Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Strafkammer |
Fallnummer: | SK.2017.35 |
Datum: | 07.05.2018 |
Leitsatz/Stichwort: | Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen (Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO), Genugtuung (Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO) Rückweisung BGer |
Schlagwörter : | Bundes; Verfahren; Apos;; Gericht; Urteil; Verfahren; Vorstand; Kammer; Entschädigung; Genugtuung; Urteil; Vorstands; Bundesgericht; Recht; Bundesstrafgericht; Verfahrens; Verein; Mitglied; Person; Bundesstrafgerichts; Schaden; Rückweisung; Beschwerdekammer; Privatklägerin; Eingabe; Parteie; Parteien; Bundesanwaltschaft; Zeuge; Beweis |
Rechtskraft: | Kein Weiterzug, rechtskräftig |
Rechtsnorm: | Art. 100 BGG ; Art. 138 StGB ; Art. 14 StPO ; Art. 195 StPO ; Art. 2 ZGB ; Art. 28 ZGB ; Art. 301 StPO ; Art. 309 StPO ; Art. 31 StGB ; Art. 310 StPO ; Art. 319 StPO ; Art. 32 OR ; Art. 324 StPO ; Art. 33 OR ; Art. 393 StPO ; Art. 396 StPO ; Art. 4 OR ; Art. 410 StPO ; Art. 42 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 429 StPO ; Art. 430 StPO ; Art. 433 StPO ; Art. 436 StPO ; Art. 49 OR ; Art. 6 StPO ; Art. 6 ZGB ; Art. 60 ZGB ; Art. 65 ZGB ; Art. 66 BGG ; Art. 68 BGG ; Art. 7 StPO ; Art. 73 OR ; Art. 9 BGG ; Art. 95 BGG ; Art. 97 BGG ; |
Referenz BGE: | 118 II 363; 120 II 97; 122 III 53; 129 IV 149; 130 III 182; 131 III 12; 132 II 161; 138 III 337; 138 IV 197; 142 IV 163; 142 IV 237; 143 IV 214; 42 II 389; 81 II 512; ; |
Kommentar: | Schmid, Schweizer, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxis, 3. Aufl., Zürich, Art. 145 StPO, 2018 |
Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: SK.2017.35 |
Urteil vom 7. Mai 2018 | ||
Besetzung | Bundesstrafrichterin Sylvia Frei, Einzelrichterin Gerichtsschreiber Hanspeter Lukács | |
Parteien | Bundesanwaltschaft , vertreten durch Staatsanwalt des Bundes Carlo Bulletti, | |
gegen | ||
A., erbeten verteidigt durch Rechtsanwalt Jürg Friedli, | ||
Gegenstand | Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen, Genugtuung |
Anträge der Bundesanwaltschaft:
Die Bundesanwaltschaft stellt keine Anträge.
Anträge der Verteidigung:
1. Die Verfahrenskosten seien dem Bund aufzuerlegen.
2. A. sei eine Entschädigung für die angemessene Ausübung seiner Verteidigungsrechte in der Höhe der eingereichten Kostennote zu bezahlen.
3. A. sei für seine wirtschaftlichen Einbussen eine Entschädigung von jährlich Fr. 30'000.--, kapitalisiert auf mindestens 10 Jahre, zu bezahlen. Bis zum Urteilstag sei A. zudem ein Schadenszins zu 5% seit wann rechtens zu bezahlen.
4. A. sei zudem für seine wirtschaftlichen Einbussen eine Entschädigung für die ihm von der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts in den beiden Verfahren BB.2013.11 und BB.2014.84 als Parteientschädigung auferlegten Zahlungen an B. von Fr. 2'133.70 und Fr. 500.--, total ausmachend Fr. 2'633.70, zu bezahlen, zuzüglich Schadenszins zu 5% seit wann rechtens.
5. A. sei eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 25'000.-- auszurichten.
Prozessgeschichte:
A. Die Strafkammer (Einzelrichter) sprach mit Urteil SK.2015.35 vom 10. November 2015 A. und C. der Veruntreuung im Amt schuldig (Art. 138 Ziff. 1 al. 2 und Ziff. 2 StGB); vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs (Art. 312 StGB ) sprach sie beide frei. A. wurde mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 385.-- und C. mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 225.-- bestraft. Ein dritter Beschuldigter wurde vollumfänglich freigesprochen. Die Gebühren von Fr. 6'000.-- für das Gerichtsverfahren und von Fr. 3'000.-- für das Vorverfahren wurden zu je einem Drittel A. und C. und zu 5% der Privatklägerin B. auferlegt. A. und C. wurden verpflichtet, B. je mit Fr. 15'000.-- zu entschädigen. Auf die Zivilklage von B. gegen die FINMA wurde nicht eingetreten. Die Zivilklage von B. gegen die drei Beschuldigten wurde abgewiesen und B. wurde verpflichtet, A., C. und den dritten Beschuldigten mit je Fr. 1'000.-- zu entschädigen. Das Genugtuungsbegehren von A. wurde abgewiesen.
B. Das Bundesgericht hob dieses Urteil auf Beschwerden von A. und C. hin mit Urteilen 6B_187/2016 (A.) und 6B_182/2016 (C.) je vom 17. Juni 2016 auf und wies die Sache zur neuen Entscheidung an die Strafkammer zurück. Es stellte fest, dass die Beschuldigten einem den Vorsatz der Veruntreuung ausschliessenden Sachverhaltsirrtum unterlegen seien (E. 3 bzw. E. 4). Weiter stellte es fest, dass B. mangels Geschädigtenstellung keine Privatklägerin und zu Unrecht als solche zugelassen worden sei. Dies habe zur Folge, dass der vorinstanzliche Entscheid insofern aufzuheben sei, als A. und C. darin verpflichtet worden seien, B. eine Entschädigung von je Fr. 15'000.-- zu bezahlen (E. 1.8 bzw. 2.5).
C. A. stellte im neuen Verfahren vor der Strafkammer ( SK.2016.29 ) mit Eingabe vom 31. August 2016 (TPF pag. 8.521.4 ff.) folgende Anträge: Die Verfahrenskosten seien dem Bund zur Bezahlung aufzuerlegen (Ziff. 1). Es sei ihm eine Entschädigung für die angemessene Ausübung seiner Verteidigungsrechte in der Höhe der eingereichten Kostennote zu bezahlen (Ziff. 2). Es sei ihm eine Entschädigung für seine wirtschaftlichen Einbussen von jährlich Fr. 135'818.--, kapitalisiert bis zum Pensionsalter ausmachend Fr. 1'833'543.--, zu bezahlen (Ziff. 3). Es sei ihm eine Entschädigung für die ihm von der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts in den beiden Verfahren BB.2013.11 und BB.2014.84 als Parteientschädigungen auferlegten Zahlungen an B. von Fr. 2'133.70 und Fr. 500.--, total ausmachend Fr. 2'633.70, zu bezahlen. Eventualiter habe das Bundesstrafgericht die B. zugesprochenen Parteientschädigungen in Revision zu ziehen und aufzuheben (Ziff. 4). Es sei ihm eine Genugtuung von Fr. 20'000.-- auszurichten (Ziff. 5). Es sei festzustellen, dass die bis zum Urteil des Bundesgerichts 6B_187/2016 als Privatklägerin im Verfahren zugelassene B. mit Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2015.35 vom 10. November 2015, Dispositiv-Ziff. VII, rechtskräftig verurteilt worden sei, A. eine Entschädigung in der Höhe von Fr. 1'000.-- zu bezahlen (Ziff. 6).
D. Die Strafkammer sprach mit Urteil SK.2016.29 vom 28. Oktober 2016 A. und C. entsprechend dem bundesgerichtlichen Rückweisungsentscheid (auch) vom Vorwurf der Veruntreuung im Amt (Art. 138 Ziff. 1 al. 2 und Ziff. 2 StGB) frei (Dispositiv Ziff. 1 bzw. 2). Sie auferlegte die Verfahrenskosten in Höhe von Fr. 11'000.-- dem Bund (Ziff. 3) und sprach A. für die Kosten der Verteidigung eine Entschädigung von Fr. 37'000.-- (Ziff. 4), C. eine solche von Fr. 33'500.-- (Ziff. 5) zu. Sie sprach A. weiter eine Genugtuung in Höhe von Fr. 5'000.-- zu (Ziff. 6). Auf die Begehren von A. und C. um Entschädigung für die aufgrund der Beschwerdeverfahren BB.2013.11 und BB.2014.84 je geleisteten Zahlungen in Höhe von total Fr. 2'633.70 trat sie nicht ein (Ziff. 7). Die Strafkammer stellte fest, dass A. und C. der ehemaligen Privatklägerin B. keine Entschädigung zu bezahlen haben (Ziff. 1 der Feststellungen), und dass die Ziffern IV und VII des Dispositivs des Urteils SK.2015.35 vom 10. November 2015 betreffend die ehemalige Privatklägerin B. in Rechtskraft erwachsen sind (Ziff. 2 der Feststellungen).
E. A. erhob gegen dieses Urteil Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht. Er beantragte u.a., die Strafkammer sei anzuweisen, den entscheidrelevanten Sachverhalt zum im Dispositiv des Urteils vom 28. Oktober 2016 nicht entschiedenen Antrag auf Entschädigung seiner wirtschaftlichen Einbussen von Fr. 1'833'543.-- abzuklären. Eventualiter sei ihm eine Entschädigung von Fr. 1'833'543.-- zuzusprechen. Es sei ihm eine Genugtuung von Fr. 20'000.-- zu bezahlen. Eventualiter sei die Sache zur weiteren Sachverhaltsabklärung und zur neuen Entscheidung betreffend die Genugtuung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Auf seinen Antrag, wonach ihm für die ihm von der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts in den Verfahren BB.2013.11 und BB.2014.84 als Parteientschädigungen an B. auferlegten Zahlungen von Fr. 2'133.70 und Fr. 500.--, total ausmachend Fr. 2'633.70, eine Entschädigung in dieser Höhe zuzusprechen sei, sei einzutreten und es sei ihm eine Entschädigung in dieser Höhe zuzusprechen. Eventualiter sei das Verfahren in diesem Punkt zur Entscheidung in der Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
C. erhob keine Beschwerde gegen das Urteil vom 28. Oktober 2016.
F. Das Bundesgericht hiess mit Urteil 6B_1342/2016 vom 12. Juli 2017 die Beschwerde gut, hob das Urteil der Strafkammer vom 28. Oktober 2016 auf und wies es zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück.
In diesen führte das Bundesgericht aus, die Strafkammer habe über den von A. in der Eingabe vom 31. August 2016 gestellten Beweisantrag betreffend Einvernahme mehrerer Personen als Zeugen - u.a. die damalige Bundesrätin und Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartements EFD und den damaligen Generalsekretär des EFD - nicht entschieden, weder mit separatem Entscheid noch im angefochtenen Urteil. Die vom Gericht zu entscheidende massgebliche Frage sei, ob A., damals Chef des Rechtsdienstes des EFD, in einem laufenden Evaluationsverfahren Oberzolldirektor des Bundes und somit den übrigen Kandidierenden vorgezogen worden wäre, wenn er nicht - mit Urteil der Strafkammer vom 10. November 2015 - verurteilt worden wäre. Die Vorinstanz werde im neuen Verfahren prüfen und darlegen müssen, ob und aus welchen Gründen zur Beantwortung dieser Frage eine Einvernahme der angerufenen Zeugen sachdienlich oder nicht zielführend sein könne (E. 2.2.2). Entsprechendes gelte für die Bewerbung von A. für das Amt des Staatsschreibers des Kantons Z.. Die zu entscheidende massgebliche Frage sei, ob A. den übrigen Kandidierenden vorgezogen worden wäre, wenn er nicht verurteilt worden wäre. Die Vorinstanz werde prüfen und darlegen müssen, ob und aus welchen Gründen zur Beantwortung dieser Frage die Einvernahme des angerufenen Zeugen sachdienlich oder nicht zielführend sein könne (E. 2.2.3). In Bezug auf das Nebenamt als Mitglied des Vorstands der Einlagensicherung esisuisse habe A. in der Eingabe vom 31. August 2016 vorgetragen, dass seine Wahl schliesslich im Plenum verhindert worden sei mit der Begründung, das Mandat sei mit der damals noch bestehenden Verurteilung nicht vereinbar. Zum Beweis habe er den Präsidenten der esisuisse als Zeugen angerufen. Damit setze sich die Vorinstanz nicht auseinander. Sie werde dies im neuen Verfahren nachholen müssen (E. 2.2.4).
In Bezug auf die Entschädigung für die A. in den Verfahren der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts BB.2013.11 und BB.2014.84 zur Zahlung auferlegten Parteientschädigungen an B. hielt das Bundesgericht fest, dass entgegen der Auffassung der Strafkammer die Revision nicht gegeben sei, obwohl dies an sich sachgerecht erscheine. Die Vorinstanz hätte prüfen müssen, ob die Entschädigungszahlungen, zu denen A. in den genannten Beschwerdeverfahren verpflichtet worden sei, als wirtschaftliche Einbussen im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO , die ihm aus dem Strafverfahren entstanden seien, zu qualifizieren seien (E. 3.4).
In Bezug auf die Höhe der Genugtuung hielt das Bundesgericht fest, die Strafkammer habe den Genugtuungsanspruch in Unterschreitung ihres Ermessens ausschliesslich auf die von A. erlittene Persönlichkeitsverletzung durch die Presse abgestützt. Die von A. vorgebrachten weiteren Umstände - die geltend gemachte massive Beschädigung seines beruflichen und persönlichen Ansehens durch die Aufrechterhaltung der strafrechtlichen Vorwürfe des Amtsmissbrauchs und der Veruntreuung, das jahrelange Verfahren, das trotz Unschuldsvermutung sachlich nicht habe erklärt werden können, die Fehlentscheide der Beschwerdekammer hinsichtlich der Beschwerdelegitimation der Privatklägerin, das Fehlurteil des Bundesstrafgerichts bezüglich der Beschwerdelegitimation der Privatklägerin und das Fehlurteil in der Sache - seien nicht berücksichtigt worden. A. habe auf die ausserordentlich lange Verfahrensdauer hingewiesen, die nicht auf Verfahrensverzögerungen zurückzuführen seien, sondern auf die zahllosen Zwischenschritte bis zur - nachmalig aufgehobenen - Verurteilung. Zweifellos gäben strafprozessuale Einzelschritte im Allgemeinen keinen Anlass zu Ansprüchen nach Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO , da die Strafbehörden gehalten seien, allfällige strafrechtliche Vorwürfe zu prüfen und diesen im Ermittlungsverfahren nachzugehen. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens stünden dem betroffenen Beschuldigten dabei die Verteidigungsmittel der StPO zur Verfügung. Das Verfahren sei jedoch mehrmals mit einer Nichtanhandnahme- oder Einstellungsverfügung beendet worden, die das Bundesstrafgericht auf Beschwerde einer als Privatklägerin nicht legitimierten Person dreimal in Folge aufgehoben habe; das sei aussergewöhnlich. Bemerkenswert sei sodann, dass die Bundesanwaltschaft nach der dritten Rückweisung durch das Bundesstrafgericht Anklage gegen A. erhoben, jedoch einen Freispruch beantragt habe. Diese besonderen Umstände habe die Strafkammer bei der Beurteilung der Genugtuung in rechtsfehlerhafter Weise nicht berücksichtigt. Sie habe somit Bundesrecht verletzt (E. 4.4).
G. Die Strafkammer zeigte am 20. Juli 2017 den Parteien die Eröffnung des neuen Verfahrens unter der Geschäfts-Nr. SK.2017.35 und die Besetzung des Gerichts an.
Bezugnehmend darauf beantragte A. mit Eingabe vom 11. September 2017, für die Beurteilung der Nebenfolgen sei ein schriftliches Verfahren mit schriftlicher Befragung (Einholung schriftlicher Berichte) vorzusehen. Im Eventualantrag verlangte er, die mit Eingabe vom 31. August 2016 beantragten Beweise seien in einer auf Parteiöffentlichkeit beschränkten Vorverhandlung abzunehmen und im Übrigen sei ein schriftliches Verfahren ohne Durchführung einer Hauptverhandlung vorzusehen.
Die Bundesanwaltschaft verzichtete am 27. September 2017 auf Stellungnahme.
Mit Beweisverfügung und prozessleitender Verfügung vom 19. Oktober 2017 hiess die Einzelrichterin die von A. in der Eingabe vom 31. August 2016 gestellten Beweisanträge insoweit gut, als die eingereichten Urkunden zu den Akten genommen wurden (Ziff. 1.1), die als Zeugen beantragten D., E., F. und G. in mündlicher Verhandlung einvernommen würden (Ziff. 1.2) und bei der Stadtverwaltung Y. eine schriftliche Auskunft zur voraussichtlichen Lohnentwicklung von A. als Stadtschreiber eingeholt werde (Ziff. 1.3). Die Einzelrichterin verfügte, dass eine Hauptverhandlung durchgeführt werde (Ziff. 2); den Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit wies sie ab (Ziff. 3).
H. Mit Eingabe vom 14. November 2017 modifizierte A. seine bisherigen (im Verfahren SK.2016.29 mit Eingabe vom 31. August 2016 gestellten [vorne lit. C.]) Anträge in den Ziff. 3 und 5 im eingangs wiedergegebenen Sinne. Zur Begründung führte er aus, er ziehe den Beweisantrag auf Einvernahme von D., E. und F. als Zeugen zurück. Am Zeugen G., Präsident von esisuisse, halte er fest. Dieser sei gemäss Art. 145 StPO auf schriftlichem Weg zu befragen. Entsprechend mache er als wirtschaftliche Einbussen unter Ziff. 3 der Anträge einzig die entgangene Entschädigung als Vorstandsmitglied der Einlagensicherung esisuisse geltend; den Entschädigungsanspruch wegen Nichtberücksichtigung als Oberzolldirektor sowie jenen wegen Nichtberücksichtigung als Staatsschreiber des Kantons Z. ziehe er zurück. Am Genugtuungsbegehren gemäss Eingabe vom 31. August 2016 halte er fest, doch sei der seither veränderten Ausgangslage mittels Erhöhung der Genugtuung von Fr. 20'000.-- auf Fr. 25'000.-- Rechnung zu tragen (Ziff. 5 der Anträge). In Ziff. 4 wurde der Eventualantrag betreffend Revision der Entscheide fallen gelassen. In Ziff. 6 beantragte A. für die Beurteilung der verbleibenden Nebenfolgen die Durchführung eines schriftlichen Verfahrens mit Einholung schriftlicher Berichte. Der ursprünglich gestellte Antrag Ziff. 6 vom 31. August 2016 wurde nicht erneuert.
I. Mit prozessleitender Verfügung vom 29. November 2017 stellte die Einzelrichterin fest, dass mit Ausnahme der Einvernahme des Zeugen G. die mit Verfügung vom 19. Oktober 2017, Ziff. 1.2 und 1.3, angeordnete Beweiserhebung dahinfalle (Ziff. 1). Sie modifizierte Ziff. 2 der Verfügung vom 19. Oktober 2017 dahingehend, als der Zeuge G. vorerst schriftlich gemäss Art. 145 StPO befragt werde; die Einvernahme weiterer Personen behielt sie sich vor (Ziff. 3). Sie ordnete die Einholung eines Amtsberichts bei der Stadt Y. in Bezug auf die Vereinbarkeit einer Nebentätigkeit von A. als Vorstandsmitglied von esisuisse an (Ziff. 5). A. wurde aufgefordert, die in Antrag Ziff. 3 (Eingabe vom 14. November 2017) verlangte Entschädigung als Total zu beziffern (Ziff. 2). Den Parteien wurden die dem Zeugen G. und der Stadt Y. zu unterbreitenden Fragen zur Stellungnahme zugestellt. Die Bundesanwaltschaft verzichtete am 4. Dezember 2017 auf Stellungnahme und Ergänzungsfragen. A. reichte am 11. Dezember 2017 Ergänzungsfragen ein.
J. Die Stadt Y. reichte am 11. Januar 2018 einen amtlichen Bericht, der Zeuge G. am 17. Januar 2018 die schriftlichen Antworten zum Fragenkatalog und am 14. Februar 2018 die weiteren Antworten auf die Ergänzungsfragen von A. ein. Ausserdem reichte der Zeuge die vom Gericht verlangten Unterlagen ein (Statuten von esisuisse samt Änderungen, Liste der Vorstandsmitglieder, Sitzungsprotokoll).
K. Die Parteien wurden am 20. Februar 2018 zu weiteren Beweisanträgen, einschliesslich der Frage, ob der Zeuge G. zusätzlich mündlich zu befragen sei, sowie zur Stellungnahme zur Frage der Notwendigkeit einer Hauptverhandlung eingeladen; für den Fall eines Verzichts wurden sie zu schriftlichen Parteivorträgen eingeladen.
Die Bundesanwaltschaft verzichtete auf Stellungnahme und auf Beweisanträge.
A. stellte keine weiteren Beweisanträge; er verzichtete auf eine mündliche Einvernahme des Zeugen G., ebenso auf eine neue Hauptverhandlung.
L. Am 28. März 2018 wurde das Beweisverfahren geschlossen und angeordnet, dass keine neue Hauptverhandlung durchgeführt wird. Weiter wurde davon Vormerk genommen, dass die Bundesanwaltschaft auf ein schriftliches Plädoyer verzichtet hat.
M. Rechtsanwalt Friedli reichte am 10. April 2018 den schriftlichen Parteivortrag ein. Die bisher gestellten Anträge Ziff. 1-5 wurden erneuert und in Ziff. 3 und 4 um das Begehren ergänzt, auf den verlangten Beträgen sei ein Schadenszins zu 5% seit wann rechtens" zu bezahlen. Die Bundesanwaltschaft verzichtete auf eine Replik.
N. Am 26. April 2018 schloss die Einzelrichterin die Parteiverhandlungen und verfügte, dass das Urteil den Parteien schriftlich eröffnet wird.
Die Einzelrichterin erwägt:
A.a Wegen des Verdachts der unbefugten Entgegennahme von Publikumseinlagen ernannte die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) am 16. November 2007 die Rechtsanwälte I. und J. als Untersuchungsbeauftragte bei der H. AG. Die EBK eröffnete nach Abschluss der Untersuchung am 25. Januar 2008 den Konkurs über die H. AG und setzte I. und J. als Liquidatoren ein. Mit Schreiben vom 3. September 2009 genehmigte die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA, vormals EBK), handelnd durch A. und C., die von den Konkursliquidatoren I. und J. vorgelegte Schlussrechnung und die entsprechende Verteilungsliste.
A.b Im Rahmen der Untersuchungstätigkeit I.'s kam es zwischen diesem und B., welche als Sekretärin und Buchhalterin bei der H. AG tätig war, am 19. November 2007 zu einer Konfrontation. B. reichte deswegen gegen I. Privatklage und Strafantrag wegen Körperverletzung, eventuell Tätlichkeiten ein. Das Strafgericht X. sprach I. am 16. Juni 2011 frei, auferlegte ihm indessen die Verfahrenskosten. Auf Berufung beider Parteien bestätigte das Obergericht des Kantons X. am 21. August 2012 das erstinstanzliche Urteil, regelte die Nebenfolgen jedoch teilweise anders. Die Strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts wies mit Urteil 6B_580/2012 vom 28. Februar 2013 die von I. erhobene Beschwerde in Strafsachen ab, soweit sie darauf eintrat.
A.c Die von den Konkursliquidatoren I. und J. erstellte Schlussrechnung, welche A. und C. mit Schreiben vom 3. September 2009 genehmigten, enthielt unter anderem die Beträge von Fr. 20'305.05 und Fr. 10'000.--. Beim erstgenannten Betrag handelte es sich um Verteidigungskosten, welche dem Beschuldigten I. in dem von B. gegen ihn angestrengten Strafverfahren wegen Körperverletzung, angeblich begangen am 19. November 2007, bis anhin entstanden waren. Beim Pauschalbetrag von Fr. 10'000.-- handelte es sich um geschätzte künftige Verteidigungskosten I.'s in dieser Angelegenheit. Die Verteidigungskosten I.'s wurden mithin der Konkursmasse der H. AG als Massaverpflichtungen belastet. Dies allerdings zu Unrecht, da die Verteidigungskosten I.'s nur dann definitiv der H. AG belastet bleiben sollten, wenn die Strafbehörden zum Ergebnis gelangten, dass das Verhalten I.'s gegen B. bei Gelegenheit der Konfrontation vom 19. November 2007 rechtmässig war. Diese Voraussetzung war jedoch nicht erfüllt. Das Obergericht des Kantons X. hatte im Urteil vom 21. August 2012, welches I. beim Bundesgericht erfolglos anfocht, seinen Entscheid betreffend die Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des freigesprochenen I. damit begründet, dass diesem eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung im Sinne von Art. 28 ZGB zum Nachteil von B. vorzuwerfen sei.
B.a B. reichte am 8. Februar 2011 gegen "die zuständigen Beamten der FINMA sowie allfällige weitere Beteiligte" bei der Bundesanwaltschaft "Strafklage" ein wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs, der Veruntreuung im Amt sowie weiterer allenfalls in der Strafuntersuchung aufgedeckter Amts- und Vermögensdelikte.
B.b Mit Nichtanhandnahmeverfügung vom 24. März 2011 trat die Bundesanwaltschaft auf die Strafanzeige von B. nicht ein. B. erhob Beschwerde. Die I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts hiess die Beschwerde mit Beschluss vom 4. Juli 2011 ( BB.2011.34 ) gut, hob die Nichtanhandnahmeverfügung auf und wies die Bundesanwaltschaft an, ein Untersuchungsverfahren zu eröffnen. Am 19. JuIi 2011 eröffnete diese eine Strafuntersuchung gegen I. und J. wegen Amtsmissbrauchs (Art. 312 StGB ) und Veruntreuung im Amt (Art. 138 Ziff. 2 StGB ). Am 3. Februar 2012 dehnte sie das Verfahren auf A. und C. sowie eine weitere Person aus.
B.c Nach Einvernahmen mit sämtlichen Beschuldigten stellte die Bundesanwaltschaft am 28. Januar 2013 das Verfahren ein. B. erhob gegen die Einstellungsverfügung Beschwerde, soweit A., C. und eine weitere Person betreffend. Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts hiess die Beschwerde mit Beschluss vom 18. Juni 2013 ( BB.2013.11 ) gut, hob die Einstellungsverfügung vom 28. Januar 2013 auf und wies die Bundesanwaltschaft an, das Strafverfahren gegen A. und C. wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs und der Veruntreuung im Amt und gegen eine weitere Person wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs weiterzuführen.
B.d Die Bundesanwaltschaft stellte mit Verfügung vom 19. Mai 2014 das Verfahren erneut ein. B. erhob wiederum Beschwerde. Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts hiess die Beschwerde mit Beschluss vom 14. Januar 2015 ( BB.2014.84 ) gut und wies die Bundesanwaltschaft an, das Verfahren mittels Strafbefehl zum Abschluss zu bringen oder Anklage zu erheben.
B.e Am 17. JuIi 2015 erhob die Bundesanwaltschaft Anklage beim Bundesstrafgericht gegen A. und C. wegen Amtsmissbrauchs und Veruntreuung im Amt und gegen eine weitere Person wegen Amtsmissbrauchs. Sie beantragte indessen, die Angeklagten seien freizusprechen.
B.f Mit Eingabe vom 28. August 2015 stellte A. den Antrag, die bisher als Privatklägerin zum Verfahren zugelassene B. hiervon mit sofortiger Wirkung auszuschliessen. Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts wies diesen Antrag mit Verfügung vom 22. September 2015 unter Hinweis auf die Beschlüsse der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts vom 4. JuIi 2011, 18. Juni 2013 und vom 14. Januar 2015 ab. Auf die von A. dagegen erhobene Beschwerde trat die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts mit Beschluss vom 12. Oktober 2015 nicht ein.
B.g Mit Urteil SK.2015.35 vom 10. November 2015 sprach die Strafkammer A. und C. der Veruntreuung im Amt schuldig (Art. 138 Ziff. 1 al. 2 und Ziff. 2 StGB ); vom zweiten Vorwurf des Amtsmissbrauchs (Art. 312 StGB ) sprach sie beide frei (vorne Prozessgeschichte A.).
Dieses erstinstanzliche Urteil hob die Strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts mit Urteilen 6B_187/2016 (A.) und 6B_182/2016 (C.) vom 17. Juni 2016 auf und wies die Sache zur neuen Entscheidung zurück. Dabei stellte sie fest, dass B. mangels Geschädigtenstellung keine Privatklägerin und zu Unrecht als solche zugelassen worden sei (vorne Prozessgeschichte B.).
Mit Urteil SK.2016.29 vom 28. Oktober 2016 sprach die Strafkammer A. und C. von den Vorwürfen des Amtsmissbrauchs (Art. 312 StGB ) und der Veruntreuung im Amt (Art. 138 Ziff. 1 al. 2 und Ziff. 2 StGB ) frei und regelte die entsprechenden Nebenfolgen (vorne Prozessgeschichte D.).
I. Die Einzelrichterin erkennt:
1. A. wird freigesprochen von den Vorwürfen des Amtsmissbrauchs (Art. 312 StGB ) und der Veruntreuung im Amt (Art. 138 Ziff. 1 al. 2 und Ziff. 2 StGB ).
2. Die Verfahrenskosten in der Höhe von Fr. 11'000.-- trägt der Bund.
3. Der Bund hat A. für die Kosten seiner Verteidigung mit Fr. 44'640.10 (inkl. MWST) zu entschädigen.
4. Der Bund wird verpflichtet, A. für seine wirtschaftlichen Einbussen aus den Beschwerdeverfahren BB.2013.11 und BB.2014.84 eine Entschädigung in der Höhe von Fr. 2'633.70 zuzüglich Zins zu 5% auf Fr. 2'133.70 seit dem 3. Juli 2013 und auf Fr. 500.-- seit dem 21. Januar 2015 zu bezahlen.
5. Im Übrigen wird das Begehren von A. um Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen abgewiesen.
6. A. wird zu Lasten des Bundes eine Genugtuungssumme in der Höhe von Fr. 12'000.-- zuzüglich Zins zu 5% seit dem 10. November 2015 zugesprochen.
II. Die Einzelrichterin stellt fest:
1. A. hat der ehemaligen Privatklägerin B. keine Entschädigung zu bezahlen.
2. Die Ziffern IV und VII des Dispositivs des Urteils SK.2015.35 vom 10. November 2015 betreffend die ehemalige Privatklägerin B. sind in Rechtskraft erwachsen und werden wie folgt bestätigt:
a. Die Zivilklage gegen A. wird abgewiesen. Auf die Zivilklage gegen die FINMA wird nicht eingetreten.
b. Die Privatklägerin hat A. mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen.
Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich eröffnet und der ehemaligen Privatklägerin B. auszugsweise (Rubrum und Urteils-Dispositiv Ziff. II) zugestellt.
Im Namen der Strafkammer
des Bundesstrafgerichts
Die Einzelrichterin Der Gerichtsschreiber
Eine vollständige schriftliche Ausfertigung wird zugestellt an
- Bundesanwaltschaft
- Rechtsanwalt Jürg Friedli (Verteidiger von A.)
Eine auszugsweise Ausfertigung (Rubrum und Urteils-Dispositiv Ziff. II) wird zugestellt an
- Rechtsanwalt Manuel Brandenberg (Vertreter der ehemaligen Privatklägerin B.)
Nach Eintritt der Rechtskraft mitzuteilen an
- Bundesanwaltschaft als Vollzugsbehörde (vollständig)
Rechtsmittelbelehrung
Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts
Gegen Verfügungen und Beschlüsse sowie die Verfahrenshandlungen der Strafkammer des Bundesstrafgerichts als erstinstanzliches Gericht, ausgenommen verfahrensleitende Entscheide, kann innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts geführt werden (Art. 393 Abs. 1 lit. b und Art. 396 Abs. 1 StPO ; Art. 37 Abs. 1 StBOG ).
Mit der Beschwerde können gerügt werden: a. Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung; b. die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts; c. Unangemessenheit (Art. 393 Abs. 2 StPO ).
Beschwerde an das Bundesgericht
Gegen verfahrensabschliessende Entscheide der Strafkammer des Bundesstrafgerichts kann beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, innert 30 Tagen nach der Zustellung der vollständigen Ausfertigung Beschwerde eingelegt werden (Art. 78 , Art. 80 Abs. 1 , Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG ).
Mit der Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG ). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG ).
Versand: 8. Mai 2018
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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