E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Entscheid des Bundesstrafgerichts: SK.2019.11 vom 11.04.2019

Hier finden Sie das Urteil SK.2019.11 vom 11.04.2019 - Strafkammer

Sachverhalt des Entscheids SK.2019.11

Der Gesuchsteller, alias A, hat im Rahmen seines Strafverfahrens gegen die Bundesanwaltschaft, Urteilsvollzug und die Eidgenössische Finanzverwaltung (Eidgenössische Finanzverwaltung) eine Beschwerde abgesetzt. Die Beschwerde besteht aus zwei Teilen: 1. **Beschwerde über den Erlass der Verfahrenskosten**: A hat die Strafkammer des Bundesstrafgerichts mit Urteil vom 2 Mai 2014 und Berichtigung vom 22 Juli 2014 (SK201339) um Erlass der Verfahrenskosten in Höhe von Fr 80'000-- beantragt. Die Strafkammer hat A mit einem Beschluss vom 11 April 2019 die Forderung abgelehnt. 2. **Beschwerde über den Stundungsvorbehalt**: A hat auch eine Beschwerde gegen den Erlass der Verfahrenskosten in Höhe von Fr 80'000-- abgesetzt, da er argumentiert, dass es sich um einen Stundungsvorbehalt handelt. Die Strafkammer hat A mit einem Beschluss vom 11 April 2019 die Forderung abgelehnt. Die Beschwerde ist grundsätzlich nicht zulässig, da sie den Erlass der Verfahrenskosten in Höhe von Fr 80'000-- aufgrund des Stundungsvorbehands nicht rechtfertigt ist.

Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts

Instanz:

Bundesstrafgericht

Abteilung:

Strafkammer

Fallnummer:

SK.2019.11

Datum:

11.04.2019

Leitsatz/Stichwort:

Gesuch um Erlass der Verfahrenskosten (Art. 425 StPO)

Schlagwörter

Apos;; Gesuch; Gesuchsteller; Verfahren; Verfahrens; Verfahrenskosten; Urteil; Bundes; Kammer; Raten; Erlass; Situation; Gericht; Kinder; Bundesanwaltschaft; Ratenzahlung; Gesuchstellers; Entscheid; Ergänzungsleistung; Eingabe; Zentrale; Inkassostelle; Ergänzungsleistungen; Vollzug; Urteils; Bundesstrafgericht; Ehefrau; Familie; Dispositiv

Rechtskraft:

Kein Weiterzug, rechtskräftig

Rechtsgrundlagen des Urteils:

Art. 13 StPO ;Art. 16 ZGB ;Art. 25 StGB ;Art. 251 StGB ;Art. 363 StPO ;Art. 364 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 42 StPO ;

Kommentar:

-

Entscheid des Bundesstrafgerichts

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: SK.2019.11

Beschluss vom 11. April 2019
Strafkammer

Besetzung

Bundesstrafrichter innen Sylvia Frei, Vorsitz ,

Miriam Forni und Joséphine Contu Albrizio ,

Gerichtsschreiber Hanspeter Lukács

Parteien

A. (alias A1.) ,

Gesuchsteller

Gegenstand

Gesuch um Erlass der Verfahrenskosten


Die Strafkammer erwägt:

1. Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts sprach A. (alias A1.; nachfolgend auch: Gesuchsteller) mit Urteil vom 2. Mai 2014 und Berichtigung vom 22. Juli 2014 ( SK.2013.39 ) - soweit sie das Verfahren gegen ihn nicht einstellte bzw. ihn nicht in einzelnen Anklagepunkten freisprach - der Unterstützung einer kriminellen Organisation im Sinne von Art. 260 ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB und der mehrfachen Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB in Verbindung mit Art. 255 StGB schuldig und bestrafte ihn mit einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft (Dispositiv Ziff. I). Von den Verfahrenskosten von total Fr. 294'185.65 auferlegte sie A. Fr. 80'000.-- (Dispositiv Ziff. III). Dem aufgrund der gleichen Straftatbestände zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilten Mitbeschuldigten B. (alias B1.) (Dispositiv Ziff. II) auferlegte sie Verfahrenskosten von Fr. 50'000.-- (Dispositiv Ziff. III). Sie verpflichtete A. zudem, der Eidgenossenschaft für die Kosten seiner amtlichen Verteidigung von Fr. 100'000.-- Ersatz zu leisten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlaubten (Dispositiv Ziff. V.1). Die Entschädigungsbegehren wies die Strafkammer ab (Dispositiv Ziff. IV). Das Bundesgericht wies die von A. erhobene Beschwerde mit Urteil 6B_81/2015 vom 27. Januar 2016 ab, soweit es auf sie eintrat; ebenso wies es die Beschwerde von B. ab ( 6B_57/2015 ).

2.

2.1 A. ersucht die Strafkammer mit Eingabe vom 19. Februar 2019 um Erlass der (restlichen) Gerichts- bzw. Verfahrenskosten. Er führt aus, er habe bis am 9. Oktober 2018 seine Freiheitsstrafe verbüsst und deshalb die ihm auferlegten Gerichtskosten von Fr. 80'000.-- nicht bezahlen können. Er sei für diese Forderung betrieben worden und es sei gegen ihn ein Verlustschein in der Höhe von Fr. 84'852.75 ausgestellt worden. Aufgrund einer Ratenzahlungsvereinbarung habe er bis zur Strafentlassung 12 Monatsraten à Fr. 100.-- bezahlt. Nach seiner Entlassung sei seine finanzielle Situation unklar gewesen. Er habe kein Einkommen gehabt und deshalb die vereinbarten Raten nicht mehr zahlen können. Auf ein entsprechendes Erinnerungsschreiben der Eidgenössischen Finanzverwaltung, Zentrale Inkassostelle, habe er umgehend (mit Schreiben vom 14. November 2018) reagiert. Inzwischen sei seine IV-Rente wieder aktiviert worden und er habe seit dem 1. Dezember 2018 eine Arbeitsstelle als Allrounder. Er lebe mit seiner Ehefrau und den zwei gemeinsamen Kindern (.. und .. Jahre) zusammen; seine Frau erwarte ihr drittes Kind. Sein Einkommen reiche nicht und er sei auf Ergänzungsleistungen angewiesen. Er ersuche um Erlass der restlichen Gerichtskosten von Fr. 83'652.75.

2.2 Auf Aufforderung des Gerichts reichte der Gesuchsteller am 6. März 2019 das Formular «persönliche und finanzielle Situation» sowie diverse Unterlagen und am 29. März 2019 eine Abrechnung der Strafanstalt C. vom 3. Oktober 2018 betreffend Barauszahlung seines Guthabens von Fr. 1'092.90 ein.

2.3 Die Bundesanwaltschaft, Urteilsvollzug, und die Eidgenössische Finanzverwaltung wurden zur Stellungnahme zum Gesuch vom 19. Februar 2019 eingeladen.

Die Bundesanwaltschaft, Urteilsvollzug, hält in ihrer Eingabe vom 12. März 2019 fest, die Forderung gegen den Gesuchsteller für Verfahrenskosten in Höhe von Fr. 80'000.-- - ebenso jene in Höhe von Fr. 100'000.-- bei besserem Vermögen (Rückerstattung der Kosten der amtlichen Verteidigung) - sei nach wie vor offen. Nachdem kein Zahlungseingang für die Forderung von Fr. 80'000.-- habe verbucht werden können, sei diese zwecks Durchsetzung auf dem Weg der Zwangsvollstreckung an die Zentrale Inkassostelle des Bundes abgetreten worden. Es habe ein Verlustschein von Fr. 84'855.75 resultiert. Bis heute sei keine Ratenzahlung geleistet und auch keine diesbezügliche Korrespondenz geführt worden.

Die Eidgenössische Finanzverwaltung liess sich nicht vernehmen.

2.4 Die Strafkammer holte am 15./18. März 2019 bei der Bundesanwaltschaft, Urteilsvollzug, weitere Auskünfte zur Frage von allfälligen Ratenzahlungen ein. Die Bundesanwaltschaft hielt - unter Hinweis auf eine Auskunft der Eidgenössischen Finanzverwaltung - an der Darstellung fest, dass weder eine Ratenzahlung vereinbart noch eine solche - weder im Betreibungsverfahren noch ausserhalb desselben - geleistet worden sei (vgl. Telefonnotizen vom 15. und 18. März 2019).

2.5 Die Strafkammer lud den Gesuchsteller am 20. März 2019 zur Eingabe der Bundesanwaltschaft vom 12. März 2019 sowie zum Ergebnis ihrer weiteren Abklärungen bei der Bundesanwaltschaft (siehe E. 2.4) zur Stellungnahme ein.

Mit Eingabe vom 22. März 2019 hält der Gesuchsteller an seiner Darstellung im Gesuch betreffend Ratenzahlung fest und legt zum Nachweis eine an ihn adressierte Abrechnung der Eidgenössischen Finanzverwaltung, Zentrale Inkassostelle, vom 20. Februar 2019 ins Recht. Daraus geht hervor, dass er für die Forderung aus Verfahrenskosten von Fr. 80'000.-- gemäss dem Urteil der Strafkammer vom 2. Mai 2014 Zahlungen von total Fr. 1'200.-- geleistet hat. Die Zentrale Inkassostelle hält darin weiter fest: «Wir stellen fest, dass Sie die getroffene Vereinbarung nicht einhalten. Sie wurden erfolglos auf die verfallenen Raten aufmerksam gemacht. Sofern wir bis am 04.03.2019 keinen Zahlungseingang feststellen, werden wir diese Vereinbarung aufheben und den Erlass stornieren».

2.6 Die Bundesanwaltschaft, Urteilsvollzug, und die Eidgenössische Finanzverwaltung, Zentrale Inkassostelle, wurden am 26. März 2019 zur Stellungnahme zur weiteren Eingabe des Gesuchstellers vom 22. März 2019, erneut zum Gesuch wie auch zu den Sachabklärungen der Strafkammer (siehe E. 2.4) eingeladen.

Die Zentrale Inkassostelle führt mit Eingabe vom 27. März 2019 aus, das Betreibungsverfahren für die Verfahrenskosten in Höhe von Fr. 80'000.-- habe am 7. September 2017 mit einem Verlustschein über Fr. 84'852.75 geendet. Auf ein früheres mündliches Gesuch von A. hin sei ihm der Vorschlag gemacht worden, ab dem 31. Oktober 2017 und befristet auf 24 Monate monatliche Ratenzahlungen von Fr. 100.-- zu zahlen. Nach Ablauf dieser Frist hätte die Situation neu überprüft und das weitere Vorgehen festgelegt werden sollen. A. habe sich am 23. Oktober 2017 damit einverstanden erklärt und bis am 19. September 2018 total Fr. 1'200.-- bezahlt. Am 6. November 2018 sei er für die Ratenzahlungen gemahnt worden. Am 14. November 2018 habe dieser mitgeteilt, dass er aus dem Strafvollzug entlassen worden sei und dass er die vereinbarten Zahlungen ab Dezember 2018 wieder aufnehmen werde. Am 19. Februar 2019 habe er darüber orientiert, dass er beim Bundesstrafgericht ein Gesuch um Erlass der Restschuld gestellt habe.

Die Bundesanwaltschaft, Urteilsvollzug, hält in ihrer Eingabe vom 1. April 2019 fest, dass an die Bundesanwaltschaft bisher keine Ratenzahlung erfolgt sei. Gemäss einer Auskunft der Zentralen Inkassostelle vom 29. März 2019 habe A. an diese bereits insgesamt Fr. 1'200.-- bezahlt.

Die beiden vorgenannten Eingaben wurden dem Gesuchsteller am 8. April 2019 zur Kenntnis übermittelt.

3.

3.1 Gemäss Art. 363 Abs. 1 StPO trifft das Gericht, welches das erstinstanzliche Urteil gefällt hat, auch die einer gerichtlichen Behörde übertragenen selbstständigen nachträglichen Entscheide, sofern Bund oder Kantone nichts anderes bestimmen. Dazu gehört auch ein Entscheid über Erlass oder Stundung von Verfahrenskosten (vgl. Ruckstuhl , Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 135 StPO N. 24a).

3.2 Die Zuständigkeit der Strafkammer (Kollegialgericht) ist gegeben, da sie das erstinstanzliche Urteil gefällt hat und das Gesuch den Erlass der Verfahrenskosten zum Gegenstand hat.

3.3 Nachdem der Gesuchsteller Ratenzahlungen von Fr. 1'200.-- geleistet hat, hat das Gesuch die restlichen Verfahrenskosten von Fr. 78'800.-- zum Gegenstand. Die Betreibungskosten können nicht Gegenstand des Erlassverfahrens bilden.

4.

4.1 Das Gericht prüft, ob die Voraussetzungen für den nachträglichen richterlichen Entscheid erfüllt sind, und ergänzt wenn nötig die Akten oder lässt weitere Erhebungen durch die Polizei durchführen. Es gibt den betroffenen Personen und Behörden Gelegenheit, sich zum vorgesehenen Entscheid zu äussern und Anträge zu stellen (Art. 364 Abs. 3 und 4 StPO ). Das Gericht entscheidet in Verfahren wie dem vorliegenden grundsätzlich gestützt auf die Akten. Es erlässt seinen Entscheid schriftlich und begründet ihn kurz (Art. 365 Abs. 1 und Abs. 2 StPO ).

4.2 Der Gesuchsteller legte seinem Gesuch um Erlass der Verfahrenskosten einen Arbeitsvertrag vom 27. November 2018 und den Steuerausweis 2018 der Ausgleichskasse Basel-Stadt vom 17. Dezember 2018 betreffend seine halbe Invalidenrente bei. Auf Aufforderung des Gerichts hin ergänzte er sein Gesuch um Angaben und Belege über seine persönliche und finanzielle Situation (E. 2.2).

4.3 Das Gericht traf weitere Abklärungen bei den mit dem Vollzug der Verfahrenskosten zuständigen Behörden und lud diese zur Stellungnahme ein (E. 2.3-2.6).

4.4 Im Übrigen bilden die Akten des Verfahrens SK.2013.39 Grundlage für den vorliegenden Entscheid. Auf weitere Sachabklärungen kann verzichtet werden.

5. Gemäss Art. 425 StPO können Forderungen aus Verfahrenskosten von der Straf-behörde gestundet oder unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der kostenpflichtigen Person herabgesetzt oder erlassen werden. Diese Bestimmung ist nicht nur im Rahmen der Vollstreckung, sondern auch bei der Festsetzung bzw. Auferlegung der Verfahrenskosten anwendbar (D OMEISEN , Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 425 StPO N. 3).

Ein vollständiger oder teilweiser Erlass der Verfahrenskosten setzt voraus, dass seit dem Urteil eine wesentliche Veränderung in den finanziellen Verhältnissen des Gesuchstellers eingetreten ist oder neue Umstände geltend gemacht werden, die ein Zurückkommen auf den Kostenentscheid rechtfertigen (Entscheide des Bundesstrafgerichts SK.2018.56 vom 21. Januar 2019 E. 5; SK.2018.39 vom 28. August 2018 E. 5, je m.w.H.; SK.2015.58 vom 19. April 2016 E. 5.3, nicht publiziert in TPF 2016 107 ).

6.

6.1 Die Strafkammer erwog im Urteil SK.2013.39 vom 2. Mai 2014, die Verfahrenskosten des Vorverfahrens seien anteilsmässig zu zwei Dritteln A. und zu einem Drittel B. und die Kosten des Hauptverfahrens je hälftig den Beschuldigten aufzuerlegen (Urteil S. 114, E. D.5). Die Kosten des Vorverfahrens von Fr. 273'015.65 entfielen demnach im Umfang von Fr. 182'010.45 (= 2/3) und jene des Hauptverfahrens von Fr. 21'170.-- im Umfang von Fr. 10'585.-- (= 1/2) auf A., total somit Kosten von Fr. 192'595.45. Die übrigen Kosten von total Fr. 101'590.20 entfielen demgegenüber auf B.. Die Strafkammer erwog, auf Grund der wirtschaftlichen Verhältnisse von A. erscheine es angezeigt, ihm zur Erleichterung der Resozialisierung nach Verbüssung der Freiheitsstrafe die Verfahrenskosten nur zu einem Teil aufzuerlegen, im reduzierten Umfang von Fr. 80'000.-- (Urteil S. 114). Sie reduzierte mithin die Verfahrenskosten um rund 56% bzw. Fr. 112'595.45. Auch die auf den Mitbeschuldigten B. entfallenden Verfahrenskosten von total Fr. 101'590.20 reduzierte die Strafkammer aus Gründen der Resozialisierung um mehr als die Hälfte auf Fr. 50'000.-- (Urteil S. 114).

6.2 Die Strafkammer ging bei der Kostenauferlegung von folgender persönlicher und finanzieller Situation des Gesuchstellers (nachfolgend: Beschuldigter) im Zeitpunkt des Urteils aus (Urteil S. 98 f., E. C.2.4): Der Beschuldigte wurde im Irak geboren und hat die irakische Staatsangehörigkeit. Seit November 1998 ist er in die Schweiz. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder (Jg. ... und ...) und lebt zusammen mit der Familie in einer 4-Zimmer-Wohnung. Von 1998 bis 2003 hatte er verschiedene Arbeitsstellen inne. Zuletzt verdiente er Fr. 4'000.-- brutto im Monat. 2007 besuchte er einen einjährigen universitären Vorbereitungskurs, den er nicht bestand. Danach absolvierte er ein vierjähriges Fernstudium in Journalismus. Vom 11. November 2008 bis am 10. Dezember 2009 war er in Untersuchungshaft. Eine Anstellung fand er nach der Haftentlassung nicht mehr. Bis März 2012 betätigte er sich als selbstständiger Alteisenhändler. Der Beschuldigte und seine Familie werden seit dem 1. September 2004 von der Sozialhilfe unterstützt. Die Sozialunterstützung beträgt derzeit ca. Fr. 2'000.-- pro Monat, zuzüglich Wohnungsmiete und Krankenkasse. Der Beschuldigte ist arbeitslos und hat kein Vermögen in der Schweiz. Im Irak besitzt er ein Grundstück (Wert Dezember 2008 ca. Fr. 10'000.--). Es liegen offene Verlustscheine und Betreibungen im Betrag von Fr. 15'504.40 vor. Die Ehefrau des Beschuldigten ist nicht erwerbstätig.

6.3 Heute präsentiert sich die persönliche und finanzielle Situation aufgrund der von ihm gemachten Angaben und den eingereichten Unterlagen (E. 2.1-2.2) wie folgt:

Der Gesuchsteller wurde am 9. Oktober 2018 aus dem Strafvollzug entlassen. Er ist gemäss eigenen Angaben im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung C mit Geltungsdauer bis 31. März 2019. Er ist nach wie vor verheiratet und hat zwei Kinder. Sein zuletzt erworbenes Diplom ist ein Bachelor in Medienwissenschaften. Am 4. Oktober 2018 wurde ihm von der Strafanstalt C. ein Guthaben von Fr. 1'092.90 ausbezahlt. Seit dem 1. Dezember 2018 hat er eine Anstellung als Allrounder in einem 50%-Pensum und erzielt ein Einkommen von monatlich Fr. 2'000.-- brutto, ohne Anspruch auf einen 13. Monatslohn. Von Oktober bis Dezember 2018 wurde ihm von der Ausgleichskasse Basel-Stadt eine halbe Invalidenrente von monatlich Fr. 2'358.-- ausgerichtet. Seine Ehefrau ist teilzeitlich erwerbstätig und besitzt ein Auto (Jg. 2009; Wert ca. Fr. 4'000.--).

Gemäss einer Aufstellung des Amts für Sozialbeiträge des Kantons Basel-Stadt zur Berechnung der Ergänzungsleistungen/Beihilfe - auf welches der Gesuchsteller im Formular «persönliche und finanzielle Situation» hinweist - liegt ab Januar 2019 folgende finanzielle Situation vor (Angaben pro Monat, auf Franken gerundet): IV-Rente Gesuchsteller Fr. 793.--; IV-Rente für zwei Kinder Fr. 634.-- (2 x Fr. 317.--); Erwerbseinkommen Gesuchsteller Fr. 1'841.--; Erwerbseinkommen Ehefrau Fr. 2'502.--; Familien-/Kinderzulagen für zwei Kinder Fr. 652.--. Das ergibt monatliche Einkünfte von total Fr. 6'422.--. Für die Berechnung der Ergänzungsleistungen werden zwei Drittel des Erwerbseinkommens angerechnet. Als Vermögen wird ein Sparguthaben des Gesuchstellers von Fr. 2'147.-- aufgeführt. Das Amt geht auf der Ausgabenseite von einem Lebensbedarf von Fr. 4'126.25 (Ehepaar mit zwei Kindern), Wohnkosten von Fr. 1'862.-- (wovon Fr. 1'250.-- anrechenbar sind) und den kantonalen Durchschnittsprämien für die obligatorische Krankenversicherung von 1'494.-- (2 Erwachsene à Fr. 602.--, 2 Kinder à Fr. 145.--) - die direkt an die Krankenversicherung bezahlt werden und als Teil der Ergänzungsleistungen gelten - aus. Es errechnet Ergänzungsleistungen von monatlich Fr. 484.-- (zuzüglich die an die Krankenkasse bezahlten Krankenversicherungsprämien von Fr. 1'494.--) und eine monatliche Beihilfe von Fr. 125.--.

Gemäss Betreibungsregisterauszug vom 15. November 2018 liegen gegen den Gesuchsteller aus den letzten drei Jahren drei Verlustscheine über Fr. 80'963.15 vor, wovon einer die vorliegend betriebenen Verfahrenskosten von Fr. 80'000.-- betrifft. Insgesamt bestehen 13 Verlustscheine über total Fr. 98'856.30 aus Pfändungen der letzten 20 Jahre. Es bestehen keine laufenden Betreibungen.

6.4 Die vorstehende Aufstellung zeigt auf, dass sich die persönliche und finanzielle Situation des Gesuchstellers seit dem Urteil vom 2. Mai 2014 nicht wesentlich verschlechtert hat, auch nicht unter Berücksichtigung des Betreibungsregisters.

Die Einkommenslage des Gesuchstellers hat sich, im Gegenteil, erheblich verbessert. Zu berücksichtigen ist, dass das Einkommen der Ehefrau des Gesuchstellers aufgrund der ehelichen Unterhaltspflichten (Art. 163 ZGB ) indirekt teilweise dem Gesuchsteller zuzurechnen bzw. in eine Gesamtbetrachtung einzubeziehen ist. Im Urteilszeitpunkt war der Gesuchsteller arbeitslos und seine Ehefrau nicht erwerbstätig; seine Familie wurde vollumfänglich von der Sozialhilfe unterstützt. Heute sind sowohl der Gesuchsteller als auch seine Ehefrau teilzeitlich erwerbstätig und erzielen, zusammen mit den IV-Renten des Gesuchstellers und der Kinder sowie den Familien-/Kinderzulagen, ein monatliches Einkommen von Fr. 6'422.--. Zusammen mit den Ergänzungsleistungen von Fr. 484.-- und der Beihilfe von Fr. 125.-- ergeben sich ab Januar 2019 effektive Einkünfte von monatlich Fr. 7'031.--. Es ist darauf hinzuweisen, dass die im Rahmen der Berechnung des Anspruchs auf Ergänzungsleistungen reduziert erfolgte Anrechnung von zwei Dritteln des gesamten ehelichen Erwerbseinkommens vorliegend - bei der Frage der Verschlechterung der Situation des Schuldners - nicht statthaft ist.

Auf der Auslagenseite liegt keine wesentliche Veränderung vor. Ein Anstieg der Krankenkassenprämien fällt nicht in Betracht, da die Prämien damals von der Sozialhilfe beglichen wurden und heute als Ergänzungsleistung direkt durch das Amt für Sozialbeiträge bezahlt werden. Ein Anstieg der Wohnkosten wurde nicht behauptet und ist aufgrund der Senkung des Hypothekar-Referenzzinssatzes nicht anzunehmen. Wird von den vorstehenden Ausgaben ausgegangen (E. 6.3), so betragen die monatlichen Lebenskosten des Gesuchstellers und seiner Familie bei einem Lebensbedarf von Fr. 4'126.25 (Ehepaar mit zwei Kindern) und Wohnkosten von Fr. 1'862.-- gesamthaft Fr. 5'988.25 (ohne die vom Amt für Sozialbeiträge direkt bezahlten Krankenkassenprämien). Andere Kosten werden nicht geltend gemacht. Künftige Kosten, wie etwa die Lebenskosten eines Ungeborenen, sind nicht zu berücksichtigen.

Der vom Gesuchsteller und seiner Familie verzeichnete monatliche Überschuss liegt knapp über Fr. 1'000.--.

6.5 Nachdem seit dem Urteil vom 2. Mai 2014 keine (wesentliche) Verschlechterung in den persönlichen und finanziellen Verhältnissen eingetreten ist, die eine Neubeurteilung der Kostenregelung zur Folge haben könnte, ist weder ein ganzer noch ein teilweiser Erlass der restlichen Verfahrenskosten gerechtfertigt.

6.6 Es fragt sich, ob allenfalls eine Stundung der Verfahrenskosten gerechtfertigt wäre. Eine solche wurde zwar formell nicht beantragt, könnte indes vom Gericht - da weniger weitgehend als der beantragte Kostenerlass - angeordnet werden.

Aufgrund der heutigen Situation ist nicht auszuschliessen, dass dem Gesuchsteller eine ratenweise Zahlung der Verfahrenskosten - wovon er selber noch in seinem Schreiben vom 14. November 2018 an die Zentrale Inkassostelle unter Hinweis auf eine zu erwartende Reaktivierung seiner IV-Rente ausgegangen ist - allenfalls weiterhin möglich ist. Seit dem vorgenannten Schreiben hat er eine Arbeitsstelle angetreten und ist in einem 50%-Pensum erwerbstätig. Ausserdem ist er seit Oktober 2018 Empfänger von IV-Leistungen und seit Januar 2019 überdies von Ergänzungsleistungen und Beihilfe. Eine Stundung der Verfahrenskosten - was eine ratenweise Zahlung zumindest vorübergehend ausschliessen würde - ist demnach derzeit nicht angezeigt. Es ist Sache der Vollzugsbehörde, die allfällige Gewährung einer Ratenzahlungsmöglichkeit erneut zu prüfen.

6.7 Das Gesuch ist abzuweisen.

7. Für diesen Entscheid sind keine Kosten zu erheben.


Die Strafkammer beschliesst:

1. Das Gesuch wird abgewiesen.

2. Es werden keine Kosten erhoben.

Dieser Beschluss wird A. und der Bundesanwaltschaft, Dienst Urteilsvollzug, schriftlich eröffnet .

Im Namen der Strafkammer

des Bundesstrafgerichts

Die Vorsitzende Der Gerichtsschreiber

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Verfügungen und Beschlüsse sowie die Verfahrenshandlungen der Strafkammer des Bundesstrafgerichts als erstinstanzliches Gericht, ausgenommen verfahrensleitende Entscheide, kann innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts geführt werden (Art. 393 Abs. 1 lit. b und Art. 396 Abs. 1 StPO ; Art. 37 Abs. 1 StBOG ).

Mit der Beschwerde können gerügt werden: Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung; die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit (Art. 393 Abs. 2 StPO ).

Versand: 15. April 2019

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.