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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Strafkammer
Fallnummer:SK.2019.63
Datum:18.12.2019
Leitsatz/Stichwort:Unterstützung einer kriminellen Organisation, (Art. 260ter StGB), Verstoss gegen Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verbot der Gruppierungen «Al-Qaïda» und «Islamischer Staat» sowie verwandter Organisationen, Gewaltdarstellungen (Art. 135 Abs. 1 und 1bis StGB)
Schlagwörter : Beschuldigte; Bundes; Beschuldigten; Al-Qaïda; Urteil; Organisation; Video; Gewalt; /IS-Gesetz; Gesetze; Gesetzes; Recht; Anklage; Propaganda; IS-Gesetzes; /IS-Gesetzes; Gewaltdarstellungen; Gericht; Bundesstrafgericht; Freiheitsstrafe; Bilde; Bundesstrafgerichts; Täter; Bilder; Bundesanwaltschaft; Verfahren; Person; Verfahren; Videos
Rechtskraft:Kein Weiterzug, rechtskräftig
Rechtsnorm: Art. 12 StGB ; Art. 13 StGB ; Art. 135 StGB ; Art. 135 StPO ; Art. 19 StPO ; Art. 2 StGB ; Art. 207 StPO ; Art. 26 StPO ; Art. 260 StGB ; Art. 32 BV ; Art. 325 StPO ; Art. 350 StPO ; Art. 355 StPO ; Art. 356 StPO ; Art. 393 StPO ; Art. 396 StPO ; Art. 398 StPO ; Art. 399 StPO ; Art. 4 StGB ; Art. 40 StGB ; Art. 42 StGB ; Art. 42 StPO ; Art. 422 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 429 StPO ; Art. 44 StGB ; Art. 47 StGB ; Art. 49 StGB ; Art. 5 StGB ; Art. 69 StGB ; Art. 82 StPO ; Art. 9 StPO ;
Referenz BGE:108 IV 3; 133 IV 235; 134 IV 17; 135 IV 180; 137 IV 208; 142 IV 175; 143 IV 145; 68 IV 145; ;
Kommentar:
Trechsel, Praxis, 3. Aufl. , Art. 51 StGB ; Art. 207 ff, 2018
Entscheid

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: SK.2019.63

Urteil vom 18. Dezember 2019
Strafkammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Martin Stupf, Einzelrichter

Gerichtsschreiber Tornike Keshelava

Parteien

Bundesanwaltschaft , vertreten durch
Staatsanwältin des Bundes Juliette Noto,

gegen

A. , amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Nicolas von Wartburg,

Gegenstand

Unterstützung einer kriminellen Organisation, Verstoss gegen Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verbot der Gruppierungen «Al-Qaïda» und «Islamischer Staat» sowie verwandter Organisationen, Gewaltdarstellungen


Anträge der Bundesanwaltschaft :

1. A. sei wegen mehrfacher Widerhandlung gegen Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verbot der Gruppierungen « Al-Qaïda» und «Islamischer Staat» sowie verwandter Organisationen, Art. 260 ter StGB und Art. 135 Abs. 1 und Abs. 1 bis StGB schuldig zu sprechen.

2. A. sei mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten zu bestrafen.

3. Die Kosten des Verfahrens in der Höhe von Fr. 7'000.- seien A. aufzuerlegen.

4. Die Beschlagnahme der mit Verfügung vom 14. Juli 2017 beschlagnahmten Gegenstände sei aufzuheben.

5. Die mit Verfügung vom 14. Juli 2017 beschlagnahmten Gegenstände seien einzuziehen und zu vernichten.

6. Der Kanton Zürich sei für den Strafvollzug zuständig zu erklären.

Anträge der Verteidigung:

1. A. sei von Schuld und Strafe freizusprechen.

2. Der Beschuldigte sei für Reisekosten zur Einvernahme nach Bern sowie zur heutigen Gerichtsverhandlung mit gesamthaft Fr. 220. - zu entschädigen.

3. Dem Beschuldigten sei eine Genugtuung in Höhe von Fr. 200.- für den erlittenen Freiheitsentzug zuzusprechen.

4. Die mit Verfügung vom 14. Juli 2017 beschlagnahmten Gegenstände seien dem Beschuldigten herauszugeben.

5. Eventualiter sei der Beschuldigte mit einer angemessenen Geldstrafe zu bestrafen, deren Vollzug unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren aufzuschieben sei.

6. Rechtsanwalt Nicolas von Wartburg sei für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten gemäss der eingereichten Honorarnote zu entschädigen.

7. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Staatskasse.


Prozessgeschichte:

A. Gestützt auf den Amtsbericht des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) vom 24. April 2016 erstattete die Bundeskriminalpolizei (BKP) am 4. Oktober 2016 bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige gegen A. wegen Verdachts der Widerhandlungen gegen das Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierungen «Al-Qaïda» und «Islamischer Staat» sowie verwandter Organisationen vom 12. Dezember 2014 ( SR 122; nachfolgend: Al-Qaïda /IS-Gesetz) sowie Gewaltdarstellungen (Art. 135 StGB ).

B. Die Bundesanwaltschaft eröffnete am 17. Oktober 2016 eine Strafuntersuchung gegen den Genannten wegen Verdachts der Unterstützung bzw. Beteiligung an einer kriminellen Organisation (Art. 260 ter StGB ) und Verstosses gegen Art. 2 des Al-Qaïda /IS-Gesetzes. Mit Verfügung vom 22. August 2019 dehnte die Bundesanwaltschaft das Strafverfahren gegen den Beschuldigten auf den Tatbestand der Gewaltdarstellungen (Art. 135 StGB ) aus.

C. Mit Strafbefehl vom 6. September 2019 verurteilte die Bundesanwaltschaft den Beschuldigten wegen mehrfacher Widerhandlung gegen Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda /IS-Gesetzes, Art. 260 ter StGB und Art. 135 Abs. 1 und Abs. 1 bis StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten.

D. Der Beschuldigte erhob in der Folge fristgerecht Einsprache gegen den Strafbefehl.

E. Die Bundesanwaltschaft hielt am Strafbefehl fest (Art. 355 Abs. 3 lit. a StPO ) und überwies diesen am 24. Oktober 2019 der Strafkammer des Bundesstrafgerichts als Anklageschrift zur Durchführung eines Hauptverfahrens (Art. 356 Abs. 1 StPO ).

F. Im Rahmen der Prozessvorbereitung holte der Einzelrichter der Strafkammer von Amtes wegen die erforderlichen Beweismittel zu den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten (Straf- und Betreibungsregisterauszüge, Steuerunterlagen) ein.

G. Am 18. Dezember 2019 fand die Hauptverhandlung in Anwesenheit des Beschuldigten und seines Verteidigers am Sitz des Bundesstrafgerichts statt. Die Bundesanwaltschaft verzichtete auf eine Teilnahme. Das Urteil wurde gleichentags eröffnet.

H. In der Folge meldete der Verteidiger fristgerecht Berufung gegen das Urteil an.


Der Einzelrichter erwägt:

1. Vorfragen

1.1 Zuständigkeit

Die Bundeszuständigkeit ist vorliegend gegeben (Art. 2 Abs. 3 des Al-Qaïda/IS-Gesetzes, Art. 26 Abs. 2 StPO ).

Die Kompetenz des Einzelrichters der Strafkammer des Bundesstrafgerichts ergibt sich aus Art. 19 Abs. 2 lit. b StPO i.V.m. Art. 36 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Organisation der Strafbehörden des Bundes vom 19. März 2010 ( StBOG ; SR 173.71).

1.2 Gültigkeit der Einsprache

Hinsichtlich der Gültigkeit des Strafbefehls und der Einsprache, die das Gericht zu prüfen hat (Art. 356 Abs. 2 StPO ), stellen sich keine besonderen Fragen.

1.3 Anklageprinzip

1.3.1 Der Verteidiger machte in seinem Parteivortrag eine Verletzung des Anklageprinzips geltend. In Bezug auf die Vorwürfe des Verstosses gegen Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda /IS-Gesetzes und der Gewaltdarstellungen nach Art. 135 Abs. 1 und Abs. 1 bis StGB lasse sich der Anklageschrift nicht entnehmen, welche Tatvariante der Beschuldigte jeweils verwirklicht haben soll (TPF pag. 2.721.3/10).

1.3.2 Nach dem aus Art. 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 2 BV sowie aus Art. 6 Ziff. 1 und Ziff. 3 lit. a und b EMRK abgeleiteten und in Art. 9 Abs. 1 StPO festgeschriebenen Anklagegrundsatz bestimmt die Anklageschrift den Gegenstand des Gerichtsverfahrens (Umgrenzungsfunktion; Immutabilitätsprinzip). Das Gericht ist an den in der Anklage wiedergegebenen Sachverhalt gebunden, nicht aber an dessen rechtliche Würdigung durch die Anklagebehörde (Art. 350 Abs. 1 StPO ). In der Anklageschrift sind (unter anderem) die der beschuldigten Person vorgeworfenen Taten mit Beschreibung von Ort, Datum, Zeit, Art und Folgen der Tatausführung möglichst kurz, aber genau zu bezeichnen (Art. 325 Abs. 1 lit. f StPO ). Zugleich bezweckt das Anklageprinzip den Schutz der Verteidigungsrechte der beschuldigten Person und garantiert den Anspruch auf rechtliches Gehör (Informationsfunktion; BGE 133 IV 235 E. 6.2 f.; 126 I 19 E. 2a, je m.w.H.). Durch klare Umgrenzung des Prozessgegenstands und Vermittlung der für die Verteidigung notwendigen Informationen soll dem Betroffenen ein faires Verfahren garantiert werden. Entscheidend ist, dass der Beschuldigte genau weiss, was ihm konkret vorgeworfen wird (Urteile des Bundesgerichts 6B_209/2010 vom 2. Dezember 2010 E. 2.4; 6B_794/2007 vom 14. April 2008 E. 2.1, je m.w.H.).

1.3.3 Unter dem Gesichtspunkt von Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda /IS-Gesetzes wirft die Anklage dem Beschuldigten vor, die Gruppierung «Islamischen Staat» (nachfolgend: IS) bzw. verwandte Organisationen in ihrer verbrecherischen Tätigkeit gefördert zu haben, indem er einschlägige Propaganda in Form von in der Anklageschrift umschriebenen Bildern, Videos und einem Text über seine Social-Media-Kanäle verbreitet haben soll. Dass die dem Vorwurf zugrundeliegende Lebensvorgänge in der Anklage ungenügend umschrieben sein sollen, wird von der Verteidigung zurecht nicht geltend gemacht. Der Beschuldigte wusste mithin, welches Verhalten ihm konkret vorgeworfen wird. Unter welche Tathandlung von Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda /IS-Gesetzes (vgl. E. 2.2.1) dieses Verhalten allenfalls zu fassen ist, ist nicht erheblich (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_948/2016 vom 22. Februar 2017 E. 4.2.2).

1.3.4 In Bezug auf den Vorwurf der Gewaltdarstellungen ist der Anklageschrift zu entnehmen, dass am 24. August 2017 eine Hausdurchsuchung beim Beschuldigten stattfand, anlässlich welcher auf seinen elektronischen Speichermedien diverse Fotos und Videos mit Bezug zum IS sowie Gewaltdarstellungen sichergestellt wurden. Anklagerelevant sind dabei dreizehn in der Anklageschrift umschriebene Foto- resp. Videodateien, welche auf dem Mobiltelefon des Beschuldigten sichergestellt wurden und von der Bundesanwaltschaft als Verstösse gegen Art. 135 Abs. 1 und 1 bis StGB qualifiziert werden.

Dem Verteidiger ist insofern beizupflichten, als dass die Anklageschrift keine Elemente enthält, die es erlauben könnten, den Anklagesachverhalt unter eine der Tathandlungen von Art. 135 Abs. 1 StGB (vgl. E. 3.2.1) zu subsumieren. Im Hinblick auf Abs. 1 bis StGB der Bestimmung, namentlich die Tathandlung des Besitzes, genügt die Anklageschrift hingegen den gesetzlichen Anforderungen, geht doch aus ihr klar hervor, dass sich die inkriminierten Darstellungen auf dem Mobiltelefon des Beschuldigen und somit in seinem Gewahrsam befunden haben sollen.

1.4 Anwendbares Recht

1.4.1 Gemäss Art. 2 Abs. 1 StGB wird nach geltendem Recht beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat. Massgebend ist der Zeitpunkt der Vornahme der tatbestandsmässigen Handlung ( Popp/Berkemeier , Basler Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 2 StGB N 5). Als Ausnahme bestimmt Art. 2 Abs. 2 StGB , dass eine Tat, welche vor Inkrafttreten des Gesetzes begangen wurde, nach dem neuen Recht zu beurteilen ist, wenn dieses für den Täter das mildere ist (lex mitior).

1.4.2 Im Anklagepunkt betreffend mehrfachen Verstoss gegen Art. 2 des Al-Qaïda /IS-Gesetz es resp. Art. Art. 260 ter StGB werden dem Beschuldigten u.a. Tathandlungen vorgeworfen, die er vor Inkrafttreten des Al-Qaïda /IS-Gesetzes am 1. Januar 2015 begangen haben soll. Es stellt die Frage, in welchem Verhältnis Art. 260 ter StGB zu Art. 2 des Al-Qaïda /IS-Gesetz es steht.

1.4.3 Art. 260 ter StGB und Art. 2 Abs. 2 Al-Qaïda /IS-Gesetz unterscheiden sich hinsichtlich des Strafrahmens nicht, er beträgt in beiden Fällen Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren. Alle angeklagten Handlungen, welche vor dem Inkrafttreten des Al-Qaïda /IS-Gesetzes am 1. Januar 2015 verwirklicht wurden, werden unter dem Gesichtspunkt des Tatbestandes der Unterstützung einer kriminellen Organisation nach Art. 260 ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB geprüft. Für die dem Beschuldigten zur Last gelegten Taten, welche nach dem 1. Januar 2015 erfolgten, geht hingegen das jüngere Spezialgesetz vor. Soweit eine Handlung sowohl Art. 260 ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB als auch Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda /IS-Gesetzes erfüllt, gelangt einzig der jüngere Spezialtatbestand zur Anwendung (Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2016.9 vom 15. Juli 2016 E. 1.15; Engler, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 260 ter StGB N 30).

1.4.4 Die altrechtliche Al-Qaïda /IS- Verordnung (Inkrafttreten am 1. Dezember 2012; AS 2012 1 ) wäre für den angeklagten Deliktszeitraum vor 2015 nur anwendbar, sofern nicht strengere Strafbestimmungen zur Anwendung gelangen. Bei Art. 260 ter StGB handelt es sich um eine solche strengere Strafbestimmung (Urteil des Bundesgerichts 6B_1104/2016 vom 7. März 2017 E. 1.2.2; Engler, a.a.O., Art. 260 ter StGB N 29), weshalb für die Beurteilung der vor dem 1. Januar 2015 angeklagten Tathandlungen ausschliesslich diese Strafnorm zur Anwendung gelangt.

2. Unterstützung einer kriminellen Organisation (Art. 260 ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB )/Verstoss gegen Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda/IS-Gesetzes

2.1 Die Bundesanwaltschaft wirft dem Beschuldigten vor, im Zeitraum vom 5. August 2012 bis 20. Juni 2017 acht Propagandabeiträge für den IS oder verwandte Organisationen in Form von Bildern, Videos und Texten über seine Social Media-Kanäle (Facebook, Google+, YouTube) verbreitet bzw. von anderen Nutzern positiv bewertet und dadurch den IS in dessen verbrecherischen Aktivitäten gefördert zu haben.

Im Einzelnen werden dem Beschuldigten folgende Propagandabeiträge zur Last gelegt:

Nr.

Beschreibung

Ort der Publikation

Datum der Publikation

4

Eine Person, mutmasslich der Beschuldigte, trägt ein schwarzes T-Shirt mit der Flagge des IS.

Facebook, Nutzer A.

ID: 1 und 2

09.08.2012

6

Am 11.12.2012 habe der YouTube-User B. bei zwei Videos über die Ansar ash-Scharia eine positive Bewertung abgegeben. In einem der beiden Videos sei es um die Hinrichtung zweier mutmasslichen Spione gegangen. Am gleichen Tag habe er auch ein Video mit Anwar al-Awlaqi positiv bewertet.

Standbild aus dem Video: Ein Mann kniet vor drei schwarz gekleideten Männern. Einer dieser Männer hält den Knieenden fest, der Andere hält ein Schwert in seinen Händen.

YouTube, Nutzer B.

11.12.2012

8

Text: «Wenn du sagst, unser Emir und Führer der Muslime Abu Bakr al-Baghdadi teilte uns erfreuliche Nachrichten mit, drehen die Heuchler mit bösem Gerede durch. Wenn Angelina Jolie über Religion spricht, wird sie angehimmelt von diesen Dummköpfen. Seht nur, von wem diese Armen das Glauben lernen, möge Gott euch rechtleiten und wenn ihr das nicht wollt, möge Gott euch zerstören.»

Facebook, Nutzer A. ID: 1 und 2

21.05.2016

10

Nasheed (heroisierendes Kampflied).

Im Video dargestellt: Krieger mit IS-Fahnen, IS-Reiter, IS-Flagge, islamisches Glaubensbekenntnis.

YouTube, Nutzer B.

14.01.2013

13

Nasheed (heroisierendes Kampflied).

Im Video sichtbar: Das islamische Glaubensbekenntnis, die IS-Flagge, diverse Krieger, ein Panzer mit IS-Bemalung, IS-Krieger in einer Reihe stehend etc.

YouTube, Nutzer B.

05.08.2012

15

Schwarzer Hintergrund mit weissem IS-Logo.

Google+ ID: 3

20.06.2017

16

Pferd ohne Reiter mit IS-Fahne.

Google+ ID: 3

20.06.2017

18

Titelbild des Google+ Account von A. Der geöffnete Koran, darüber ein offene Blume (Margerite) neben einer wehenden IS-Fahne.

Google+ ID: 3

04.10.2016

2.2

2.2.1 Nach Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda/IS-Gesetzes macht sich strafbar, wer sich auf dem Gebiet der Schweiz an einer nach Art. 1 verbotenen Gruppierung oder Organisation beteiligt, sie personell oder materiell unterstützt, für sie oder ihre Ziele Propagandaaktionen organisiert, für sie anwirbt oder ihre Aktivitäten auf andere Weise fördert. Nach Art. 1 des Gesetzes sind namentlich verboten die Gruppierungen Al-Qaïda (lit. a), IS (lit. b) und Tarn- und Nachfolgegruppierungen derselben sowie Organisationen und Gruppierungen, die in Führung, Zielsetzung und Mitteln mit jenen übereinstimmen oder in ihrem Auftrag handeln (lit. c).

Die Strafbestimmung bewirkt eine Vorverlagerung der Strafbarkeit, indem sie schon das Unterstützen und Fördern der im Titel des Gesetzes benannten terroristischen Organisationen unter Strafe stellt. Voraussetzung ist, dass eine der im Straftatbestand benannten Tatvarianten auf dem Gebiet der Schweiz (gemäss Abs. 2 auch im Ausland) ausgeführt wird ( Eicker , Zur Interpretation des Al-Qaïda- und IS-Gesetzes durch das Bundesstrafgericht im Fall eines zum Islamischen Staat Reisenden, Jusletter 21. November 2016, Rz. 11).

2.2.2 Den Tatbestand von Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz erfüllt insbesondere, wer Propaganda für den IS in objektiv erkennbarer Weise bewusst verbreitet (Urteil des Bundesgerichts 6B_948/2016 vom 22. Februar 2017 E. 4.2.2; Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2019.23 vom 15. Juli 2019 E. 5.1).

2.2.3 Propaganda im allgemeinen Sinne äussert sich - genau wie Werbung - in
Massnahmen, die darauf abzielen, den Adressaten zu einem bestimmten Denken, Verhalten oder Handeln zu veranlassen. Der Unterschied der Begriffe Werbung und Propaganda liegt grundsätzlich nicht in deren Ziel oder Art; Werbung und Propaganda unterscheiden sich vielmehr im Anwendungsbereich. Als Propaganda wird im Allgemeinen jene Werbung bezeichnet, die sich nicht auf kommerzielle, sondern auf ideologische Bereiche bezieht. Das sind z.B. kulturelle, soziale, politische oder religiöse Bereiche (vgl. David/Reutter , Schweizerisches Werberecht, 3. Aufl. 2015, N 10 f. und 15).

Nach gängiger Rechtsprechung und Lehre zum strafrechtlichen Propagandabegriff besteht Propaganda objektiv in irgendwelchen von den Mitmenschen wahrnehmbaren Handlungen und subjektiv sowohl im Bewusstsein, dass eine bestimmte Handlung von Mitmenschen wahrgenommen wird, als auch in der Absicht, damit zu werben, d.h. so auf die Mitmenschen einzuwirken, dass sie für die geäusserten Gedanken gewonnen oder, falls sie ihnen bereits zugetan sind, in ihrer Überzeugung gefestigt werden (vgl. BGE 68 IV 145 E. 2; 140 IV 102 E. 2.2.2; 143 IV 308 E. 5.2; Niggli , Rassendiskriminierung, 2. Aufl. 2007, N 1222 f.; Vest, in: Martin Schubarth [Hrsg.], Delikte gegen den öffentlichen Frieden, 2007, zu Art. 261 bis StGB N 62).

2.3

2.3.1 Gemäss Art. 260 ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB macht sich strafbar, wer eine Organisation, die ihren Aufbau und ihre personelle Zusammensetzung geheim hält und die den Zweck verfolgt, Gewaltverbrechen zu begehen oder sich mit verbrecherischen Mitteln zu bereichern, in ihrer verbrecherischen Tätigkeit unterstützt.

Hochgefährliche terroristische Organisationen, darunter auch die «Al-Qaïda» und der IS, fallen nach der Rechtsprechung unter den Begriff der kriminellen Organisation im Sinne von Art. 260 ter StGB (BGE 142 IV 175 E. 5.8; Urteil des Bundesgerichts 6B_1132/2016 vom 7. März 2017 E. 6.1). Wer bewusst Propaganda für eine dieser Terrorgruppen betreibt, erfüllt den Tatbestand der Unterstützung einer kriminellen Organisation gemäss Art. 260 ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB (Urteile des Bundesstrafgerichts SK.2019.23 vom 15. Juli 2019 E. 3.3 und 5.1.4; SK.2013.39 vom 2. Mai/22. Juli 2014 E. 1.2.4).

2.3.2 Ein nach Art. 260 ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB strafbares Unterstützen der Al-Qaïda oder des IS erfüllt immer auch die Handlungskriterien nach Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda/IS-Gesetzes (Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2016.9 vom 15. Juli 2016 E. 1.14.4).

2.4

2.4.1 Die dem Beschuldigten zur Last gelegten Internet- und Social Media-Beiträge liegen - mit folgender Ausnahme - bei den Akten (BA pag. 5.0.7-9, 10.1.90).

2.4.2 Von den unter Nr. 6 thematisierten Videos ist lediglich ein Standbild aus einem dieser Videos vorhanden, welches mutmasslich die anstehende Enthauptung eines Mannes zeigt. Um wen es sich bei den abgebildeten Personen - Täter wie Opfer - handelt, bleibt indes unklar. In welcher Form der Beschuldigte die erwähnten Videos positiv bewertet haben soll, ist in den Akten nicht dokumentiert. Es fehlt demnach ein Nachweis dafür, dass es sich bei den fraglichen Beiträgen um Propaganda für den IS handeln soll.

2.5 Betreffend die übrigen Publikationen (Nr. 4, 8, 10, 13, 15, 16 und 18) ergibt sich Folgendes in objektiver Hinsicht:

2.5.1 Die Urheberschaft des Beschuldigten für die zur Diskussion stehenden Beiträge ist aufgrund seiner Aussagen und der forensischen Auswertung der technischen Daten ohne Weiteres erstellt (BA pag. 10.1.79 ff., 13.1.6/10-12/22; TPF pag. 2.731.5). Unstreitig ist auch, dass die inkriminierten Inhalte mit dem Posten in sozialen Netzwerken bzw. im Internet Dritten, im Falle der YouTube-Videos gar einer breiteren Öffentlichkeit, zugänglich gemacht wurden.

2.5.2 Der Verteidiger bestreitet die deliktische Relevanz der Publikationen. Bei den Fotos/Videos Nr. 4, 10, 13, 15, 16 und 18 gehe namentlich weder aus der Anklageschrift noch aus den Akten hervor, was die (vermutlich) arabischen Schriftzeichen bedeuten würden, mit denen die abgebildeten Fahnen, T-Shirt, Logo etc. versehen seien. Gleiches gelte für den Inhalt der gesungenen Lieder. Für den Fall, dass es sich vorliegend tatsächlich um Abbildungen der sog. IS-Flagge handeln solle, sei zu berücksichtigen, dass diese das muslimische Glaubensbekenntnis darstelle. Dessen Zur-Schau-Stellen könne nicht als Propaganda für den IS gewertet werden, da ansonsten alle Muslime unter dem Generalverdacht stehen würden, den IS zu unterstützen. Allenfalls seien die fraglichen Bilder/Videos als straflose Sympathiebekundungen für den IS zu betrachten. Bei dem Text Nr. 8 sei kein Bezug zum IS ersichtlich. Zudem fordere dieser Text Adressaten nicht zu einem bestimmten Denken oder Handeln auf, weshalb er nicht als Propaganda betrachtet werden könne (TPF pag. 2.721.6 ff.).

2.5.3 Diese Einwände verfangen nicht. Auf den fraglichen Fotos und Videos - bei den letzteren handelt es sich jeweils um eine Zusammenstellung aufeinanderfolgender Bilder mit (vermutlich) arabischem Gesang - ist u.a. jeweils eine schwarze Fahne mit arabischen Schriftzügen und einem weissen Logo zu sehen. Dass es sich dabei um die sog. IS-Flagge handelt, ist notorisch (vgl. statt vieler https://de.wikipedia.org/wiki/Islamischer_Staat_[Organisation ] ). Es trifft zwar zu, dass die IS-Flagge mit dem islamischen Glaubensbekenntnis versehen ist, dessen Verwendung für sich genommen selbstredend keine strafbare Propaganda für den IS darstellt. Indes werden die betreffenden Kennzeichen in der speziellen Kombination, wie sie auf der IS-Flagge zu sehen ist, ausschliesslich vom IS benutzt. Der IS missbraucht damit ein zentrales Symbol des Islam für seine terroristischen Zwecke. Nachdem die hier zur Diskussion stehenden Bilder klarerweise nicht als neutrale Berichterstattung oder als dokumentarische Publikationen einzuordnen sind, kann das Posten der IS-Flagge im Internet durch den Beschuldigten keinem anderen Zweck gedient haben, als seine unterstützende Haltung gegenüber dieser terroristischen Organisation nach aussen zu demonstrieren. Bei einzelnen Beiträgen, insbesondere bei den Bildfolgen Nr. 10 und 13, kommen zudem weitere Elemente (Krieger, Panzer und andere Waffen, etc.) hinzu, welche die propagandistische Ausrichtung der Beiträge besonders deutlich zutage treten lassen; hier wird der IS machtvoll, heroisch und siegreich dargestellt, was werbewirksam zu seiner Anziehungskraft beiträgt. Angesichts der Aussenwirkung der Beiträge kann von einem blossen (straflosen) Sympathisieren mit einer verbotenen Organisation keine Rede sein.

Ebenso wenig zweifelhaft ist der propagandistische Inhalt des Beitrags Nr. 8. Der im Text erwähnte Abu Bakr al-Baghdadi war jahrelang bis zu seinem Tod im Oktober 2019 Anführer des IS. Entgegen dem Verteidiger wirbt der Text sehr wohl für die Ideologie des gewaltsamen Islamismus, wird doch darin der Erwähnte als «unser Emir und Führer der Muslime» bezeichnet und Andersgläubigen der Tod angedroht.

2.5.4 Zusammenfassend ist der objektive Tatbestand von Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda/IS-Gesetzes resp. Art. 260 ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB erstellt.

2.6 In subjektiver Hinsicht ergibt sich Folgendes:

2.6.1 Bei seiner ersten Einvernahme bei der BKP am 24. August 2017 wurde der Beschuldigte zu seiner Einstellung zum IS befragt. Er gab dabei an, den IS anfangs gut gefunden zu haben. Er habe es damals befürwortet, dass der IS in Syrien gegen den Präsidenten Baschar al-Assad, der Kinder bombardiert habe, einen Krieg im Namen des Islam geführt habe. In letzter Zeit habe jedoch ein Gesinnungswandel bei ihm stattgefunden. Er finde es nicht mehr gut, was der IS mache. Im Weiteren führte der Beschuldigte aus, dass er früher auch mal daran gedacht habe, nach Syrien in den Krieg zu reisen, da seine damalige Frau es so gewollt habe. Sie sei später (nach der Trennung) mit ihrem neuen Freuend beim Versuch, nach Syrien zu reisen, in der Türkei verhaftet worden. Er selbst denke nicht mehr daran, nach Syrien zu reisen (BA pag. 13.1.7 f.). In der Hauptverhandlung bekräftigte der Beschuldigte seine aktuell ablehnende Haltung gegenüber dem IS. Er unterstütze die brutale Gewalt nicht; das, was der IS mache, sei unislamisch (TPF pag. 2.731.6).

Konkret zu den inkriminierten Publikationen gab der Beschuldigte in der erwähnten Einvernahme vom 24. August 2017 an, er habe damals nicht gewusst, dass die IS-Flagge als politisches Symbol angesehen werde. Auf das Video Nr. 13 angesprochen, sagte er aus, er habe dieses Video aus Dummheit gepostet; er habe es damals gut gefunden. In Bezug auf das Bild Nr. 3 gab der Beschuldigte an, er habe das T-Shirt damals als stolzer Muslim getragen; es sei das Glaubensbekenntnis. Zum Text Nr. 8 führte er aus, das sei nach der Scheidung mit seiner ersten Frau gewesen. Damals sei für ihn die Meinung von anderen noch wichtig gewesen, er habe noch nicht so eine eigene Meinung gehabt. Den Text finde er nicht mehr gut. Auf Frage, welchen Zweck er mit dem Posten der fraglichen Inhalte verfolgt habe, gab der Beschuldigte an, er wollte von der islamischen Scharia profitieren und dass auch andere davon profitieren können (BA pag. 13.1.11 f.). In der Einvernahme bei der Bundesanwaltschaft vom 10. Oktober 2019 gab der Beschuldigte auf entsprechende Frage an, damals nicht gewusst zu haben, dass er sich mit dem Posten der inkriminierten Beiträge strafbar mache. Darauf angesprochen, dass er wegen der Verbreitung einschlägiger Publikationen dreimal (2013, 2014 und 2015) vom NDB und der Kantonspolizei Zürich präventiv angesprochen worden sei und danach trotzdem weiter publiziert habe, sagte der Beschuldigte, er habe jeweils ein Glaubensbekenntnis gepostet und dies immer wiederholt. Nachdem er jedoch verstanden habe, dass dieses als politisches Symbol betrachtet werde, habe er damit aufgehört (BA pag. 13.1.22). In der Hauptverhandlung zur den vorgeworfenen Publikationen befragt, verwies der Beschuldigte auf seine bisherigen Aussagen und verweigerte weitere Aussagen (TPF pag. 2.731.5).

2.6.2 Angesichts der breiten Medienberichterstattung und der notorischen Propagandatätigkeit des IS kann nicht ernsthaft in Frage gestellt werden, dass es dem Beschuldigten schon in der anklagerelevanten Zeit bekannt war, dass es sich beim IS um eine dschihadistisch motivierte Terrororganisation handelt. Seine Aussagen und der Inhalt der von ihm veröffentlichten Beiträge lassen keinen Zweifel daran, dass er mit den inkriminierten Publikationen beabsichtigte, dem IS erhöhte Aufmerksamkeit zu verschaffen, die Macht und Stärke dieser Organisation zu glorifizieren und dessen gewaltextremistische Ideologie öffentlich zu verbreiten. Die Aussage, wonach er im Bewusstsein gehandelt habe, lediglich das islamische Glaubensbekenntnis zu posten, ist als Schutzbehauptung zu werten. Wie oben dargelegt, ist es allgemein bekannt, dass es sich bei dem vom Beschuldigten geposteten Kennzeichen um die IS-Flagge handelt. Dass er damals als Befürworter des IS darüber nicht im Bilde gewesen sein soll, ist unglaubhaft. Bei den Bildfolgen Nr. 10 und 13 kann in Anbetracht von explizit gewaltverherrlichenden Darstellungen von vornherein nicht geltend gemacht werden, dass es dem Beschuldigten nur darum gegangen sei, das Glaubensbekenntnis zu posten. Analoges gilt für den Text Nr. 8: Insbesondere die Bezugnahme auf «unser(en) Emir und Führer der Muslime» al-Baghdadi lässt keine andere Deutung zu, als dass der Beschuldigte mit diesem Kommentar für den IS und dessen Gedankengut bewusst warb.

2.6.3 Zusammenfassend ist auch der subjektive Tatbestand von Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda/IS-Gesetzes resp. Art. 260 ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB erfüllt.

2.7 Bei mehreren Unterstützungshandlungen zugunsten einer kriminellen Organisation durch einen Täter wird der Tatbestand von Art. 260 ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB nur einmal, nicht mehrfach erfüllt ( TPF 2015 1 E. B.1.2.7). Beim Tatbestand von Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda/IS-Gesetzes kann nichts anderes gelten. Der Beschuldigte hat mit seinen Propagandabeiträgen eine terroristische Organisation, namentlich den IS, unterstützt bzw. dessen Aktivitäten gefördert. Es liegt demnach eine Tateinheit vor.

2.8 Im Ergebnis ist der Beschuldigte der Unterstützung einer kriminellen Organisation gemäss Art. 260 ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB , begangen vom 5. August 2012 bis 31. Dezember 2014 (Beiträge Nr. 4, 10, 13), sowie des Verstosses gegen Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda/IS-Gesetzes, begangen vom 1. Januar 2015 bis 20. Juni 2017 (Beiträge Nr. 8, 15, 16, 18), schuldig zu sprechen.

3. Gewaltdarstellungen

3.1 Die Anklage wirft dem Beschuldigten vor, 13 verbotene Gewaltdarstellungen in Form von gespeicherten Bildern, Bildfolgen und einem Video besessen zu haben.

Es handelt sich im Einzelnen um folgende Darstellungen:

Nr.

Beschreibung

Datum der letzten Änderung


19

Bild. Fünf tote Kinder liegen im Sand.

19.08.2017


20

Bild. Mehrere Soldaten des IS. Einer hält eine Fahne mit einer IS-Flagge. Ein Anderer fixiert einen Zivilisten welchem zuvor mutmasslich seine rechte Hand abgeschnitten wurde.

14.08.2017



21

Bild. Auf einem Platz stehen viele Menschen als Zuschauer. Ein Mann wird auf den Knien über einen Holzbock gehalten. Gleichzeitig schlägt ein Anderer mit einem Schwert dem Knieenden den Kopf ab.

14.08.2017

22

Bild. Ein gefesselter Mann liegt am Boden. Eine andere Person schneidet diesem die Kehle durch. Eine grosse Blutlache befindet sich bereits unter dem Opfer.

04.08.2017

23

Bild. Eine tote gekreuzigte Person.

21.08.2017

24

Drei Bilder. Tote Menschen liegen in ihren Blutlachen.

18.07.2017

25

Vier Bilder. Eine gefesselte Person wird vom Dach eines mehrstöckigen Hauses geworfen. Auf dem letzten Foto liegt die Person in ihrem Blut am Boden.

05.08.2017

26

Bild. Eine Person wird von mehreren Soldaten zu Boden gedrückt. Ein Soldat schneidet dem Opfer die Kehle durch. Sein Blut versickert im Sand.

28.07.2017

27

Fünf Bilder. Kriegsszenen (Granateneinschläge). Zwei Bilder zeigen tote Männer. Der Kopf liegt abgetrennt neben dem Körper.

13.08.2017


29

Drei Bilder. Einem Mann wird in der Öffentlichkeit seine rechte Hand abgehackt.

14.08.2017


30

Vier Bilder. Ein Mann in einem orangen Kleid kniet vor einem vermummten Soldaten. Dann wird dem Mann von hinten in den Kopf geschossen. Auf dem letzten Bild ist das Einschussloch im Kopf des Opfers ersichtlich.

20.07.2017


31

Vier Bilder. Tote Menschen und Waffen.

28.07.2017

35

Video. Ein vermummter Soldat spricht und steht dabei neben einem Panzer. Dann sieht man, dass vor dem Panzer ein Mann kniet. Der Panzer feuert schliesslich ein grosses Geschoss ab und das Opfer vor dem Panzer explodiert.

27.07.2012

3.2

3.2.1 Nach Art. 135 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer Ton- oder Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenstände oder Vorführungen, die, ohne schutzwürdigen kulturellen oder wissenschaftlichen Wert zu haben, grausame Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Tiere eindringlich darstellen und dabei die elementare Würde des Menschen in schwerer Weise verletzen, herstellt, einführt, lagert, in Verkehr bringt, anpreist, ausstellt, anbietet, zeigt, überlässt oder zugänglich macht. Gemäss Art. 135 Abs. 1 bis StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer Gegenstände oder Vorführungen nach Absatz 1, soweit sie Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Tiere darstellen, erwirbt, sich über elektronische Mittel oder sonst wie beschafft oder besitzt.

Tatobjekt von Art. 135 StGB sind die Menschenwürde in elementarer Weise verletzende Gewaltdarstellungen. Erforderlich ist eine eindringliche Darstellung grausamer, auf das Zufügen von Leid abzielender brutaler Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Tiere. Ein Schuldspruch nach Art. 135 StGB setzt weiter voraus, dass die Darstellung bar jeglichen kulturellen oder wissenschaftlichen Wertes ist (zum Ganzen Hagenstein , Basler Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 135 StGB N 9 ff.; Stratenwerth/Wohlers , 3. Aufl. 2013, Handkommentar, Art. 135 StGB N 2). In subjektiver Hinsicht ist Vorsatz erforderlich, wobei Eventualvorsatz genügt (Art. 12 Abs. 1 und 2 StGB ).

3.2.2 Für die Tathandlung des Besitzens nach Art. 135 Abs. 1 bis StGB wird objektiv tatsächliche Sachherrschaft und subjektiv der Wille vorausgesetzt, die Sachherrschaft auszuüben. Eine Beschaffungshandlung ist dabei nicht erforderlich; strafbar macht sich auch derjenige, der zunächst unvorsätzlich in den Besitz von verbotenen Darstellungen gelangt ist und diese nach Kenntnisnahme ihres Inhalts weiter aufbewahrt (BGE 137 IV 208 E. 4.1).

3.3

3.3.1 Die inkriminierten Fotos/Video liegen bei den Akten (BA pag. 10.1.90).

Es ist vorab festzustellen, dass das Bild Nr. 20 auch in der Bildfolge Nr. 29 enthalten ist. Es wird im Folgenden nicht doppelt berücksichtigt.

Die infrage stehenden Dateien sind anlässlich der Hausdurchsuchung vom 24. August 2017 am Domizil des Beschuldigten, namentlich auf seinem Mobiltelefon (Samsung Galaxy S7 Edge), sichergestellt worden. Dieser Umstand wird vom Beschuldigten nicht bestritten (BA pag. 10.1.42 f./53 f., 13.1.13; TPF pag. 2.721.3).

Es steht sodann ausser Frage, dass die inkriminierten Fotos/Video grausame Gewalttätigkeiten gegen Menschen eindringlich darstellen und keinerlei kulturellen oder wissenschaftlichen Wert haben (so auch der Verteidiger; TPF pag. 2.721.3).

Der objektive Tatbestand von Art. 135 Abs. 1 bis StGB in der Tatvariante des Besitzes ist demnach erfüllt.

3.3.2 In subjektiver Hinsicht ergibt sich Folgendes:

Die inkriminierten Darstellungen wurden dem Beschuldigten erstmals in der Hauptverhandlung konkret vorgehalten. Er gab dabei an, er habe sie nie gesehen; er finde sie schlimm. Auf Frage, wie diese Bilder auf sein Mobiltelefon gelangt seien, verweigerte der Beschuldigte die Aussage (TPF pag. 2.731.7 f.). Der Verteidiger führte im Parteivortrag aus, es sei möglich, dass der Beschuldigte die fraglichen Fotos/Video über den von ihm benutzten Instant-Messaging-Dienst Telegram bekommen habe und dass diese auf dem Mobiltelefon automatisch gespeichert worden seien, ohne dass der Beschuldigte davon Kenntnis genommen habe (TPF pag. 2.721.3 f.).

Diese Argumentation verfängt angesichts dessen, dass es sich beim Beschuldigten nicht um einen ungeübten Internetnutzer handelt, a priori nicht. Sie steht zudem im Widerspruch zu den Aussagen, die der Beschuldigte im Vorverfahren gemacht hat. So sagte er in der Einvernahme bei der BKP am 24. August 2017 aus, man würde auf seinem gleichentags sichergestellten Mobiltelefon «sicher noch so Sachen» finden, die andere ihm geschickt hätten; dies alles werde automatisch gespeichert (BA pag. 13.1.13). In der gleichen Einvernahme allgemein zu den Gewaltdarstellungen befragt, gab er zudem an, dass «Köpfungsvideos nicht in Ordnung sind». Er habe auch schon mal gesagt, dass man ihm solche Sachen nicht mehr schicken solle. Da er jetzt bald Vater werde, habe er sich vorgenommen, solche Sachen zu löschen (BA pag. 13.1.8). Weiter führte er aus, er habe «einfach keinen Bock» gehabt, die Sachen zu löschen (BA pag. 13.1.8/10). Der Beschuldigte wusste somit, dass Fotos und Videos, die er über den Instant-Messaging-Dienst erhielt, auf seinem Mobiltelefon abgespeichert wurden und dass sich darunter insbesondere Gewaltdarstellungen befanden. Vor diesem Hintergrund kann nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden, dass der Beschuldigte über seinen tatsächlichen Gewahrsam über die zur Diskussion stehenden Fotos und das Video im Bilde war. Damit ist auch die subjektive Tatkomponente des Besitzes von Gewaltdarstellungen erstellt.

3.3.3 Zusammenfassend ist der Beschuldigte des Besitzes von Gewaltdarstellungen gemäss Art. 135 Abs. 1 bis StGB schuldig zu sprechen.

4. Strafzumessung

4.1 Per 1. Januar 2018 trat das neue Sanktionenrecht in Kraft ( AS 2016 1249 ). Grundsätzlich wird ein Täter nach dem Recht beurteilt, das im Zeitpunkt der Tatbegehung in Kraft stand, es sei denn, das neue Recht erweise sich als das mildere (Art. 2 StGB ).

In Vorwegnahme des Ergebnisses der Abwägung der für die Strafzumessung relevanten Kriterien ist an dieser Stelle Folgendes festzuhalten: Das Gericht erachtet eine Gesamtfreiheitsstrafe im Bereich von 5 bis 6 Monaten für alle Straftaten als angemessen. Nach altem Sanktionenrecht müsste eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten ausgesprochen werden, da die Ausfällung einer Freiheitsstrafe unter dieser Grenze nur unter sehr restriktiven - hier nicht zutreffenden - Voraussetzungen möglich ist (vgl. Art. 40 f . aStGB in der bis 31. Dezember 2017 geltenden Fassung). Nach geltendem Recht ist die Verhängung einer Freiheitsstrafe von weniger als 6 Monaten hingegen möglich (vgl. Art. 40 f . StGB ). Das neue Sanktionenrecht erweist sich mithin in der vorliegenden Konstellation für den Täter als das mildere, weshalb die Strafzumessung nach diesem vorzunehmen ist.

4.2 Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe innerhalb des anzuwendenden Strafrahmens nach dem Verschulden des Täters zu; es berücksichtigt dabei das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Das Verschulden bestimmt sich nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Tat zu vermeiden (Art. 47 Abs. 2 StGB ). Das Gesetz führt weder alle in Betracht zu ziehenden Elemente detailliert und abschliessend auf, noch regelt es deren exakte Auswirkungen bei der Bemessung der Strafe. Es liegt im Ermessen des Gerichts, in welchem Umfang es die verschiedenen Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt (BGE 134 IV 17 E. 2.1 mit Hinweisen).

4.3

4.3.1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat, d.h. derjenigen Tat, die mit der schwersten Strafe bedroht ist, und erhöht sie angemessen (Asperationsprinzip). Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden (Art. 49 Abs. 1 StGB ).

4.3.2 Der Beschuldigte hat mehrere Straftatbestände verwirklicht. Abstrakt schwerste Taten sind in casu die Verbrechen nach Art. 260 ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB bzw. Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda/IS-Gesetzes. Die Strafdrohung für diese Delikte lautet auf Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Anzumerken ist, dass die beiden Tatbestände im Verhältnis unechter Konkurrenz zueinander stehen (vgl. E. 1.4.3), so dass Art. 49 Abs. 1 StGB diesbezüglich nicht greift. Besitz von Gewaltdarstellungen (Art. 135 Abs. 1 bis StGB ) wird mit Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Die Mindestdauer der Freiheitsstrafe beträgt drei Tage (Art. 40 Abs. 1 StGB ). Aufgrund der Tatmehrheit ist diese Mindeststrafe zwingend zu erhöhen. Die Obergrenze des erweiterten Strafrahmens bei der Freiheitsstrafe beträgt aufgrund der sog. Sperrwirkung der hypothetischen Kumulation (vgl. dazu BGE 143 IV 145 E. 8.2.3 m.w.H.) 6 Jahre.

4.4 Ausgangspunkt der Strafzumessung bilden nach dem Gesagten die Verbrechen nach Art. 260 ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB bzw. Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda/IS-Gesetzes.

4.4.1 Hinsichtlich der Tatkomponente fällt zunächst objektiv ins Gewicht, dass der Beschuldigte im Zeitraum von rund 5 Jahren mehrfach Propaganda für die gewaltextremistische Ideologie des IS öffentlich verbreitet hat. Die inkriminierten Publikationen weisen zum Teil einen besonders krassen gewaltverherrlichenden Inhalt auf; so ist beispielsweise auf einem Bild (Beitrag Nr. 13) ein IS-Kämpfer mit einem blutverschmierten Schwert zu sehen. Angesichts des langen Tatzeitraums, der wiederholten Unterstützungshandlungen und des Inhalts der verbreiteten Propagandabeiträge ist das Ausmass des verschuldeten Erfolgs nicht unerheblich. Erschwerend kommt hinzu, dass der Beschuldigte seine propagandistische Tätigkeit weiterbetrieb , auch nachdem er dreimal (2013, 2014 und 2015) vom NDB bzw. der Kantonspolizei Zürich darauf präventiv angesprochen wurde (BA pag. 5.0.6). In subjektiver Hinsicht handelte der Beschuldigte als religiöser Überzeugungstäter, was deliktstypisch ist.

Im Lichte dieser Faktoren wiegt das Tatverschulden nicht mehr leicht.

4.4.2 Zur Täterkomponente ist Folgendes festzuhalten:

Der 28-jährige Beschuldigte ist schweizerischer und serbischer Staatsangehöriger kosovarischer Herkunft. Er ist in der Schweiz aufgewachsen und hat hierzulande die obligatorische Schulzeit absolviert. Anschliessend fing er eine Lehre als Heizungsmonteur an, schloss diese jedoch nicht ab. In der Folge war er nach eigenen Angaben verschiedentlich als Heizungsmonteur oder Lagermitarbeiter temporär tätig. Aktuell (seit mindestens 2017) ist er arbeitslos und bezieht Sozialhilfe. Der Beschuldigte ist in zweiter Ehe verheiratet und hat ein zweijähriges Kind. Seine Ehefrau ist ebenfalls erwerbslos. Der Beschuldigte besitzt kein Vermögen, hat aber auch keine Schulden. In der Hauptverhandlung zu seinen Zukunftsplänen befragt, gab er an, zunächst mal eine Arbeit finden zu wollen (BA pag. 13.1.5 ff.; TPF pag. 2.731.2 ff.).

Der Beschuldigte ist ein strenggläubiger Moslem. Sein Verhältnis zur Schweiz bezeichnet er als normal. Ein Schweizer Pass sei für ihn, so der Beschuldigte, wie ein Vertrag: man müsse die Gesetze des Landes respektieren. Gemäss seinen - für das Gericht glaubhaften - Aussagen hat sich der Beschuldigte in der Zwischenzeit von der gewaltextremistischen Ideologie des IS distanziert und bereut seine Taten (BA pag. 13.1.5 ff.; TPF pag. 2.731.2 ff.; vgl. auch E. 2.6.1). Dieser Umstand sowie das weitgehende Geständnis des Beschuldigten sind strafmindernd zu berücksichtigen.

Im Übrigen wirken sich das Vorleben, unter Einschluss der Vorstrafenlosigkeit, und die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten neutral auf die Strafzumessung aus.

4.4.3 Im Würdigung der erwogenen Faktoren erscheint eine Freiheitsstrafe im unteren Bereich des Strafrahmens von Art. 260 ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB bzw. Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda/IS-Gesetzes für diese Delikte als schuldangemessen. Die (gedankliche) Einsatzstrafe ist auf 4 Monate festzulegen.

4.5 In Bezug auf den Besitz von Gewaltdarstellungen ist Folgendes von Bedeutung. Diese Tat steht in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den Verbrechen nach Art. 260 ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB bzw. Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda/IS-Gesetzes, weisen doch die inkriminierten Darstellungen einen expliziten Bezug zum IS auf. In Berücksichtigung dieses Umstands einerseits und der möglichst grossen präventiven Effizienz der Strafe andererseits ist auch für dieses Delikt eine Freiheitsstrafe angezeigt.

Für die Asperation der Einsatzstrafe sind folgende Kriterien relevant: Der Beschuldigte hat sich für den Besitz von rund einem Dutzend deliktischer Darstellungen zu verantworten. Die betreffenden Bilder sind für einen normalen Menschen nur schwer auszuhalten, zeigen sie doch detailliert tödliche Kriegsverletzungen (u.a. bei Kleinkindern), Hinrichtungen und abgetrennte Köpfe. Erschwerend ins Gewicht fällt die subjektive Tatkomponente: Der Besitz der inkriminierten Bilder lässt sich einzig durch die extremistisch-dschihadistische Einstellung des Beschuldigten in der deliktsrelevanten Zeit erklären. Im Rahmen der Täterkomponente sind dem Beschuldigten auch bei diesem Delikt die Abwendung von der gewaltextremistischen Ideologie des IS und sein weitgehend kooperatives Verhalten im Strafverfahren zugutezuhalten. In Berücksichtigung dieser Faktoren ist die Einsatzstrafe um einen Monat zu erhöhen.

4.6 Im Ergebnis ist der Beschuldigte mit einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten zu bestrafen.

4.7

4.7.1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten (Art. 42 Abs. 1 StGB ).

Grundvoraussetzung für den gewährten Strafaufschub ist eine begründete Aussicht auf Bewährung des Täters. Auf den Vollzug der Strafe kann (vorerst) verzichtet werden, wenn dies unter spezialpräventiven Gesichtspunkten als sinnvoll erscheint. Der Strafaufschub ist die Regel, von der grundsätzlich nur bei ungünstiger Prognose abgewichen werden darf. Bei der Prüfung, ob der Verurteilte für ein dauerndes Wohlverhalten Gewähr bietet, ist eine Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände vorzunehmen. In die Beurteilung mit einzubeziehen sind neben den Tatumständen auch das Vorleben, das Verhalten des Schuldigen nach der Tat sowie alle weiteren Tatsachen, die gültige Schlüsse auf den Charakter des Täters und die Aussicht seiner Bewährung zulassen. Einsicht in das Unrecht der Tat und Reue sind die wichtigsten Voraussetzungen für eine günstige Prognose (BGE 135 IV 180 E. 2.1; Urteile des Bundesgerichts 6B_947/2016 vom 4. April 2017 E. 2; 6S.253/2004 vom 3. November 2004 E. 4).

4.7.2 Die objektiven Voraussetzungen des bedingten Vollzugs sind vorliegend erfüllt. In subjektiver Hinsicht ist dem Beschuldigten zunächst die Vorstrafenlosigkeit zugutezuhalten. Auf der anderen Seite fällt negativ ins Gewicht, dass er die Taten, derentwegen er verurteilt wurde, als religiöser Überzeugungstäter beging. Bei solchen Tätern besteht generell die Gefahr, dass sich der Schuldige in Zukunft ähnlich verhalten könnte (BGE 108 IV 3 E. 4; Schneider/Garré , Basler Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 42 StGB N 72). Das Gericht konnte sich indessen aufgrund der glaubhaften Aussagen des Beschuldigten davon überzeugen, dass er sich von der Ideologie des gewaltsamen Islamismus distanziert hat (vgl. E. 2.6.1 und 4.4.2). Er zeigt sich einsichtig und scheint seine Taten aufrichtig zu bereuen. Positiv zu vermerken ist ferner sein Wohlverhalten seit diesen Taten. Nicht zuletzt lässt die gesamte Wirkung des Strafverfahrens, insbesondere die spezialpräventive Effizienz der verhängten Freiheitsstrafe, hoffen, dass sich der Beschuldigte auch künftig wohl verhalten wird. Gewisse Bedenken an der Legalbewährung verbleiben zwar, zumal es sich beim Beschuldigten offenbar nicht um eine gefestigte Persönlichkeit handelt, die sich eine eigene Meinung bilden kann (illustrativ dazu seine im Vorverfahren deponierten Aussagen zur Frage, ob die Gewaltanwendung unter Umständen religiös gerechtfertigt sein könnte: «Für das muss ich einen Gelehrten fragen. Bevor ich weiss, ob es richtig oder falsch ist, gehe ich einen Gelehrten fragen. Ich bin ein kleiner Mensch, welcher sich keine eigene Meinung bilden darf, bevor ich einen Gelehrten gefragt habe.»; BA pag. 13.1.8). Im Ergebnis werden diese Bedenken jedoch durch die dargelegten Umstände überwogen, die den Strafaufschubs als angezeigt erscheinen lassen. Demzufolge ist der Vollzug der ausgesprochenen Strafe aufzuschieben; die Probezeit ist auf 2 Jahre anzusetzen (Art. 44 Abs. 1 StGB ).

4.8 Der Verteidiger machte im Parteivortrag unter dem Titel der Haftentschädigung geltend, der Beschuldigte sei im Vorverfahren verhaftet und rund 12 Stunden festgehalten worden (TPF pag. 2.721.14). Es stellt sich die Frage der Anrechenbarkeit des erlittenen Freiheitsentzugs auf die Strafe (Art. 51 StGB ). Damit eine Anrechnung in Betracht kommt, muss die Freiheitsentziehung eine Mindestdauer von drei Stunden haben ( Trechsel/Thommen , Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 51 StGB N 2). Aus den Akten geht hervor, dass der Beschuldigte anlässlich der Einvernahme vom 24. August 2017 gemäss Art. 207 ff . StPO polizeilich vorgeführt wurde (BA pag. 13.1.3). Aufgrund des im entsprechenden polizeilichen Bericht festgehalten Ablaufs (BA pag. 10.1.4 f.) ist nicht davon auszugehen, dass der dabei erlittene Freiheitsentzug (die für die Einvernahme benötigte Zeit nicht eingerechnet) diese Dauer erreicht hat. Die Voraussetzungen für eine Haftanrechnung nach Ar. 51 StGB liegen demnach nicht vor.

5. Einziehung

5.1 Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden (Art. 69 Abs. 1 StGB ). Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden (Art. 69 Abs. 2 StGB ).

Gegenstände, die Gewaltdarstellungen im Sinne von Art. 135 StGB enthalten, sind gemäss Abs. 3 dieser Bestimmung einzuziehen.

5.2 Im Untersuchungsverfahren wurden beim Beschuldigten folgende Datenträger sichergestellt und beschlagnahmt: das Mobiltelefon Samsung Galaxy S7 Edge, das Notebook ACER Aspire E1-521 500 GB, das Notebook ASUS X52S 320 GB). Diese Datenträger enthalten u.a. Dateien mit Bezug zum IS und Gewaltdarstellungen (BA pag. 10.0.52). Die betreffenden Daten sind zu löschen und die Datenträger anschliessend dem Beschuldigten herauszugeben.

6. Verfahrenskosten

6.1 Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird (Art. 426 Abs. 1 StPO ).

6.2 Die Verfahrenskosten setzen sich zusammen aus den Gebühren zur Deckung des Aufwands und den Auslagen im konkreten Straffall (Art. 422 Abs. 1 StPO ; Art. 1 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]). Die Gebühren sind für die Verfahrenshandlungen geschuldet, die im Vorverfahren von der Bundeskriminalpolizei und von der Bundesanwaltschaft sowie im erstinstanzlichen Hauptverfahren von der Strafkammer des Bundesstrafgerichts durchgeführt oder angeordnet worden sind (Art. 1 Abs. 2 BStKR ). Die Höhe der Gebühr richtet sich nach Bedeutung und Schwierigkeit der Sache, der Vorgehensweise der Parteien, ihrer finanziellen Situation und dem Kanzleiaufwand (Art. 5 BStKR ); sie bemisst sich nach Art. 6 und Art. 7 BStKR . Die Auslagen umfassen die vom Bund vorausbezahlten Beträge, namentlich die Kosten für die amtliche Verteidigung, Übersetzungen, Gutachten, Mitwirkung anderer Behörden, Porti, Telefonspesen und andere entsprechende Kosten (Art. 422 Abs. 2 StPO ; Art. 1 Abs. 3 BStKR ).

6.3 Die Bundesanwaltschaft macht für das Vorverfahren eine Gebühr von Fr. 7'000.- geltend (BA pag. 24.0.3). Die Gebühr liegt innerhalb des gesetzlichen Gebührenrahmens von Art. 6 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 lit. c BStKR und ist angemessen.

Die Gerichtsgebühr (inkl. Auslagen) wird auf Fr. 3'000.- festgesetzt (Art. 1 Abs. 4 , Art. 5 und 7 lit. a BStKR ).

Demnach betragen die Verfahrenskosten insgesamt Fr. 10'000.-.

6.4 Forderungen aus Verfahrenskosten können von der Strafbehörde gestundet oder unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der kostenpflichtigen Person herabgesetzt oder erlassen werden (Art. 425 StPO ). Diese Bestimmung ist auch bei der Festsetzung bzw. Auferlegung der Verfahrenskosten anwendbar.

Angesichts der prekären wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten (E. 4.4.2) ist es angezeigt, ihm die Verfahrenskosten nur zu einem Teil aufzuerlegen. Angemessen erscheint ein Betrag von Fr. 5'000.-.

6.5 Nachdem der Beschuldigte die Ausfertigung des schriftlichen Urteils verlangt hat, entfällt die im Urteilsdispositiv, Ziff. 4 al. 2 vorgesehene Möglichkeit der Kostenreduktion.

7. Entschädigung der beschuldigten Person

Angesichts des Verfahrensausgangs hat der Beschuldigte keinen Anspruch auf Entschädigung (Art. 429 Abs. 1 StPO e contrario).

8. Entschädigung der amtlichen Verteidigung

8.1 Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung wird in Bundesstrafverfahren nach dem Anwaltstarif des Bundes festgesetzt (Art. 135 Abs. 1 StPO ). Die Anwaltskosten umfassen das Honorar und die notwendigen Auslagen, namentlich für Reise, Verpflegung und Unterkunft sowie Porti und Telefonspesen (Art. 11 Abs. 1 BStKR ). Das Honorar wird nach dem notwendigen und ausgewiesenen Zeitaufwand bemessen. Der Stundenansatz beträgt mindestens 200 und höchstens 300 Franken (Art. 12 Abs. 1 BStKR ). Die Auslagen werden im Rahmen der Höchstansätze aufgrund der tatsächlichen Kosten vergütet (Art. 13 BStKR ).

8.2 Der amtliche Verteidiger des Beschuldigten Rechtsanwalt Nicolas von Wartburg macht in seiner Kostennote einen Aufwand von 36.5 Stunden zu einem Stundensatz von Fr. 230.- (Arbeitszeit) resp. Fr. 200.- (Reisezeit) sowie Auslagen von 261.60, ausmachend total Fr. 9'086.90 (inkl. MWST), geltend (TPF pag. 2.721.18 ff.). Das beantragte Honorar erscheint angemessen, mit folgender Korrektur: In der Kostennote ist der Aufwand für die Hauptverhandlung mit 3 Stunden geschätzt. Effektiv hat die Hauptverhandlung (inkl. Urteilseröffnung) knapp 2 Stunden beansprucht. Im Ergebnis wird die von der Eidgenossenschaft an Rechtsanwalt von Wartburg auszurichtende Entschädigung auf Fr. 9'000.- (inkl. MWST) festgesetzt.

8.3 Der Beschuldigte hat der Eidgenossenschaft hierfür Ersatz zu leisten, sobald er dazu finanziell in der Lage ist (Art. 135 Abs. 4 StPO ).

Der Einzelrichter erkennt:

1. A. wird schuldig gesprochen:

- der Unterstützung einer kriminellen Organisation im Sinne von Art. 260 ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB , begangen in der Zeit vom 5. August 2012 bis 31. Dezember 2014;

- des Verstosses gegen Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verbot der Gruppierungen «Al-Qaïda» und «Islamischer Staat» sowie verwandter Organisationen, begangen in der Zeit vom 1. Januar 2015 bis 20. Juni 2017;

- des Besitzes von Gewaltdarstellungen gemäss Art. 135 Abs. 1 bis StGB .

2. A. wird bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten, bedingt vollziehbar, bei einer Probezeit von 2 Jahren.

3. Die beschlagnahmten Datenträger werden nach Löschung der Daten mit verbotener Propaganda und Gewaltdarstellungen an A. herausgegeben.

4. Von den Verfahrenskosten (inkl. Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-) werden A.
Fr. 5'000.- auferlegt.

Wird seitens A. keine schriftliche Urteilsbegründung verlangt, so reduziert sich die Gerichtsgebühr um die Hälfte.

5. Rechtsanwalt Nicolas von Wartburg wird für die amtliche Verteidigung von A. durch die Eidgenossenschaft mit Fr. 9'000.- (inkl. MWST) entschädigt.
A. hat der Eidgenossenschaft hierfür Ersatz zu leisten, sobald er dazu in der Lage ist.

Dieses Urteil wird in der Hauptverhandlung eröffnet und durch den Einzelrichter mündlich begründet. Das Urteilsdispositiv wird der anwesenden Partei ausgehändigt; der nicht anwesenden Partei wird es schriftlich zugestellt.

Im Namen der Strafkammer

des Bundesstrafgerichts

Der Einzelrichter Der Gerichtsschreiber

Nach Eintritt der Rechtskraft mitzuteilen an:

- Bundesanwaltschaft als Vollzugsbehörde (vollständig)

Rechtsmittelbelehrung

Das Gericht verzichtet auf eine schriftliche Begründung, wenn es das Urteil mündlich begründet und nicht eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren, eine Verwahrung nach Artikel 64 StGB , eine Behandlung nach Artikel 59 Absatz 3 StGB oder, bei gleichzeitig zu widerrufenden bedingten Sanktionen, einen Freiheitsentzug von mehr als zwei Jahren ausspricht (Art. 82 Abs. 1 StPO ). Das Gericht stellt den Parteien nachträglich ein begründetes Urteil zu, wenn eine Partei dies innert 10 Tagen nach der Zustellung des Dispositivs verlangt oder eine Partei ein Rechtsmittel ergreift (Art. 82 Abs. 2 StPO ).

Berufung an die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts

Gegen Urteile der Strafkammer des Bundesstrafgerichts, die das Verfahren ganz oder teilweise abschliessen, kann innert 10 Tagen seit Eröffnung des Urteils bei der Strafkammer des Bundesstrafgerichts mündlich oder schriftlich Berufung angemeldet werden (Art. 399 Abs. 1 i.V.m. Art. 398 Abs. 1 StPO ; Art. 38a StBOG ).

Mit der Berufung kann das Urteil in allen Punkten umfassend angefochten werden. Mit der Berufung können gerügt werden: Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung, die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhaltes sowie Unangemessenheit (Art. 398 Abs. 2 und 3 StPO ).

Die Berufung erhebende Partei hat innert 20 Tagen nach Zustellung des begründeten Urteils der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts eine schriftliche Berufungserklärung einzureichen. Sie hat darin anzugeben, ob sie das Urteil vollumfänglich oder nur in Teilen anficht, welche Abänderungen des erstinstanzlichen Urteils sie verlangt und welche Beweisanträge sie stellt. Werden nur Teile des Urteils angefochten, ist verbindlich anzugeben, auf welche sich die Berufung beschränkt (Art. 399 Abs. 3 und 4 StPO ).

Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Gegen den Entschädigungsentscheid kann die amtliche Verteidigung innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts führen (Art. 135 Abs. 3 lit. a und Art. 396 Abs. 1 StPO ; Art. 37 Abs. 1 StBOG ).

Mit der Beschwerde können gerügt werden: Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung; die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit (Art. 393 Abs. 2 StPO ).

Versand:14. Januar 2020

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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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