E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Entscheid des Bundesstrafgerichts: CN.2019.3 vom 16.08.2019

Hier finden Sie das Urteil CN.2019.3 vom 16.08.2019 - Berufungskammer

Sachverhalt des Entscheids CN.2019.3

Der Gesuch um Wiedererwägung bzw. Wiederherstellung der Frist zur Einreichung der Berufungserklärung im Verfahren CA.2019.9 des Bundesstrafgerichts wird abgewiesen. Der Gesuchsteller hat eine Gebühr von CHF 500,00 zu bezahlen.

Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts

Instanz:

Bundesstrafgericht

Abteilung:

Berufungskammer

Fallnummer:

CN.2019.3

Datum:

16.08.2019

Leitsatz/Stichwort:

Gesuch um Wiedererwägung bzw. Wiederherstellung der Frist zur Einreichung der Berufungserklärung im Verfahren CA.2019.9

Schlagwörter

Berufung; Gesuch; Frist; Gesuchs; Bundes; Gesuchsteller; Berufungserklärung; Urteil; Verfahren; Kammer; Berufungskammer; Einreichung; Bundesstrafgericht; Wiederherstellung; Gericht; Parteien; Rechtsmittelbelehrung; Verfahrens; Bundesstrafgerichts; Urteils; Zustellung; Gesuchsgegner; Wiedererwägung; Gesuchstellers; Säumnis

Rechtskraft:

Kein Weiterzug, rechtskräftig

Rechtsgrundlagen des Urteils:

Art. 24 VwVG ;Art. 398 StPO ;Art. 399 StPO ;Art. 403 StPO ;Art. 422 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 9 StPO ;Art. 94 StPO ;

Referenz BGE:

138 IV 157; ;

Kommentar:

-

Entscheid des Bundesstrafgerichts

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: CN.2019.3

(Hauptgeschäftsnummer: CA.2019.9 )

Beschluss vom 16. August 2019
Berufungskammer

Besetzung

Bundesstrafrichterinnen Andrea Blum, Vorsitzende,

Barbara Loppacher und Marcia Stucki ,

Gerichtsschreiber Franz Aschwanden

Parteien

A.,

Gesuchsteller / Beschuldigter

gegen

1. Eidgenössisches Finanzdepartement Generalsekretariat EFD, vertreten durch Herrn Fritz Ammann,

Gesuchsgegner / Untersuchungsbehörde

2. Bundesanwaltschaft, vertreten durch Frau Staatsanwältin Lucienne Fauquex,

Gesuchsgegnerin / Anklagebehörde

Gegenstand

Gesuch um Wiedererwägung bzw. Wiederherstellung der Frist zur Einreichung der Berufungserklärung im Verfahren CA.2019.9


Sachverhalt:

A. Mit Urteil SK.2018.53 des Einzelrichters der Strafkammer des Bundesstrafgerichts vom 23. Mai 2019 wurde der Gesuchsteller des mehrfachen öffentlichen Werbens für nicht genehmigte kollektive Kapitalanlagen im Sinne von Art. 148 Abs. 1 lit. d aKAG sowie der mehrfachen unbefugten Verwendung des Ausdrucks «Bank» im Sinne von Art. 49 Abs. 1 lit. a BankG schuldig gesprochen und mit einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen à CHF 60.00, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von 2 Jahren, sowie einer Busse von CHF 2'000.00 bestraft (pag. 1.100.012 - 048).

B. Das besagte Urteil SK.2018.53 wurde am 23. Mai 2019 an die Parteien versandt (pag. 1.100.011) und vom Gesuchsteller am 25. Mai 2019 am Postschalter seines Wohnorts Z. in Empfang genommen (pag. 1.100.051).
C. Mit Berufungserklärung vom 17. Juni 2019 (Postaufgabe: 20. Juni 2019; Posteingang Berufungskammer: 21. Juni 2019) focht der Gesuchsteller das Urteil SK.2018.53 vom 23. Mai 2019 vollumfänglich an (pag.1.100.001 f.).
D. Mit Beschluss CA.2019.9 vom 4. Juli 2019 trat die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts auf die Berufung des Gesuchstellers mangels fristgerecht eingereichter Berufungserklärung nicht ein (Art. 403 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 StPO ). Dies mit der Begründung, dass die 20-tägige Frist zur Einreichung der Berufungserklärung gemäss Art. 399 Abs. 3 StPO (vgl. Rechtsmittelbelehrung sowie BGE 138 IV 157 E. 2) am 26. Mai 2019 zu laufen begonnen und am 14. Juni 2019 geendet habe, weshalb die vom 17. Juni 2019 datierende, am 20. Juni 2019 postalisch aufgegebene Berufungserklärung des Beschuldigten verspätet erfolgt sei (pag. 10.300.004 - 007).

E. Mit Eingabe vom 12. Juli 2019 ersuchte der Gesuchsteller die Berufungskammer um Wiedererwägung bzw. Wiederherstellung der Frist zur Einreichung der Berufungserklärung im Verfahren CA.2019.9 (pag. 10.300.001 f.).

F. Mit Eingaben vom 31. Juli 2019 beantragte der Gesuchsgegner die Abweisung des Gesuchs (pag. 10.300.011 f.). Die Gesuchsgegnerin liess sich innert Frist nicht vernehmen.
Auf die Ausführungen der Parteien wird - soweit erforderlich - in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Die Berufungskammer erwägt:

1.

1.1 Die Berufung ist gemäss Art. 398 Abs. 1 StPO zulässig gegen Urteile erstinstanzlicher Gerichte, mit denen das Verfahren ganz oder teilweise abgeschlossen worden ist. Es können Rechtsverletzungen, die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit gerügt werden, wobei das Berufungsgericht das Urteil in allen angefochtenen Punkten umfassend überprüfen kann (Art. 398 Abs. 2 und Abs. 3 StPO ). Gemäss Art. 399 Abs. 1 StPO ist zunächst innert 10 Tagen seit der Eröffnung des Urteils beim erstinstanzlichen Gericht die Berufung schriftlich oder mündlich anzumelden. Art. 399 Abs. 3 StPO sieht sodann vor, dass diejenige Partei, die Berufung angemeldet hat, dem Berufungsgericht innert 20 Tagen seit der Zustellung des begründeten erstinstanzlichen Urteils eine schriftliche Berufungserklärung einzureichen hat. Wird das Urteil weder mündlich noch schriftlich im Dispositiv eröffnet, sondern direkt in begründeter Form zugestellt, ist eine Anmeldung der Berufung nicht nötig, wobei dem Berufungskläger in diesem Fall für die Einreichung der Berufungserklärung 20 Tage zur Verfügung stehen (vgl. BGE 138 IV 157 E. 2). Die fristgemässe Einreichung der Berufungserklärung ist eine Gültigkeitsvorschrift und damit eine zwingende Voraussetzung für das Eintreten auf die Berufung ( Hug / Scheidegger , Zürcher Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, Art. 399 N 10). Das Berufungsgericht entscheidet in einem schriftlichen Verfahren, ob auf die Berufung einzutreten sei, wenn die Verfahrensleitung oder eine Partei geltend macht, die Erklärung der Berufung sei verspätet (Art. 403 Abs. 1 lit. a StPO).
1.2 Das ausführlich begründete Urteil SK.2018.53 vom 23. Mai 2019 war gleichentags an die Parteien versandt und vom Gesuchsteller - entgegen seinen eigenen Ausführungen in der Berufungserklärung - am 25. Mai 2019 am Postschalter seines Wohnorts Z. in Empfang genommen worden (pag. 1.100. 051). Entsprechend begann die 20-tägige Frist zur Einreichung der Berufungserklärung gemäss Art. 399 Abs. 3 StPO (vgl. Rechtsmittelbelehrung und BGE 138 IV 157 E. 2) am 26. Mai 2019 zu laufen und endete am 14. Juni 2019 (vgl. Riedo , Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl., 2014, Art. 94 StPO N 68). Die vom 17. Juni 2019 datierende, am 20. Juni 2019 postalisch aufgegebene Berufungserklärung des Gesuchstellers (pag. 1.100.001) erfolgte somit klarerweise verspätet (vgl. Beschluss der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts CA.2019.9 vom 4. Juli 2019 [pag. 10.300.004 - 007]).

2.

2.1 Hat eine Partei eine Frist versäumt und würde ihr daraus ein erheblicher und unersetzlicher Rechtsverlust erwachsen, so kann sie gemäss Art. 94 Abs. 1 StPO die Wiederherstellung der Frist verlangen, wenn sie glaubhaft macht, dass sie an der Säumnis kein Verschulden trifft. Das Gesuch um Wiederherstellung der versäumten Frist ist innert 30 Tagen nach Wegfall des Säumnisgrundes schriftlich und begründet bei der Behörde zu stellen, bei welcher die versäumte Verfahrenshandlung hätte vorgenommen werden sollen. Innert der gleichen Frist muss die versäumte Verfahrenshandlung nachgeholt werden (Art. 94 Abs. 2 StPO ; vgl. auch Art. 24 Abs. 1 VwVG ). Über das Gesuch entscheidet die zuständige Strafbehörde in einem schriftlichen Verfahren (Art. 94 Abs. 4 StPO ).
2.2 Der Gesuchsteller hat sein Fristwiederherstellungsgesuch vom 12. Juli 2019 fristgerecht innert 30 Tagen nach Ablauf der Frist zur Einreichung der Berufungserklärung schriftlich und begründet bei der zuständigen Behörde eingereicht. Dies nachdem er die versäumte Verfahrenshandlung bereits am 20. Juni 2019 vorgenommen hatte (Art. 94 Abs. 2 Satz 1 StPO ). Somit ist auf das Gesuch vom 12. Juli 2019 einzutreten (vgl. Riedo , a.a.O., Art. 94 StPO N 68);
2.3 Materielle Voraussetzung für die Wiederherstellung einer verpassten Frist ist insbesondere, dass objektive oder subjektive Gründe (z.B. Natur-/Kriegsereignisse, Unfall, schwere Krankheit, Todesfall in der Familie, Militärdienst, Inhaftierung etc.) es dem Betroffenen verunmöglichten, die Frist bzw. den Termin zu wahren. In diesem Zusammenhang muss im Inter­esse eines geordneten Rechtsgangs, der Verfahrensdisziplin und Rechtssicherheit für eine Wiederherstellung der versäumten Frist jedes Verschulden, auch bloss leichte Fahrlässigkeit, ausgeschlossen sein (vgl. Riedo , a.a.O. Art. 94 StPO N 33 und 37 f.; Schmid/ Jositsch , Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 3. Aufl., Zürich/St. Gallen 2017, S. 232 N 612; Brüschweiler ; in: Donatsch/Hansjakob/Lieber , Kom mentar zur schweizerischen Strafprozessordnung, Zürich/Basel/Genf 2010, Art. 94 StPO N 2 ff., mit Hinweisen);
2.4 Der Gesuchsteller räumt selber ein, dass ihm bei der Fristberechnung ein Fehler unterlaufen sei. Dies weil auf der Gerichtsurkunde der Vermerk «Frist bis 31.05.» gestanden habe, was ihn damals darauf habe schliessen lassen, dass die Frist zur Einreichung der Berufungserklärung erst ab diesem Datum zu laufen beginnen würde. Davon ausgehend habe er als Enddatum der Frist den 20. Juli 2019 (recte: 20. Juni 2019) berechnet und die Berufungserklärung entsprechend an diesem Datum - nach seiner eigenen Berechnung somit fristgerecht - eingereicht. Zudem sei er juristischer Laie und im besagten Berufungsverfahren nicht anwaltlich vertreten gewesen (vgl. Gesuch um Wiedererwägung/Fristwiederherstellung vom 12. Juli 2019 [pag. 10.300.001 f.]).
2.5 Die Argumentation des Gesuchstellers bezüglich Fristvermerk überzeugt nicht. Aus der Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Urteils SK.2018.53 vom 23. Mai 2019 «(...) Die Berufung erhebende Partei hat innert 20 Tagen nach Zustellung des begründeten Urteils der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts eine schriftliche Berufungserklärung einzureichen (...)» geht unmissverständlich hervor, dass die Rechtsmittelfrist mit der Zustellung des begründeten Urteils an den Empfänger bzw. der Entgegennahme durch diesen zu laufen beginnt und nach 20 Tagen endet. Die erwähnte Rechtsmittelbelehrung lässt keinen Raum für irgendwelche anderen Interpretationen - auch nicht für juristische Laien. Es ist nicht nachvollziehbar, wie der vom Gesuchsteller genannte Vermerk «Frist bis 31.05» (nicht «Frist ab 31.05»!) zu der von ihm behaupteten Fehlvorstellung hätte führen können. Der erwähnte, sich auf dem Couvert der Gerichtsurkunde befindliche Vermerk «Frist bis 31.05.» betrifft einen sichtbar nachträglich angebrachten weissgelben Kleber mit einer postinternen Information, bis wann diese Postsendung vom Empfänger/Adressat auf der Poststelle abgeholt werden kann. Auf demselben Kleber steht u.a. auch « Z.» als Bezeichnung der Post-Abholstelle, sowie ein dazu gehörender, aufgedruckter Barcode (pag. 10.300.003). Es war somit für den Gesuchsteller wie für jeden anderen juristischen Laien ohne weiteres erkennbar, dass dieser Kleber nicht vom Gericht, sondern nachträglich von der Post auf dem Versandcouvert angebracht worden war, mit der Rechtsmittelbelehrung nichts zu tun hatte und daher für den Fristenlauf nicht massgeblich war. Seine Säumnis ist somit selbstverschuldet.
2.6 Auch die vom Gesuchsteller vorgebrachte fehlende anwaltliche Verbeiständung im vorinstanzlichen Verfahren vermag an seinem Selbstverschulden nichts zu ändern. Aufgrund seiner Ausbildung und beruflichen Erfahrung (u.a. Finanzspezialist/Finanzmarktexperte, internationaler Experte für Investmentstrategien/Hochfrequenzhandel mit Eurex- und Xetrahändlerlizenz etc. [vgl. Urteil SK.2018.53 vom 23. Mai 2019 E. 4.2.6]) sowie dank seiner praktischen Erfahrung als Partei in früheren Rechtsmittelverfahren (vgl. Urteil SK.2018.53 vom 23. Mai 2019 E. 9.2 - 9.3) wäre er problemlos in der Lage gewesen, die Rechtsmittelbelehrung richtig zu verstehen und entsprechend fristgerecht zu handeln. Aufgrund der selbstverschuldeten Säumnis des Gesuchstellers liegt hier kein Wiederherstellungsgrund vor. Daran ändert auch sein Vorbringen, wonach ihm ein erheblicher Rechtsverlust drohe, nichts. Somit ist das Gesuch vom 12. Juli 2019 abzuweisen.

3.

3.1 Die Kosten eines gerichtlichen Verfahrens und deren Verlegung bestimmen sich grundsätzlich nach den Art. 422 - 428 StPO und jene eines Rechtsmittelverfahrens sind von den Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens zu tragen (Art. 428 Abs. 1 Satz 1 StPO ). Entsprechend hat der unterliegende Gesuchsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3.2 In Anwendung von Art. 73 Abs. 1 lit. a und b sowie Abs. 3 lit. c des Bundesgesetzes über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (StBOG; SR 173.71) i.V.m. Art. 1 Abs. 4, Art. 5 und Art. 7 bis des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren (BStKR; SR 173.713.162) wird eine Gebühr von CHF 500.00 festgesetzt. Es werden keine Parteientschädigungen ausgerichtet.

Die Berufungskammer beschliesst:

1. Das Gesuch um Wiedererwägung bzw. Wiederherstellung der Frist zur Einreichung der Berufungserklärung wird abgewiesen.

2. Der Gesuchsteller hat eine Gebühr von CHF 500.00 zu bezahlen.

3. Es werden keine Parteientschädigungen ausgerichtet.

Im Namen der Berufungskammer

des Bundesstrafgerichts

Die Vorsitzende Der Gerichtsschreiber

Zustellung an (Gerichtsurkunde):

- A.

- Bundesanwaltschaft, Frau Lucienne Fauquex, Staatsanwältin des Bundes und Leiterin Rechtsdienst

- Eidgenössisches Finanzdepartement, Herrn Fritz Ammann, Leiter Rechtsdienst EFD

Nach Eintritt der Rechtskraft Zustellung an:

- Bundesstrafgericht Strafkammer (brevi manu)

Rechtsmittelbelehrung

Beschwerde an das Bundesgericht

Dieses Urteil kann innert 30 Tagen nach Eröffnung der vollständigen Ausfertigung mit Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht angefochten werden. Das Beschwerderecht und die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind in den Art. 78 - 81 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 ( BGG ) geregelt. Die begründete Beschwerdeschrift ist beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen.

Versand: 16. August 2019

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.