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Entscheid des Bundesstrafgerichts: SK.2018.14 vom 15.06.2018

Hier finden Sie das Urteil SK.2018.14 vom 15.06.2018 - Strafkammer

Sachverhalt des Entscheids SK.2018.14


Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts

Instanz:

Bundesstrafgericht

Abteilung:

Strafkammer

Fallnummer:

SK.2018.14

Datum:

15.06.2018

Leitsatz/Stichwort:

Verletzung des Amtsgeheimnisses (Art. 320 Ziff. 1 Abs. 1 StGB). Rückweisung durch das Bundesgericht.

Schlagwörter

Beschuldigte; Privatkläger; Arztbericht; Arbeit; Arbeitgeber; Bundes; Klägers; Privatklägers; Militärversicherung; Beschuldigten; Einwilligung; Geheimnis; Anklage; Recht; Verfahren; Bundesgericht; Sachverhalt; Verfahrens; Person; Urteil; Verletzung; Verteidiger; Gericht; Kanton; Amtsgeheimnis; Ermächtigung; Umschulung

Rechtskraft:

Kein Weiterzug, rechtskräftig

Rechtsgrundlagen des Urteils:

Art. 1 StGB ;Art. 1 StPO ;Art. 10 StGB ;Art. 10 StPO ;Art. 100 BGG ;Art. 2 StGB ;Art. 3 ATSG ;Art. 3 DSG ;Art. 3 StGB ;Art. 32 BV ;Art. 32 StGB ;Art. 32 StPO ;Art. 320 StGB ;Art. 325 StPO ;Art. 33 StPO ;Art. 34 StGB ;Art. 346 StPO ;Art. 350 StPO ;Art. 353 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 394 OR ;Art. 396 StPO ;Art. 406 StPO ;Art. 42 StGB ;Art. 42 StPO ;Art. 422 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 429 StPO ;Art. 43 StPO ;Art. 433 StPO ;Art. 44 StGB ;Art. 47 StGB ;Art. 5 StGB ;Art. 52 StGB ;Art. 6 EMRK ;Art. 8 StPO ;Art. 9 BGG ;Art. 9 StPO ;Art. 95 BGG ;Art. 97 BGG ;

Referenz BGE:

112 Ia 353; 114 IV 44; 121 IV 202; 131 IV 1; 134 IV 1; 134 IV 60; 135 IV 188; 135 IV 27; 136 IV 1; 136 IV 55; 139 IV 220; 143 IV 214; ;

Kommentar:

Frank, Wehrenberg, Basler Kommentar 2. Aufl., Art. 433 StPO, 2014

Entscheid des Bundesstrafgerichts

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: SK.2018.14

Urteil vom 15. Juni 2018
Strafkammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Emanuel Hochstrasser, Einzelrichter,

Gerichtsschreiber David Heeb

Parteien

Bundesanwaltschaft , vertreten durch Carlo Bulletti, leitender Staatsanwalt des Bundes,

und

als Privatklägerschaft:

B., vertreten durch Rechtsanwalt Kreso Glavas,

gegen

A., erbeten verteidigt durch Rechtsanwalt Max Imfeld,

Gegenstand

Verletzung des Amtsgeheimnisses;
Rückweisung durch das Bundesgericht


Anträge der Bundesanwaltschaft:

Gestützt auf Art. 337 StPO wird dem Gericht beantragt, der Beschuldigte A. sei gemäss Strafbefehl der Bundesanwaltschaft vom 28. September 2016 (Verfahrensnummer: SV.16.0576) zu verurteilen und zu bestrafen. Dem Dispositiv des genannten Strafbefehls können folgende Anträge entnommen werden:

1. A. sei wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses (Art. 320 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ) schuldig zu sprechen.

2. A. sei mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je Fr. 150.--, entsprechend Fr. 4'500.--, zu bestrafen. Der Vollzug der Geldstrafe sei aufzuschieben, unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren.

3. A. sei zudem mit einer Busse von Fr. 400.-- zu bestrafen, bei schuldhaftem Nichtbezahlen ersatzweise mit einer Freiheitsstrafe von 4 Tagen.

4. Die Kosten des Verfahrens im Umfang von Fr. 600.-- (Gebühren des Vorverfahrens von Fr. 590.-- und Auslagen der Bundesanwaltschaft von Fr. 10.--) seien A. aufzuerlegen.

5. Allfällige Zivilklagen seien auf den Zivilweg zu verweisen (Art. 353 Abs. 2 StPO ).

6. Nach Rechtskraft des Urteils sei der Kanton St. Gallen für den Vollzug als zuständig zu erklären (Art. 74 StBOG ).

Anträge der Privatklägerschaft:

1. Der Beschuldigte sei angemessen zu bestrafen.

2. Die Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche seien auf den dafür vorgesehenen Rechtsweg zu verweisen.

Anträge der Verteidigung:

1. Der Beschuldigte sei von Schuld und Strafe vollumfänglich freizusprechen.

2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Staates.

Prozessgeschichte:

A. Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts stellte mit Verfügung SK.2016.46 vom 7. April 2017 das Strafverfahren gegen A. (nachfolgend: Beschuldigter) wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses (Art. 320 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ) in Anwendung von Art. 8 Abs. 1 und 4 StPO i.V.m. Art. 52 StGB ein und auferlegte ihm die Verfahrenskosten. Entschädigung sprach es ihm keine zu.

B. Gegen diese Verfügung erhob die Bundesanwaltschaft Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht und beantragte, die Verfügung des Bundesstrafgerichts vom 7. April 2017 sei aufzuheben, die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen und der Beschuldigte im Sinne des Strafbefehls vom 28. September 2016 zu verurteilen sowie zu bestrafen. Sie machte geltend, das Bundesstrafgericht habe das Verschulden und die Tatfolgen zu Unrecht als geringfügig eingestuft. Das Bundesgericht, Strafrechtliche Abteilung, hiess mit Urteil vom 20. März 2018 (Geschäftsnummer 6B_983/2017 ) die Beschwerde gut, hob die Verfügung der Strafkammer des Bundesstrafgerichts vom 7. April 2017 auf und wies die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück (Urteilsdispositiv Ziff. 1). Es stellte Folgendes fest:

Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung bildet Art. 8 Abs. 1 StPO keine Grundlage für die Einstellung des Verfahrens durch das Gericht nach der Anklageerhebung." (...) Bereits deshalb ist die Beschwerde gutzuheissen. Aus prozessökonomischen Gründen ist im Folgenden auch die weitere Rüge der Beschwerdeführerin zu behandeln." (E. 1.2)

Die inkriminierte Tat wiegt weder bezüglich der Schuld noch der Tatfolgen deutlich weniger schwer als der typische Regelfall des tatbestandsmässigen Verhaltens und ist nicht als geringfügig im Sinne von Art. 52 StGB einzustufen." (E. 2.5.1) (...) Entgegen der vorinstanzlichen Auffassung sind somit keine ausreichenden Gründe vorhanden, die für ein qualitativ besonders geringfügiges Verschulden sprächen." (E. 2.5.2)

C. Die Strafkammer zeigte am 28. März 2018 den Parteien die Eröffnung des neuen Verfahrens unter der Geschäfts-Nr. SK.2018.14 und die Besetzung des Gerichts an. Mit Schreiben vom 5. April 2018 wurde den Parteien mitgeteilt, dass der neue Entscheid der Strafkammer voraussichtlich ohne neue Hauptverhandlung ergehen werde. Die Parteien erhielten Gelegenheit, allfällige Einwände gegen das Vorgehen vorzubringen. Mit Eingabe vom 17. April 2018 ersucht der Vertreter des Privatklägers, diesen gehörig vorzuladen. Der Verteidiger ist mit Schreiben vom 1. Mai 2018 mit einem schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer Hauptverhandlung einverstanden. Er hält ausdrücklich an seinen Eingaben zur ersten Verhandlung inkl. Plädoyer fest und verweist darauf. Die Bundesanwaltschaft liess sich nicht vernehmen.

D. Mit prozessleitender Verfügung vom 4. Mai 2018 ordnete der Einzelrichter das schriftliche Verfahren an (Ziff. 2). Der Bundesanwaltschaft und dem Privatkläger wurde Gelegenheit eingeräumt, ihre eventuellen schriftlichen Eingaben und Anträge einzureichen. Die Bundesanwaltschaft erhielt insbesondere Gelegenheit, zur Strafzumessung Stellung zu nehmen. Das Gericht nahm zur Kenntnis, dass der Verteidiger mit Eingabe vom 1. Mai 2018 an seinen Eingaben zur ersten Verhandlung festhält und darauf verweist.

E. Die Bundesanwaltschaft hält mit Schreiben vom 7. Mai 2018 am Strafbefehl vom 28. September 2016 und insbesondere an der darin ausgesprochenen Strafe fest. Mit Schreiben vom 7. Mai 2018 beantragt der Vertreter des Privatklägers, der Beschuldigte sei angemessen zu bestrafen und die Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche seien auf den dafür vorgesehenen Rechtsweg zu verweisen.

F. Das Gericht holte von Amtes wegen die erforderlichen Beweismittel zu den persönlichen und finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten ein (Strafregister- und Betreibungsregisterauszug, die aktuellen Steuerunterlagen sowie Formular persönliche und finanzielle Situation).

G. Mit Verfügung des Einzelrichters vom 24. Mai 2018 erhielten die Parteien Gelegenheit zur freiwilligen Stellungnahme bzw. zum zweiten Schriftenwechsel zu den Eingaben der Gegenparteien (Art. 346 Abs. 2 StPO ). Der Verteidiger beantragt mit Stellungnahme vom 5. Juni 2018 einen Freispruch. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Die übrigen Parteien liessen sich nicht vernehmen.

H. Am 7. Juni 2018 schloss der Einzelrichter die Parteiverhandlungen und verfügte, dass das Urteil den Parteien schriftlich eröffnet wird.

Der Einzelrichter erwägt:

1. Prozessuales

1.1 Verfahren bei Rückweisung

1.1.1 Wird eine Beschwerde in Strafsachen gutgeheissen und das vorinstanzliche Urteil aufgehoben, soll das Verfahren nicht als Ganzes neu in Gang gesetzt werden, sondern nur insoweit, als dies notwendig ist, um den verbindlichen Erwägungen des Bundesgerichts Rechnung zu tragen. Die Thematik ist auf jene beschränkt, die sich aus den bundesgerichtlichen Erwägungen ergibt (BGE 143 IV 214 E. 5.2.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_808/2017 vom 16. Oktober 2017 E. 1.3). Der neue Entscheid darf dabei mit Erwägungen begründet werden, welche im zurückgewiesenen Urteil noch nicht ausgeführt wurden oder zu denen sich das Bundesgericht noch nicht geäussert hat (BGE 112 Ia 353 E. 3c/bb; Urteile des Bundesgerichts 8C_304/2007 vom 26. März 2018 E. 2.1 und P41/05 vom 8. Februar 2017 E. 6, jeweils mit Hinweisen).

1.1.2 Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens bildete einerseits die Frage, ob vorliegend die Situation der Geringfügigkeit von Schuld und Tatfolgen im Sinne von Art. 52 StGB gegeben sei, und andererseits, ob gestützt auf diese Geringfügigkeit eine Einstellung des Verfahrens gemäss Art. 8 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 52 StGB erfolgen konnte. Nicht Teil des bundesgerichtlichen Verfahrens bildete die Frage der Tatbestandsmässigkeit der angeklagten Handlungen (Rückweisungsurteil E. 2, S. 8). Dies war vom Bundesgericht nicht zu beurteilen.

1.1.3 Gestützt auf die in BGE 135 IV 27 begründete und in BGE 139 IV 220 E.3.4.7 auch unter der StPO für gültig erklärte Rechtsprechung hält das Bundesgericht fest, Art. 8 Abs. 1 StPO bilde keine Grundlage für die Einstellung des Verfahrens durch das Gericht in den Anwendungsfällen von Art. 52 bis 54 StGB . Bei Anwendbarkeit von Art. 52 - Geringfügigkeit von Schuld und Tatfolgen - hat deshalb weder ein Freispruch noch eine Verfahrenseinstellung zu erfolgen, sondern ein Schuldspruch ohne Sanktion (BGE 135 IV 27, 30f.).

1.1.4 Wie das Bundesgericht weiter festhält, ist die Voraussetzung der Geringfügigkeit von Schuld und Tatfolgen im Sinne von Art. 52 StGB vorliegendenfalls nicht gegeben; Schuld und Tatfolgen sind nicht als geringfügig im Sinne von Art. 52 StGB einzustufen (Rückweisungsurteil E. 2.5.1). Die bundesgerichtliche Feststellung, die Schuld und Tatfolgen seien nicht geringfügig, impliziert somit einen Schuldspruch. Indem das Bundesgericht Art. 52 StGB für nicht anwendbar erklärt, ist die Möglichkeit eines Schuldspruchs bei gleichzeitigem Strafverzicht (von einer Strafe absehen) ausgeschlossen (Rückweisungsurteil E. 2.5.1). Es ist somit zwingend ein Schuldspruch und eine Strafe auszufällen. Gegenstand des neuen Entscheides ist daher in der Hauptsache die Festlegung und Bemessung der Sanktion. Diesbezüglich ist im Rahmen der Strafzumessung eine neue Entscheidung zu fällen.

1.1.5 Da das Bundesgericht die Verfügung der Strafkammer vom 7. April 2017 insbesondere aus formellen Gründen gesamthaft aufhob, erfolgt nachfolgend eine vollständig neue Urteilsbegründung und -eröffnung.

1.2 Schriftlichkeit des Verfahrens

1.2.1 Nimmt das Bundesstrafgericht einen Fall nach Rückweisung durch das Bundesgericht wieder auf, so wird eine weitere Hauptverhandlung nur durchgeführt, wenn dies zur Vervollständigung des Sachverhalts (Entscheid SK.2005.5 der Strafkammer des Bundesstrafgerichts vom 19. Oktober 2005 E. 1.3) oder zur Wahrung des rechtlichen Gehörs der Parteien ( TPF 2007 60 E. 1.4) nötig erscheint. In seinem Urteil 6B_450/2012 vom 21. Januar 2013 hat das Bundesgericht in E. 2.2 festgehalten, dass dort, wo die neue Beurteilung nach einer Rückweisung durch das Bundesgericht lediglich untergeordnete Fragen betreffe oder sich auf eine neue Strafzumessung beschränke, nachdem das Bundesgericht bereits über die Schuld befunden habe, eine neue Hauptverhandlung nicht erforderlich sei. Gemäss Urteil des Bundesgerichts 6B_76/2013 vom 29. August 2013 hat (in Verfahren, welche der kantonalen Gerichtsbarkeit unterstehen) das Berufungsgericht nach einer Rückweisung durch das Bundesgericht die Frage, ob ein schriftliches oder mündliches Verfahren durchzuführen sei, in Berücksichtigung des durch das Bundesgericht definierten Rahmens der Rückweisung zu lösen. Im Urteil 6B_419/2013 vom 26. September 2013 (E. 1.3) hat das Bundesgericht in Bezug auf das Berufungsverfahren festgehalten, dass, wenn einmal der Sachverhalt festgestellt sei, in einer zweiten Phase die rechtliche Würdigung dieses Sachverhalts vorgenommen werden müsse. In dieser Phase würden Rechtsfragen behandelt. Wenn das Berufungsgericht aber eine neue Beweiswürdigung vornehme, behandle es Sachfragen, was es nicht im schriftlichen Berufungsverfahren nach Art. 406 Abs. 1 StPO tun dürfe.

1.2.2 In Ermangelung eines Berufungsverfahrens in Bundesstrafsachen gelten die betreffenden Grundsätze analog für das Rückweisungsverfahren an die Strafkammer des Bundesstrafgerichts. In Anlehnung an die genannte Rechtsprechung sowie unter Berücksichtigung des Umstands, dass zu allen relevanten Sach- und Rechtsfragen eine mündliche Verhandlung vor dem bundesgerichtlichen Rückweisungsurteil bereits stattgefunden hat, sind vorliegend die Umstände, die eine neue Hauptverhandlung erforderlich machen, wie nachfolgend aufgezeigt wird (E. 1.1.3-1.1.6), nicht gegeben:

1.2.3 Die Bundesanwaltschaft und der Verteidiger erhielten Gelegenheit, sich insbesondere zu Art und Umfang der zu verhängenden Sanktion zu äussern und entsprechende Beweisanträge zu stellen. Das rechtliche Gehör wurde ihnen damit gewährt. Die Privatklägerschaft hat sich zur Strafzumessung selber nicht zu äussern. Die Durchführung einer neuen Hauptverhandlung erweist sich als nicht erforderlich, zumal die Verteidigung darauf verzichtete (TPF pag. 3.520.002) und keine eigentlichen Beweiserhebungen durchzuführen sind. Die Akten wurden von Amtes wegen ergänzt, soweit dies für die Strafzumessung erforderlich war.

1.3 Anklageprinzip

1.3.1 Der Verteidiger hält an seinen Eingaben zur ersten Hauptverhandlung vom 7. April 2017 inklusive Plädoyer fest. Er beantragte in seinem Parteivortrag einen Freispruch wegen Verletzung des Anklagegrundsatzes (TPF pag. 2.925.004). Die Rüge betrifft die Tatbestandsmässigkeit (siehe E. 1.3.2) und ist daher nicht entscheidrelevant, da vorliegend zwingend ein Schuldspruch und eine Strafe auszufällen sind (E. 1.1.4; TPF pag. 2.925.005). Bereits deshalb ist die Rüge nicht zu hören. Die nachfolgenden Erwägungen (E. 1.3.2-1.3.4) erfolgen lediglich aus formellen Gründen, zur Vervollständigung des vorliegenden Entscheides als Urteil.

1.3.2 Der Verteidiger beantragte in seinem Parteivortrag einen Freispruch wegen Verletzung des Anklagegrundsatzes (TPF pag. 2.925.004). Die Anklageschrift vermöge den objektiven und subjektiven Tatbestand nicht darzulegen (TPF pag. 2.925.005). Sie lege nicht dar, welches Geheimnis der Beschuldigte verletzt haben soll und inwiefern er vorsätzlich oder zumindest eventualvorsätzlich gehandelt haben soll (TPF pag. 2.925.005). Der Beschuldigte sei nicht in der Lage, der Anklageschrift die Tathandlung, das Tatobjekt und den subjektiven Tatbestand zu entnehmen (TPF pag. 2.925.005). Die Anklageschrift verletze somit die Umgrenzungs- und Informationsfunktion (TPF pag. 2.925.005).

1.3.3 Nach dem aus Art. 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 2 BV sowie aus Art. 6 Ziff. 1 und 3 lit. a und b EMRK abgeleiteten und nunmehr in Art. 9 Abs. 1 StPO festgeschriebenen Anklagegrundsatz bestimmt die Anklageschrift den Gegenstand des Gerichtsverfahrens (Umgrenzungsfunktion). Die Anklageschrift hat die der beschuldigten Person zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise zu umschreiben, dass die Vorwürfe in objektiver und subjektiver Hinsicht genügend konkretisiert sind. Zugleich bezweckt das Anklageprinzip den Schutz der Verteidigungsrechte der beschuldigten Person und garantiert den Anspruch auf rechtliches Gehör. Gemäss Art. 325 Abs. 1 lit. f StPO bezeichnet die Anklageschrift möglichst kurz, aber genau die der beschuldigten Person vorgeworfenen Taten mit Beschreibung von Ort, Datum, Zeit, Art und Folgen der Tatausführung. Entscheidend ist, dass die beschuldigte Person genau weiss, was ihr konkret vorgeworfen wird, damit sie ihre Verteidigungsrechte angemessen ausüben kann. Das Gericht ist an den in der Anklage wiedergegebenen Sachverhalt gebunden (Immutabilitätsprinzip), nicht aber an dessen rechtliche Würdigung durch die Anklagebehörde (vgl. Art. 350 Abs. 1 StPO ). Kernstück der Anklageschrift bildet die Darstellung der der beschuldigten Person zur Last gelegten Tat. Die Darstellung des tatsächlichen Vorgangs ist auf den gesetzlichen Tatbestand auszurichten, der nach Auffassung der Anklage als erfüllt zu betrachten ist, d.h. es ist anzugeben, welche einzelnen Vorgänge und Sachverhalte den einzelnen Merkmalen des Straftatbestandes entsprechen. Zu den gesetzlichen Merkmalen der strafbaren Handlung gehören neben den Tatbestandsmerkmalen die Schuldform (sofern vorsätzliches und fahrlässiges Verhalten strafbar ist), die Teilnahmeform (Mittäterschaft, Anstiftung, Gehilfenschaft) sowie die Erscheinungsform (Versuch oder vollendetes Delikt) und allfällige Konkurrenzen. Die tatsächlichen Umstände der Tat - Zeit, Ort, Art der Begehung und Form der Mitwirkung, angestrebter oder verwirklichter Erfolg (einschliesslich Kausalzusammenhang) - sind anzugeben und die einzelnen rechtlichen Elemente des Delikts hervorzuheben (siehe Urteil des Bundesgerichts 6B_963/2015 vom 19. Mai 2016, E. 1.3 mit mehreren Hinwiesen). Der Anklagegrundsatz ist im Hinblick auf die Umschreibungsdichte des vom Gericht zu beurteilenden historischen Lebensvorgangs strenger anzuwenden, wenn der Tatvorwurf oder der strafrechtliche Erfolg von einer gewissen Schwere sind, mithin auch die Auswirkungen des Verfahrens auf den Beschuldigten bedeutender sein könnten ( Greiner , Akkusationsprinzip und Wirtschaftsstrafsachen, in: ZStrR 2005, S. 103).

1.3.4 Die Anklage wirft dem Beschuldigten hinreichend klar vor, er habe als Mitarbeiter der Militärversicherung SUVA, am 19. Juni 2015, 11:05 Uhr, den Arztbericht von Dr. med. D. und Dr. med. E. des Kantonsspitals Winterthur vom 13. Mai 2015 über die Gesundheit von B. (Diagnosen / Anamnese / Befunde / Beurteilung / Prozedere) an dessen Arbeitgeber bzw. an den HR-Berater C. weitergeleitet; dies mit der Absicht, den Arztbericht zu widerlegen. Die Weiterleitung des besagten Arztberichts mit besonders schützenswerten Personendaten, welche dem Arbeitgeber noch nicht bekannt waren, sei ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung von B. (nachfolgend: Privatkläger) erfolgt.

An der Konfrontationseinvernahme vom 16. August 2016 wurde dem Privatkläger der Arztbericht vorgelegt und dieser strich mit einem gelben Leuchtmarker genau diejenigen Stellen im Bericht an, welche als Geheimnisse mit besonders schützenswerten Personendaten einzustufen sind (BA pag. 13.01.011; 13.01.0021). Die gekennzeichneten Geheimnisse betreffen die Diagnosen, Anamnese, Befunde, Beurteilung sowie das Prozedere. In diesem Sinne wurde vom Privatkläger genau spezifiziert, welche Teile des Arztberichtes Geheimnisse beinhalten. Die Weiterleitung dieser so spezifizierten Geheimnisse ist es, welche gemäss dem Privatkläger zur Anklage gelangen soll. Der Anklageschrift ist somit mit aller Deutlichkeit zu entnehmen, welche besonders schützenswerten Geheimnisse durch den Beschuldigten an den Arbeitgeber des Privatklägers preisgegeben wurden. Es handelt sich um die Diagnosen, Anamnese, Befunde, die Beurteilung und das Prozedere. Mit dieser Spezifikation im Arztbericht wurde dem Beschuldigten rechtsgenügend die Möglichkeit gegeben, sich gegen den Anklagevorwurf zu verteidigen. Der Verteidiger ignoriert ferner in subjektiver Hinsicht, dass laut Anklage der Beschuldigte den Arztbericht an den Arbeitgeber des Privatklägers weiterleitete, um diesen zu widerlegen. Die Anklage wirft mit dieser Formulierung dem Beschuldigten vorsätzliches Handeln vor. Entgegen den Vorbringen des Verteidigers äussert sich damit die Anklage sehr wohl zum Vorsatz des Beschuldigten. Der Tatverdacht ist damit in objektiver und subjektiver Hinsicht mit der hinreichenden Klarheit geschildert. Die Voraussetzungen von Art. 325 Abs. 1 lit. f und nota bene auch lit. g StPO sind erfüllt. Eine Verletzung des Anklagegrundsatzes gemäss Art. 9 StPO ist nicht gegeben. Die Rüge der Verletzung des Anklagegrundsatzes ist daher unbegründet.

1.4 Einwand des Verteidigers

a) Der Verteidiger wendet ein, die Bundesanwaltschaft habe den rechtserheblichen Anklagesachverhalt in zweierlei Hinsicht ungenau erstellt (TPF pag. 2.925.006). Der Beschuldigte habe die E-Mail vom 19. Juni 2015 mit dem Arztbericht des Kantonsspitals Winterthur nicht in der Funktion als Case Manager" der Militärversicherung an den Personalchef des Strafklägers, C., versandt (TPF pag. 2.925.006). Er sei nie fallführender Sachbearbeiter des Dossiers des Privatklägers gewesen. Der Beschuldigte habe lediglich von der zuständigen Sachbearbeiterin der Militärversicherung, F., den Auftrag zur Sachverhaltsabklärung betreffend des gesundheitlichen Zustandes des Privatklägers erhalten (TPF pag. 2.925.006). Ausserdem habe er mit der Weiterleitung des Arztberichtes an den Arbeitgeber des Privatklägers nicht versucht, diesen zu widerlegen (TPF pag. 2.925.006 f.).

b) Art. 325 Abs. 1 StPO definiert, welche Informationen die Anklageschrift zu enthalten hat und spezifiziert insbesondere, auf welche Weise der Sachverhalt im Sinne des Anklageprinzips gemäss Art. 9 StPO zu umschreiben ist, mithin die grundrechtlichen Vorgaben zu erfüllen sind. Die Festlegung des Sachverhalts ist zentral, weil dadurch der Prozessgegenstand fixiert und der Beschuldigte geschützt wird, von einem Vorhalt überrascht zu werden. Auf diese Weise wird in diesem Verfahrensabschnitt ein faires Verfahren i.S.v. Art. 6 Ziff. 1 EMRK gewährleistet. Zu beachten ist, dass Ungenauigkeiten in der Sachverhaltsdarstellung der Anklageschrift nicht zwingend zur Folge haben, dass die Anklage an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen werden muss bzw. eine Einstellung oder ein Freispruch zu erfolgen hat ( Heimgartner/Niggli, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 325 StPO N. 37). Eine Verletzung des Anklageprinzips liegt nur vor, wenn der Beschuldigte nicht in genügender Weise über den ihm vorgeworfenen Sachverhalt informiert worden ist ( Heimgartner/Niggli, a.a.O., Art. 325 StPO N. 37). Das Anklageprinzip ist verletzt, wenn die Anklage nicht die Umstände anführt, welche auf das Vorliegen der Kernelemente eines Tatbestands schliessen lassen ( Heimgartner/Niggli, a.a.O., Art. 325 StPO N. 37).

c) Wie in E. 1.3 dargelegt, wurde der Beschuldigte in genügender Weise über den ihm vorgeworfenen Sachverhalt informiert. Dem Anklagesachverhalt ist in objektiver und subjektiver Hinsicht klar zu entnehmen, was dem Beschuldigten vorgeworfen wird. Die Anklage führt sämtliche Umstände an, welche auf das Vorliegen der Kernelemente des Tatbestands der Verletzung des Amtsgeheimnisses gemäss Art. 320 Ziff. 1 Abs. 1 StGB schliessen lassen. Der Beschuldigte konnte sich somit hinreichend gegen den Anklagevorwurf verteidigen. Die vom Verteidiger geltend gemachten Ungenauigkeiten in der Sachverhaltsdarstellung hätten somit - sofern sie denn überhaupt vorliegen sollten - von vornherein keine Verletzung des Anklageprinzips zur Folge. Der Entscheid darüber ergeht auf der Basis sämtlicher erhobener Beweise, nicht exklusiv aufgrund der in der Anklageschrift genannten. Der Einwand des Verteidigers ist daher unbegründet.

1.5 Anträge der Verteidigung

1.5.1 Der Verteidiger hält an seinen Eingaben bzw. Anträgen zur ersten Hauptverhandlung vom 7. April 2017 inklusive Plädoyer fest. Diese betreffen insbesondere die Tatbestandsmässigkeit (siehe E. 1.5.2) und sind vorliegend nicht mehr entscheidrelevant, da aufgrund des bundesgerichtlichen Entscheides ein Schuldspruch und eine Strafe auszufällen sind (E. 1.1.4). Die nachfolgende Erwägung erfolgt lediglich im Interesse der Vollständigkeit des vorliegenden Entscheides.

1.5.2 Der Verteidiger stellte in der Hauptverhandlung vom 7. April 2017 diverse Beweisanträge (Einvernahme des Arbeitgebers bzw. HR-Beraters C.; Einvernahme der Ärzte des Kantonsspitals Winterthur D. und E.; Einvernahme des Vorgesetzten des Privatklägers G.; Einvernahme des Aussendienstmitarbeiters der Militärversicherung SUVA E.; Beizug des Personaldossiers des Privatklägers; Einvernahme der Case Managerin der Militärversicherung F.). Der Einzelrichter entschied über diese mit Verfügung und begründete den Entscheid summarisch (TPF pag. 2.920.006 f.). Es kann an dieser Stelle auf den abweisenden Entscheid verwiesen werden. Die beantragten Befragungen sowie der Beizug des Personaldossiers erscheinen nicht notwendig. Eine vollständige Begründung eines solchen Entscheids erfolgt grundsätzlich im Endentscheid. In Anbetracht des Verfahrensausgangs erweisen sich die thematisierten Anträge indes als nicht entscheiderheblich (E. 1.5.1). Auf diesbezügliche Weiterungen kann daher verzichtet werden.

2. Verletzung des Amtsgeheimnisses (Art. 320 Ziff. 1 Abs. 1 StGB )

2.1 Rechtliches

2.1.1 Wer ein Geheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Mitglied einer Behörde oder als Beamter anvertraut worden ist, oder das er in seiner amtlichen oder dienstlichen Stellung wahrgenommen hat, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 320 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ).

2.1.2

2.1.2.1 Tatobjekt

Bei Art. 320 Ziff. 1 Abs. 1 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt. Der Tatbestand kann nur von einem Behördenmitglied oder Beamten erfüllt werden. Tatobjekt ist das Geheimnis. Als Geheimnis gelten jene Tatsachen, die relativ unbekannt sind und an deren Geheimhaltung für den Geheimnisherr ein berechtigtes Interesse besteht, das er gewahrt wissen will ( Stratenwerth/Bommer , Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II: Straftaten gegen Gemeininteressen, 7. Aufl., Bern 2013, 6. Kap., § 61, I. N. 5). Massgebend ist ein materieller Geheimnisbegriff und somit ist es unerheblich, ob die betreffende Tatsache von der zuständigen Behörde für geheim erklärt worden ist oder nicht. Bei einem Arztbericht gehören etwa Anamnese, Untersuchungsergebnisse, Diagnose, Therapiemassnahmen, Prognose, physische oder psychische Besonderheiten und ebenso sämtliche Angaben über persönliche, familiäre, berufliche, wirtschaftliche oder finanzielle Umstände zu den geheimhaltungspflichtigen Tatsachen ( Oberholzer , in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, 3. Aufl., Basel 2013, Art. 321 StGB N. 14; Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, SB160142-O/U/cw vom 30. August 2016, E. 3.4.1 a). Ein privates Geheimhaltungsinteresse besteht, wenn die Bekanntgabe dem Betroffenen nachteilig sein kann ( Trechsel/Vest, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, Art. 320 StGB N. 5). Entscheidend ist allein, dass es sich um eine Tatsache handelt, die weder offenkundig noch allgemein zugänglich ist und bezüglich derer der Geheimnisherr nicht nur ein berechtigtes Interesse, sondern auch den ausdrücklich oder stillschweigend bekundeten Willen zur Geheimhaltung hat ( Oberholzer , a.a.O., Art. 320 StGB N. 8; vgl. BGE 114 IV 44 E. 2 S. 46). Zwischen der Kenntnis des Geheimnisses und der amtlichen Funktion muss ferner ein Kausalzusammenhang bestehen, da nur Tatsachen erfasst werden, die dem Amtsträger in seiner Eigenschaft als Mitglied einer Behörde oder als Beamter anvertraut worden sind oder die er in seiner amtlichen Stellung wahrgenommen hat ( Oberholzer , a.a.O., Art. 320 StGB N. 9).

2.1.2.2 Tathandlung

Die Tathandlung besteht im Offenbaren. Der Täter muss das Geheimnis einer nicht ermächtigten Drittperson zur Kenntnis bringen oder die Kenntnisnahme zumindest ermöglichen. Auf welchem Weg dies geschieht, ist unbeachtlich ( Oberholzer , a.a.O., Art. 320 StGB N. 10). Ein Geheimnis kann dabei selbst dann offenbart werden, wenn der Empfänger die geheim zu haltende Tatsache bereits kennt oder vermutet, weil dadurch seine unsicheren oder unvollständigen Kenntnisse ergänzt oder verstärkt werden ( Oberholzer , a.a.O., Art. 320 StGB N. 10; Trechsel/Vest , a.a.O., Art. 320 StGB N. 8).

2.1.2.3 Subjektiver Tatbestand

In subjektiver Hinsicht ist für die Strafbarkeit gemäss Art. 320 Ziff. 1 Abs. 1 StGB Vorsatz erforderlich, wobei Eventualvorsatz genügt. Der Beamte muss die Tatsache im Wissen um deren Geheimnischarakter offenbaren oder dies zumindest in Kauf nehmen ( Oberholzer , a.a.O., Art. 320 StGB N. 11). Es ist Vorsatz erforderlich, der sich auf das Vorliegen eines Geheimnisses und auf das Offenbaren beziehen muss ( Trechsel/Vest , a.a.O., Art. 320 StGB N. 10). Der Täter muss mit Wissen um die Geheimnispflicht und im Bewusstsein des Geheimnischarakters einem Dritten ein Geheimnis offenbaren oder zumindest die Kenntnisnahme eines solchen durch einen Dritten in Kauf nehmen. Kenntnis der Geheimhaltungspflicht wird in der Ausbildung vermittelt und kann regelmässig vermutet werden ( Trechsel/Vest , a.a.O., Art. 321 StGB N. 26). Vorsätzlich begeht die Tat, wer sie mit Wissen und Willen ausführt. Eventualvorsatz ist gegeben, wenn der Täter den Eintritt des Erfolgs beziehungsweise die Tatbestandsverwirklichung für möglich hält, aber dennoch handelt, weil er den Erfolg für den Fall seines Eintritts in Kauf nimmt, sich mit ihm abfindet, mag er ihm auch unerwünscht sein (BGE 131 IV 1 E. 2.2). Oder anders ausgedrückt: Eventualvorsatz kann angenommen werden, wenn sich dem Täter der Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs infolge seines Verhaltens als so wahrscheinlich aufdrängte, dass sein Verhalten vernünftigerweise nur als Inkaufnahme dieses Erfolgs gewertet werden kann (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6S.359/2005 vom 22. Dezember 2006, E. 2.3; BGE 131 IV 1 E. 2.2 und 130 IV 58 E. 8.2).

2.1.2.4 Rechtswidrigkeit

Allfälligen Rechtfertigungsgründen kommt beim Straftatbestand der Verletzung des Amtsgeheimnisses erhebliche Bedeutung zu ( Oberholzer , a.a.O., Art. 320 StGB N. 12). Im Hinblick auf die allgemeinen - gesetzlichen und aussergesetzlichen - Rechtfertigungsgründe ist insbesondere auf Art. 14 StGB hinzuweisen. Wer handelt, wie es das Gesetz gebietet oder erlaubt, verhält sich rechtmässig, auch wenn die Tat nach diesem oder einem anderen Gesetz mit Strafe bedroht ist ( Oberholzer , a.a.O., Art. 320 StGB N. 12). Rechtmässig ist gemäss Art. 320 Ziff. 2 StGB die Offenbarung mit schriftlicher Einwilligung der vorgesetzten Behörde ( Trechsel/Vest , a.a.O., Art. 320 StGB N. 11). Nach dem Wortlaut kommt es auf den Willen des betroffenen Individuums nicht an ( Trechsel/Vest , a.a.O., Art. 320 StGB N. 11). Zweifelhaft sind die Konsequenzen, die eine Einwilligung des Berechtigten nach sich ziehen, da nicht feststeht, wer als Geheimnisherr in Betracht kommt. Fehlt es an einem eigenständigen Geheimhaltungsinteresse des Gemeinwesens, muss der Einwilligung der betroffenen Privatperson zur Offenbarung des sie allein betreffenden Amtsgeheimnisses rechtfertigende Wirkung zukommen ( Oberholzer , a.a.O., Art. 320 StGB N. 13; Trechsel/Vest , a.a.O., Art. 320 StGB N. 13). Der Täter ist somit nicht strafbar, wenn er das Geheimnis aufgrund einer Einwilligung des Berechtigten offenbart. Willigt der Geheimnisherr vorbehaltlos in die Offenbarung ein, liegt schon gar kein Geheimnis vor, weil der Geheimhaltungswille fehlt; in einem solchen Fall entfällt bereits die Tatbestandsmässigkeit (Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, SB160142-O/U/cw vom 30. August 2016, E. 3.4.1 b). Nach geltendem Recht ist für Forschungsuntersuchungen mit Angaben aus der Krankengeschichte die Zustimmung aller Beteiligten notwendig ( Trechsel/Vest , a.a.O., Art. 320 StGB N. 13 mit Hinweis auf Jaggi in BVR 1990 90). Die nachträgliche schriftliche Einwilligung wird als Rechtfertigung im Sinne von Art. 320 Ziff. 2 StGB anerkannt ( Trechsel/Vest , a.a.O., Art. 320 StGB N. 11). In subjektiver Hinsicht muss beim Beschuldigten die Kenntnis oder zumindest die zu Recht erfolgte Annahme darüber vorliegen, dass eine Einwilligung erfolgt ist, damit die Einwilligung ihre Wirkung entfalten kann (Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, a.a.O., E. 3.5.1 b m.w.H.).

2.1.3 Art. 33 des Bundesgesetzes über den allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts ( ATSG , SR 830.1) statuiert, dass Personen, die an der Durchführung sowie der Kontrolle oder der Beaufsichtigung der Durchführung der Sozialversicherungsgesetze beteiligt sind, gegenüber Dritten Verschwiegenheit zu bewahren haben. Als Dritte" gelten dabei ohne Zweifel alle Personen ausserhalb des Versicherungsträgers des betreffenden Sozialversicherungszweigs, insbesondere auch der Arbeitgeber ( Kieser , ATSG-Kommentar, 3. Aufl., Zürich 2015, Art. 33 ATSG N. 21). Bei der Fallbearbeitung durch die Militärversicherung dürfen gemäss Art. 95a Abs. 6 lit. b des Bundesgesetzes über die Militärversicherung (Militärversicherungsgesetz, MVG , SR 833.1) in Abweichung von Artikel 33 ATSG Daten an Dritte wie folgt bekannt gegeben werden: Personendaten, sofern die betroffene Person im Einzelfall schriftlich eingewilligt hat oder, wenn das Einholen der Einwilligung nicht möglich ist, diese nach den Umständen als im Interesse des Versicherten vorausgesetzt werden darf. Bei Art. 95a Abs. 6 lit. b MVG handelt es sich somit um einen gesetzlichen Rechtfertigungsgrund (siehe E. 2.1.2.4). Die gesetzliche Formulierung im Einzelfall" stellt klar, dass für jeden einzelnen Arztbericht, welcher durch die Militärversicherung an Dritte herausgegeben wird, eine schriftliche Einwilligung des Versicherten bzw. Patienten vorliegen muss.

2.1.4 Das Bundesgericht hat mit Urteil 6B_1199/2016 vom 4. Mai 2017 in einem ähnlich gelagerten Fall Folgendes entschieden: Ein vom Arbeitgeber eingesetzter Vertrauensarzt untersteht bei der Information über die Ergebnisse der Untersuchung eines Arbeitnehmers dem strafrechtlich geschützten Berufsgeheimnis nach Art. 321 StGB (E. 1.2). Ohne weitergehende Ermächtigung des Arbeitnehmers darf sich der Vertrauensarzt gegenüber dem Arbeitgeber nur zum Bestehen, zur Dauer und zum Grad einer Arbeitsunfähigkeit äussern, sowie zur Frage, ob es sich um eine Krankheit oder einen Unfall handelt (E. 2.2). Der zur Diskussion stehende Arztbericht enthält derart viele sensible Informationen, deren Relevanz für die Frage der Arbeitsfähigkeit nicht ersichtlich ist, dass dem Beschwerdeführer augenfällig sein musste, dass er nicht sämtliche Informationen an die Arbeitgeberin weiterleiten durfte (E. 3.1). Das Bundesgericht bestätigt somit die Verurteilung des Arztes, der dem Arbeitgeber auch seine Diagnose und weitere Angaben zum betroffenen Angestellten mitgeteilt hat (E. 2.2 ff.). Ob und in welchem Umfang der Vertrauensarzt dem Arbeitgeber berichten darf, hängt davon ab, inwieweit er seitens des Arbeitnehmers vom Geheimnis entbunden worden ist. (E. 2.2 f.; siehe dazu auch die Medienmitteilung des Bundesgerichts vom 22. Mai 2017 zum Urteil des Bundesgerichts 6B_1199/2016 vom 4. Mai 2017). Die vom Bundesgericht erwähnten Geheimnispflichten für Ärzte gelten der Logik entsprechend auch für Mitarbeiter der Militärversicherung bzw. der SUVA, welche im Rahmen von Umschulungsmassnahmen und dergleichen im Besitze von Arztberichten sind.

2.1.5 Gemäss dem Leitfaden betriebliches Case Management Bund (Info Pers Fokus) des Eidgenössischen Personalamtes EPA dürfen ohne entsprechende Ermächtigung des Betroffenen keine besonders schützenswerten Daten - u.a. Arztberichte - weitergegeben werden (BA pag. 15.02.0001, 0014). Die Case Manager der Militärversicherung haben ebenfalls einen amtsinternen Leitfaden (TPF pag. 2.930.003 f.).

2.2 Anklageschrift

2.2.1 Die Anklageschrift muss den als strafbar erachteten Sachverhalt und die als erfüllt erachtete Strafnorm anführen (Art. 353 Abs. 1 lit. c und d bzw. Art. 325 Abs. 1 lit. f und g StPO ). Das Gericht ist an den in der Anklageschrift bezeichneten Sachverhalt gebunden (Art. 350 Abs. 1 StPO ).

2.2.2 Die Bundesanwaltschaft wirft dem Beschuldigten folgenden Anklagesachverhalt vor: "A. wurde als Case Manager der Militärversicherung mit den Abklärungen betreffend den gesundheitlichen Zustand von B., Militärpolizist beim VBS, beauftragt. Im Rahmen dieser Funktion leitete A. per E-Mail am 19. Juni 2015, um 11:05 Uhr, den Arztbericht von Dr. med. D. und Dr. med. E. des Kantonsspitals Winterthur vom 13. Mai 2015 über die Gesundheit von B. (Diagnosen / Anamnese / Befunde / Beurteilung / Prozedere) an dessen Arbeitgeber bzw. an den HR-Berater C. weiter, dies mit der Absicht, diesen Arztbericht zu widerlegen. Die Weiterleitung des besagten Arztberichtes mit besonders schützenswerten Personendaten (vgl. Art. 3 lit. c DSG , SR 235.1), welche dem Arbeitgeber noch nicht bekannt waren, ist ohne eine gesetzliche Grundlage erfolgt und B. hatte hierfür zu keinem Zeitpunkt seine ausdrückliche und schriftliche Zustimmung erteilt (Art. 95a Abs. 6 lit. b MVG , SR 833.1)." A. habe sich dadurch der Verletzung des Amtsgeheimnisses gemäss Art. 320 Ziff. 1 Abs. 1 StGB schuldig gemacht.

2.3 Beweismittel

2.3.1 Bei der Konfrontationseinvernahme vom 16. August 2016 sagte der Privatkläger aus, vertrauliche detaillierte Informationen würden seinen Arbeitgeber nichts angehen (BA pag. 13.01.0008). Er habe nie gegenüber der Militärversicherung zugestimmt, dass ärztliche Berichte über ihn an seinen Arbeitgeber weitergeleitet werden dürften (BA pag. 13.01.0008). Der Arzt dürfe solche Berichte, wie denjenigen vom 13. Mai 2015, auch nicht an den Arbeitgeber weiterleiten. Ihm sei auch klar, dass eine Versicherung mit dem Arbeitgeber reden und eine Lösung finden müsse (BA pag. 13.01.0009 f.). Dies betreffe aber nicht detaillierte Arztberichte. Der Arzt habe die Geheimhaltung zu wahren und ein ihn betreffender Arztbericht dürfe nicht ohne seine Zustimmung weitergeleitet werden (BA pag. 13.01.0010). Es gehe ihm prinzipiell darum, dass Arztberichte den Arbeitgeber nichts angehen (BA pag. 13.01.0010). Auf die Frage, inwieweit dem Arbeitgeber die Gesundheitssituation bekannt gewesen sei, sagte er aus: Diese Personen hätten keine medizinischen Berichte von ihm gehabt (BA pag. 13.01.0010). Sie hätten jedoch ärztliche Zeugnisse über seine Arbeitsunfähigkeit gehabt. Zusätzlich hätten sie mündliche Informationen über seine Gesundheit gehabt, aber nicht detaillierte. Er wiederhole noch einmal, sie hätten keine Arztberichte über ihn gehabt (BA pag. 13.01.0010). Fast der ganze Arztbericht sei für Dritte bzw. seinen Arbeitgeber geheim gewesen (BA pag. 13.01.0011 f.). Auf Frage, wieso er mit einer Übermittlung des Arztberichtes nicht einverstanden gewesen wäre, sagte er aus, weil es sich um einen ärztlichen Bericht mit persönlichen schützenswerten Daten über seine Gesundheit handle (BA pag. 13.01.0012).

Im Rahmen der Einvernahme wurde dem Privatkläger der Arztbericht des Kantonsspitals Winterthur vom 13. Mai 2015 vorgelegt und er konnte mit einem gelben Leuchtmarker diejenigen Textstellen markieren, welche damals für Dritte bzw. seinen Arbeitgeber geheim waren. Der Privatkläger bezeichnete die Rubriken Diagnosen, Anamnese (bis auf die Medikation), die Befunde sowie die Beurteilung vollständig als geheim. Lediglich die Rubrik Prozedere stufte er nicht als vollständig geheim ein. Ansonsten erachtet der Privatkläger nahezu den ganzen Arztbericht als geheim (BA pag. 13.01.0021 f.).

2.3.2 Der Beschuldigte sagte bei der Konfrontationseinvernahme vom 16. August 2016 aus, er sei aufgrund einer Passage im Bericht (gemeint: Aussendienstprotokoll von H. von der Militärversicherung vom 11. Juni 2013) davon ausgegangen, dass der Wille des Privatklägers zu einer offenen Abklärung vorhanden sei (BA pag. 13.01.0008). In diesem Bericht würde ja wiedergegeben, dass der Wille des Privatklägers da sei, dass die Problematik mit seinem Arbeitgeber besprochen werde (BA pag. 13.01.0008). Aus diesem Aussendienstgespräch, welches H. mit dem Privatkläger am 11. Juni 2013 geführt habe, habe er klar abgeleitet, dass hier die Einwilligung des Privatklägers im Sinne einer Vollmacht zu einer umfassenden Sachverhaltsabklärung vorliege. Zudem gehe aus einer Beilage zu diesem Protokoll (E-Mail des Privatklägers vom 23. Mai 2013 an I. und G.) hervor, dass die medizinische Situation des Privatklägers seinem Arbeitgeber bzw. seinen Linienvorgesetzten bekannt gewesen sei (BA pag. 13.01.0008). Aufgrund dieser Umstände habe er sich berechtigt, ja gar verpflichtet gefühlt, diesen Arztbericht des Kantonsspitals Winterthur dem HR-Berater des VBS, C., weiterzuleiten, zumal in diesem Bericht keine persönlichen Daten oder Geheimnisse enthalten seien (BA pag. 13.01.0008). Sein Auftrag sei die Sachverhaltsabklärung gewesen (BA pag. 13.01.0011). Er sei zu dem Zeitpunkt, als er den Arztbericht C. übermittelt habe, davon ausgegangen, dass die gesundheitliche Wirbelsäulenproblematik dem Arbeitgeber des Privatklägers bekannt gewesen sei. Aufgrund des Protokolls vom Juni 2013, insbesondere aber aus dem Bericht des Kantonsspitals Winterthur, habe er davon ausgehen müssen, dass der Privatkläger mit der Übermittlung des Arztberichts an C. einverstanden gewesen sei (BA pag. 13.01.0011). Seine Legitimation zur Weitergabe des Arztberichtes an C. habe er aus dem Protokoll H. und aus dem Arztbericht abgeleitet (BA pag. 13.01.0012), in welchem wohl medizinische Daten stünden, aber im Hinblick auf eine klare Sachverhaltsabklärung für ihn nicht problematisch gewesen seien (BA pag. 13.01.0012). Auf Frage, ob er vertrauliche Daten von B. im Arztbericht vom 13. Mai 2015 an C. habe weiterleiten wollen, sagte er aus: Ja, ich habe es ja auch gemacht" (BA pag. 13.01.0013).

An der Hauptverhandlung vom 7. April 2017 bestätigte der Beschuldigte die Aussagen bei der Bundesanwaltschaft (TPF pag. 2.930.007). Weitergehend führte er aus, er berücksichtige bei seiner Arbeit das Militärversicherungsgesetz (TPF pag. 2.930.004). Sie hätten bei der Militärversicherung einen Leitfaden in Bezug auf das Vorgehen als Case Manager (TPF pag. 2.930.003 f.). Er habe den Arztbericht von der zuständigen Sachbearbeiterin F. erhalten. Er gehe davon aus, dass sie den Arztbericht beim Hausarzt J. verlangt habe (TPF pag. 2.930.007). Auf Frage, welchen Auftrag er von F. erhalten habe, sagte er aus, ausgehend vom Arztbericht, habe sie gesagt, er solle die Umstände der Arbeitsfähigkeit des Privatklägers beim Arbeitgeber abklären (TPF pag. 2.930.008). Er sei dann zuerst zum Kreisarzt Dr. K., Facharzt für orthopädische Chirurgie, gegangen. Er habe ihm den Arztbericht vorgelegt. Er (gemeint: K.) habe dann ganz kurz aus seiner Sicht die medizinischen Befunde bewertet. K. habe gesagt, wir müssten noch detaillierter über die körperlichen Anforderungen der Tätigkeit des Privatklägers wissen. Dann habe im Raum gestanden, Abklärungen beim Arbeitgeber, bei der militärischen Sicherheit, zu machen. Er habe dann mit C. Kontakt aufgenommen und den Arztbericht mit der E-Mail geschickt (TPF pag. 2.930.008). Die Frage, ob ihm C. gesagt habe, er müsse den Arztbericht haben, verneinte der Beschuldigte (TPF pag. 2.930.009). Er habe sich gedacht, dass dies sachdienlich sei und zweitens im Sinne des Privatklägers und drittens eine Einwilligung vorliege. Der Beschuldigte brachte an der Hauptverhandlung erstmals vor, F. habe ihm gesagt, es liege eine Einwilligung vor. Das Dokument Ermächtigung zum Case Management (gemeint: das Schreiben Ermächtigung für das Case Management" der Militärversicherung SUVA; analog demjenigen vom 10. August 2016 [TPF pag. 2.925.001]) sei unterschrieben worden. Auch im Protokoll H. werde der ausdrückliche Wunsch geäussert, die Sache endlich mit dem Arbeitgeber zu besprechen (TPF pag. 2.930.009). Auf Frage, ob der Privatkläger irgendwie zum Ausdruck gebracht habe, der Arztbericht solle dem Arbeitgeber geschickt werden, sagte der Beschuldigte aus: Er denke, man habe davon ausgehen müssen, weil es werde in diesem konkreten Bericht (gemeint: Aussendienstprotokoll von H. von der Militärversicherung vom 11. Juni 2013) eine Besprechung mit dem Arbeitgeber angeregt (TPF pag. 2.930.009). Er habe angenommen, er habe eine schriftliche Ermächtigung im Einzelfall (TPF pag. 2.930.009). Art. 95a Abs. 6 lit. b des Militärversicherungsgesetzes sei ihm bewusst gewesen (TPF pag. 2.930.010). Auf Frage, warum er das Gefühl gehabt habe, eine schriftliche Einwilligung im Einzelfall zu haben, sagte er aus: Ja, weil ihm das auch so von F. gesagt worden sei. In Bezug auf den Arztbericht des Kantonsspitals Winterthur vom 13. Mai 2015 sagte er aus, es werde erwähnt, man bitte die Militärversicherung, mit dem Arbeitgeber Kontakt aufzunehmen (TPF pag. 2.930.010). Auf Frage, inwiefern er eine Einwilligung sehe, mit dem Arbeitgeber zu sprechen, sagte er aus: Weil der Privatkläger früher gegenüber dem Aussendienst ganz klar gesagt habe, er wäre jetzt wirklich langsam froh, die Militärversicherung würde dieses Thema mit dem Arbeitgeber besprechen (TPF pag. 2.930.010). Der Einzelrichter las dem Beschuldigten folgende Stelle des Protokolls der Militärversicherung vom 11. Juni 2013 vor: Ich wäre froh, wenn mein Problem durch einen Mitarbeiter der Militärversicherung mit dem Personalchef C. besprochen werden könnte. Evtl. Abänderung des Pflichtenheftes?" (TPF pag. 2.930.011). Auf Frage, ob das für ihn eine schriftliche Einwilligung sei, sagte der Beschuldigte aus: Ja, zum Teil. Dem Beschuldigten wurde eine E-Mail des Privatklägers an seine Vorgesetzten I. und G. vorgehalten. Der Beschuldigte bejahte, dass er diese als Ermächtigung zur Bekanntgabe des Arztberichtes betrachte (TPF pag. 2.930.011). Er sei davon ausgegangen, dass F. eine schriftliche Einwilligung eingeholt habe (TPF pag. 2.930.013). Sie habe gesagt, sie habe eine schriftliche Einwilligung (TPF pag. 2.930.013 f.). Dann habe sich gezeigt, dass sie das nicht gemacht habe (TPF pag. 2.930.014). Auf Frage, was er in den bisherigen Fällen in Bezug auf die Einwilligung gemacht habe, sagte er aus: Seit es dieses Formular (gemeint: Ermächtigung für das Case Management) geben würde, würden sie es unterzeichnen lassen (TPF pag. 2.930.015). Das Formular habe die Militärversicherung irgendwann in den Jahren 2005-2010/2012 geschaffen. Der Privatkläger habe das Formular glaublich im August 2016 unterzeichnet (TPF pag. 2.930.016). Er sei aufgrund der Aussagen von F. der Meinung gewesen, dieses Formular sei unterschrieben worden (TPF pag. 2.930.016). Auf die Frage, ob es notwendig gewesen sei, dass der Arbeitgeber erfährt, an welchem Wirbel genau der Privatkläger einen Schaden habe, sagte er aus: Also, an die Wirbelsäulengeschichte LWK oder HWS 3, 4, 5, an das habe er so nicht gedacht (TPF pag. 2.930.017). Natürlich wisse wahrscheinlich niemand, welche Wirbel betroffen seien. Aber jeder vom Korps wisse, dass der Privatkläger Rückenschmerzen habe. Es sei schon so, dass niemand wisse, welcher Wirbel betroffen sei, aber jeder wisse, dass er Rückenschmerzen habe (TPF pag. 2.930.017 f.). Es sei nicht irgendein Arztbericht gewesen, den er weitergeleitet habe (TPF pag. 2.930.018). Sondern der, welcher klar die Konklusionen zwischen den Beschwerden des Versicherten und dem Anforderungsprofil bei seiner Arbeit als Militärpolizist betreffen würde. Der Einzelrichter hielt dem Beschuldigten vor, dass er gesagt habe, dass es nicht darauf ankomme, welcher Wirbel betroffen sei. Aber dies sei eben geschützt (gemeint: ein materielles Geheimnis). Der Beschuldigte antwortete, ja er wisse dies (TPF pag. 2.930.018). Auf Vorhalt der E-Mail des Beschuldigten an C., wonach er geschrieben habe, es sei immer schwierig so einen Fachbericht zu widerlegen, sagte er aus: Es sei nicht so, dass er zu dieser Bemerkung komme, sondern Dr. K. (TPF pag. 2.930.018 f.). Das sei das Ergebnis seiner Besprechung mit Dr. K. (TPF pag. 2.930.019). Er beziehe sich auf das Gespräch mit Dr. K. (TPF pag. 2.930.020). Das Dossier sei auch elektronisch vorhanden (TPF pag. 2.930.021). Er habe das Dossier des Privatklägers soweit sachdienlich studiert, bevor er den Arztbericht weitergeschickt habe. Er habe von F. den Auftrag erhalten, die Frage der Umschulung abzuklären, welche Tätigkeit der Privatkläger machen müsse. Er habe von F. den Auftrag mit der Zusicherung erhalten, es bestehe eine schriftliche Einwilligung des Privatklägers zur Herausgabe der Daten (TPF pag. 2.930.022 f.).

2.3.3 Der Privatkläger hat in einer E-Mail vom 23. Mai 2013 seinen Vorgesetzten I. und G. geschrieben, sie würden seine gesundheitliche Situation kennen. Er habe Rückenprobleme (BA pag. 01.02.0035).

2.3.4 Dem Aussendienstprotokoll von H. von der Militärversicherung vom 11. Juni 2013 ist zu entnehmen, dass der Privatkläger Rückenschmerzen hat. In der Rubrik weiteres Vorgehen ist Folgendes zu entnehmen: Ich wäre froh, wenn mein Problem durch einen Mitarbeiter der Militärversicherung mit dem Personalchef C. besprochen werden könnte. Evtl. Abänderung des Pflichtenheftes?" (BA pag. 01.02.0030).

2.3.5 Der dreiseitige Arztbericht von Dr. med. D. und Dr. med. E. des Kantonsspitals Winterthur vom 13. Mai 2015 enthält zahlreiche detaillierte und sensible Angaben zur Diagnose, Anamnese (inkl. genauer Beschreibung der Leiden und Medikation), zum Befund, zur Beurteilung sowie zum Prozedere (BA pag. 01.02.0032 ff.; 13.01.0021, -0023). In der Rubrik Anamnese wird ausführlich das jetzige Leiden" des Privatklägers, die persönliche Anamnese, die Systemanamnese sowie die Medikation erläutert. Besonders die Rubriken Befunde und Beurteilung enthalten unzählige medizinische Fachausdrücke. Es wird im Arztbericht detailreich beschrieben, wie der aktuelle gesundheitliche Zustand des Privatklägers ist. Im Titel Befund werden zusammenfassend die gesundheitlichen Beschwerden wiedergegeben. Es wird im medizinischen Bericht dargelegt, welche Tätigkeiten noch ausgeführt werden können und welche nicht. Unter der Rubrik Prozedere wird die Umstellung der Arbeitssituation, respektive allenfalls die Durchführung beruflicher Massnahmen / Umschulung mit Hilfe der Militärversicherung empfohlen. Abschliessend ist dem Arztbericht zu entnehmen: Der Patient wird diesen Sachverhalt mit Ihnen (gemeint ist der Adressat des Arztberichtes Dr. med. J.), respektive seinem Arbeitgeber, bzw. der Militärversicherung besprechen."

2.3.6 Einer E-Mail des Beschuldigten an den Arbeitgeber des Privatklägers (C.) vom 19. Juni 2015 ist Folgendes zu entnehmen: Lieber C. Ich sende Dir noch ein Dokument in Sachen B.. Es ist der Bericht des KSW über eine Sprechstunde vom 12. Mai 2015. Also aktuelle Befunde. Habe darüber mit Dr. med. K., unserem Kreisarzt gesprochen. Es ist immer schwierig, so einen Fachbericht zu widerlegen, aber sicher scheint auch, dass sich die zuständigen Ärzte auf die Aussagen des Versicherten verlassen. Wie dramatisch nämlich die körperliche Belastung ist, bleibt offen" (BA pag. 05.00.0003).

2.3.7 Die Militärversicherung hat gemäss dem Beschuldigten standardisierte Formularverträge mit den Versicherten, in welchen Fällen Daten an die Arbeitgeber herausgegeben werden dürfen. Entscheidend ist das Prinzip der Verhältnismässigkeit. Die Formularverträge haben die Überschrift Ermächtigung für das Case Management" (TPF pag. 2.925.001). Der Ermächtigung für das Case Management der Militärversicherung vom 10. August 2016 ist zu entnehmen: B. enthebt die Militärversicherung von der Schweigepflicht gemäss Art. 33 ATSG und erteilt ihr die Ermächtigung, mit anderen Beteiligten (insbesondere Ärzte, Arbeitgeber, Rechtsvertreter, Haftpflichtversicherung, Job-coach, Verwaltung) an Fällen des Personendossiers 1 (lautend auf B.) die mit dem Case Management zusammenhängenden Fragen zu besprechen und - falls nötig und sachgerecht - die erforderlichen Informationen zu erteilen" (TPF pag. 2.925.001). Darauf hinzuweisen ist, dass diese Ermächtigung für das Case Management rund 14 Monate nach der inkriminierten Weiterleitung des Arztberichtes vom Privatkläger unterschrieben wurde.

2.4 Beweiswürdigung

2.4.1 Das Gericht würdigt die Beweise frei nach seiner aus dem gesamten Verfahren gewonnenen Überzeugung (Art. 10 Abs. 2 StPO ). Das Gebot will sicherstellen, dass der Richter nicht verpflichtet ist, etwas als erwiesen zu erachten, wenn es dies nach seiner Überzeugung nicht ist, oder umgekehrt etwas als nicht erwiesen anzusehen, worüber für ihn kein Zweifel besteht (H OFER , Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 10 StPO N. 58). Überzeugt zeigen darf sich das Gericht nur, wenn es jeden vernünftigen Zweifel ausschliessen kann. Die Überzeugung muss durch gewissenhaft festgestellte Tatsachen und logische Schlussfolgerungen begründet werden; dadurch wird die Herleitung des Beweisergebnisses objektiv nachvollziehbar (H OFER , a.a.O., Art. 10 StPO N. 61). Bestehen unüberwindliche Zweifel an der Erfüllung der tatsächlichen Voraussetzungen der angeklagten Tat, so geht das Gericht von der für die beschuldigte Person günstigeren Sachlage aus (Art. 10 Abs. 3 StPO ). Nach dem allgemein anerkannten, sinngemäss in Art. 10 Abs. 3 StPO festgehaltenen Grundsatz in dubio pro reo werden erhebliche und unüberwindliche Zweifel zugunsten des Beschuldigten gewertet. Freilich kann dabei nicht verlangt werden, dass die Tatschuld gleichsam mathematisch sicher und unter allen Aspekten unwiderlegbar feststeht. Bloss abstrakte und theoretische Zweifel dürfen nicht massgebend sein, weil solche immer möglich sind. Eine theoretische, entfernte Möglichkeit, dass der Sachverhalt anders sein könnte, rechtfertigt keinen Freispruch ( Hauser/Schweri/Hartmann, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl., Zürich 2005, S. 247; Schmid , Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, N. 227, 233).

2.4.2 Beweismässig erstellter Sachverhalt

Der Privatkläger ging in das Kantonsspital Winterthur und liess von Dr. med. D. und Dr. med. E. einen Arztbericht über seine Gesundheit erstellen. Der Arztbericht vom 13. Mai 2015 wurde von der Case Managerin der Militärversicherung F. beigezogen. Sie übergab den Arztbericht dem Beschuldigten, Mitarbeiter bzw. Case Manager bei der Militärversicherung, mit dem Auftrag, den Sachverhalt betreffend den Gesundheitszustand des Privatklägers, Militärpolizist beim VBS, im Hinblick auf allfällige Umschulungsmassnahmen abzuklären. Im Rahmen des Auftrags leitete der Beschuldigte per E-Mail am 19. Juni 2015, um 11:05 Uhr, den detaillierten Arztbericht von Dr. med. D. und Dr. med. E. des Kantonsspitals Winterthur vom 13. Mai 2015 über die Gesundheit des Privatklägers (Diagnosen / Anamnese / Befunde / Beurteilung / Prozedere), an dessen Arbeitgeber bzw. an den HR-Berater C. weiter.

2.4.3 In Würdigung des Gesagten ergibt sich in tatsächlicher (objektiver) Hinsicht zusammenfassend das Folgende:

2.4.3.1 Der Beschuldigte sagte anlässlich der Hauptverhandlung vom 7. April 2017 aus, dass er seit bald 40 Jahren bei der Militärversicherung arbeite (TPF pag. 2.930.004). Er sei seit 2005 Case Manager. Als Case Manager bei der Militärversicherung sei man zuständig für berufliche und soziale Eingliederungsfragen (TPF pag. 2.930.005). Er habe den Arztbericht von der zuständigen Sachbearbeiterin F. bekommen (TPF pag. 2.930.007). Der Beschuldigte betonte mehrmals, dass die zuständige Case Managerin F. ihm den Auftrag für die Sachverhaltsabklärung erteilt habe und demnach für die inkriminierte Handlung verantwortlich sei. Auf Frage, was er von der Case Managerin F. für einen Auftrag erhalten habe, sagte er aus, er sei ausgehend vom Arztbericht beauftragt worden, die Umstände der Arbeitstätigkeit des Privatklägers bei dessen Arbeitgeber abzuklären (TPF pag. 2.930.008). Sollte man der Auffassung des Beschuldigten folgen, ginge die Verantwortung für die Sachverhaltsabklärung beim Arbeitgeber gemäss Art. 394 -406 OR auf ihn über. Er wäre somit ab Beginn der Mandatserteilung der zuständige Fallbearbeiter der Militärversicherung, zumal er selber als Case Manager angestellt war. Diese Rechtsauffassung des Beschuldigten greift aber zu kurz. Er - sowie sein Verteidiger - verkennen vorliegend, dass im Berufsalltag die Verletzung des Amtsgeheimnisses unabhängig von der Funktion begangen werden kann. Demnach ist es unerheblich, wer der/die federführende Sachbearbeiterin im Fall des Privatklägers war, zumal der Beschuldigte seit 2005 Case Manager der Militärversicherung ist. Nach Ansicht des Gerichts geht daher aus dem Anklagesachverhalt hinreichend klar hervor, dass der Beschuldigte für die Abklärung der Arbeitsfähigkeit des Privatklägers und für die Weiterleitung des inkriminierten E-Mails verantwortlich war. Entgegenstehende Einwände des Verteidigers sind unbegründet. Der Versuch des Beschuldigten, die Verantwortung auf seine Kollegin F. abzuwälzen, indem er vorbringt, diese sei für den Fall des Privatklägers zuständig gewesen, ist unbeachtlich.

2.4.3.2 Beweismässig ist ferner unbestritten, dass dem Beschuldigten der Arztbericht als Amtsträger und in seiner Eigenschaft als Mitglied einer Behörde anvertraut wurde und er diesen in seiner amtlichen Stellung wahrgenommen hat.

Der vorne in E. 2.3.5 erwähnte Arztbericht des Kantonsspitals Winterthur vom 13. Mai 2015 geht in der Sache deutlich und im Umfang bei weitem über die im Standardvertrag der Militärversicherung (siehe E. 2.3.7 betreffend Ermächtigung für das Case Management") bezeichneten Informationen hinaus, welche zur Abklärung der Arbeitsfähigkeit bzw. Umschulungsmassnahmen mit dem Arbeitgeber benötigt wurden. Die ungefilterte Weiterleitung des Arztberichts verletzte das Verhältnismässigkeitsprinzip in grober Weise. Dieses Faktum wird selbst seitens des Beschuldigten nicht bestritten, gab er doch an der Hauptverhandlung zu Protokoll, an die Wirbelsäulengeschichte nicht gedacht zu haben (TPF pag. 2.930.017 f.). Natürlich wisse wahrscheinlich niemand, welche Wirbel betroffen seien. Schliesslich gestand er sogar ein, dass er geschützte Geheimnisse preisgab (siehe E. 2.3.2, S. 17, Ja ich weiss" [TPF pag. 2.930.018]). Nach Ansicht des Gerichts enthält der Arztbericht mit der detaillierten Diagnose, der Anamnese, der Medikation, den Befunden, der Beurteilung und dem Prozedere zweifelsohne materielle Geheinisse, welche nicht für den Arbeitgeber des Privatklägers bestimmt waren. Die ungefilterte Offenbarung des vollständigen Arztberichts war im Rahmen des dem Beschuldigten obliegenden Auftrags hinsichtlich der Abklärung von Umschulungsmassnahmen weder notwendig noch zulässig. In all diesen Teilen (Diagnose etc.) ist die Zustellung des Arztberichts des Kantonsspitals Winterthur durch den Beschuldigten am 19. Juni 2015 per E-Mail an den Arbeitgeber des Privatklägers als objektive Verletzung des Amtsgeheimnisses zu werten, zumal, wie nachstehend zu zeigen ist, keine rechtsgenügende Einwilligung vorlag.

Das Geheimnis war nur einem beschränkten Personenkreis bekannt und der Privatkläger hatte an dessen Geheimhaltung ein berechtigtes Interesse, was sich aus der vom Privatkläger im Arztbericht vorgenommenen Spezifikation mit hinreichender Deutlichkeit ergibt (E. 2.3.1; BA pag. 13.01.0021, -0023). Ferner handelt es sich bei einem detaillierten Arztbericht mit Diagnosen, Angaben zur Medikation etc. per se um derart persönliche Daten, dass grundsätzlich jedermann diesbezüglich den Willen zur Geheimhaltung hat. Der Privatkläger hat im Arztbericht genau gekennzeichnet, welche Angaben für Dritte bzw. seinen Arbeitgeber geheim waren. Sämtliche Angaben im Arztbericht über die Diagnose, Anamnese, die Befunde und Beurteilung waren weder offenkundig noch allgemein zugänglich. Der Privatkläger hatte zweifelsohne an diesen Tatsachen nicht nur ein berechtigtes Interesse, sondern auch seinen Willen bezüglich deren Geheimhaltung bekundet. Im Arztbericht ist unter der Rubrik Prozedere (Umschulung bzw. Umstellung der Arbeitssituation) zu entnehmen, dass der Privatkläger den Sachverhalt bzw. die Umschulung mit dem Arbeitgeber bzw. der Militärversicherung besprechen werde. Das zeigt ausdrücklich seinen Geheimhaltungswillen, ansonsten er damit die Militärversicherung beauftragt hätte. Den übrigen Titeln im Arztbericht vom 13. Mai 2015 (Diagnose, Anamnese, Medikation, Befunde Beurteilung) ist diese Bemerkung nicht zu entnehmen. Die Behauptung des Verteidigers, der Arbeitgeber habe vom Inhalt des Arztberichts Kenntnis gehabt, entbehrt jeglicher Grundlage und wird vom Privatkläger kategorisch bestritten. Dem Arbeitgeber des Privatklägers war lediglich bekannt, dass dieser Rückenprobleme hatte (TPF pag. 2.930.011). Dies teilte er in einer E-vom 23. Mai 2013 seinem Arbeitgeber mit. Der Einwand des Beschuldigten, der Arbeitgeber habe vom Arztbericht Kenntnis gehabt, ist daher unbegründet. Ausserdem wird im Arztbericht unter dem Titel Anamnese von jetzigen Leiden" gesprochen, welche bei der ärztlichen Untersuchung im Kantonsspital Winterthur festgestellt wurden. Von der zeitlichen Abfolge her betrachtet ist es daher ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber von den Befunden im Arztbericht bereits seit einiger Zeit Kenntnis hatte. Auch der Beschuldigte spricht im Zusammenhang mit dem Arztbericht von aktuellen Befunden" (BA pag. 05.00.0003). Beim Arztbericht handelt es sich daher grösstenteils um Tatsachen, welche Dritten bzw. dem Arbeitgeber noch nicht bekannt waren und daher um Geheimnisse. Nach dem Gesagten enthält der detaillierte Arztbericht zweifelsohne materielle Geheimnisse. Beweismässig ist somit erstellt, dass der Beschuldigte das materielle Geheimnis einer dazu nicht ermächtigten Drittperson bzw. dem Arbeitgeber des Privatklägers widerrechtlich offenbart hat.

2.4.3.3 Einwände der Verteidigung

Die Verteidigung macht geltend, es liege kein materielles Geheimnis vor (TPF pag. 2.925.011, 013, 016). Ein Geheimnis sei eine dem Empfänger noch nicht bekannte Tatsache. Der Arbeitgeber des Privatklägers habe bereits Kenntnis von den gesundheitlichen Informationen des fraglichen Arztberichts gehabt (TPF pag. 2.925.011; 016). Der Privatkläger habe daher keinen Geheimhaltungswillen gehabt (TPF pag. 2.925.012, 016; 2.920.014). Wie dargelegt wurde (E. 2.4.3.2), sind die Einwände der Verteidigung unbegründet.

2.4.3.4 In Bezug auf die Frage, ob eine schriftliche Einwilligung des Privatklägers gemäss Art. 95a Abs. 6 lit. b MVG vorgelegen habe, den Arztbericht vom 13. Mai 2015 durch die Militärversicherung an seinen Arbeitgeber herauszugeben, ergibt sich Folgendes:

a) Der Beschuldigte wendet ein, aufgrund einer E-Mail des Privatklägers an dessen Vorgesetzte I. und G. vom 23. Mai 2013 sei dem Arbeitgeber die medizinische Situation bekannt gewesen. Der Beschuldigte verkennt, dass der E-Mail lediglich entnommen werden kann, dass der Privatkläger Rückenprobleme hat und diese dem Arbeitgeber bekannt waren. Keinesfalls kann darin eine schriftliche Einwilligung im Einzelfall zur Herausgabe eines rund zwei Jahre später erstellten detaillierten Arztberichts erblickt werden, zumal im damaligen Zeitpunkt 2013 logischerweise noch gar nicht ersichtlich sein konnte, welches die am 13. Mai 2015 durch das Kantonsspital Winterthur diagnostizierten gesundheitlichen Probleme des Privatklägers sein werden. Der Einwand des Verteidigers ist unbegründet.

b) Der Beschuldigte will eine weitere schriftliche - teilweise - Einwilligung im Aussendienstprotokoll der Militärversicherung vom 11. Juni 2013 erblicken (BA pag. 13.01.0008; TPF pag. 2.930.009 f., 011). In Bezug auf den Wortlaut des Aussendienstprotokolls kann auf E. 2.3.4 verwiesen werden. Der Beschuldigte hat im Protokoll lediglich eingewilligt, dass sein Problem seitens der Militärversicherung mit dem Arbeitgeber besprochen wird. Der Ausdruck Problem" lässt mit Blick auf den Gesamtkontext des Protokolls vernünftigerweise keinen anderen Schluss zu, als damit die Rückenbeschwerden des Privatklägers gemeint waren. Der Privatkläger wollte, dass die Militärversicherung aufgrund seiner Rückenprobleme mit dem Arbeitgeber Kontakt aufnimmt. Aufgrund der Formulierung besprechen" und der Eingrenzung des Themas auf das allseits bekannte Rückenproblem kann zweifelsohne nicht davon ausgegangen werden, der Privatkläger habe eine Einwilligung zur Herausgabe eines rund zwei Jahre später erstellten detaillierten Arztberichtes (Diagnose, Anamnese, Medikation, Befunde, Beurteilung, Prozedere) gegeben. Auf jeden Fall kann darin nicht ernsthaft eine Einwilligung im Einzelfall gesehen werden, den Arztbericht vom 13. Mai 2015 an den Arbeitgeber herauszugeben. Der Einwand ist daher unbegründet.

c) Der Beschuldigte wendet weiter ein, der Privatkläger habe im Arztbericht des Kantonsspitals Winterthur vom 13. Mai 2015 in der Rubrik Prozedere seine schriftliche Einwilligung für die Weitergabe an seinen Arbeitgeber gegeben (TPF pag. 2.930.010). In Bezug den wesentlichen Inhalt in der Rubrik Prozedere kann auf E. 2.3.5 verwiesen werden. Der Privatkläger hat klar gesagt, dass er den Sachverhalt mit seinem Arbeitgeber besprechen werde, und zwar in Bezug auf eine allfällige Umstellung der Arbeitssituation bzw. Umschulungsmassnahmen. Mit dieser Formulierung hat er in keiner Weise die Militärversicherung ermächtigt, den detaillierten Arztbericht (Diagnose, Anamnese, Medikation, Befun­de, Beurteilung, Prozedere) an den Arbeitgeber herauszugeben. Der Einwand ist unbegründet.

d) Der Beschuldigte brachte erstmals in der Hauptverhandlung vom 7. April 2017 vor, die Case Managerin F. habe ihm mitgeteilt, es liege eine schriftliche Einwilligung des Privatklägers zur Herausgabe des Arztberichts an den Arbeitgeber vor, und zwar in Form eines Formulars, wie es bei der Militärversicherung für Abklärungen bei Umschulungen bzw. Umstellungen der Arbeitssituation seit Jahren verwendet werde (TPF pag. 2.930.010, 013, 016, 021). Das vom Beschuldigten dem Gericht eingereichte standardisierte Formular der Militärversicherung trägt den Titel Ermächtigung für das Case Management" (TPF pag. 2.925.001). In Bezug auf den Wortlaut des Formularvertrags der Militärversicherung kann auf E. 2.3.7 verwiesen werden. Bereits an dieser Stelle ist Folgendes festzustellen: Der Beschuldigte versucht wiederholt, die Verantwortung für die Weiterleitung des Arztberichts auf die Case Managerin F. abzuschieben (siehe E. 2.4.3.1). Es ist lebensfremd, dass ihm der Einwand mit der angeblich von F. zugesicherten Einwilligung des Privatklägers erstmals an der Hauptverhandlung einfällt, und es fällt auf, dass er sowie sein Anwalt diesen an der Hauptverhandlung repetitiv vorbrachten. Das Gericht geht daher davon aus, dass es sich lediglich um eine Schutzbehauptung handelt. Selbst wenn ihm aber die Case Managerin dies gesagt haben sollte - wovon hier nicht ausgegangen wird -, lag objektiv zum Tatzeitpunkt keine Einwilligung vor. Das Formular der Militärversicherung sieht klar vor, dass Informationen nur unter Wahrung des Verhältnismässigkeitsprinzips mitgeteilt werden dürfen. Das hat zur Konsequenz, dass im Rahmen von Umschulungen Arztberichte nur soweit herausgegeben werden dürfen, als dies zur Abklärung der Notwendigkeit einer Umschulung erforderlich ist. Bei Diagnosedetails ist dies nicht der Fall. Ausserdem schliesst die Formulierung die erforderlichen Informationen zu erteilen" keineswegs die Befugnis zu einem umfassenden Datenaustausch mit ein.

Der Verteidiger machte weiter erstmals an der Hauptverhandlung vom 7. April 2017 geltend, der Privatkläger habe im Nachhinein am 10. August 2016 das Formular Ermächtigung für das Case Management" unterschrieben und damit rückwirkend die Einwilligung für die Herausgabe des Arztberichtes erteilt. Der Verteidiger verkennt, dass mit dieser Ermächtigung der Privatkläger lediglich zustimmte, falls nötig und sachgerecht - die erforderlichen Informationen zu erteilen". Damit liegt keinesfalls die Einwilligung vor, detaillierte Arztberichte (Diagnose, Anamnese, Medikation, Befunde, Beurteilung, Prozedere) dem Arbeitgeber des Privatklägers herauszugeben. Diese Formulierung kann nicht als umfassender und vorbehaltloser Verzicht auf das Arztgeheimnis verstanden werden. Der Beschuldigte räumte an der Hauptverhandlung selbst sinngemäss ein, nicht verhältnismässig gehandelt zu haben, sagte er doch aus, dass wahrscheinlich niemand wisse, welche Wirbel betroffen seien (TPF pag. 2.930.017). Die Frage, ob mit der Ermächtigung vom 10. August 2016 überhaupt eine nachträgliche schriftliche Zustimmung vorliegt, kann somit offen bleiben. Objektiv liegt jedenfalls keine Einwilligung vor.

e) Nach dem Gesagten steht zweifelsfrei fest, dass objektiv keine Einwilligung des Privatklägers, geschweige denn im Einzelfall vorlag. Die Ermächtigung für das Case Management" vom 10. August 2016 würde die Militärversicherung lediglich befugen, dem Arbeitgeber im Zusammenhang mit Umschulungsmassnahmen oder einer Umstellung der Arbeitssituation mitzuteilen, ob und in welchem Grade eine Arbeitsunfähigkeit besteht. In all seinen weiteren Teilen stellt die ungefilterte Weiterleitung des Arztberichts eine objektiv ungerechtfertigte Amtsgeheimnisverletzung (StGB) sowie Geheimnisverletzung (MVG) dar.

Inwiefern in der Person des Beschuldigten die Kenntnis oder zumindest die zu Recht erfolgte Annahme darüber vorlag, dass eine Einwilligung erfolgt sei, ist im Rahmen der subjektiven Tatbestandsmässigkeit zu prüfen.

2.4.4 Subjektive Elemente

2.4.4.1 In Bezug auf das Wissen um den Geheimnischarakter steht fest, dass der Beschuldigte seit rund 40 Jahren bei der Militärversicherung arbeitet und seit 2005 Case Manager ist (TPF pag. 2.930.004). Nach eigenen Angaben hat er rund 1'000 Fälle bearbeitet (TPF pag. 2.930.012). Er wird von der Militärversicherung laufend geschult (TPF pag. 2.930.012). Der Beschuldigte holt jeweils schriftliche Einwilligungen ein, bevor er im Rahmen von Umschulungen etc. mit den Arbeitgebern Kontakt aufnimmt (TPF pag. 2.930.013). Das ist ihm zu glauben, gab er doch zu Protokoll, dass ihm Art. 95a Abs. 6 lit. b MVG bekannt sei, wonach bei der Herausgabe von Personendaten an Dritte im Einzelfall eine schriftliche Einwilligung bei der betroffenen Person einzuholen sei. Dies zeigt, dass ihm der Geheimnischarakter von detaillierten Arztberichten sehr wohl bekannt war, ansonsten er nicht standardmässig bei der Weiterleitung von medizinischen Daten die Einwilligung der Versicherten einholen würde. Dem Beschuldigten als erfahrenem Mitarbeiter der Militärversicherung mit langjähriger Berufserfahrung ist damit nebst Art. 95a Abs. 6 lit. b MVG auch das standardisierte Formular Ermächtigung für das Case Management" bekannt. Entsprechend musste ihm klar sein, welche Informationen des Arztberichts, unter Wahrung des Verhältnismässigkeitsprinzips, zuhanden des Arbeitgebers herausgegeben werden durften. Ausserdem beinhaltet der Arztbericht derart detaillierte und sensible Informationen über den Gesundheitszustand des Privatklägers (Diagnose, Anamnese, Medikation, Befunde, Beurteilung, Prozedere), gespickt mit unzähligen medizinischen Fachausdrücken, deren Relevanz für die Frage der Arbeitsfähigkeit bzw. Umschuldung oder Umstellung der Arbeitssituation insbesondere für einen Laien nicht ersichtlich ist. Es musste daher dem Beschuldigten mit seiner langjährigen Berufserfahrung klar sein, dass der Arztbericht Informationen mit materiellem Geheimnischarakter bzw. besonders schützenswerten Personendaten beinhaltet und er nicht berechtigt war, sämtliche dieser medizinischen Angaben vorbehaltlos und ungefiltert dem Arbeitgeber des Privatklägers weiterzugeben. Nicht ernsthaft zu bezweifeln ist daher, dass der Beschuldigte vom Geheimnischarakter wusste, zumal er selbst zugab, dass er vertrauliche Daten des Privatklägers im Arztbericht an dessen Arbeitgeber habe weiterleiten wollen (BA pag. 13.01.0013). Ebenso musste er zweifelsohne aufgrund seiner Kenntnisse über den Geheimnischarakter gewu sst haben, dass diese der Geheimnispflicht unterliegen und er diese unberechtigterweise an den Arbeitgeber weitergab, zumal die Kenntnis der Geheimhaltungspflicht regelmässig vermutet wird (siehe vorne E. 2.1.2.3). Diese Sach- und Rechtslage war dem erfahrenen Mitarbeiter der Militärversicherung zweifellos bekannt. Trotz dieser Kenntnis leitete er den Arztbericht weiter, da es ihm darum ging, diesen zu widerlegen, was der E-Mail an C. klar zu entnehmen ist (siehe E. 2.3.6; Es ist immer schwierig, so einen Fachbericht zu widerlegen."). Der erstmals an der Hauptverhandlung vorgebrachte Einwand des Verteidigers, der Beschuldigte habe in der E-Mail lediglich Dr. K., Vertrauensarzt der SUVA, zitiert, ist unglaubwürdig. Der Beschuldigte hätte ansonsten die entsprechenden Textpassagen mit Anführungs- und Schlusszeichen, Fussnoten unter Angabe der Quelle oder dergleichen gekennzeichnet, was vorliegend nicht der Fall ist. In der E-Mail hat es keinen Hinweis, wonach er Dr. K. zitiere. Der E-Mail ist entgegen den Ausführungen des Verteidigers nicht ernsthaft zu entnehmen, dass einzig Dr. K. den Arztbericht widerlegen wollte. Selbst wenn der Beschuldigte dies mit Dr. K. besprochen haben sollte, so hat er zumindest den Entschluss mitgetragen, den Arztbericht zu widerlegen. Immerhin war er von der Militärversicherung mit den Abklärungen beim Arbeitgeber des Privatklägers betreffend die Umschulung beauftragt worden, nicht Dr. K., und er sandte ohne Notwendigkeit den vollständigen Arztbericht weiter. Es ist ein weiterer Versuch des Beschuldigten, die Schuld auf eine Drittperson bzw. in diesem Fall Dr. K. abzuwälzen (siehe vorne E. 2.4.3.1; 2.4.3.4 d).

Das Gericht schliesst in Würdigung aller Umstände aus, dass der Beschuldigte vom Geheimnischarakter des Arztberichts sowie von der Geheimhaltungspflicht keine Kenntnis hatte. Trotz dieser Kenntnis offenbarte er den vollständigen detaillierten Arztbericht mit höchst sensiblen Personendaten dem Arbeitgeber des Privatklägers.

2.4.4.2 In Bezug auf die Frage, ob beim Beschuldigten die Kenntnis oder zumindest die zu Recht erfolgte Annahme darüber vorlag, dass eine Einwilligung erfolgt ist, damit diese ihre Wirkung entfalten kann, ergibt sich das Folgende:

a) Wie vorstehend in E. 2.4.3.4 a-c dargelegt wurde, stellten die E-Mail des Privatklägers an seine Vorgesetzten vom 23. Mai 2013, das Aussendienstprotokoll der Militärversicherung vom 11. Juni 2013 sowie der Arztbericht des Kantonsspitals Winterthur vom 13. Mai 2015 objektiv keine schriftliche Einwilligung des Privatklägers in Einzelfall dar, den vollständigen Arztbericht an den Arbeitgeber herauszugeben. Dem Beschuldigten musste dies aufgrund seiner Ausbildung und rund 40-jährigen Berufspraxis bewusst gewesen sein, zumal ihm bestens die interne Praxis der Militärversicherung mit dem Standardformular Ermächtigung für das Case Management" sowie die Gesetzgebung von Art. 95a Abs. 6 lit. b MVG bekannt waren, wonach nur mit schriftlicher Einwilligung im Einzelfall und nur falls nötig und sachgerecht die erforderlichen Daten herausgegeben werden dürfen. Die Herausgabe des vollständigen Arztberichts war weder nötig noch sachgerecht, was dem Beschuldigten bewusst sein musste. Selbst wenn die angeblich von der Sachbearbeiterin F. eingeholte Ermächtigung des Privatklägers vorgelegen hätte - wovon hier nicht ausgegangen wird (siehe E. 2.4.3.4 d) -, hätte dem Beschuldigten klar sein müssen, dass er keinesfalls den ganzen Arztbericht ungefiltert herausgegeben durfte. Aufgrund dieser Umstände kann nicht ernsthaft davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte irrtümlich der Auffassung gewesen sei, er könne den vollständigen Arztbericht unzensiert dem Arbeitgeber herausgeben und sei in diesem Sinne vorbehaltlos vom Amtsgeheimnis befreit. Die gegenteilige Behauptung des Beschuldigten ist unglaubwürdig. Das Gericht schliesst in Würdigung sämtlicher Umstände aus, dass der Beschuldigte diesbezüglich einem Sachverhaltsirrtum unterlag.

b) In Bezug auf den Inhalt der Ermächtigung für das Case Management vom 10. Juni 2016 kann auf E. 2.3.7 verwiesen werden. Wie dargelegt wurde, liegt objektiv keine nachträgliche Einwilligung vor, den Arztbericht vom 13. Mai 2015 vollständig dem Arbeitgeber herauszugeben. Der Beschuldigte sagte aus, dass er das standardisierte Formular seit Jahren regelmässig gebrauche. Er wusste somit bestens, dass die schriftliche Ermächtigungserklärung ihn keinesfalls umfassend und vorbehaltlos vom Amtsgeheimnis entbindet, sondern lediglich als Einwilligung verstanden werden kann, die für die Abklärung der Umschulung oder Umstellung der Arbeitssituation erforderlichen Daten herauszugeben. Der Privatkläger hat den grössten Teil des Arztberichtes als für Dritte geheim und für die Abklärung als nicht relevant gekennzeichnet (BA pag. 13.01.0021, -0023). Es musste daher auch dem Beschuldigten als praxiserfahrenem Mitarbeiter der Militärversicherung bekannt sein, dass er bloss diejenigen erforderlichen Informationen dem Arbeitgeber des Privatklägers hätte mitteilen dürfen, die für die Umschulung oder Umstellung der Arbeitssituation erforderlich sind. Diese Sach- und Rechtslage musste der langjährige Mitarbeiter der Militärversicherung zweifelsohne kennen. Aufgrund dieser Umstände kann nicht ernsthaft davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte irrtümlich der Auffassung gewesen sein könnte, er habe vorbehaltlos das vollständige Arztzeugnis herausgeben dürfen. Es steht damit jenseits vernünftiger Zweifel fest, dass der Beschuldigte diesbezüglich keinem Sachverhaltsirrtum unterlag. Für die gegenteilige Auffassung des Beschuldigten besteht kein vernünftiger Spielraum.

2.4.4.3 Der Verteidiger bringt vor, es liege seitens des Beschuldigten eine Sorgfaltspflichtverletzung, mithin eine straflose fahrlässige Tatbegehung vor (TPF pag. 2.920.015). Angesichts sämtlicher oben genannter Umstände kann vernünftigerweise nicht lediglich von einem sorgfaltswidrigen Nichtwissen bzw. einer fahrlässigen Unachtsamkeit des Beschuldigten ausgegangen werden. Aufgrund seiner rund 40-jährigen Tätigkeit bei der Militärversicherung und rund 12-jährigen Erfahrung als Case Manager bei der Militärversicherung betreffend Umschulungen etc. musste sich ihm eine Verletzung des Amtsgeheimnisses - mochte sie ihm auch unerwünscht sein - hinsichtlich der Weiterleitung eines detaillierten Arztberichts (Diagnose, Anamnese etc.) als derart wahrscheinlich aufdrängen, dass vorliegend auf eventualvorsätzliches Handeln zu schliessen ist. Auch dass der Beschuldigte dem Arbeitgeber den vollständigen detaillierten Arztbericht per E-Mail zusandte, ohne vorgängig den Privatkläger über das Umschulungsverfahren zu informieren, und obwohl er wusste, dass die zahlreichen Detailinformationen für die Fragen der Umschulung oder Umstellung der Arbeitssituation gar nicht relevant waren, muss vor dem Hintergrund sämtlicher vorstehend dargelegten Umstände als Inkaufnahme einer Verletzung des Amtsgeheimnisses gewertet werden. Erfolgte wie hier eine vollumfängliche Herausgabe des Arztberichts, so drängte sich dem Beschuldigten die Möglichkeit einer Amtsgeheimnisverletzung als derart wahrscheinlich auf, dass er deren Eintreten in Kauf nahm, also mit Eventualvorsatz handelte. Nach dem Gesagten hat sich der Beschuldigte über derart elementare und jedermann einleuchtende Grundsätze hinweggesetzt, nämlich dass man nicht ohne eine Einwilligung des Versicherten einen detaillierten Arztbericht an Dritte weiterleiten darf, dass sich der Schluss, dass es ihm gleichgültig war, diese hoch sensiblen medizinischen Daten ohne rechtswirksame Einwilligung an den Arbeitgeber des Privatklägers weiterzuleiten, zwingend aufdrängt. Zusammenfassend steht fest, dass entgegen den Ausführungen der Verteidigung nicht bloss von einem höchstens fahrlässigen und letztlich straffreien Verhalten des Beschuldigten ausgegangen werden kann.

2.4.4.4 Einwände der Verteidigung

Die Verteidigung stellt pauschal sämtliche subjektiven Tatbestandsmerkmale in Abrede (TPF pag. 2.925.007). Der Beschuldigte habe nichts vom Geheimnischarakter des fraglichen Arztberichts gewusst und wollte diese (gemeint: materielle Geheimnisse) auch nicht einem unberechtigten Dritten offenbaren (TPF pag. 2.925.008, -010). Die Verteidigung bringt vor, der Beschuldigte sei von einer expliziten gültigen schriftlichen Einwilligung des Privatklägers ausgegangen (TPF pag. 2.925.008, 010, 013, 016). Er habe daher nicht vorsätzlich gehandelt (TPF pag. 2.925.008 f.). Es sei eine Sorgfaltspflichtverletzung gewesen (TPF pag. 2.920.015). Der Beschuldigte hätte überprüfen sollen, ob eine gültige Einwilligung vorgelegen habe (TPF pag. 2.920.015). Der Verteidiger macht sinngemäss geltend, der Beschuldigte habe fahrlässig gehandelt (TPF pag. 2.920.015). Die fahrlässige Indiskretion sei aber nicht strafbar (TPF pag. 2.925.010, 015). Die Einwände sind aufgrund des oben Dargelegten (E. 2.4.4) unbegründet.

2.5 Subsumtion

Der angeklagte Sachverhalt ist in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt. Das Verhalten des Beschuldigten erfüllt den objektiven und subjektiven Tatbestand der Verletzung des Amtsgeheimnisses von Art. 320 Ziff. 1 Abs. 1 StGB sowie der unbefugten Datenbekanntgabe im Sinne von Art. 95a Abs. 6 lit. b MVG . Der Rechtfertigungsgrund der Einwilligung des Berechtigten im Sinne von Art. 320 Ziff. 2 StGB bzw. Art. 95a Abs. 6 lit. b MVG ist nicht gegeben. Die Tat ist rechtswidrig.

2.6 Rechtfertigungs- und Schuldausschliessungsgründe sind keine gegeben.

2.7 Der Beschuldigte ist wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses gemäss Art. 320 Ziff. 1 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.

3. Strafzumessung

3.1 Am 1. Januar 2018 ist das neue Sanktionenrecht in Kraft getreten. Sofern es für den Beschuldigten das mildere Recht ist, beurteilt sich die Sanktion nach den neuen Normen (Art. 2 Abs. 2 StGB ). Gemäss neu geltender Fassung von Art. 34 StGB beträgt die Geldstrafe höchstens 180 Tagessätze (und nicht mehr 360 wie unter altem Recht). Wie nachfolgend ausgeführt wird, hält das Gericht für die Verletzung des Amtsgeheimnisses eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen (sowie eine Verbindungsbusse) für angemessen (vgl. (E. 3.7.1). Vorliegend erweist sich somit das neue Recht nicht als milder.

3.2 Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Das Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden (Art. 47 Abs. 2). Dem (subjektiven Tatverschulden) kommt somit bei der Strafzumessung eine entscheidende Rolle zu (BGE 136 IV 55 E. 5.4). Ausgehend von der objektiven Tatschwere hat der Richter dieses Verschulden zu bewerten. Er hat im Urteil darzutun, welche verschuldensmindernden und welche verschuldenserhöhenden Gründe im konkreten Fall gegeben sind, um so zu einer Gesamteinschätzung des Tatverschuldens zu gelangen. Der Gesetzgeber hat einzelne Kriterien aufgeführt, welche für die Verschuldenseinschätzung von wesentlicher Bedeutung sind und das Tatverschulden vermindern bzw. erhöhen (BGE 136 IV 55 E. 5.5 und 5.6). Das Gesetz führt indes weder alle in Betracht zu ziehenden Elemente detailliert und abschliessend auf, noch regelt es deren exakte Auswirkungen bei der Bemessung der Strafe. Es liegt im Ermessen des Gerichts, in welchem Umfang es die verschiedenen Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt. Dabei ist es nicht gehalten, in Zahlen oder Prozenten anzugeben, wie es die einzelnen Strafzumessungskriterien berücksichtigt (BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff.; 134 IV 17 E. 2.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_650/2007 vom 2. Mai 2008, E. 10.1).

3.3 Die Strafandrohung von Art. 320 Ziff. 1 Abs. 1 StGB lautet auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

3.4 Strafschärfungs- und Strafmilderungsgründe liegen keine vor.

3.5 Tatkomponenten

Hinsichtlich der objektiven Tatkomponente ist erwiesen, dass der Beschuldigte im Rahmen der Abklärung von Umschulungsmassnahmen einen Arztbericht an den Arbeitgeber des Privatklägers weitergeleitet hat. Dieser Arztbericht enthielt zum Teil sensible medizinische Informationen, welche für die mit dem Arbeitgeber zu treffenden Abklärungen nicht notwendig waren und deshalb vom Beschuldigten nicht hätten weitergeleitet werden dürfen. Angesichts des Umstandes, dass bezüglich der Notwendigkeit der Weitergabe gewisser im Arztzeugnis enthaltener Einzelinformationen Meinungsverschiedenheiten möglich waren, hätte es professionellem Vorgehen des Beschuldigten entsprochen, wenn er vom Privatkläger das schriftliche Einverständnis zur Weitergabe des vollständigen Arztberichtes eingeholt hätte. Ohne weiteres hätte so die Verletzung des Geheimbereichs des Privatklägers vermieden werden können. Gesamthaft ergibt sich aber unter dem Gesichtspunkt der objektiven Tatkomponente ein leichtes Tatausmass, handelte es sich doch einerseits lediglich um punktuelle medizinische Angaben zum Zustand des Rückens des Privatklägers, welche für die Abklärungen mit dem Arbeitgeber nicht notwendig waren, und andererseits gingen die Angaben ausschliesslich an den Arbeitgeber, der seinerseits arbeitsvertraglich dazu verpflichtet ist, die Persönlichkeit des Arbeitnehmers - des Privatklägers - zu schützen. Die objektive Tatschwere ist deshalb als leicht zu qualifizieren.

Hinsichtlich der subjektiven Tatschwere fällt zu Gunsten des Beschuldigten ins Gewicht, dass er lediglich eventualvorsätzlich handelte. Er hatte keine direkte Absicht, die Amtsgeheimnisverletzung zum Nachteil des Privatklägers zu begehen. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Beschuldigte keinen eigenen privaten Nutzen verfolgte und kein eigenes privates Interesse an der Weiterleitung der medizinischen Daten hatte. Allerdings musste dem Beschuldigten bewusst sein, dass die für die Abklärungen mit dem Arbeitgeber teils irrelevanten, aber sensiblen medizinischen Informationen, von einer Einverständniserklärung des Privatklägers nicht erfasst waren. Auch konnte er aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung erkennen, dass die Weitergabe sämtlicher Daten, ohne dass der Privatkläger davon wusste, unmöglich in dessen Einverständnis sein konnte. Gesamthaft ist auch die subjektive Tatkomponente in ihrem Ausmass als leicht einzustufen.

3.6 Täterkomponenten

3.6.1 Vorleben und persönliche Verhältnisse

Der Beschuldigte wurde in Dornbirn/Österreich geboren und ist mittlerweile schweizerischer Staatsangehöriger. Er arbeitet seit rund 41Jahren bei der Militärversicherung und ist seit 2005 Case Manager (TPF pag. 2.930.004). Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

Gemäss letztbekannter Steuererklärung 2017 lag sein jährliches Nettoeinkommen bei Fr. 123'282.-- (TPF pag. 3.260.009, 014). Sein aktuelles Einkommen beläuft sich auf jährlich netto Fr. 119'900.-- (TPF pag. 3.260.021; monatlich Fr. 9'223.-- [TPF pag. 3.260.004]). Er hat ein Haus, ein zweites gehört ihm zur Hälfte. Die Hypothekarschulden betragen Fr. 929'000.-- (TPF pag. 3.260.010). Er unterstützt seine jüngere alleinerziehende Tochter mit monatlich Fr. 700.-- (TPF pag. 2.930.006). das steuerbare Vermögen der Ehegatten liegt nach Abzug der Privatschulden bei Fr. 186'000.-- (TPF pag. 3.260.010). Es liegen weder Betreibungen noch Verlustscheine gegen den Beschuldigten vor (TPF pag. 2.260.003).

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der Beschuldigte in guten finanziellen Verhältnissen lebt und Familienvater ist, wobei die Verhältnisse geordnet und stabil sind.

Das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse wirken sich neutral auf die Strafzumessung aus; es liegen keine Umstände vor, die zu seinen Gunsten oder zu seinen Lasten zu berücksichtigen sind. Die Vorstrafenlosigkeit wirkt sich neutral aus (BGE 136 IV 1 E. 2.6.4), ebenso das straffreie Verhalten seit der Tat (Urteil des Bundesgerichts 6B_638/2012 vom 15. Juli 2013, E. 3.7). Diese Faktoren sind somit nicht strafmindernd zu berücksichtigen.

3.6.2 Ein Geständnis kann nach der Rechtsprechung bei der Beurteilung des Nachtatverhaltens zugunsten des Täters berücksichtigt werden, wenn es auf Einsicht in das begangene Unrecht oder auf Reue schliessen lässt oder der Täter dadurch zur Tataufdeckung über den eigenen Tatanteil beiträgt (BGE 121 IV 202 E. 2d/cc). Zum Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren ist festzuhalten, dass der Beschuldigte seine Schuld bestreitet. Den Aussagen des Beschuldigten liegt die Auffassung zu Grunde, nichts Strafbares gemacht zu haben. Das Bestreiten der Tat während des Verfahrens ist aber für die Strafzumessung ohne Bedeutung. Paradoxerweise zeigt der Beschuldigte eine gewisse Reue. So ist ihm zu glauben, wenn er zu Protokoll gab, dass ihn die Irritationen" im Zusammenhang mit der Weiterleitung des Arztberichts leidtun würden (TPF pag. 2.920.016). Er habe dem Privatkläger nicht schaden wollen (TPF pag. 2.920.016). Die Strafempfindlichkeit gibt zu keinen Bemerkungen Anlass. Die Verfahrensdauer ist nicht zu beanstanden. Strafmindernd- oder straferhöhend zu berücksichtigende Faktoren sind nicht ersichtlich.

Das Gesamtverschulden ist insgesamt leicht.

3.7 Strafe

3.7.1 Unter Würdigung aller Umstände erscheint eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen à je Fr. 150.-- angemessen.

3.7.2 Tagessatz der Geldstrafe

Die Höhe des Tagessatzes bestimmt sich nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters im Zeitpunkt des Urteils, namentlich nach Einkommen und Vermögen, Lebensaufwand, allfälligen Familien- und Unterstützungspflichten sowie nach dem Existenzminimum (Art. 34 Abs. 2 Satz 2 StGB ). Ausgehend vom monatlichen Nettoeinkommen von Fr. 9'223.-- und in Berücksichtigung der Ausgaben für den Kindesunterhalt von monatlich Fr. 700.--, den Ausgaben für das Haus von Fr. 1'353.-- (Hypothekarzins) und die Krankenkassenprämien Fr. 266.-- ergibt sich ein strafrechtliches monatliches Nettoeinkommen von Fr. 6'904.--. Aufgrund der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten ist die Höhe des Tagessatzes auf Fr. 150.-- festzusetzen.

3.8 Bedingter Strafvollzug

Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten (Art. 42 Abs. 1 StGB ). Als Warnstrafe erfüllt eine bedingt ausgesprochene Strafe vorliegend die gesetzlichen Voraussetzungen von Art. 42 Abs. 1 StGB . Die Einschränkungen von Art. 42 Abs. 2 StGB bei der Gewährung des bedingten Vollzugs greifen hier nicht. Ein Strafvollzug scheint im vorliegenden Fall nicht notwendig. Der bedingte Vollzug kann dem Beschuldigten gewährt werden. Die Probezeit ist auf zwei Jahre festzusetzen (Art. 44 Abs. 1 StGB ).

3.9 Verbindungsstrafe

3.9.1 Nach Art. 42 Abs. 2 StGB kann eine bedingte Strafe mit einer unbedingten Geldstrafe oder mit einer Busse nach Art. 106 StGB verbunden werden (Verbindungsstrafe). Dem Verurteilten soll ein Denkzettel verpasst werden können, um ihm (und soweit nötig allen anderen) den Ernst der Lage vor Augen zu führen und zugleich zu demonstrieren, was bei Nichtbewährung droht (BGE 134 IV 60 E. 7.3.1; siehe Felix Bommer, Die Sanktionen im neuen AT StGB - ein Überblick, in: Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches, Bern 2007, S. 35). Nach der Praxis des Bundesgerichts rechtfertigt es der akzessorische Charakter der Verbindungsstrafe, deren Obergrenze grundsätzlich auf einen Fünftel bzw. 20% festzulegen (BGE 135 IV 188 E. 3.4.4). Hingegen ist auch zu berücksichtigen, dass die Verbindungsstrafe nicht zu einer Straferhöhung führen soll (BGE 134 IV 1 E. 4.5.2).

3.9.2 In casu ist eine Verbindungsstrafe zur Spezialprävention angezeigt, da eine bedingte Strafe den Beschuldigten nicht sonderlich beeindrucken wird. Vor diesem Hintergrund ist ihm mit einer zusätzlichen Busse ein Denkzettel zu verpassen. Ausserdem sind generalpräventive Aspekte zu berücksichtigen, da Amtsgeheimnisverletzungen im Zusammenhang mit sensiblen medizinischen Daten nicht zu bagatellisieren sind. Der Beschuldigte ist daher zusätzlich mit einer Busse von Fr. 450.-- zu bestrafen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen.

Auch bei einer Gesamtbetrachtung der kombiniert zu verhängenden Strafen (Geldstrafe und Busse) erscheinen diese insgesamt verschuldens- und täterangemessen (BGE 134 IV 60 E. 7.3.2).

3.9.3 Als Vollzugskanton ist der Kanton St. Gallen zu bestimmen (Art. 74 Abs. 2 StBOG ).

4. Verfahrenskosten

4.1 Als Folge des Rückweisungsurteils ist auch über die Verfahrenskosten neu zu befinden.

Die Verfahrenskosten setzen sich zusammen aus den Gebühren zur Deckung des Aufwands und den Auslagen im konkreten Straffall (Art. 422 Abs. 1 StPO ; Art. 1 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]). Bund und Kantone regeln die Berechnung der Verfahrens-kosten und legen die Gebühren fest. Sie können für einfache Fälle Pauschal-gebühren festlegen, die auch die Auslagen abgelten (Art. 424 StPO ).

Die Gebühren sind für die Verfahrenshandlungen geschuldet, die im Vorverfahren von der Bundeskriminalpolizei und von der Bundesanwaltschaft sowie im erstinstanzlichen Hauptverfahren von der Strafkammer des Bundesstrafgerichts durchgeführt oder angeordnet worden sind (Art. 1 Abs. 2 BStKR ). Die Höhe der Gebühr richtet sich nach Bedeutung und Schwierigkeit der Sache, der Vorgehensweise der Parteien, ihrer finanziellen Situation und dem Kanzleiaufwand (Art. 5 BStKR ); sie bemisst sich nach Art. 6 und Art. 7 BStKR .

Die Auslagen umfassen die vom Bund vorausbezahlten Beträge, namentlich die Kosten für die amtliche Verteidigung, Übersetzungen, Gutachten, Mitwirkung anderer Behörden, Porti, Telefonspesen und andere entsprechende Kosten (Art. 422 Abs. 2 StPO und Art. 1 Abs. 3 BStKR ).

4.2 Die Bundesanwaltschaft macht für das Vorverfahren eine Gebühr von Fr. 590.-- geltend. Diese liegt im gesetzlichen Rahmen (Art. 6 Abs. 3 lit. b , Abs. 4 lit. c und Abs. 5 BStKR ) und erscheint angemessen. Sie ist daher in der beantragten Höhe festzusetzen. Die Gebühr für das erstinstanzliche Hauptverfahren ist aufgrund der Bedeutung und Schwierigkeit der Sache und des angefallenen Aufwands und der finanziellen Situation des Beschuldigten auf Fr. 1'000.-- festzusetzen (Art. 5 i.V.m. Art. 7 lit. a BStKR ).

4.3 Die Bundesanwaltschaft beziffert die Auslagen mit pauschal Fr. 10.--. Diese sind nicht zu beanstanden.

4.4 Die Verfahrenskosten betragen somit Fr. 1'600.--.

4.5

4.5.1 Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird (Art. 426 Abs. 1 StPO ). Bei der Kostenauflage ist zu beachten, dass deren Haftung nicht weiter gehen kann, als ein adäquater Zusammenhang zwischen dem zur Verurteilung führenden tatbestandsmässigen, rechtswidrigen und schuldhaften Verhalten einerseits und den dadurch verursachten Verfahrenskosten andererseits besteht ( Domeisen, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 426 StPO N. 3). Sie hat lediglich diejenigen Kosten zu tragen, die mit der Abklärung des zur Verurteilung führenden Delikts entstanden sind, d.h. es muss ein adäquater Kausalzusammenhang gegeben sein ( Griesser, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2014, Art. 426 StPO N. 3).

4.5.2 Der Beschuldigte ist der Verletzung des Amtsgeheimnisses gemäss Art. 320 Ziff. 1 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen worden (E. 2.5.2). Die durchgeführten Verfahrenshandlungen, welche für die Bestimmung der auferlegbaren Kosten berücksichtigt wurden, waren für die Abklärung der hier zur Verurteilung des Beschuldigten führenden Straftaten notwendig. Die Kausalität der angefallenen Verfahrenshandlungen ist somit gegeben. Die Gebühren und Auslagen sind somit vollumfänglich dem verurteilten Beschuldigten aufzuerlegen (Art. 426 Abs. 1 StPO ).

5. Entschädigungen

5.1 Eine Entschädigung an den Beschuldigten ist nur bei Freispruch, teilweisem Freispruch oder bei Einstellung des Verfahrens möglich (Art. 429 Abs. 1 lit. a -c StPO ). Das ist nicht der Fall, weshalb die beantragte Entschädigung i.S. von Art. 429 Abs. 1 StPO nicht zuzusprechen ist.

5.2

5.2.1 Der Vertreter führt in seiner Eingabe vom 7. Mai 2018 aus, dem Privatkläger sei ein Schaden entstanden, da er Prozess- und Anwaltskosten zahlen müsse. Prozess- und Anwaltskosten im Verfahren stellen keinen Schaden dar (TPF pag. 3.520.006, vgl. Urteil des Bundesgerichts 4A_646/2011 vom 26. Februar 2013).

5.2.2 Die obsiegende Privatklägerschaft hat gegenüber der beschuldigten Person Anspruch auf angemessene Entschädigung für notwendige Aufwendungen im Verfahren (Art. 433 Abs. 1 lit. a StPO ). Sie hat ihre Entschädigungsforderung zu beantragen, zu beziffern und zu belegen. Kommt sie dieser Pflicht nicht nach, so tritt die Strafbehörde auf den Antrag nicht ein (Art. 433 Abs. 2 StPO ). Dabei ist der Antrag unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beschuldigten" nicht ausreichend. ( Wehrenberg/Frank, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 433 StPO N. 22; OGer ZH, ZR 2/2014, Nr. 12). Der Untersuchungsgrundsatz gilt hier nicht, die Privatklägerschaft muss selber aktiv werden ( Wehrenberg/Frank, a.a.O, Art. 433 StPO N. 22).

5.2.3 Mit Verfügung vom 4. Mai 2018 wurde der Privatklägerschaft die Möglichkeit eingeräumt, schriftliche begründete Eingaben und Anträge zu stellen. Der Privatkläger stellte keinen Antrag auf Entschädigung zulasten des Beschuldigten und reichte keine Kostennote mit Belegen ein. Dem Privatkläger ist keine Entschädigung zuzusprechen.

6. Öffentlich-rechtliche Forderungen des Privatklägers

Der Beschuldigte war im Tatzeitpunkt Mitarbeiter einer öffentlich-rechtlichen Versicherung und unterstand damit dem Bundesgesetz über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördenmitglieder und Beamten vom 14. März 1958 (Verantwortlichkeitsgesetz, VG; SR 170.32). Gemäss Art. 3 Abs. 1 VG haftet der Bund für den Schaden, den ein Beamter in Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit Dritten widerrechtlich zufügt. Allfällige Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche sind demnach öffentlich-rechtlicher Natur. Der Privatkläger hat somit seine öffentlich-rechtlichen Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche auf dem ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen. Dasselbe gilt für den geltend gemachten Schaden im Zusammenhang mit der erfolgten Kündigung.


Der Einzelrichter erkennt:

I.

1. A. wird schuldig gesprochen der Verletzung des Amtsgeheimnisses gemäss Art. 320 Ziff. 1 Abs. 1 StGB .

2. A. wird bestraft mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je Fr. 150.--, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von 2 Jahren.

3. A. wird bestraft mit einer Busse von Fr. 450.--.

Bezahlt A. die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen.

4. Der Kanton St. Gallen wird als Vollzugskanton bestimmt (Art. 74 Abs. 2 StBOG ).

5. Die Verfahrenskosten, bestehend aus den Gebühren des Vorverfahrens von Fr. 590.--, den Auslagen der Bundesanwaltschaft von Fr. 10.-- und der Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.--, ausmachend Fr. 1'600.--, werden A. auferlegt.

6. Die öffentlich-rechtlichen Schadenersatz- und Genugtuungsforderungen des Privatklägers werden auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen.

7. Es werden keine Entschädigungen zugesprochen.

Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich eröffnet.

Im Namen der Strafkammer

des Bundesstrafgerichts

Der Einzelrichter Der Gerichtsschreiber


Eine vollständige schriftliche Ausfertigung wird zugestellt an

- Bundesanwaltschaft

- Rechtsanwalt Max Imfeld, Verteidiger

- Rechtsanwalt Kreso Glavas, Vertreter

Nach Eintritt der Rechtskraft mitzuteilen an

- Bundesanwaltschaft als Vollzugsbehörde (vollständig)

Rechtsmittelbelehrung

Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Gegen Verfügungen und Beschlüsse sowie die Verfahrenshandlungen der Strafkammer des Bundesstrafgerichts als erstinstanzliches Gericht, ausgenommen verfahrensleitende Entscheide, kann innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts geführt werden (Art. 393 Abs. 1 lit. b und Art. 396 Abs. 1 StPO ; Art. 37 Abs. 1 StBOG ).

Mit der Beschwerde können gerügt werden: a. Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung; b. die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts; c. Unangemessenheit (Art. 393 Abs. 2 StPO ).

Beschwerde an das Bundesgericht

Gegen verfahrensabschliessende Entscheide der Strafkammer des Bundesstrafgerichts kann beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, innert 30 Tagen nach der Zustellung der vollständigen Ausfertigung Beschwerde eingelegt werden (Art. 78 , Art. 80 Abs. 1 , Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG ).

Mit der Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG ). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG ).

Versand: 15. Juni 2018

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