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Entscheid des Bundesstrafgerichts: SN.2020.23 vom 22.09.2020

Hier finden Sie das Urteil SN.2020.23 vom 22.09.2020 - Strafkammer

Sachverhalt des Entscheids SN.2020.23

Der Bundesstrafgericht hat das Gesuch um Anordnung einer amtlichen Verteidigung des Gesuchstellers A. vom 3. Juni 2020 abgewiesen, da es sich bei dem Straffall um einen Bagatellfall handelte und die Sache weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht Schwierigkeiten aufwies. Der Gesuchsteller hat ein Wiedererwägungsgesuch gestellt, das jedoch nicht eingetreten ist, da keine wesentliche Veränderung der Umstände eingetreten ist und es sich weiterhin um einen Bagatellfall handelt. Daher kann die Beschwerde aufgrund von Art. 393 Abs. 1 lit. b StPO und Art. 396 Abs. 1 StPO nicht eingeleitet werden.

Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts

Instanz:

Bundesstrafgericht

Abteilung:

Strafkammer

Fallnummer:

SN.2020.23

Datum:

22.09.2020

Leitsatz/Stichwort:

Gesuch um Anordnung einer amtlichen Verteidigung (Art. 133 StPO); Wiedererwägungsgesuch

Schlagwörter

Bundes; Gesuch; Bundesstrafgericht; Verfügung; Kammer; Gesuchs; Gesuchsteller; Bundesstrafgerichts; Wiedererwägung; Verteidigung; Wiedererwägungsgesuch; Verfahren; Anordnung; Bundesanwaltschaft; Gesuchstellers; Gericht; Beschwerdekammer; Verfahrens; Einzelrichterin; Entscheid; Tribunal; Beschluss; Verfügungen; Anspruch; Behandlung; Guidon; Pflicht; Umstände

Rechtskraft:

Kein Weiterzug, rechtskräftig

Rechtsgrundlagen des Urteils:

Art. 13 StPO ;Art. 173 StGB ;Art. 2 BV ;Art. 393 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 421 StPO ;

Kommentar:

-

Entscheid des Bundesstrafgerichts

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: SN.2020.23

(Hauptgeschäftsnummer: SK.2020.15 )

Verfügung vom 22. September 2020
Strafkammer

Besetzung

Bundesstrafrichter in Sylvia Frei, Einzelrichterin

Gerichtsschreiber Rafael Schoch

Partei

A.,

Gesuchsteller

Gegenstand

Gesuch um Anordnung einer amtlichen Verteidigung; Wiedererwägungsgesuch


Sachverhalt:

A. Die Bundesanwaltschaft erhob am 3. Juni 2020 gegen A. (nachfolgend der Gesuchsteller) vor dem Bundesstrafgericht Anklage wegen mehrfach begangener übler Nachrede (Art. 173 Ziff. 1 StGB ) in der Zeit vom 6. November 2017 bis 10. Februar 2018. In der Anklageschrift beantragt die Bundesanwaltschaft, den Gesuchsteller mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je CHF 30.00 zu bestrafen. Zusätzlich beantragt sie, es sei auf den Widerruf der mit Strafbefehl der Bundesanwaltschaft vom 23. Mai 2018 bedingt ausgesprochenen Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je CHF 30.00 zu verzichten; stattdessen soll eine Verwarnung ausgesprochen werden.

B. Das Gericht eröffnete am Eingangstag der Akten am 4. Juni 2020 das Verfahren unter der Geschäftsnummer SK.2020.15 .

C. Am 9. Juli 2020 ging bei der Bundesanwaltschaft ein undatiertes Gesuch des Gesuchstellers um Anordnung einer amtlichen Verteidigung ein. Mit Schreiben der Bundesanwaltschaft vom 10. Juli 2020 wurde das Gesuch an die Strafkammer des Bundesstrafgerichts weitergeleitet.

D. Mit Verfügung SN.2020.19 vom 20. Juli 2020 der Strafkammer des Bundesstrafgerichts wurde das Gesuch um Anordnung einer amtlichen Verteidigung abgewiesen.

E. Mit an die Strafkammer des Bundesstrafgerichts gerichtetem Schreiben vom 25. Juli 2020 nahm der Gesuchsteller zur Verfügung SN.2020.19 vom 20. Juli 2020 Stellung und führte unter anderem aus, weshalb er die Voraussetzungen zur Gewährung einer amtlichen Verteidigung als gegeben erachte.

F. Am 30. Juli 2020 überwies die Strafkammer des Bundesstrafgerichts das Schreiben des Gesuchstellers vom 25. Juli 2020 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zur Prüfung einer allfälligen Beschwerde.

G. Mit Beschluss BB.2020.211 vom 20. August 2020 der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts wurde das Schreiben des Gesuchstellers vom 25. Juli 2020 mangels Beschwerdewillens nicht als Beschwerdeschrift entgegengenommen und zur Beurteilung an die Strafkammer des Bundesstrafgerichts zurückgewiesen (a.a.O., E. 3).


Die Einzelrichterin erwägt:

1. Verfahrensleitende Verfügungen, welche hoheitliche Verfahrenshandlungen für eine bestimmte oder einstweilen für eine unbestimmte Dauer anordnen, müssen an die Entwicklungen des Strafverfahrens angepasst werden können und sind deshalb grundsätzlich abänderbar. Daraus ergibt sich die Möglichkeit des Betroffenen, Wiedererwägungsgesuche zu stellen. Zu solchen Verfügungen zählt insbesondere der Entscheid über die Anordnung einer amtlichen Verteidigung. Das Wiedererwägungsgesuch ist ein Rechtsbehelf, durch den der Betroffene die verfügende Behörde ersucht, auf ihre verfahrensleitende Verfügung zurückzukommen und sie abzuändern oder aufzuheben, ohne dass indessen ein Grund angeführt werden könnte, der einen Anspruch auf Behandlung vermittelt (zum Ganzen Guidon , Die Beschwerde gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung, 2011, N. 466 f. m.w.H.).

2.

2.1 Mit Verfügung SN.2020.19 vom 20. Juli 2020 der Strafkammer des Bundesstrafgerichts wurde das Gesuch um Anordnung einer amtlichen Verteidigung von A. abgewiesen. Diese Verfügung kann somit grundsätzlich in Wiedererwägung gezogen werden.

2.2 Das Schreiben des Gesuchstellers vom 25. Juli 2020 ist an die Strafkammer des Bundesstrafgerichts gerichtet. Der Gesuchsteller bezeichnet das Schreiben im Betreff als «Antrag-Korrektur erneute Gutheissung einer Pflichtverteidigung». Im Schreiben bezieht er sich ausdrücklich auf die Verfügung SN.2020.19 vom 20. Juli 2020 der Strafkammer des Bundesstrafgerichts. Diesbezüglich führt er aus, weshalb seiner Meinung nach die Voraussetzungen für die Gewährung einer amtlichen Verteidigung - entgegen den Erwägungen der Verfügung SN.2020.19 , insbesondere entgegen der Erwägung 2.1.1 - gegeben seien. Weiter macht er geltend, dass sich bereits aus den Akten ergebe, dass er mittellos sei. Schliesslich beendet er das Schreiben mit folgendem Satz: «In Hoffnung, die Strafkammer überdenkt die Angelegenheit betreffend Gutheissung eines Pflichtverteidigers [...].».

2.3 Im Schreiben vom 25. Juli 2020 beantragt der Gesuchsteller somit ausdrücklich die «Korrektur» der Verfügung SN.2020.19 vom 20. Juli 2020. Indem er ausführlich zur genannten Verfügung Stellung nimmt, zeigt er weiter auf, inwiefern diese Verfügung seiner Meinung nach falsch ist und beantragt im Schlusssatz zudem, wie diese zu korrigieren ist. Nach dem Gesagten ersucht der Gesuchsteller folglich darum, die Verfügung SN.2020.19 dahingehend abzuändern, dass sein ursprüngliches Gesuch um Anordnung einer amtlichen Verteidigung (vgl. Lit. C) gutgeheissen und ihm ein amtlicher Verteidiger beigegeben wird. Da dies gemäss Beschluss BB.2020.211 vom 20. August 2020 der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts nicht als Beschwerde gegen die Verfügung SN.2020.19 zu verstehen ist (a.a.O., E. 3), stellt das Schreibens zumindest ein Wiedererwägungsgesuch dar.

3. Die Zuständigkeit der Strafkammer zur Beurteilung des Wiedererwägungsgesuchs ist gegeben, da sie die Verfügung SN.2020.19 erlassen hat.

4.

4.1 Allgemein besteht ein Anspruch auf Behandlung eines Wiedererwägungsgesuchs nur, wenn die Pflicht zur Behandlung gesetzlich vorgesehen ist oder sich aus konstanter Praxis ergibt. Dem Einzelnen steht überdies gestützt auf Art. 29 BV ein Anspruch auf Wiedererwägung zu, wenn die Umstände sich seit dem ersten Entscheid wesentlich geändert haben, oder wenn der Gesuchsteller erhebliche Tatsachen und Beweismittel namhaft macht, die ihm im früheren Stadium nicht bekannt gewesen sind oder die schon damals geltend zu machen für ihn rechtlich oder tatsächlich unmöglich gewesen war oder hierzu keine Veranlassung bestanden hat (so bereits TPF 2005 180 E. 2.2; Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2018.106 vom 29. Oktober 2018 E. 4.2; Guidon , a.a.O., N. 470; Keller , in: Andreas Donatsch/Thomas Hansjakob/Viktor Lieber (Hrsg.), Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO), 2. Aufl. 2014, Art. 396 N. 11; je m.w.H.). Liegt kein solcher Wiedererwägungsgrund vor, ist auf das Wiedererwägungsgesuch nicht einzutreten ( Guidon , a.a.O., N. 475).

4.2 In Bezug auf ein Wiedererwägungsgesuch betreffend die Abweisung eines Gesuchs um Anordnung einer amtlichen Verteidigung ist somit erforderlich, dass eine wesentliche Veränderung der Umstände eingetreten ist, die ein Zurückkommen auf den Entscheid betreffend die amtliche Verteidigung rechtfertigt.

4.3 Mit Verfügung SN.2020.19 vom 20. Juli 2020 der Strafkammer des Bundesstrafgerichts wurde das Gesuch um Anordnung einer amtlichen Verteidigung im Wesentlichen deshalb abgewiesen, da keine Anhaltspunkte für eine notwendige Verteidigung gemäss Art. 130 StPO , insbesondere keine Anhaltspunkte für eine beschränkte oder fehlende Verhandlungsfähigkeit, bestanden (a.a.O., E. 2.1.1). Zudem wurde das Gesuch abgewiesen, da es sich beim vorliegenden Straffall (vgl. Lit. A) um einen Bagatellfall handelte und die Sache weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht Schwierigkeiten aufwies (a.a.O., E. 2.1.2.1 f.).

4.4 An diesen Umständen hat sich nichts verändert. Es bestehen weiterhin keine Anhaltspunkte für eine beschränkte oder fehlende Verhandlungsfähigkeit; insbesondere da die Ergebnisse der sachverständigen Begutachtung des Gesuchstellers noch nicht vorliegen. Auch andere Gründe nach Art. 130 StPO sind weiterhin nicht erkennbar. Zudem hat sich das Verfahren weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht verändert. Es handelt sich somit immer noch um einen Bagatellfall, welcher weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht Schwierigkeiten aufweist. Ob der Gesuchsteller - wie er in seinem Schreiben vom 25. Juli 2020 ausführt - mittellos ist, ist somit nicht relevant.

4.5 Nach dem Gesagten ist auf das Wiedererwägungsgesuch des Gesuchstellers vom 25. Juli 2020 mangels Vorliegen eines Wiedererwägungsgrundes nicht einzutreten.

5.

5.1 Die Kosten dieser Verfügung ( SN.2020.23 ) sind mit dem Endentscheid im Verfahren SK.2020.15 festzulegen (Art. 421 Abs. 1 StPO).

5.2 Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist dem Gesuchsteller als unterlegene Partei keine Entschädigung auszurichten.


Die Einzelrichterin verfügt:

1. Auf das Wiedererwägungsgesuch von A. vom 25. Juli 2020 wird nicht eingetreten.

2. Die Verfahrenskosten ( SN.2020.23 ) werden mit dem Endentscheid im Verfahren SK.2020.15 festgelegt.

3. A. wird keine Entschädigung zugesprochen.

Im Namen der Strafkammer

des Bundesstrafgerichts

Die Einzelrichterin Der Gerichtsschreiber

Zustellung an (Gerichtsurkunde)

- Herrn A., (Gesuchsteller)

Kopie an (A-Post)

- Bundesanwaltschaft, Herrn Vincens Nold, Staatsanwalt des Bundes,

- Herrn B., (Privatkläger und Vertreter der Privatkläger C. und D.)

Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Gegen Verfügungen und Beschlüsse sowie die Verfahrenshandlungen der Strafkammer des Bundesstrafgerichts als erstinstanzliches Gericht, ausgenommen verfahrensleitende Entscheide, kann innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts geführt werden (Art. 393 Abs. 1 lit. b und Art. 396 Abs. 1 StPO ; Art. 37 Abs. 1 StBOG ).

Mit der Beschwerde können gerügt werden: Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung; die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit (Art. 393 Abs. 2 StPO ).

Versand: 22.09.2020

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