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Entscheid des Bundesstrafgerichts: BE.2016.5 vom 23.03.2017

Hier finden Sie das Urteil BE.2016.5 vom 23.03.2017 - Beschwerdekammer: Strafverfahren

Sachverhalt des Entscheids BE.2016.5


Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts

Instanz:

Bundesstrafgericht

Abteilung:

Beschwerdekammer: Strafverfahren

Fallnummer:

BE.2016.5

Datum:

23.03.2017

Leitsatz/Stichwort:

Entsiegelung (Art. 50 Abs. 3 VStrR).

Schlagwörter

Gesuch; Gesuchsgegnerin; Bundes; Papiere; Durchsuchung; MWSTG; VStrR; Unterlagen; Untersuchung; Entsiegelung; Wartung; Ordner; Bundesstrafgericht; Untersuchung; Wartungs; Beschwerdekammer; Zollstrafuntersuchung; Bundesstrafgerichts; Tatverdacht; Entsiegelungsgesuch; Über; Verfahren; Reparaturarbeiten; Verdacht; Papieren; ätzlich

Rechtsgrundlagen des Urteils:

Art. 1 MWSTG ;Art. 10 BGG ;Art. 103 MWSTG ;Art. 118 ZG ;Art. 128 ZG ;Art. 21 ZG ;Art. 24 ZG ;Art. 25 ZG ;Art. 29 BV ;Art. 36 BV ;Art. 5 MWSTG ;Art. 5 StPO ;Art. 51 MWSTG ;Art. 52 MWSTG ;Art. 53 MWSTG ;Art. 54 MWSTG ;Art. 6 StPO ;Art. 66 BGG ;Art. 9 ZG ;Art. 96 MWSTG ;

Referenz BGE:

139 IV 246; ;

Kommentar:

Donatsch, Hans, Schweizer, Hansjakob, Lieber, Hug, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Art. 197 OR StPO, 2014

Entscheid des Bundesstrafgerichts

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BE.2016.5

Beschluss vom 23. März 2017
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz,

Andreas J. Keller und Roy Garré ,

Gerichtsschreiber Stephan Ebneter

Parteien

Eidgenössische Zollverwaltung, Oberzolldirektion,

Gesuchstellerin

gegen

A. AG, vertreten durch Rechtsanwalt Gianni Rizzello,

Gesuchsgegnerin

Gegenstand

Entsiegelung (Art. 50 Abs. 3 VStrR )


Sachverhalt:

A. Die Zollkreisdirektion Basel, Sektion Zollfahndung (nachfolgend "ZFA Basel"), eröffnete am 23. August 2016 eine Zollstrafuntersuchung gegen die A. AG wegen Verdachts auf Nichtanmeldung von Reparaturen und Wartungen eines Luftfahrzeugs bei der Einreise in die Schweiz, die den Tatbestand einer Widerhandlung gegen das Zollgesetz vom 18. März 2005 (ZG; SR 631.0) sowie das Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG; SR 641.20) darstelle (act. 1.7). Anlässlich der Durchsuchung der Geschäftsräume der A. AG am 8. September 2016 wurden Papiere und Aufzeichnungen sichergestellt (act. 1.11), gegen deren Durchsuchung die A. AG Einsprache erhob (act. 1.10). Die sichergestellten Papiere und Aufzeichnungen wurden hierauf versiegelt (act. 1.11).

B. Mit Gesuch vom 20. Oktober 2016 gelangte die Eidgenössische Zollverwaltung, Oberzolldirektion (nachfolgend "EZV"), an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts. Sie beantragt, die EZV sei zu ermächtigen, die mit Sicherstellungsbeschluss vom 8. September 2016 bei der A. AG sichergestellten Papiere zu entsiegeln und zu durchsuchen, unter Kostenfolge zu Lasten der A. AG (act. 1).

C. Mit Schreiben vom 21. Oktober 2016 stellte die ZFA Basel der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts die versiegelten Papiere zu (act. 3).

D. Mit Gesuchsantwort vom 28. November 2016 beantragt die A. AG, das Entsiegelungsgesuch der EZV vom 20. Oktober 2016 sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne, und die EZV anzuweisen, die am 8. September 2016 in den Geschäftsräumen der A. AG sichergestellten Unterlagen gemäss Sicherstellungsprotokoll gleichen Datums unbelastet herauszugeben, unter Kosten und Entschädigungsfolgen zuzüglich Mehrwertsteuer von 8% zulasten der Eidgenossenschaft (act. 7).

E. Mit Gesuchsreplik vom 12. Dezember 2016 hält die EZV an ihren Anträgen fest (act. 9), ebenso wie die A. AG mit Gesuchsduplik vom 20. Januar 2017 an ihren Anträgen festhält (act. 15). Letztere wurde der EZV mit Schreiben vom 23. Januar 2017 zur Kenntnis gebracht (act. 16).

Auf weitere Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den folgenden Erwägungen Bezug genommen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1. Gemäss Art. 128 Abs. 1 ZG werden Widerhandlungen gegen das Zollgesetz nach diesem und dem Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR 313.0) verfolgt und beurteilt. Verfolgende und urteilende Behörde ist die EZV (Art. 128 Abs. 2 ZG ). Gemäss Art. 103 Abs. 1 MWSTG ist auf die Strafverfolgung mit Ausnahme der Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 69 Abs. 2 , Art. 73 Abs. 1 letzter Satz sowie Art. 77 Abs. 4 das VStrR anwendbar. Bei der Einfuhrsteuer obliegt die Strafverfolgung der EZV (Art. 103 Abs. 2 MWSTG ). Hat die zuständige Behörde auch andere strafbare Handlungen, für welche das VStrR anwendbar ist, zu untersuchen oder zu beurteilen, so gilt Art. 103 Abs. 1 MWSTG für alle strafbaren Handlungen (Art. 103 Abs. 5 MWSTG ).

2.

2.1 Bei Durchsuchungen in Strafverfahren nach VStrR ist dem Inhaber der "Papiere" (bzw. der zu durchsuchenden Aufzeichnungen und Gegenstände) wenn immer möglich Gelegenheit zu geben, sich zuvor über ihren Inhalt auszusprechen. Erhebt er gegen die Durchsuchung Einsprache, so werden die Papiere versiegelt und verwahrt. Zur Einsprache gegen die Durchsuchung ist nur der Inhaber der Papiere legitimiert (Urteil des Bundesgerichts 1B_233/2009 vom 25. Februar 2010, E. 4.2 m.w.H.; Beschluss des Bundesstrafgerichts BE.2015.13 vom 1. März 2016, E. 2.3). Über die Zulässigkeit der Durchsuchung entscheidet die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (Art. 50 Abs. 3 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 VStrR und Art. 37 Abs. 2 lit. b des Bundesgesetzes vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes [Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG; SR 173.71] ). Eine förmliche Frist zur Einreichung des Entsiegelungsgesuches der Untersuchungsbehörde kennt das VStrR nicht. Die untersuchende Verwaltungsbehörde hat allerdings - gerade bei Entsiegelungsgesuchen - dem Beschleunigungsgebot in Strafsachen ausreichend Rechnung zu tragen (Art. 29 Abs. 1 BV , Art. 5 Abs. 1 StPO). Die allgemeinen strafprozessualen und verfassungsrechtlichen Grundsätze sind jedenfalls auch im Verwaltungsstrafverfahren zu berücksichtigen (vgl. zum Ganzen BGE 139 IV 246 E. 3.2).

2.2 Vorliegend zur Beurteilung steht die Entsiegelung einer Papiertüte mit Papieren, die sich in den Geschäftsräumen der Gesuchsgegnerin befanden. Die Gesuchsgegnerin ist mithin die Inhaberin der betroffenen Papiere und hat deren Siegelung verlangt. Damit hat eine zur Einsprache legitimierte Person rechtsgültig Einsprache erhoben. Die übrigen Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf das Gesuch ist einzutreten.

3. Gemäss konstanter Praxis der Beschwerdekammer entscheidet diese bei Entsiegelungsgesuchen, ob die Durchsuchung im Grundsatz zulässig ist, mithin ob die Voraussetzungen für eine Entsiegelung grundsätzlich erfüllt sind. Sofern dies bejaht wird, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob schützenswerte Geheimhaltungsinteressen einer Entsiegelung entgegenstehen ( TPF 2007 96 E. 2). Von einer Durchsuchung von Papieren, bei der es sich um eine strafprozessuale Zwangsmassnahme handelt, wird gesprochen, wenn Schriftstücke oder Datenträger im Hinblick auf ihren Inhalt oder ihre Beschaffenheit durchgelesen bzw. besichtigt werden, um ihre Beweiseignung festzustellen und sie allenfalls mittels später erfolgender Beschlagnahme zu den Akten zu nehmen. Eine derartige Durchsuchung ist nur zulässig, wenn ein hinreichender Tatverdacht besteht, anzunehmen ist, dass sich unter den sichergestellten Papieren Schriften befinden, die für die Untersuchung von Bedeutung sind (Art. 50 Abs. 1 VStrR ) und der Grundsatz der Verhältnismässigkeit respektiert wird. Die Durchsuchung von Papieren ist dabei mit grösster Schonung der Privatgeheimnisse und unter Wahrung der Berufs- und Amtsgeheimnisse durchzuführen (Art. 50 Abs. 1 und 2 VStrR ; vgl. zum Ganzen TPF 2007 96 E. 2; zuletzt u.a. Beschluss des Bundesstrafgerichts BE.2016.3 vom 19. Dezember 2016, E. 2 m.w.H.).

4.

4.1 Im Entsiegelungsentscheid ist vorab zu prüfen, ob ein hinreichender Tatverdacht für eine die Durchsuchung rechtfertigende Straftat besteht. Dazu bedarf es zweier Elemente: Erstens muss ein Sachverhalt ausreichend detailliert umschrieben werden, damit eine Subsumtion unter einen oder allenfalls auch alternativ unter mehrere Tatbestände des Strafrechts überhaupt nachvollziehbar vorgenommen werden kann. Zweitens müssen ausreichende Beweismittel oder Indizien angegeben und vorgelegt werden, die diesen Sachverhalt stützen. In Abgrenzung zum dringenden setzt dabei der hinreichende Tatverdacht gerade nicht voraus, dass Beweise oder Indizien bereits für eine erhebliche oder hohe Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung sprechen. Zu beachten ist schliesslich, dass auch mit Bezug auf den hinreichenden Tatverdacht die vom Bundesgericht zum dringenden Tatverdacht entwickelte Rechtsprechung sachgemäss gelten muss, wonach sich dieser im Verlaufe des Verfahrens konkretisieren und dergestalt verdichten muss, dass eine Verurteilung immer wahrscheinlicher wird. Die Verdachtslage unterliegt mit anderen Worten einer umso strengeren Überprüfung, "je weiter das Verfahren fortgeschritten ist". Allerdings ist festzuhalten, dass die diesbezüglichen Anforderungen nicht überspannt werden dürfen. Diese Überlegungen gelten gleichermassen auch für das Verwaltungsstrafverfahren, gibt es doch diesbezüglich keinen sachlichen Grund für eine unterschiedliche Rechtsanwendung (vgl. zum Ganzen bereits ausführlich den Entscheid des Bundesstrafgerichts BE.2006.7 vom 20. Februar 2007, E. 3.1; zuletzt u.a. Beschluss des Bundesstrafgerichts BE.2016.3 vom 19. Dezember 2016, E. 3.1; je m.w.H.).

4.2 Die Gesuchstellerin verdächtigt die Gesuchsgegnerin der Zollhinterziehung (Art. 118 Abs. 1 ZG ) sowie der Hinterziehung von Mehrwertsteuern (Art. 96 Abs. 4 lit. a MWSTG ; act. 1, Ziff. 9). Den Sachverhalt legt die Gesuchstellerin in ihrem Gesuch wie folgt dar (act. 1, Ziff. 1-4):

Am 30. Juli 2015 sei im Rahmen einer Kontrolle eines zum Export angemeldeten Flugzeugs festgestellt worden, dass im Ausland durchgeführte Wartungs- und Reparaturarbeiten nicht zur ordentlichen Zollveranlagung angemeldet worden seien (act. 1.1, act. 1.2). Dabei habe es sich um ein steuerpflichtiges Entgelt von mehreren hunderttausend Franken gehandelt (act. 1.3). Die Zollstelle Basel-Flughafen habe den Vorfall am 31. Juli 2015 der ZFA Basel gemeldet (act. 1.4), welche in der Folge eine Zollstrafuntersuchung gegen Unbekannt eröffnet habe (act. 1.5). Bei der Überführung des Flugzeugs in den zollrechtlich freien Verkehr im Dezember 2013 sei die Gesuchsgegnerin sowohl als Importeurin als auch als Empfängerin aufgetreten (act. 1.6). Zudem seien dieser die nicht angemeldeten Wartungs- und Unterhaltsarbeiten in Rechnung gestellt worden (act. 1.3). Aufgrund dieser Verdachtslage sei gegen die Gesuchsgegnerin ein Strafverfahren eröffnet und die Durchsuchung ihrer Geschäftsräumlichkeiten angeordnet worden (act. 1.7, act. 1.8). Anlässlich der Durchsuchung habe die Gesuchsgegnerin verschiedene Unterlagen ausgehändigt, welche das Flugzeug und dessen Wartung betroffen hätten (act. 1.9, act. 1.10). Nachdem der Vertreter der Gesuchsgegnerin die Anwaltskorrespondenz entfernt gehabt habe, seien die Unterlagen sichergestellt worden (act. 1.11). Der Vertreter der Gesuchsgegnerin habe zudem eine Siegelung der restlichen Unterlagen verlangt; zu den Gründen habe er sich nicht geäussert (act. 1.10).

4.3

4.3.1 Waren, die ins Zollgebiet oder aus dem Zollgebiet verbracht werden, sind zollpflichtig und müssen nach dem ZG sowie nach dem Zolltarifgesetz veranlagt werden (Art. 7 ZG ). Dazu muss, wer Waren ins Zollgebiet verbringt, verbringen lässt oder sie danach übernimmt, sie unverzüglich und unverändert der nächstgelegenen Zollstelle zuführen oder zuführen lassen (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 ZG ). Die zuführungspflichtige Person oder die von ihr Beauftragten müssen die der Zollstelle zugeführten Waren gestellen - d.h. der EZV mitteilen, dass sich die Waren bei der Zollstelle oder an einem anderen von der EZV zugelassenen Ort befinden (Art. 24 Abs. 2 ZG ) - und summarisch anmelden (Art. 24 Abs. 1 ZG ). Die anmeldepflichtige Person muss die der Zollstelle zugeführten, gestellten und summarisch angemeldeten Waren innerhalb der von der EZV bestimmten Frist zur Veranlagung anmelden und die Begleitdokumente einreichen (Art. 25 Abs. 1 ZG). Nach Art. 118 Abs. 1 ZG macht sich u.a. strafbar, wer vorsätzlich oder fahrlässig die Zollabgaben durch Nichtanmelden, Verheimlichen oder unrichtige Zollanmeldung der Waren oder in irgendeiner anderen Weise ganz oder teilweise hinterzieht.

Der Bund erhebt als Mehrwertsteuer u.a. eine Steuer auf der Einfuhr von Gegenständen (Einfuhrsteuer; Art. 1 Abs. 2 lit. c MWSTG). Der Steuer unterliegen u.a. die Einfuhr von Gegenständen einschliesslich der darin enthaltenen Dienstleistungen und Rechte (Art. 52 Abs. 1 lit. a MWSTG). Gemäss Art. 53 Abs. 1 lit. k MWSTG ist von der Steuer befreit u.a. die Einfuhr von Gegenständen, die nach den Art. 9 und Art. 58 ZG zur vorübergehenden aus dem Inland ausgeführt und an den Absender oder die Absenderin im Inland zurückgesandt werden, unter Vorbehalt von Art. 54 Abs. 1 lit. e MWSTG , wonach auf dem Entgelt für die im Ausland besorgten Arbeiten an diesen Gegenständen eine Steuer berechnet wird. Für die Steuer auf der Einfuhr von Gegenständen gilt die Zollgesetzgebung, soweit Art. 51 ff . MWSTG nichts anderes anordnen (Art. 50 MWSTG ). Nach Art. 96 Abs. 4 lit. a MWSTG macht sich strafbar, wer die Steuerforderung zulasten des Staates verkürzt, indem er vorsätzlich oder fahrlässig bei der Einfuhr Waren nicht oder unrichtig anmeldet oder verheimlicht.

4.3.2 Die im Entsiegelungsgesuch und den dazugehörenden Beilagen enthaltene Darstellung des Gegenstands der Strafuntersuchung genügt zur Begründung eines hinreichenden Tatverdachts hinsichtlich der Zollhinterziehung gemäss Art. 118 Abs. 1 ZG sowie der Steuerhinterziehung gemäss Art. 96 Abs. 4 lit. a MWSTG . Der Sachverhalt wird von der Gesuchsgegnerin grundsätzlich anerkannt (act. 7, N. 5, N. 32). Demzufolge besteht der Verdacht, dass im Ausland durchgeführte Wartungs- und Reparaturarbeiten am Luftfahrzeug - anlässlich dessen Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr im Dezember 2013 die Gesuchsgegnerin sowohl als Importeurin als auch als Empfängerin auftrat, und der die nicht angemeldeten Wartungs- und Unterhaltsarbeiten in Rechnung gestellt wurden - nicht zur ordentlichen Zollveranlagung angemeldet wurden. Dieser Sachverhalt lässt sich unter Art. 118 Abs. 1 ZG und Art. 96 Abs. 4 lit. a MWSTG subsumieren.

4.3.3 Die diesbezüglichen Einwände der Gesuchsgegnerin sind unbehelflich:

Wenn sie u.a. behauptet, die im Ausland durchgeführte Wartungs- und Reparaturarbeiten am Flugzeug seien am 30. Juli 2015 nachträglich angemeldet worden (act. 7, N. 22), vermag das den Verdacht nicht zu entkräften, dass Widerhandlungen gegen das ZG und das MWSTG vorliegen, denn wer Waren ins Zollgebiet verbringt, verbringen lässt oder sie danach übernimmt, muss sie unverzüglich und unverändert der nächstgelegenen Zollstelle zuführen oder zuführen lassen, gestellen und summarisch anmelden.

Wenn sie weiter u.a. behauptet, die nachträgliche Anmeldung würde kein Indiz dafür darstellen, dass andere, nicht bereits angemeldete im Ausland durchgeführte Wartungs- und Reparaturarbeiten am Flugzeug, welche anmelde- und steuerpflichtig sind, nicht zur Zollveranlagung gebracht worden seien (act. 7, N. 23 f.), verkennt sie, dass die Zollstrafuntersuchung allein mit der Feststellung, dass - bereits bestimmte - im Ausland durchgeführte Wartungs- und Reparaturarbeiten am Flugzeug nicht zur ordentlichen Zollveranlagung angemeldet wurden, noch nicht abgeschlossen ist. Die Strafbehörden haben von Amtes wegen alle für die Beurteilung der Tat und der beschuldigten Person bedeutsamen Tatsachen abzuklären (vgl. Art. 6 Abs. 1 StPO ). Vorliegend ist das offensichtlich noch nicht geschehen. Dass die Gesuchsgegnerin hinsichtlich der Wartungs- und Reparaturarbeiten, welche am 30. Juli 2015 (nachträglich) zur Zollveranlagung angemeldet wurden, den Sachverhalt, dass diese Arbeiten tatsächlich verrichtet und später zur Zollveranlagung gebracht wurden, nicht bestreitet (act. 7, N. 32), reicht dazu nicht aus. Der Gesuchsgegnerin ist insofern zuzustimmen, dass (vorläufiger) Gegenstand der Untersuchung die besagten, am 30. Juli 2015 nachträglich angemeldeten Wartungs- und Reparaturarbeiten am Flugzeug sind (act. 7, N. 30). Diese allein begründen indes schon einen hinreichenden Tatverdacht. Ob im Rahmen der nachträglichen Zollanmeldung vom 30. Juli 2015 tatsächlich alle nicht verzollten Arbeiten offengelegt worden sind, wird sich in der weiteren Untersuchung zeigen müssen.

Die Gesuchsgegnerin macht - sinngemäss wiederholt - geltend, dass die Gesuchstellerin zwar erst am 23. August 2016, und damit wenige Tage vor der Durchsuchung, eine Zollstrafuntersuchung gegen die Gesuchsgegnerin eröffnet habe, jedoch bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung der Strafuntersuchung gegen Unbekannt vom 31. Juli 2015 über die gleiche Informationslage verfügt habe. Es seien deshalb an den hinreichenden Tatverdacht höhere Anforderungen zu stellen, als dies der Fall wäre, würde sich die Zollstrafuntersuchung im Anfangsstadium befinden (act. 7, N. 19). Der Zeitablauf zwischen der Eröffnung der Zollstrafuntersuchung gegen Unbekannt und der Durchsuchung der Geschäftsräume der Gesuchsgegnerin lässt sich aufgrund der vorliegenden Akten nicht erklären, schadet vorliegend aber nicht. Ausgehend davon, dass der Verdacht zu Beginn eines Verfahrens noch relativ vage sein kann, unterliegt zwar die Verdachtslage einer umso strengeren Überprüfung, je weiter das Verfahren fortgeschritten ist, aber die diesbezüglichen Anforderungen dürfen nicht überspannt werden, umso mehr, wenn schon in einem frühen Verfahrensstadium konkrete belastende Beweisergebnisse vorliegen (vgl. Hug/Scheidegger, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2014, Art. 197 N. 13). Vorliegend hält die Verdachtslage einer Überprüfung jedenfalls stand, weil die Gesuchstellerin konkrete belastende Beweisergebnisse vorlegen kann.

Ob eine Strafbarkeit gemäss Art. 118 Abs. 1 ZG entfällt, weil die Gesuchsgegnerin eine Verwendungsverpflichtung eingegangen sei und für die Gesuchsgegnerin in Bezug auf das betreffende Luftfahrzeug Zollbefreiung gelte (act. 15, N. 53), braucht hier und in dieser Phase des Verfahrens nicht entschieden zu werden.

Es bleibt festzuhalten, dass sich vorliegend aus dem Entsiegelungsgesuch und den dazugehörenden Beilagen ein hinreichender Tatverdacht ergibt.

5.

5.1 Weiter ist zu prüfen, ob anzunehmen ist, dass sich unter den zu durchsuchenden Papieren Schriften befinden, die für die Untersuchung von Bedeutung sind (Deliktskonnex; Art. 50 Abs. 1 VStrR ). Die Untersuchungsbehörden müssen hierbei jedoch im Rahmen des Entsiegelungsgesuchs noch nicht darlegen, inwiefern ein konkreter Sachzusammenhang zwischen den Ermittlungen und einzelnen noch versiegelten Dokumenten besteht. Es genügt, wenn sie aufzeigen, inwiefern die versiegelten Unterlagen grundsätzlich verfahrenserheblich sind (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1B_322/2013 vom 20. Dezember 2013, E. 3.1 m.w.H.). Betroffene Inhaber von Aufzeichnungen und Gegenständen, welche die Versiegelung beantragen bzw. Durchsuchungshindernisse geltend machen, haben ihrerseits die prozessuale Obliegenheit, jene Gegenstände zu benennen, die ihrer Ansicht nach offensichtlich keinen Sachzusammenhang mit der Strafuntersuchung aufweisen. Dies gilt besonders, wenn sie die Versiegelung von sehr umfangreichen bzw. komplexen Dokumenten oder Dateien verlangt haben (Urteil des Bundesgerichts 1B_637/2012 vom 8. Mai 2013, E. 3.8.1 in fine).

5.2 Im Untersuchungsbericht wird zum Ablauf der Untersuchungshandlung ausgeführt, dass der Rechtsvertreter der Gesuchsgegnerin gleich zu Beginn der Massnahmen die Siegelung zu erhebender Unterlagen verlangt habe. Eine Mitarbeiterin der Gesuchsgegnerin habe drei Ordner vorgelegt, welche je u.a. mit der Typenbezeichnung und dem Kennzeichen des betreffenden Luftfahrzeugs beschriftet gewesen seien. Der Rechtsvertreter habe geltend gemacht, dass sich in den vorgelegten Unterlagen Anwaltskorrespondenz befinde. In der Folge habe er deshalb auf entsprechende Aufforderung eine Triage der Belege vorgenommen. Er habe dabei die Belege ausgesondert, welche im Zusammenhang mit der angehobenen Untersuchung stünden. Dem Ordner "Logbuch" habe er Belege über Freigaben nach vorgenommenen Wartungen und dem Ordner "Verträge" nicht näher bezeichnete, schriftliche Vereinbarungen entnommen. Im Ordner "MWST-Unterlagen" hätten sich keine potentiell fallrelevanten Belege befunden. Die Mitarbeiterin der Gesuchsgegnerin habe auf entsprechende Nachfrage eine Übersicht über die erfassten Buchungen zu Zahlungen das Luftfahrzeug betreffend ausgedruckt und entsprechende Belege hervorgesucht. Der Rechtsvertreter habe auf entsprechende Rückfragen bekräftigt, dass an der Siegelung festgehalten werde. Nachdem die Mitarbeiterin der Gesuchsgegnerin Kopien der sichergestellten Belege zu ihren Akten erstellt habe, seien die Unterlagen versiegelt worden (act. 1.9, S. 2).

5.3 Zur Sicherstellung der versiegelten Papiere führt die Gesuchsgegnerin aus, sie habe vollständig kooperiert und anweisungsgemäss mitgewirkt. Die Zollbeamten hätten aus dem im Geschäftsraum befindlichen Regal drei Ordner herausgenommen, die alle je u.a. mit der Typenbezeichnung und dem Kennzeichen des betreffenden Luftfahrzeugs beschriftet gewesen seien. Die anwesende Mitarbeiterin der Gesuchsgegnerin habe auf Anweisung der Zollbeamten Ausdrucke von Buchhaltungsdaten hinsichtlich der in den Ordnern befindlichen Rechnungen angefertigt. Anschliessend habe der Rechtsvertreter der Gesuchsgegnerin die in den Ordnern befindlichen Unterlagen auf dem Amts- oder Berufsgeheimnis unterliegende sowie offensichtlich mit der Strafuntersuchung in keinem sachlichen Zusammenhang stehende Schriftstücke durchsucht. Dies habe sich als schwierig gestaltet, da sich die Zollbeamten geweigert hätten, die konkreten im Ausland durchgeführten Wartungs- und Reparaturarbeiten, welche Gegenstand der Zollstrafuntersuchung seien, zu benennen. Mit Zustimmung der Zollbeamten seien dem Anwaltsgeheimnis unterliegende Anwaltskorrespondenz sowie Aufzeichnungen über Flugbewegungen, da diese Informationen offensichtlich in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Zollstrafuntersuchung stünden, aus den Ordnern entfernt worden. Sämtliche anderen Rechnungen und Schriftstücke seien auf Geheiss der Zollbeamten in den Ordnern verblieben. Im Namen der Gesuchsgegnerin sei Einsprache gegen die Durchsuchung erhoben worden. Darauf seien die sichergestellten Unterlagen versiegelt und von den Zollbeamten mitgenommen worden. Vorgängig sei von der Gesuchstellerin gestattet worden, von den versiegelten Unterlagen Kopien anzufertigen (act. 7, N. 9 ff.).

5.4 Die Darstellungen stimmen jedenfalls insoweit überein, als die sichergestellten und versiegelten Papiere entweder aus einem der Ordnern stammen, die je u.a. mit der Typenbezeichnung und dem Kennzeichen des betreffenden Luftfahrzeugs beschriftet waren, oder es sich dabei um Ausdrucke aus der Buchhaltung bzw. entsprechende Belege handelt, die einen Bezug zu den betreffenden Ordnern aufweisen. Dass diese Papiere mit Blick auf den Untersuchungsgegenstand grundsätzlich verfahrenserheblich sind, liegt auf der Hand. Die Gesuchsgegnerin listet zwar eine Reihe von Dokumenten auf und legt ihrer Gesuchsantwort Dokumente bei, welche möglicherweise für das Zollstrafverfahren von Bedeutung seien (act. 7, N. 38 ff.). Dadurch vermag sie aber nicht darzutun, dass die versiegelten Papiere für die Zollstrafuntersuchung offensichtlich keinen Sachzusammenhang mit der Strafuntersuchung aufweisen (vgl. supra E. 5.1).

Es muss damit angenommen werden, dass sich unter den versiegelten Papieren grundsätzlich untersuchungsrelevante Informationen befinden.

6.

6.1 Bei einer Durchsuchung ist mit der dem Betroffenen und seinem Eigentum gebührenden Schonung zu verfahren (Art. 45 Abs. 1 VStrR ). Papiere sind mit grösster Schonung der Privatgeheimnisse zu durchsuchen (Art. 50 Abs. 1 VStrR ). Zudem sind bei der Durchsuchung das Amtsgeheimnis sowie Geheimnisse, die Geistlichen, Rechtsanwälten, Notaren, Ärzten, Apothekern, Hebammen und ihren beruflichen Gehilfen in ihrem Amte oder Beruf anvertraut wurden, zu wahren (Art. 50 Abs. 2 VStrR ). Diese Bestimmungen konkretisieren im Bereich des Verwaltungsstrafrechts den verfassungsrechtlichen Verhältnismässigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 2 und Art. 36 Abs. 3 BV ), welcher bei der Durchsuchung von Papieren zu beachten ist. Insbesondere wurde durch von der Gesuchstellerin bei der Hausdurchsuchung zugelassenes Austriagieren von Unterlagen, die dem Berufsgeheimnis (Anwaltsgeheimnis) unterliegen, dem bereits Rechnung getragen, so dass ausgeschlossen werden kann, dass sich derartige Unterlagen in den versiegelten Akten befinden.

6.2 Gründe, weshalb diese Bestimmungen missachtet worden wären, werden weder von der Gesuchsgegnerin dargetan noch sind solche ersichtlich.

7. Nach dem Gesagten ist das Entsiegelungsgesuch gutzuheissen und es ist die Gesuchstellerin zu ermächtigen, die sichergestellten Papiere zu entsiegeln und zu durchsuchen.

8. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Gesuchsgegnerin als unterliegende Partei die Gerichtskosten zu tragen (Art. 25 Abs. 4 VStrR i.V.m. Art. 66 Abs. 1 BGG analog; siehe dazu TPF 2011 25 E. 3). Die Gerichtsgebühr ist auf Fr. 2'000.- festzusetzen (Art. 5 und Art. 8 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]).


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Das Gesuch wird gutgeheissen.

2. Die Gesuchstellerin wird ermächtigt, die sichergestellten Papiere zu entsiegeln und zu durchsuchen.

3. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.- werden der Gesuchsgegnerin auferlegt.

Bellinzona, 23. März 2017

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber :

Zustellung an

- Eidgenössische Zollverwaltung, Oberzolldirektion

- Rechtsanwalt Gianni Rizzello

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Entscheide der Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden (Art. 79 und 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005; BGG). Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 90 ff. BGG.

Eine Beschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Entscheides nur, wenn der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin es anordnet (Art. 103 BGG ).

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