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Entscheid des Bundesstrafgerichts: BB.2021.61 vom 01.10.2021

Hier finden Sie das Urteil BB.2021.61 vom 01.10.2021 - Beschwerdekammer: Strafverfahren

Sachverhalt des Entscheids BB.2021.61


Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts

Instanz:

Bundesstrafgericht

Abteilung:

Beschwerdekammer: Strafverfahren

Fallnummer:

BB.2021.61

Datum:

01.10.2021

Leitsatz/Stichwort:

Schlagwörter

Bundes; Bundesanwalt; Verfahren; Bundesanwaltschaft; Filter; Verfahrens; Recht; Verfahren; Entscheid; Mandant; Herrn; Beschwerdekammer; Platini; Urteil; Gehör; Entscheide; Verwarnung; Mandanten; Verfahrens; Bundesgericht; BStGer; Zusammenhang; Sachverhalt; Handlung; Gehörs; Äusserung

Rechtskraft:

Kein Rechtsmittel gegeben

Rechtsgrundlagen des Urteils:

Art. 1 StGB ;Art. 13 StGB ;Art. 2 StGB ;Art. 25 StGB ;Art. 382 StPO ;Art. 39 StPO ;Art. 391 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 6 StPO ;Art. 64 StPO ;

Referenz BGE:

103 Ia 426; 111 Ia 275; 116 IV 211; 123 II 210; 127 II 238; 129 I 139; 138 II 77; ;

Kommentar:

Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Bundesstrafgerichts

BB.2021.61

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BB.2021.61 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen

Beschluss vom 1. Oktober 2021
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter

Roy Garré, Vorsitz,

Cornelia Cova und Stephan Blättler,

Gerichtsschreiberin Chantal Blättler Grivet Fojaja

Parteien

Rechtsanwalt A. ,

Beschwerdeführer

gegen

Bundesanwaltschaft,

Beschwerdegegnerin

Gegenstand

Verwarnung ( Art. 64 Abs. 1 StPO)


Sachverhalt:

A.      Die Bundesanwaltschaft eröffnete am 29. Mai 2020 unter der Verfahrensnummer SV.15.1013 gegen Michel Platini (nachfolgend «Platini») eine Straf-untersuchung wegen des Verdachts der Teilnahme an ungetreuer Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 und 3 StGB), eventualiter Veruntreuung ( Art. 138 StGB), namentlich in Form der Gehilfenschaft ( Art. 25 StGB), sowie des Verdachts der Urkundenfälschung ( Art. 251 StGB). Joseph S. Blatter (nachfolgend «Blatter») – gegen den die Bundesanwaltschaft unter der nämlichen Verfahrensnummer eine Strafuntersuchung wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 und 3 StGB) sowie eventualiter Veruntreuung ( Art. 138 StGB) führt – soll in seiner damaligen Funktion als Präsident der Fédération Internationale de Football Association (FIFA) in Verletzung seiner Treuepflichten bewirkt oder zugelassen haben, dass die FIFA in ihrem Vermögen geschädigt worden sei, indem diese am 1. Februar 2011 eine Zahlung von über CHF 2 Mio. an Platini getätigt habe, ohne dass dieser Betrag geschuldet gewesen sei. Platini soll dazu Hilfe geleistet haben, indem er der FIFA eine Rechnung für angeblich aufgeschobene Lohnzahlungen von jährlich CHF 0.5 Mio. für die Jahre 1998-1999, 1999-2000, 2000-2001 und 2001-2002 eingereicht habe (Verfahrensakten SV.15.1013, Urk. 01.202-0001 ff.).

B.      Mit Datum vom 24. November 2020 übermittelte die Bundesanwaltschaft dem Rechtsvertreter von Platini, Rechtsanwalt A., die Ausdehnungsverfügung vom 29. Mai 2020 (vgl. supra lit. A.) und teilte mit, dass die mit Blatter, Platini und verschiedenen Auskunftspersonen und Zeugen durchgeführten Einvernahmen respektive die daraus gewonnen Erkenntnisse eine angepasste rechtliche Qualifikation des vorgeworfenen Sachverhalts bedingen würden. Das Verfahren gegen Platini werde daher ab sofort wegen des Verdachts des Betrugs eventualiter der Teilnahme an Veruntreuung und subeventualiter der Teilnahme an ungetreuer Geschäftsbesorgung sowie der Urkundenfälschung geführt (Verfahrensakten SV.15.1013, Urk. 16.004-0155 f.).

C.      Mit Schreiben vom 27. Januar 2021 gelangte RA A. an die Bundes­anwaltschaft. Er führte folgendes aus (Verfahrensakten SV.15.1013, Urk. 16.004-0205 ff.):

          «[…] Ich beziehe mich auf Ihr Schreiben vom 24. November 2020, mit welchem Sie mich dahingehend orientieren, dass das Verfahren gegen meinen Mandaten auf den Vorwurf des Betrugs ausgedehnt werde, dies unter Aufrechterhalten der – dieser Würdigung komplett widersprechenden – früheren rechtlichen Qualifikationen. Mit Schreiben vom 13. Januar 2021 teilten Sie weiter mit, dass im März 2021 weitere Einvernahmen zum Komplex «Überweisung von CHF 2 Mio. durch die FIFA an meinen Mandaten» stattfinden werden.

          Dieses Vorgehen erstaunt, wurde meinem Mandaten vorgängig nicht einmal die Gelegenheit eingeräumt, zu diesen neuen Vorwürfen resp. der vorbehaltenen, neuen rechtlichen Würdigung Stellung zu nehmen. Zudem wurde umgehend eine Pressemitteilung versendet, was meinem Mandanten noch zusätzlich schadet(e).

          Ich bedauere in diesem Zusammenhang, dass die Bundesanwaltschaft an ihren früheren Fehlern festhält, die insbesondere zum Rücktritt von Herrn Bundesanwalt Michael Lauber und der Eröffnung eines Strafverfahrens gegen ihn und gegen den derzeitigen Präsidenten der Fédération Internationale de Football Association (FIFA), Herrn Gianni Infantino, geführt haben.

          Ich stelle in diesem Zusammenhang fest, dass die FIFA zu Recht von diesem Strafverfahren ausgeschlossen wurde und ihr Antrag auf Absetzung des ausserordentlichen Staatsanwalts abgewiesen wurde, mit dem ihr Präsident zu Unrecht vor dem Strafverfahren gegen seine Person hätte abgeschirmt werden sollte (vgl. Urteil des Bundesstrafgerichts vom 17. Dezember 2020, Aktenzeichen BB.2020.228 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen).

          Mein Mandant protestiert mit aller Entschiedenheit gegen diese Methoden, die sich leider in der Durchführung des vorliegenden Strafverfahrens und den darin beobachteten Missstände bestätigen.

          Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass mein Mandant nur ein einziges Mal als Auskunftsperson einvernommen wurde, und zwar im September 2015, und dass er damals vom Informationschef der Bundesanwaltschaft, Herrn B., ständig als Zielscheibe des Strafverfahrens und als mutmasslich schuldig dargestellt wurde.

          Die bestehenden Verbindungen zwischen Herrn B. und Herrn Bundesanwalt Michael Lauber sind bewiesen und werden durch die Teilnahme von Herrn B. an den illegalen Treffen mit der FIFA bestätigt.

          Zweieinhalb Jahre später konnte endlich erreicht werden, dass mein Mandant im Strafverfahren nicht mehr als Beschuldigter galt und er formell entlastet wurde; und dies ohne weitere Einvernahme seiner Person.

          Dessen ungeachtet scheint die FIFA mit Herrn Bundesanwalt Michael Lauber weiter intrigiert zu haben, so dass die Akte an die Züricher Niederlassung der Bundesanwaltschaft, also an Sie, weitergegeben wurde.

          Diese organisatorische Umverteilung diente dabei eigentlich nur als Vorwand, um auf die Entscheidung zurückzukommen und meinen Mandanten ab Sommer 2020 als Beschuldigten im Strafverfahren anzuführen, ohne dass neue Fakten vorgelegen hätten seit seiner Entlastung.

          Der faktische Aspekt dieser Umverteilung – der es der Bundesanwaltschaft ermöglichen soll, diesen vorher nicht vorgesehen Weg zu beschreiten – ist offensichtlich. So werden alle Befragungen in Bern durchgeführt und es wird der Rechtsvertretung der Privatklägerschaft zu Unrecht zugestanden, sich weiterhin auf Französisch zu äussern und Ergänzungsfragen auf Französisch zu stellen.

          Dies verstösst nicht nur gegen die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, sondern auch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.

          Sie hatten nämlich Herrn Rechtsanwalt C., der zuvor mit der Rechtsvertretung meines Mandanten beauftragt war, darauf hingewiesen, dass es wegen des Wechsels der Verfahrenssprache nach der Abtretung des Verfahrens an die Züricher Zweigstelle der Bundesanwaltschaft angebracht sei, einen deutschsprachigen Rechtsanwalt zu beauftragen. Dieser verfahrensleitende Hinweis steht in klarem Widerspruch zu den Dispositionen, die Sie nunmehr einseitig zugunsten der FIFA-Rechtsvertretenden getroffen haben.

          Ihre jüngste Entscheidung, den Sachverhalt nach einer angeblichen Neubewertung des Falles strafrechtlich anders zu beurteilen, ist ebenfalls geeignet, Zweifel an Ihrer Unparteilichkeit bei der Durchführung dieses Verfahrens zu wecken.

          I ch möchte Sie in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass Ihnen der Fall im Jahr 2019 unter den oben beschriebenen Umständen zugewiesen wurde und dass Sie angegeben haben, dass Sie eine gründliche Analyse der rechtlichen Fragen des Falles durchgeführt hatten, bevor Sie im Sommer 2020 meinen Mandanten nunmehr als Beschuldigten führten.

          Angesichts der Zeit, die Sie dieser Prüfung gewidmet haben (mehr als ein Jahr!), ist es unmöglich, dass Sie nun ernsthaft behaupten könnten, die Änderung der (straf)rechtlichen Qualifikation beruhe auf einer neuen Einschätzung, die im Übrigen durch den widersprüchlichen Charakter der benötigten Tatbestandselemente bestätigt wird, die sich hinsichtlich ihrer Elemente gegenseitig ausschliessen.

          Mit anderen Worten ist offensichtlich, dass die Bundesanwaltschaft die neue (straf)rechtliche Qualifikation des Sachverhalts nicht nachvollziehbar erklären oder rechtfertigen kann. Die Entscheidungen in Bezug auf das meinem Mandanten Vorgeworfene sind widersprüchlich und in sich nicht logisch. Dies ist insbesondere offensichtlich wenn beachtet wird, dass die bisherigen Straftatbestände beibehalten werden.

          Dies ist umso offensichtlicher angesichts des Inhalts der Einvernahmen, die in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 stattfanden und in welchen alle Befragten die Aussagen meines Mandanten und von Herrn Sepp Blatter zu Beginn des Verfahrens, im September 2015, bestätigten.

          Anstatt aus diesen entlastenden Aussagen die notwendigen Schlüsse zu ziehen und das Verfahren einzustellen, haben Sie stattdessen - was eher einer Flucht nach vorne gleicht - die Absurdität der Vorwürfe gegen meinen Mandanten durch die nicht nachvollziehbare Mitteilung vom 24. November 2020 aufgezeigt. Diese Ausdehnungsverfügung war im Übrigen nicht ordentlich begründet und entbehrt jeglicher strafprozessualen Legitimität.

          Damit wurde der FIFA offensichtlich wieder einmal ein Gefallen getan, denn die Medienberichterstattung, die mit einer skandalösen Beschlagnahmeanordnung gegen meinen Mandanten mehr als fünf Jahre (!) nach Beginn des Strafverfahrens verbunden war, bestätigt dies. Die FIFA rührte dies natürlich prozesstaktisch geschickt zu ihren Gunsten an.

          Es scheint der Verteidigung klar, dass diese Vorkehren in Zusammenhang mit der Einvernahme des amtierenden FIFA-Präsidenten und der Unterstützung, die ihm durch die Bundesanwaltschaft – direkt oder indirekt – insbesondere durch das vorliegende Strafverfahren, gewährt wurde, gesehen werden muss.

          Es ist an dieser Stelle in aller Deutlichkeit festzustellen, dass das vorliegende Strafverfahren, für das Sie nun verantwortlich sind, von Herrn Gianni Infantino mit Unterstützung der höchsten Stellen der Bundesanwaltschaft zu Zwecken benutzt wurde, die Gegenstand des Strafverfahrens BB.2020.228 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen sind.

          Der Verbleib der FIFA als Privatklägerin im Verfahren SV.15.1013 ist daher angesichts der Verwicklung ihres derzeitigen Präsidenten in strafrechtliche Angelegenheiten, die in engem Zusammenhang mit dem vorliegenden Strafverfahren stehen, höchst problematisch.

          Namens und im Auftrag meines Mandanten beantrage ich hiermit die Edition der amtlichen Akten des Strafverfahrens BB.2020.228 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vor dem ausserordentlichen Bundesanwalt, damit der Grad der Verwicklung/Beteiligung der Bundesanwaltschaft an diesen rechtswidrigen Handlungen und deren Ausmass und Tragweite abgeschätzt werden können. Diese Kenntnis ist für die Verteidigung deshalb notwendig, weil sich daraus möglicherweise Ausstandsgründe oder sonstige prozessuale Vorkehren ergeben.

          Zudem beantrage ist höflich, dass im vorliegenden Verfahren mit Blick auf das vorstehend Ausgeführte (wieder) strafprozessual korrekt vorzugehen und ein faires Verfahren zu führen sei. Widrigenfalls werden entsprechende Vorkehren in Aussicht gestellt […]».

D.      Mit Verfügung vom 15. Februar 2021 wies der verfahrensleitende Staatsanwalt des Bundes das namens Platini gestellte und als Beweisantrag entgegengenommene Ersuchen vom 27. Januar 2021 um Edition der Akten des vom a.o. Bundesanwalt Stefan Keller gegen Michael Lauber, Gianni Infantino und Rinaldo Arnold geführten Verfahrens ab, soweit er darauf eintrat (Dispositiv-Ziffer 1). Gegenüber RA A. sprach er eine Verwarnung aus (Dispositiv-Ziffer 2). Dies, weil RA A. der Bundesanwaltschaft in seinem Schreiben vom 27. Januar 2021 unterstellt habe, in/an rechtswidrige(n) Handlungen verwickelt/beteiligt zu sein (act. 1.1).  

E.      Gegen die in Dispositiv-Ziffer 2 ausgesprochene Verwarnung gelangte RA A. mit Beschwerde vom 26. Februar 2021 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (nachfolgend «Beschwerdekammer»). Er beantragt, Dispositiv-Ziffer 2 der Verfügung vom 15. Februar 2021 sei auszuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen; eventualiter sei Dispositiv-Ziffer 2 aufzuheben und RA A. sei nicht zu verwarnen (act. 1 S. 2).

F.       Mit Datum vom gleichen Tag liess Platini bei der Bundesanwaltschaft ein Ausstandgesuch gegen den verfahrensleitenden Staatsanwalt des Bundes D., den Staatsanwalt des Bundes E. und die Assistenz-Staatsanwältin des Bundes F. stellen ( BB.2021.65 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen act. 1). Dieses wurde der Beschwerdekammer am 8. März 2021 übermittelt ( BB.2021.65 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen act. 2).

G.      Mit Beschwerdeantwort vom 22. März 2021 beantragt die Bundesanwaltschaft im vorliegenden Beschwerdeverfahren die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei (act. 4 S. 2). Sie weist daraufhin, dass die Verfahrensakten SV.15.1013 mit der Stellungnahme zum Ausstandsgesuch vom 22. März 2021 der Beschwerdekammer zugestellt worden sind (act. 4 S. 3). In seiner Replik vom 27. April 2021 hält RA A. sinngemäss an seinem in der Beschwerde vom 26. Februar 2021 gestellten Antrag fest (act. 8). Ebenso wiederholt die Bundesanwaltschaft in ihrer Duplik vom 17. Mai 2021 den Antrag auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei (act. 10), was Platini am 18. Mai 2021 zur Kenntnis gebracht wird (act. 11).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1     Gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Bundesanwaltschaft kann bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde erhoben werden ( Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO i.V.m. Art. 37 Abs. 1 StBOG; vgl. auch Art. 64 Abs. 2 StPO i.V.m. Art. 37 Abs. 1 StBOG). Zur Beschwerde berechtigt ist jede Partei oder jeder andere Verfahrensbeteiligte, welche oder welcher ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides hat ( Art. 382 Abs. 1 StPO). Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert zehn Tagen schriftlich und begründet einzureichen ( Art. 396 Abs. 1 StPO).

1.2     Die Verfügung der Bundesanwaltschaft, mit welcher gegenüber dem Beschwerdeführer eine Verwarnung ausgesprochen worden ist, ist ein zulässiges Anfechtungsobjekt im Sinne von Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO. Entgegen den von der Beschwerdegegnerin geäusserten Zweifeln an der Legitimation des Beschwerdeführers zur Erhebung der Beschwerde, ist diese zu bejahen: Einem Anwalt kann es nicht gleichgültig sein, ob sein Verhalten Gegenstand einer Disziplinarmassnahme darstellt oder nicht; daher wird er selbst auch wenn bloss eine Verwarnung ausgesprochen wird, in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen ( BGE 103 Ia 426 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 1b). Auf die im Übrigen form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist daher einzutreten.

2.        Die Verfahrensakten des Ausstandsverfahrens BB.2021.65 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen werden beigezogen (vgl. supra lit. G).

3.

3.1      M it der Beschwerde können gemäss Art. 393 Abs. 2 StPO Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung (lit. a), die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts (lit. b) sowie die Unangemessenheit (lit. c) gerügt werden. Die Beschwerdekammer ist bei ihrem Entscheid nicht an die Anträge und Begründungen der Parteien gebunden ( Art. 391 Abs. 1 StPO).

3.2      Eine behördliche Verfahrenshandlung ist unangemessen, wenn sie zwar innerhalb des Ermessens- und Beurteilungsspielraumes liegt und die Verfassungsprinzipien sowie Sinn und Zweck der gesetzlichen Ordnung beachtet, das Ermessen jedoch nicht richtig, das heisst unzweckmässig gehandhabt wird (vgl. BGE 129 I 139 E. 4.1.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen). Die Feststellung einer Unangemessenheit bleibt stets eine Wertungsfrage. Auch wenn die Beschwerdeinstanz die von der Strafprozessordnung eingeräumte Kognition grundsätzlich voll auszuschöpfen hat, ist es unter dem Titel der sog. Prüfungsdichte/-intensität zulässig, im Rahmen prinzipiell freier Kognition die erhobenen Rügen nicht immer mit der gleichen Intensität zu prüfen. Bei Vorliegen spezieller Sachkenntnisse in tatsächlicher Hinsicht darf und muss auch der Beschwerdeinstanz im Verfahren nach den Art. 393 ff. StPO zugebilligt werden, nicht ohne Not von der Auffassung der Vorinstanz abzuweichen und ihr eigenes anstelle deren Ermessen zu setzen ( Guidon, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, N. 18 f. zu Art. 393 StPO). Eine abgeschwächte, ebenfalls zulässige Form der Zurückhaltung besteht sodann darin, der Vorinstanz die Wahl unter mehreren angemessenen Lösungen zu überlassen. Die Beschwerdeinstanz kann also eine angefochtene, hoheitliche Verfahrenshandlung schützen, wenn sich diese als zweckmässig erweist, unbekümmert darum, ob sich weitere ebenso zweckmässige Lösungen erkennen lassen (vgl. BGE 127 II 238 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 3b/aa). Es ist in diesem Sinne nicht zu beanstanden, wenn sich die Beschwerdeinstanz damit begnügt, die Angemessenheit der Verfahrenshandlung zu kontrollieren, und – soweit diese nicht unangemessen ist – von einer Abänderung der angefochtenen Handlung absieht, auch wenn sie selbst, hätte sie als erstinstanzliche Strafbehörde entschieden, möglicherweise eine andere Lösung gewählt hätte (vgl. BGE 123 II 210 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2c; Guidon, a.a.O., N. 17 f. zu Art. 393 StPO; Keller, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 2020, N. 39 f. zu Art. 393 StPO).

4.

4.1     Der Beschwerdeführer macht zunächst eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend. Er sei von der Bundesanwaltschaft vor Erlass der angefochtenen Verfügung weder in Kenntnis gesetzt worden, dass diese eine Disziplinarmassnahme nach Art. 64 StPO in Betracht ziehe, noch sei ihm die Möglichkeit eingeräumt worden, sich dazu zu äussern. Dem Beschwerdeführer würden durch die Gehörsverletzung schwere Nachteile erwachsen, da er sich zur Disziplinarsache nur einmal vor einer Beschwerdeinstanz äussern könne (act. 1 S. 16).

4.2     Gemäss Art. 64 Abs. 1 StPO kann die Verfahrensleitung Personen, die den Geschäftsgang stören, den Anstand verletzen oder verfahrensleitende Anordnungen missachten, mit Ordnungsbusse bis zu 1000 Franken belegen. Gestützt auf den Grundsatz a maiore minus ist es zulässig, dass anstatt der Ordnungsbusse eine blosse Verwarnung ausgesprochen wird ( Jent, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, N. 1 zu Art. 64 StPO). Grundsätzlich ist vor Erlass einer Disziplinarmassnahme nach Art. 64 Abs. 1 StPO das rechtliche Gehör zu gewähren ( Brüschweiler/Nadig/Schneebeli, Zürcher Kommentar, N. 5 zu Art. 64 StPO; Jent, a.a.O., N. 5 zu Art. 64 StPO). Das Bundesgericht hat festgehalten, dass in Fällen, da eine Busse zur Ahndung einer Ordnungswidrigkeit ausgesprochen wird, der Gehörsanspruch nicht aus dem persönlichkeitsbezogenen Mitwirkungsrecht des Betroffenen erwächst, sondern höchstens aus der allfälligen Notwendigkeit zur Sachabklärung ( BGE 111 Ia 275 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2c). Mit anderen Worten kann von der Gewährung des rechtlichen Gehörs abgesehen werden, wenn aus dem Verhalten des Betroffenen selbst hervorgeht, dass eine zusätzliche Anhörung den Sachverhalt nicht weiter zu erhellen vermag ( Jent, a.a.O.). Wird beispielsweise mutwillig oder trölerisch prozessiert, in den Rechtsschriften oder in den Parteivorträgen der gebotene Anstand missachtet, ein Termin nicht eingehalten, so vermag eine zusätzliche Anhörung in der Regel den Sachverhalt nicht weiter zu erhellen. In solchen Fällen erübrigt es sich deshalb unter verfassungsmässigen Gesichtspunkten dem Betroffenen vorgängig des Disziplinarentscheids Gehör zu gewähren ( BGE 111 Ia 275 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2c). Nach der Rechtsprechung kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs sodann im Rechtsmittelverfahren geheilt werden, wenn die Kognition der Rechtsmittelinstanz gegenüber derjenigen der unteren Instanz nicht eingeschränkt ist und dem Beschwerdeführer kein Nachteil erwächst. Bei einer besonders schwerwiegenden Verletzung des rechtlichen Gehörs ist die Heilung ausgeschlossen (vgl. BGE 138 II 77 E. 4 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen; 129 I 129 E. 2.23 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen; 126 I 68 E. 2 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen).

4.3     Die Beschwerdegegnerin hatte dem Beschwerdeführer vor Erlass der Verfügung vom 15. Februar 2021 betreffend Verwarnung das rechtliche Gehör nicht gewährt. Vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung war dies auch nicht notwendig; eine zusätzliche Anhörung hätte den Sachverhalt nicht weiter zu erhellen vermögen. Im Übrigen wäre eine allfällige Gehörsverletzung im vorliegenden Beschwerdeverfahren, in welchem die Beschwerdekammer über volle Kognition verfügt ( Art. 393 Abs. 2 StPO), ohnehin geheilt worden, zumal von einer besonders schweren Verletzung des rechtlichen Gehörs im vorliegenden Fall, da bloss eine Verwarnung ausgesprochen worden ist, nicht auszugehen wäre (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1B_321/2015 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 8. Juni 2016 E. 3.2.3).

5.

5.1     Der Beschwerdeführer ist sodann der Ansicht, der im Schreiben vom 27. Januar 2021 umschriebene Umstand, die Bundesanwaltschaft sei möglicherweise an rechtswidrigen Handlungen beteiligt gewesen, stehe eindeutig in einem prozessualen Kontext und sei sachlich gerechtfertigt. Die inkriminierte Äusserung sei als Begründung eines Beweisantrags bzw. der Begründung eines Prozessstandpunkts zur Wahrung der berechtigten Interessen von Platini berechtigt. Die Äusserung sei klar als Vermutung gemacht worden und auch als solche wahrnehmbar gewesen. Die gewählte Äusserung sei unbestritten pointiert, aber nicht unnötig verletzend oder angreifend, insbesondere verletze sie den Anstand nicht (act. 1 S. 18 ff.).

5.2     Die Beschwerdegegnerin begründete die Aussprechung einer Verwarnung gegen den Beschwerdeführer damit, dass dieser der Bundesanwaltschaft unterstellt habe, in/an rechtswidrige(n) Handlungen verwickelt/beteiligt zu sein. Ein solcher Vorwurf gehe über das hinaus, was der Gesetzgeber unter dem Titel Anstandsverletzung im Sinne von Art. 64 Abs. 1 StPO als sanktionswürdig qualifiziere. Dabei habe der Beschwerdeführer in den Raum gestellt, dass die Bundesanwaltschaft aus ihren früheren Fehlern, welche zu einem Strafverfahren geführt hätten, festhalte und damit das Verhalten der Mitglieder dieser Behörde als ein solches von allenfalls strafrechtlicher Relevanz umschreibe. Der indirekte Vorwurf eines möglichen strafrechtlichen Verhaltens sprenge per se die Grenzen dessen, was noch als höflich bezeichnet werden könne (act. 1.1 S. 8). Konkret gehe es primär um die folgenden zwei Sätze des Schreibens vom 27. Januar 2021, welche jedoch in ihrem Gesamtkontext zu lesen seien: «Ich bedauere in diesem Zusammenhang, dass die Bundesanwaltschaft an ihren früheren Fehlern festhält, die insbesondere zum Rücktritt von Herrn Bundesanwalt Michael Lauber und der Eröffnung eines Strafverfahrens gegen ihn und gegen den derzeitigen Präsidenten der Fédération Internationale de Football Association (FIFA), Herrn Gianni Infantino, geführt haben» und «Namens und im Auftrag meines Mandanten beantrage ich hiermit die Edition der amtlichen Akten des Strafverfahrens BB.2020.228 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vor dem ausserordentlichen Bundesanwalt, damit der Grad der Verwicklung/Beteiligung der Bundesanwaltschaft an diesen rechtswidrigen Handlungen und deren Ausmass und Tragweite abgeschätzt werden können» (act. 4 S. 4).

5.3     Zunächst ist festzuhalten, dass es sich bei der Aussprechung einer Disziplinarmassnahme nach Art. 64 Abs. 1 StPO weitgehend um einen Ermessensentscheid handelt (Urteil des Bundesgerichts 6B_893/2018 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 2. April 2019 E. 3.1.2; vgl. Jent, a.a.O. N. 7 zu Art. 64 StPO). Unter Anstand wird die gute Sitte oder das schickliche Benehmen verstanden bzw. das, was in einer Gesellschaft als Mass des zwischenmenschlichen Verhaltens erwartet wird (Duden, Die deutsche Sprache, Wörterbuch in drei Bänden, Band 1:
A-GELT, 2013; Urteil des Bundesgerichts U 269/98 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 15. März 2001 E. 2d). Sachliche Kritik gegenüber der Gegenpartei, den Gerichten und Behörden sowie ein gewisses Mass an Übertreibungen im Rahmen einer pointierten Vertretung von Standpunkten müssen innerhalb der Grenzen des Anstands zugelassen werden, ebenso strafprozessual oder überhaupt erlaubtes bzw. gerechtfertigtes Verhalten ( Jent, a.a.O., N. 2 zu Art. 63 StPO). Solange die (Behörden-)Kritik oder die Äusserungen mit Bezug auf den Streitgegenstand noch als sachbezogen und verhältnismässig erscheinen, sie nicht wider besseres Wissen vorgebracht und blosse Vermutung auch als solche bezeichnet werden, können sie als gerechtfertigt betrachtet werden, und eine Verletzung der Verfahrensdisziplin in analoger Anwendung von Art. 14 StGB ist zu verneinen ( BGE 116 IV 211 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 4a/bb). Hingegen qualifizierte das Bundesgericht die Bezeichnung aller schweizerischen Rechtspflegeorgane als unfähig, böswillig, parteiisch und dünkelhaft als anstandsverletzend (Urteil des Bundesgerichts 1P_721/2000 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 19. Januar 2001 E. 1). Im Falle, da ein Anwalt den Richterinnen und Richter der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vorgeworfen hatte, sie hätten ihre Wiederwahl vor Augen und beugten sich gesellschaftlichen oder politischen Forderungen, qualifizierte das Bundesgericht diese Äusserung als grobe Entgleisung, mahnte den Anwalt ab und wies ihn daraufhin, dass ihm bei weiteren Eingaben dieser Art eine Ordnungsbusse auferlegt werden könne (Urteil des Bundesgerichts 6F_18/2020 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 22. Juli 2020 E. 2.2).

          Es ist öffentlich bekannt, dass gegen den ehemaligen Bundesanwalt Michael Lauber eine Strafuntersuchung wegen des Verdachts der Amtsgeheimnisverletzung eröffnet worden ist (https://www.parlament.ch/press-releases/Pages/mm-ik-n-2020-08-24.aspx). Der Beschwerdeführer unterstellt mit den beiden obgenannten Äusserungen (vgl. E. 5.2) ohne jegliche weitere Begründung der jetzigen Verfahrensleitung im Verfahren SV.15.1013 strafbare bzw. rechtswidrige Handlungen. Ob sich der Beschwerdeführer mit dem Ausdruck «Bundesanwaltschaft» tatsächlich nicht auf die Verfahrensleitung im Verfahren SV.15.1013 bezogen haben will, wie er geltend macht, kann dahin gestellt bleiben. Aus dem Kontext heraus kann gar nicht anders verstanden werden, als dass sich der Beschwerdeführer mit der Äusserung, er bedaure, dass die Bundesanwaltschaft an ihren früheren Fehlern festhalte, sich auf die gegenwärtige Verfahrensleitung im Verfahren SV.15.1013 bezieht. Bei objektiver Betrachtung ist die Unterstellung der Beteiligung an einer strafbaren bzw. rechtswidrigen Handlung ohne jegliche Begründung ohne Weiteres anstandsverletzend. Dass es sich hierbei lediglich um eine vom Beschwerdeführer geäusserte Vermutung handle, geht weder aus dem Wortlaut der Äusserung objektiv noch aus dem Gesamtkontext des Schreibens hervor. Damit entfällt bereits eine Berufung auf den Rechtfertigungsgrund von Art. 14 StGB. Es spielt ferner auch keine Rolle, dass es dem Beschwerdeführer nicht darum gegangen sei, die mit dem Strafverfahren betrauten Personen zu verunglimpfen. Massgebend ist vorliegend einzig, wie der Empfänger die Ausführungen interpretieren durfte. Nach dem Gesagten durfte die Beschwerdegegnerin, ohne in Willkür zu verfallen oder ihr Ermessen zu missbrauchen oder zu überschreiten, davon ausgehen, die Eingabe vom 27. Januar 2021, insbesondere die beiden zitierten Abschnitte, verstosse gegen den gebotenen Anstand. Die in diesem Zusammenhang ausgesprochene Verwarnung erweist sich vor diesem Hintergrund als verhältnismässig und ist nicht zu beanstanden.

6.       Zusammenfassend erweist sich die Beschwerde damit als unbegründet, weshalb ist abzuweisen ist.

7.       Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen ( Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Gerichtsgebühr ist auf Fr. 2'000.-- festzusetzen ( Art. 73 StBOG und Art. 5 und 8 Abs. 1 BStKR).


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

Bellinzona, 1. Oktober 2021

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident:                                                            Die Gerichtsschreiberin :

Zustellung an

-              Rechtsanwalt A.

-              Bundesanwaltschaft

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.

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