Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts
Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Beschwerdekammer: Strafverfahren |
Fallnummer: | BB.2017.180 |
Datum: | 15.03.2018 |
Leitsatz/Stichwort: | Auftrag an eine sachverständige Person (Art. 184 StPO). |
Schlagwörter | Schlussbericht; Bundes; SUST-Schlussbericht; Beweis; Verfahren; Gutachter; Verfahren; Recht; Barkeit; Aussage; Gutachterauftrag; Untersuchung; Einvernahme; Verfahrens; Beschwerdeführers; Aussagen; Gutachten; Bundesstrafgericht; Untersuchung; Schweiz; Beschwerdekammer; Person; Bundesstrafgerichts; Verwertbarkeit; Beweise; Gutachtens; Übereinkommen |
Rechtskraft: | Kein Rechtsmittel gegeben |
Rechtsgrundlagen des Urteils: | Art. 10 StPO ;Art. 104 StPO ;Art. 113 StPO ;Art. 14 StPO ;Art. 140 StPO ;Art. 141 StPO ;Art. 15 StPO ;Art. 157 StPO ;Art. 158 StPO ;Art. 178 StPO ;Art. 18 StPO ;Art. 182 StPO ;Art. 184 StPO ;Art. 185 StPO ;Art. 192 StPO ;Art. 29 BV ;Art. 30 StGB ;Art. 369 StGB ;Art. 39 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 423 StPO ; |
Referenz BGE: | 134 I 83; 138 IV 169; ; |
Kommentar: | - |
Entscheid des Bundesstrafgerichts
Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: BB.2017.180 |
Beschluss vom 15. März 2018 | ||
Besetzung | Bundesstrafrichter Giorgio Bomio-Giovanascini, Vorsitz, Roy Garré und Patrick Robert-Nicoud , Gerichtsschreiberin Inga Leonova | |
Parteien | A. , vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Spahni, Beschwerdeführer | |
gegen | ||
Bundesanwaltschaft, Beschwerdegegnerin | ||
Gegenstand | Auftrag an eine sachverständige Person |
Sachverhalt:
A. Infolge der Kollision vom [...] zwischen den Flugzeugen [...] und [...] eröffnete die Bundesanwaltschaft (nachfolgend BA") am [...] die Strafuntersuchung SV.14.1090 wegen des Verdachts der Störung des öffentlichen Verkehrs, der fahrlässigen schweren Körperverletzung und der fahrlässigen Tötung zunächst gegen Unbekannt (Verfahrensakten, Urkunde 01-00-0001).
B. Der Flugunfall vom [...] wurde durch die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (nachfolgend SUST") untersucht. Den entsprechenden Schlussbericht Nr. [...] (nachfolgend SUST-Schlussbericht") reichte die SUST der BA ein (Verfahrensakten, Urkunde 11-02-0004 ff.).
C. Am 25. Juli 2017 dehnte die BA die Strafuntersuchung SV.14.1090 unter anderem gegen den Piloten der [...], A. aus (Verfahrensakten, Urkunde 01-00-0002).
D. Am 18. September 2017 beauftragte die BA C., Cheftestpilot bei der
armasuisse, Kompetenzbereich Luftfahrtsysteme, mit der Erstellung eines Gutachtens zum Flugunfall vom [...] (act. 1.2).
E. Gegen den Gutachterauftrag liess A. bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts am 2. Oktober 2017 Beschwerde erheben. Er beantragt im Hauptbegehren die Aufhebung des Gutachterauftrags und Zurückweisung an die BA zur Neufassung (act. 1).
F. In der Beschwerdeantwort vom 12. Oktober 2017 beantragte die BA die kostenfällige Abweisung der Beschwerde (act. 3). A. liess sich hierzu mit Eingabe vom 25. Oktober 2017 vernehmen (act. 6). Mit Schreiben vom 1. November 2017 verzichtete die BA auf eine Stellungnahme und hielt an ihren Ausführungen und Anträgen fest (act. 8).
Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den folgenden Erwägungen Bezug genommen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Bundesanwaltschaft kann bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde erhoben werden (Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO i.V.m. Art. 37 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Organisation der Strafbehörde des Bundes [Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG; SR 173.71]). Zur Beschwerde berechtigt ist jede Partei oder jeder andere Verfahrensbeteiligte mit einem rechtlich geschützten Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides (Art. 382 Abs. 1 i.V.m. Art. 104 f . StPO ; Guidon , Die Beschwerde gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung, Diss. 2011, N. 247 ff. [nachfolgend Guidon Diss.]). Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert zehn Tagen schriftlich und begründet einzureichen (Art. 396 Abs. 1 StPO ). Mit ihr können Rechtsverletzungen gerügt werden, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung (Art. 393 Abs. 2 lit. a StPO ), wie auch die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts (Art. 393 Abs. 2 lit. b StPO ) und die Unangemessenheit (Art. 393 Abs. 2 lit. c StPO).
1.2 Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen den von der Staatsanwaltschaft erteilten Gutachterauftrag vom 18. September 2017. Es handelt sich dabei um eine anfechtbare Verfügung i.S.v. Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO , mithin liegt ein zulässiges Anfechtungsobjekt vor ( Guidon , Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 393 StPO N. 10; Schmid/Jositsch , Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2017, N. 941). Als Beschuldigter im Strafverfahren SV.14.1090-SH ist dem Beschwerdeführer in Bezug auf die prozessuale Verwertbarkeit des zu erstellenden Gutachtens (vgl. auch infra E. 5.2) ein rechtlich geschütztes Interesse zuzusprechen (im Allgemeinen dazu vgl. Guidon Diss., a.a.O., N. 252). Damit ist er zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde legitimiert und auf die - im Übrigen form- und fristgerecht erhobene - Beschwerde vom 2. Oktober 2017 ist einzutreten.
2. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung muss sich die urteilende Instanz nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen. Sie kann sich auf die für ihren Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Es genügt, wenn die Behörde wenigstens kurz die Überlegungen nennt, von denen sie sich leiten liess und auf welche sich ihr Entscheid stützt (BGE 134 I 83 E. 4.1 S. 88 f. [zu Art. 29 Abs. 2 BV]; Urteil des Bundesgerichts 1A.59/2004 vom 16. Juli 2004 E. 5.2 m.w.H.).
3.
3.1 Gemäss Art. 182 StPO kann die Staatsanwaltschaft eine oder mehrere sachverständige Personen beiziehen, wenn sie nicht über die besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die zur Feststellung oder Beurteilung eines Sachverhalts erforderlich sind. Hierzu übergibt sie der sachverständigen Person zusammen mit dem Auftrag die zur Erstellung des Gutachtens notwendigen Akten und Gegenstände (Art. 184 Abs. 4 StPO).
3.2 Die Beschwerdegegnerin legte ihrem Gutachterauftrag vom 18. September 2017 unter anderem den SUST-Schlussbericht bei (act. 1.2, S. 4). Der Beschwerdeführer bemängelt dies und bringt im Wesentlichen vor, der SUST-Schlussbericht dürfe im Strafverfahren nicht verwendet werden und enthalte unverwertbare Aussagen (act. 1, S. 3 ff.; act. 6, S. 2 ff.).
4.
4.1 Bei der SUST handelt es sich um eine ausserparlamentarische Kommission nach den Art. 57a -57g des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes (RVOG, SR 172.010; Art. 6 Verordnung über die Sicherheitsuntersuchung von Zwischenfällen im Verkehrswesen vom 17. Dezember 2014 [VSZV; RS 742.161] bzw. vor 1. Februar 2015 Art. 3 Abs. 2 Verordnung vom 23. März 2011 über die Organisation der Schweizerischen Unfalluntersuchungsstelle [OV-SUST; SR 172.217.3]). Seit dem 1. Februar 2015 untersucht die SUST unter anderem Ereignisse in der Luftfahrt gemäss der VSZV. Bis zum 1. Februar 2015 erfolgte die Untersuchung nach den Vorgaben der nunmehr aufgehobenen Verordnung vom 20. August 1980 über die Untersuchung von Flugunfällen und schweren Vorfällen (VFU; SR 748.126.3) sowie Verordnung über die Meldung und die Untersuchung von Unfällen und schweren Vorfällen beim Betrieb öffentlicher Verkehrsmittel vom 28. Juni 2000 (VUU; SR 742.161).
4.2 Die Untersuchungen der SUST bestehen aus einer unabhängigen Abklärung der technischen, betrieblichen und menschlichen Umstände und Ursachen, die zu einem Ereignis bzw. Unfall oder Zwischenfall geführt haben. Sie haben zum Ziel, die Sicherheit im Verkehrswesen zu verbessern, das heisst, ähnliche Vorfälle in der Zukunft zu vermeiden. Die Untersuchung eines Flugunfalls oder eines schweren Vorfalls durch die SUST zielt auf die (künftige) Verhütung von Unfällen oder schweren Vorfällen. Die rechtliche Würdigung der Umstände und Ursachen von Flugunfällen und schweren Vorfällen ist ausdrücklich nicht Gegenstand der Flugunfalluntersuchung. Da dabei auch weder die Schuld noch die Haftung untersucht werden (vgl. Art. 24 Abs. 2 des Luftfahrtgesetzes vom 21. Dezember 1948 [ LFG ; SR 748.0]), bezweckt der Bericht der SUST nicht, ein (strafrechtliches) Verschulden festzustellen oder (zivilrechtliche) Haftungsfragen zu klären (Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2016.42 vom 12. Januar 2017 E. 2.3.2).
4.3 Ziff. 5.12 im Anhang 13 zum Übereinkommen über die internationale Zivilluftfahrt vom 7. Dezember 1944 (ICAO-Übereinkommen, SR 0.748.0) sieht sinngemäss vor, dass aus Unfalluntersuchungen erlangte Informationen nur zum Zwecke der Unfallprävention beigezogen werden dürfen und stünde damit einem Beizug der SUST-Akten durch eine Strafuntersuchungsbehörde grundsätzlich entgegen. Allerdings hat die Schweiz zum Anhang 13 folgenden Vorbehalt angebracht: La législation suisse exige que tous les documents soient mis à disposition des autorités juridiques et des autorités aéronautiques." bzw. Swiss legislation requires that all documents be made available to judicial authorities and aviation authorities". Gestützt auf diesen Vorbehalt können die schweizerischen Strafverfolgungsbehörden und Gerichte die (sicherheitstechnischen) Untersuchungen der SUST und deren Ergebnisse (darunter auch den Schlussbericht) im Strafverfahren verwenden. Diese stellen sachliche Beweismittel im Sinne von Art. 139 i.V.m. Art. 192 ff . StPO dar und unterliegen im Gerichtsverfahren der freien richterlichen Beweiswürdigung nach Art. 10 Abs. 2 StPO (vgl. zum Ganzen Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2016.42 vom 12. Januar 2017 E. 2.3.5 und 2.3.6).
4.4 Es ist dem Beschwerdeführer insofern beizupflichten, als der von der Schweiz angebrachte Vorbehalt zum Anhang 13 nicht in der AS publiziert ist. Dies ist jedoch gestützt auf nachfolgende Überlegungen nicht zu beanstanden.
Das ICAO-Übereinkommen wurde in die AS aufgenommen und entspricht den Vorgaben von Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Sammlungen des Bundesrechts und das Bundesblatt vom 18. Juni 2004 (Publikationsgesetz, PublG; SR 170.512). Die Fussnote Ziff. 2 des Abschnitts Vorbehalte und Erklärungen" am Ende des ICAO-Übereinkommens enthält den Hinweis, wonach die Anhänge zum ICAO-Übereinkommen nicht in der AS veröffentlicht werden müssen, und dass die Anhänge sowie deren Änderung auf der Webseite des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL) in französischer oder englischer Sprache publiziert werden oder bei der ICAO kostenpflichtig bezogen werden können (siehe auch AS 2017 6503 ff.). Die einzelnen Anhänge sind auf der Webseite des BAZL als PDF-Dateien unter https://www.bazl.admin.ch/bazl/de/home/fachleute/regulation-und-grundlagen/rechtliche-grundlagen-und-richtlinien/anhaenge-zur-konvention-der-internationalen-zivilluftfahrtorgani.html abrufbar. Art. 5 Abs. 1 PublG sieht vor, dass eine Verweispublikation namentlich dann zulässig ist, wenn sich die Texte wegen ihres besonderen Charakters nicht für die vollständige Veröffentlichung in der AS eignen. Mittels Verweis können Texte veröffentlich werden, die beispielsweise nur einen kleinen Kreis von Personen betreffen oder wenn es sich um Texte mit technischem Inhalt handelt, die sich an Fachleute richten ( Moll , Kommentar zum Publikationsgesetz des Bundes, 2011, Art. 5 PublG N 12 ff.). Der Anhang 13 sowie die übrigen 18 Anhänge zum ICAO-Übereinkommen sind einerseits sehr umfangreich und andererseits richten sich nicht an die Allgemeinheit, sondern primär an Personen, die einen Bezug zur zivilen Luftfahrt haben. Entsprechend konnte von der Publikation der Anhänge in der AS abgesehen werden. Was die Publikation des Vorbehalts betrifft, enthält Anhang 13 zum ICAO-Übereinkommen einleitend Folgendes fest: "Amendments are announced in the supplements to the Products and Services Catalogue; the Catalogue and its supplements are available on the ICAO website at www.icao.int " . Somit können bei der ICAO nebst den Anhängen auch die hierzu von den einzelnen Vertragsstaaten angebrachten Vorbehalte angefordert werden. Wie der vorliegende Fall zeigt, kann der Vorbehalt zum Anhang 13 zudem beim BAZL angefordert werden (act. 8.1, 8.1.1). Auch wenn der Zugang zu den Anhängen und den dazugehörigen Vorbehalten etwas schwerfällig erscheinen mag, reicht dies zur Begründung einer Verletzung des Publikationsgesetzes nicht aus.
4.5 Nach dem Gesagten durfte die Beschwerdegegnerin in dem von ihr geführten Strafverfahren SV.14.1090 die Sachverhaltsdarstellung und Untersuchungsergebnisse der SUST grundsätzlich berücksichtigen. Die entsprechende Rüge des Beschwerdeführers geht fehl.
5.
5.1 Art. 141 StPO regelt die Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweise im Strafprozess. Für Beweise, die durch verbotene Beweiserhebungsmethoden erlangt werden, sieht Art. 141 Abs. 1 Satz 1 StPO ein absolutes Beweisverwertungsverbot vor. Dasselbe gilt, wenn das Gesetz einen Beweis als unverwertbar bezeichnet (Art. 141 Abs. 1 Satz 2 StPO). Obschon Art. 141 Abs. 1 Satz 2 StPO von «dieses» Gesetz spricht, sind keine Gründe ersichtlich, weshalb sich das Verwertungsverbot lediglich auf die StPO beziehen soll, zumal auch andere Gesetze die Unverwertbarkeit eines Beweismittels oder einer Information vorsehen ( Gless , Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 141 StPO N. 62; Wohlers , in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Aufl., Art. 141 N. 18). Zu nennen sind beispielsweise Art. 24 VSZV, Art. 104 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer vom 12. Juni 2009 (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG; SR 641.20) und Art. 369 Abs. 8 Satz 2 StGB .
Beweise, welche die Strafbehörden in strafbarer Weise oder unter Verletzung von Gültigkeitsvorschriften erhoben haben, dürfen nach Art. 141 Abs. 2 StPO grundsätzlich nicht verwertet werden, es sei denn, ihre Verwertung sei zur Aufklärung schwerer Straftaten unerlässlich. Ermöglichte ein Beweis, der nach Art. 141 Abs. 2 StPO nicht verwertet werden darf, die Erhebung eines weiteren Beweises, so ist dieser nicht verwertbar, wenn er ohne die vorhergehende Beweiserhebung nicht möglich gewesen wäre (Art. 141 Abs. 4 StPO), das heisst der erste Beweis " condicio sine qua non" des zweiten ist ( BGE 138 IV 169 E. 3.1 S. 171 mit Hinweis). Eine Fernwirkung gemäss Art. 141 Abs. 4 StPO ist zu verneinen, wenn der Folgebeweis im Sinne eines hypothetischen Ermittlungsverlaufs zumindest mit einer grossen Wahrscheinlichkeit auch ohne den illegalen ersten Beweis erlangt worden wäre. Entscheidend sind die konkreten Umstände des Einzelfalls. Ob Art. 141 Abs. 4 StPO entgegen seinem Wortlaut auch für absolute Beweisverwertungsverbote (Art. 141 Abs. 1 StPO) gelte, ist in der Lehre umstritten ( Gless , a.a.O., Art. 141 StPO N. 90). Das Bundesgericht hat diese Frage bisher offengelassen ( BGE 138 IV 169 E. 3.2 mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 6B_1021/2013 vom 29. September 2014 E. 2.3.3).
5.2 Die Frage der Verwertbarkeit von Beweismitteln und der definitive Entscheid über gesetzliche Beweisverwertungsverbote (Art. 140 f . StPO ) obliegt nach der Praxis des Bundesgerichts grundsätzlich der zuständigen Verfahrensleitung bzw. dem erkennenden Sachrichter im Rahmen des Endentscheids. Dies schliesst indes nicht aus, dass die Beschwerdeinstanz bereits im Vorverfahren nach dem aktuellen Stand der Untersuchung unter Wahrung der Verfahrensrechte aller Parteien über die Verwertbarkeit von Beweismitteln befindet. Lässt sich die Unverwertbarkeit der umstrittenen Aktenstücke bei einer Beurteilung der Aktenlage und der Gegebenheiten des konkreten Falls jedoch schon im Untersuchungsstadium eindeutig feststellen, kann bereits die Beschwerdeinstanz diese Beweismittel aus den Strafakten entfernen (143 IV 475 E. 2.7 480 f. m.w.H.).
5.3
5.3.1 Die Verwertbarkeit von Einvernahmen setzt im Strafverfahren die Einhaltung der strafprozessualen Vorgaben voraus. Insbesondere ist die beschuldigte Person zu Beginn der ersten Einvernahme in einer ihr verständlichen Sprache unter anderem daraufhin zu weisen, dass gegen sie ein Vorverfahren eingeleitet worden ist, welche Straftaten Gegenstand des Verfahrens bilden und dass sie die Aussage und die Mitwirkung verweigern kann (Art. 158 Abs. 1 lit. a und b StPO). Ohne diese Hinweise sind die Einvernahmen nicht verwertbar (Art. 158 Abs. 2 StPO ). Der Inhalt solcher unverwertbarer Einvernahmen darf auch nicht mittelbar zum Beweis gemacht werden. Dem gilt insbesondere im Zusammenhang mit Beizug von Aussagen aus zivil- und verwaltungsrechtlichen Verfahren Rechnung zu tragen, die ohne den Hinweis auf die Rechte i.S.v. Art. 158 Abs. 1 StPO erfolgten ( Lieber , in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, Art. 113 N. 56 ff.; Ruckstuhl , Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 158 StPO N. 36; Schmid/Jositsch , Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 158 N. 17).
5.3.2 Die Befragungen im Rahmen einer sicherheitstechnischen Untersuchung der SUST erfolgen nicht nach den Grundsätzen und Gepflogenheiten der Strafprozessordnung. Zwar werden die Befragten über ihre Rechte als Auskunftspersonen" belehrt und auf die Möglichkeit des Aussageverweigerungsrechts hingewiesen. Es handelt sich dabei jedoch um eine auf verwaltungsrechtlichen Grundsätzen basierende Befragung und nicht um strafprozessuale Rechtsbelehrungen als beschuldigte Person nach Art. 157 ff . StPO oder Auskunftsperson nach Art. 178 ff . StPO . Weiter fehlen die strafbewehrten Hinweise wegen falscher Anschuldigung (Art. 303 StGB ), Irreführung der Rechtspflege (Art. 304 StGB ) und Begünstigung (Art. 305 StGB ). Gemäss Art. 24 VSZV dürfen die von einer Person im Rahmen einer Sicherheitsuntersuchung erteilten Auskünfte in einem Strafverfahren nur mit deren Einverständnis verwendet werden. Erkenntnisse der SUST, welche vom Beschuldigten nicht anerkannt sind, können daher im Strafverfahren nicht zu dessen Nachteil herangezogen werden. Entsprechende Beweise sind von der zuständigen Behörde in Beachtung der strafprozessualen Normen zu erheben (Art. 141 Abs. 1 und 2 StPO ). Diese unterscheiden sich von den für die SUST massgebenden Vorgaben (VSZV bzw. VFU) entscheidend (vgl. bspw. Art. 147 Abs. 4 und Art. 182 ff . StPO ). Beweise, die den gesetzlichen Gültigkeitsvorschriften nicht entsprechen, sind im Strafverfahren nicht verwertbar (Art. 141 Abs. 1 StPO ; Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2016.42 vom 12. Januar 2017 E. 2.4.2; Verfügung des Bundesstrafgerichts SK.2016.7 vom 25. Februar 2016 Ziff. III E. 1.2.4).
5.4
5.4.1 Die Beschwerdegegnerin hat zu Recht das SUST-Einvernahmeprotokoll des Beschwerdeführers mangels dessen Zustimmung nicht zu den Strafakten erkannt und führte in der Beschwerdeantwort aus, dass sie von der Unverwertbarkeit der vom Beschwerdeführer anlässlich der SUST-Einvernahme gemachten Aussagen ausgehe (act. 3, S. 2). Dies ist nicht zu beanstanden.
5.4.2 Indes drängt sich die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage auf, ob die Beschwerdegegnerin den SUST-Schlussbericht dem Gutachterauftrag vom 18. September 2017 beilegen durfte, der unter anderem gestützt auf im Strafverfahren nicht verwertbare Aussagen des Beschwerdeführers erstellt wurde. Denn es ist denkbar, dass ein Gutachten, das auf unverwertbaren Beweismitteln beruht, ebenfalls als unverwertbar qualifiziert werden könnte ( Schmid/Jositsch , a.a.O., Art. 141 N. 14 f.). Indem sich die Beschwerdegegnerin bei der Ausarbeitung des Gutachterauftrags vom 18. September 2017 des SUST-Schlussberichts bediente, besteht die Gefahr, dass dadurch nicht verwertbare Aussagen des Beschwerdeführers dem Gutachter zur Kenntnis gebracht werden und in das von ihm zu erstellende Gutachten Eingang finden könnten.
Die Möglichkeit, dass die im Rahmen der SUST-Untersuchung gemachten Aussagen des Beschwerdeführers im Schlussbericht berücksichtigt worden sein könnten, ohne dass sie durchwegs als solche erkenntlich gemacht wurden und den Anschein erwecken könnten, es handle sich dabei um Resultate der Abklärungen seitens der SUST, kann vorliegend nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Nachdem die SUST die Herausgabe der Einvernahme des Beschwerdeführers mangels seiner Zustimmung verweigerte (Verfahrensakten, Urkunde 11-02-0037), kann die Beschwerdekammer nicht überprüfen, ob und in welchem Umfang der SUST-Schlussbericht auf den im Strafverfahren nicht verwertbaren Aussagen des Beschwerdeführers basiert. Deshalb ist die Frage der Verwertbarkeit des SUST-Schlussberichts zum Flugunfall der zuständigen Verfahrensleitung bzw. dem erkennenden Sachrichter im Rahmen des Endentscheids zu überlassen (vgl. E. 5.2 hiervor). Indes gab die Beschwerdegegnerin in der Beschwerdeantwort an, nicht zu wissen, was alles Ausfluss der Aussagen des Beschwerdeführers im SUST-Schlussbericht gewesen sei (act. 3, S. 2). Dies lässt darauf schliessen, dass die mangelnde Kenntnis des SUST-Einvernahmeprotokolls die Würdigung der Verwertbarkeit des SUST-Schlussberichts, mithin auch des noch zu erstellenden Gutachtens der Beschwerdegegnerin und dem allfälligen Sachgericht erschwert wenn nicht gar verunmöglicht. Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin ist der Beschwerdeführer nicht verpflichtet, der Beschwerdegegnerin das SUST-Einvernahmeprotokoll einzureichen, damit sie beurteilen kann, inwiefern sich der SUST-Schlussbericht auf seine Aussagen abstützt. Der Beschwerdeführer beruft sich zu Recht auf den Grundsatz nemo tenetur se ipsum accusare (vgl. Art. 113 Abs. 1 StPO ). Aus demselben Grund kann dem Beschwerdeführer nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er die einzelnen Passagen aus dem SUST-Schlussbericht, die seiner Ansicht nach auf seiner gegenüber der SUST gemachten Aussagen beruhen würden, erst im Rahmen der Begründung seiner hier zu beurteilenden Beschwerde ausdrücklich bezeichnete.
5.4.3 Unter den vorgenannten Umständen ist ein gewisses Risiko, dass der SUST-Schlussbericht und das von der Beschwerdegegnerin in Auftrag gegebene Gutachten von der Beschwerdegegnerin bzw. vom Sachrichter als unverwertbar erachtet werden könnten, nicht von der Hand zu weisen.
6.
6.1 Da sich der SUST-Schlussbericht zu den technischen, betrieblichen und menschlichen Umständen und Ursachen, die zu einem Ereignis bzw. Unfall oder Zwischenfall geführt haben, äussert, kann er den Strafverfolgungsbehörden bei der Beurteilung der Strafbarkeit der Beteiligten als sachliches Beweismittel von Nutzen sein (vgl. E. 4.2 und 4.3 hiervor). Angesichts des vorliegenden Anfechtungsgegenstandes braucht die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage, ob dem SUST-Schlussbericht der Stellenwert eines Gutachtens i.S.v. Art. 182 ff . StPO zukommt, nicht beantwortet zu werden. Jedenfalls handelt es bei einem SUST-Schlussbericht entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin nicht um eine einfache Erhebung i.S.v. Art. 185 Abs. 4 StPO , die der Gutachter selber vornehmen kann. Daran vermag die Tatsache, dass der SUST-Schlussbericht im Internet veröffentlicht und jedermann zugängig gemacht wird, nichts zu ändern. Der Schlussbericht wird von Fachleuten der SUST und in der Regel gestützt auf umfangreiche Untersuchungen erstellt. Ausserdem verfolgt die Erstellung eines SUST-Schlussberichts andere Ziele als eine strafrechtliche Untersuchung (vgl. E. 4.2 hiervor) und kann auf Aussagen basieren, die mangels der Zustimmung von Betroffenen im Strafverfahren nicht verwertbar sind. Die Prüfung, ob der im Internet publizierte SUST-Schlussbericht den strafprozessualen Anforderung genügt, obliegt nicht dem Gutachter. Erachtet der beauftragte Gutachter den Beizug eines Schlussberichts der SUST als notwendig, so hat er bei der Verfahrensleitung einen entsprechenden Antrag zu stellen (vgl. Art. 185 Abs. 3 StPO).
6.2 Aufgrund der Schreiben vom 6. Dezember 2016 und 23. August 2017 war der Beschwerdegegnerin bekannt, dass der Beschwerdeführer der Ansicht ist, der SUST-Schlussbericht stütze sich auf seine im Strafverfahren nicht verwertbare Einvernahme (act. 1.3, 1.4). Da die Beschwerdegegnerin selber von der Unverwertbarkeit der SUST-Einvernahme ausgeht (act. 3, S. 2), hätte ihr bewusst sein müssen, dass ein gewisses Risiko besteht, dass die Erteilung des Gutachterauftrags unter Beilage des SUST-Schlussberichts die Unverwertbarkeit des Gutachtens zur Folge haben könnte. Eine Neuerteilung des Gutachterauftrags zu einem späteren Zeitpunkt seitens der Beschwerdegegnerin oder des Sachgerichts ist weder im Sinne der Verfahrensökonomie noch des Beschleunigungsgebotes (Art. 5 StPO). Das Risiko einer allfälligen Fernwirkung der Unverwertbarkeit hätte mittels einer Einvernahme des Beschwerdeführers zum SUST-Schlussbericht vermieden bzw. reduziert werden können ( Ruckstuhl , a.a.O., Art. 158 StPO N. 37; Schmid/ Jositsch , a.a.O., Art. 158 N. 17). Weshalb die Beschwerdegegnerin den Gutachterauftrag erteilt hat ohne den Beschwerdeführer vorgängig zum SUST-Schlussbericht ordnungsgemäss einvernommen zu haben, ergibt sich weder aus den vorliegenden Akten noch aus den Ausführungen der Beschwerdegegnerin. Soweit ersichtlich, stand einer Einvernahme des Beschwerdeführers durch die Beschwerdegegnerin nichts im Wege, zumal der Beschwerdeführer in der Schweiz wohnhaft ist und sich gegen eine persönliche Anhörung nicht wehrte. Vielmehr bekräftigte er seine Aussagebereitschaft gegenüber der Beschwerdegegnerin im Schreiben vom 23. August 2017 (act. 1.3).
6.3 Obschon die Prüfung der Verwertbarkeit des SUST-Berichts und des unter dessen Berücksichtigung erstellten Gutachtens der Beschwerdegegnerin bzw. dem Sachgericht zu überlassen ist (E. 5.4.2 hiervor), sprechen insbesondere verfahrensökonomischen Überlegungen sowie der Stand des Strafverfahrens dafür, dem Gutachterauftrag möglichst verwertbare Unterlagen beizulegen. Aus diesem Grund hätte die Beschwerdegegnerin vor Erteilung des Gutachterauftrags unter Beilage des SUST-Schlussberichts den Beschwerdeführer mindestens einmal ordnungsgemäss zum SUST-Schlussbericht befragen müssen. Die Beschwerde erweist sich damit als begründet und ist gutzuheissen. Bei diesem Ergebnis braucht auf die weiteren Rügen des Beschwerdeführers nicht eingegangen zu werden.
7. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen und der Gutachterauftrag vom 18. September 2017 ist aufzuheben.
8. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 423 Abs. 1 StPO ).
Da der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers der Beschwerdekammer keine Kostennote eingereicht hat, ist die Parteientschädigung ermessensweise auf Fr. 2'000.-- festzulegen (vgl. Art. 10 i.V.m. Art. 12 Abs. 2 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]). Damit hat die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- auszurichten.
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Gutachterauftrag vom 18. September 2017 wird aufgehoben.
2. Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer für das vorliegende Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- auszurichten.
Bellinzona, 15. März 2018
Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin :
Zustellung an
- Rechtsanwalt Thomas Spahni
- Bundesanwaltschaft
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.
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