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Entscheid des Bundesstrafgerichts: SK.2015.58 vom 19.04.2016

Hier finden Sie das Urteil SK.2015.58 vom 19.04.2016 - Strafkammer

Sachverhalt des Entscheids SK.2015.58


Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts

Instanz:

Bundesstrafgericht

Abteilung:

Strafkammer

Fallnummer:

SK.2015.58

Datum:

19.04.2016

Leitsatz/Stichwort:

Gesuch um Erlass der Verfahrenskosten (Art. 425 StPO).

Schlagwörter

Apos;; Gesuch; Gesuchs; Gesuchsteller; Verfahren; Bundes; Verfahrens; Urteil; Verfahrenskosten; Kammer; Entscheid; Erlass; Ersatzforderung; Raten; Urteils; Bundesanwaltschaft; Verhältnisse; Verteidigung; Gesuchstellers; Schuld; Ratenzahlung; Arbeit; Bundesstrafgericht; Eingabe; Zahlung; Gericht; Situation; Entscheide; Bundesstrafgerichts

Rechtskraft:

Kein Weiterzug, rechtskräftig

Rechtsgrundlagen des Urteils:

Art. 13 StPO ;Art. 363 StPO ;Art. 364 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 42 StPO ;Art. 442 StPO ;Art. 70 StGB ;Art. 71 StGB ;Art. 8 OR ;

Kommentar:

Donatsch, Hans, Schweizer, Hansjakob, Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Art. 425 StPO, 2014
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Bundesstrafgerichts

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: SK.2015.58

Beschluss vom 19. April 2016
Strafkammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Walter Wüthrich, Vorsitz,

Giuseppe Muschietti und Nathalie Zufferey Franciolli,
Gerichtsschreiber Hanspeter Lukács

Parteien

A.,

Gesuchsteller

Gegenstand

Gesuch um Erlass der Verfahrenskosten


Die Strafkammer erwägt:

1. Die Strafkammer verurteilte A. mit Urteil vom 5. Mai 2011 (Geschäftsnummer SK.2010.33 ) wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu 13 Monaten Freiheitsstrafe, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren, unter Anrechnung von 15 Tagen Haft (Urteilsdispositiv Ziff. I.1 und I.2). Sie setzte zu seinen Lasten eine Ersatzforderung von Fr. 80'000.-- fest (Urteilsdispositiv Ziff. I.4). Die Beschlagnahme von Fr. 39'975.05 Bargeld und eines Motorrads hielt sie zur Durchsetzung der Ersatzforderung sowie zur Deckung der Verfahrenskosten aufrecht (Urteilsdispositiv Ziff. I.5). A. wurden die Verfahrenskosten von Fr. 10'509.95 auferlegt (Urteilsdispositiv Ziff. I.6). Die Entschädigung seines amtlichen Verteidigers wurde mit Beschluss vom 25. Mai 2011 (Geschäftsnummer SN.2011.6 ) auf Fr. 30'348.15 festgesetzt und A. zur Rückerstattung dieses Betrags an die Eidgenossenschaft verpflichtet (Entscheiddispositiv Ziff. 1 und 2).

2. A. (nachstehend: Gesuchsteller) ersuchte die Bundesanwaltschaft mit Eingabe vom 15. Dezember 2015 um Erlass der "Restschulden" aus den beiden vorgenannten Entscheiden. Diese leitete das Gesuch, zusammen mit ihren Bemerkungen, am 18. Dezember 2015 an das Bundesstrafgericht weiter, worauf die Strafkammer das vorliegende Verfahren unter der Geschäftsnummer SK.2015.58 eröffnete.

3. Die Strafkammer forderte den Gesuchsteller auf, das Formular über die persönliche und finanzielle Situation auszufüllen und entsprechende Belege einzureichen. Dieser Aufforderung kam der Gesuchsteller am 31. Januar 2016 nach. In der Folge holte die Strafkammer bei der Bundesanwaltschaft eine Auskunft über den Urteilsvollzug ein, namentlich zur Frage, weshalb dem Gesuchsteller Ratenzahlung für die Verfahrenskosten bewilligt wurde. Der Gesuchsteller machte aufforderungsgemäss mit Eingabe vom 28. Februar 2016 weitere Angaben. Die Bundesanwaltschaft verzichtete auf Bemerkungen, unter Verweis auf ihre Eingabe vom 15. Februar 2016.

4.

4.1 Gemäss Art. 363 Abs. 1 StPO trifft das Gericht, welches das erstinstanzliche Urteil gefällt hat, auch die einer gerichtlichen Behörde übertragenen selbstständigen nachträglichen Entscheide, sofern Bund oder Kantone nichts anderes bestimmen. Dazu gehört auch ein Entscheid über Erlass oder Stundung von Verfahrenskosten (vgl. Ruckstuhl , Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 135 StPO N. 24a). Im Bundesstrafverfahren besteht keine abweichende Regelung (Art. 76 StBOG ).

4.2 Die zuständige Behörde leitet das Verfahren auf Erlass eines nachträglichen richterlichen Entscheids von Amtes wegen ein, sofern das Bundesrecht nichts anderes bestimmt. Sie reicht dem Gericht die entsprechenden Akten sowie ihren Antrag ein (Art. 364 Abs. 1 StPO ). In den übrigen Fällen können die verurteilte Person oder andere dazu berechtigte Personen mit einem schriftlichen und begründeten Gesuch die Einleitung des Verfahrens beantragen (Art. 364 Abs. 2 StPO ). In Vollzugsfragen ist die Bundesanwaltschaft, Urteilsvollzug, zuständige Behörde (vgl. Art. 75 StBOG ).

Art. 425 StPO betreffend Stundung und Erlass der Kosten bezieht sich in erster Linie auf Forderungen des Staates aus Verfahrenskosten, über welche in einem rechtskräftigen Endentscheid befunden wurde ( Griesser , in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2014, Art. 425 StPO N. 1). Stundung und Erlass sind also primär im Zeitpunkt aktuell, in dem Kostenentscheide nach Art. 442 Abs. 1 StPO vollstreckt werden. Stundung und Erlass der Forderung aus Verfahrenskosten können auf Gesuch des zahlungspflichtigen Verfahrensbeteiligten oder auch von Amtes wegen erfolgen ( Domeisen, Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 425 StPO N. 6; Schmid , Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, Art. 425 StPO N. 2).

4.3 Vorliegend hat der Gesuchsteller um Erlass von Verfahrenskosten ersucht. Als Zahlungsverpflichteter ist er zum Einreichen des Gesuchs berechtigt.

4.4 Die Zuständigkeit der Strafkammer ist gegeben, da sie das erstinstanzliche Urteil gefällt hat und das Gesuch den Erlass der Verfahrenskosten zum Gegenstand hat.

4.5 Das Gericht prüft, ob die Voraussetzungen für den nachträglichen richterlichen Entscheid erfüllt sind, und ergänzt wenn nötig die Akten oder lässt weitere Erhebungen durch die Polizei durchführen. Es gibt den betroffenen Personen und Behörden Gelegenheit, sich zum vorgesehenen Entscheid zu äussern und Anträge zu stellen (Art. 364 Abs. 3 und 4 StPO ). Das Gericht entscheidet in Verfahren wie dem vorliegenden grundsätzlich gestützt auf die Akten. Es erlässt seinen Entscheid schriftlich und begründet ihn kurz (Art. 365 Abs. 1 und Abs. 2 StPO ).

Die Vollzugsbehörde reichte ihre Akten betreffend die Verfahrenskosten ein und sie erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme zum Kostenerlassgesuch (E. 2 und 3). Der Gesuchsteller wurde aufgrund der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht zur Darlegung seiner aktuellen finanziellen Verhältnisse aufgefordert (E. 3). Die Akten wurden damit, soweit erforderlich, ergänzt. Im Übrigen bilden die bisherigen Akten (Verfahren SK.2010.33 und SN.2011.6 ) Grundlage für den vorliegenden Entscheid.

5.

5.1 Gemäss Art. 425 StPO können Forderungen aus Verfahrenskosten von der Straf­be­hör­de gestundet oder unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der kostenpflichtigen Person herabgesetzt oder erlassen werden. Diese Bestimmung ist nicht nur im Rahmen der Vollstreckung, sondern auch bei der Festsetzung bzw. Auferlegung der Verfahrenskosten anwendbar. Im Vordergrund steht dabei der Resozialisierungsgedanke ( Griesser , a.a.O., Art. 425 StPO N. 2; Domeisen, a.a.O., Art. 425 StPO N. 3; Schmid , a.a.O., Art. 425 StPO N. 3 f.). Laut Schmid (a.a.O., Art. 425 StPO N. 4) verzichtete die Praxis in jüngster Zeit verstärkt auf die an sich mögliche Kostenauflage, um auf die prekäre finanzielle Situation beschuldigter Personen Rücksicht zu nehmen (vgl. Entscheid des Bundesstrafgerichts SK.2010.28 vom 1. Dezember 2011 E. 18.6). Auch Art. 5 des Reglements des Bundesstrafgerichts über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren vom 31. August 2010 (BStKR, SR 173.713.162) sieht in diesem Sinne vor, dass die finanzielle Situation der Parteien ein Kriterium bei der Bemessung der Gebühren ist.

5.2 Die Strafkammer erwog im Urteil vom 5. Mai 2011, dass dem Gesuchsteller Verfahrenskosten (Gebühren und Auslagen, ohne Kosten der amtlichen Verteidigung) im Umfang von Fr. 10'509.95 aufzuerlegen sind (E. 6.4). Sie trug dabei dem Umstand Rechnung, dass das Vorverfahren gegen 17 Beschuldigte geführt und Anklage gegen fünf Beschuldigte erhoben wurde, weshalb auf den Gesuchsteller nur 1/17 der allgemeinen Kosten entfiel; infolge Einstellung des Verfahrens im Hauptvorwurf betreffend kriminelle Organisation und weiteren Vorwürfen betraf ein Viertel dieser Kosten den angeklagten Verfahrensteil (E. 6.2). Die Strafkammer bezeichnete die finanzielle Situation des Gesuchstellers als gefestigt (E. 6.2) und erwog, dass dieser aufgrund seiner Verurteilung die auf ihn entfallenden Kosten zu tragen hat (E. 6.5). In Anwendung von Art. 426 StPO auferlegte sie ihm Fr. 10'509.95 Verfahrenskosten.

Im Beschluss vom 25. Mai 2011 erwog die Strafkammer unter Bezugnahme auf die vorgenannte Kostentragungspflicht des Gesuchstellers sowie dessen Verurteilung zur Zahlung einer Ersatzforderung von Fr. 80'000.-- an die Eidgenossenschaft, dass der Gesuchsteller aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie in Berücksichtigung der Resozialisierung und Wiedereingliederung zur vorbehaltlosen, sofortigen Rückerstattung der Kosten der amtlichen Verteidigung an den Bund zu verpflichten ist. Die Verteidigungskosten belaufen sich auf Fr. 30'348.15.

5.3 Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gesuchstellers wurden in den beiden vorgenannten Entscheiden berücksichtigt. Eine Reduktion der Verfahrenskosten mittels ganzen oder teilweisen Erlasses wäre nur begründet, wenn seit dem Urteil eine wesentliche Veränderung in den finanziellen Verhältnissen des Pflichtigen eingetreten ist oder neue Umstände geltend gemacht werden, die ein Rückkommen auf den Kostenentscheid rechtfertigen (vgl. Entscheide des Bundesstrafgerichts SK.2012.41 vom 18. Dezember 2012; SK.2014.20 vom 10. Dezember 2014 E. 5.3).

5.4 Der Gesuchsteller ersucht mit Eingabe vom 15. Dezember 2015 unter Hinweis auf seine persönliche und finanzielle Situation sowie den Umstand, dass er der Ratenzahlung 50 Monate fristgerecht nachgekommen sei, um Erlass der "Restschulden".

Die für Urteilsvollzug zuständige Dienststelle der Bundesanwaltschaft hielt in der Stellungnahme vom 18. Dezember 2015 fest, dass die Forderung der Eidgenossenschaft gesamthaft Fr. 120'858.10 betrage, bestehend aus Verfahrenskosten, Rückzahlungspflicht für die Kosten der amtlichen Verteidigung und Ersatzforderung. Sie erklärte, aus den beschlagnahmten Werten habe ein Erlös von Fr. 49'066.20 resultiert. Im August 2011 habe sie mit dem Gesuchsteller bezüglich Rückzahlung der Verteidigerkosten eine Ratenzahlung von monatlichen Raten à Fr. 500.-- vereinbart. Diese Vereinbarung sei nach Rechtskraft des Urteils SK.2010.33 auf die Gesamtforderung aus den Entscheiden SK.2010.33 und SN.2011.6 ausgeweitet worden. Es seien regelmässig Raten von gesamthaft Fr. 24'000.-- geleistet worden. Somit sei noch ein Betrag von Fr. 47'791.90 zur Bezahlung offen. Zum Antrag auf Erlass der "Restschulden" nahm die Bundesanwaltschaft nicht Stellung. In der Eingabe vom 15. Februar 2016 erklärte die Bundesanwaltschaft, die Vereinbarung von Ratenzahlungen auf Gesuch des Pflichtigen habe der damaligen Praxis entsprochen. Der Betreibungsweg sei nicht eingeschlagen worden, solange die Raten bezahlt worden seien; auch sei damals die Zusammenarbeit mit der zentralen Inkassostelle des Bundes noch nicht geregelt gewesen. Die Dienststelle Urteilsvollzug sei 2011 mit Inkrafttreten der Schweizerischen Strafprozessordnung neu geschaffen worden.

5.5 Die Beschlagnahme von Fr. 39'975.05 Bargeld und des Motorrads des Gesuchstellers wurde im Hinblick auf die Durchsetzung der Ersatzforderung sowie zur Deckung der Verfahrenskosten aufrecht erhalten (E. 1). Der Erlös von total Fr. 49'066.20 ist demnach auf die Tilgung dieser Schulden des Gesuchstellers anzurechnen. Im Übrigen kommt Art. 86 OR zur Anwendung, welcher lautet: Hat der Schuldner mehrere Schulden an denselben Gläubiger zu bezahlen, so ist er berechtigt, bei der Zahlung zu erklären, welche Schuld er tilgen will (Abs. 1). Mangelt eine solche Erklärung, so wird die Zahlung auf diejenige Schuld angerechnet, die der Gläubiger in seiner Quittung bezeichnet, vorausgesetzt, dass der Schuldner nicht sofort Widerspruch erhebt (Abs. 2). Nach Eintritt der Rechtskraft ergingen die Entscheidmeldungen der Strafkammer zum Vollzug an die Bundesanwaltschaft bezüglich des Beschlusses SN.2011.6 am 12. Juli 2011, bezüglich des Urteils SK.2010.33 am 30. Januar 2012. Gemäss Vereinbarung der Bundesanwaltschaft mit dem Gesuchsteller vom August 2011 waren die Ratenzahlungen zunächst auf die Rückzahlung der Verteidigungskosten und ab Februar 2012 auf die Gesamtforderung aus beiden Entscheiden anzurechnen. Der Gesuchsteller reichte seine Zahlungsbelege ein; daraus erhellt: Die erste Rate von Fr. 500.-- bezahlte er am 1. November 2011, zwei weitere Raten von je Fr. 500.-- am 3. und 28. Dezember 2011. Damit sind bis Januar 2012 Fr. 1'500.-- an die Verteidigungskosten anzurechnen. Die weiteren Ratenzahlungen tragen ein späteres Datum, womit die Zahlungen ab Februar 2012, also Fr. 22'500.--, je zur Hälfte (Fr. 11'250.--) auf die Forderungen aus jedem Entscheid anzurechnen sind.

Somit kann festgehalten werden, dass mit dem Erlös der Beschlagnahme von total Fr. 49'066.20 die Verfahrenskosten von Fr. 10'509.95 ganz und die Ersatzforderung von Fr. 80'000.-- teilweise, bis auf den Betrag von Fr. 41'443.75, getilgt worden sind. Mit den Ratenzahlungen wurde die Ersatzforderung um weitere Fr. 11'250.-- reduziert. Die restliche Ersatzforderung beträgt im Zeitpunkt des Gesuchs Fr. 30'193.75.

Die Verteidigungskosten von Fr. 30'348.15 wurden mit den bisher bezahlten Raten von gesamthaft Fr. 12'750.-- (Fr. 1'500.-- und anteilmässig Fr. 11'250.--) teilweise getilgt; die Restschuld beläuft sich im Zeitpunkt des Gesuchs noch auf Fr. 17'598.15.

5.6 Von einer Ersatzforderung - welche an Stelle der Einziehung von im Zeitpunkt des Urteils an sich einzuziehenden, aber nicht mehr vorhandenen Vermögenswerten tritt (Art. 71 Abs. 1 i.V.m. Art. 70 Abs. 1 StGB ) - kann das Gericht ganz oder teilweise absehen, wenn diese voraussichtlich uneinbringlich wäre oder die Wiedereingliederung des Betroffenen ernstlich behindern würde (Art. 71 Abs. 2 StGB ). Im Urteil vom 5. Mai 2011 war in der Frage der Einziehung bzw. Festsetzung der Ersatzforderung die gleichlautende, altrechtliche Bestimmung von Art. 59 aStGB anzuwenden (Urteil SK.2010.33 E. 5.3.1). Die Strafkammer wies darauf hin, dass Sinn und Zweck der Einziehung von Vermögenswerten und entsprechend der Festsetzung einer Ersatzforderung im Ausgleich deliktischer Vorteile bestehe. Diese Bestimmungen sollen verhindern, dass der Täter im Genuss eines durch strafbares Verhalten erlangten Vermögensvorteils bleibt (E. 5.3.1). Dem Gesuchsteller und seinem Bruder flossen aus deliktischer Tätigkeit (Hanfproduktion) mindestens Fr. 80'000.-- zu, weshalb die Ersatzforderung grundsätzlich auf diese Höhe festzusetzen war (E. 5.3.3, 5.3.4). Angesichts der (damaligen) finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers fiel eine teilweise oder ganze Herabsetzung der Ersatzforderung nicht in Betracht (E. 5.3.5). Anders als für die Verfahrenskosten (Art. 425 StPO ) sieht das Gesetz eine spätere Abänderung des Strafurteils in Bezug auf die Ersatzforderung, im Sinne eines ganzen oder teilweisen Erlasses derselben, nicht vor. Dies ist nach dem vorstehend Gesagten sachlich gerechtfertigt, soll doch der Straftäter, gegenüber welchem eine Ersatzforderung verhängt wurde, nicht besser gestellt werden als gegenüber jenem, bei dem die einzuziehenden Vermögenswerte im Urteilszeitpunkt vorhanden waren. Seiner persönlichen und finanziellen Situation kann im Übrigen schon im Urteilszeitpunkt Rechnung getragen werden (Art. 71 Abs. 2 StGB). Unerheblich ist, dass die Vollzugsbehörde vorliegend auf die Einleitung der Zwangsvollstreckung verzichtet (Art. 442 Abs. 1 StPO ) und Zahlungserleichterung in Form von Ratenzahlung gewährt hat. Der Gesuchsteller kann daraus heute nichts zu seinen Gunsten ableiten. Somit ist das Gesuch abzuweisen, soweit es den Erlass der Ersatzforderung gemäss Urteil SK.2010.33 vom 5. Mai 2011, Dispositiv Ziff. I.4, zum Gegenstand hat.

5.7 Zu beurteilen ist demnach einzig, ob dem Gesuchsteller die restlichen Verteidigungskosten von Fr. 17'598.15 ganz, allenfalls teilweise, erlassen werden können.

Wie erwähnt, rechtfertigen nur eine wesentliche Veränderung in den finanziellen Verhältnissen oder neue Umstände seit Erlass des Strafurteils einen nachträglichen ganzen oder teilweisen Kostenerlass (E. 5.3). Die Strafkammer stellte im Beschluss SN.2011.6 vom 25. Mai 2011 (Entschädigung für amtliche Verteidigung), S. 6, fest, dass der Gesuchsteller als Angestellter der ihm gehörenden B. AG bis 2010 ein Restaurant geleitet und einen Monatslohn von brutto Fr. 7'200.-- erzielt habe, seither ohne Arbeitsstelle und ohne Einkommen sei, aber gemäss eigener Angabe in Verhandlungen für eine Stelle als Betriebsleiter eines grösseren Restaurants mit Stellenantritt am 1. Juli 2011 stehe und über ein Vermögen von Fr. 170'000.-- verfüge. Sie stellte weiter fest, dass der Gesuchsteller seit März 1995 verheiratet sei und einen 1998 geborenen Sohn habe, aber ausser den gesetzlichen Familienunterhaltspflichten keine weiteren Verpflichtungen habe, und in geordneten Verhältnissen lebe. Der Gesuchsteller erklärte in der Hauptverhandlung, dass er keine Schulden habe ( SK.2010.33 pag. 146.930.3). Die Strafkammer erwog, dass sich in Anbetracht der wirtschaftlichen Verhältnisse des Gesuchstellers - auch in Berücksichtigung seiner Verurteilung zu einer Ersatzforderung und der Auferlegung der Verfahrenskosten - keine Reduktion der Kosten aufdränge, weshalb die Rückerstattungspflicht für die Verteidigungskosten vorbehaltlos angeordnet werden könne. Der Gesichtspunkt der Resozialisierung und Wiedereingliederung wurde berücksichtigt.

Heute präsentieren sich die finanziellen und persönlichen Verhältnisse des Gesuchstellers wie folgt: Als Angestellter der C. GmbH erzielte der Gesuchsteller im Jahr 2015 bei einem monatlichen Bruttolohn von Fr. 8'000.-- ein Nettoeinkommen (einschliesslich Kinderzulage) von Fr. 6'926.55. Seit Januar 2016 beträgt dieses - bei unverändertem Bruttolohn - noch Fr. 6'704.20, da die Kinderzulage nicht mehr ausgerichtet wird. Mit diesem Hinweis in der Eingabe vom 31. Januar 2016 bringt der Gesuchsteller zum Ausdruck, dass er gegenüber seinem inzwischen volljährigen Sohn nicht mehr unterstützungspflichtig ist - andernfalls würde ihm die Kinderzulage weiterhin ausgerichtet werden. In der Eingabe vom 28. Februar 2016 bringt er vor, dass der Sohn noch in diesem Jahr eine Ausbildung an der Akademie für Musik in Zürich beginnen wolle. Diesen Hinweis macht er jedoch nicht im Hinblick auf ein allfälliges Wiederaufleben seiner elterlichen Unterstützungspflicht, sondern im Zusammenhang mit dem bisher von ihm versteuerten Betrag von Fr. 41'033.-- auf dem Jugendsparkonto, welches seinem Sohn gehöre und der dieses Geld für seine Ausbildung gut gebrauchen könne. Im Zeitpunkt des vorgenannten Entscheids betrug der Steuerwert des Jugendsparkontos noch Fr. 18'250.--. Es kann demnach aufgrund der Angaben des Gesuchstellers davon ausgegangen werden, dass der Sohn künftig nicht mehr auf elterliche Unterstützung angewiesen sein wird.

2008 verzeichnete der Gesuchsteller ein Vermögen aus Wertschriften und Guthaben von Fr. 131'810.-- und Privatschulden von Fr. 30'000.--, womit ein steuerbares Vermögen von Fr. 101'810.-- resultierte ( SK.2010.33 pag. 146.271.31). Laut Steuererklärung 2009 betrugen die Vermögenswerte Fr. 124'713.--, die Privatschulden Fr. 30'000.--, das steuerbare Vermögen Fr. 94'733.-- ( SK.2010.33 pag. 146.271.21). In der polizeilichen Einvernahme vom 18. März 2011 deklarierte der Gesuchsteller ein Vermögen von ca. Fr. 200'000.-- auf einem Bankkonto der ihm gehörenden B. AG ( SK.2010.33 pag. 146.251.14). In der Einvernahme vor der Strafkammer vom 4. Mai 2011 bestätigte er die vor der Polizei zu seinen finanziellen Verhältnissen gemachten Angaben, wobei er bemerkte, dass auf dem Konto der B. AG noch Fr. 170'000.-- vorhanden seien. Da er arbeitslos sei und als Verwaltungsratspräsident jener Gesellschaft keine Arbeitslosenunterstützung erhalte, habe er kein Einkommen und lebe von seinen Ersparnissen ( SK.2010.33 pag. 146.930.2 f.). In der Steuererklärung 2014 deklariert der Gesuchsteller Vermögenswerte von total Fr. 95'243.--, wovon Fr. 16'210.-- auf Privatkonten, Fr. 41'033.-- auf einem Jugendsparkonto, Fr. 33'000.-- Aktien der B. AG und Fr. 5'000.-- Kunstgegenstände. Gemäss Schuldenverzeichnis macht er Privatschulden von Fr. 164'400.-- geltend, wovon Fr. 100'000.-- gegenüber natürlichen Personen (D. Fr. 40'000.--, E. Fr. 50'000.--, "Privatdarlehen" Fr. 10'000.--), Fr. 31'400.-- gegenüber der B. AG und Fr. 33'000.-- gegenüber seiner Arbeitgeberin, der C. GmbH. Gemäss Quittung vom 4. April 2015 tilgte der Gesuchsteller das Privatdarlehen von E. vom 19. März 2010 im Betrag von Fr. 50'000.-- vollständig mittels Übergabe einer Buddhasammlung an den Gläubiger. Das Darlehen der C. GmbH wurde gemäss den eingereichten Zahlungsbelegen um Fr. 24'000.-- reduziert (in den Jahren 2014 und 2015 je um Fr. 12'000.--). In der Eingabe vom 28. Februar 2016 gibt der Gesuchsteller an, dass 2016 noch ca. Fr. 90'000.-- an Vermögen vorhanden seien, wovon Fr. 41'000.-- auf dem Jugendsparkonto seines Sohnes. Schulden habe er ausser gegenüber der Bundesanwaltschaft noch gegenüber D. sowie den Gesellschaften B. AG und C. GmbH. Deren exakter heutiger Wert beziffert er nicht. Indessen erhellt aus den Unterlagen, dass sich das Darlehen D. von 2008 bis 2015 von Fr. 30'000.-- auf Fr. 40'000.-- erhöht hat und eine Rückzahlung in naher Zukunft nicht erforderlich scheint. Letzteres trifft offenbar auch für die Schulden gegenüber der dem Gesuchsteller gehörenden Gesellschaft zu, zumal dieser nichts Gegenteiliges vorbringt. Hinsichtlich der Restschulden gegenüber seiner Arbeitgeberin weist der Gesuchsteller darauf hin, dass er diese mittels Überstunden abzuarbeiten beginnen werde. Somit erwachsen ihm daraus keine zusätzlichen Auslagen, die vorliegend zu berücksichtigen wären.

Die Berechnung des Notbedarfs des Gesuchstellers ergibt folgendes Bild: Nettoeinkommen jährlich Fr. 80'450.40 (12 x Fr. 6'704.20), Wertschriftenertrag Fr. 541.--, total Einkünfte Fr. 80'991.40. Zu berücksichtigende Auslagen (vgl. Richtlinien des Obergerichts des Kantons Zürich für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums vom 16. September 2009): Grundbetrag Ehepaar Fr. 20'400.-- (12 x Fr. 1'700.--), Mietzins Fr. 31'361.40 (12 x Fr. 2'613.45), Krankenkassenprämie Gesuchsteller Fr. 6'948.60 (12 x Fr. 579.05), Krankenkassenprämie Ehefrau Fr. 5'304.60 (12 x Fr. 442.05), Hausrat- und Haftpflichtversicherung Fr. 300.--, Fahrkosten zwischen Wohn- und Arbeitsort Fr. 1'356.-- (Abonnementkosten für öffentliche Verkehrsmittel), Mehrkosten auswärtige Verpflegung Fr. 3'200.--, Kantons- und Gemeindesteuern Fr. 4'438.40, Direkte Bundessteuer Fr. 209.--, Total der Auslagen Fr. 73'518.--. Die weiteren vom Gesuchsteller geltend gemachten Auslagen sind entweder im Grundbetrag mitberücksichtigt (z.B. Telefonkosten) oder für den Lebensunterhalt entbehrlich (Motorrad). Zu bemerken ist, dass die geltend gemachten Auslagen für das Auto nicht zu berücksichtigen sind, da dieses lediglich für die Ausführung der Arbeit (wofür die Arbeitgeberin spesenersatzpflichtig ist), aber nicht für den Arbeitsweg benötigt wird (vgl. Steuererklärung 2014, Berufsauslagen). Damit ergibt sich ein Überschuss von jährlich Fr. 7'473.40 bzw. von monatlich Fr. 622.75. Indessen erzielt der Gesuchsteller offenbar einen 13. Monatslohn, mit welchem er die gesamten Steuern bezahlen kann (Gesuch vom 15. Dezember 2015). Zieht man demgemäss die Steuern von insgesamt Fr. 4'647.40 bzw. von monatlich Fr. 387.30 von den Auslagen ab, erhöht sich der monatliche Überschuss auf rund Fr. 1'000.--. Entgegen seiner Darstellung wäre der Gesuchsteller demnach in der Lage, den mit der Bundesanwaltschaft vereinbarten Ratenzahlungen weiterhin nachzukommen.

5.8 Insgesamt haben sich die finanziellen und persönlichen Verhältnisse des Gesuchstellers im Vergleich zum Urteilsdatum nicht wesentlich verändert. Einerseits hat sich dessen Einkommenslage seither verbessert, während sich gleichzeitig die Unterhaltspflichten reduziert haben, indem jene gegenüber dem volljährigen Sohn entfallen ist. Andererseits rechtfertigt das Anwachsen der Schulden, wofür der Gesuchsteller in der Eingabe vom 28. Februar 2016 detaillierte und teilweise plausible, aber nicht mittels Dokumenten (Darlehensverträge etc.) belegte Erklärungen abgibt, keine Neubeurteilung der Situation. Eine Rückzahlung der Privatschulden steht zudem nicht an (Darlehen D. und B. AG) bzw. kann mit zusätzlicher Arbeitsleistung erfolgen (Darlehen der Arbeitgeberin). Ein Forderungsverzicht der Eidgenossenschaft für die restlichen Verteidigungskosten ist daher nicht opportun.

5.9 Nachdem seit den in Frage stehenden Kostenentscheiden keine wesentliche Veränderung in den persönlichen und finanziellen Verhältnissen eingetreten ist, welche eine Neubeurteilung der Kostenregelung zur Folge haben könnte, ist weder ein ganzer noch ein teilweiser Erlass der restlichen Verfahrenskosten gerechtfertigt.

Abschliessend sei der Gesuchsteller darauf hingewiesen, dass es im Ermessen der Vollzugsbehörde (d.h. der Bundesanwaltschaft) liegt, ob sie im Sinne ihrer ursprünglichen Vereinbarung mit dem Gesuchsteller weiterhin Zahlungserleichterungen in Form von Ratenzahlungen gewähren will, oder sie nun vielmehr die Restforderung erforderlichenfalls auf dem Rechtsweg eintreiben will (Art. 442 Abs. 1 StPO ).

6. Nach dem Gesagten ist das Gesuch vom 15. Dezember 2015 vollumfänglich abzuweisen.

7. Für diesen Entscheid sind keine Kosten zu erheben.

Die Strafkammer beschliesst:

1. Das Gesuch von A. um Erlass der Verfahrenskosten wird abgewiesen.

2. Es werden keine Kosten erhoben.

3. Dieser Beschluss wird A. schriftlich eröffnet und nach Eintritt der Rechtskraft der Bundesanwaltschaft, Dienst Urteilsvollzug, mitgeteilt.

Im Namen der Strafkammer

des Bundesstrafgerichts

Der Vorsitzende Der Gerichtsschreiber

Rechtsmittelbelehrung

Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Gegen Verfügungen und Beschlüsse sowie die Verfahrenshandlungen der Strafkammer des Bundesstrafgerichts als erstinstanzliches Gericht, ausgenommen verfahrensleitende Entscheide, kann innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts geführt werden (Art. 393 Abs. 1 lit. b und Art. 396 Abs. 1 StPO ; Art. 37 Abs. 1 StBOG ).

Mit der Beschwerde können gerügt werden: a. Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung; b. die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts; c. Unangemessenheit (Art. 393 Abs. 2 StPO ).

Versand: 20. April 2016

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