Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts
Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Beschwerdekammer: Strafverfahren |
Fallnummer: | BE.2019.17 |
Datum: | 20.12.2019 |
Leitsatz/Stichwort: | Entsiegelung (Art. 50 Abs. 3 VStrR). |
Schlagwörter | Entsiegelung; Gesuch; Gesuchsgegnerin; Durchsuchung; VStrR; Lokal; Karte; Spielsalon; Mobiltelefon; Verfahren; Bundesgericht; Bundesstrafgericht; Beschwerdekammer; Gericht; Spielbanken; Bundesgerichts; Urteil; Entsiegelungsgesuch; Tatverdacht; Computer; Bundesstrafgerichts; Hausdurchsuchung; Spiele; Geldspiele; Siegelung; Solobet; Karten |
Rechtskraft: | Kein Weiterzug, rechtskräftig |
Rechtsgrundlagen des Urteils: | Art. 10 BGG ;Art. 197 StPO ;Art. 248 StPO ;Art. 29 BV ;Art. 66 BGG ; |
Referenz BGE: | 108 IV 76; 131 II 562; 132 IV 63; 137 IV 122; 138 IV 225; 139 IV 246; 140 IV 28; 141 I 105; 141 IV 87; 142 IV 207; 143 I 227; 143 IV 330; 143 IV 462; 144 IV 74; 145 IV 273; ; |
Kommentar: | - |
Entscheid des Bundesstrafgerichts
Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: BE.2019.17 |
Beschluss vom 20. Dezember 2019 | ||
Besetzung | Bundesstrafrichter Giorgio Bomio-Giovanascini, Vorsitz, Roy Garré und Cornelia Cova , Gerichtsschreiber Martin Eckner | |
Parteien | Eidgenössische Spielbankenkommission ESBK, Gesuchstellerin | |
gegen | ||
A. , Gesuchsgegnerin | ||
Gegenstand | Entsiegelung (Art. 50 Abs. 3 VStrR) |
Sachverhalt:
A. Die Eidgenössische Spielbankenkommission ESBK teilte der Kantonspolizei Aargau am 26. Februar 2018 mit, gemäss einer anonymen Anzeige sollen im Lokal der Spielsalon B. GmbH illegale Glücksspiele angeboten werden. Es gehe darum, diskret zu ermitteln, ob sich der Verdacht erhärten lasse. Gesellschafterin und Geschäftsführerin mit Einzelunterschrift der Spielsalon B. GmbH war C.; ihr Ehemann hatte Einzelunterschrift. Das Korps führte am Dienstag, 16. Juli 2019, 18.15 bis 19.15 Uhr, eine Kontrolle durch (Verfügung der Kantonspolizei Aargau vom 26. Juli 2019). Zwei Polizeibeamte betraten das Lokal über eine Treppe zur leicht unter dem Strassenniveau gelegenen Eingangstüre. Von ausserhalb der Liegenschaft hatte man keinerlei Möglichkeiten, ins Innere des Spielsalons zu sehen. Videokameras überwachten sowohl den Eingangsbereich wie auch den ganzen Spielsalon und übertrugen die Bilder in den Kassenbereich.
Im Lokal herrschte reger Betrieb. Das Lokal war in zwei ähnlich eingerichtete Räume unterteilt, wobei der Raum rechts als Fumoir diente. In beiden Raumteilen standen einerseits Geschicklichkeitsspielautomaten. Sodann wiesen sie je zehn Computer auf. Ein Vorhang trennte einen Teil des Lokals ab. Dahinter standen Pokertische. Eine Hinweistafel war mit "Freepoker 1900 Uhr" und "Poker ab 2000 Uhr Fr. 20.00" angeschrieben. Die insgesamt 20 Computer waren stark mit Kundschaft frequentiert. An den benutzten Geräten waren Internetseiten wie "solbet", "bet365" sowie "interwetten" sichtbar. Die Polizeibeamten beobachteten, wie aus der Kasse Wertkarten der Marke "AntePAY" verkauft wurden. Dort seien auch nicht näher identifizierbare Kassenzettel ausgehändigt worden.
B. Der Fahndungs- und Aktionsdienst (Dienststelle Spezialfahndung) der Kriminalpolizei Aargau kontrollierte das Lokal am Donnerstag, 29. August 2019, zwischen 18.55 und ca. 19.30 Uhr. Die zwei Polizeibeamten trafen ca. acht Personen an, welche an Computern vermutlich online spielten. Im Fumoir des Spielsalons trafen sie Glücksspiele wie "Book of Spells" und "Golden Book" auf den Computern an. Diese zwei Glücksspiele wurden während der Kontrolle durchgehend bespielt. Zwischendurch übergaben die Spieler der Bardame mehrfach Bargeld. Diese holte hinter dem Tresen der Kasse helle Gutschriftskarten, mehr als einmal in heller, ev. silberner, Schrift bedruckt mit dem Geldbetrag "50". Sie beobachteten, wie ein Spieler nach Erhalt einer solchen Karte von Hand einen Code freirubbelte (Verfügung der Kantonspolizei Aargau vom 14. September 2019).
C. Daraufhin erliess der Direktor der ESBK am 15. Oktober 2019 den Durchsuchungsbefehl für die Räumlichkeiten der Spielsalon B. GmbH (Strafuntersuchung 62-2019-088). Er verwies darin auf die obenzitierten Polizeiberichte. Die ESBK wisse sodann aus anderen Verfahren, dass "AntePAY"-Karten für die Kreditaufbuchung auf "Solobet" verwendet werden können. Für die ESBK bestand der dringende Verdacht, es könnten rechtswidrig Spielbankenspiele durchgeführt werden (vgl. Art. 130 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über Geldspiele, BGS; SR 935.51).
D. Der Durchsuchungsbefehl wurde am Freitag, 18. Oktober 2019, vollzogen. Die Durchsuchung begann um 16.54 Uhr und endete um 23.43 Uhr. Es nahmen teil drei Personen von der Staatsanwaltschaft Baden, 15 Personen der Kantonspolizei Aargau, fünf Mitarbeiter der ESBK (drei Untersuchungsbeamte, eine Rechtspraktikantin, ein Ingenieur), zwei Mitarbeiter der Comlot sowie eine Amtsperson (aargauisches Amt für Wirtschaft und Arbeit). Die vollziehenden Beamten trafen die Mitarbeiterin A. im Lokal an. Gäste bespielten auf Computern die Internetseite "Solobet10". Gäste sagten auch aus, mit den AntePAY-Karten sei Kredit auf die Internetseite "Solobet10" geladen worden und ein Bitcoin-Automat sei zur Kreditauszahlung verwendet worden (act. 1.10 Protokoll über die Durchsuchung). Die ESBK stellte einen Bitcoin-Automaten sicher. Für zahlreiche Unterlagen und Abrechnungen, welche die ESBK ebenfalls sicherstellte, wurde die Siegelung verlangt. Die ESBK beschlagnahmte im weiteren Geldbeträge: Fr. 12'900.-- aus dem Tresor, Fr. 340.-- aus einem blauen Schrank mit Pokerutensilien sowie Fr. 4'400.-- aus der Kasse bei der Theke (act. 1.11 Beschlagnahmeprotokoll; act. 1.12 Bericht Hausdurchsuchung; act. 1.25 Protokoll über die Versiegelung und Verwahrung).
Schliesslich befragte die ESBK zwei Mitarbeiterinnen und acht Gäste sowie C. und A. Die Einvernahme der beiden letzteren fand auf dem Polizeiposten Baden statt. Dort wurde das Mobiltelefon von A. unter der Asservatennummer U 10260 sichergestellt. A. verlangte die Siegelung ihres Mobiltelefons (act. 1.1 Protokoll über die Versiegelung und Verwahrung).
E. Die ESBK gelangte am 8. November 2019 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts: Sie sei zu ermächtigen, das sichergestellte Mobiltelefon U10260 von A. zu entsiegeln und zu durchsuchen (act. 1 S. 2).
A. persönlich reichte am 23. November 2019 die Gesuchsantwort ein. Sie beantragt, das Entsiegelungsbegehren sei abzuweisen (act. 4). Das Gericht brachte ihre Eingabe am 26. November 2019 der ESBK zur Kenntnis (act. 5).
Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Am 1. Januar 2019 ist das Bundesgesetz über Geldspiele (Geldspielgesetz, BGS; SR 935.51) in Kraft getreten. Nach Art. 134 Abs. 1 BGS ist bei Widerhandlungen im Zusammenhang mit Spielbankenspielen das Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR 313.0) anwendbar. Verfolgende Behörde im Sinne von Art. 20 Abs. 1 VStrR ist wie schon unter altem Recht das Sekretariat der ESBK (Art. 134 Abs. 2, Art. 104 Abs. 5 BGS). Das Sekretariat vertritt die ESBK vor eidgenössischen und kantonalen Gerichten (Art. 104 Abs. 5 BGS).
Die Bestimmungen der Eidgenössischen Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0) sind insoweit ergänzend oder sinngemäss anwendbar, als das VStrR dies ausdrücklich festlegt (vgl. Art. 22, Art. 30 Abs. 2-3, Art. 31 Abs. 2, Art. 41 Abs. 2, Art. 43 Abs. 2 , Art. 58 Abs. 3 , Art. 60 Abs. 2 , Art. 80 Abs. 1 , Art. 82 , Art. 89 und Art. 97 Abs. 1 VStrR). Soweit das VStrR einzelne Fragen nicht abschliessend regelt, sind die Bestimmungen der StPO grundsätzlich analog anwendbar (BGE 139 IV 246 E. 1.2 S. 248, E. 3.2 S. 249; Urteile des Bundesgerichts 1B_210/2017 vom 23. Oktober 2017 E. 1.1; 1B_91/2016 vom 4. August 2016 E. 4.1; zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts 1B_433/2017 vom 21. März 2018 E. 1.1). Die allgemeinen strafprozessualen und verfassungsrechtlichen Grundsätze sind jedenfalls auch im Verwaltungsstrafverfahren zu berücksichtigen (BGE 139 IV 246 E. 1.2 und E. 3.2; vgl. hierzu auch TPF 2016 55 E. 2.3; Beschluss des Bundesstrafgerichts BV.2017.26 vom 6. September 2017 E. 1.2 und E. 1.3).
2.
2.1 Werden im Verwaltungsstrafverfahren Papiere und Datenträger (vgl. hierzu BGE 108 IV 76 E. 1) durchsucht, so ist dem Inhaber derselben wenn immer möglich vor der Durchsuchung Gelegenheit zu geben, sich über deren Inhalt auszusprechen. Erhebt er gegen die Durchsuchung Einsprache, so werden die Papiere vorläufig versiegelt und verwahrt (Art. 50 Abs. 3 VStrR ). Über die Zulässigkeit der Durchsuchung entscheidet die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (Art. 50 Abs. 3 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 VStrR und Art. 37 Abs. 2 lit. b StBOG ). Die betroffene Verwaltungsbehörde hat bei der Stellung von Entsiegelungsgesuchen dem Beschleunigungsgebot ausreichend Rechnung zu tragen (Art. 29 Abs. 1 BV; BGE 139 IV 246 E. 3.2).
2.2 Eine förmliche (Verwirkungs-)Frist zur Einreichung des Entsiegelungsgesuchs analog Art. 248 Abs. 2 StPO ist den Bestimmungen des VStrR nicht zu entnehmen. Erfolgt ein Entsiegelungsgesuch knapp anderthalb Monate nach der Hausdurchsuchung und Siegelung, ist dem Beschleunigungsgebot in Strafsachen genügend Rechnung getragen (Urteil des Bundesgerichts 1B_641/2012 vom 8. Mai 2013 E. 3.3). Die Beschwerdekammer hat auch Fristen von rund zwei Monaten wiederholt als mit dem Beschleunigungsgebot vereinbar angesehen, wobei innerhalb dieser zwei Monate allerdings jeweils noch Abklärungen bezüglich des Festhaltens an der Einsprache bzw. bezüglich des Umfangs der Einsprache erfolgten (siehe die Beschlüsse des Bundesstrafgerichts BE.2018.8 vom 22. November 2018; BE.2013.4 vom 14. Oktober 2014 E. 1.3.3; BE.2013.7 vom 6. November 2013 E. 1.3.3; BE.2013.6 vom 29. Oktober 2013 E. 1.3.3; BE.2013.5 vom 16. Oktober 2013 E. 1.3.3; BE.2018.13 vom 1. Februar 2019 E. 2.3). Sie erkannte aber eine Verletzung des Beschleunigungsgebots in einem Fall, in welchem das Gesuch ohne erkennbaren Grund erst zweieinhalb Monate nach der Hausdurchsuchung und Siegelung erfolgte (Beschluss des Bundestrafgerichts BE.2013.8 vom 5. Dezember 2013 E. 1.4.3).
2.3 Das Entsiegelungsgesuch ist vorliegend formgerecht am 8. November 2019 eingereicht worden, mithin rund 21 Tage nach der Sicherstellung des Mobiltelefons unter der Asservatennummer U10260. Das Entsiegelungsgesuch ist damit nicht verspätet erfolgt. Es liegen sämtliche Eintretensvoraussetzungen vor. Auf das Entsiegelungsgesuch ist folglich einzutreten.
3. Gemäss konstanter Praxis der Beschwerdekammer entscheidet diese bei Entsiegelungsgesuchen, ob die Durchsuchung im Grundsatz zulässig ist, mithin ob die Voraussetzungen für eine Entsiegelung grundsätzlich erfüllt sind. Sofern dies bejaht wird, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob schützenswerte Geheimhaltungsinteressen einer Entsiegelung entgegenstehen ( TPF 2007 96 E. 2).
Daraus folgt, dass auch allgemeine Einwände gegen die Durchsuchung einen Grund zur Siegelung darstellen, mithin die Siegelung auch aus Gründen mangelnden Tatverdachts sowie wegen fehlender Beweisrelevanz verlangt werden kann, sofern es dem Berechtigten im Ergebnis darum geht, die Einsichtnahme der Untersuchungsbehörde in die sichergestellten Unterlagen und deren Verwertung zu verhindern (BGE 140 IV 28 E. 4.3.6; Urteil des Bundesgerichts 1B_117/2012 vom 26. März 2012 E. 3.2 f.).
4.
4.1 Wohnungen und andere Räume sowie unmittelbar zu einem Hause gehörende umfriedete Liegenschaften dürfen nur durchsucht werden, wenn es wahrscheinlich ist, dass sich der Beschuldigte darin verborgen hält oder dass sich Gegenstände oder Vermögenswerte, die der Beschlagnahme unterliegen, oder Spuren der Widerhandlung darin befinden (Art. 48 Abs. 1 VStrR).
Zwangsmassnahmen wie Hausdurchsuchungen und Sicherstellungen können nur ergriffen werden, wenn ein hinreichender Tatverdacht vorliegt (Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO). Im Gegensatz zum erkennenden Sachrichter hat das für die Beurteilung von Zwangsmassnahmen im Vorverfahren zuständige Gericht bei der Überprüfung des hinreichenden Tatverdachtes keine erschöpfende Abwägung sämtlicher belastender und entlastender Beweisergebnisse vorzunehmen. Bestreitet die beschuldigte (oder eine von Zwangsmassnahmen betroffene andere) Person den Tatverdacht, ist vielmehr zu prüfen, ob aufgrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse genügend konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat und eine Beteiligung der beschuldigten Person an dieser Tat vorliegen, die Strafbehörden somit das Bestehen eines hinreichenden Tatverdachts mit vertretbaren Gründen bejahen durften. Hinweise auf eine strafbare Handlung müssen erheblich und konkreter Natur sein, um einen hinreichenden Tatverdacht begründen zu können (BGE 141 IV 87 E. 1.3.1 S. 90; 137 IV 122 E. 3.2 S. 126). Zur Frage des Tatverdachtes bzw. zur Schuldfrage hat das Entsiegelungsgericht weder ein eigentliches Beweisverfahren durchzuführen, noch dem erkennenden Strafrichter vorzugreifen (BGE 137 IV 122 E. 3.2 S. 126 f.; s.a. BGE 143 IV 330 E. 2.1 S. 333; zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts 1B_433/2017 vom 21. März 2018 E. 5.2).
4.2 Die Gesuchsgegnerin moniert, sie sei Angestellte der Spielsalon B. GmbH. Es gehe nicht an, dass die ESBK vorliegend gegen weisungsgebundene Angestellte vorgehe. Was ihr vorgeworfen werde, sei ihr nicht genau bekannt. Offenbar gehe es der ESBK um den Betrieb eines Spielcasinos. Darüber könne nur der Kopf geschüttelt werden. Es liege nur ein kleines Internet-Café vor (act. 4).
4.3 Geldspiele werden im Hinblick auf einen geldwerten Vorteil gegen Leistung eines geldwerten Einsatzes gespielt (Art. 3 lit. a BGS). In Abgrenzung zum Geschicklichkeitsspiel entscheidet der Zufall über den Spielgewinn und nicht überwiegend die Geschicklichkeit (Art. 3 lit. d BGS). Wer Geldspiele durchführen will, braucht eine Bewilligung oder eine Konzession (Art. 4 BGS). Konzessionierte Spielbanken dürfen automatisiert durchgeführte Geldspiele durchführen, gegebenenfalls auch online (Art. 5 Abs. 2 BGS; Art. 4 Abs. 1 lit. b der Verordnung des EJPD vom 7. November 2018 über Spielbanken; Spielbankenverordnung EJPD, SPBV-EJPD; SR 935.511.1 i.V.m. Art. 16 Abs. 2 der Verordnung vom 7. November 2018 über Geldspiele; Geldspielverordnung, VGS; SR 935.511). "Automatisiert durchführen" bedeutet, dass wesentliche Teile des Spielablaufs über elektronische oder mechanische Apparate oder ähnliche Einrichtungen abgewickelt werden (Botschaft vom 21. Oktober 2015 zum Geldspielgesetz, BBl 2015 8387 , 8438). Konkret zählen zu den Spielbankenspielen insbesondere die Tischspiele (Roulette, Black Jack, Poker etc.), die Spielautomatenspiele und die "grossen" Pokerturniere (mit Möglichkeit von hohen Einsätzen und Gewinnen; BBl 2015 8387 , 8407).
Nach Art. 130 Abs. 1 lit. a BGS wird - sofern keine gewerbs- oder bandenmässige Begehung nach Art. 130 Abs. 2 BGS vorliegt - mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer vorsätzlich ohne die dafür nötigen Konzessionen oder Bewilligungen Spielbankenspiele durchführt, organisiert oder zur Verfügung stellt ( BBl 2015 8387 , 8498 f).
4.4 Gäste im Spielsalon B. GmbH sagten der ESBK anlässlich der Hausdurchsuchung aus: "Heute habe ich Glücksspiel gespielt. Es sind zwei oder drei unterschiedliche Spiele gewesen. (...) Mit der Karte lädt man Guthaben auf der Webseite "Solobet" auf. Dann kann man Fussball-Wetten abschliessen oder Casino-Spiele spielen" (act. 1.17 S. 3). Auf die Frage, wofür AntePAY-Karten verwendet werden können: "Wenn du das gekauft hast, kannst du Casinospiele, Poker, Roulette, Black Jack, Sportwetten (..). Ich kann nichts damit einkaufen, das ist nur für Glücksspiele." Der Gast sagte weiter aus, es habe auf der Website Solobet Casinospiele, bei denen man bis zu 20 Franken Einsatz machen könne (act. 1.21 S. 5). "Ich persönlich brauche sie um zu wetten und um Casino-Spiele zu spielen." Was muss man tun, um diese AntePAY-Karten benutzen zu können? "Man kauft die Karte, geht auf Solobet, gibt Karten Nr. und PIN der Karte ein und kriegt Guthaben, um zu spielen" (act. 1.17 S. 5; vgl. auch act. 1.6 S. 5). Die Strafverfolgungsbehörden beobachteten anlässlich verschiedener Besuche, wie an (gut frequentierten) Computern gespielt wurde. Sie nahmen wahr, wie Spieler der Bardame Geld gaben, diese Gutschriftskarten der Marke "AntePAY" hinter dem Tresen der Kasse hervorholte und der Spieler bei einer solchen Karte von Hand einen Code freirubbelte. Am Bitcoin-Automaten habe man sich Kredite auszahlen lassen können (vgl. obige Erwägungen A, B und D).
4.5 Das durchsuchte Lokal verkaufte AntePAY-Karten. Diese erlauben, Spielgeld auf Glückspielseiten, insbesondere Solobet und ihre Klone, aufzuschalten. Die Aussagen der Gäste und Wahrnehmungen der Strafverfolgungsbehörden begründen den Verdacht, dass im durchsuchten Lokal auf Computern automatisiert durchgeführte Geldspiele ermöglicht wurden. Der Verdacht, es könnte eine Straftat nach Art. 130 Abs. 1 lit. a BGS vorliegen, ist hinreichend belegt. Die Einwendung der Gesuchsgegnerin, es handle sich beim Lokal nur um ein kleines Internet-Café, überzeugt nicht. Dagegen spricht auf ersten Blick schon der selbst gewählte Auftritt unter der Firma "Spielsalon B. GmbH". Deren Gesellschaftszweck ist gemäss Handelsregister der "Betrieb eines oder mehrerer Spielsalons"; ein Internet-Café wird darin nicht erwähnt. Weiter bezahlten die Kunden nicht für eine gewisse Zeit des Internetzugangs wie bei einem Internet-Café; vielmehr schalteten sie selbst damit auf einer Webseite Spielguthaben von im Lokal verkauften AntePAY-Karten auf.
Besteht so ein hinreichender Tatverdacht eines Verstosses gegen Art. 130 Abs. 1 lit. a BGS, waren die Hausdurchsuchung und Sicherstellungen der ESBK vorliegend zulässig. Ob gegen die Gesuchsgegnerin selbst ein Tatverdacht bestehe, ist vorliegend nicht ausschlaggebend. In Strafverfahren können auch bei Dritten potenzielle Beweismittel sichergestellt und später gegebenenfalls entsiegelt werden. Dies ist nunmehr zu prüfen.
5.
5.1 Papiere sind mit grösster Schonung der Privatgeheimnisse zu durchsuchen. Insbesondere sollen Papiere nur dann durchsucht werden, wenn anzunehmen ist, dass sich Schriften darunter befinden, die für die Untersuchung von Bedeutung sind (Art. 50 Abs. 1 VStrR ).
Stellt die Verwaltungsstrafbehörde beim zuständigen Entsiegelungsgericht den Antrag, die versiegelten Unterlagen seien zu entsiegeln, prüft das Entsiegelungsgericht im Untersuchungsverfahren, ob die Geheimnisschutzinteressen (oder andere gesetzliche Entsiegelungshindernisse), welche vom Inhaber oder der Inhaberin der versiegelten Aufzeichnungen und Gegenstände angerufen werden, einer Durchsuchung seitens der Verwaltungsstrafbehörde entgegenstehen (Art. 50 Abs. 2 -3 VStrR; Art. 248 Abs. 1 und Abs. 3 StPO ; BGE 145 IV 273 E. 3.3; 141 IV 77 E. 4.1 S. 81; 137 IV 189 E. 4 S. 194 f.; Urteile des Bundesgerichts 1B_210/2017 vom 23. Oktober 2017 E. 3.4; 1B_433/2017 vom 21. März 2018 E. 3.3; zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts 1B_433/2017 vom 21. März 2018 E. 4.14). Die Untersuchungsbehörden müssen hierbei jedoch im Rahmen des Entsiegelungsgesuchs noch nicht darlegen, inwiefern ein konkreter Sachzusammenhang zwischen den Ermittlungen und einzelnen noch versiegelten Dokumenten besteht. Es genügt, wenn sie aufzeigen, inwiefern die versiegelten Unterlagen grundsätzlich verfahrenserheblich sind (sog. "potenzielle Erheblichkeit", vgl. BGE 132 IV 63 E. 4.4; Urteile des Bundesgerichts 1B_336/2018 vom 8. November 2018 E. 4.3; 1B_433/2017 vom 21. März 2018 E. 4.14).
Nach der bundesgerichtlichen Praxis trifft den Inhaber von zu Durchsuchungszwecken sichergestellten Aufzeichnungen und Gegenständen, der ein Siegelungsbegehren gestellt hat, im Entsiegelungsverfahren die prozessuale Obliegenheit, allfällige Geheimhaltungsinteressen bzw. Entsiegelungshindernisse (im Sinne von Art. 248 Abs. 1 StPO) ausreichend zu substanziieren. Tangierte Geheimnisinteressen sind wenigstens kurz zu umschreiben und glaubhaft zu machen. Auch sind - besonders bei sehr umfangreichen Unterlagen oder elektronischen Dateien - diejenigen Aufzeichnungen und Dateien zu benennen, die dem Geheimnisschutz unterliegen. Dabei ist der Betroffene nicht gezwungen, die angerufenen Geheimnisrechte bereits inhaltlich offenzulegen. Kommt der Betroffene seiner Mitwirkungs- und Substanziierungsobliegenheit im Entsiegelungsverfahren nicht nach, ist das Entsiegelungsgericht nicht gehalten, von Amtes wegen nach allfälligen materiellen Durchsuchungshindernissen zu forschen. (BGE 142 IV 207 E. 7.1.5 S. 211, E. 11 S. 228; 141 IV 77 E. 4.3 S. 81, E. 5.5.3 S. 86, E. 5.6 S. 87; 138 IV 225 E. 7.1 S. 229; 137 IV 189 E. 4.2 S. 195, E. 5.3.3 S. 199; Pra 2017 Nr. 24 S. 215 ff. E. 7.3; Urteil des Bundesgerichts 1B_394/2017 vom 17. Januar 2018, nicht in BGE 144 IV 74 publ. E. 6.1; s.a. BGE 143 IV 462 E. 2.3 S. 468 f.).
5.2 Die Gesuchsgegnerin führt aus, ihr privates Telefon, bzw. was darauf enthalten sei, gehöre nicht in ein Verfahren der vorliegenden Art. Sie sei nicht bereit, ihre Privatsphäre offenzulegen, wo das Strafverfahren doch andere betreffe. Den Anträgen der ESBK stattzugeben hiesse, Datenschutz und Persönlichkeitsrechte über Bord zu werfen (act. 4 S. 2).
5.3 Die Gesuchsgegnerin trug ihr Mobiltelefon (U10260) mit an den Arbeitsplatz. Sie hatte zur Zeit der behördlichen Intervention im Lokal die alleinige Aufsicht und Verantwortung (act. 1.12 S. 1 f. Bericht Hausdurchsuchung). Ein Gast antwortete auf die Frage "Bei wem haben Sie die [AntePAY-] Karte gekauft?" mit "Bei der Frau mit der Brille", während er auf die Gesuchsgegnerin zeigte. Die ESBK legt dar, von Mobiltelefonen könne ein Zugriff auf die Spielcomputer möglich sein. Während der Hausdurchsuchung brachen in der Tat sämtliche Sitzungen auf den Computern gleichzeitig ab (act. 1.12 S. 2). Damit wurden die geladenen Webseiten - inkl. allfälliger Sitzungen mit Log-ins der Gäste in Guthabenkonten auf den Spieleseiten - geschlossen. Die ESBK erhofft sich von der Durchsuchung des Mobiltelefons auch Aufschlüsse über weitere involvierte Personen. Bei der Sichtung des Mobiltelefons einer anderen Angestellten sei eine Chatgruppe für die Spielsalon B. GmbH gefunden worden (act. 1.12 S. 2). Da die Gesuchsgegnerin schon länger im Lokal arbeite, seien von ihrem Gerät zusätzliche verfahrensrelevante Informationen zu den Abläufen im Spielsalon zu erwarten. Mit dem Gesagten ist dargetan, dass das Mobiltelefon der Gesuchsgegnerin untersuchungsrelevant ist. Dessen Durchsuchung und damit eine Entsiegelung ist grundsätzlich verhältnismässig.
Die Gesuchsgegnerin legt nicht dar, welche konkreten rechtlich geschützten Privatgeheimnisse hier einer Entsiegelung entgegenstehen könnten. Sie ruft lediglich allgemein den Schutz ihrer Privatsphäre an. Jede durch einen richterlichen Entsiegelungsentscheid bewilligte Durchsuchung von privaten Schriftstücken, Aufzeichnungen und Datenträgern tangiert den betroffenen Inhaber zwangsläufig in den Grundrechten, wie etwa dem Anspruch auf Privatsphäre. Die Gesuchsgegnerin benannte nicht diejenigen Daten, die dem Geheimnisschutz unterlägen und kam damit ihrer Mitwirkungspflicht nicht nach. Das Entsiegelungsgericht ist nicht gehalten, von Amtes wegen nach allfälligen materiellen Durchsuchungshindernissen zu forschen. Es kann auch nicht anstelle der Gesuchsgegnerin Daten auffinden, bei welchen das Geheimhaltungsinteresse für die Gesuchsgegnerin gegenüber den Interessen der Strafverfolgung überwiegt. Die Gesuchsgegnerin hat nicht genügend skizziert, dass ein gesetzliches Entsiegelungshindernis bestehe. Damit steht der Entsiegelung und Durchsuchung des Mobiltelefons durch die ESBK nichts entgegen.
5.4 Das Entsiegelungsgesuch ist somit gutzuheissen und die ESBK ist zu ermächtigen, das versiegelte Mobiltelefon U10260 zu entsiegeln und zu durchsuchen.
6. Art. 25 Abs. 4 VStrR bestimmt, dass Verfahren vor der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts kostenpflichtig sind. Art. 25 Abs. 4 VStrR verweist im Übrigen auf Art. 73 StBOG . Dieser Artikel enthält u.a. eine Delegationsnorm für die Berechnung der Verfahrenskosten (Art. 73 Abs. 1 lit. a StBOG ) sowie Grundsätze für die Gebührenbemessung (Art. 73 Abs. 2 StBOG ) und führt für die Kosten das Reglement des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren (BStKR; SR 173.713.162) an. Einerseits zog das Bundesstrafgericht in verwaltungsrechtlichen Beschwerdeverfahren für die Kostenverteilung zwischen den Parteien Art. 66 Abs. 1 BGG analog heran ( TPF 2011 25 E. 3, vgl. aber BGE 131 II 562 E. 3.4). Bei Gerichtskosten greifen das Kostendeckungs- und das Äquivalenzprinzip nicht (BGE 143 I 227 E. 4.3.1, 4.2.3; anders BGE 141 I 105 E. 3.3.2); Gerichtskosten werden indes in Anlehnung an das Verursacherprinzip in der Regel nach Obsiegen/Unterliegen verteilt (Beschluss des Bundesstrafgerichts BE.2013.16 vom 27. Februar 2014 E. 7; vgl. BGE 138 IV 225 E. 8.1 bis 8.2 zur Situation unter der StPO).
Bei vorliegendem Ausgang des Verfahrens hat die Gesuchsgegnerin als unterliegende Partei die Gerichtskosten zu tragen (vgl. Art. 25 Abs. 4 VStrR ). Die Gerichtsgebühr ist in Anwendung von Art. 5 und 8 BStKR auf Fr. 2'000.-- festzusetzen und der Gesuchsgegnerin aufzuerlegen.
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Das Gesuch um Entsiegelung wird gutgeheissen.
2. Die Gesuchstellerin wird ermächtigt, das sichergestellte Mobiltelefon zu entsiegeln und zu durchsuchen.
3. Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Gesuchsgegnerin auferlegt.
Bellinzona, 20. Dezember 2019
Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber :
Zustellung an
- Eidgenössische Spielbankenkommission
- A.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen Entscheide der Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden (Art. 79 und 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 BGG ; SR 173.110). Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 90 ff. BGG.
Eine Beschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Entscheides nur, wenn der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin es anordnet (Art. 103 BGG).
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