Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts
Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Strafkammer |
Fallnummer: | SK.2018.26 |
Datum: | 09.08.2018 |
Leitsatz/Stichwort: | Ausnützen der Kenntnis vertraulicher Tatsachen (Art. 161 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB). Mehrfache Widerhandlung gegen das Revisionsaufsichtsgesetz (Art. 40 Abs. 1 lit. b aRAG). |
Schlagwörter | Beschuldigte; Richt; Bundes; Beschuldigten; Apos;; Aktie; Übernahme; Aktien; Insider; Sache; Revision; Recht; Tatsache; Verwaltung; Gericht; Bundesanwaltschaft; Revisor; Verfahren; Protokoll; Urteil; Widerhandlung; Geldstrafe; Effekten; Aufforderung; Verfahren; Tatsachen; Bezug; äter |
Rechtsgrundlagen des Urteils: | Art. 1 StPO ;Art. 1 VwVG ;Art. 10 StGB ;Art. 100 BGG ;Art. 11 StPO ;Art. 13 VwVG ;Art. 130 StPO ;Art. 16 StGB ;Art. 161 StGB ;Art. 19 StPO ;Art. 2 StGB ;Art. 2 StPO ;Art. 23 StPO ;Art. 26 StPO ;Art. 3 BV ;Art. 3 StGB ;Art. 30 StGB ;Art. 333 StGB ;Art. 34 StGB ;Art. 38 StGB ;Art. 393 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 4 StGB ;Art. 42 StGB ;Art. 42 StPO ;Art. 422 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 429 StPO ;Art. 44 StGB ;Art. 47 StGB ;Art. 48 StGB ;Art. 49 StGB ;Art. 6 EMRK ;Art. 63 StGB ;Art. 70 StGB ;Art. 71 StGB ;Art. 82 StPO ;Art. 9 BGG ;Art. 95 BGG ;Art. 97 BGG ;Art. 97 StGB ; |
Referenz BGE: | 118 IV 342; 118 Ib 448; 123 IV 84; 128 II 142; 128 IV 97; 131 IV 83; 132 IV 1; 134 IV 1; 134 IV 60; 134 IV 82; 135 IV 130; 135 IV 188; 136 IV 1; 136 IV 55; 136 IV 5; 137 IV 249; 140 IV 145; 142 IV 207; ; |
Kommentar: | Peter, Basler Kommentar 3. Aufl., Art. 161 StGB, 2013 |
Entscheid des Bundesstrafgerichts
Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: SK.2018.26 |
Urteil vom 9. August 2018 | ||
Besetzung | Bundesstrafrichter Stefan Heimgartner, Einzelrichter Gerichtsschreiber David Heeb | |
Parteien | Bundesanwaltschaft , vertreten durch Cédric Remund, Staatsanwalt des Bundes, | |
gegen | ||
A., | ||
Gegenstand | Mehrfaches Ausnützen der Kenntnis vertraulicher Tatsachen (aStGB), mehrfache Widerhandlung gegen das Revisionsaufsichtsgesetz (aRAG) |
Anträge der Bundesanwaltschaft:
1. A. sei schuldig zu sprechen wegen Widerhandlung gegen Art. 40 Abs. 1 aRAG , mehrfach vorsätzlich begangen in der Zeit vom 30. August 2013 bis 30. Januar 2014 in Frauenfeld oder anderswo in der Schweiz.
2. A. sei schuldig zu sprechen wegen Ausnützens der Kenntnis vertraulicher Tatsachen als Primärinsider gemäss Art. 161 Ziff. 1 aStGB, mehrfach vorsätzlich begangen in der Zeit vom 20. bis 23. September 2011 in Zürich, Frauenfeld, Basel oder anderswo in der Schweiz.
3. A. sei mit einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je Fr. 650.--, entsprechend Fr. 117'000.-- zu bestrafen. Der Vollzug der Geldstrafe sei aufzuschieben, bei einer Probezeit von 2 Jahren.
4. A. sei mit einer Busse von Fr. 7'000.-- zu bestrafen, bei schuldhaftem Nichtbezahlen ersatzweise mit einer Freiheitsstrafe von 70 Tagen.
5. A. sei zu verurteilen, der Schweizerischen Eidgenossenschaft eine Ersatzforderung von Fr. 29'073.20 als unrechtmässigen Vermögensvorteil zu bezahlen.
6. Die Untersuchungskosten von Fr. 22'000.-- zuzüglich Fr. 4'000.-- Aufwand der Bundesanwaltschaft für das Hauptverfahren, sowie die Gerichtskosten seien vollständig A. zur Bezahlung aufzuerlegen.
7. Es seien weder Entschädigung noch Genugtuung auszusprechen.
8. Für den Vollzug der Strafen sei der Kanton Thurgau zuständig zu erklären.
Anträge des Beschuldigten:
1. Der Beschuldigte sei vom Vorwurf der mehrfachen Widerhandlung gegen das aRAG sowie des mehrfachen Ausnützens der Kenntnis vertraulicher Tatsachen freizusprechen.
2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Staates.
Sachverhalt:
A. Am 30. Januar 2014 erstattete die Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde bei der Staatsanwaltschaft Frauenfeld Strafanzeige gegen A. (nachfolgend: Beschuldigter) wegen Widerhandlung gegen das Revisionsaufsichtsgesetz (Art. 40 aRAG) und Ausnützens der Kenntnis vertraulicher Tatsachen (Art. 161 aStGB [BA SV.0227 pag. 5.101.1-4]). Der Beschuldigte stand im Verdacht, als Mitglied der Geschäftsleitung der B. AG und Revisor vertrauliche Informationen bezüglich Effekten von Unternehmen, welche die B. AG als Revisionsstelle hatten, ausgenützt zu haben. Dieser Verdacht erhärtete sich im Laufe der Untersuchung unter anderem in Bezug auf Effekten der Bank C.. Der Beschuldigte wurde verdächtigt, am 2., 20. und 22. September 2011 mehrfach Namenaktien der Bank C. erworben und dabei Insiderinformationen ausgenützt zu haben. Ausserdem habe der Beschuldigte als Geschäftsleitungsmitglied der B. AG und in seiner Funktion als Revisionsexperte trotz Aufforderung der RAB vom 30. August 2013 sowie mit Schreiben vom 17. Oktober 2013 mehrmals verschiedene verlangte Auskünfte/Unterlagen nicht bzw. nicht vollständig erteilt bzw. übermittelt.
B. Am 24. Februar 2014 ersuchte die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau die Bundesanwaltschaft um Verfahrensübernahme (BA pag. 2.100.1-2). Mit Verfügung vom 5. März 2014 vereinigte die Bundesanwaltschaft das Verfahren in Bezug auf alle erwähnten Tatbestände gestützt auf Art. 26 Abs. 2 StPO in der Hand der Bundesbehörden (BA pag. 2.100-5 f.).
C. Am 5. März 2014 eröffnete die Bundesanwaltschaft eine Strafuntersuchung gegen den Beschuldigten wegen Widerhandlung gegen das Revisionsaufsichtsgesetz (RAG) sowie Widerhandlung gegen Art. 40 BEHG bzw. Art. 161 aStGB (BA pag. 1.100-1 f.).
D. Von 2014 bis 2017 holte die Bundesanwaltschaft bei verschiedenen Banken und anderen Dritten verschiedene Unterlagen ein. Insbesondere erfolgten Editionen bei Bank C., Bank H., I. AG, Bank J., Bank K., Bank L., Bank M., Bank N., Bank O., Bank D., BankP., B. AG, Q. AG sowie bei der R. AG (BA pag. 7.101.1, -7.203.16).
E. Am 19. März 2018 erliess die Bundesanwaltschaft gegen den Beschuldigten einen Strafbefehl wegen Widerhandlung gegen das Revisionsaufsichtsgesetz gemäss Art. 40 Abs. 1 aRAG und mehrfachen Ausnützens der Kenntnis vertraulicher Tatsachen als Primärinsider gemäss Art. 161 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je Fr. 650.--, bedingt erlassen auf eine Probezeit von 2 Jahren und zu einer Busse von Fr. 7'000.-- (BA pag. 3.0.15-28). Der damalige Verteidiger von A. erhob hierauf am 29. März 2018 form- und fristgerecht Einsprache (BA pag. 3.0-29).
F. Mit Schreiben vom 9. bzw. 19. April 2018 erteilte die Bundesanwaltschaft dem damaligen Verteidiger erneut Akteneinsicht und gewährte ihm eine Frist zur Stellung allfälliger Beweisergänzungsanträge bis 11. Mai 2018 (BA pag. 16.1-76 f.; 16.1-84).
G. Mit Schreiben vom 11. Mai 2018 beantragte der damalige Verteidiger verschiedene Beweisanträge, welche mit Verfügung vom 22. Mai 2018 teilweise gutgeheissen wurden (BA pag. 16.1-88, -107; 16.1.110, -117).
H. Mit Verfügung der Bundesanwaltschaft vom 22. Mai 2018 wurde die Strafverfolgung gegen den Beschuldigten in Bezug auf die Effekten-Transaktionen vom 2. September 2011 eingestellt (BA pag. 3.0-34, -37).
I. Mit Anklageschrift vom 22. Mai 2018 erhob die Bundesanwaltschaft bei der Strafkammer des Bundesstrafgerichts Anklage gegen den Beschuldigten wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das Revisionsaufsichtsgesetz gemäss Art. 40 Abs. 1 aRAG und mehrfachen Ausnützens der Kenntnis vertraulicher Tatsachen als Primärinsider gemäss Art. 161 Ziff. 1 aStGB (TPF pag. 50.100.1, -10). Im Begleitschreiben zur Anklageschrift vom 22. Mai 2018 wies die Bundesanwaltschaft auf die drohende Verjährung hin (TPF pag. 50.100.011 f.).
J. Das Bundesstrafgericht eröffnete am Eingangstag der Anklageschrift vom 24. Mai 2018 das Verfahren unter der Geschäftsnummer SK.2018.26 (TPF pag. 50.120.1 f.).
K. Mit Schreiben vom 24. Mai 2018 wurden die Parteien ersucht, unter anderem den 25. Juli 2018 (Reservetag 26. Juli 2018) als möglichen Termin für die Hauptverhandlung zu reservieren. Den Parteien wurde Gelegenheit gegeben, allfällige zwingende Verhinderungsgründe dem Gericht mit schriftlicher Begründung und Belegen bis 5. Juni 2018 mitzuteilen (TPF pag. 50.310.1 f.). Die Parteien erhoben keine Einwände. Mit prozessleitender Verfügung vom 6. Juni 2018 wurde den Partien mitgeteilt, dass die Hauptverhandlung am 25. Juli 2018 (Reservetag 26. Juli 2018) stattfinden wird (TPF pag. 50.310.4).
L. Im Rahmen der Prozessvorbereitung holte der Einzelrichter die erforderlichen Beweismittel zu den persönlichen und finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten ein (Auszug aus dem Schweizerischen Strafregister vom 19. Juni 2018 [TPF pag. 50.231.1.2], Auszug aus dem Betreibungsregister des Betreibungsamtes des Bezirks Frauenfeld [TPF pag. 50.231.3.2], letzte Steuerunterlagen bzw. Veranlagungsverfügung des Steueramtes der Stadt Frauenfeld für das Steuerjahr 2014 [TPF pag. 50.231.2.3,-6]).
M. Mit Verfügung vom 19. Juni 2018 entschied der Einzelrichter über Beweismassnahmen. Er zog unter anderem die Akten Nr. B-1171/2014 des Bundesverwaltungsgerichts bei (TPF pag. 50.250.3, -7; 50.262.1.1).
N. Mit Schreiben vom 12. Juli 2018 teilte der Verteidiger mit, dass er den Beschuldigten nicht mehr vertrete (TPF pag. 50.521.30).
O. Mit Schreiben des Einzelrichters vom 12. Juli 2018 wurde der Beschuldigte aufgefordert, bis zum 17. Juli 2018 einen Verteidiger bzw. eine Verteidigerin zu ernennen und die entsprechende Vollmacht einzureichen, ansonsten sich das Gericht vorbehalten würde, allenfalls selbst einen Verteidiger bzw. eine Verteidigerin zu bestimmen (TPF pag. 50.400.4). Der Beschuldigte liess die Frist unbenutzt verstreichen.
P. Die Hauptverhandlung fand am 25. Juli 2018 in Anwesenheit des Beschuldigten vor dem Einzelrichter der Strafkammer am Sitz des Bundesstrafgerichts in Bellinzona statt (TPF pag. 50.720.1, -12). Die Bundesanwaltschaft liess sich am 23. Juli 2018 vernehmen bzw. stellte Anträge (TPF pag. 50.510.21 f.), doch verzichtete sie auf eine Teilnahme an der Hauptverhandlung (TPF pag. 50.510.19 f.). Das Urteil des Einzelrichters der Strafkammer wurde am 9. August 2018 in Anwesenheit des Beschuldigten mündlich eröffnet und begründet (TPF pag. 50.930.1, -3). Die Bundesanwaltschaft verzichtete wiederum auf eine Teilnahme.
Q. Der Beschuldigte hat innert gesetzlicher Frist die schriftliche Begründung des Urteils verlangt (Art. 82 Abs. 2 lit. a StPO).
Der Einzelrichter erwägt:
1. Prozessuales
1.1 Anwendbares Recht
1.1.1 Die dem Beschuldigten vorgeworfenen Taten wegen Ausnützens der Kenntnis vertraulicher Tatsachen haben sich vor der am 1. Mai 2013 in Kraft getretenen Gesetzesrevision ( AS 2013 1103 ), durch welche das Insiderdelikt von Art. 161 aStGB in Art. 40 aBEHG überführt wurde, ereignet. Per 1. Januar 2016 wurde das betreffende Delikt mit marginalen Änderungen in Art. 154 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 2015 über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (Finanzmarktinfrastrukturgesetz, FinfraG; SR 958.1) transferiert ( AS 2015 5339 ). Aufgrund des strafrechtlichen Rückwirkungsverbots gilt grundsätzlich das zur Tatzeit geltende Recht, es sei denn, das neue Recht ist im konkreten Fall für den Täter das mildere (Art. 2 Abs. 2 StGB; vgl. BGE 134 IV 82 E. 6.3.2). Letzteres ist hier nicht der Fall. Auf die inkriminierten Taten von 2011 kommt nach der anwendbaren konkreten Methode als lex mitior im Sinne von Art. 2 Abs. 2 StGB das zur Tatzeit geltende Recht, mithin Art. 161 Ziff. 1 aStGB , zur Anwendung, da die Anforderungen an den Quellennachweis und die Art des Informationserhalts nach Art. 161 aStGB restriktiver sind als nach Art. 154 FinfraG.
1.1.2 In Bezug auf die vorgeworfenen Widerhandlungen gegen das Revisionsaufsichtsgesetz sah der zur Tatzeit geltende Straftatbestand von Art. 40 Abs. 1 lit b aRAG eine Strafandrohung von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Die heute geltende Fassung von Art. 40 Abs. 1 lit. b RAG sieht die gleiche Strafandrohung vor. Folglich kommt vorliegend das zur Tatzeit geltende Recht (aRAG) zur Anwendung.
1.2 Zuständigkeit
1.2.1 Nach Art. 22 StPO obliegt die Verfolgung und Beurteilung strafbarer Handlungen grundsätzlich den Kantonen, soweit sie nicht der Bundesgerichtsbarkeit unterstehen. Ist in einer Strafsache sowohl Bundes- als auch kantonale Zuständigkeit gegeben, kann der Staatsanwalt des Bundes die Vereinigung der Verfahren in der Hand der Bundesbehörden oder der kantonalen Behörden anordnen (Art. 26 Abs. 2 StPO).
Straftaten nach Art. 161 aStGB waren unter kantonaler Gerichtsbarkeit zu verfolgen und zu beurteilen. Mit der vorstehend erwähnten Gesetzesrevision (E. 1.1.1.) wurde die Verfolgung und Beurteilung von Insiderdelikten per 1. Mai 2013 in die Bundeszuständigkeit überführt (Art. 44 aBEHG i.V.m. Art. 23 Abs. 2 StPO). Diese Zuständigkeit wurde auch mit Inkrafttreten des FinfraG beibehalten (156 Abs. 1 FinfraG i.V.m. Art. 23 Abs. 2 StPO). Da es sich bei der entsprechenden Gerichtsstandsbestimmung im aBEHG bzw. neu im FinfraG um ein sog. Zeitgesetz handelt, ist die neu definierte Instanz bzw. das Bundesstrafgericht auch für die Beurteilung dieses altrechtlichen Insiderdelikts zuständig.
Gemäss Art. 40 Abs. 3 aRAG unterstehen Widerhandlungen gegen das Revisionsaufsichtsgesetz der kantonalen Gerichtsbarkeit. Soweit dieser in kantonale Kompetenz fallende Tatbestand zur Anklage gelangt, ist die Verfolgung und Beurteilung von der Bundesanwaltschaft rechtsgültig in Bundeskompetenz überführt worden (Lit. B).
Die Bundesgerichtsbarkeit ist demnach gegeben.
1.2.2 Die Kompetenz des Einzelrichters der Strafkammer des Bundesstrafgerichts ergibt sich aus Art. 19 Abs. 2 lit. b StPO i.V.m. Art. 36 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Organisation der Strafbehörden des Bundes vom 19. März 2010 (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG; SR 173.71).
1.3 Verteidigung
1.3.1 Mit Schreiben vom 24. Mai 2018 wurde dem Beschuldigten der Termin für die Hauptverhandlung vom 25. Juli 2018 bekannt gegeben (TPF pag. 50.250.1 f.). Am 12. Juli 2018 teilte Rechtsanwalt S. mit, dass er den Beschuldigten nicht mehr vertrete (TPF pag. 50.521.30; Lit. N.). Das Gericht hat dem Beschuldigten gleichentags mitgeteilt, dass er innert Frist eine neue erbetene Verteidigung benennen soll, wenn er das wünsche (TPF pag. 50.400.4). Der Beschuldigte liess die Frist unbenutzt verstreichen. Mit Schreiben vom 23. Juli 2018 verzichtete die Bundesanwaltschaft auf eine Teilnahme an der Hauptverhandlung (TPF pag. 50.510.19 f.). Mit Eingabe vom 24. Juli 2018, eingegangen beim Gericht am Hauptverhandlungstag vom 25. Juli 2018, ersuchte der Beschuldigte um Fristerstreckung zur Ernennung eines neuen erbetenen Verteidigers (TPF pag. 50.521.31). Der Einzelrichter wies den Antrag in der Hauptverhandlung ab (TPF pag. 50.720.003).
1.3.2 Gemäss Art. 130 lit. d StPO muss die beschuldigte Person verteidigt werden, wenn die Staatsanwaltschaft vor dem erstinstanzlichen Gericht oder dem Berufungsgericht persönlich auftritt (sog. notwendige Verteidigung). Die beschuldigte Person muss ausserdem verteidigt werden, wenn sie wegen ihres körperlichen oder geistigen Zustandes oder aus anderen Gründen ihre Verfahrensinteressen nicht ausreichend wahren kann und die gesetzliche Vertretung dazu nicht in der Lage ist (Art. 130 lit. c StPO ). Anderweitige Gründe für eine notwendige Verteidigung liegen a priori vor.
1.3.3 Obschon der bisherige Verteidiger des Beschuldigten relativ kurz vor der Hauptverhandlung dem Gericht mitgeteilt hat, dass das Mandatsverhältnis beendet sei, konnte das Gericht die Hauptverhandlung ohne anwaltliche Verteidigung des Beschuldigten durchführen. Da die Bundesanwaltschaft auf eine Teilnahme an der Hauptverhandlung verzichtet hat, liegt kein Fall von notwendiger Verteidigung gemäss Art. 130 lit. d StPO vor. Es oblag dem Beschuldigten für den Verhandlungstermin, der ihm seit langem bekannt war, den Beizug einer gewünschten Verteidigung sicherzustellen. Ausserdem ist der Fall nicht derart komplex, dass für den Beschuldigten mit seiner grossen Sachkunde im Bereich Aktienhandel und Revision (vgl. E. 5.3.5.1) in casu eine Verteidigung zur Wahrung der Interessen (Art. 130 lit. c StPO ) zwingend geboten wäre. Hinzu kommt, dass dem Beschuldigten die Vorwürfe seit längerer Zeit bekannt sind und er diese mehrmals mit seinem ehemaligen Verteidiger besprochen hatte.
1.4 Verjährung
Der Vorwurf des mehrfachen Ausnützens der Kenntnis vertraulicher Tatsachen bezieht sich auf die Aktienkäufe vom 20. und 22. September 2011. Zur Tatzeit sah der Tatbestand des Ausnützens der Kenntnis vertraulicher Tatsachen durch den sog. Primärinsider (Art. 161 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB ) dieselbe Strafandrohung vor wie in der heutigen Fassung von Art. 154 Abs. 1 FinfraG (Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe).
Unter dem zur Tatzeit geltenden Recht verjährte die Tat nach Art. 161 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB (sog. Primärinsider) in 7 Jahren (Art. 97 Abs. 1 lit. c aStGB ), nach heutigem Recht in 10 Jahren (Art. 97 Abs. 1 lit. c StGB).
Gemäss Art. 389 StGB (welcher das Prinzip der sog. lex mitior in Bezug auf die Verjährung statuiert) ist das alte bzw. das zur Tatzeit geltende Verjährungsrecht anwendbar, wenn es milder ist als das neue Recht. Somit ist für die vorgeworfenen Straftaten des mehrfachen Ausnützens der Kenntnis vertraulicher Tatsachen die altrechtliche siebenjährige Verjährungsfrist anzuwenden. Die Verfolgungsverjährung betreffend die Insiderdelikte gemäss Art. 161 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB tritt somit am 22. September 2018 ein. Die Verfolgungsverjährung ist damit noch nicht eingetreten.
Die mutmasslichen mehrfachen Widerhandlungen gegen das Revisionsaufsichtsgesetz fanden in der Zeit vom 30. August 2013 bis 30. Januar 2014 statt. Die Frage der Verjährung gibt diesbezüglich zu keinen Bemerkungen Anlass.
1.5 Verbot der doppelten Strafverfolgung (ne bis in idem")
1.5.1 Der Beschuldigte macht im Zusammenhang mit der vorgeworfenen Widerhandlung gegen das Revisionsaufsichtsgesetz geltend, dass dieser Sachverhalt im Verwaltungsverfahren vor Bundesverwaltungsgericht mittels Vergleichs mit der Revisionsaufsichtsbehörde (nachfolgend: RAB) abgeschossen worden sei (TPF pag. 50.720.8). Dieser Sachverhalt könne daher nicht Gegenstand des Strafverfahrens sein (TPF pag. 50.720.8).
1.5.2 Gemäss Art. 11 Abs. 1 StPO darf wegen der gleichen Straftat nicht erneut verfolgt werden, wer in der Schweiz rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist. Art. 11 StPO verbietet die doppelte Strafverfolgung; ebenso Art. 4 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK ( SR 0.101.07) und Art. 14 Abs. 7 UNO-Pakt II ( SR 0.103.2) (Urteil des Bundesgerichts 1B_56/2017 vom 8. März 2017 E. 2.1). Das Verbot der doppelten Strafverfolgung stellt ein Verfahrenshindernis dar, das in jedem Verfahrensstadium von Amtes wegen zu berücksichtigen ist ( Tag, in: Niggli/Heer/ Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 11 StPO N. 6; Urteil des Bundesgerichts 1B_56/2017 vom 8. März 2017 E. 2.1).
1.5.3 Mit Entscheid B-1171/2014 des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. März 2015 wurde das Beschwerdeverfahren zwischen dem Beschuldigten und der RAB zufolge gerichtlichen Vergleichs als gegenstandslos abgeschrieben (Ziff. 1 des Dispositivs). Im Verwaltungsverfahren vor Bundesverwaltungsgericht ging es um ein rein administrativrechtliches und nicht um ein Verwaltungsstrafverfahren bzw. eine strafrechtliche Sanktionierung. Der Grundsatz ne bis in idem" findet somit keine Anwendung. Der Einwand ist daher unbegründet.
1.6 Beweisanträge
1.6.1 Gutachten über Kursrelevanz und Voraussehbarkeit
1.6.1.1 Der Beschuldigte macht geltend, dass die Kursrelevanz sowie die Voraussehbarkeit der erheblichen Kursveränderung nicht gegeben seien. Entgegen der Auffassung der Bundesanwaltschaft handle es sich bei der Information, welche am 12. Oktober 2011 veröffentlicht worden sei, nicht um eine kursrelevante Tatsache. Er beantrage daher eine Begutachtung dieser Kriterien durch einen unabhängigen Sachverständigen (TPF pag. 50.720.6; 50.521.1, 5-7).
1.6.1.2 Das Bundesstrafgericht hat nachfolgend von Amtes wegen zu würdigen, ob die öffentliche Bekanntgabe des Übernahmeangebots am 13. Oktober 2011 (siehe nachfolgend E. 2.3.14; 3.4.1.3) zu einem relevanten Kursanstieg geführt hat und voraussehbar war (TPF pag. 50.720.7; 50.250.4). Inwiefern für diese nicht sehr komplexen Tatsachenfeststellungen und -würdigungen ein Gutachter beauftragt werden soll, ist nicht ersichtlich und lässt sich nicht rechtfertigen. Der Beweisantrag ist daher abzuweisen (TPF pag. 50.720.7).
1.6.2 Einvernahme von Zeugen
1.6.2.1 Der Beschuldigte bringt vor, dass die Bank D. der Bank E. nie eine konkrete oder verbindliche Offerte (binding offer") vorgelegt habe (TPF pag. 50.720.6; 50.521.8). Er beantragt daher die Befragung des Direktors der RAB sowie des Leiters des Rechtsdienstes der RAB.
1.6.2.2 Für die Beantwortung der Frage, ob der Beschuldigte Insiderinformationen ausgenützt hat, ist unerheblich, ob ein verbindliches oder indikatives Angebot seitens der Bank D. vorlag. Der Beweisantrag beschlägt daher keine beweisrelevante Tatsache. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Zeugenbefragungen etwas sachdienliches zur Klärung der Frage nach der Strafbarkeit beitragen könnten. Ausserdem ist die vorhandene Beweislage in Bezug auf die Anklagevorwürfe ausreichend, damit das Gericht würdigen kann, ob der Beweis dafür erbracht werden kann. Der Beweisantrag ist somit abzuweisen (TPF pag. 50.720.7).
2.1 Anklagevorwurf
2.1.1 Die Anklage wirft dem Beschuldigten zusammenfassend vor, er habe als leitender Revisor der B. AG für die Kundin Bank D. die vertrauliche Tatsache der Unterbreitung eines Übernahmeangebots betreffend die durch die Bank E. gehaltenen Mehrheitsanteile an der Bank C. durch die Bank D. ausgenützt, indem er am 20. und 22. September 2011 insgesamt 4'000 Aktien der Bank C. erworben habe. Er habe dadurch für sich bzw. auf der Bankverbindung seiner Kinder einen Buchgewinn von Fr. 29'037.20 realisiert. Das kursrelevante Projekt betreffend die Übernahme der Bank C. durch die Bank D. habe die Bank D. unter dem Projektnamen F." behandelt. Dabei habe der Beschuldigte voraussehen können, dass eine Nachricht über Gespräche der Bank E. mit mehreren Interessenten im Hinblick auf den Verkauf der Mehrheitsanteile an der Bank C. zu erheblichen Kursveränderungen führen würde. In der Tat sei die Bewertung der Aktie der Bank C. nach Veröffentlichung der entsprechenden Meldung bzw. des Übernahmeprojekts am 12./13. Oktober 2011 um 15.3% gegenüber dem Vortagesschlusskurs gestiegen. Der Beschuldigte habe sich dadurch wegen mehrfachen Ausnützens der Kenntnis vertraulicher Tatsachen als sog. Primärinsider im Sinne von Art. 161 Ziff. 1 aStGB schuldig gemacht.
2.1.2 Der Beschuldigte weist den Anklagevorwurf von sich. Er bestreitet integral über irgendwelche Insiderinformationen verfügt zu haben.
2.2 Nach Art. 161 Ziff. 1 aStGB macht sich unter anderem strafbar, wer als Mitglied des Verwaltungsrates, der Geschäftsleitung, der Revisionsstelle oder als Hilfsperson einer der vorgenannten Personen, sich oder einem andern einen Vermögensvorteil verschafft, indem er die Kenntnis einer vertraulichen Tatsache, deren Bekanntwerden den Kurs von in der Schweiz börslich oder vorbörslich gehandelten Aktien, andern Wertschriften oder entsprechenden Bucheffekten der Gesellschaft oder von Optionen auf solche in voraussehbarer Weise erheblich beeinflussen wird, ausnützt oder diese Tatsache einem Dritten zur Kenntnis bringt. Bei diesen Personen handelt es sich um sog. Primärinsider ( Peter, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, 3. Aufl., Basel 2013, Art. 161 StGB N. 19). Personen, welche die abschliessend aufgezählten Sondereigenschaften nicht aufweisen, können sich nicht als Insider nach Art. 161 Ziff. 1 aStGB strafbar machen ( Fahrländer, Schweizerische Schriften zum Finanzmarktrecht; Der revidierte schweizerische Insiderstraftatbestand, Zürich/Basel/Genf 2015, S. 74).
2.3 Äusserer Sacherhalt
2.3.1 Die betroffene Emittentin und deren Effekten
Die Bank C. ist eine Schweizer Privatbank, die sich heute im Besitz der brasilianischen Bank G. befindet. Ihre Hauptaktivität ist die Anlageberatung und Vermögensverwaltung für private und institutionelle Kunden sowie das Anlagefondgeschäft. Die niederländische Bank E. erwarb von der Bank C. Aktien. Im April 2007 hielt sie 46,1% am Aktienkapital und 68,6% Stimmenmehrheit. Im September 2011 betrug das Aktienkapital der Emittentin Fr. 22'014'783.91 (TPF pag. 50.100.004).
Am 25. November 2011 wurde bekanntgegeben, dass die brasilianische Bank G. von der Bank E. deren Aktienpaket für Fr. 1,04 Mrd. übernehmen werde (BA pag. 3.0-3). Der Verkauf der Mehrheitsanteile an die Bank G. wurde Ende Juli 2012 abgeschlossen. Danach hielt die Bank G. 50,15 % des Aktienkapitals und 71,01% der Stimmrechtsanteile (TPF pag. 50.100.4).
2.3.2 Das Projekt der Bank D. zur Übernahme der Bank C.
Die Bank E. befand sich im obgenannten Zeitpunkt (E. 2.3.1) nicht nur mit der Bank G., sondern auch mit der Bank D. im Gespräch betreffend die Veräusserung ihrer Anteile der Bank C. (BA pag. 7.110-15). Das Projekt betreffend die Übernahme der Bank C. durch die Bank D. behandelte Letztere unter dem Projektnamen F." (BA pag. 12.3-143; 7.110-15). Nach ersten informellen Gesprächen zwischen der Bank D. und der Bank E. erfolgte am 13. Juli 2011 die Unterzeichnung einer Geheimhaltungserklärung zwischen den beiden Banken (BA pag. 7.110-15). Am 5. August 2011 erhielt die Bank D. Zugang zum virtuellen Datenraum, um die due diligence durchzuführen (BA pag. 7.110-15). Am 26. August 2011 gab die Bank D. eine erste Offerte an die Bank E. ab (BA pag. 7.110-15). Ab 11. Oktober 2011 führte die Bank D. eine vertiefte due diligence bei der Bank C. durch (TPF pag. 50.100.4; BA pag. 7.110-14 ff. sowie die Beilagen).
2.3.3 Funktion des Beschuldigten
Der Beschuldigte ist eidg. Wirtschaftsprüfer und war zwischen 7. Dezember 2007 und 30. Januar 2014 (Entzug der Zulassung) als Revisionsexperte zugelassen (BA pag. 11.0.-3; 3.101-5, -38). Ab. 1. Juni 2007 leitete der Beschuldigte bei der B. AG als Head of Audit Financial Services den Bereich Wirtschaftsprüfung für Banken und Versicherungen. Er war von 2007 bis 2013 Partner sowie Mitglied der Geschäftsleitung der B. AG. Während der gleichen Zeitspanne war er leitender Revisor der Bank D. sowie Hauptverantwortlicher für das Mandat (TPF pag. 50.731.5). Die Tätigkeit der B. AG im Rahmen dieses Mandats umfasste sowohl die aufsichtsrechtliche wie auch die finanzbuchhalterische Prüfung (Regulatory und Financial Audit; TPF pag. 50.731.5). Im relevanten Zeitraum war der Beschuldigte zuständig für die Erstellung bzw. Verfassung des Regulatory Audit Reports 2010/2011 (Revisionsperiode: 1. Juli 2010 bis 30. Juni 2011) wie auch für den Review der Halbjahreszahlen 2011 (TPF pag. 50.100.5).
2.3.4 Erste Gerüchte zur Übernahme
2.3.4.1 Erste Gerüchte zur Übernahme der Bank C. durch die Bank D. wurden bereits im Frühjahr 2011 öffentlich thematisiert. Der Beschuldigte erhielt am 20. Mai 2011 eine E-Mail eines in Zürich tätigen Partners der B. AG, T., der ihn auf die Gerüchte zur Übernahme der Bank C. durch die Bank D. oder andere Interessenten aufmerksam machte (BA pag. 13.1-63 f.; B13.1.2-1; 3.0-5). Der E-Mail ist folgendes zu entnehmen:
A., good to see you the other day. It seems by this recent article that is getting more serious at bank C.. Let me know if you would like any assistance on this. I would be happy to assist. Kind regards."
Subject:
(...)
The latest round of chatter has had greater substance, according to Swiss bankers. One person with knowledge of the matter said serious negotiations had taken place, notably with bank D. - with bank C. has been regularly paired in the past."
2.3.4.2 Am 20. Mai 2011 bekundete AA., CEO der Bank C., sein Interesse an einem Management Buyout und berichtete über informelle Gespräche mit der Mehrheitsaktionärin Bank E. (BA pag. 11.0-23; 11.0.28). Gleichzeitig wies AA. darauf hin, dass keine formellen Gespräche im Gange seien.
2.3.4.3 Am 30. Mai 2011 teilte Verwaltungsratspräsident BB. mit, dass die Bank D. Kapital für Akquisitionen habe, und sie zugreifen würden, wenn ein Institut kulturell zu ihnen passen würde (BA pag. 11.0-23; 11.0-29). Zu einem allfälligen Interesse an der Bank C. wollte BB. aber keinen Kommentar abgeben (BA pag. 11.0-23; 11.0-29).
2.3.4.4 Am 28. Juli 2011 gab AA. schliesslich bekannt (E. 2.3.4.2), dass die Bank E. keinen Verkauf ihrer Anteile plane (BA pag. 11.0-23; 11.0-30).
2.3.4.5 Am 12. Oktober 2011 erschien in einer Zeitung ein Artikel (am 12. Oktober 2011 auf CC. L.P. publiziert), gemäss welchem die Bank D. der Bank E. ein Angebot für ihren Mehrheitsanteil an der Bank C. unterbreitet habe (BA pag. 11.0-33; 11.0-53; 3.0-4 m.w.H.). Der Artikel bezieht sich auf einen namentlich nicht genannten Zürcher Investmentbanker (BA pag. 11.0.53). DD., Sprecher der Bank D. bestätigte dies am gleichen Tag indirekt", indem er die Bank C. als interessant charakterisierte (BA pag.11.0-53).
2.3.5 Meeting der B. AG vom 27. Mai 2011
In den Traktanden eines Meetings der B. AG vom 27. Mai 2011 betreffend die Bank D. - an welchem der Beschuldigte als Sitzungsteilnehmer teilnahm - sind mögliche und im Zeitraum der Besprechung noch vertrauliche M&A Aktivitäten der Bank D. aufgeführt (BA pag. B7.201.2-112; 3.0-5).
2.3.6 Protokolle des Verwaltungsrates der Bank D.
Konkret befanden sich in Verwaltungsratsprotokollen der Bank D. Hinweise auf die potentielle Übernahme der Bank C. bzw. auf das Projekt F.".
Aus den Verwaltungsratsprotokollen von Gesellschaften der Bank D. vom 29. Juni 2011 ist Folgendes zu entnehmen:
a) Minutes of the 181st Meeting of the Board of Directors of Bank D., Wednesday, 29 June 2011
"3.2 Package Solution Feasibility Study
(...)
Upon a question by EE., FF. mentioned that a substantial M&A project would indeed challenge to run this IT project in parallel. Acquiring a bank, which already had such a package up and running would also not help considerably as for example the R. solutions (e.g. at bank C.) were quite differently implemented an partially already outdated."
b) Minutes of the 9 th Meeting of the Board of Directors of Bank D., Wednesday, 29 June 2011
(...)
"6. M&A Update (GG./HH.)
Project F.
The potential target is probably the jjj. largest "independent" bank in Switzerland, owned by 70% in votes (40% in nominal value) by Group II. (foreign banking group) and is headquartered in Z.. F. has a similar strategy in place than bank D. and has considerably grown in Asia and the Middle East in the past few years. The DNA fit would definitely be given with F. as it is culturally rather close to bank D.. (...) In terms of operating income an (...), F. represents approx. 25% of bank D.. The current valuation of F. at the stock exchange is at around CHF 2 bn, but its valuation has come down considerably in the last few days."
2.3.7 Auszug aus dem Protokoll des Ad-hoc-IT Commitees (IT-Verwaltungsratsausschusskomitee) der Bank D. vom 31. August 2011
Am 31. August 2011 fand eine Sitzung des Ad-hoc-IT Comittees des Verwaltungsrates der Bank D. statt (BA B07.110.4-19 ff.). Im Rahmen dieser Sitzung wurde das Projekt zur Erneuerung der IT-Plattform (core system) der Bank D. besprochen. Die IT-Plattform der Bank D. galt zu diesem Zeitpunkt als veraltet; auch handelte es sich dabei gemäss dem Beschuldigten aus regulatorischer Sicht um eines der drei Hauptrisiken bei der Bank D. (BA pag. 13.1-24, 92). Die Bank D. prüfte somit eine IT-Plattformerneuerung im Rahmen eines Evaluationsprojekts. Es wurden die Ergebnisse des Evaluationsprojekts betreffend die allfällige Erneuerung der IT-Plattform bei der Bank D. besprochen. Im Rahmen dieser Sitzung vom 31. August 2011 wurde entschieden, von der unmittelbaren Initiierung der Plattformerneuerung abzusehen, um die strategische Flexibilität im Hinblick auf mögliche M&A Transaktionen offenzuhalten (BA pag. B07.110.4-26). FF. schlug anlässlich dieser Sitzung vor, mit Rücksicht auf das Projekt F." erst im März 2012 mit den Verhandlungen für die Plattformerneuerung zu beginnen (BA pag. B07.110.4-26). Im Rahmen der Sitzung wurde sodann beschlossen, kurz- bis mittelfristig von der Initiierung der IT-Plattformerneuerung abzusehen (BA pag. 3.0-8). Konkrete Hinweise auf das Übernahmeprojekt F." lassen sich auch im Protokoll des IT-Verwaltungsratsausschusses finden. Insbesondere ist dem Protokoll dieser Sitzung der folgende Passus zu entnehmen:
FF. mentioned that the project team would like to decide by March 2012 at the latest, unless project F." would not materialise as planned as then negotiations could be started immediately." (BA pag. B07.110.4-26).
Die Bank D. äusserte sich am 23. Oktober 2017 zu diesem Protokoll nachträglich wie folgt:
Der Fokus des zweiten Meetings vom 31. August 2011 (...) lag: auf der Präsentation der Feasibility Study, wobei unter anderem explizit entschieden wurde, kurz- und mittelfristig (mindestens 6-9 Monate) von einer Initiierung der Plattform-Erneuerung abzusehen, um die strategische Flexibilität im Hinblick auf mögliche M&A Transaktionen offenzuhalten. Dabei wurde namentlich auch die Abhängigkeit zu laufenden Verhandlungen im Rahmen des Projekts F. erwähnt." (BA pag. B07.110.4-26; 7.110-97).
2.3.8 Regulatory Audit Report 2010/2011
Zum Zeitpunkt der Durchführung des Ad-hoc-IT Comittees (E. 2.3.7) war die B. AG daran, den Regulatory Audit Report 2010/2011 zu erstellen (BA pag. 13.1-82; B13.1.2-12). Die Problematik der veralteten IT-Plattform wurde im Regulatory Audit Report 2010/2011 als medium risk eingestuft, was in diesem Bereich die höchste verwendete Risikostufe darstellt (BA pag. 13.1-89; 18.101-435; B13.1.2-26). Die Thematik der IT-Plattformerneuerung bei der Bank D. fand mit folgender Umschreibung in den Regulatory Audit Report 2010/2011 vom 26. September 2011 Eingang:
An evaluation project is ongoing for a potential replacement of the host environment by a third party banking solution." (BA pag. B13.1.2-27; 13.1-89).
Laut Regulatory Audit Report hatte der Beschuldigte Kenntnis vom IT-Evaluationsprojekt der Bank D. (BA pag. 3.0-8).
Des Weiteren wird im Regulatory Audit Report, für den der Beschuldigte als leitender Revisor verantwortlich zeichnete, ausdrücklich erwähnt, dass sich der Bericht auf die Verwaltungsratsprotokolle und weitere einschlägige Dokumente stützt (BA pag. 3.0-9; B13.1.2-15, 18, 19; 18.101-435). Das lässt sich den Conclusions entnehmen. Die Passagen des Berichts zum Reputationsrisiko, zum operationellen Risiko sowie zum Liquiditätsrisiko münden in folgende Konklusionen, die sich ausdrücklich auf die Protokolle der relevanten Gremien abstützen:
Based on our review, which consisted of reading meeting minutes, reading policies and the risk landscape as well as interviews with the management, nothing came to our attention that would lead us to belive that the controls and processes in place are not adequate to mitigate potential reputation risk events." (BA pag. B13.1.2-15).
"Based on our review, which consisted of reading meeting minutes, reading policies and the risk landscape as well as interviews with the management, nothing came to our attention that would lead us to belive that the design and the effectiveness of controls are not adequate and sufficient internal processes are not in place to identify and monitor operational risk." (BA pag. B13.1.2-18).
"Based on our review consisting of reading meeting minutes, reading policies and the risk landscape as well as interviews with management nothing came to our attention that would lead us to belive that the design and the effectiveness of controls are not adequate and sufficient internal processes are in place to identify and monitor liquidity risks." (BA pag. B13.1.2-19).
Der Beschuldigte unterzeichnete den Regulatory Audit Report vom 26. September 2011, dessen Entwurfsversion bereits Ende August 2011 vorlag (BA pag. 12.5-134; 12.5-25; 12.5-19). Das Protokoll des Verwaltungsrates vom 29. Juni 2011 (E. 2.3.6), indem das Projekt F." besprochen wurde, fiel somit in die Prüfperiode für den Regulatory Audit Report 2010/2011 (BA pag. 3.0-9; 12.5-154 f.).
2.3.9 Traktanden für das FINMA-Meeting vom 19. September 2011
Mit E-Mail von JJ., Aufsicht bei der FINMA für Vermögensverwaltungsbanken und Effektenhändler, Geschäftsbereich Banken, wurden unter anderem dem Beschuldigten die Traktanden für das FINMA-Meeting vom 19. September 2011 zugestellt. Den Traktanden ist zu entnehmen: Strategische IT-Entscheidung zum Kernbankensystem (Hintergründe für den Entscheid, finanzielle Auswirkungen, wesentliche Risiken, geplante Investitionen, Strategie zur Ablösung der bestehenden Plattform)." (BA pag. 12.6-105).
2.3.10 FINMA-Meeting vom 19. September 2011
Schliesslich wurde das geplante Übernahmeprojekt der Bank D. betreffend die Bank C. (F.") auch am Meeting mit der FINMA vom 19. September 2011 - einen Tag bevor der Beschuldigte begann, Kaufaufträge für die Aktien der Bank C. zu platzieren - thematisiert (BA pag. 3.0-9; 13.1-95-100; B13.1.2-45-51; E. 2.3.11). Der Beschuldigte war als leitender Revisor der Bank D. an diesem Meeting anwesend (BA pag. 13.1-95). Im Protokoll (Minutes) der FINMA wurde unter anderem folgendes festgehalten:
Margen-/Kostendruck, geplante und mögliche Massnahmen
(...)
M&A
Die Bank D. informierte, dass sie eine grössere Übernahme plane und in Verhandlungen betreffend dem Kauf einer grösseren Bank im Private Banking sind." (BA pag. B13.1.2-47; 12.6.108).
Strategische IT-Entscheidung zum Kernbankensystem (Hintergründe für den Entscheid, finanzielle Auswirkungen, wesentliche Risiken, geplante Investitionen, Strategie zur Ablösung der bestehenden Plattform.
(...)
Die Bank D. informierte uns, dass sie entschieden habe, sich mittelfristig von ihrer Plattform zu trennen. Da sie jedoch zur Zeit plane eine grössere Übernahme zu machen, habe man sich entschieden mit dem Projekt zuzuwarten (die Bank D. erachtet es als realistisch, dass die Bank D. auf die Systeme der neuen Bank wechsle)." (BA pag. B131.2-47 f.).
Besetzung Funktion Global Head of Risk
Die Bank D. hat sich grundsätzlich für den internen Kandidaten entschieden. Wird jedoch die allenfalls ausstehende Übernahme abwarten, bevor sie dies kommuniziert." (BA pag. B13.1.2-50).
2.3.11 Chronologie der Aktienkäufe und Buchgewinn
Einen Tag nach dem FINMA-Meeting vom 19. September 2011 (E. 2.3.10) erteilte der Beschuldigte am 20. September 2011 der Bank C. telefonisch einen Kaufauftrag betreffend 2'000 Namenaktien der Bank C. (BA pag. B07.101.2.1.V-73-83). Der Kaufauftrag beinhaltete, die Namenaktien der Bank C. an der SIX Swiss Exchange in Zürich zu kaufen (TPF pag. 50.100.7). Seine Bank buchte am 22. September 2011 2'000 Namenaktien der Bank C. zu Fr. 25.20 ins Depot (BA pag. B07.101.2.1.V-73-76, 81). Das Konto wurde mit Fr. 50'855.52 belastet (BA pag. B07.101.2.1.V-73, 81; TPF pag. 50.100.7). Am 22. September 2011 erteilte der Beschuldigte der Bank C. telefonisch einen weiteren Kaufauftrag betreffend 2'000 Namenaktien der Bank C. (BApag. B07.101.2.1.V.73, 77 f., 82-84). Eine Teilausführung über 490 Namenaktien der Bank C. erfolgte am 22. September 2011 zu Fr. 25.15, wobei dem Konto Fr. 12'484.74 belastet wurden (BA pag. B07.101.2.1.V-73, 77, 82, 84). Am 23. September 2011 erfolgte eine Restausführung über 1'510 Namenaktien der Bank C. zu einem Preis von Fr. 25.15 (BA pag. B07.101.2.1.V-73, 78, 83 f.). Das Konto des Beschuldigten wurde bei dieser Transaktion mit Fr. 38'320.29 belastet (BA pag. B07.101.2.1.V-78, 83; TPF pag. 50.100.7).
Einen Tag nachdem die Bank D. die B. AG und den Beschuldigten offiziell in das Projekt F. involviert hatte (siehe unten, E. 2.3.13; TPF pag. 50.731.6), gab der Beschuldigte am 27. September 2011 die Stornierung aller vorgängigen Käufe von Aktien der Bank C. aus dem Konto von KK. und A. sowie die Umbuchung der Käufe der Namenaktien der Bank C. auf das Konto von LL. und MM. (Kinder des Beschuldigten) bei der Bank C. (Konto-Nr. 1) in Auftrag (BA pag. B07.101.2.1.V-84-89; B07.101.1.1.1-107-111). Auf der Bankverbindung seiner Kinder realisierte der Beschuldigte bei Veröffentlichung des Übernahmeprojekts Fr. 29'073.20 in Form eines Buchgewinns auf den 4'000 Namenaktien der Bank C.. Ab der Bankverbindung seiner Kinder veräusserte der Beschuldigte am 26. März 2012 die 4'000 Namenaktien der Bank C. zu einem Preis von Fr. 112'228.06 (TPF pag. 50.100.8).
2.3.12 Kenntnisnahme der Protokolle des Verwaltungsrates der Bank D.
Gemäss Schreiben der Bank D. vom 13. März 2017 hatte die B. AG grundsätzlich zweimal im Jahr Einsicht in die Protokolle des Verwaltungsrates, jeweils im Juli und Dezember/Januar (BA pag. 7.110-12).
2.3.13 Formelle Involvierung der B. AG und des Beschuldigten in das Übernahmeprojekt F."
Am 26. September 2011 wurde die B. AG und der Beschuldigte erstmals offiziell durch die Bank D. in das Übernahmeprojekt F." involviert (TPF pag. 50.720.7; 50.731.6, 15). Der CFO der Bank D., HH., kontaktierte den Beschuldigten, um sich über eine mögliche Involvierung der B. AG als Revisor und Prüfstelle der Bank D. im Projekt zu erkundigen (BA pag. 7.110-9; 3.0.10).
2.3.14 Bekanntgabe des Übernahmeprojekts
Die öffentliche Bekanntgabe des Übernahmeprojekts erfolgte am 13. Oktober 2011 (E. 3.4.1.3; BA pag. 11.0-53; 7.110.15). Am 13. Oktober 2011 bestätigte die Bank C. im Rahmen einer vorbörslichen Ad-hoc-Meldung, dass zwischen der Bank E. und mehreren Interessenten Gespräche im Gange seien, die den Abbau der Beteiligungen der Bank E. an der Bank C. zum Gegenstand hätten (BA pag. 11.0-53; 3.0-4 m.w.H.). Zu einem Abschluss des Übernahmeprojekts durch die Bank D. kam es nie. Letztlich übernahm nicht die Bank D. die Bank C., sondern die Bank G. (TPF pag. 50.100.8; E. 2.3.1).
2.3.15 Kursentwicklung
Im Anschluss an die Bekanntgabe des Übernahmeprojektes (E. 2.3.14) stieg der Kurs der Aktie der Bank C. im Laufe des Handelstages vom 13. Oktober 2011 von Fr. 28.50 (Schlusskurs 12. Oktober 2011) um 15.3% auf Fr. 32.85 zum Börsenschluss (Schlusskurs 13. Oktober 2011) an (BA pag. 23.100-4: 50.100.8).
2.4 Aussagen
2.4.1 Der Beschuldigte wurde am 23. Oktober 2017 und 20. Dezember 2017 durch die Bundesanwaltschaft einvernommen (BA pag. 13.1-1, -115). Er machte im Wesentlichen geltend, er habe über keine Insiderinformationen verfügt. In Bezug auf die Anlageentscheidung zum Kauf der Aktien der Bank C. am 20. und 22. September 2011 sagte er aus, dass er diese gemeinsam mit seinen Kindern getroffen habe, gestützt auf Beobachtungen, wonach sich der Kurs der Aktie der Bank C. seit 2010 halbiert habe und aufgrund der Erkenntnisse aus einer Studie zum Private Banking, welche die B. AG gemeinsam mit der III. erstellt habe (BA pag. 13.1-16; 13.1-102). Die Studie habe gezeigt, dass die Aktie der Bank C. unterbewertet gewesen sei (BA pag. 13.1-16). Auf Vorhalt der Stornierung der Aktienkäufe vom 20. und 22. September 2011 (BA07.101.2.1.1-279, -283) sagte er aus, dass die Aktienkäufe auf das falsche Konto gemacht worden seien. Nicht er habe storniert, sondern die Bank C. (BA pag. 13.1-42). In Bezug auf die Stornierung der Aktienkäufe und die Umbuchung der Käufe auf das Konto 1, lautend auf seine Kinder, sagte er aus, er habe für dieses Konto eine Vollmacht (BA pag. 13.1-43 f.).
An der Hauptverhandlung vom 25. Juli 2018 wurde der Beschuldigte insbesondere dazu befragt, ob er als leitender Revisor der Bank D. in Bezug auf die geplante Übernahme der Bank C. über Insiderinformationen verfügt habe. Er sagte aus, dass er als Partner der B. AG und leitender Revisor für das Mandat der Bank D. zuständig gewesen sei (TPF pag. 50.731.5). Er habe aber als Revisor in die Protokolle des Verwaltungsrates und Verwaltungsratsausschusskommitees der Bank D. nicht selber Einsicht genommen, obwohl er Zugriff gehabt habe (TPF pag. 50.731.5). Er habe durch einen Telefonanruf vom CFO HH. von der Bank D. vom 26. September 2011 vom Projekt F." (gemeint: Übernahmeprojekt der Bank D. betreffend die Bank C.) erfahren (TPF pag. 50.731.6). Er habe vorher keine Kenntnis vom Projekt F." gehabt. Er habe keine Anhaltspunkte gehabt, dass die Bank D. eine Offerte abgeben würde (TPF pag. 50.731.6).
In der Folge wurde der Beschuldige vom Einzelrichter mit den relevanten Beweismitteln zur geplanten Übernahme der Bank C. durch die Bank D. konfrontiert. Auf Vorhalt der E-Mail von einem in Zürich tätigen B. AG Partner vom 20. Mai 2011 (E. 2.3.4.1) sagte er aus, dass es immer wieder Zeitungsartikel gegeben habe, wonach die Bank C. möglicherweise zum Verkauf stehe (TPF pag. 50.731.6). Das sei public information", was er per E-Mail erhalten habe (TPF pag. 50.731.7). Zu den vorgelegten Auszügen der beiden Verwaltungsratsprotokolle der Bank D. vom 29. Juni 2011 im Zusammenhang mit dem Projekt F." (E. 2.3.6) sagte er aus, dass er von diesen Protokollen bis ungefähr 20./21. Oktober 2011 keine Kenntnis gehabt habe (TPF pag. 50.731.7 f.). Er sei nur an Sitzungen des Audit-Kommitees anwesend gewesen (TPF pag. 50.731.7). Die B. AG habe mit der Bank D. eine Vereinbarung gehabt, wonach sie zwei- bis dreimal pro Jahr die Protokolle habe anschauen können (TPF pag. 50.731.8). Er habe aber nie irgendwelche Protokolle erhalten. Am 20./21. Oktober 2011 sei es publik gewesen, dass die Bank D. ein Angebot unterbreitet habe. In Bezug auf den vorgelegten Auszug aus dem Protokoll des Ad-hoc-IT-Commitees (Verwaltungsratsausschusskommitee der Bank D.) vom 31. August 2011 (E. 2.3.7) will er gar keine Kenntnis gehabt haben (TPF pag. 50.731.8). Auf Vorhalt des Schreibens der Bank D. vom 23. Oktober 2017 (E. 2.3.7) wiederholte er, dass er erst durch das Telefonat von HH. der Bank D. am 26. September 2011 über das Übernahmeinteresse der Bank D. Bescheid gewusst habe (TPF pag. 50.731.9). Der Beschuldigte bestätigte, dass er den Regulatory Audit Report 2010/2011 vom 26. September 2011 unterschrieben habe (TPF pag. 50.50.731.9). Die Ereignisse nach dem 30. Juni 2011 seien nicht Gegenstand des Regulatory Audit Report gewesen (TPF pag. 50.731.10). Zur Aussage des Zeugen NN. (zusammen mit dem Beschuldigten im Revisionsteam der B. AG betreffend die Bank D. [BA pag. 12.6-12]) vom 5. Februar 2018, wonach die B. AG im 3. Quartal 2011 im Hinblick auf die Übernahme der Bank C. eine Prüfung der Kapitaldecke durchgeführt habe und der Beschuldigte darüber im Bilde gewesen sei (BA pag. 12.6-159), sagte er aus, das müsse er ganz klar zurückweisen (BA pag. 50.731.10). In Bezug auf das Meeting der Bank D. mit der FINMA vom 19. September 2011 sagte er aus, dass es glaublich eine Bemerkung gegeben habe, dass die Bank D. im Moment mit dem IT-Projekt abwarte, weil sie eine Privatbank anschaue (TPF pag. 50.731.11). Auf Vorhalt des Protokollauszugs vom FINMA-Meeting, wonach die Bank D. eine grössere Übernahme plane und in Verhandlungen betreffend den Kauf einer grösseren Bank im Private Banking sei (E. 2.3.10; BA pag. B13.1.2-47), sagte er aus, er könne nicht irgendwelche konkreten Hinweise daraus entnehmen. Er habe in diesem Moment nicht gewusst, um welche Bank es sich gehandelt habe (TPF pag. 50.731.11). Auf Frage zu seinem Investitionsentscheid bzw. gestützt auf welche Informationen er die Aktienkäufe am 20. und 22. September 2011 getätigt habe, sagte der Beschuldigte aus, dass er die Käufe gestützt auf eine Studie gemacht habe (TPF pag. 50.731.13). Sie hätten in der Studie festgestellt, dass die Bank C. stark unterbewertet gewesen sei (TPF pag. 50.731.13). Es habe keinen Zusammenhang gehabt, dass er einen Tag nach dem FINMA-Meeting vom 19. September 2011, bei welchem die Übernahme einer grösseren Bank thematisiert worden sei, am 20. September 2011 Aktien der Bank C. gekauft habe, obwohl er vor September 2011 noch nie Aktien der Bank C. gekauft habe (TPF pag. 50.731.14). Auf Frage, warum er am 27. September 2011 die Stornierung aller vorgängigen Aktienkäufe von Aktien der Bank C. auf dem Konto von KK. (Ehefrau) und ihm selbst sowie die Umbuchung auf das Konto von LL. und MM. (Kinder) bei der Bank C. in Auftrag gegeben habe, sagte er aus, nicht er selber habe die Stornierung initiiert, sondern die Bank (TPF pag. 50.731.14). Am 20. September 2011 habe kein Übernahmeangebot bestanden (TPF pag. 50.731.15). Der Beschuldigte verneinte die Frage, dass er im Zeitpunkt des Aktienerwerbs aufgrund seiner beruflichen Stellung konkrete Hinweise gehabt habe, dass es öffentlich werden könnte, dass die Bank D. Interesse habe, die Bank C. zu akquirieren. Die Mitarbeiter der B. AG hätten die Protokolle erst am 20./21. Oktober 2011 eingesehen (TPF pag. 50.731.15).
2.4.2 Am 5. Februar 2018 sagte der Zeuge NN. bei der Bundesanwaltschaft aus, er sei im Prüfteam des Beschuldigten bei der B. AG gewesen (BA pag. 12.6-12). Der Beschuldigte sei im Team leitender Revisor gewesen. Auf Vorhalt eines Eintrags auf CC. L.P. vom 26. August 2011 sagte er aus, dass es Ende Mai 2011 Spekulationen zu einer Übernahme gegeben habe (BA pag. 12.6-158). Die B. AG habe bei der Bank D. im 3. Quartal 2011 im Hinblick auf eine Übernahme der Bank C. eine Prüfung der Aktienkapitaldecke durchgeführt. Der Zeuge bestätigte, dass der Beschuldigte darüber im Bilde" gewesen sei (BA pag. 12.6-158 f.).
2.4.3 Am 19. Januar 2018 sagte der Zeuge OO. aus, der Beschuldigte sei sein Chef bei der B. AG gewesen (BA pag. 12.5-9). Auf Frage, ob am 23. August 2011 bereits eine Version des Regulatory Reports vorgelegen habe, sagte er aus: Ja, ein Teil". Ende September 2011 habe der Bericht rausgehen müssen. Es habe eine Vorlaufzeit gebraucht, weil der gesamte Bericht im Entwurf an die Bank zur Stellungnahme gegangen sei (BA pag. 12.5-134). Auf Vorhalt des Protokolls vom FINMA-Meeting vom 19. September 2011 (E. 2.3.10), wonach die Bank D. informiert habe, dass sie eine grössere Übernahme plane und in Verhandlungen betreffend den Kauf einer grösseren Bank im Private Banking sei, sagte der Zeuge auf Frage, welche Bank hier gemeint sei, wiederholt aus (BA pag. 12.5-164): Da kann nur Bank C. gemeint sein" (BA pag. 12.5-165). Auf Vorhalt eines Auszugs vom gleichen Protokoll, wonach sich die Bank D. für den internen Kandidaten entschieden habe, sagte der Zeuge aus: Ja also, wenn's so steht, kann ich mir nur die Bank C. vorstellen" (BA pag. 12.5-165).
3.1 Unbestrittener Sachverhalt
Der äussere Sachverhalt (E. 2.3) ist unbestritten. Die Effektentransaktionen vom 20. und 22. September 2011 sind in objektiver Hinsicht erstellt. Umstritten ist in tatsächlicher Hinsicht lediglich, auf wessen Namen bzw. Konten die Käufe erfolgt sind bzw. hätten erfolgen sollen. Diesem Umstand kommt indessen bei der rechtlichen Würdigung vorliegend keine Relevanz zu, da der Beschuldigte an sämtlichen Konten wirtschaftlich berechtigt war. Er verfügte über eine Vollmacht und transferierte von seinen Konten Buchgeld darauf.
3.2 Insiderstatus
Zum möglichen Täterkreis des Sonderdelikts nach Art. 161 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB gehören neben Mitgliedern des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung auch ausdrücklich Mitglieder der Revisionsstelle (E. 2.2). Der Beschuldigte war vom 7. Dezember 2007 bis 30. Januar 2014 als Revisionsexperte zugelassen (BA pag. 11.0-3). Gemäss Geschäftsbericht war er von 2007 bis 2011 leitender Revisor der Bank D. (BA pag. 11.0-21). Als leitender Revisor der Bank D. bzw. zuhanden der FINMA gehörte der Beschuldigte unbestrittenermassen zum möglichen Täterkreis dieser Primärinsidertatbestandsvariante (Peter, a.a.O., Art. 161 StGB N. 19). Als Primärinsider nach Art. 161 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB war er im Tatzeitpunkt Träger vertraulicher Tatsachen. Unbedeutend ist dabei, dass der Handel mit Aktien des Zielobjekts bzw. der Bank C. stattfand. Im Falle einer geplanten Übernahme sind die Organe beider Gesellschaften als Insider erfasst, unabhängig davon, ob sie Geschäfte mit den Effekten der eigenen oder der anderen Unternehmung tätigen ( Leuenberger, Die materielle kapitalmarktstrafrechtliche Regulierung des Insiderhandels de lege lata und de lege ferenda in der Schweiz, Zürich/St. Gallen 2010, S. 306).
3.3 Taugliches Angriffsobjekt
Gegenstand des Insiderdelikts nach Art. 161 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB sind unter anderem börslich in der Schweiz gehandelte Aktien ( Peter, a.a.O., Art. 161 StGB N. 23). Diese Voraussetzung ist bei den in Frage stehenden Effekten erfüllt. Die Namenaktie der Bank C. war in der angeklagten Zeit an der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange AG kotiert. Sie ist somit ein taugliches Angriffsobjekt nach Art. 161 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB .
3.4 Objektiver Tatbestand
3.4.1 Insiderinformation
3.4.1.1 Art. 161 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB verlangt zunächst als Tatbestandsvoraussetzung das Vorliegen eines Tatobjekts in Form einer Insiderinformation. Eine Insiderinformation liegt bei einer vertraulichen Information bzw. Tatsache vor, die der Primärinsider im Rahmen seiner Stellung erlangt hat.
3.4.1.2 Als vertraulich gilt eine Information, wenn sie nicht allgemein, sondern nur einem beschränkten Personenkreis bekannt ist ( Michael Trippel/Guido Urbach , in: Watter/Vogt [Hrsg.], Basler Kommentar zum Börsengesetz, 2. Aufl., Basel 2011, Art. 161 StGB N 25). Sie ist hingegen nicht vertraulich, wenn das Börsenpublikum davon - durch eine offizielle Information oder auf andere Art und Weise - Kenntnis hat. Die Vertraulichkeit einer Tatsache bzw. Information endet, wenn sie "de manière presque certaine, par un cercle élargi d'acteurs boursières" bekannt ist (BGE 118 Ib 448 E. 6b/aa) oder wenn ein Dritter sie erlangen könnte, wenn auch nur mit Anstrengung" (Urteil des Bundesgerichts 2A.230/1999 vom 2. Februar 2000 E. 6.b m.w.H.; Peter, a.a.O., Art. 161 StGB N. 32).
Es ist erwiesen, dass es sich beim Projekt, die Bank C. zu akquirieren, zum damaligen Zeitpunkt um eine vertrauliche Information gehandelt hat. So wurde in Bezug auf das Übernahmeprojekt eine Stillschweigevereinbarung zwischen der Bank D. und der Bank E. geschlossen. Auch der von der Bank D. für das Übernahmeprojekt verwendete Codename F." spricht für die Vertraulichkeit. Die in den Medien im Frühling/Sommer 2011 kolportierten Gerüchte über Übernahmeabsichten der Bank D. (E. 2.3.4.1-2.3.4.5) waren nicht hinreichend konkret, dass sie die Vertraulichkeit des Projekts aufgehoben hätten (E. 3.4.4.1 ).