lage der Flugzeuge zu erwartende Sichtverlust im Vorfeld ungenügend thematisiert worden sei. Durch dieses pflichtwidrige Verhalten (d.h. die Verletzung der Sorgfaltspflicht) des Berufungsgegners als «leader» habe eine konkrete Gefährdung von Leib und Leben der jeweiligen Besatzung bestanden (Strafbefehl vom 6. August 2020 [BA pag. 03-00-0008 ff.]).
1.1.2
Die Vorinstanz erblickte im Verhalten des Berufungsgegners während des Verbandsflugs zusammengefasst keine Sorgfaltspflichtverletzung und sprach ihn vom Anklagevorwurf der fahrlässigen Störung des öffentlichen Verkehrs ( Art. 237 StGB) vollumfänglich frei. Es habe nämlich nicht in seiner Verantwortung gelegen, die Kollision mit einem hinter ihm fliegenden Flugzeug, welches er nicht habe sehen können, zu vermeiden. Das von ihm vollzogene Hochziehen zwecks Separierung im Hinblick auf das anschliessende Fliegen eines «wingovers» stelle keine Sorgfaltspflichtverletzung dar, sofern nicht ein anderes Manöver vereinbart gewesen sei – was nicht bewiesen sei. Im Übrigen habe er nach erfolgter Streifkollision alle Massnahmen ergriffen, um die Gefahr für Leib und Leben der anderen Flugteilnehmer zu verhindern (Urteil SK.2020.38 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 5 ff., insb. 5.3.4 und 5.4).
1.2
Zum massgeblichen Sachverhalt
1.2.1
Beweisverwertbarkeit des SUST-Berichts vom 26. Mai 2019
1.2.1.1 Die Vorinstanz hält zum Schlussbericht Nr. 1 der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle über den Unfall zwischen den Flugzeugen Boeing Stearman E75, B., und Pilatus PC-7, C., vom […] 2016 (hiernach SUST-Bericht) fest, dass dieser grundsätzlich verwertbar sei, wobei Erkenntnisse nur soweit verwertet werden dürften, als sich diese nicht auf Aussagen der darin befragten Personen stützen. Begründet wurde diese Einschränkung damit, dass die im Untersuchungsverfahren der SUST einvernommenen Personen keine Einverständniserklärung nach Art. 24 VSZV betreffend die Verwendung ihrer Auskünfte im Strafverfahren abgegeben hätten. Im vorliegenden Strafverfahren ebenfalls nicht verwertbar sei mangels Einverständniserklärung gemäss Art. 24 VSZV die sich in den Akten der SUST befindliche Aktennotiz zum Telefonat zwischen dem Untersuchungsbeamten der SUST, E., und Oberstleutnant F., […], vom 1. März 2018, 13:40 Uhr bis 14:10 Uhr (Urteil SK.2020.38 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 1.4.2.4). Schliesslich zählt die Vorinstanz auf der Grundlage dieser Erkenntnisse auf, welche Teile des SUST-Berichts verwertbar bzw. nicht verwertbar sind (Urteil SK.2020.38 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 1.4.3).
1.2.1.2 Gegen diese Begründung der Vorinstanz bringt die BA sinngemäss vor, dass die schweizerischen Strafverfolgungsbehörden (Bundesanwaltschaft und Gerichte) die sicherheitstechnischen Untersuchungen der SUST und deren Ergebnisse (u.a. den besagten Schlussbericht) im Strafverfahren grundsätzlich verwenden könnten. Dies entspreche dem von der Schweiz angebrachten Vorbehalt zur Ziff. 5.4.1 (recte: Ziff. 5.12) des Anhangs 13 des Übereinkommens über die internationale Zivilluftfahrt (ICAO-Übereinkommen; SR 0.748.0), wonach «(…) tous les documents soient mis à disposition des autorités juridiques et des autorités aéronautiques» (CAR pag. 7.200.005). Insofern sei die Feststellung der Vorinstanz, wonach die sicherheitstechnischen Untersuchungen der SUST und deren Ergebnisse (insbesondere der Schlussbericht) im Rahmen eines parallel geführten, strafrechtlichen Vorverfahrens grundsätzlich berücksichtigt beziehungsweise verwendet werden dürften, korrekt (CAR pag. 7.200.006).
Die durch die Vorinstanz lancierte Thematik der Verwertbarkeit der SUST-Akten (inkl. Schlussbericht) sei dennoch faktisch eine Diskussion über den von der Schweiz formulierten Vorbehalt zum ICAO-Übereinkommen. Es sei eine Frage von nationaler Tragweite, die weit über das vorliegende Strafverfahren hinausgehe, weshalb sich auch ein Blick zurück auf das Gesetzgebungsverfahren der VSZV (insb. die Ämterkonsultation) lohne. Im Vorentwurf der VSZV sei die Rede von Auskünften des Beschuldigten oder den durch die SUST erhobenen Beweismittel gewesen, wobei deren Verwendung die Zustimmung des Beschuldigten benötigen würde. Die BA habe im Rahmen der Ämterkonsultation unter anderem gesagt, dass die Einvernahmen der SUST mit den Betroffenen für die spezifischen Bedürfnisse im Strafverfahren mit den entsprechenden Formalien unter Berücksichtigung der Teilnahmerechte wiederholt würden. Anderweitig durch die SUST erhobene Beweismittel und Unterlagen im Zusammenhang mit dem abzuklärenden Sachverhalt müssten demgegenüber im Strafverfahren ohne Zustimmung der betroffenen Person im SUST-Verfahren verwendet werden können. Weiter habe die BA damals festgehalten, dass technische Abklärungen durch die bzw. im Auftrag der SUST die Betroffenen oft nur indirekt tangieren würden und dass es kaum bestimmbar wäre, welche Personen ihre Zustimmungen für die Weiterverwendung solcher Daten im Strafverfahren geben müssten. Schliesslich sei ganz klar festgehalten worden, dass der im Entwurf verwendete Begriff der beschuldigten Person anzupassen sei, da es in einem SUST-Verfahren keine Beschuldigten im strafrechtlichen Sinne gebe. Diese Stellungnahme der BA sei im heutigen Art. 24 VSZV übernommen worden. Entsprechend sei die «ratio legis» von Art. 24 VSZV, die Auskünfte der später im Strafverfahren beschuldigten Person zu schützen (CAR pag. 7.200.006).
Weiter weist die BA darauf hin, dass ein SUST-Bericht publiziert und dadurch die Ursache eines Vorfalls oder eines Unfalls öffentlich bekannt werde. Aus einem SUST-Bericht selber sei dann nicht bzw. nicht ohne weiteres ersichtlich, wann sich die SUST auf Aussagen von Befragten berufe oder eben eigene Feststellungen/Erkenntnisse in den Berichten einfliessen lasse. Die Vorinstanz habe diesbezüglich festgehalten, dass anhand der den Strafverfolgungsbehörden vorliegenden SUST-Akten gefolgert werden müsse, welche Stellen im SUST-Bericht im Strafverfahren verwendet werden könnten. Dies sei aber gar nicht möglich, weil die Aussagen ohne Einverständniserklärung ja nicht Bestandteil der Akten seien. Gegebenenfalls hätte dies zur Konsequenz, dass weder die Analyse der SUST noch deren Schlussfolgerung jemals benutzbar wären, sobald auch nur irgendwo ein Hinweis auf Aussagen von Befragten ohne Vorliegen deren Einverständniserklärung nach Art. 24 VSZV zu finden sei. Dies würde von einer Strafverfolgungsbehörde zwingend eigene Fachkenntnisse verlangen, um einzig anhand der technischen Ausführungen der SUST und eventuell weiteren Aufzeichnungen die Ursache des Vorfalls oder eines Unfalls feststellen zu können. Insofern müsste die BA jedes Mal ein Gutachten in Auftrag geben, mit der Konsequenz, dass sämtliche Beweismittel bzw. sämtliche Aufzeichnungen durch die BA bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Verfahrens beschlagnahmt würden. Die SUST hätte somit während dieser ganzen Zeit keinen Zugriff auf irgendein Beweismittel. Nur so wäre eine strikte wortgetreue Umsetzung von Art. 28 Abs. 1 VSZV (wonach die Strafverfolgungsbehörde entscheide, wer Zutritt zur Unfallstelle habe) garantiert. Im Ergebnis würde alles durch die BA (Strafverfolgungsbehörde) blockiert und die SUST hätte erst später Zugriff, um ihre sicherheitsgedanklichen Überlegungen anzustellen. Dieser Ablauf würde klar dem von der Schweiz angebrachten Vorbehalt zum Anhang 13 des ICAO-Übereinkommens zuwiderlaufen, dessen Ziel es sei, die Koordination zwischen den beiden Behörden zu regeln, wobei die Ursachenermittlung an erster Stelle komme, ohne dass die Strafverfolgung eingeschränkt werde. Die einzig logische Auslegung könne daher eigentlich nur sein, dass der Beizug von SUST-Akten in einem Strafverfahren, inklusive des Schlussberichts und der darin festgehaltenen Untersuchungsergebnisse, möglich sein müsse (CAR pag. 7.200.007).
Die BA bemängelt die Begründung der Vorinstanz betreffend die Verwertbarkeit des SUST-Berichts im konkreten Fall. So sei im Hinblick auf die Befragungsprotokolle mit den Betroffenen korrekt festgestellt worden, dass es an deren Einverständniserklärung nach Art. 24 VSZV fehle. Deshalb habe die SUST diese Befragungsprotokolle der BA auch gar nicht zugestellt, womit sie auch nicht Bestandteil der Strafakten seien. Wie die Vorinstanz richtig festgestellt habe, seien diese zu keinem Zeitpunkt im Strafverfahren berücksichtigt oder dem Berufungsgegner vorgehalten worden. Mit anderen Worten habe die BA überhaupt keine Kenntnis von diesen Aussagen, weil sie nicht ins Strafverfahren Eingang gefunden hätten. Insofern sei es für die BA unmöglich zu wissen, ob überhaupt Aussagen der Betroffenen in den SUST-Bericht eingeflossen seien und ob diese allenfalls Einfluss auf die Schlussfolgerungen der SUST gehabt haben könnten. Selbst wenn diese Aussagen eingeflossen sein sollten, sei es unmöglich diese herauszufiltern, weil sie schlichtweg unbekannt seien (CAR pag. 7.200.006).
Ferner sei die vorinstanzlich begründete Unverwertbarkeit der Aktennotiz zum Telefonat zwischen den Untersuchungsbeamten der SUST und F. vom 1. März 2018 unter Berücksichtigung der «ratio legis» von Art. 24 VSZV gemäss BA nicht erklärbar. Diese Bestimmung sei ausschliesslich auf Befragungen von beteiligten Personen anwendbar. Das bedeute, dass der Begriff der Auskünfte sich auf die Aussagen von Betroffenen beziehen müsse, die während der Befragung durch die SUST erfolgen würden. Der Grund hierfür sei in der Wahrung der strafprozessualen Rechte des Beschuldigten zu erblicken. Vorliegend sei die Aktennotiz aber eben gerade weder im strafrechtlichen noch im verwaltungsrechtlichen Sinne eine Befragung. Es handle sich lediglich um eine Notiz hinsichtlich eines Erfahrungs-/Meinungsaustausches und nicht um eine durch die SUST durchgeführte Befragung, für deren Verwendung im Strafverfahren die Zustimmung nach Art. 24 VSZV erforderlich wäre. Die Aussage von F. vor der Vorinstanz unterstütze dies (CAR pag. 7.200.006 f.).
1.2.1.3 Der Berufungsgegner macht geltend, die BA würde verkennen, dass der spezifische SUST-Bericht zu diesem Zwischenfall als Basis für einen Strafbefehl ganz besonders ungeeignet gewesen sei (CAR pag. 7.300.006). Die BA hätte den Zweck eines SUST-Berichts nicht verstanden (CAR pag. 7.300.015 ff.). Dieser sei weltweit in der Frage zu erblicken, welche Lehren aus einem Zwischenfall bzw. Unfall – auch bei glimpflichem Ausgang – gezogen werden könnten. Diese Haltung entspreche der sog. «just culture» bzw. der Redlichkeitskultur, die im Bereich der Aviatik gepflegt werde. Bei dieser gehe es darum, dass es jeder in der Aviatik tätigen Person bewusst sei, dass für andere Akteure hilfreiche Schlüsse aus ihren Handlungen und Unterlassungen gezogen werden könnten. Im Zentrum stehe die Suche nach Lehren und nicht Schuldzuweisungen, was bei SUST-Berichten generell und so auch in Bezug auf den vorliegenden SUST-Bericht der Fall sei (CAR pag. 7.300.018 f.) und von der BA verkannt werde. Mit ihrem Aktivismus, aus jedem SUST-Bericht einen Strafrechtsfall zu machen und selbst blosse Begegnungen in der Luft strafrechtlich ahnden zu wollen, setze sie alle unter Druck, verhindere die Suche nach Lösungen und ersticke das Meldewesen im Keim, was sich im Ergebnis für die in der Aviatik gepflegte sog. «just culture» als kontraproduktiv erweise (CAR pag. 7.300.019 f.). So werde sich künftig jeder Unfallbeteiligte hüten, der SUST gegenüber Aussagen zu machen (CAR pag. 7.200.014).
Zur Verwertbarkeit des streitbaren SUST-Berichts in concreto äusserte der Berufungsgegner sinngemäss dahingehend, dass dieser nur aus strafverfahrenstechnisch nicht verwertbaren Aussagen bestanden habe (CAR pag. 7.300.006). Zum Verhältnis zwischen Art. 23 und 24 VSZV hielt er sinngemäss fest, dass Art. 24 VSZV «lex specialis» zu Art. 23 VSZV sei (CAR pag. 7.200.014). Die Frage, ob dieses auf dem von der Schweiz angebrachten Vorbehalt zum Anhang 13 des ICAO-Übereinkommens beruhenden Verhältnis verändert werden solle, stehe nicht im Belieben der BA, sondern sei vom Gesetzgeber zu entscheiden (CAR pag. 7.200.016). Art. 24 VSZV bedeute, dass nicht nur eine beschuldigte Person, sondern jede befragte Person die Verwendung ihrer Aussagen in einem Strafverfahren verweigern könne (CAR pag. 7.200.014). Sämtliche Auskunftspersonen – namentlich der Berufungsgegner, die Zeugen G. und H. sowie auch der Fachmann F. – hätten die Verwendung ihrer Aussagen ausserhalb des Strafverfahrens gemäss Art. 24 VSZV ausdrücklich verweigert. Derartige Aussagen würden gemäss den Ausführungen der SUST in einem separaten Dossier, welches den Strafbehörden nicht zugänglich sei, abgelegt. Dass der Untersuchungsleiter in casu die Aussagen des Berufungsgegners und der beiden Zeugen in einer eigenen tabellarischen Aufstellung zusammengestellt und so in die Untersuchungsakten eingeführt habe und dass er die Aussage des Fachmanns F. als Telefonnotiz in die Akten einbracht habe, ändere nichts daran, dass es an der Einverständniserklärung gemäss Art. 24 VSZV fehle und diese somit nicht ins Strafverfahren hätten einfliessen dürfen. F. habe gegenüber der Vorinstanz denn auch explizit erklärt, dass seine Aussage fälschlicherweise, d.h. wider seinen Willen in die Untersuchungsakten gekommen sei. Die Feststellung der Vorinstanz betreffend die Unverwertbarkeit sämtlicher Aussagen sei zu recht erfolgt (CAR pag. 7.300.020; vgl. auch CAR pag. 7.200.015).
Schliesslich erwähnt der Berufungsgegner, dass die im SUST-Bericht wiedergegebenen Aussagen von F. inhaltlich falsch seien. Insofern erwähne der SUST-Bericht basierend auf der inhaltlich falschen Telefonnotiz mit F., dass der «leader» angeblich für die Separation der Flugwege verantwortlich sei. Gestützt darauf habe die BA den Strafbefehl erlassen und daselbst festgehalten, dass der «leader» für die Separation der Flugwege bzw. für die Kollisionsvermeidung sorgen müsse. F. habe jedoch gegenüber der Vorinstanz ausgesagt, dass das eben gerade nicht so sei (CAR pag. 7.300.006).
1.2.1.4 Bei der SUST handelt es sich um eine ausserparlamentarische Kommission nach Art. 57a–57g des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes (RVOG, SR 172.010; Art. 6 VSZV). Sie untersucht u.a. Ereignisse in der Luftfahrt nach den Vorgaben der VSZV. Die Untersuchungen der SUST bestehen aus einer unabhängigen Abklärung der technischen, betrieblichen und menschlichen Umstände und Ursachen, die zu einem Ereignis bzw. Unfall oder Zwischenfall geführt haben. Sie haben zum Ziel, die Sicherheit im Verkehrswesen zu verbessern, d.h., ähnliche Vorfälle in der Zukunft zu vermeiden.
Dagegen ist die Klärung einer allfälligen Straftat klar nicht Aufgabe der SUST. Bereits eingangs des SUST-Berichts wird darauf hingewiesen, dass der alleinige Zweck der Untersuchung eines Flugunfalls oder eines schweren Vorfalls durch die SUST auf die (künftige) Verhütung von Unfällen oder schweren Vorfällen ziele (BA pag. 11-01-0003). Die rechtliche Würdigung der Umstände und Ursachen von Flugunfällen und schweren Vorfällen ist ausdrücklich nicht Gegenstand der Flugunfalluntersuchung. Schuld und Haftung sind ebenfalls nicht Gegenstand der Untersuchung der SUST (vgl. Art. 24 Abs. 2 LFG), weshalb der Bericht der SUST auch nicht bezweckt, ein (strafrechtliches) Verschulden festzustellen oder (zivilrechtliche) Haftungsfragen zu klären (vgl. Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2016.42 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 12. Januar 2017 E. 2.3.2).
Grundsätzlich steht die Standardregel Ziff. 5.12 des Anhangs 13 des ICAO-Übereinkommens (im vorinstanzlichen Urteil wird fälschlicherweise auf Ziff. 5.4.1 des Anhangs 13 des ICAO-Übereinkommens Bezug genommen), wonach (sinngemäss) aus Unfalluntersuchungen erlangte Informationen nur zum Zwecke der Unfallprävention beigezogen werden dürfen, einem Aktenbeizug durch eine Strafuntersuchungsbehörde entgegen (abrufbar auf der Webseite des BAZL als PDF-Datei unter https://www.bazl.admin.ch/bazl/de/home/fachleute/regulation-und-grundlagen/rechtliche-grundlagen-und-richtlinien/anhaenge-zur-konvention-der-internationalen-zivilluftfahrtorgani.html [zuletzt konsultiert am 12. Januar 2022]). Allerdings hat die Schweiz zu Ziff. 5.12 des Anhangs 13 des ICAO-Übereinkommens den folgenden Vorbehalt angebracht: «Swiss legislation requires that information not given to the STSB under the protection of Art. 24 OSITI [Ordinance on the Safety Investigation of Transport Incidents; SR 742.161] be made available to judicial authorities and aviation authorities» (in der systematischen Rechtssammlung des Bundes nicht publiziert, erhältlich auf Anfrage beim BAZL, vgl. CAR pag. 4.101.004; vgl. zum Ganzen Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2017.180 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 15. März 2018 E. 4.3 ff.). Gestützt auf diesen Vorbehalt können die schweizerischen Strafverfolgungsbehörden (namentlich die Bundesanwaltschaft und Gerichte) die sicherheitstechnischen Untersuchungen der SUST und deren Ergebnisse (inkl. Schlussbericht) im Strafverfahren grundsätzlich verwenden. Sie stellen mithin sachliche Beweismittel im Sinne von Art. 139 i.V.m. Art. 192 ff. StPO dar und unterliegen im Gerichtsverfahren – unter Vorbehalt der Verwertbarkeit – der freien richterlichen Beweiswürdigung ( Art. 10 Abs. 2 StPO).
1.2.1.5 Art. 141 StPO regelt die Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweise im Strafprozess. Für Beweise, die durch verbotene Beweiserhebungsmethoden erlangt werden sieht Art. 141 Abs. 1 Satz 1 StPO ein absolutes Beweisverwertungsverbot vor. Dasselbe gilt, wenn das Gesetz einen Beweis als unverwertbar bezeichnet (Art. 141 Abs. 1 Satz 2 StPO). Zwar spricht Art. 141 Abs. 1 Satz 2 StPO von «diesem» Gesetz, dennoch sind keine Gründe ersichtlich, weshalb sich das Verwertungsverbot lediglich auf die StPO beziehen soll (vgl. BGE 146 IV 226 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen), sehen doch auch andere Gesetze die Unverwertbarkeit eines Beweismittels vor ( Gless, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 141 StPO N. 62). Zu nennen sind etwa Art. 47 Abs. 3 SKV (vgl. Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2020.25 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 1. Dezember 2020 E. 4.3.15), Art. 369 Abs. 7 Satz 2 StGB und eben Art. 24 VSZV.
Gemäss Art. 24 VSZV dürfen die von einer Person im Rahmen einer Sicherheitsuntersuchung erteilten Auskünfte in einem Strafverfahren nur mit deren Einverständnis verwendet werden. Erkenntnisse der SUST, welche vom Beschuldigten nicht anerkannt sind, können daher im Strafverfahren nicht zu dessen Nachteil herangezogen werden. Ausserdem erfolgen die Befragungen der SUST einer sicherheitstechnischen Untersuchung entsprechend nicht nach den Grundsätzen und Gepflogenheiten der Strafprozessordnung. Zwar werden die Befragten über ihre Rechte als «Auskunftspersonen» belehrt und auf die Möglichkeit des Aussageverweigerungsrechts hingewiesen. Es handelt sich dabei jedoch um eine auf verwaltungsrechtlichen Grundsätzen basierende Befragung und nicht um strafprozessuale Rechtsbelehrungen für die beschuldigte Person nach Art. 157 ff. StPO bzw. in Nachachtung des nemo tenetur-Grundsatzes, den Zeugen nach Art. 162 ff. StPO oder die Auskunftsperson nach Art. 178 ff. StPO. Entsprechend nicht zu überzeugen vermag die BA, soweit sie ausführt, dass die «ratio legis» von Art. 24 VSZV darin bestehe, die Auskünfte der später im Strafverfahren beschuldigten Person zu schützen. Wie der Berufungsgegner richtig hervorhebt, steht einer solchen engen Auslegung bereits der Wortlaut von Art. 24 VSZV entgegen. Schliesslich erforderte diese Auslegung auch, dass die SUST bereits in ihrem Untersuchungsverfahren wissen bzw. ahnen müsste, welche Person womöglich in einem allfälligen Strafverfahren als beschuldigte Person – einer dem Untersuchungsverfahren vor der SUST unbekannte Rechtsstellung, wie die BA selber in der Ämterkonsultation zum Erlass der VSZV festhielt – infrage kommen könnte, weil nur eine solche Person die Verwendung ihrer Aussage im Strafverfahren verweigern könnte. Dies birgt das offensichtliche Risiko von Fehleinschätzungen durch die SUST, welche wiederum zu neuen Verwertbarkeitsproblematiken im Strafverfahren führen würden. Weiter fehlen bei einer Befragung in der Sicherheitsuntersuchung die strafbewehrten Hinweise wegen falscher Anschuldigung ( Art. 303 StGB), Irreführung der Rechtspflege ( Art. 304 StGB) und Begünstigung ( Art. 305 StGB). Entsprechende Beweise sind unter Berücksichtigung dieser beiden Gesichtspunkte von der zuständigen Behörde in Beachtung der strafprozessualen Normen zu erheben ( Art. 141 Abs. 1 und 2 StPO). Diese unterscheiden sich von den für die SUST massgebenden Vorgaben (VSZV bzw. VFU) entscheidend (vgl. etwa Art. 147 Abs. 4 und Art. 182 ff. StPO). Unter Vorbehalt von schweren Straftaten sind Beweise, die den gesetzlichen Gültigkeitsvorschriften nicht entsprechen, im Strafverfahren nicht verwertbar ( Art. 141 Abs. 2 StPO; vgl. Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2016.42 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 12. Januar 2017 E. 2.4.2).
1.2.1.6 Am 27. Mai 2016 wurden sämtliche in den Vorfall vom […] 2016 involvierten Personen, d.h. die drei Piloten sowie deren jeweiligen Passagiere (sog. «backseaters»), durch den Untersuchungsbeauftragten der SUST unter Hinweis auf Art. 24 VSZV befragt. Sämtliche Personen erklärten, dass sie bereit seien, Aussagen zu machen, diese indes ausschliesslich im Rahmen der Sicherheitsuntersuchung – und somit nicht im vorliegenden Strafverfahren – verwendet werden dürften (BA pag. 11-01-0022). Mangels Einverständniserklärung gemäss Art. 24 VSZV ist auch die sich in den Akten der SUST befindliche Aktennotiz zum Telefonat zwischen dem Untersuchungsbeauftragten der SUST und F. vom 1. März 2018 im vorliegenden Strafverfahren unverwertbar. Die Aktennotiz wurde als «vertraulich» gekennzeichnet und beinhaltet die Erkenntnisse des «Erfahrungs-Meinungsaustausches mit einem sehr erfahrenen Piloten im Bereich Display- und Formations-Flight bezüglich des Split/Grande bei dem der Unfall mit der B. und der C. am […] 2016 passiert ist». Daraus ergibt sich, dass F. weder sein Einverständnis nach Art. 24 VSZV erteilt hat noch überhaupt wusste, dass seine Aussagen im Rahmen einer Sicherheitsuntersuchung Verwendung finden würden – ging er doch von einem informellen Meinungsaustausch unter erfahrenen Piloten aus (TPF pag. 2.762.004 f. Z. 13 ff.). Sofern die BA ausführt, dass die Aktennotiz aber eben gerade weder im strafrechtlichen noch im verwaltungsrechtlichen Sinne eine Befragung sei, ist ihr zu entgegnen, dass ein ordentliches Befragungsprotokoll der SUST selbst bei Einhaltung sämtlicher formeller Voraussetzungen aufgrund der Verweigerung der Einverständniserklärung nach Art. 24 VSZV im Strafverfahren unberücksichtigt bleiben muss. Demnach muss dies umso mehr gelten, wenn die formellen Voraussetzungen einer Befragung nicht erfüllt sind und der befragten Person überdies nicht die Gelegenheit gewährt wurde, sich gemäss Art. 24 VSZV zur Verwendung ihrer Aussagen zu äussern.
Ebenfalls im Strafverfahren nicht verwertbar sind Feststellungen und Erkenntnisse im Untersuchungsbericht der SUST, sofern sie auf Aussagen von nicht einwilligenden Personen basieren (vgl. Urteil des BStGer CA.2019.29 vom 25. Mai 2021 E. 1.2.2.2). Der SUST-Bericht wurde unter anderem gestützt auf die im Strafverfahren nicht verwertbaren Aussagen der involvierten Piloten sowie die im Strafverfahren ebenfalls nicht verwertbare Aktennotiz zum Telefonat zwischen dem Untersuchungsbeauftragten der SUST und F. vom 1. März 2018 erstellt. Er beruht damit entgegen den Ausführungen der Vorinstanz nicht nur teilweise, sondern im Hinblick auf das Strafverfahren in den wesentlichen Teilen auf unverwertbaren Beweismitteln. Dies geht zum einen aus dem SUST-Bericht hervor, worin festgehalten wird, dass die Beschreibung von Vorgeschichte und Flugverlauf auf den Aussagen der beteiligten Personen und des Kursleiters des Flugvorführungs- und Verbandsflugkurses sowie von Augenzeugen basiere (BA pag. 11-01-0022) . Zum anderen ist dem Berufungsgegner darin zuzustimmen, dass die SUST-Akte auch die (als Aktennotiz abgelegte) tabellarische Übersicht über die «zeitliche Abfolge wesentlicher Ereignisse» umfasst, in welcher die wesentlichen Informationen der Aussagen zusammengetragen und jeweils den befragten Personen zugewiesen sind, sodass gewisse Rückschlüsse auf den Inhalt des SUST-Berichts möglich sind. Demnach erweist sich der diesbezügliche Einwand der BA, dass es für sie nicht nachvollziehbar sei, ob und auf welchen Aussagen der befragten Personen die Feststellungen und Erkenntnisse der SUST allenfalls beruhen würden, als nicht stichhaltig. Der Möglichkeit, dass die im Rahmen der SUST-Untersuchung gemachten Aussagen des Berufungsgegners und der weiteren Piloten im SUST-Schlussbericht sowie die in der Telefonnotiz vom 1. März 2018 festgehaltenen Aussagen von F. berücksichtigt worden sein könnten, ohne durchwegs als solche erkenntlich gemacht worden zu sein, womit die Ergebnisse fälschlicherweise als Resultate der SUST-Abklärungen erscheinen könnten, muss demnach gebührend Rechnung getragen werden. Insofern ist der Vorinstanz im Ergebnis beizupflichten, dass der SUST-Bericht grundsätzlich verwertbar ist, wobei Erkenntnisse nur insoweit verwendet werden dürfen, als sich diese nicht auf Aussagen der befragten Personen stützen.
Es ist der Vorinstanz im Ergebnis zuzustimmen, dass die einführende Zusammenfassung auf S. 3, die Angaben zu den Flugzeugen unter Ziff. 1.2 auf S. 7 f. und jene zur Meteorologie unter Ziff. 1.3, S. 8, verwertbar sind. Gleiches gilt für die Ausführungen gemäss den Ziff. 1.4.1 Allgemeines zum Verbandflug, 1.4.3 Kommunikation und 1.4.4 Ausbildung auf S. 8 ff. Die Ausführungen zur Vorgeschichte (Ziff. 1.1.2) und zum Flugverlauf (Ziff. 1.1.3) ab S. 4 ff. basieren indes (gemäss den Bemerkungen unter Ziff. 1.1.1, S. 4) auf den Aussagen der beteiligten Personen, des Kursleiters sowie von Augenzeugen, mitunter also auf Aussagen von befragten Personen, die ihre Zustimmung nach Art. 24 VSZV nicht erteilt hatten. Somit sind diese unverwertbar. Hiervon ausgenommen sind wiederum die zum Abschnitt betreffend den Flugverlauf (Ziff. 1.1.3) dazugehörigen Abbildungen auf S. 7 des Berichts. Diese Aufnahmen zeigen die Schäden der an der Kollision beteiligten Flugzeuge und stellen damit einen von den Aussagen der beteiligten Personen unabhängigen Beweis dar. Ferner basieren die Angaben zur Aufgabenverteilung auf S. 9 unter Ziff. 1.4.2 zumindest grösstenteils auf den unverwertbaren Ausführungen von F., womit auch Ziff. 1.4.2 des SUST-Berichts unverwertbar ist. Im Weiteren sind auch die Ausführungen zur Erfahrung der Piloten in Ziff. 1.4.5, S. 10, zum Kollisionswarnsystem Flarm und Transponder in Ziff. 1.4.6., S. 11, die Analyse auf S. 12 ff. sowie die Schlussfolgerungen ab S. 14 nicht verwertbar, da sie sich auf die Aussagen der Beteiligten stützen und darauf basierend Schlussfolgerungen gezogen wurden. Dies gilt auch für die Sicherheitsempfehlungen gemäss Ziff. 4, da diese auf den vorhergehenden, unverwertbaren Ausführungen des SUST-Berichts basieren.
1.2.1.7 Die BA bemängelt schliesslich, dass die Folgerung der angeblichen Unverwertbarkeit des SUST-Berichts, wo er sich auf die Aussagen der befragten Personen stütze, dem von der Schweiz zu Ziff. 5.12 des Anhangs 13 des ICAO-Übereinkommens angebrachten Vorbehalt zuwiderlaufe. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass bereits der Wortlaut des streitbetroffenen Vorbehalts einem solchen Einwand entgegensteht. Der von der Schweiz angebrachte Vorbehalt weist ausdrücklich auf den Schutz von Art. 24 VSZV hin und sieht entsprechend sinngemäss vor, dass der SUST und den schweizerischen Strafverfolgungsbehörden lediglich Informationen, welche der SUST nicht in Berufung auf den Schutz von Art. 24 VSZV gegeben wurden, gleichermassen zur Verfügung stehen sollen. Ein in der Argumentation der BA angedeuteter Konflikt zwischen Völkerrecht und Landesrecht liegt somit nicht vor. Im Übrigen kann offenbleiben, inwiefern es zwischen einer rechtsmodifizierenden bzw. -befreienden Vorbehaltserklärung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (vgl. Definition des Vorbehaltsbegriffs in Art. 2 Ziff. 1 lit. d des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge [ SR 0.111]) und einer ausführenden Norm des Landesrechts, die gerade auf dem aus der rechtsbefreienden Wirkung des Vorbehalts resultierenden Ermessenspielraum gründet, überhaupt zu einer Kollision kommen kann.
1.2.2
Beweismittel
1.2.2.1
Aussagen des Berufungsgegners
Nach Aussagen des Berufungsgegners im Untersuchungsverfahren und vor der Vorinstanz ereignete sich der massgebliche Formationsflug auf einer Vorführung in Y. (SG) anlässlich eines lokalen Motorsportanlasses. Er habe mit G., dem für diesen Kurs zuständigen Coach (nachfolgend: G. [«wingman» links]), das geometrische Design von Y., einem hügeligen Gelände, in den Vorführraum von Z. gelegt und diesen Flug mit ihm «gebrieft» (vgl. BA pag. 12-01-0009 Z. 5 ff.; TPF pag. 2.731.005 Z. 17 ff.; 2.731.006 Z. 17 ff.). Am Briefing hätten alle involvierten Piloten, auch H. (nachfolgend: H. [«wingman» rechts]), teilgenommen (TPF pag. 2.731.006 Z. 6 f.). Beim Briefing seien die Sequenzierung der Flugelemente mit der geografischen Anordnung, die entsprechenden Flughöhen und das Energiemanagement aufgrund der unterschiedlichen Performances besprochen worden (BA pag. 13-01-0009 f. Z. 32 ff.). Ein möglicher Sichtverlust sei am Briefing vor dem Flug jedoch nicht angesprochen worden (BA pag. 13-01-0011 Z. 1 ff.). Ein solcher sei nicht geplant gewesen bzw. hätte gar nicht entstehen müssen, da die Ausgangssituation im Formationsflug «tiefgestaffelt» gewesen sei und der PC DUE (gemeint «wingman» links [C.]) sich am «leader» orientieren, d.h. diesen sehen müsse, um seine Position zu diesem richtig einschätzen zu können (BA pag. 13-01-0010 Z. 27 ff.; TPF pag. 2.731.007 Z. 3 ff.). Ein «leader» sei für die räumliche, horizontale und vertikale Lage der Formation und das Energiemanagement zuständig. Er sei dafür verantwortlich, dass der Flugweg der Formation nicht in Konflikt mit dem Gelände oder einem anderen Flugobjekt komme und habe insgesamt die sichere Durchführung der Gesamtformation zu garantieren (BA pag. 13-01-0008 Z. 10 ff.; TPF pag. 2.731.004 f. Z. 40 ff.).
Die Kollision habe sich wie folgt ereignet: Sie seien kurz nach 17:00 Uhr Lokalzeit in einer Dreierformation – er als «leader» in der Stearman, die zwei anderen Piloten als «wingmen» in den zwei PC-7 – in Z. «in Sequenz» nacheinander gestartet. Erst seien sie nach Norden gestiegen und hätten sich in der Formation «Pfeil» gesammelt, die Stearman in der Mitte hoch und die beiden PC-7 zurück und tief. Nach einigen Manövern sei der Verband in der Formation Pfeil in die Vorführzone über dem Flugplatz Z. geflogen. Über Funk habe er als Verbandsleader das Kommando für die nächste Formation «Racetrack» gegeben. Dabei fliege das Flugzeug eine halbe Umkehrkurve («wingover») nach links. Wegen des Performanceunterschieds der Flugzeuge hätten die PC-7 dabei einen grösseren Weg zu fliegen als die Stearman. Es sei geplant gewesen, dass die Flugzeuge gleichzeitig steigen, wodurch sich die Stearman verlangsame, während die beiden PC-7 beschleunigen würden. Die PC-7 DUE (gemeint «wingman» links) sei dann hinter die Stearman auf gleiche Höhe, d.h. auf deren Flugebene, gekommen, habe beschleunigt und dabei hätten sich die Stearman und die PC-7 am Flügel berührt (BA pag. 13-01-0006 f. Z. 11 ff.; TPF pag. 2.731.007 Z. 29 ff.; 2.731.008 f. Z. 43 ff., 2.731.011 Z. 2 ff.). Geplant gewesen sei, dass der PC-7 DUE unter der Stearman durchfliege (BA pag. 13-01-0017 Z. 3). Hinsichtlich des Sichtverlustes erklärte der Berufungsgegner, dass die «wingmen» den «leader» generell immer zu sehen hätten (BA pag. 13-01-0011 Z 15 ff.) und ein Sichtverlust nicht geplant gewesen sei (TPF pag. 2.731.008 Z. 36 ff.). Zur Kommunikation im Falle eines Sichtverlustes, erwähnte er die Pflicht zum «blind-call» desjenigen, der den Sichtverlust habe (TPF pag. 2.731.008 Z. 25 f.). Zur Kollision sei es gekommen, weil es eine Sichtverlustsituation mit anschliessendem konvergierendem Vektor gegeben habe (TPF pag. 2.731.009 Z. 23 f.). Die PC-7 DUE habe aufgrund der Cockpitsituation und der Position der Flügel die Stearman nicht sehen können, und er als «leader» habe die PC-7 DUE nicht mehr sehen können, weil sich diese in einem toten Winkel befunden habe. Letzteres sei seiner Ansicht nach so nicht geplant gewesen (BA pag. 13-01-0010 Z. 5 ff.; BA pag. 13-01-0016 Z. 31 ff.). Er habe beim Hochziehen die PC-7 TRE, d.h. den «wingman» rechts, gesehen, habe aber primär beobachten müssen, wo die Formation sich hinbewege und ob der Luftraum frei sei (BA pag. 13-01-0010 Z. 18 ff.). Seines Erachtens liege ein «honest mistake» vor (BA pag. 13-01-0010 Z. 14 f.).
Anlässlich der Berufungsverhandlung vom 9. September 2021 bestätigte und präzisierte der Berufungsgegner seine bisherigen Aussagen im Wesentlichen. Er sei nach wie vor der Auffassung, dass der Programmablauf in Bezug auf diese Frage nicht kritisch gewesen sei und dass der geplante Ablauf gemäss der Flugvorbereitung und dem Briefing, das vor dem Flug stattgefunden habe, an sich korrekt gewesen seien. Ein Sichtverlust in dieser Phase sei nicht notwendig und auch nicht zu erwarten gewesen (CAR pag. 7.401.003 Z. 24 ff.; vgl. auch CAR pag. 7.401.006 Z. 17 ff.). Das Programm habe er gemeinsam mit G. («wingman» links) vorbereitet. Dieser habe das Programm «designed» und ihm erklärt, wie er die räumlichen Elemente sehe und wie sie das in den Trainingsraum verlegen würden (CAR pag. 7.401.005 Z. 19 ff.). Die Aufzeichnung des Programms habe insofern stattgefunden, als auf der Briefingnotiz (standardisiertes Formular) die «sequence of events», die Höhe, die Einleitungsgeschwindigkeit, die Kommandos, die Frequenzen und die «contingency procedures» eingetragen würden (CAR pag. 7.401.006 Z. 12 ff.). Der Sichtverlust sei nicht thematisiert worden und es habe sich auch gezeigt, dass der «wingman» rechts ebenfalls nicht von einem Sichtverlust ausgegangen sei (CAR pag. 7.401.006 Z. 10 ff.). Seine bisher getätigten Aussagen zu den Verantwortlichkeiten der Piloten im Formationsflug (Sichtkontakt, Flugweg, Position etc.) bestätigte der Berufungsgegner vollumfänglich. Man könne ja nicht nach vorne fliegen und nach hinten schauen und von hinten kommenden Flugzeugen ausweichen. Rückspiegel habe es auch keine (CAR pag. 7.401.008 Z. 17 ff.). Auch bestätigte er seine bisherigen Aussagen betreffend Sichtverlust (Reaktion) (CAR pag. 7.401.006 Z. 30 ff.). Insofern komme es auf das Geplante an. Er habe einen Sichtverlust stets progressiv gemeldet (CAR pag. 7.401.006 Z. 38 ff.). Schliesslich bestätigte er seine bereits getätigten Aussagen zur Kollisionsursache. So sei der Vektor des Flugzeuges G. («wingman» links) im Moment des Formationswechsels konvergierend mit dem Vektor des vom Berufungsgegner pilotierten Flugzeugs gewesen. Dies habe dazu geführt, dass die beiden Separationsebenen horizontal und vertikal gleichzeitig nicht mehr eingehalten worden seien, was die Berührung erst möglich gemacht habe. Normalerweise seien die Flugzeuge zweidimensional, d.h. lateral und vertikal, separiert, sodass eine Separationsunterschreitung in einer Dimension keine Auswirkung habe (CAR pag. 7.401.005 Z. 6 ff.). Weshalb es zu einer gewissen Überschneidung der Flugwege der beiden Flugzeuge kam, konnte sich der Berufungsgegner nicht erklären (CAR pag. 7.401.008 Z. 30 ff.).
1.2.2.2
Aussagen des Zeugen G.
Im Untersuchungsverfahren und vor Vorinstanz bestätigte G., das Programm dieses Formationsflugs zusammengestellt zu haben – das Briefing hätte er zusammen mit dem Berufungsgegner gemacht (BA pag. 12-01-0008 Z. 1 ff.). Dieses sei standardmässig abgelaufen. Es seien die Startreihenfolge, die Flugwege, die Formationen, die Landung und die Funkfrequenz thematisiert worden (BA pag. 12-01-0008 Z. 15 ff.). Sämtliche involvierten Piloten – auch H. – hätten am besagten Briefing teilgenommen (BA pag. 12-01-0008 Z. 7 ff.). Er hätte sich damals genau überlegt, wo die Schwierigkeiten bezüglich der Boeing Stearman – der vom Berufungsgegner als «leader» gesteuerte Doppeldecker – liegen würden und ein entsprechend «sicheres Programm» zusammengestellt (TPF pag. 2.761.010 Z. 12 ff.). Zum Sichtverlust hielt er fest, dass es bei der Separation eine Phase gegeben habe, in der er aufgrund der Position die Stear-man nicht mehr gesehen habe, umgekehrt jedoch schon. Er habe mit der anderen PC-7 so Blickkontakt gehabt, so dass sie sich gegenseitig gesehen hätten und zusammen gestiegen seien. Der Sichtverlust sei ihm zuvor klar bewusst gewesen (BA pag. 12-01-0009 Z. 9 ff.; TPF pag. 2.761.006 Z. 27 ff.), weshalb man anlässlich des Briefings nicht speziell darauf eingegangen sei. Ein ungeplanter Sichtverlust werde generell gemeldet. Im Flugverband würden Sichtverluste jedoch immer wieder eingeplant und seien dann entsprechend nicht zu melden (TPF pag. 2.761.006 Z. 34 ff.). Für ihn sei der Sichtverlust hier geplant gewesen, weshalb er ihn auch nicht gemeldet habe (TPF pag. 2.761.007 Z. 9 ff.). Seiner Auffassung nach habe im Nachhinein betrachtet diesbezüglich ein Missverständnis vorgelegen (BA pag. 12-01-0010 Z. 3; TPF pag. 2.761.007 f. Z. 39 ff.).
Bezüglich Aufgabenverteilung habe der «leader» immer die Verantwortung zur Führung des Verbands. Die Aufgabe des «wingmans» sei es, dem «leader» zu folgen, diesem nicht zu nahezukommen und keine kritischen Situationen zu erlauben (TPF pag. 2.761.004 Z. 7 ff). Der «wingman» müsse dem «leader» in sicherer Distanz nachfliegen und dürfe diesen nicht touchieren. In der Formation müsse der Sichtkontakt immer gewährleistet sein (BA pag. 12-01-0009 Z. 1 ff.). Die Ausgangslage sei die Formation «Pfeil» gewesen. Die Flugzeuge hätten dann begonnen zu steigen, wobei geplant gewesen sei, dass die schnelleren Flieger («wingmen») langsam steigend an der Stearman vorbeifliegen würden, so dass der Pilot der Stearman die «wingmen» hätte sehen können. In dieser Phase habe er den Blickkontakt zur Stearman verloren, weil diese durch die Flügel der PC-7 abgedeckt gewesen sei. Die Stearman sei dann von unten gekommen und habe seinen rechten Flügel touchiert (BA pag. 12-01-0006 f. Z. 12 ff.; BA pag. 12-01-0009 Z. 10 ff.). Das Aufsteigen sei zeitgleich, aber höhenmässig und geschwindigkeitsmässig versetzt geplant gewesen (TPF pag. 2.761.007 Z. 22 ff.). Der Befehl für dieses Flugmanöver sei nicht ein «Grande», sondern ein «Separe», gewesen (TPF pag. 2.761.006 Z. 1 f.). Zur Kollision sei es seines Erachtens (rückblickend) gekommen, weil eben dieses Missverständnis bezüglich Sichtverlust vorgelegen habe und der «leader» das vertikale Manöver wahrscheinlich zu früh eingeleitet habe (TPF pag. 2.761.009 Z. 1 ff.). Im Rahmen der Flugvorbereitung habe er aber nicht merken können, dass etwas falsch verstanden worden sei (BA pag. 12-01-0010 Z. 1 ff.).
Anlässlich der Berufungsverhandlung vom 9. September 2021 bestätigte und präzisierte G. seine bisherigen Aussagen. Beim Briefing hätten sich alle ihre Notizen gemacht (CAR pag. 7.601.004 Z. 14 ff.). Es sei vorgesehen gewesen, dass die leistungsstärkeren Flugzeuge seitlich langsam wegsteigen würden (CAR pag. 7.601.004 f. Z. 42 ff.). Bei diesem Manöver sei nicht geplant gewesen, dass sich Flugzeuge in die Quere kommen würden (CAR pag. 7.601.005 Z. 14 ff.). Es sei eine klare Trennung der beiden, total unterschiedlichen Flugzeuge gewesen. In der ersten Phase habe man die drei Flugzeuge in der Enveloppe des Doppeldeckers gezeigt. Dann seien die Leistungsstarken weggestiegen. Mit der Höhe, die man in der Zwischenzeit gewinne für den Doppeldecker und den beiden PC-7, sei angedacht gewesen, dass dann der Doppeldecker sein SoIoprogramm fliege. In der Zwischenzeit würden sich die beiden PC-7 formieren und hätten ihr gemeinsames Programm weiterfliegen wollen. Es sei eine klare Separation der unterschiedlichen Flugzeuge gewesen (CAR pag. 7.601.005 Z. 20 ff.). Anscheinend sei es zu einem Sichtverlust gekommen (CAR pag. 7.601.005 Z. 37 ff.). Ein Sichtverlust werde nur gemeldet, wenn man wegen schlechten Wetters jemanden in der Formation verloren habe, aber kurzfristiges Nichtsehen komme immer wieder vor. Es sei aber kein Grund zur Panik, denn dann sei das normal (CAR pag. 7.601.006 Z. 5 ff.). Aus seiner Sicht hätte es keinen Sichtverlust geben sollen und er habe einen solchen auch nicht erwartet (CAR pag. 7.601.006 Z. 23 ff.). Zu den Verantwortlichkeiten des «leaders» und «wingman» im Formationsflug erklärte G., dass im Prinzip sich beide immer sehen sollten, aber man müsse wissen, wo sich die anderen in der Formation jeweils befinden würden (CAR pag. 7.601.006 Z. 43 ff.). Die hinterherfliegenden Piloten könnten nicht gesehen werden, aber man müsse wissen, wo sie jeweils fliegen würden. Am Flugzeug gäbe es keine Rückspiegel und der Pilot sehe nur das, was sich in seinem Blickwinkel befinde (CAR pag. 7.601.007 Z. 1 ff.). Das Ganze sei seines Erachtens ein Missverständnis gewesen (CAR pag. 7.601.007 Z. 15 f.).
1.2.2.3
Aussagen des Zeugen H.
H., im Formationsflug in der Rolle des «wingman» rechts (BA pag. 12-02-0009 f. Z. 1 ff.), konnte sich im Vorverfahren nicht mehr an die Details des Briefings vor dem Flug erinnern. An einem Briefing bespreche man den Ablauf, den Einstieg, das Funken, den Start, den Flugablauf, die Landung, auch Sperrzonen und Gefahren (BA pag. 12-02-0010 Z. 15 ff.; BA pag. 12-02-0011 Z. 2 ff.). Er dementierte die Feststellung im SUST-Bericht, er habe am Briefing nicht teilgenommen (BA pag. 12-02-0010 Z. 19 ff.; BA pag. 12-02-0012 Z. 15 ff.). Die Frage, ob er durchgehend Sichtkontakt zu den beiden anderen Flugzeugen gehabt habe, bejahte er und gab an, dass dies eine Grundregel des Formationsfluges sei und man sofort per Funk melden müsse, wenn man Sichtkontakt verliere (BA pag.12-02-0011 Z. 24 ff.). Zu den Aufgaben eines «wingmans» gehöre es ausserdem, die Position zum «leader» oder «underleader» zu halten (BA pag. 12-02-0011 Z 18 ff.).
1.2.2.4
Aussagen des Zeugen F.
Der Zeuge F. erklärte vor der Vorinstanz, dass der «leader» die Formation führe und die Flügelmänner hinterher fliegen würden. Der «leader» sei verantwortlich für die Flugeinteilung, das Energiemanagement und den Flugweg (TPF pag. 2.762.005 Z. 9 ff.). Der «leader» sei generell für die Separation zum Gelände verantwortlich, weil die Flügelmänner ja immer auf ihn schauen würden. Die anderen Piloten hätten aber auch eine Verantwortung, so müsse der «underleader» sicherstellen, die Position des «leaders» zu kennen (TPF pag. 2.762.008 Z. 22 ff.). Das Manöver «Pfeil» werde normalerweise «Höhen-separiert» geflogen, wobei die Flügelmänner zwei Meter gestuft nach unten die Formation mitfliegen würden, während der «leader» vorne wegfliege (TPF pag. 2.762.007 f. Z. 33 ff.). Die Auflösung aus der Formation «Pfeil» würde er so gestalten, dass der «leader» in die Vertikale gehe und die anderen Flugzeuge mehr oder weniger weiterfliegen würden, damit es für die Zuschauer attraktiv ausschaue (TPF pag. 2.762.008 Z. 12 ff.). Eine Trennung des Verbandes, wie es im vorliegenden Fall im Raume stehe, kenne er indes nur Im Hinblick auf Landemanöver, wobei sich da die Flugzeuge jeweils einzeln aus dem Verband nach oben steigend lösen und dann auf eine Seite drehen würden (TPF pag. 2.762.006 Z. 8 ff.).
1.2.3
Beweisergebnis
1.2.3.1 Zu den allgemeinen Umständen des Übungsflugs für eine Flugvorführung vom […] 2016 gilt es zunächst festzuhalten, dass der Berufungsgegner im Besitz der für die Flugdurchführung erforderlichen Lizenzen und Berechtigungen war (BA pag. 11-01-0004). Der fliegerische Leumund gibt keinen Anlass zu Bemerkungen (TPF pag. 2.662.002 f.). Beide Luftfahrzeuge waren ordnungsgemäss zum Verkehr zugelassen und im Zeitpunkt des Unfalls in technisch einwandfreiem Zustand (BA pag. 11-01-0022). Zu den Witterungsverhältnissen am Unfalltag gilt es festzuhalten, dass die Sicht rund 40 km betrug. Das Wetter war trocken und windschwach. Quellwolken und Felder von Altocumuli bedeckten den Himmel etwa hälftig (BA pag. 11-01-0009). Was die menschliche Sehfähigkeit anbelangt, so machte der Berufungsgegner zu keinem Zeitpunkt des Strafverfahrens geltend, aus anderen gesundheitlichen Gründen oder wegen Sonnenblendung eine eingeschränkte Sicht gehabt und infolgedessen die C. nicht gesehen zu haben. Es ist daher von einem weder gesundheitlich noch anderweitig eingeschränkten Verkehrsteilnehmer in der Luft auszugehen.
1.2.3.2 Hinsichtlich der Flugvorbereitung ist der Vorinstanz zuzustimmen, dass angesichts der besonderen Ausgangslage des Flugvorführungs- und Verbandsflugkurses in Z. unklar ist, inwieweit der Berufungsgegner vom (für die Zusammenstellung des Programms verantwortlichen) Coach G. nicht nur in der Planung des Verbandsfugs, sondern auch im Briefing unterstützt wurde. Gemäss den übereinstimmenden Aussagen kann indes davon ausgegangen werden, dass die Flugvorbereitung, d.h. sowohl die Planung als auch das Briefing, vom Berufungsgegner zusammen mit dem Coach vorgenommen wurde. Erstellt ist ferner, dass – entgegen dem SUST-Bericht – nicht nur der Berufungsführer und G., sondern auch H., der «wingman» rechts, und wohl auch die «backseater» an diesem Briefing teilgenommen haben. Der exakte Inhalt des Briefings kann anhand der vorliegenden (verwertbaren) Beweismittel nicht vollständig rekonstruiert werden. Die Aussagen sämtlicher einvernommener Personen hierzu sind zu vage, was mit Blick auf die seit dem Vorfall vergangenen Zeit nachvollziehbar erscheint. Nach den dargelegten übereinstimmenden Aussagen ist davon auszugehen, dass das Briefing im Sinne der zutreffenden vorinstanzlichen Annahme zugunsten des Berufungsgegners dem praxisgemässen Standard entsprochen hat.
1.2.3.3 In Bezug auf das geplante Flugmanöver gilt in Übereinstimmung mit der Vorinstanz festzuhalten, dass nicht mehr ermittelbar ist, welches Manöver kurz vor der Streifkollision geplant war. Dies lässt sich aufgrund der vagen und differierenden Aussagen der einvernommenen Personen nicht (mehr) eindeutig feststellen. Ebenso wenig ist erstellt, ob überhaupt Einigkeit hinsichtlich des geplanten Manövers bestanden hat oder ob bereits ein Missverständnis hinsichtlich des Manövers respektive des Ablaufs der Trennung des Verbandes herrschte. Der Berufungsgegner ging nämlich aufgrund der tiefgestaffelten Ausgangsformation davon aus, dass die beiden PC-7 unter der Stearman durchfliegen würden, während G. überzeugt war, dass diese steigend an der Stearman vorbeiziehen würden. Unstrittig ist, dass es bei diesem Übungsflug für eine Flugvorführung zu einer Berührung zwischen der vom Berufungsgegner pilotierten Stearman und der von G. gesteuerten PC-7 gekommen ist. Ebenfalls unbestritten ist, dass beide Flugzeuge aufgrund der Kollision Schäden davontrugen. Die Stearman erlitt gemäss den verwertbaren Fotografien der SUST (vgl. supra E. II.1.2.1.6) einen Schaden am linken oberen Aussenflügel, der nach unten abgeknickt ist. Die von G. gesteuerte PC-7 wies nach der Kollision am äusseren Rand des rechten Flügels Beschädigungen vor. Der Berufungsgegner gab an, dass die Stearman nach der Kollision weiterhin steuerbar gewesen sei. Nach dem Vorfall konnten sämtliche Piloten nacheinander landen und keine der beteiligten Personen kam zu Schaden.
1.2.3.4 Zum allfälligen Sichtverlust ergibt sich aufgrund der vorliegenden (verwertbaren) Beweismittel kein eindeutiges Bild. Es gilt zunächst festzuhalten, dass dieser anlässlich der wohl praxisgemäss erfolgten Flugvorbereitung nicht speziell thematisiert wurde, ging doch einzig G. von einem solchen aus, während sowohl der Berufungsgegner als auch H. keinen Sichtverlust erwartet hatten. Während der Berufungsgegner und H. stets Sichtkontakt zueinander und Letzterer auch zu G. hatte, verloren der Berufungsgegner als «leader» und G. als «wingman» links den Sichtkontakt, als sie zeitgleich, aber höhenmässig versetzt, den Steigflug einleiteten. Es ist der Vorinstanz beizupflichten, dass sich dabei der Flugweg der tiefgestaffelten, von G. gesteuerten PC-7 mit der Flugebene des «leaders» kreuzte, wobei es aufgrund des Performanceunterschieds letztlich zur Streifkollision kam. Es bleibt unklar, weshalb einzig der Sichtkontakt zwischen «leader» und «wingman» links unterbrochen wurde, nicht aber zwischen den übrigen Beteiligten. Nicht erstellt ist weiter, ob die beiden «wingmen» parallel zueinander flogen und ob sämtliche Piloten ihre Flugrouten wahrten, hätte diesfalls doch die Sichtbarkeit zwischen «leader» und «wingman» links auch gewährleistet sein müssen.
1.2.3.5 Die Frage, weshalb es letztlich zu einer Kollision zwischen der vom Berufungsgegner pilotierten Stearman und der von G. gesteuerten PC-7 kam, lässt sich im Lichte der vorausgehenden Ausführungen vorliegend nicht abschliessend ergründen. Der Berufungsgegner gibt als unmittelbaren Grund für die Kollision der beiden Flugzeuge deren konvergierende Flugwege in einer Situation an, in welcher zwischen ihm und G. ein Sichtverlust herrschte. Weshalb es zu einer gewissen Überschneidung der Flugwege der beiden Flugzeuge kam, kann er sich aber nicht erklären. Er bezeichnet den Vorfall schliesslich als einen «honest mistake». G. dagegen sieht den unmittelbaren Kollisionsgrund darin, dass der «leader» wahrscheinlich das vertikale Manöver zu früh eingeleitet hat, schätzt dieselbe Situation jedoch auch als Missverständnis ein.
1.2.3.6 Die Frage bezüglich der Verantwortungsbereiche von Piloten mit verschiedenen Rollen im Formationsflug bildet eine Rechtsfrage, auf die nochmals zurückzukommen sein wird (vgl. infra E. II.1.4.4). Die diesbezüglichen Aussagen der befragten Personen sind in diesem Zusammenhang zu würdigen.
1.3
Tatbestandselemente
1.3.1
Nach Art. 237 Ziff. 1 Abs. 1 i.V.m. Ziff. 2 StGB macht sich strafbar, wer fahrlässig den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr in der Luft hindert, stört oder gefährdet und dadurch Leib und Leben von Menschen in Gefahr bringt.
1.3.2
Der Tatbestand von Art. 237 StGB kann nur erfüllt werden, sofern sich das inkriminierte Verhalten im öffentlichen Verkehr zugetragen hat. Öffentlich ist der Verkehr, wenn er sich an Orten abwickelt, die nicht bloss dem privaten Gebrauch dienen, sondern einem unbestimmten Benutzerkreis geöffnet sind ( BGE 101 IV 173 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen, S. 175 m.w.H.). Dabei ist unwesentlich, wenn die Benützung nach Art und Zweck eingeschränkt ist, sofern nur allgemeine Zugänglichkeit gegeben ist ( BGE 102 IV 26 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen, S. 28; BGE 105 IV 41 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2b; Fiolka, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 237 StGB N. 11). Der Luftraum, der im Flugrecht als frei von Privateigentum, d.h. im Gemeingebrauch stehend betrachtet wird, steht dem Flugverkehr allgemein offen. Vorbehältlich klar umschriebener Ausnahmen ist der ganze Luftraum dem öffentlichen Verkehr zugänglich ( Art. 1 LFG) und es kann daher grundsätzlich überall in der Luft der Tatbestand von Art. 237 StGB erfüllt werden ( BGE 102 IV 26 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen, S. 27 m.w.H.; BGE 105 IV 41 E. 2. BGE Als Filter hinzufügen Link öffnena). Bei Start und Landung von Flugzeugen im Bereich des erdnahen beanspruchten Luftraumes ist allerdings zwischen Flughäfen und Flugfeldern zu unterscheiden. Flugplätze nach Art. 36 ff. LFG dienen dem öffentlichen Verkehr, unterstehen einem allgemeinen Zulassungszwang und sind ihrer Natur nach einem unbestimmbaren Kreis von Nutzern zugänglich, womit auch der An- und Wegflug als öffentlicher Verkehr im Sinne von Art. 237 StGB zu gelten hat. Steht das Starten und Landen von Flugzeugen indes nicht einem unbestimmten Benutzerkreis zur Verfügung, so handelt es sich um ein Flugfeld. Diesfalls fallen An- und Wegflug nicht unter den Begriff des öffentlichen Verkehrs im Sinne von Art. 237 StGB (vgl. BGE 102 IV 26 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen, S. 27 f.).
1.3.3
Der Tatbestand von Art. 237 StGB schützt das Leben und die körperliche Unversehrtheit der am öffentlichen Verkehr teilnehmenden Personen ( BGE 106 IV 370 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2a; BGE 100 IV 55 E. 5 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen). Tatbestandsmässig ist jedes Verhalten, welches eine Erhöhung der dem Verkehr immanenten Gefahr zur Folge hat ( Trechsel/Coninx, Praxiskommentar, 4. Aufl. 2021, Art. 237 StGB N. 10; Fiolka, a.a.O., Art. 237 StGB N. 18). Der Erfolg besteht in der konkreten Gefährdung von Leib und Leben mindestens eines Menschen. Konkrete Gefährdung bedeutet eine nahe und ernsthafte Wahrscheinlichkeit, dass es zur Tötung oder Verletzung von Personen kommt. Was die tatbestandsmässige Wahrscheinlichkeit von Tötung oder Verletzung angeht, verlangt das Bundesgericht kein Höchstmass an Gefährdung, also das Ausbleiben des Erfolgs wegen eines «ausserordentlichen Glücksfalls», sondern lässt es genügen, dass das durch die Störung entstandene Risiko gemeistert werden konnte «und hinterher nicht eine besonders hohe Wahrscheinlichkeit der Katastrophe festgestellt werden kann». Ob eine konkrete Gefährdung zu bejahen ist, beurteilt sich nicht allein nach dem, was schliesslich eingetreten ist, sondern es kommt darauf an, ob das fragliche Vorkommnis nach dem normalen Gang der Dinge die Verletzung eines Menschen ernstlich wahrscheinlich gemacht hat. Art. 237 StGB ist deshalb auch anwendbar, wenn der Eintritt eines schädigenden Erfolgs, durch Zufall oder durch das Verhalten der Beteiligten, verhütet wird ( BGE 134 IV 255 E. 4.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen; BGE 106 IV 121 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 3c; Urteile des Bundesgerichts 6B_779/2009 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 12. April 2010 E. 2.2.1 sowie 6S.312/2003 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 1. Oktober 2003 E. 2.2).
1.3.4
Fahrlässig handelt, wer die Folgen seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedacht oder darauf nicht Rücksicht genommen hat (Art. 12 Abs. 3 Satz 1 StGB). Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist (Art. 12 Abs. 3 Satz 2 StGB). Wo besondere Normen ein bestimmtes Verhalten gebieten, bestimmt sich das Mass der dabei zu beachtenden Sorgfalt in erster Linie nach diesen Vorschriften; das Gleiche gilt für entsprechende allgemein anerkannte Verhaltensregeln, auch wenn diese von einem privaten oder halböffentlichen Verband erlassen wurden und keine Rechtsnormen darstellen ( BGE 130 IV 7 E. 3.3 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen). Das schliesst jedoch nicht aus, dass der Vorwurf der Fahrlässigkeit auch auf allgemeine Rechtsgrundsätze wie etwa den allgemeinen Gefahrensatz gestützt werden kann ( BGE 135 IV 56 E. 2.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen; BGE 134 IV 193 E. 7.2 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen). Eine Sorgfaltspflichtverletzung liegt nur vor, wenn die zum Erfolg führenden Geschehensabläufe für den Täter mindestens in ihren wesentlichen Zügen voraussehbar waren und der Täter eine Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte voraussehen beziehungsweise erkennen können und müssen. Für die Beantwortung dieser Frage gilt der Massstab der Adäquanz, wonach das Verhalten geeignet sein muss, um nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den Erfahrungen des Lebens einen Erfolg wie den eingetretenen herbeizuführen oder mindestens zu begünstigen. Die Vorhersehbarkeit der zu beurteilenden Ursache für den Erfolg ist nur zu verneinen, wenn ganz aussergewöhnliche Umstände, wie das Mitverschulden eines Dritten oder Material- oder Konstruktionsfehler als Mitursache hinzutreten, mit denen schlechthin nicht gerechnet werden musste und die derart schwer wiegen, dass sie als wahrscheinlichste und unmittelbarste Ursache des Erfolgs erscheinen und so alle anderen mitverursachenden Faktoren – namentlich das Verhalten des Beschuldigten – in den Hintergrund drängen ( BGE 135 IV 56 E. 2.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen; BGE 134 IV 193 E. 7.3 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen, jeweils mit Hinweisen). Damit der Eintritt des Erfolgs auf das pflichtwidrige Verhalten des Täters zurückzuführen ist, genügt seine blosse Vorhersehbarkeit nicht, sondern der Erfolg muss auch vermeidbar gewesen sein. Anhand eines hypothetischen Kausalverlaufs ist zu prüfen, ob der Erfolg bei pflichtgemässem Verhalten des Täters ausgeblieben wäre. Der tatbestandliche Erfolg ist dem Täter zuzurechnen, wenn sein Verhalten mindestens mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Ursache des Erfolges bildete ( BGE 135 IV 56 E. 2.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen; Urteil des Bundesgerichts 6B_779/2009 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 12. April 2010 E. 3.3.1, jeweils mit Hinweisen).
1.4
Subsumtion
1.4.1
Gemäss dem Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) ist der Flugplatz Z. ein ehemaliger Militärflugplatz und gilt (zumindest im Tatzeitpunkt) als Flugfeld (vgl. Sachplan Verkehr, Teil Infrastruktur Luftfahrt vom 2. September 2020, 15. Serie, GL-1, S. 1, abrufbar unter: […] [zuletzt konsultiert am 12. Januar 2021]). Demnach ist der Flugplatz Z. ein privates Flugfeld und darf von auswärtigen Piloten nur mit einer Anflugbewilligung angeflogen werden (Betriebskonzept und Konformitätsüberprüfung Flugplatz Z., März 2009, S. 14, abrufbar unter: […] [zuletzt konsultiert am 12. Januar 2022]). Damit wird anderen Flugzeugen das Landen und Starten nur auf Gesuch hin erlaubt. Insofern ist – was die Beanspruchung des erdnahen, bei Landung und Start beanspruchten Luftraumes auf dem Flugfeld Z. betrifft – nicht von öffentlichem Verkehr im Sinne von Art. 237 StGB auszugehen (vgl. BGE 102 IV 26 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen, S. 27). Im zu beurteilenden Fall kam es in einer Flughöhe von rund 1200 ft (Fuss) über dem Flugplatz Z. zur Streifkollision und damit gerade nicht im Bereich des erdnahen beanspruchten Luftraumes bei Start und Landung. Der Luftraum steht schon naturgemäss einem unbestimmten Benutzerkreis offen, ist allgemein zugänglich und hat somit als öffentlich zu gelten. Dies gilt auch für den Luftraum über dem Flugplatz Z., sofern es nicht den erdnahen, bei Start und Landung beanspruchten Luftraum betrifft. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass während des Flugvorführungskurses eine sog. «danger area» publiziert wurde, diente diese doch lediglich dazu, auswärtige Luftraumbenutzer auf die Trainingstage aufmerksam zu machen. Dies vermindert die Zugänglichkeit des Luftraums aber nicht (vgl. BA pag. 13-01-0018). Die diesbezüglichen Einwände des Berufungsgegners laufen deshalb ins Leere. Nach dem Gesagten befanden sich die beiden Luftfahrzeuge (B. [«leader»]; C. [«wingman» links]) im Zeitpunkt der Kollision in dem, dem öffentlichen Verkehr zugänglichen Luftraum (vgl. Art. 1 Abs. 1 LFG; BGE 105 IV 41 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2a m.w.H.).
1.4.2
Hinsichtlich der dem Berufungsgegner vorgeworfenen Sorgfaltspflichtverletzungen bringt die BA Folgendes vor:
1.4.2.1 Die Vorinstanz widerspreche sich, wenn sie zuerst festhalte, dass der exakte Inhalt des Briefings anhand der vorliegenden, verwertbaren Beweismittel nicht vollständig rekonstruiert werden könne, weil die Aussagen sämtlicher einvernommenen Personen hierzu zu vage seien, um im Anschluss dann festzustellen, dass nach übereinstimmenden Aussagen davon auszugehen sei, dass das Briefing dem praxisgemässen Standard entsprochen habe. Die Vorinstanz habe ebenfalls festgehalten, dass ein möglicher Sichtverlust anlässlich des Briefings nicht speziell thematisiert worden sei. Die Vorinstanz komme dann zur Schlussfolgerung, dass der Sichtverlust nicht geplant gewesen sei und deshalb die Kollisionsvermeidung auch nicht generell in die Verantwortung des «leaders» gestellt werden könne, sondern das vielmehr die Verantwortung bei den «wingmen» gelegen habe. Offensichtlich sei es nicht nur zu einem Missverständnis bezüglich Voraussehbarkeit des Sichtverlustes gekommen, sondern zwangsläufig auch betreffend die diesbezügliche Kommunikation. Die Schlussfolgerung der Vorinstanz sei nicht nachvollziehbar (CAR pag. 7.200.008). Zur Planung des Flugmanövers kritisiert die BA, dass die Vorinstanz festgehalten habe, es sei unklar gewesen, welches Flugmanöver vor der Streifkollision geplant gewesen sei. Gemäss Vorinstanz lasse sich das geplante Flugmanöver aufgrund vager und differierender Aussagen der einvernommenen Personen nicht mehr eindeutig feststellen. Die Vorinstanz habe ebenfalls festgehalten, dass es auch nicht erstellt sei, ob überhaupt Einigkeit hinsichtlich des geplanten Manövers bzw. dem Ablauf der Trennung des Verbandes geherrscht habe. Es bleibe daher schleierhaft, wie die Vorinstanz davon ausgehen könne, dass der Berufungsgegner eine vollständige Flugvorbereitung durchführt habe. Vielmehr sei aufgrund der Aussagen des Zeugen G. der Eindruck entstanden, dass das Manöver, das sie zuvor noch nie geflogen seien, nur ungenügend abgesprochen worden sei (da alle eine unterschiedliche Wahrnehmung gehabt hätten). Demnach sei gar nicht so klar gewesen, was in der Luft, wie, wann, wo geflogen werden sollte. Somit könne von einer vollständigen Flugvorbereitung keine Rede sein (vgl. Parteivortrag [CAR pag. 7.200.008]).
1.4.2.2 Hinsichtlich des Fliegens der Manöver weist die BA darauf hin, dass gemäss Vorinstanz die Kollisionsvermeidung mit den anderen Flugzeugen nicht per se in der Verantwortung des «leaders» liege, sondern dass eben die «wingmen» für die Einhaltung ihrer Position zum «leader» verantwortlich seien, wie auch für eine genügende Separation der Flugwege. Diese Bemerkungen der Vorinstanz würden sich auf die nach ihrer Ansicht unverwertbaren Aktennotiz, in welcher die Aussagen des Zeugen F. zusammenfassen würden, stützen (CAR pag. 7.200.008). Die Vorinstanz gehe sodann davon aus, dass keine klaren Regelungen zu den Verantwortlichkeiten des «leaders» bestehen würden, allerdings ohne eigene Verifizierungen durch die allgemeinen geltenden Regeln in der Luftfahrt oder falls nötig durch den Beizug eines Experten durchgeführt zu haben. Gehe nämlich die Vorinstanz von der Unverwertbarkeit der Angaben des Zeugen F. in der Aktennotiz zum Telefonat zwischen dem Untersuchungsbeauftragten der SUST und F. vom 1. März 2018 aus, hätte sie die Informationen, wer denn für die eine Kollisionsvermeidung verantwortlich sei, zwingend andernorts einholen müssen. Die Vorinstanz sei befugt, ein ergänzendes Beweisverfahren durchzuführen, was sie auch gemacht habe, jedoch lediglich in unvollständiger Art und Weise. Dessen ungeachtet seien die Aussagen der Beteiligten bezüglich der Verantwortlichkeit des «leaders» eigentlich in den wesentlichen Punkten übereinstimmend. Insbesondere die Aussage des Berufungsgegners bei der BA, der «leader» sei unter anderem dafür verantwortlich, dass der Flugweg der Formation nicht in Konflikt mit anderen Flugobjekten komme, müsse wohl auch innerhalb einer Formation gelten. Es stelle sich daher die Frage, wie die Vorinstanz von einer standardgemässen Flugvorbereitung und korrekt geflogenen Manövern ausgehen könne, wenn drei erfahrene Piloten einen Verbandsflug mit unterschiedlichen «mental pictures» starten würden. Vielmehr sei der Eindruck entstanden, dass die beteiligten Piloten einfach einmal gestartet seien und geschaut hätten, was passieren werde (vgl. Parteivortrag [CAR pag. 7.200.009]).
1.4.2.3 In rechtlicher Hinsicht verkenne die Vorinstanz, dass anhand der geltenden gesetzlichen Bestimmungen sehr wohl nachvollzogen werden könne, wer letztlich für die Flugvorbereitung, d.h. die Planung der Manöver als auch des Briefings, zuständig gewesen sei. Art. 11 Verordnung des UVEK über die Verkehrsregeln für Luftfahrzeuge (VRV-L; SR 748.121.11) i.V.m. SERA.3135 Bst. c) (SERA = Standardised European Rules of the Air [Standardisierte europäische Flugverkehrsregeln]; vgl. Bestimmungen des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 923/2012 der Kommission vom 26. September 2012 zur Festlegung gemeinsamer Luftverkehrsregeln und Betriebsvorschriften für Dienste und Verfahren der Flugsicherung und zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1035/2011 sowie der Verordnungen (EG) Nr. 1265/2007, (EG) Nr. 1794/2006, (EG) Nr. 730/2006, (EG) Nr. 1033/2006 und (EU) Nr. 255/2010) sehe vor, dass die Staffelung zwischen den Luftfahrzeugen im Verband der Verantwortung des Verbandführers unterliege. Die Verantwortung der Piloten ergebe sich auch aus SERA.2010 Bst. a) sowie b). Indem der Berufungsgegner als verantwortlicher Pilot der Stearman und Verbandsleader die Flugvorbereitung, d.h. vor allem bezüglich des Sichtverlusts und der Planung der Flugmanöver, mangelhaft durchgeführt habe und sich daher durch das Hochziehen des Flugzeuges einem seiner «wingman» aufgrund der Performanceunterschiede so angenähert habe, dass es zu einer Kollision kam, habe er sowohl gegen SERA.2010 Bst. a) und b), SERA.3135 Bst. a), SERA.3201 und SERA.3205 wie auch gegen die allgemein gültigen Regeln der Luftfahrt, welche in der Aktennotiz zum Telefonat zwischen dem Untersuchungsbeamten der SUST und F. vom 1. März 2018 dargelegt seien, verstossen (vgl. Parteivortrag [CAR pag. 7.200.010]).
1.4.3
Es ist beweismässig erstellt, dass die Flugvorbereitung, d.h. sowohl die Planung als auch das Briefing, vom Berufungsgegner zusammen mit seinem damaligen Coach G. vorgenommen wurde, wobei nicht vollständig nachvollzogen werden kann, wer letztlich für die Flugvorbereitung, d.h. die Planung der Manöver als auch des Briefings, im Einzelnen zuständig war. Ungewiss bleibt zudem der exakte Inhalt des Briefings, welcher mittels der verwertbaren Beweismittel nicht vollständig rekonstruiert bzw. objektiviert werden kann. Die Aussagen der befragten Personen hierzu verbleiben im vagen Bereich. Dementsprechend muss zugunsten des Berufungsgegners davonausgegangen werden, dass das Briefing dem praxismässigen Standard folgte (vgl. supra E. II.1.2.3.2). An dieser Vermutung zugunsten des Berufungsgegners ändert der Umstand, dass der Sichtverlust anlässlich des Briefings nicht speziell thematisiert wurde – entgegen der Vorbringen der BA – nichts. Aufgrund des Beweisergebnisses kann festgehalten werden, dass einzig G. von einem Sichtverlust ausging, während sowohl der Berufungsgegner als auch H., der «wingman» rechts, keinen Sichtverlust erwartet hatten (vgl. supra E. II.1.2.3.4). Es erschliesst sich dem Gericht nicht, inwiefern die Ursache für die von G. verinnerlichte Vorstellung des Flugablaufs mit zu erwartendem Sichtverlust bzw. für den tatsächlich eingetretenen beidseitigen Sichtverlust in einem allfälligen Fehlverhalten des Berufungsgegners anlässlich des Briefings, für die im Übrigen nicht nur er allein, sondern auch G. verantwortlich war, liegen würde. Diesbezüglich verbleibt die Argumentation der BA bisweilen zu pauschal. Aufgrund der dem Gericht zur Verfügung stehenden verwertbaren Beweise ist hinsichtlich des zu erwartenden Eintretens bzw. des zu erwartenden Nichteintretens eines Sichtverlusts von einem Missverständnis der involvierten Personen auszugehen, welches dem Berufungsgegner nicht zum Vorwurf gereicht werden kann. Nach dem Gesagten kann dem Berufungsgegner eine mangelhafte Flugvorbereitung somit weder hinsichtlich der Planung, die dieser nicht alleine vorgenommen hatte, noch hinsichtlich des Briefings, welches dem üblichen Standard entsprach, vorgeworfen werden. Die mangelnde Thematisierung des Sichtverlusts kann ihm ebenso wenig vorgeworfen werden, da er (bei dem von ihm vorgestellten Manöver) von einem solchen gerade nicht ausgehen musste.
1.4.4
Der Berufungsgegner agierte im Rahmen des hier interessierenden Verbandsübungsfluges als Verbandsführer, sog. «leader». Gemäss Art. 11 VRV-L gelten für Flüge im Verband nur die in SERA.3135 vorgesehenen Bedingungen. Gemäss SERA.3135 lit. a wird in einem Verbandsflug einer der verantwortlichen Piloten als Verbandsführer benannt. Gemäss SERA.3135 lit. c unterliegt die Staffelung zwischen den Luftfahrzeugen im Verband der Verantwortung des Verbandsführers und der verantwortlichen Piloten der anderen Luftfahrzeuge des Verbandes und hat Übergangszeiträume zu umfassen, in denen die Luftfahrzeuge zur Erreichung ihrer eigenen Staffelung innerhalb des Verbandes und während der Bildung und der Auflösung des Verbands manövrieren. Es ist der Vorinstanz beizupflichten, dass es keine weiteren Regelungen zur Aufgabe eines «leaders» im Verbandsfluges gibt (vgl. Art. 11 VRV-L). Die von der BA zitierten SERA.2010 Bst. a) und b), SERA.3135 Bst. a), SERA.3201 und SERA.3205 begründen für einen Verbandsführer keine weitergehenden Verpflichtungen, sondern betreffen die Verantwortlichkeiten eines jeden Piloten eines Luftfahrzeuges. Dies lässt sich bereits der Terminologie dieser luftfahrtrechtlichen Bestimmungen entnehmen, womit das diesbezüglich Vorbringen der BA ins Leere stösst. Das Verständnis der Beteiligten betreffend die Verantwortlichkeiten eines Verbandsführers deckt sich im Übrigen weitestgehend mit den in Art. 11 VRV-L i.V.m. SERA.3135 lit. a bzw. lit. c verankerten Verpflichtungen. Demnach ist der «leader» zur Kollisionsvermeidung mit dem Gelände, mit Hindernissen oder anderen Flugobjekten auf dem Flugweg verantwortlich. Sofern die BA einwendet, dass der «leader» darüber hinaus auch innerhalb der Formation für Kollisionsvermeidung verantwortlich sei, vermag sie nicht zu überzeugen. Aufgrund des Beweisergebnisses ist der Vorinstanz darin zuzustimmen, dass der «leader» zur Kollisionsvermeidung mit den anderen Flugzeugen im Verband nicht per se verantwortlich ist. Der Berufungsgegner und sämtliche andere befragten Personen gaben an, dass vielmehr die «wingmen» für die Einhaltung ihrer Position zum «leader» und für eine genügende Separation der Flugwege verantwortlich sind. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der «leader» in seiner Funktion den Verbandflug anführt und regelmässig vorne wegfliegt und über keine Spiegel oder andere (visuelle) Hilfsinstrumente verfügt, um die Vorgänge im Bereich hinter seinem Flugzeug zu erblicken. Kommt hinzu, dass die «wingmen» in der Formation «Pfeil» dem Verbandsführer links und rechts tieferversetzt folgen, womit er Erstere nicht immer im Sichtfeld hat. Es kann somit nicht im Verantwortungsbereich des «leaders» liegen, Kollisionen durch die ihm hinterherfliegenden Flugzeuge zu vermeiden.
1.4.5
Hinsichtlich des Flugmanövers gilt es zunächst festzuhalten, dass es beweismässig unklar geblieben ist, welches Flugmanöver kurz vor der Streifkollision wirklich geplant war. Ebenfalls ist ungewiss, ob bei den beteiligten Piloten darüber Einigkeit oder ob bereits ein Missverständnis hinsichtlich des Manövers respektive des Ablaufs der Trennung des Verbandes herrschte. Der Berufungsgegner und der Zeuge G. hatten unterschiedliche Vorstellungen, wie die Trennung der Formation geflogen werden sollte. Der Berufungsgegner ging aufgrund der tiefgestaffelten Ausgangsformation davon aus, dass die beiden PC-7 unter der Stearman durchfliegen würden, während G. überzeugt war, dass diese steigend an der Stearman vorbeiziehen würden. Weiter gilt es anzumerken, dass es keine einheitliche Regelung für eine Separation bzw. eine Trennung des Verbands respektive die Einleitung eines anderen Manövers im Verbandsflug gibt. Da sowohl der Berufungsgegner als auch G. von einem zeitgleichen Hochsteigen der drei Flugzeuge sprachen, kann im eigentlichen Flugmanöver, d.h. dem Einleiten des Steigfluges selbst, keine Sorgfaltspflichtverletzung gesehen werden. Dies gilt umso mehr, als es auch der als Zeuge einvernommene F. für ein gangbares Vorgehen hielt, wenn der «leader» steigend aus der Formation herauszieht. Das Beweisergebnis lässt auch hinsichtlich des Sichtverlusts kein eindeutiges Bild erkennen. Während der Berufungsgegner und der Zeuge H., «wingman» rechts, einen Sichtverlust nicht erwarteten, ging G., «wingman» links, aufgrund seiner Erfahrung gerade von einem solchen aus. Der gegenseitige Sichtverlust erfolgte sodann zwischen dem Berufungsgegner als «leader» sowie G., «wingman» links, als sie zeitgleich, aber höhenmässig versetzt, den Steigflug einleiteten. Dagegen hatten der Berufungsgegner und H. stets Sichtkontakt zueinander und Letzterer auch zu G.. Es bleibt unklar, weshalb die Sicht zwischen dem Berufungsgegner und G. verloren ging (vgl. supra E. II.1.2.3.4). Als sich die Flugwege der beiden Flugzeuge kreuzten, streiften sich die Stearman und die von G. gesteuerte PC-7, wobei es wohl aufgrund des Leistungsunterschieds der Maschinen zur Kollision kam. Ungeklärt geblieben ist, ob die beiden «wingmen» parallel zueinander flogen und ob sämtliche Piloten ihre Flugrouten wahrten, hätte diesfalls doch die Sichtbarkeit zwischen «leader» und «wingman» links auch gewährleistet sein müssen. Bei diesem Beweisergebnis kann der Sichtverlust nicht als geplant angesehen werden, womit die Kollisionsvermeidung im Sinne der vorinstanzlichen Erkenntnisse nicht etwa generell beim «leader», sondern vielmehr bei den beiden «wingmen» gelegen hätte. Offensichtlich bestanden indes nicht nur unterschiedliche Vorstellungen in Bezug auf die Voraussehbarkeit des Sichtverlusts, sondern auch hinsichtlich einer diesbezüglichen Kommunikation. Denn während der «leader» mit keinem Sichtverlust gerechnet und somit einen Funkspruch bei Sichtverlust erwartet hätte, ging der «wingman» links gerade von einem geplanten Sichtverlust aus, den er infolge Voraussehbarkeit gerade nicht zu melden hätte.
1.4.6
Vor diesem Hintergrund kann dem Berufungsgegner nicht vorgeworfen werden, er habe seine Funktion als «leader» im Verbandsflug und die damit einhergehende Verantwortung und Sorgfalt verletzt, lag es doch nicht in seiner Verantwortung, die Kollision mit einem hinter ihm fliegenden Flugzeug, welches er nicht sehen konnte, zu vermeiden. Das vom Berufungsgegner vorgenommene Hochziehen, sei es um sich zu separieren, sei es um danach einen «wingover» zu fliegen, stellt keine Sorgfaltspflichtverletzung dar. Es war gemäss den übereinstimmenden Aussagen der Beteiligten gerade geplant, dass die Flugzeuge zeitgleich, räumlich und geschwindigkeitsmässig versetzt hochgezogen werden.
1.4.7
Insgesamt erachtet das Gericht aufgrund der vorliegend verwertbaren Beweise die dem Berufungsgegner vorgeworfene Sorgfaltspflichtverletzung als nicht rechtsgenüglich erstellt. Er hat im Übrigen nach erfolgter Streifkollision alle Massnahmen ergriffen, um die Gefahr für Leib und Leben der anderen Flugteilnehmer zu verhindern, instruierte er doch seine Mitinsassin über einen allfälligen Absprung mit dem Notfallschirm. Er konnte das Flugzeug letztlich aber steuern und sicher landen. Mangels Sorgfaltspflichtverletzung ist der Berufungsgegner vom Vorwurf der fahrlässigen Störung des öffentlichen Verkehrs gemäss Art. 237 Ziff. 1 Abs. 1 i.V.m. Ziff. 2 StGB freizusprechen. Die Berufung der BA wird entsprechend abgewiesen.
2.
Kosten und Entschädigung
2.1
Gerichtsgebühr
Laut Art. 428 Abs. 1 StPO tragen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens. Die Berufung der BA wird in der Hauptsache vorliegend abgewiesen. Die Gerichtsgebühr wird i.S.v. Art. 7bis BStKR auf Fr. 4'000.00 (inkl. Zeugenentschädigung von Fr. 273.50) festgelegt und geht gemäss Art. 423 Abs. 1 StPO zulasten der Staatskasse.
2.2
Entschädigung
Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte ( Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO) und der wirtschaftlichen Einbussen, die ihr aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind ( Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO), sowie auf Genugtuung für besonders schwere Verletzungen ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere bei Freiheitsentzug ( Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO). Die Strafbehörde prüft den Anspruch von Amtes wegen. Sie kann den Beschuldigten auffordern, seine Ansprüche zu beziffern und zu belegen ( Art. 429 Abs. 2 StPO).
2.2.1
Entschädigung der erbetenen Verteidigung
2.2.1.1 Bei der Entschädigung nach Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO geht es primär um die Kosten der frei gewählten Verteidigung, die zu vergüten sind, wenn der Anwaltsbeizug angesichts der beweismässigen oder rechtlichen Komplexität des Falls sowie der persönlichen Umstände geboten war, auch wenn kein Fall notwendiger oder amtlicher Verteidigung vorlag. Diese Kosten bemessen sich nach dem anwendbaren Anwaltstarif. Sie müssen verhältnismässig und angemessen sein ( Schmid/Jositsch, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 429 StPO N. 7 m.w.H.).
2.2.1.2 Die Entschädigung richtet sich nach dem Reglement des Bundesstrafgerichts über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren vom 31. August 2010 (BStKR; SR 173.713.162). Auf die Berechnung der Entschädigung der Wahlverteidigung sind die Bestimmungen über die Entschädigung der amtlichen Verteidigung anwendbar ( Art. 10 BStKR). Die Anwaltskosten umfassen das Honorar und die notwendigen Auslagen, namentlich für Reise, Verpflegung und Unterkunft sowie Porti und Telefonspesen ( Art. 11 Abs. 1 BStKR). Das Honorar wird nach dem notwendigen und ausgewiesenen Zeitaufwand bemessen. Der Stundenansatz beträgt mindestens Fr. 200.00 und höchstens Fr. 300.00 ( Art. 12 Abs. 1 BStKR). Bei Fällen im ordentlichen Schwierigkeitsbereich, d.h. für Verfahren ohne hohe sachliche oder rechtliche Komplexität, beträgt der Stundenansatz gemäss ständiger Praxis der Straf- und Berufungskammer Fr. 230.00 für Arbeitszeit und Fr. 200.00 für Reise- und Wartezeit (Beschluss des Bundesstrafgerichts BK.2011.21 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 24. April 2012 E. 2.1; Urteil des Bundesstrafgerichts SN.2011.16 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. Oktober 2011 E. 4.1; Urteil des Bundesstrafgerichts CA.2019.24 vom 5. Juni 2020 E. 5.1.4). Der Stundenansatz für Praktikanten betragt praxisgemäss Fr. 100.00 (Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2010.28 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 1. Dezember 2011 E. 19.2; Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2010.3 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. Mai 2010 E. 8.4; Urteil des Bundesgerichts 6B_118/2016 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 20. März 2017 E. 4.4.1). Die Auslagen werden im Rahmen der Höchstsätze aufgrund der tatsächlichen Kosten vergütet ( Art. 13 BStKR). Bei besonderen Verhältnissen kann ein Pauschalbetrag vergütet werden ( Art. 13 Abs. 4 BStKR). Gemäss Art. 14 BStKR kommt die Mehrwertsteuer zum Honorar und den Auslagen hinzu.
2.2.1.3 Rechtsanwalt Perren beziffert sein Honorar mit 60.50 Stunden Arbeitszeit à Fr. 270.00 und 6.67 Stunden Reisezeit à Fr. 200.00, Spesen von Fr. 370.25 sowie eine Pauschale für Barauslagen von 4 % bzw. Fr. 663.55, somit mit insgesamt Fr. 18'979.03 inkl. MWST (Honorarnote vom 14. September 2021 [CAR pag. 9.102.005 ff.]).
2.2.1.4 Anlass zu Bemerkungen gibt zunächst der von Rechtsanwalt Perren geltend gemachte Stundenansatz von Fr. 270.00. Zur Begründung wird ausgeführt, dass er über technisches Wissen und fliegerische Kenntnisse verfüge, ohne die der Aufwand höher ausgefallen wäre, weshalb eine Erhöhung des Stundenansatzes angemessen sei (CAR pag. 7.300.026). Im vorliegenden Berufungsverfahren war über Fragen zu befinden, welche jedoch weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht übermässig komplex waren. So war der Beizug eines Aviatikexperten als Gehilfe des Gerichts zur Einordnung der Vorgänge nicht erforderlich. Deshalb ist der vorliegende Fall im ordentlichen Schwierigkeitsbereich einzuordnen. Der ständigen Praxis der Berufungskammer entsprechend ist auf die Leistungen von Rechtsanwalt Perren der Stundenansatz von Fr. 230.00 anzuwenden. Im Weiteren sei darauf hingewiesen, dass Aufwendungen, die nicht der Wahrung der Rechte im Strafverfahren dienten, wie interne Doppelspurigkeiten, interne Besprechungen, oder blosse administrative Tätigkeiten, nicht zu entschädigen sind. Abklärungen und der Austausch mit anderen Rechtsanwälten sind ebenfalls nicht von der Eidgenossenschaft zu tragen (Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2013.54 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 15. Oktober 2013 E. 6.4; Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2018.32 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 25. März 2019 E. 6.5). Vorliegend handelt es sich beim Mandaten der Verteidigung prozessual um den Berufungsgegner. Dessen Verteidigung hatte erst ab der Zustellung des begründeten erstinstanzlichen Urteils, d.h. erst ab 15. Februar 2021, Aufwand, welcher für die sorgfältige Wahrnehmung des Mandats notwendig war. Entsprechend sind die vor diesem Datum durch Rechtsanwalt Perren generierten Aufwendungen, nämlich die Positionen «Memo der Verhandlung anfertigen, Kontakte mit dem Gericht, Aktensortieren und Ablegen» vom 14. Dezember 2020, «Kostennote anpassen und ans Gericht senden» vom 15. Dezember 2020, «Urteil AS/JS, Tels und Mails mit Klient, Press research» vom 21. Dezember 2020, «Tels und Mails mit CAP» vom 21. Dezember 2021 sowie «Tel und Mail mit Aviatikexperten» vom 11. Januar 2021, im Umfang von insgesamt 10.5 Arbeitsstunden unberücksichtigt zu lassen. Ebenfalls nicht zu vergüten sind die Positionen «Mails CAP» vom 17. Februar 2021, «BE mit PP» vom 24. Februar 2021, «Mail» vom 4. März 2021, «Recherche re Spruchkörper» vom 15 März 2021, «Mail CAP» vom 24. März 2021, «Termine und Beweisverfügung weiterleiten» vom 16. April 2021, «Mail re Versicherung beantworten und weiterleiten» vom 6. Juni 2021 sowie «Akten sortieren und File wieder komplettieren» vom 9. September 2021. Bei diesen Aufwendungen im Umfang von 4.33 Arbeitsstunden handelt es sich um interne Besprechungen bzw. Kontakte mit Experten, deren Kosten nicht von der Eidgenossenschaft zu tragen sind, administrative Tätigkeiten sowie um Tätigkeiten, welche in unzureichender Weise beschrieben sind (vgl. Leistung «Mail» vom 4. März 2021). Von Amtes wegen hinzuzufügen ist eine Stunde für die Nachbesprechung des begründeten Urteils mit dem Berufungsgegner. Im Hinblick auf die Arbeitszeit ergibt sich deshalb ein zu entschädigender Gesamtaufwand von 47 Stunden.
2.2.1.5 Die als Reisezeit angegebene Position «Fahrt ans Gericht und zurück ins Hotel» im Umfang von 0.66 Stunden ist als für die Mandatswahrnehmung nicht erforderlicher Aufwand zu streichen. Schliesslich ist die mit 3.5 Stunden veranschlagte Position «Mittagessen und Rückreise ins Büro» vom 9. September 2021 – gemeint ist wohl aber das Abendessen nach der Berufungsverhandlung – um die Stunde, welche nicht für die Reise selber, sondern für die Einnahme des Nachtessens verwendet wurde, zu kürzen. Für die Reisezeit resultiert demnach ein zu entschädigender Gesamtaufwand von 5 Stunden.
2.2.1.6 Hinsichtlich den von Rechtsanwalt Perren geltend gemachten Spesen gilt zunächst festzuhalten, dass die Berufungsverhandlung um 9.30 Uhr begann mit dem Ziel, dem Berufungsgegner sowie den zwei nebenamtlichen Mitgliedern des Gerichts die An- und Abreise am selben Tag zu ermöglichen. Für den im Raum X. wohnhaften Berufungsgegner und dessen in derselben Region tätigen Verteidigung wäre eine Anreise am selben Tag zumutbar gewesen. Dennoch gewährt das Gericht ausnahmsweise die Entschädigung für die Übernachtungskosten der Verteidigung in der Höhe von Fr. 179.75 angesichts des Umstands, dass die Vorinstanz eine solche bereits im Hinblick auf die vorinstanzliche Verhandlung guthiess. Dagegen erscheinen die geltend gemachten Spesenausgaben für das Nachtessen am 8. September 2021 in der Höhe von Fr. 27.50 sowie für die zwei Taxifahrten vom 9. September 2021 zwischen Gericht und Hotel von insgesamt Fr. 36.00 als nicht notwendig, weshalb sie unberücksichtigt zu lassen sind. Schliesslich gibt auch die mit 4 % bzw. Fr. 663.55 angegebene Pauschale für Barauslagen Anlass zu Bemerkungen. Gemäss Art. 13 Abs. 1 BStKR werden die Spesen aufgrund der tatsächlichen Kosten vergütet. Der der Kostennote beigelegte Leistungsnachweis lässt nahelegen, dass die Leistungen von Rechtsanwalt Perren die angegebenen Spesenausgaben in dieser Höhe gar nicht konkret auslösen hätten können. Der geltend gemachte Betrag für Barauslagen wie Kopien, Porti, Telefonie usw. erscheint deswegen als deutlich zu hoch angesetzt, weshalb er ermessensgemäss auf Fr. 50.00 herabzusetzen ist. Im Übrigen sind die geltend gemachten Auslagen nicht zu beanstanden.
2.2.1.7 Nach dem Gesagten ist dem Berufungsgegner für die Aufwendungen seines Rechtsvertreters im Berufungsverfahren eine Entschädigung von insgesamt Fr. 13'103.60 (d.h. 47 Stunden Arbeitszeit à Fr. 230.00 = Fr. 10'810.00; 5 Stunden Reisezeit à Fr. 200 = Fr. 1'000.00 zuzüglich Spesen von Fr. 356.75 sowie Mehrwertsteuer von 7.7% [Fr. 936.85]) zuzusprechen.
2.2.2
Entschädigung für die wirtschaftlichen Einbussen
2.2.2.1 Die freigesprochene beschuldigte Person hat gemäss Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO auch Anspruch auf Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen, die ihr aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind. Bei den wirtschaftlichen Einbussen geht es in erster Linie um Lohn- und Erwerbseinbussen sowie Reisekosten, verursacht durch Haft oder Teilnahme am Verfahren ( Schmid/Jositsch, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 429 StPO N. 8; Wehrenberg/Frank, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 429 StPO N. 23).
2.2.2.2 Der Berufungsgegner beantragt die Entschädigung der ihm im Berufungsverfahren entstandenen Auslagen (in derselben Höhe wie diejenigen seiner Verteidigung). Der Berufungsgegner macht damit die Entschädigung der Reisespesen im Betrag von Fr. 124.20, die Kosten für das Mittagessen infolge Berufungsverhandlung von Fr. 27.50 und die Kosten für die Übernachtung vor der Hauptverhandlung von Fr. 179.75, insgesamt ausmachend Fr. 331.45, geltend (vgl. CAR pag. 9.102.005 ff.).
2.2.2.3 Die geltend gemachten Entschädigungsbegehren sind im Lichte der vorangehenden Erwägungen nicht zu beanstanden. Der Berufungsgegner ist in Anwendung von Art. 10 BStKR i.V.m. Art. 12 Abs. 2 lit. a, c und d BStKR durch die Eidgenossenschaft für die wirtschaftlichen Einbussen mit Fr. 331.45 zu entschädigen.
Die Berufungskammer erkennt:
I. Auf die Berufung gegen das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2020.38 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 18. Dezember 2020 wird eingetreten.
II. Die Berufung gegen das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2020.38 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 18. Dezember 2020 wird abgewiesen .
III. Das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2020.38 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 18. Dezember 2020 wird wie folgt bestätigt:
1. A. wird freigesprochen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Eidgenossenschaft.
3.
3.1 A. wird durch die Eidgenossenschaft mit Fr. 26'998.40 für Aufwendungen im Zusammenhang mit der erbetenen Verteidigung entschädigt.
3.2 A. wird durch die Eidgenossenschaft mit Fr. 635.90 für die wirtschaftlichen Einbussen entschädigt.
IV. Kosten des Berufungsverfahrens
Die Gerichtsgebühren von Fr. 4'000.00 (inkl. Zeugenentschädigung von Fr. 273.50) gehen zulasten der Staatskasse.
V. Entschädigungen
1. A. wird durch die Eidgenossenschaft für Aufwendungen im Zusammenhang mit der erbetenen Verteidigung mit Fr. 13'103.60 (inkl. MWST) entschädigt.
2. A. wird durch die Eidgenossenschaft für die wirtschaftlichen Einbussen mit Fr. 331.45 entschädigt.
VI. Das Urteilsdispositiv wird den Parteien schriftlich eröffnet. Das schriftlich begründete Urteil wird den Parteien später zugestellt.
Im Namen der Berufungskammer
des Bundesstrafgerichts
Die Vorsitzende Der Gerichtsschreiber
Andrea Blum Ömer Keskin
Zustellung an (Gerichtsurkunde):
- Bundesanwaltschaft, Frau Simone Meyer-Burger
- Herrn Rechtsanwalt Philipp Perren
Mitteilung an:
- Bundesstrafgericht Strafkammer
Nach Eintritt der Rechtskraft mitzuteilen an:
- Bundesanwaltschaft, Urteilsvollzug und Vermögensverwaltung
Rechtsmittelbelehrung
Beschwerde an das Bundesgericht
Dieses Urteil kann innert 30 Tagen nach Eröffnung der vollständigen Ausfertigung mit Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht angefochten werden. Das Beschwerderecht und die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind in den Art. 78-81 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG) geregelt. Die begründete Beschwerdeschrift ist beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen.
Versand: 10. Februar 2022
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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