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Entscheid des Bundesstrafgerichts: BE.2019.19 vom 18.12.2019

Hier finden Sie das Urteil BE.2019.19 vom 18.12.2019 - Beschwerdekammer: Strafverfahren

Sachverhalt des Entscheids BE.2019.19

Das Bundesstrafgericht BE2019-01 entscheidet in einem Fall der Zollhinterziehung, bei dem das Grenzwachtkorps am 27. Juni 2019 62 Kilogramm Frischfleisch ohne ordentliche Zollbehandlung für das Restaurant D in Z (AG) eingeführt hat. Die Eidgenössische Zollverwaltung EZV erfuhr am 3. September 2019 von einer Privatperson, dass Lebensmittel aus Deutschland verbraucht würden, die im Rahmen der Freimengen des Reisendenverkehrs eingeführt worden seien. Auf Nachfrage informierte sie die Lebensmittelkontrolle des Kantons Aargau, dass am 6. Februar 2019 im Restaurant D Lebensmittel vorgefunden wurden, die offensichtlich in Deutschland eingekauft waren. Das Lokal des Restaurants befand sich in Z (AG). Der Chef Hauptabteilung Zollfahndung, Vizedirektor EZV, stellte einen Durchsuchungsbefehl für das Restaurant D aus und das Lokal wurde von der Zollfahndung untersucht. Das VW Polo des Gesuchsgegners wurde am 30. Oktober 2019 mit einer leeren Kunststoffkiste vom Restaurant zum Auto gefahren, als sich ihm die Zollfahndung mit Dienstausweis vorstellte. Sie fand in den Kühlzellen im Keller, in der Küche und dem Thekenbereich in geringer Menge verschiedene Lebensmittel ausländischer Herkunft. Im VW Polo entdeckte sie Lebensmittel und dazu passende Quittungen aus Deutschland vom gleichen Tag wie auch von früheren Einkäufen. Die Zollfahndung traf gerade dann auf CB, als er um 920 Uhr im Begriff war, vom Restaurant mit einer leeren Kunststoffkiste zuzulaufen. Sie beschlagnahmte den VW Polo und stellte das Fahrzeug vorläufig dem Inhaber beliess. Das Lokal des Restaurants befand sich in Z (AG). Die Familie B wohnte beim Restaurantdomizil, während die Zollfahndung im Vorverfahren untersucht hatte, ob sich CB darin verborgen hält oder Gegenstände oder Vermögenswerte, die der Beschlagnahme unterliegen, oder Spuren der Widerhandlung darin befinden. Es besteht damit der Hinreichende Verdacht, dass eine Zollhinterziehung begangen wurde. Die EZV stellte am 18. Dezember 2019 das Entsiegelungsgesuch Sie beantragt (Art 25 Abs 4 VStrR). Das Gesuchsgegner bringt dagegen nur vor, die von ihm ausgehändigten Belege stammten aus seiner Wohnung und sind nicht geheim gehalten. Die Beschwerdekammer entscheidet in einem Urteil des Bundesstrafgerichts BE2019-01: "Das Gesuch um Entsiegelung wird gutheissen." Sie ermächtigt die EZV, die sichergestellten Belege zu entsiegeln und zu durchsuchen. Die Gerichtsgebühr von Fr 1'500-- wird dem Gesuchsgegner auferlegt.

Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts

Instanz:

Bundesstrafgericht

Abteilung:

Beschwerdekammer: Strafverfahren

Fallnummer:

BE.2019.19

Datum:

18.12.2019

Leitsatz/Stichwort:

Entsiegelung (Art. 50 Abs. 3 VStrR).

Schlagwörter

Restaurant; Entsiegelung; Person; Zollfahndung; VStrR; Durchsuchung; Gesuch; Einfuhr; Bundesstrafgericht; Gesuchsgegner; Gericht; Belege; Entsiegelungsgesuch; Mehrwertsteuer; Beschwerdekammer; Einfuhrsteuer; Bundesstrafgerichts; MWSTG; Reise; Tatverdacht; Widerhandlung; Zollgesetz; Restaurants; Verfahren; Bundesgericht; Busse; Lebensmittel

Rechtskraft:

Kein Weiterzug, rechtskräftig

Rechtsgrundlagen des Urteils:

Art. 10 BGG ;Art. 124 ZG ;Art. 16 ZG ;Art. 197 StPO ;Art. 2 ZG ;Art. 21 ZG ;Art. 248 StPO ;Art. 25 ZG ;Art. 29 BV ;Art. 33 ZG ;Art. 5 MWSTG ;Art. 50 MWSTG ;Art. 65 ZG ;Art. 66 BGG ;Art. 96 MWSTG ;

Referenz BGE:

108 IV 76; 131 II 562; 135 IV 217; 137 IV 122; 138 IV 225; 139 IV 246; 141 I 105; 141 IV 87; 143 I 227; 143 IV 330; ;

Kommentar:

Kocher, Clavadetscher, Hand Zollgesetz, Art. 21 ZG, 2009

Entscheid des Bundesstrafgerichts

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BE.2019.19

Beschluss vom 18. Dezember 2019
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter

Giorgio Bomio-Giovanascini, Vorsitz,

Roy Garré und Cornelia Cova ,

Gerichtsschreiber Martin Eckner

Parteien

Eidgenössische Zollverwaltung EZV, Hauptabteilung Zollfahndung ,

Gesuchstellerin

gegen

A.B. ,

Gesuchsgegner

Gegenstand

Entsiegelung (Art. 50 Abs. 3 VStrR )


Sachverhalt:

A. Am 27. Juni 2019 stellte das Grenzwachtkorps bei einer Kontrolle fest, dass 6.2 Kilogramm Frischfleisch ohne ordentliche Zollbehandlung für das Restaurant D. in Z. (AG) eingeführt werden sollten. Es sprach eine Busse aus (act. 1.10).

Die Eidgenössische Zollverwaltung EZV erfuhr am 3. September 2019 von einer Privatperson, im Restaurant D. in Z. (AG) würden Lebensmittel aus Deutschland verbraucht, die im Rahmen der Freimengen des Reisendenverkehrs eingeführt worden seien. Auf Nachfrage informierte sie die Lebensmittelkontrolle des Kantons Aargau, dass am 6. Februar 2019 im Restaurant D. Lebensmittel vorgefunden wurden, die offensichtlich in Deutschland eingekauft waren. C.B. gab dabei an, diese im Rahmen der Freimengen anmeldungslos importiert zu haben (act. 1.5-1.9).

Am 23. Oktober 2019 eröffnete die Zollfahndung Untersuchung Nord der EZV zur Mitteilung vom 3. September 2019 eine Zollstrafuntersuchung wegen Widerhandlung gegen das Zollgesetz sowie das Mehrwertsteuergesetz (act. 1.10). Gleichentags stellte der Chef Hauptabteilung Zollfahndung, Vizedirektor EZV, einen Durchsuchungsbefehl für das Restaurant D. aus (act. 1.11).

Das Lokal des Restaurant D. befand sich in Z. (AG). Der Firmensitz des Restaurants lag ebenfalls in Z. (AG). Gesellschafter und Geschäftsführer des Restaurants D. war gemäss Handelsregisterauszug A.B. (act. 1.1 Auszug D. GmbH). C.B. ist sein Vater.

B. C.B. fuhr am 30. Oktober 2019 mit seinem VW Polo von Laufenburg her kommend hinter das Lokal des Restaurants D. Er lief gerade mit einer leeren Kunststoffkiste vom Restaurant zum Auto, als sich ihm die Zollfahndung mit Dienstausweis vorstellte. Sie durchsuchte die Räumlichkeiten des Restaurants (act. 1.13 Protokoll über die Durchsuchung). Sie fand in den zwei Kühlzellen im Keller, in der Küche und dem Thekenbereich in geringer Menge verschiedene Lebensmittel ausländischer Herkunft (act. 1.17-1.18 Fotodokumentation). Im VW Polo entdeckte sie Lebensmittel und dazu passende Quittungen aus Deutschland vom gleichen Tag wie auch von früheren Einkäufen. C.B. gab an, die Ware diene privaten Zwecken. Sie seien acht Personen zu Hause, für die er jeweils einkaufe. Die Zollfahndung fuhr mit C.B. zum Firmensitz. Unterwegs kam ihnen A.B. zu Fuss entgegen und wurde mitgenommen (zum Ganzen act. 1.15 Durchsuchungsbericht).

Die Familie B. wohnte beim Restaurantdomizil. Die Zollfahndung erkundigte sich nach deutschen Einkaufsbelegen für Restaurantware. A.B. legte ihr ein Couvert mit diversen Rechnungen vor, welche sie sicherstellte. Sie stellte auch den Bund ungezählter Belege aus dem VW Polo sicher (act. 2). Die Zollfahndung verzichtete auf eine Durchsuchung des Firmensitzes. Bei der Eröffnung des Protokolls über die Durchsuchung verlangte A.B. die Siegelung (act. 1.15 Untersuchungsbericht).

Die Zollfahndung beschlagnahmte den VW Polo, Jahrgang 2019, als Zollpfand, wobei sie das Fahrzeug vorläufig dem Inhaber beliess. Sie untersagte A.B., darüber zu verfügen; Widerhandlungen würden als Zollpfandunterschlagung geahndet (act. 1.12). C.B. und A.B. fuhren für ihre Einvernahmen mit zur Zollstelle Laufenburg. Die Zollfahndung vernahm dort C.B. als Beschuldigten und A.B. als Auskunftsperson (act. 1.21, 1.25).

C. Die EZV stellte am 18. November 2019 das Entsiegelungsgesuch. Sie beantragt (act. 1 S. 2):

1. Das Entsiegelungsgesuch sei gutzuheissen.

2. Die Gesuchstellerin sei zu ermächtigen, die mit Sicherstellungsbeschluss vom 30. Oktober 2019 am Firmensitz der D. GmbH sowie im Fahrzeug VW Polo, Kennzeichen AG 1 sichergestellten und versiegelten Papiere zu entsiegeln und zu durchsuchen.

Das Gericht lud A.B. am 21. November 2019 eingeschrieben zur Gesuchsantwort ein (act. 2). Die Sendung wurde nicht abgeholt. Die Post retournierte sie dem Gericht am 9. Dezember 2019 (act. 3).

Auf die Ausführungen der Partei und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Die EZV untersucht Widerhandlungen gegen das Zollgesetz und die Einfuhrsteuer gestützt auf Art. 128 Abs. 1 und 2 des Zollgesetzes vom 18. März 2005 ( ZG ; SR 631.0) sowie Art. 103 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer vom 12. Juni 2009 (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG ; SR 641.20). Das Verfahren richtet sich nach dem Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR 313.0).

1.2 Die Bestimmungen der Eidgenössischen Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0) sind insoweit ergänzend oder sinngemäss anwendbar, als das VStrR dies ausdrücklich festlegt (vgl. Art. 22, Art. 30 Abs. 2-3, Art. 31 Abs. 2, Art. 41 Abs. 2, Art. 43 Abs. 2 , Art. 58 Abs. 3 , Art. 60 Abs. 2 , Art. 80 Abs. 1 , Art. 82 , Art. 89 und Art. 97 Abs. 1 VStrR ). Soweit das VStrR einzelne Fragen nicht abschliessend regelt, sind die Bestimmungen der StPO grundsätzlich analog anwendbar (BGE 139 IV 246 E. 1.2 S. 248, E. 3.2 S. 249; Urteile des Bundesgerichts 1B_210/2017 vom 23. Oktober 2017 E. 1.1; 1B_91/2016 vom 4. August 2016 E. 4.1; zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts 1B_433/2017 vom 21. März 2018 E. 1.1). Die allgemeinen strafprozessualen und verfassungsrechtlichen Grundsätze sind jedenfalls auch im Verwaltungsstrafverfahren zu berücksichtigen (BGE 139 IV 246 E. 1.2 und E. 3.2; vgl. hierzu auch TPF 2016 55 E. 2.3; Beschluss des Bundesstrafgerichts BV.2017.26 vom 6. September 2017 E. 1.2 und E. 1.3).

2.

2.1 Werden im Verwaltungsstrafverfahren Papiere und Datenträger (vgl. hierzu BGE 108 IV 76 E. 1) durchsucht, so ist dem Inhaber derselben wenn immer möglich vor der Durchsuchung Gelegenheit zu geben, sich über deren Inhalt auszusprechen. Erhebt er gegen die Durchsuchung Einsprache, so werden die Papiere vorläufig versiegelt und verwahrt (Art. 50 Abs. 3 VStrR ). Über die Zulässigkeit der Durchsuchung entscheidet die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (Art. 50 Abs. 3 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 VStrR und Art. 37 Abs. 2 lit. b StBOG ). Die betroffene Verwaltungsbehörde hat bei der Stellung von Entsiegelungsgesuchen dem Beschleunigungsgebot ausreichend Rechnung zu tragen (Art. 29 Abs. 1 BV ; BGE 139 IV 246 E. 3.2).

2.2 Eine förmliche (Verwirkungs-)Frist zur Einreichung des Entsiegelungsgesuchs analog dem Art. 248 Abs. 2 StPO ist den Bestimmungen des VStrR nicht zu entnehmen. Erfolgt ein Entsiegelungsgesuch knapp anderthalb Monate nach der Hausdurchsuchung und Siegelung, ist dem Beschleunigungsgebot in Strafsachen genügend Rechnung getragen (Urteil des Bundesgerichts 1B_641/2012 vom 8. Mai 2013 E. 3.3). Die Beschwerdekammer hat auch Fristen von rund zwei Monaten wiederholt als mit dem Beschleunigungsgebot vereinbar angesehen, wobei innerhalb dieser zwei Monate allerdings jeweils noch Abklärungen bezüglich des Festhaltens an der Einsprache bzw. bezüglich des Umfangs der Einsprache erfolgten (siehe die Beschlüsse des Bundesstrafgerichts BE.2018.8 vom 22. November 2018; BE.2013.4 vom 14. Oktober 2014 E. 1.3.3; BE.2013.7 vom 6. November 2013 E. 1.3.3; BE.2013.6 vom 29. Oktober 2013 E. 1.3.3; BE.2013.5 vom 16. Oktober 2013 E. 1.3.3; BE.2018.13 vom 1. Februar 2019 E. 2.3). Sie erkannte aber eine Verletzung des Beschleunigungsgebots in einem Fall, in welchem das Gesuch ohne erkennbaren Grund erst zweieinhalb Monate nach der Hausdurchsuchung und Siegelung erfolgte (Beschluss des Bundesstrafgerichts BE.2013.8 vom 5. Dezember 2013 E. 1.4.3).

2.3 Das vorliegende Entsiegelungsgesuch ist formgerecht am 18. November 2019 eingereicht worden, mithin rund 20 Tage nachdem die Zollfahndung die Belege am 30. Oktober 2019 sicherstellte. Das Entsiegelungsgesuch ist damit nicht verspätet erfolgt. Es liegen sämtliche Eintretensvoraussetzungen vor. Auf das Entsiegelungsgesuch ist folglich einzutreten.

3.

3.1 Nach dem Grundsatz der allgemeinen Zollpflicht des Art. 7 ZG sind sämtliche Waren, die in das schweizerische Zollgebiet verbracht werden, zollpflichtig. Sie sind nach dem Zollgesetz und dem Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 1986 (ZTG; SR 632.10) zu veranlagen. Sie unterliegen der Einfuhrsteuer gemäss Mehrwertsteuergesetz (Art. 50 ff . MWSTG ). Soweit in den besonderen Be­stim­mungen vorgesehen, kann die Zollpflicht bzw. die Einfuhrsteuerpflicht im Einzelfall entfallen. Diese Ausnahmen können sich nicht nur aus den Gesetzen und Verordnungen des schweizerischen Zollrechts, sondern auch aufgrund von Staatsverträgen ergeben.

Zur Erhebung des Zolls und der Einfuhrsteuer ist ein Veranlagungsverfahren durchzuführen. Für die Einfuhrsteuer gilt die Zollgesetzgebung, soweit das Mehrwertsteuergesetz nichts anderes anordnet (Art. 50 MWSTG ). Das Verfahrensrecht des Mehrwertsteuergesetzes (Art. 65 ff.) gilt nur für die Inland- und die Bezugssteuer. Damit sind die Mitwirkungspflichten des Zollveranlagungsverfahrens nach Art. 21 ff . ZG auch bei der Einfuhrsteuer einschlägig:

Wer Waren ins Zollgebiet verbringt, verbringen lässt oder sie danach übernimmt, muss sie unverzüglich und unverändert der nächstgelegenen Zollstelle zuführen oder zuführen lassen (Art. 21 Abs. 1 ZG ), gestellen und summarisch anmelden (Art. 24 ZG ). Die anmeldepflichtige Person muss die Waren zur Veranlagung anmelden und die Begleitdokumente einreichen (Art. 25 Abs. 1 ZG ). Anmeldepflichtig sind u. a. die zuführungspflichtigen Personen (Art. 75 der Zollverordnung vom 1. November 2006, ZV ; SR 631.01) und die mit der Zollanmeldung beauftragten Personen (Art. 26 ZG ). Die Anmeldung erfolgt in der gesetzlich vorgesehenen Form (Art. 28 ZG ). Die von der Zollstelle angenommene Zollanmeldung ist für die anmeldepflichtige Person verbindlich (Art. 33 Abs. 1 ZG ). Die Mitwirkungspflichten werden unter dem Begriff Zollmeldepflicht zusammengefasst. Sie bestehen unabhängig von der privatrechtlichen oder wirtschaftlichen Berechtigung an der mitgeführten Ware (BGE 135 IV 217 E. 2.1; Henzen , in: Kocher/Clavadetscher, Handkommentar Zollgesetz, 2009, Art. 21 N 6 und 12).

3.2 Waren des Reiseverkehrs sind Waren, die jemand auf einer Reise über die Zollgrenze mitführt, ohne dass sie für den Handel bestimmt sind (Art. 16 Abs. 2 ZG ).

Zollfrei sind persönliche Gebrauchsgegenstände (Art. 63 ZV ), Reiseproviant (Art. 64 ZV ) sowie Waren des Reiseverkehrs (Art. 65 Abs. 1 ZG), wobei gewisse Waren nur bis zu Höchstmengen zollfrei sind (Art. 65 Abs. 2 ZV ). Die Freimengen werden (mit Ausnahme bezüglich Treibstoffe) nur für Waren des Reiseverkehrs gewährt, die die reisende Person zu ihrem privaten Gebrauch oder zum Verschenken einführt. Sie werden der gleichen Person, die zudem mindestens 17 Jahre alt sein muss, täglich nur einmal gewährt (Art. 66 Abs. 1 bis 3 ZV ).

Von der Einfuhrsteuer sind Waren des Reiseverkehrs bis zu einem Gesamtwert von 300 Franken pro Person (Wertfreigrenze) befreit (Art. 1 lit. c der Verordnung des EFD vom 2. April 2014 über die steuerbefreite Einfuhr von Gegenständen in kleinen Mengen, von unbedeutendem Wert oder mit geringfügigem Steuerbetrag; SR 641.204; nachfolgend "MwStV-EFD"). Sie wird der reisenden Person nur für Gegenstände gewährt, welche sie zu ihrem privaten Gebrauch oder zum Verschenken einführt und nur einmal täglich (Art. 2 Abs. 1 MwStV-EFD). Übersteigt der Gesamtwert der Gegenstän­de 300 Franken pro Person, so ist die ganze eingeführte Menge steuerpflichtig (Art. 2 Abs. 2 MwStV-EFD). Ein Gegenstand im Wert von über 300 Franken ist immer steuerpflichtig (Art. 2 Abs. 3 MwStV-EFD).

4.

4.1 Wohnungen und andere Räume sowie unmittelbar zu einem Hause ge­hören­de umfriedete Liegenschaften dürfen nur durchsucht werden, wenn es wahrscheinlich ist, dass sich der Beschuldigte darin verborgen hält oder dass sich Gegenstände oder Vermögenswerte, die der Beschlagnahme unterliegen, oder Spuren der Widerhandlung darin befinden (Art. 48 Abs. 1 VStrR ). Bei einer Beschlagnahme, Durchsuchung, vorläufigen Festnahme oder Verhaftung ist mit der dem Betroffenen und seinem Eigentum gebührenden Schonung zu verfahren (Art. 45 Abs. 1 VStrR ).

Zwangsmassnahmen wie Hausdurchsuchungen und Sicherstellungen können nur ergriffen werden, wenn ein hinreichender Tatverdacht vorliegt (Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO). Im Gegensatz zum erkennenden Sachrichter hat das für die Beurteilung von Zwangsmassnahmen im Vorverfahren zuständige Gericht bei der Überprüfung des hinreichenden Tatverdachtes keine erschöpfende Abwägung sämtlicher belastender und entlastender Beweisergebnisse vorzunehmen. Bestreitet die beschuldigte (oder eine von Zwangsmassnahmen betroffene andere) Person den Tatverdacht, ist vielmehr zu prüfen, ob aufgrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse genügend konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat und eine Beteiligung der beschuldigten Person an dieser Tat vorliegen, die Strafbehörden somit das Bestehen eines hinreichenden Tatverdachts mit vertretbaren Gründen bejahen durften. Hinweise auf eine strafbare Handlung müssen erheblich und konkreter Natur sein, um einen hinreichenden Tatverdacht begründen zu können (BGE 141 IV 87 E. 1.3.1 S. 90; 137 IV 122 E. 3.2 S. 126). Zur Frage des Tatverdachtes bzw. zur Schuldfrage hat das Entsiegelungsgericht weder ein eigentliches Beweisverfahren durchzuführen, noch dem erkennenden Strafrichter vorzugreifen (BGE 137 IV 122 E. 3.2 S. 126 f.; s.a. BGE 143 IV 330 E. 2.1 S. 333; zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts 1B_433/2017 vom 21. März 2018 E. 5.2).

4.2 Eine mit Busse strafbare Zollhinterziehung begeht, wer vorsätzlich oder fahrlässig die Zollabgaben durch Nichtanmelden, Verheimlichen oder unrichtige Zollanmeldung der Waren oder in irgendeiner anderen Weise ganz oder teilweise hinterzieht oder sich oder einer anderen Person sonst wie einen unrechtmässigen Zollvorteil verschafft (Art. 118 Abs. 1 lit. a und b ZG ). Erschwerende Umstände (Art. 118 Abs. 3 i.V.m. Art. 124 lit. a und b ZG ) - (a.) Anwerben einer oder mehrerer Personen oder (b.) gewerbs- oder gewohnheitsmässiges Verüben - führen zur Erhöhung der Busse. Zugleich kann auf eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr erkannt werden.

Werden die Waren bei der Einfuhr vorsätzlich oder fahrlässig nicht oder unrichtig angemeldet oder verheimlicht, liegt eine Steuerhinterziehung nach Art. 96 Abs. 4 lit. a MWSTG vor (Busse bis zu Fr. 800'000.--). Erschwerende Umstände sind nach Art. 97 Abs. 2 lit. a und b MWSTG ) entweder (a.) das Anwerben einer oder mehrerer Personen für eine Widerhandlung gegen das Mehrwertsteuerrecht oder (b.) das gewerbsmässige Verüben von Widerhandlungen gegen das Mehrwertsteuerrecht. Dabei kann das Höchstmass der Busse erhöht und zugleich kann auf eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren erkannt werden.

4.3 Vorliegend scheint die Zollfahndung Waren angetroffen zu haben, die in Deutschland eingekauft und in die Schweiz eingeführt wurden. Sie wurde im Restaurant D. sowie im davor parkierten VW Polo vorgefunden. Das Kennzeichen des Fahrzeuges war an jenem Morgen beim Grenzübergang Laufenburg registriert worden (act. 1.16 outbound 8.43 Uhr, inbound 9.14 Uhr). Die Zollfahndung traf gerade dann auf C.B., als er um 9.20 Uhr im Begriff war, vom Restaurant mit einer leeren Kunststoffkiste auf den VW Polo zuzulaufen. Die Ware scheint für das Restaurant und nicht zu Privatzwecken bestimmt gewesen zu sein, zumal sich an jenem Ort nur das Lokal des Restaurants befand. Auf eine Verwendung im Restaurant deuten auch frühere Feststellungen (vgl. obige Erwägung lit. A) sowie die im Restaurant selbst angetroffene Ware hin. Die Einfuhren geschahen unangemeldet, obwohl bei gewerblichen Zwecken eine Anmeldung erforderlich ist (vgl. zur Zollmeldepflicht obige Erwägung 3). Es besteht damit der hinreichende Verdacht, dass eine Zollhinterziehung begangen (Art. 118 Abs. 1 lit. a und b ZG ) sowie für die Einfuhrsteuer nach Art. 96 Abs. 4 lit. a MWSTG vorsätzlich oder fahrlässig Waren nicht angemeldet worden sein könnten. Die Häufigkeit der Grenzübertritte (act. 1.16) mag auf ein eingespieltes Handeln hindeuten. Es ist nicht auszuschliessen, dass bei Zoll und Mehrwertsteuer gewerbsmässige Verstösse (Art. 118 Abs. 3 i.V.m. Art. 124 lit. a und b ZG ; Art. 97 Abs. 2 lit. a und b MWSTG ) vorliegen könnten.

Die Sicherstellung der Belege als Beweismittel - die vom Gesuchsgegner auf Anfrage erhaltenen sowie die im VW Polo sichergestellten - ist damit zweifelsohne zulässig. Angesichts des hinreichenden Tatverdachts und des konkreten Vorgehens ist auch nicht zu beanstanden, dass das Lokal des Restaurants durchsucht wurde: Wie aus den Akten hervorgeht, ging die Zollfahndung bei der Hausdurchsuchung zu Recht umsichtig und zurückhaltend vor und verzichtete nach Vorlage der Belege insbesondere auf die Durchsuchung des Wohn- und Firmendomizils.

4.4 Papiere sind mit grösster Schonung der Privatgeheimnisse zu durchsuchen. Insbesondere sollen Papiere nur dann durchsucht werden, wenn anzunehmen ist, dass sich Schriften darunter befinden, die für die Untersuchung von Bedeutung sind (Art. 50 Abs. 1 VStrR ).

Die sichergestellten Belege erscheinen untersuchungsrelevant und deren Durchsuchung grundsätzlich verhältnismässig. Der Gesuchsgegner bringt dagegen nur vor, die von ihm ausgehändigten Belege stammten aus seiner Wohnung, die hauptsächlich für private Zwecke benutzt werde (act. 1.13 Protokoll). Weder aus den Einvernahmen vor der Zollverwaltung noch im gerichtlichen Entsiegelungsverfahren brachte der Gesuchsgegner konkrete rechtlich geschützte Geheimnisse vor. Sie sind bei Quittungen auch nicht ge­rade erkennbar. Das Entsiegelungsgericht ist nicht gehalten, von Amtes wegen nach allfälligen materiellen Durchsuchungshindernissen zu forschen. Es kann auch nicht anstelle des Gesuchsgegners Informationen auffinden, bei welchen das Geheimhaltungsinteresse für den Gesuchsgegner gegenüber den Interessen der Strafverfolgung überwiegt. Der Gesuchsgegner hat nicht genügend skizziert, dass ein gesetzliches Entsiegelungshindernis bestehe. Damit steht der Entsiegelung und Durchsuchung der übergebenen sowie der im VW Polo sichergestellten Belege durch die EZV nichts entgegen.

4.5 Insgesamt ist das Entsiegelungsgesuch gutzuheissen und die EZV ist zu ermächtigen, die versiegelten Belege zu entsiegeln und zu durchsuchen.

5. Art. 25 Abs. 4 VStrR bestimmt, dass Verfahren vor der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts kostenpflichtig sind. Art. 25 Abs. 4 VStrR verweist im Übrigen auf Art. 73 StBOG . Dieser Artikel enthält u.a. eine Delegationsnorm für die Berechnung der Verfahrenskosten (Art. 73 Abs. 1 lit. a StBOG ) sowie Grundsätze für die Gebührenbemessung (Art. 73 Abs. 2 StBOG ) und führt für die Kosten das Reglement des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren (BStKR; SR 173.713.162) an. Einerseits zog das Bundesstrafgericht für die Kostenverteilung zwischen den Parteien im verwaltungsstrafrechtlichen Beschwerdeverfahren Art. 66 Abs. 1 BGG analog heran ( TPF 2011 25 E. 3, vgl. aber BGE 131 II 562 E. 3.4). Bei Gerichtskosten greifen das Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip nicht (BGE 143 I 227 E. 4.3.1, 4.2.3; anders BGE 141 I 105 E. 3.3.2); Gerichtskosten werden indes in Anlehnung an das Verursacherprinzip in der Regel nach Obsiegen/Unterliegen verteilt (Beschluss des Bundesstrafgerichts BE.2013.16 vom 27. Februar 2014 E. 7; vgl. BGE 138 IV 225 E. 8.1 bis 8.2 zur Situation unter der StPO).

Bei vorliegendem Ausgang des Verfahrens hat der Gesuchsgegner als unterliegende Partei die Gerichtskosten zu tragen (vgl. Art. 25 Abs. 4 VStrR ). Die Gerichtsgebühr ist in Anwendung von Art. 5 und 8 BStKR auf Fr. 1'500.-- festzusetzen und dem Gesuchsgegner aufzuerlegen.


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Das Gesuch um Entsiegelung wird gutgeheissen.

2. Die EZV wird ermächtigt, die sichergestellten Belege zu entsiegeln und zu durchsuchen.

3. Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Gesuchsgegner auferlegt.

Bellinzona, 19. Dezember 2019

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber :

Zustellung an

- Eidgenössische Zollverwaltung, Hauptabteilung Zollfahndung

- A.B.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Entscheide der Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden (Art. 79 und 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005; BGG; SR 173.110 ). Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 90 ff. BGG.

Eine Beschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Entscheides nur, wenn der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin es anordnet (Art. 103 BGG ).

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