Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts
Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Beschwerdekammer: Strafverfahren |
Fallnummer: | BP.2018.56 |
Datum: | 06.12.2018 |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid über die beschlagnahmten Vermögenswerte (Art. 267 StPO). Aufschiebende Wirkung (Art. 387 StPO). Unentgeltliche Rechtspflege im Beschwerdeverfahren (Art. 29 Abs. 3 BV). |
Schlagwörter | Vermögenswerte; Beschlag; Beschlagnahme; Einziehung; Pfändung; Apos;; Verfahren; Verfügung; Anleger; Geschädigte; Konkurs; Betreibungs; Beschwerdekammer; Schaden; Entscheid; Konten; Mittelland; Gesetze; Bundesstrafgericht; Parteien; Bern-Mittelland; SchKG; Geschädigten; Höhe; Urteil; Gericht |
Rechtskraft: | Zurzeit keine Rechtsmittel ergriffen |
Rechtsgrundlagen des Urteils: | Art. 10 BGG ;Art. 105 StPO ;Art. 14 KG ;Art. 16 StGB ;Art. 2 StGB ;Art. 26 StPO ;Art. 29 BV ;Art. 29 StGB ;Art. 320 StPO ;Art. 38 StPO ;Art. 390 StPO ;Art. 391 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 4 KG ;Art. 423 StPO ;Art. 70 StGB ;Art. 71 StGB ;Art. 73 StGB ; |
Referenz BGE: | 107 III 113; 115 III 1; 131 III 652; 135 I 257; 140 IV 57; 142 IV 163; 142 IV 383; 91 III 41; 95 II 235; ; |
Kommentar: | - |
Entscheid des Bundesstrafgerichts
Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: BB.2018.115 Nebenverfahren: BP.2018.55 , BP.2018.56 |
Beschluss vom 6. Dezember 2018 | ||
Besetzung | Bundesstrafrichter Giorgio Bomio-Giovanascini, Vorsitz, Andreas J. Keller und Cornelia Cova , Gerichtsschreiber Stephan Ebneter | |
Parteien | A. , vertreten durch Rechtsanwalt Timm Zahl, Beschwerdeführerin | |
gegen | ||
Bundesanwaltschaft, Beschwerdegegnerin | ||
Gegenstand | Entscheid über die beschlagnahmten Vermögenswerte (Art. 267 StPO); Aufschiebende Wirkung (Art. 387 StPO ); Unentgeltliche Rechtspflege im Beschwerdeverfahren (Art. 29 Abs. 3 BV ) |
Sachverhalt:
A. Die Bundesanwaltschaft (nachfolgend "BA") führt gegen B., C., D., E. und F. eine Strafuntersuchung wegen Verdachts der qualifizierten Geldwäscherei (Art. 305 bis Ziff. 2 StGB), betreffend B. zudem wegen Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug (Art. 146 Abs. 2 , Art. 25 StGB ). Demnach sollen für die amerikanische Gesellschaft G. Corp. vorwiegend deutsche Personen (Anleger) angewiesen worden sein, Beteiligungssummen ab EUR 5'000.- auf Treuhandkonten namentlich in der Schweiz zu überweisen. Es sei eine jährliche Rendite von 15.5% auf das eingesetzte Kapital in Aussicht gestellt worden, ohne dass jedoch mitgeteilt worden sei, wie die Rendite erwirtschaftet werde. Die Anleger seien mit Hilfe eines "Beraternetzwerks" auf die Geldanlage der G. Corp. aufmerksam gemacht worden. Die fast ausschliesslich deutschen Berater der G. Corp. hätten jährlich wiederkehrende Provisionen von 8.3% bis zu 16% auf das von Anlegern investierte Kapital erhalten. Die festgestellten ungewöhnlichen Verschiebungen des Geldes über mehrere Landesgrenzen hinweg hätten ökonomisch keinen Sinn ergeben. Ihre Auffälligkeit habe den Tatverdacht begründet und auf einen professionellen Anlagebetrug (sog. "Schneeballsystem") hingewiesen (act. 5 S. 4 f.).
B. Im Rahmen dieser Strafuntersuchung wurden in den Jahren 2007 und 2008 Bankkonten im In- und Ausland gesperrt. Auf Konten verschiedener Banken in der Schweiz wurden Vermögenswerte im Gesamtwert von ca. CHF 12'200'000.- beschlagnahmt. Die beschlagnahmten Vermögenswerte wurden sodann von den einzelnen Banken vollständig auf Konten bei der Schweizerischen Nationalbank (nachfolgend "SNB") überwiesen (act. 1.1 S. 1 ff.; act. 5 S. 5).
C. Die beschlagnahmten Guthaben bei der SNB wurden später, ab 2012, zusätzlich durch das Betreibungsamt Bern-Mittelland auf entsprechende Arrestbegehren mit Arrest belegt und in der Folge gepfändet. Die gegen die Schuldnerin G. Corp. gerichteten Pfändungen bilden die Pfändungsgruppen 1, 2 und 3, diejenigen gegen den Schuldner C. die Pfändungsgruppen 4, 5 und 6 (act. 1.1 S. 5; act. 5 S. 8).
D. Am 11. Juni 2018 verfügte die BA, was folgt (act. 1.1):
1. Die Beschlagnahme der Vermögenswerte auf den Konten Nr. 7 (CHF), Nr. 8 (EUR) und Nr. 9 (USD) bei der SNB, alle lautend auf die Eidgenössische Finanzverwaltung, wird aufgehoben.
2. Die SNB wird angewiesen, die auf den vorerwähnten Konten für das Verfahren Nr. EAII.07.0033 der BA ausgewiesenen Saldi an folgende Bankverbindung zugunsten des Konkursamtes Bern-Mittelland zu überweisen:
[Kontoangaben]
Mit dem Vollzug wird der Dienst Urteilsvollzug der BA beauftragt.
3. Die Aufhebung der Beschlagnahme und die Überweisungen an das Betreibungsamt Bern-Mittelland erfolgen unter folgenden Bedingungen:
3.1. Sämtliche Gelder sind ausschliesslich an die geschädigten Anleger der G. Corp. in den Pfändungsgruppen 1, 2 und 3 (Schuldnerin: G. Corp.) bzw. 4, 5 und 6 (Schuldner: C.) nach den Regeln des Art. 146 SchKG und in der Rangfolge der Pfändungsgruppen bei ungenügender Deckung zu verteilen.
3.2. Der auf die H. GmbH als Zessionarin entfallende Anteil am Verwertungserlös ist auf das Klientenkonto von Rechtsanwalt I. zu überweisen. Die Kontoangaben lauten wie folgt: [Kontoangaben]
3.3. Rechtsanwalt I. ist verpflichtet, die auf sein Klientenkonto erfolgte Auszahlung des Betreibungsamtes Bern-Mittelland abzüglich seines mit der Verteilung verbundenen Aufwandes an die von der H. GmbH indirekt vertretenen Geschädigten im Rahmen der ihm bekannten Quote zu verteilen.
3.4. Eine Auszahlung an die H. GmbH ist unter ausdrücklichem Hinweis auf die Strafdrohung nach Art. 292 StGB wegen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen untersagt. Art. 292 StGB lautet: [Wiedergabe Gesetzestext]
4. Der Vollzug der vorliegenden Verfügung erfolgt nach Eintritt der Rechtskraft.
5. Zu eröffnen per Einschreiben an: [Adressaten]
6. Eröffnungen nach Eintritt der Rechtskraft: [Adressaten]
E. Dagegen gelangte A., vertreten durch Rechtsanwalt Timm Zahl, mit Beschwerde vom 22. Juni 2018 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts mit folgenden Anträgen (act. 1):
1. Die Verfügung der BA vom 11. Juni 2018 (Verfahrensnummer: EAII.07.0033) sei insoweit aufzuheben, als die Beschlagnahme eines Betrages in der Höhe von maximal EUR 130'591.48 (bzw. Fr. 150'552.-; umgerechnet zum Kurs von 1.15285) aufgehoben und die SNB angewiesen wird, einen Betrag von maximal EUR 130'591.48 (bzw. Fr. 150'552.-; umgerechnet zum Kurs von 1.15285) zugunsten des Konkursamts Bern Mittelland zu überweisen;
2. der bei der J. AG oder C. oder allfälligen Dritten wegen des im Rahmen von Geldanlagen bei der G. Corp. durch C. verwirklichten Betruges beschlagnahmte Betrag sei in Höhe von maximal EUR 130'591.48 (bzw. Fr. 150'552.-; umgerechnet zum Kurs von 1.15285) zu Gunsten der Beschwerdeführerin zu verwenden;
3. eventualiter sei der bei der J. AG oder C. oder allfälligen Dritten wegen des im Rahmen von Geldanlagen bei der G. Corp. durch C. verwirklichten Betruges beschlagnahmte Betrag in Höhe von maximal EUR 130'591.48 (bzw. Fr. 150'552.-; umgerechnet zum Kurs von 1.15285) einzuziehen und in der Folge zu Gunsten der Beschwerdeführerin freizugeben und ihr zu überweisen;
4. subeventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die BA zurückzuweisen;
5. die aufschiebende Wirkung der Beschwerde sei herzustellen;
6. es sei der Beschwerdeführerin die unentgeltliche Rechtspflege/Rechtsverbeiständung zu gewähren;
7. unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.
F. Mit Anzeige des Beschwerdeeingangs wurde die aufschiebende Wirkung superprovisorisch gewährt (act. 2).
G. Mit Beschwerdeantwort vom 16. Juli 2018 beantragt die BA, es sei die Beschwerde vom 22. Juni 2018 vollumgänglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist, der Antrag auf aufschiebende Wirkung der Beschwerde vom 22. Juni 2018 sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist, alles unter Kostenfolge zu Lasten der Beschwerdeführerin (act. 5).
H. Replicando lässt A. am 7. September 2018 an ihrer Beschwerde festhalten (act. 11). Die Beschwerdereplik wurde der BA am 11. September 2018 zur Kenntnis gebracht (act. 12).
Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den folgenden Erwägungen Bezug genommen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Bundesanwaltschaft kann bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde erhoben werden (Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO i.V.m. Art. 37 Abs. 1 StBOG ). Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert zehn Tagen schriftlich und begründet einzureichen (Art. 396 Abs. 1 StPO). Mit ihr gerügt werden können gemäss Art. 393 Abs. 2 StPO Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung (lit. a), die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts (lit. b) sowie die Unangemessenheit (lit. c). Zur Beschwerde berechtigt ist jede Partei oder jeder andere Verfahrensbeteiligte mit einem rechtlich geschützten Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides (Art. 382 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 StPO). Die Beschwerdekammer ist bei ihrem Entscheid nicht an die Anträge und Begründungen der Parteien gebunden (Art. 391 Abs. 1 StPO ).
1.2 Die vorliegende Beschwerde vom 22. Juni 2018 gegen die Verfügung der BA vom 11. Juni 2018 wurde form- und fristgerecht eingereicht.
1.3 Die Beschwerdeführerin beansprucht als Geschädigte die Verwendung eines Teils der beschlagnahmten Vermögenswerte zu ihren Gunsten, womit ein Rechtsschutzinteresse an der Aufrechterhaltung der Beschlagnahme zu bejahen ist (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1B_6/2015 vom 24. Februar 2015 E. 1.2 m.w.H.). Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.
2.
2.1 Ist das Rechtsmittel nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so stellt die Verfahrensleitung den anderen Parteien und der Vorinstanz die Rechtsmittelschrift zur Stellungahme zu (Art. 390 Abs. 2 Satz 1 StPO ) und gewährt Akteneinsicht ( Guidon, Die Beschwerde gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung, 2011, N. 504 m.w.H.). Vorliegend sind, neben der Beschwerdeführerin und der BA, allfällige weitere Parteien des Beschwerdeverfahrens zu bestimmen.
2.2 Bezweckt eine Beschwerde die Aufrechterhaltung einer Kontosperre, ist der Kontoinhaber in seinen Rechten unmittelbar betroffen und zur Teilnahme am Beschwerdeverfahren legitimiert (vgl. Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2017.42 vom 5. April 2017 E. 1.2).
Die vorliegende Beschwerde bezweckt die (teilweise) Aufrechterhaltung der Sperre von Konten, die alle auf die Eidgenössische Finanzverwaltung lauten. Indes wurden die entsprechenden Vermögenswerte ursprünglich auf anderen Konten beschlagnahmt und erst danach auf Konten bei der SNB überwiesen, die im Auftrag der Beschwerdegegnerin von der Eidgenössischen Finanzverwaltung administriert werden. Die zivilrechtlichen Verhältnisse an den Vermögenswerten bleiben durch die strafprozessuale Sicherstellung unberührt (vgl. BGE 135 I 257 E. 1.5; Urteil des Bundesgerichts 6B_1438/2017 vom 12. Oktober 2018 E. 3.3; je m.w.H.). In ihren Rechten unmittelbar betroffen und zur Teilnahme am Beschwerdeverfahren legitimiert ist mithin nicht die Eidgenössische Finanzverwaltung, sondern sind allenfalls die ursprünglichen Kontoinhaber.
Die angefochtene Verfügung sieht zwar die Aufhebung der Beschlagnahme vor. Sie sieht aber auch die Überweisung der betreffenden Vermögenswerte zugunsten des Betreibungsamtes Bern-Mittelland vor. Die Vermögenswerte sollen also nicht etwa den ursprünglichen Kontoinhabern, sondern dem Betreibungsamt Bern-Mittelland ausgehändigt werden. Mithin wären die ursprünglichen Kontoinhaber bei einer Gutheissung der vorliegenden Beschwerde in ihrer Rechtstellung nicht schlechter gestellt, als sie es mit der angefochtenen Verfügung sind. So oder anders bleiben die Inhaber der Vermögenswerte in ihren Verfügungs- oder Nutzungsfreiheiten beschränkt. Damit muss ihnen im vorliegenden Verfahren auch keine Akteneinsicht und Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt werden.
2.3 Weitere Personen, die durch die mit der vorliegenden Beschwerde bezweckten (teilweisen) Aufrechterhaltung der Kontosperren unmittelbar persönlich in den eigenen rechtlich geschützten Interessen betroffen sein könnten, sind nicht ersichtlich.
3.
3.1 Das Gericht verfügt die Einziehung von Vermögenswerten, die durch eine Straftat erlangt worden sind oder dazu bestimmt waren, eine Straftat zu veranlassen oder zu belohnen, sofern sie nicht dem Verletzten zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes ausgehändigt werden (Art. 70 Abs. 1 StGB ). Die Einziehung ist ausgeschlossen, wenn ein Dritter die Vermögenswerte in Unkenntnis der Einziehungsgründe erworben hat und soweit er für sie eine gleichwertige Gegenleistung erbracht hat oder die Einziehung ihm gegenüber sonst eine unverhältnismässige Härte darstellen würde (Art. 70 Abs. 2 StGB ). Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe, gegenüber einem Dritten jedoch nur, soweit dies nicht nach Art. 70 Abs. 2 StGB ausgeschlossen ist (Art. 71 Abs. 1 StGB). Erleidet jemand durch ein Verbrechen oder ein Vergehen einen Schaden, der nicht durch eine Versicherung gedeckt ist, und ist anzunehmen, dass der Täter den Schaden nicht ersetzen oder eine Genugtuung nicht leisten wird, so spricht das Gericht dem Geschädigten auf dessen Verlangen bis zur Höhe des Schadenersatzes beziehungsweise der Genugtuung, die gerichtlich oder durch Vergleich festgesetzt worden sind, zu, namentlich eingezogene Gegenstände und Vermögenswerte oder deren Verwertungserlös unter Abzug der Verwertungskosten oder Ersatzforderungen (Art. 73 Abs. 1 lit. b -c StGB ).
3.2 Gegenstände und Vermögenswerte einer beschuldigten Person oder einer Drittperson können beschlagnahmt werden, wenn sie voraussichtlich dem Geschädigten zurückzugeben oder einzuziehen sind (Art. 263 Abs. 1 lit. c -d StPO ). Auch im Hinblick auf die Durchsetzung der Ersatzforderung kann die Untersuchungsbehörde Vermögenswerte des Betroffenen mit Beschlag belegen (Art. 71 Abs. 3 StGB). Vermögensbeschlagnahmen sind aufzuheben, falls eine richterliche Einziehung, die Rückgabe an Geschädigte oder die Zusprechung einer Ersatzforderung als rechtlich ausgeschlossen erscheinen (BGE 140 IV 57 E. 4.1.1-4.1.2; 139 IV 250 E. 2.1; 137 IV 145 E. 6.3-6.4; je m.w.H.).
3.3 Mit Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 31. Juli 2014 wurden acht Personen wegen Betrugs bzw. Beihilfe zum Betrug zu Freiheitsstrafen verurteilt, namentlich wurde C. wegen gewerbsmässigen Bandenbetrugs in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten, F. wegen gewerbsmässigen Bandenbetrugs zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Demnach seien Anleger der G. Corp. mit Wissen u.a. von C. und F. von den Beratern der G. Corp. über Tatsachen getäuscht worden. Denn die Berater hätten den Anlegern eine Geschäftstätigkeit der G. Corp. im Anleihehandel bzw. den Betrieb einer Handelsplattform für festverzinsliche Bankschuldverschreibungen durch die G. Corp. vorgespiegelt. Tatsächlich habe die G. Corp. eine derartige Tätigkeit nicht ausgeübt. Aufgrund ihres durch diese Erklärungen hervorgerufenen Irrtums hätten die Anleger ihre Beteiligungsbeträge durch Überweisung auf ihnen angegebene Konten oder bar eingezahlt. Diese von den Anlegern vorgenommenen Vermögensverfügungen hätten bei ihnen zu einem Vermögensschaden in Höhe der jeweils "investierten" Geldbeträge geführt. Denn die durch die Einzahlung ihrer Anlagebeträge eingetretene Vermögensverminderung sei nicht durch einen ihnen gleichzeitig zugeflossenen Vermögenszuwachs ausgeglichen worden. Bei den Beteiligungen der G. Corp. habe es sich um ein sogenanntes Schneeballsystem gehandelt. Dieses sei dadurch gekennzeichnet, dass Neu-Anlagen zumindest auch dazu verwendet würden, früheren Anlegern angebliche Gewinne oder Zinsen auszuzahlen. Wie festgestellt, seien Rückzahlungen und Zinszahlungen an die Anleger der G. Corp. von Anfang an durch Einzahlungen anderer Anleger finanziert worden. Einem operativen Geschäft mit tatsächlich durchgeführten Anlagegeschäften sei die G. Corp. nicht nachgegangen. In derartigen Fällen nehme die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ohne weitere Differenzierung auch für die Erstanleger einen Schaden in Höhe des gesamten eingezahlten Kapitals an, da ihre Renditechancen sich allein auf die Begehung weiterer Straftaten stützten und ihre Gewinnerwartungen daher von vornherein wertlos seien (EAII.07.0033, pag. 03-000-0009 ff.).
Eine gegen das Urteil eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft wurde mit Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Dezember 2015 verworfen (EAII.07.0033, pag. 03-000-579 ff.).
3.4 Eine richterliche Einziehung oder die Rückgabe an Geschädigte der beschlagnahmten Vermögenswerte ist offensichtlich schon deshalb nicht rechtlich ausgeschlossen, weil eine Straftat vorliegt und die Erlangung der beschlagnahmten Vermögenswerte als direkte und unmittelbare Folge dieser Straftat erscheint.
3.5
3.5.1 Die Beschwerdegegnerin begründet die Aufhebung der Beschlagnahme einmal damit, dass aufgrund des durch die betreibungsrechtlichen Pfändungen herbeigeführten zivilrechtlichen Schadensausgleichs eine Einziehung der beschlagnahmten Vermögenswerte nicht mehr möglich sei (act. 1.1 S. 7 ff.; act. 5 S. 10 ff.).
3.5.2 Der Ansicht der Beschwerdegegnerin, wonach durch die betreibungsrechtliche Pfändung ein zivilrechtlicher Schadensausgleich herbeigeführt worden sei, kann nicht gefolgt werden. In der Pfändung liegt eine amtliche Beschlagnahme von Vermögenswerten zugunsten des an der Vollstreckung beteiligten Gläubigers (vgl. BGE 95 II 235 E. 4; Spühler, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht I, 6. Aufl. 2014, N. 453; vgl. auch BGE 91 III 41 E. 4, wo die Pfändung und der Arrest als Beschlagnahmeakte bezeichnet werden). Anders gewendet, handelt es sich bei der Pfändung lediglich um eine Verfügungsbeschränkung: Der Schuldner darf bei Straffolge (Art. 169 StGB ) ohne Bewilligung des Betreibungsbeamten nicht über die gepfändeten Vermögensstücke verfügen (Art. 96 Abs. 1 Satz 1 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs [SchKG; SR 281.1]). In der erfolgten betreibungsrechtlichen Pfändung ist mithin kein zivilrechtlicher Schadensausgleich zu erblicken.
3.6
3.6.1 Als weiteren Grund, weshalb eine Einziehung der beschlagnahmten Vermögenswerte nicht mehr möglich sei, macht die Beschwerdegegnerin geltend, bei einer Aussonderung nach Art. 44 SchKG zur strafrechtlichen Verteilung würden diejenigen Geschädigten einen Nachteil erleiden, die vergeblich Arrest- und Betreibungskosten aufgewendet hätten. Die Aufhebung der (strafprozessualen) Beschlagnahme und die Überweisung der Vermögenswerte an das Betreibungsamt Bern-Mittelland ermöglichten eine Verteilung nach der vom Zivilrecht vorgegebenen Privilegienordnung zwischen den Gläubiger- bzw. Pfändungsgruppen. Das bedeute, dass die Verteilung der Gelder nach den Regeln des Art. 146 SchKG erfolge und dass die nachgehenden Pfändungsgruppen erst dann Geld erhielten, wenn die älteste Pfändungsgruppe vollständig gedeckt werden könne. Diese bundesgesetzlich geregelte Rangordnung entspreche dem Gleichbehandlungsgrundsatz, sie sei nicht willkürlich und für die rechtsanwendenden Behörden massgebend (act. 1.1 S. 9 ff.; act. 5 S. 17).
3.6.2 Auch dieser Ansicht der Beschwerdegegnerin kann nicht gefolgt werden. Gemäss Art. 44 SchKG geschieht die Verwertung von Gegenständen, welche aufgrund strafrechtlicher oder fiskalischer Gesetze oder aufgrund des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 2015 über die Sperrung und die Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte ausländischer politisch exponierter Personen (SRVG; SR 196.1) mit Beschlag belegt sind, nach den zutreffenden eidgenössischen oder kantonalen Gesetzesbestimmungen. Obwohl das Gesetz nur von der Verwertung spricht, gilt der Vorbehalt abweichender vollstreckungsrechtlicher Regelungen in Art. 44 SchKG auch für die Beschlagnahme als solche. Eine derartige Beschlagnahme ist selbst dann noch möglich, wenn die betreffenden Gegenstände schon vorher in eine Pfändung einbezogen oder mit Konkursbeschlag belegt worden sind (BGE 115 III 1 E. 3a m.w.H.). Über die Voraussetzungen und Wirkungen einer solchen Beschlagnahme haben einzig die nach diesen Gesetzen zuständigen Straf- und Fiskalbehörden zu entscheiden. Die Betreibungs- und Konkursbehörden sind nicht befugt, einer strafrechtlichen oder fiskalischen Beschlagnahme eine eigene gegenteilige Verfügung entgegenzusetzen, die dann der betreibungsrechtlichen Beschwerde unterliegen würde. Vorbehalten bleiben immerhin Beschlagnahmen, die nach dem betreffenden Gesetz offensichtlich unzulässig sind und von den Betreibungs- und Konkursbehörden daher als nichtig betrachtet werden dürfen. Im Übrigen aber müssen sich die Gläubiger bzw. die Konkursverwaltung gegen solche Beschlagnahme mit den Rechtsmitteln des Strafprozess- bzw. Fiskalrechts zur Wehr setzen (BGE 107 III 113 E. 1). Da es sich technisch um einen Vorbehalt zu Gunsten strafrechtlicher und fiskalischer Gesetze handelt, fallen die Voraussetzungen und Wirkungen einer Beschlagnahme somit in die Zuständigkeit der von diesen Gesetzen bezeichneten Behörden, und die Schuldbetreibungs- und Konkursbehörden können davon nur Kenntnis nehmen. Die Gläubiger bzw. die Konkursverwaltung können die Beschlagnahmeverfügung mit den in diesen Gesetzen vorgesehenen Rechtsmitteln anfechten (BGE 131 III 652 E. 3.1 m.w.H.).
Gestützt auf die Kollisionsbestimmung von Art. 44 SchKG und die dazu ergangene bundesgerichtliche Rechtsprechung geht die strafprozessuale der betreibungsrechtlichen Beschlagnahme vor und die Verwertung der strafprozessual beschlagnahmten Vermögenswerte hat nach der StPO bzw. dem StGB zu erfolgen.
3.7
3.7.1 Weiter macht die Beschwerdegegnerin - vornehmlich im Rahmen ihrer Beschwerdeantwort - geltend, dass die Aufrechterhaltung der (strafprozessualen) Vermögensbeschlagnahme zum Zwecke einer späteren Zusprechung eingezogener Vermögenswerte an die Geschädigten für die Beschwerdeführerin keine Vorteile hätte, jedoch mit einer enormen Bindung von Ressourcen der Beschwerdegegnerin ausserhalb ihrer Kernaufgaben sowie mit einer massiven Verlängerung der Verfahrensdauer verbunden wäre (act. 1.1 S. 9; act. 5 S. 14 ff.).
3.7.2 Der Grundsatz der Prozessökonomie bzw. Verfahrensökonomie verlangt, dass ein Verfahren möglichst effizient und zweckmässig durchgeführt und zum Abschluss gebracht wird. Er kann aber nicht dafür herhalten, ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren gar nicht erst durchzuführen. Im Übrigen gehört die Einziehung von Vermögenswerten nach Massgabe der Vorschriften des StGB und der StPO von Gesetzes wegen zu den Kernaufgaben der Strafgerichte bzw. der Staatsanwaltschaften. Wenn die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahrens verfügt, hat sie in der Einstellungsverfügung über die Einziehung von Gegenständen und Vermögenswerten zu entscheiden. Art. 320 Abs. 2 Satz 2 StPO , wonach die Staatsanwaltschaft in der Einstellungsverfügung die Einziehung anordnen "kann", ist nicht in dem Sinne zu verstehen, dass die Einziehung fakultativ wäre. Vielmehr steht der Staatsanwaltschaft die Kompetenz zu, in der Einstellungsverfügung über die Einziehung zu befinden, und die Staatsanwaltschaft muss die Einziehung in der Einstellungsverfügung anordnen, wenn deren Voraussetzungen erfüllt sind (BGE 142 IV 383 E. 2.1).
3.8
3.8.1 Schliesslich macht die Beschwerdegegnerin im Rahmen ihrer Beschwerdeantwort als Grund, weshalb die Beschlagnahme aufzuheben sei, auch noch geltend, dass die Verwendung zugunsten der Geschädigten ausgeschlossen sei, weil nicht anzunehmen sei, dass der Täter den Schaden nicht ersetzen werde (act. 5 S. 12 ff.).
3.8.2 Dass der Täter den Schaden nicht ersetzen wird (vgl. Art. 73 Abs. 1 StGB ), ist eine Voraussetzung der Verwendung zugunsten Geschädigter, nicht aber der Einziehung oder des Erkennens auf Ersatzforderungen. Sie ist irrelevant für die Beurteilung der Frage, ob eine richterliche Einziehung oder die Zusprechung einer Ersatzforderung als rechtlich ausgeschlossen erscheint.
3.9 Andere Gründe, weshalb eine Einziehung oder die Rückgabe an die mutmasslich Geschädigten (allenfalls die Zusprechung einer staatlichen Ersatzforderung) als rechtlich ausgeschlossen erscheinen, macht die Beschwerdegegnerin weder geltend noch sind solche ersichtlich. Die von der Beschwerdegegnerin verfügte Aufhebung der Beschlagnahme von Vermögenswerten ist unbegründet. Entsprechend ist die angefochtene Verfügung aufzuheben. Damit bleibt die Beschlagnahme ohne weiteres aufrechterhalten. Den weiteren Entscheiden über die beschlagnahmten Vermögenswerte des Sach- bzw. Einziehungsrichters ist nicht vorzugreifen. Auf die Beschwerdeanträge Ziff. 2, 3 und 4 ist nicht einzutreten.
4. Das Gesuch der Beschwerdeführerin um Erteilung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wird mit dem vorliegenden Entscheid hinfällig und ist als gegenstandslos abzuschreiben.
5.
5.1 Die Kosten- und Entschädigungsfolgen im Beschwerdeverfahren tragen die Parteien nach ihrem Obsiegen und Unterliegen (Urteil des Bundesgerichts 6B_265/2016 vom 1. Juni 2016 E. 2.3; Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2017.42 vom 5. April 2017 E. 2.1 und E. 2.3; vgl. BGE 142 IV 163 E. 3.2.2; je m.w.H.).
5.2 Es ist keine Gerichtsgebühr zu erheben (vgl. Art. 423 Abs. 1 StPO ).
5.3 Da der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin der Beschwerdekammer keine Kostennote eingereicht hat, ist die Parteientschädigung ermessensweise auf Fr. 2'000.- festzusetzen (vgl. Art. 10 i.V.m. Art. 12 Abs. 2 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]). Damit hat die Beschwerdegegnerin die Beschwerdeführerin für das vorliegende Verfahren mit Fr. 2'000.- zu entschädigen.
5.4 Folglich wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege hinfällig und ist als gegenstandslos abzuschreiben.
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf eingetreten wird.
2. Die angefochtene Verfügung vom 11. Juni 2018 wird aufgehoben.
3. Das Gesuch um aufschiebende Wirkung wird als gegenstandslos abgeschrieben ( BP.2018.55 ).
4. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird als gegenstandslos abgeschrieben ( BP.2018.56 ).
5. Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben.
6. Die Bundesanwaltschaft hat A. für das vorliegende Verfahren mit Fr. 2'000.- zu entschädigen.
Bellinzona, 7. Dezember 2018
Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber :
Zustellung an
- Rechtsanwalt Timm Zahl
- Bundesanwaltschaft
Rechtsmittelbelehrung
Gegen Entscheide der Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden (Art. 79 und 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005; BGG). Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 90 ff. BGG.
Eine Beschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Entscheides nur, wenn der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin es anordnet (Art. 103 BGG ).
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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