Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Beschwerdekammer: Rechtshilfe |
Fallnummer: | RR.2019.267 |
Datum: | 26.11.2019 |
Leitsatz/Stichwort: | Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Brasilien. Herausgabe von Beweismitteln (Art. 74 IRSG). Dauer der Beschlagnahme (Art. 33a IRSV). Wiederherstellung der Frist (Art. 24 Abs. 1 VwVG). |
Schlagwörter : | Frist; Gericht; Kostenvorschuss; Bundesstrafgericht; Rechtshilfe; Bundesstrafgerichts; Rechtsvertreterin; Beschwerdekammer; Unterlagen; Konto; Apos;; Entscheid; Wiederherstellung; Kostenvorschusses; Verfahren; Tribunal; Bundesanwaltschaft; Sachen; Herausgabe; Leistung; Faxschreiben; Bundesstrafgerichtskasse; Interesse; Betrag; Verfahrens; Vertretung; Fristwiederherstellung; Gesuch; Gerichtsschreiberin |
Rechtskraft: | Kein Weiterzug, rechtskräftig |
Rechtsnorm: | Art. 21 VwVG ; Art. 24 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 84 BGG ; |
Referenz BGE: | 114 Ib 67; ; |
Kommentar: | - |
Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: RR.2019.267 |
Entscheid vom 26. November 2019 | ||
Besetzung | Bundesstrafrichter Giorgio Bomio-Giovanascini, Vorsitz, Cornelia Cova und Stephan Blättler, Gerichtsschreiberin Inga Leonova | |
Parteien | A. S.A., vertreten durch Rechtsanwalt Goran Mazzucchelli und/oder Rechtsanwältin Letizia Mizzon, Beschwerdeführerin | |
gegen | ||
Bundesanwaltschaft, Beschwerdegegnerin | ||
Gegenstand | Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Brasilien Herausgabe von Beweismitteln (Art. 74 IRSG ); Dauer der Beschlagnahme (Art. 33 a IRSV ); |
Die Beschwerdekammer hält fest, dass:
- die Bundesanwaltschaft mit Schlussverfügungen vom 11. September 2019 dem brasilianischen Rechtshilfeersuchen vom 25. Januar 2018, ergänzt am 21. März 2018, entsprochen hat; darin die Herausgabe der in den Verfügungen genannten Unterlagen betreffend die auf die A. S.A. lautende Bankbeziehung Nr. 1 bei der Bank B. und das auf sie lautende Konto Nr. 2 bei der Bank C. anordnete sowie zugleich die Sperre des letztgenannten Kontos aufrechterhielt (act. 1.4, 1.5);
- dagegen A. S.A. (nachfolgend «Beschwerdeführerin») am 14. Oktober 2019 bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde erheben liess (act. 1);
- die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 15. Oktober 2019 eingeladen wurde, bis 28. Oktober 2019 einen Kostenvorschuss von Fr. 5'000.-- zu leisten und ihr dabei mitgeteilt wurde, dass bei Säumnis auf die Beschwerde nicht eingetreten werde (act. 3);
- die Beschwerdeführerin ebenfalls mit Schreiben vom 15. Oktober 2019 aufgefordert wurde, dem Gericht bis 28. Oktober 2019 diverse Unterlagen einzureichen, die über die Existenz der Gesellschaft und die Unterschriftsberechtigung Aufschluss geben; diese Aufforderung unter dem Hinweis erfolgte, dass bei Säumnis auf die Beschwerde nicht eingetreten werde (act. 3);
- die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin das Gericht mit Schreiben vom 21. Oktober 2019 um Erstreckung der Frist zur Leistung des Kostenvorschusses und Einreichung der Unterlagen bis zum 15. November 2019 ersuchte (act. 4);
- das Gericht die Fristerstreckung mit Faxschreiben vom 21. Oktober 2019 bis zum 8. November 2019 bewilligte (act. 4);
- der entsprechende Kostenvorschuss dem Konto der Bundesstrafgerichtskasse am 12. November 2019 gutgeschrieben (act. 5) und die angeforderten Unterlagen dem Gericht am 14. November 2019 eingereicht wurden (act. 6);
- der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 20. November 2019 die Möglichkeit eingeräumt wurde, die Rechtzeitigkeit der geleisteten Zahlung nachzuweisen (act. 7);
- die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 22. November 2019 angibt, festgestellt zu haben, dass sie das auf dem Schreiben des Gerichts handschriftlich eingetragene Datum (8. November 2019) übersehen habe und dass die Beschwerdeführerin entsprechend ihrer falschen Anweisung gehandelt und daher unverschuldet die erstreckte Frist nicht eingehalten habe, weshalb sie um Wiederherstellung der Frist ersucht (act. 8).
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung, dass:
- auf Beschwerdeverfahren in internationalen Rechtshilfeangelegenheiten die Bestimmungen des VwVG anwendbar sind (Art. 39 Abs. 2 lit. b i.V.m. Art. 37 Abs. 2 lit. a Ziff. 1 StBOG), wenn das IRSG nichts anderes bestimmt (Art. 12 Abs. 1 IRSG);
- zur Beschwerdeführung berechtigt ist, wer persönlich und direkt von einer Rechtshilfemassnahme betroffen ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (Art. 80 h lit. b IRSG ); bei der Erhebung von Kontoinformationen namentlich der Kontoinhaber als persönlich und direkt betroffen im Sinne des Art. 80 h lit. b IRSG gilt (Art. 9 a lit. a IRSV );
- der Beschwerdeführerin unter Androhung des Nichteintretens eine angemessene Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses anzusetzen ist (Art. 63 Abs. 4 VwVG);
- die Frist für die Zahlung eines Kostenvorschusses gewahrt ist, wenn der Betrag rechtzeitig zu Gunsten des Bundesstrafgerichts der Schweizerischen Post übergeben oder einem Post- oder Bankkonto in der Schweiz belastet worden ist (Art. 21 Abs. 3 VwVG);
- die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin im Schreiben vom 22. November 2019 eingestanden hat, den Kostenvorschuss verspätet geleistet zu haben und vorbringt, die Beschwerdeführerin mit E-Mail vom 21. Oktober 2019 fälschlicherweise mitgeteilt zu haben, dass die Frist bis zum 15. November 2019 erstreckt worden sei, ohne der E-Mail das Faxschreiben des Gerichts beigelegt zu haben; die Beschwerdeführerin jedoch weiterhin an der Beschwerde interessiert sei (act. 8);
- die Frist wiederhergestellt wird, wenn der Gesuchsteller oder sein Vertreter unverschuldeterweise abgehalten worden ist, binnen Frist zu handeln, sofern er unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt (Art. 24 Abs. 1 VwVG);
- im Interesse der Rechtssicherheit und eines geordneten Verfahrens ein Hinderungsgrund nicht leichthin angenommen werden darf; als unverschuldet i.S.v. Art. 24 Abs. 1 VwVG ein Versäumnis nur dann gelten kann, wenn dafür objektive Gründe vorliegen und der Partei bzw. der Vertretung keine Nachlässigkeit vorgeworfen werden kann; als erheblich mit anderen Worten nur solche Gründe zu betrachten sind, die der Partei auch bei Aufwendung der üblichen Sorgfalt die Wahrung ihrer Interessen verunmöglicht oder unzumutbar erschwert hätten (Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts A-7384/2008 vom 20. November 2008 E. 2);
- ein Irrtum nur dann entschuldbar und ein Fristwiederherstellungsgrund sein kann, wenn er auf einer falschen Auskunft beruht, auf welche sich der Adressat nach Treu und Glauben verlassen durfte ( Egli , in: Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz, Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], 2. Aufl. 2016, Art. 24 N 23);
- das Verhalten der Vertretung vollumfänglich der Partei zuzurechnen ist und trifft die Vertretung ein Verschulden an der Versäumung der Frist, die Partei grundsätzlich nicht um Fristwiederherstellung ersuchen kann ( Egli , a.a.O., Art. 24 N 16);
- vorliegend die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin bei Aufwendung der üblichen Sorgfalt die Verlängerung der Frist bis zum 8. November 2019 ohne weiteres hätte feststellen und rechtzeitig handeln können;
- sich die Nachlässigkeit der Rechtsvertreterin damit als verschuldet erweist und der Beschwerdeführerin zuzurechnen ist, wobei ein entschuldbarer Irrtum entgegen dem Vorbringen der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin nicht zu erkennen ist;
- die Voraussetzungen für eine Fristwiederherstellung unter diesen Umständen nicht gegeben sind (vgl. BGE 114 Ib 67 E. 2; Egli , a.a.O., Art. 24 N 17), weshalb das Gesuch um Wiederherstellung der Frist abzuweisen ist;
- daran auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin vom Faxschreiben des Gerichts betreffend die Fristerstreckung keine Kenntnis gehabt habe, nichts zu ändern vermag; dies umso weniger als dies darauf zurückzuführen ist, dass ihr das Schreiben des Gerichts von ihrer Rechtsvertreterin nicht zugestellt worden ist und auch dieses Verhalten der Beschwerdeführerin zuzurechnen ist;
- auf die Beschwerde deshalb androhungsgemäss nicht einzutreten ist;
- das Gesagte sinngemäss in Bezug auf die dem Gericht erst am 14. November 2019 eingereichten Unterlagen zum Nachweis der Existenz der Beschwerdeführerin und der Zeichnungsberechtigung der die Vollmacht unterzeichneten Person gilt;
- auf die Beschwerde auch aus diesem Grund androhungsgemäss nicht einzutreten ist;
- die Gerichtskosten bei diesem Ausgang des Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs. 1 VwVG);
- die Gerichtsgebühr auf Fr. 500.-- festzusetzen ist (Art. 63 Abs. 5 VwVG i.V.m. Art. 73 StBOG und Art. 5 und 8 Abs. 3 lit. b des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]), unter Anrechnung des entsprechenden Betrages am verspätet geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 5'000.--;
- die Bundesstrafgerichtskasse anzuweisen ist, der Beschwerdeführerin Fr. 4'500.-- zurückzuerstatten.
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Das Gesuch um Wiederherstellung der Frist zur Leistung des Kostenvorschusses und zur Einreichung der Unterlagen wird abgewiesen.
2. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
3. Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt, unter Anrechnung des entsprechenden Betrags am geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 5'000.--. Die Bundesstrafgerichtskasse wird angewiesen, der Beschwerdeführerin Fr. 4'500.-- zurückzuerstatten.
Bellinzona, 27. November 2019
Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin :
Zustellung an
- Rechtsanwälte Goran Mazzucchelli und/oder Rechtsanwältin Letizia Mizzon
- Bundesanwaltschaft, unter Beilage einer Kopie der Beschwerde vom 14. Oktober 2019
- Bundesamt für Justiz, Fachbereich Rechtshilfe, unter Beilage einer Kopie der Beschwerde vom 14. Oktober 2019
Rechtsmittelbelehrung
Gegen Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen kann innert zehn Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 100 Abs. 1 und 2 lit. b BGG ).
Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn er eine Auslieferung, eine Beschlagnahme, eine Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten oder eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Art. 84 Abs. 1 BGG). Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG ).
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