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Entscheid des Bundesstrafgerichts: SK.2015.5 vom 10.03.2016

Hier finden Sie das Urteil SK.2015.5 vom 10.03.2016 - Strafkammer

Sachverhalt des Entscheids SK.2015.5

Der Bundesstrafgericht entscheidet, dass A und C der Unterstützung einer kriminellen Organisation und in Teilen der Urkundenfälschung für schuldig und in den übrigen Anklagepunkten frei sind. Die Strafkammer sprach mit Urteil vom 2 Mai 2014 (Geschäftsnummer SK201339) A und C der Unterstützung einer kriminellen Organisation sowie in Teilen der Urkundenfälschung für schuldig und in den übrigen Anklagepunkten frei, soweit sie das Verfahren nicht einstellte. Die Verfahrensleitung lud die Bundesanwaltschaft ein, zu jeder Position der Tabelle in der Beilage D zur Anklageschrift anzutragen, wie hinsichtlich der Einziehung zu entscheiden sei (SK201339 cl 156 pag 1563009). Diese reichte dem Gericht am 15 Mai 2014 eine ergänzte Tabelle D ein, in welcher sie auf integrale Einziehung und Vernichtung, bei elektronischen Datenträgern eventuell stattdessen auf Datenlöschung und Rückgabe der Hardware an die Berechtigten schloss. Die Verfahrensleitung gab den Verteidigern Gelegenheit zur Stellungnahme Mit Schreiben vom 27 Mai 2014 wurde für A beantragt, ihm die meisten der in der genannten Tabelle aufgelisteten Gegenstände zurückzugeben (cl 156 pag 15652126-45). Die Verteidigung von C liess sich nicht vernehmen. Am 22 Juli 2014 fällte die Strafkammer folgenden, schriftlich eröffneten Entscheid (Teilurteil SK201339): "I 1 Von der Einziehung der beschlagnahmten Gegenstände der Kategorie 1 laut Antrag der Bundesanwaltschaft wird abgesehen Die Beschlagnahme wird aufgehoben, jedoch für PC, externe Festplatten, USB-Sticks, MP3-Player, Mobiltelefonapparate und SIM-Karten erst nach Löschung von Dateien mit propagandistischem Inhalt Die Objekte der Kategorie 1 gemäss den Positionen HD S46 sind an C, diejenigen gemäss den Positionen HD E105 an A zurückzugeben - mit Ausnahme der Nr 4-7, 17 und 973 21 Von der Einziehung der Gegenstände der Positionen HD S46 Nr 1174, 118, 19-27, 31, 412-5, 43 und 52 wird abgesehen Sie sind an C zurückzugeben 22 Von der Einziehung der Gegenstände der Positionen HD105 Nr 75, 83, 831, 864-6, 92, 972, 974-7, 9710-15, 98, 107, 113, 118, 123, 1251, 1292 und 13635 wird abgesehen Sie sind an A zurückzugeben, soweit er dies für sich beantragt hat (pag 15652126/31-42; ad Positionen HD E105) 23 Alle übrigen Gegenstände der Kategorie 2 laut Antrag der Bundesanwaltschaft werden eingezogen 31 Die Gegenstände der Positionen HD S46 Nr 1503-34 sowie HD E105 Nr 1191-20 und 1311-6 werden eingezogen Von den übrigen Gegenstände der Kategorie 3 laut Antrag der Bundesanwaltschaft sind die Positionen HD S46 an C und die Positionen HD E105 an A, soweit er dies für sich beantragt hat (pag 15652126/31-42; ad Positionen HD E105), zurückzugeben, mit Ausnahme der Positionen Nr 1333-4, die seiner Ehefrau auszuhändigen sind 32 [] 33 [] 34 [] 4 [] II []" D Mit Eingabe vom 19 Januar 2015 stellte die Bundesanwaltschaft die Anträge: "1 Das Dispositiv des Teilurteils vom 22 Juli 2014 der Strafkammer betreffend Einziehung, genauer Ziff 1 Abs 1, Ziff 1 Abs 2, Ziff 22 und Ziff 31 Abs 2 hiervon, seien wie nachfolgend dargetan zu erläutern bzw zu berichtigen 2 Die Tabelle in der Beilage D zur Anklageschrift der Bundesanwaltschaft sowie die Anträge des A, auf welche sich das Dispositiv bezieht, seien dem Dispositiv als Beilage anzufügen 3 Dem vorliegenden Gesuch sei die aufschiebende Wirkung zu gewährend" Das Gesuch der Bundesanwaltschaft um Erläuterung bzw Berichtigung wurde beim Bundesstrafgericht am 20 Januar 2015 unter der Geschäftsnummer SK20155 registriert Die Gegenparteien wurden zur freigestellten Stellungnahme eingeladen Fürsprecher Thomas Wenger beantragte mit Schreiben vom 26 Januar 2015, das Gesuch sei bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens beim Bundesgericht zu sistieren, und es sei ihm je nach dessen Ausgang nochmals Frist zur Stellungnahme einzuräumen Rechtsanwalt Lorenz Hirni liess sich nicht vernehmen Die Strafkammer sistierte mit Beschluss vom 11 März 2015 das Verfahren betreffend Erläuterung bzw Berichtigung des Teilurteils vom 22 Juli 2014 bis zum Abschluss der bundesgerichtlichen Verfahren und nahm Vormerk vom Antrag von Fürsprecher Wenger, ihm allenfalls nochmals Frist zur Stellungnahme anzusetzen E Nach Eingang des bundesgerichtlichen Urteils (Bst B) gab die Verfahrensleitung Fürsprecher Wenger Gelegenheit zur Stellungnahme zum Gesuch Beide Verteidiger wurden ausserdem eingeladen, sich zu äussern, für welche der im Teilurteil genannten Gegenstände an der Herausgabe festgehalten werde; im affirmativen Fall sei bezüglich der in Ziff I/1 genannten Objekte anzugeben, ob der Löschung der Dateninhalte opponiert werden Ohne Remonstration in diesem Sinne behalte sich die Strafkammer vor, die Einziehung der Objekte der Kategorien 1-3 zu verfügen Fürsprecher Wenger beantragte mit Eingabe vom 16 Februar 2016, A seien sämtliche Gegenstände herauszugeben, welche diesem gemäss Teilurteil vom 22 Juli 2014 herauszugeben seien, einschliesslich jener Gegenstände, welche nicht eingezogen würden; bezüglich der Löschung von Dateiinhalten gemäss den Objekten unter Ziff I/1 werde nichts eingewendet, soweit es um Inhalte gehe, für welche dieser verurteilt worden sei Auf eine weitergehende Stellungnahme werde verzichtet Rechtsanwalt Hirni liess sich nicht vernehmen Die Strafkammer erwägt: 1 11 Art 83 Abs 1 StPO bestimmt: "Ist das Dispositiv eines Entscheids unklar, widersprüchlich oder unvollständig oder steht es mit der Begründung im Widerspruch, so nimmt die Strafbehörde, die den Entscheid gefällt hat, auf Gesuch einer Partei oder von Amtes wegen eine Erläuterung oder Berichtigung des Entscheids vor" Bei der Berichtigung geht es darum, Redaktions- oder Rechnungsfehler zu korrigieren ( Stohner , Basler Kommentar, 2 Aufl, Basel 2014, Art 83 StPO N 10; Escher , Basler Kommentar, 2 Aufl, Basel 2011, Art 129 BGG N 4) Die Erläuterung dagegen bezweckt, das Dispositiv des Entscheids authentisch zu interpretieren, sodass dessen Sinn aus dem Wortlaut hervorgeht Dabei kann sich die Zweideutigkeit aus den verschiedenen Teilen der Entscheidformel ergeben ( Stohner , aaO, Art 83 StPO N 6); aber auch durch die Verwendung eines mehrdeutigen Begriffs Weil ein gerichtlicher Entscheid zusammen mit den Erwägungen, die ihn begründen, zu lesen ist, kann der Widerspruch auch zwischen diesen und dem Dispositiv bestehen ( Stohner , aaO; Escher , aaO) Die Erläuterung dient aber nicht dazu, den Inhalt des Entscheids zu ändern, etwa wenn er sich als im Widerspruch zur Rechts- oder Faktenlage befindet; dazu sind die ordentlichen Rechtsmittel da 12 Die Bundesanwaltschaft ist als Partei des Strafverfahrens für ein Begehren um Erläuterung oder Berichtigung legitimiert; es braucht nicht geprüft zu werden, wie es sich verhielte, wenn sie ein solches als Vollzugsbehörde (Art 75 Abs 1 StBOG) stellte An eine bestimmte Frist ist sie nicht gebunden Die Eintretensvoraussetzungen sind damit erfüllt 2 Im (Teil-)Urteil vom 22 Juli 2014 hat die Strafkammer über die während des Vorverfahrens beschlagnahmten Objekte nach Massgabe einer Übersicht entschieden, welche die Bundesanwaltschaft ihr am 15 Mai 2014, nach Aufforderung infolge von Dispositivziffer VI des Urteils vom 2 Mai 2014, eingereicht hatte In dieser sind die Objekte nach einzelnen Kategorien gruppiert Diese Übersicht beruht auf der Liste der Asservate, welche die Bundeskriminalpolizei aus den Hausdurchsuchungen gewonnen und ihrem Bericht vom 29 Juli 2011 beigelegt hatte (pag B155253-114) und welche die Bundesanwaltschaft als Beilage D ihrer Anklageschrift beifügte; sie enthält über 1'200 Objekte Diese Liste hat die Bundesanwaltschaft mit ihren Anträgen für die richterliche Entscheidung ergänzt und zwar für jede einzelne Position Diese lauten auf E(inziehung), V(ernichtung, und L(öschung) Für alle Objekte wurde die Einziehung und Vernichtung verlangt, für die Kategorie 1, in welche technische Daten auf verschiedenen Datenträgern eingereiht worden waren, beantragte die Bundesanwaltschaft eventualiter die blosse, aber integrale Löschung der Daten 21 Ziff 1 Abs 1 des Dispositivs des Urteils vom 22 Juli 2014 hält die Bundesanwaltschaft für erläuterungsbedürftig, insoweit darin die Beschlagnahme der in Kategorie 1 enthaltenen Objekte nach vorgängiger Löschung der Daten "mit propagandistischem Inhalt" aufgehoben wird Sie erblickt die Unklarheit darin, wie bei unterschiedlicher Beurteilung der Inhalte durch die Vollzugsbehörde einerseits und durch die Verurteilten andererseits vorzugehen sei; weil diese sich im Strafverfahren unkooperativ verhalten hätten, sei eine solche Diskrepanz zu erwarten A verlangt die Herausgabe der in Kategorie 1 aufgelisteten Objekte, ohne sich der Löschung derjenigen Dateninhalte zu widersetzen, "für welche er schuldig gesprochen wurde" Die in Frage gestellte Löschung wird in E 41 des Urteils vom 22 Juli 2014 näher ausgeführt Dort erklärt die Kammer, es seien nur diejenigen Inhalte von Datenträgern zu löschen, welche keinen unbedenklichen Inhalt hätten Dies ist im Lichte des Zwecks von Art 69 Abs 1 StGB zu sehen, wie er in E 2 dargestellt wird und des Schuldspruchs der Unterstützung einer kriminellen Organisation gemäss E B136 des Urteils vom 2 Mai 2014 Die von der Kammer angeordnete Löschung betrifft daher einen bestimmten propagandistischen Inhalt, nämlich den des jihadistischen Kampfes der Al-Qaïda In der Form sind diese Inhalte nicht beschränkt; es konnten also Reden, Bilddarstellungen und Unterweisungen sein, mit welchen die jihadistische Ideologie verbreitet oder der jihadistische Kampf dargestellt oder verherrlicht wird Die von der Bundesanwaltschaft angesprochene Unklarheit bezieht sich also nicht auf den Inhalt einer bestimmten Sequenz der Datenträger, sondern auf das Nebeneinander von solchen Sequenzen neben Darstellungen aus dem Privatleben, etwa Bildern einer Hochzeit oder eines Familienfestes Die Löschung von propagandistischem Inhalt hat die Kammer nicht als Sicherungseinziehung im Sinne von Art 69 Abs 1 StGB angeordnet, sondern als Voraussetzung für die Rückgabe der Datenträger unter Wahrung des mit Art 69 Abs 1 StGB verfolgten Zwecks Dass die Objekte der Kategorie 1 für eine Straftat benutzt wurden, hat sie festgestellt und kann im Wege der Erläuterung nicht in Frage gestellt werden Wie das Verhältnismässigprinzip in concreto umzusetzen sei, hat das Bundesgericht im Urteil 6B_748/2008 vom 16 Februar 2009 E 453 ausgeführt; darauf bezog sich die Kammer Im Urteil 6B_279/2011 vom 20 Juni 2011 E 4 schränkte das Bundesgericht seine diesbezügliche Leitlinie unter einem gegenläufigen Aspekt des Verhältnismässigkeitsprinzips ein: Wenn der Wert der streitigen Mobiltelefone oder der Daten, welche sie enthalten, keinen besonderen Vermögenswert darstellten, könne eine Datentriage mit erheblichem Aufwand für die öffentliche Hand nicht verlangt werden Es mag sein, dass im Lichte dieses späteren bundesgerichtlichen Urteils die Kammer hätte materiell anders entscheiden können, nämlich auf Herausgabe der PC nach vorangehender durchgehenden Löschung der Dateninhalte und auf Einziehung aller anderen Objekte der Kategorie 1 Darauf kann jedoch im Wege der Erläuterung nicht mehr zurückgekommen werden 22 Ziff 1 Abs 2 des Dispositivs des Urteils vom 22 Juli 2014 erachtet die Bundesanwaltschaft als im Widerspruch zu Ziff 1 Abs 1, weil dort für die Datenträger kein Vorbehalt für "propagandistische Inhalte" gemacht worden sei Dieser Einwand ist unbegründet: Abs 2 regelt nur, an welche berechtigte Person die Objekte der Kategorie 1 zurückzugeben seien, von denen ein Teil - umschrieben in Abs 1 - vorgängig teilweise von Daten bestimmten Inhalts zu befreien seien 23 Ausserdem hält die Bundesanwaltschaft Ziff 1 Abs 2 des Dispositivs des Urteils vom 22 Juli 2014 für unvollständig, soweit es keine Rückgabe an einen der beiden Verurteilten anordne Wie im Erläuterungsbegehren (S 5) dargelegt, ist diese Urteilsformel die Folge dessen, dass A, bei welchem die Objekte beschlagnahmt wurden, auf eine Rückgabe an ihn teilweise verzichtete (E 413) In seiner Stellungnahme zum Erläuterungsbegehren verlangt A nur die Herausgabe der Objekte, welche "gemäss rechtskräftigem Teilurteil" an ihn herauszugeben seien Er kommt auf den früher bekundeten teilweisen Verzicht, so wie er dem Urteil vom 22 Juli 2014 zugrunde liegt, also nicht zurück Nach Art 267 Abs 3 StPO , auf welche Bestimmung die Bundesanwaltschaft hinweist, muss im Endentscheid über eine bis dahin noch nicht aufgehobene Beschlagnahme entschieden werden Nach dieser Bestimmung kann die Einziehung, die Verwendung zur Kostendeckung oder die Rückgabe an die berechtigte Person in Frage kommen Allerdings regelt sie nicht, wer die Letztere sei; denn dies bestimmt das Privatrecht Aufgrund der Eigentumsvermutung von Art 930 ZGB ist dies in erster Linie der Besitzer Wenn aber auch andere Personen, mit einem besseren Recht, in Frage kommen, so kann das Gericht über die Rückgabe entscheiden, namentlich das Objekt der einen zusprechen und die anderen in eine Zivilklage zwingen, oder bei unbekannter Berechtigung diese öffentlich zur Geltendmachung ihrer Ansprüche auffordern (Art 267 Abs 4 -6 StPO ; vgl Schmid , Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2 Aufl, Zürich/St Gallen 2013, Art 267 StPO N 14, 17 ff) Bezüglich eines Teils der Objekte hat die Kammer A nicht als Berechtigten anerkannt, weil er auf seine Rechte als Besitzer, der er im Zeitpunkt der Beschlagnahme war, verzichtete Sie ordnete aber auch keine vorläufige Zusprechung mit öffentlicher Ausschreibung an, um anderen Personen die Anmeldung besseren Rechts zu ermöglichen In solchen Fällen hat die Vollzugsbehörde nach den Regeln von Art 267 Abs 5 und 6 StPO vorzugehen, nachdem das Gericht die Beschlagnahme aufgehoben hat (Urteil des Bundesstrafgerichts SK201340 vom 3 Juni 2014 E 732) Die Bundesanwaltschaft pflegt als solche (Art 75 Abs 1 StBOG) die entsprechenden Verfügungen zu erlassen, gegen welche die Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts offensteht (Beschluss der I Beschwerdekammer BK20119 /10 vom 9 November 2011 Sachverhalt Bst E und E 2) Jedenfalls wäre die gerichtliche Anweisung an die Vollzugsbehörde, Gegenstände einer Person zu übergeben, die zwar als privatrechtlich berechtigt erscheint, aber auf die Übernahme verzichtet, wenig sinnvoll, wenn überhaupt vollziehbar 24 Als unvollständig qualifiziert die Bundesanwaltschaft die gerichtliche Entscheidung in Ziff 22 und Ziff 31 Abs 2 des Dispositivs des Urteils, indem die Kammer wiederum über das Schicksal einzelner Positionen zu entscheiden unterlassen habe Die "übrigen", dh nicht in Ziff 31 Abs 1 aufgeführten, Gegenstände der Kategorie 3 aus der Beschlagnahme S 46 sind gemäss Ziff 31 Abs 2 des Dispositivs C zurückzugeben Insofern ist eine Lücke des Urteils nicht ersichtlich Betreffend weitere, bei A beschlagnahmte und im Hausdurchsuchungsprotokoll HD E105 verzeichnete, Gegenstände wurde in Ziff 22 und 31 des Dispositivs des Urteils entschieden: Soweit keine Einziehung verfügt wurde, hat die Kammer A nicht als Berechtigten anerkannt, weil er auf seine Rechte als Besitzer, der er im Zeitpunkt der Beschlagnahme war, verzichtete Sie ordnete aber auch keine vorläufige Zusprechung mit öffentlicher Ausschreibung an, um anderen Personen die Anmeldung besseren Rechts zu ermöglichen In solchen Fällen hat die Vollzugsbehörde nach den Regeln von Art 267 Abs 5 und 6 StPO vorzugehen, nachdem das Gericht die Beschlagnahme aufgehoben hatte (Urteil des Bundesstrafgerichts SK201340 vom 3 Juni 2014 E 732) Die Bundesanwaltschaft pflegt als solche (Art 75 Abs 1 StBOG) die entsprechenden Verfügungen zu erlassen, gegen welche die Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts offensteht (Beschluss der I Beschwerdekammer BK20119 /10 vom 9 November 2011 Sachverhalt Bst E und E 2) Jedenfalls wäre die gerichtliche Anweisung an die Vollzugsbehörde, Gegenstände einer Person zu übergeben, die zwar als privatrechtlich berechtigt erscheint, aber auf die Übernahme verzichtet, wenig sinnvoll, wenn überhaupt vollziehbar 25 Die Bundesanwaltschaft verlangt schliesslich, dass dem Urteilsdispositiv die Beilage D zur Anklageschrift und der Antrag des Verurteilten A vom 27 Mai 2014 beigefügt werden, weil das Urteilsdispositiv ohne diese Angaben unvollständig sei und nicht vollzogen werden könne Das Erläuterungsbegehren ist in diesem Punkte offensichtlich unbegründet: Das Urteilsdispositiv muss nur diejenigen Elemente enthalten, welche bestimmen, wie der gerichtliche Entscheid inhaltlich lautet und wie er zu vollziehen ist Dabei kann es sich auf klar identifizierte Prozesseingaben der Parteien oder Aktenstücke, wie etwa Beschlagnahmungsprotokolle, beziehen und dadurch inhaltlich bestimmt sein; das gilt für die Anklageschrift nicht weniger als für den Antrag eines Verteidigers 26 Das Erläuterungsbegehren ist nach dem Gesagten vollumfänglich abzuweisen 3 Mit dem Entscheid wird das Begehren um aufschiebende Wirkung gegenstandslos 4 Die amtlichen Kosten des Erläuterungsverfahrens trägt bei diesem Ausgang der Bund (Art 423 , 428 Abs 1 StPO ); die Gerichtsgebühr ist auf Fr 1'000-- festzusetzen 5 Für die Entschädigung ist sinngemäss nach der Regel von Art 429 StPO zu verfahren (Art 379 StPO ; vgl Schmid , Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2 Aufl, Zürich/St Gallen 2013, Art 429 StPO N 3) Dementsprechend ist der Bund zu verpflichten, Fürsprecher Thomas Wenger als amtlicher Verteidiger von A für seine Aufwendungen im Erläuterungsverfahren schadlos zu halten Ein Betrag von Fr 250-- (inkl MWST) erscheint als angemessen Eine Rückerstattungspflicht von A entfällt (E 4; Art 135 Abs 4 StPO )

Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts

Instanz:

Bundesstrafgericht

Abteilung:

Strafkammer

Fallnummer:

SK.2015.5

Datum:

10.03.2016

Leitsatz/Stichwort:

Erläuterung und Berichtigung des Urteils SK.2013.39 vom 22.07.2014 (Art. 83 StPO).

Schlagwörter

Bundes; Urteil; Bundesanwaltschaft; Objekt; Objekte; Erläuterung; Urteils; Daten; Entscheid; Kategorie; Kammer; Position; Dispositiv; Einziehung; Recht; Positionen; Löschung; Verfahren; Rückgabe; Kammer; Bundesstrafgericht; Fürsprecher; Wenger; Gericht; Stellungnahme; Antrag; Bericht; Berichtigung

Rechtskraft:

Kein Weiterzug, rechtskräftig

Rechtsgrundlagen des Urteils:

Art. 12 BGG ;Art. 135 StPO ;Art. 26 StPO ;Art. 267 StPO ;Art. 37 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 42 StPO ;Art. 423 StPO ;Art. 69 StGB ;Art. 8 StPO ;Art. 83 StPO ;Art. 93 ZGB ;

Kommentar:

-, Basler Kommentar 2. Aufl., Art. 267 StPO, 2014

Entscheid des Bundesstrafgerichts

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: SK.2015.5

Beschluss vom 10. März 2016
Strafkammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Peter Popp, Vorsitz,

Walter Wüthrich und Sylvia Frei ,

Gerichtsschreiber Hanspeter Lukács

Parteien

Bundesanwaltschaft , vertreten durch Martin Stupf, Staatsanwalt des Bundes,

gegen

1. A. alias B., amtlich verteidigt durch Fürsprecher Thomas Wenger,

2. C. alias D., amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Lorenz Hirni,

Gegenstand

Erläuterung und Berichtigung des Urteils SK.2013.39 vom 22. Juli 2014


Prozessgeschichte:

A. Die Strafkammer sprach mit Urteil vom 2. Mai 2014 (Geschäftsnummer SK.2013.39 ) A. und C. der Unterstützung einer kriminellen Organisation sowie in Teilen der Urkundenfälschung für schuldig und in den übrigen Anklagepunkten frei, soweit sie das Verfahren nicht einstellte. Über das Schicksal der beschlagnahmten Gegenstände behielt sie sich den Entscheid für einen späteren Zeitpunkt vor (Urteilsdispositiv Ziff. VI).

B. A. und C. erhoben gegen das Urteil vom 2. Mai 2014 Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht. Das Bundesgericht wies beide Beschwerden mit Urteil vom 27. Januar 2016 ab.

C. Die Verfahrensleitung lud die Bundesanwaltschaft ein, zu jeder Position der Tabelle in der Beilage D zur Anklageschrift anzutragen, wie hinsichtlich der Einziehung zu entscheiden sei ( SK.2013.39 cl. 156 pag. 156.300.9). Diese reichte dem Gericht am 15. Mai 2014 (cl. 156 pag. 156.510.32-52 ) eine ergänzte Tabelle D ein, in welcher sie auf integrale Einziehung und Vernichtung, bei elektronischen Datenträgern eventuell stattdessen auf Datenlöschung und Rückgabe der Hardware an die Berechtigten schloss. Die Verfahrensleitung gab den Verteidigern Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Schreiben vom 27. Mai 2014 wurde für A. beantragt, ihm die meisten der in der genannten Tabelle aufgelisteten Gegenstände zurückzugeben ( cl. 156 pag. 156.521.26-45) . Die Verteidigung von C. liess sich nicht vernehmen. Am 22. Juli 2014 fällte die Strafkammer folgenden, schriftlich eröffneten Entscheid (Teilurteil SK.2013.39 ):

"I.

1. Von der Einziehung der beschlagnahmten Gegenstände der Kategorie 1 laut Antrag der Bundesanwaltschaft wird abgesehen. Die Beschlagnahme wird aufgehoben, jedoch für PC, externe Festplatten, USB-Sticks, MP3-Player, Mobiltelefonapparate und SIM-Karten erst nach Löschung von Dateien mit propagandistischem Inhalt.

Die Objekte der Kategorie 1 gemäss den Positionen HD S46 sind an C., diejenigen gemäss den Positionen HD E105 an A. zurückzugeben - mit Ausnahme der Nr. 4-7, 17 und 97.3.

2.1 Von der Einziehung der Gegenstände der Positionen HD S46 Nr. 1.17.4, 1.18, 19-27, 31, 41.2-5, 43 und 52 wird abgesehen. Sie sind an C. zurückzugeben.

2.2 Von der Einziehung der Gegenstände der Positionen HD105 Nr. 75, 83, 83.1, 86.4-6, 92, 97.2, 97.4-7, 97.10-15, 98, 107, 113, 118, 123, 125.1, 129.2 und 136.35 wird abgesehen. Sie sind an A. zurückzugeben, soweit er dies für sich beantragt hat (pag. 156.521.26/31-42; ad Positionen HD E105).

2.3 Alle übrigen Gegenstände der Kategorie 2 laut Antrag der Bundesanwaltschaft werden eingezogen.

3.1 Die Gegenstände der Positionen HD S46 Nr. 1.50.3-34 sowie HD E105 Nr. 119.1-20 und 131.1-6 werden eingezogen.

Von den übrigen Gegenständen der Kategorie 3 laut Antrag der Bundesanwaltschaft sind die Positionen HD S46 an C. und die Positionen HD E105 an A., soweit er dies für sich beantragt hat (pag. 156.521.26/31-42; ad Positionen HD E105), zurückzugeben, mit Ausnahme der Positionen Nr. 133.3-4, die seiner Ehefrau auszuhändigen sind.

3.2 [...]

3.3 [...]

3.4 [...]

4. [...]

II. [...]"

D. Mit Eingabe vom 19. Januar 2015 stellte die Bundesanwaltschaft die Anträge:

"1. Das Dispositiv des Teilurteils vom 22. Juli 2014 der Strafkammer betreffend Einziehung, genauer Ziff. 1 Abs. 1, Ziff. 1 Abs. 2, Ziff. 2.2 und Ziff. 3.1 Abs. 2 hiervon, seien wie nachfolgend dargetan zu erläutern bzw. zu berichtigen.

2. Die Tabelle in der Beilage D zur Anklageschrift der Bundesanwaltschaft sowie die Anträge des A., auf welche sich das Dispositiv bezieht, seien dem Dispositiv als Beilage anzufügen.

3. Dem vorliegenden Gesuch sei die aufschiebende Wirkung zu gewähren."

Das Gesuch der Bundesanwaltschaft um Erläuterung bzw. Berichtigung wurde beim Bundesstrafgericht am 20. Januar 2015 unter der Geschäftsnummer SK.2015.5 registriert. Die Gegenparteien wurden zur freigestellten Stellungnahme eingeladen. Fürsprecher Thomas Wenger beantragte mit Schreiben vom 26. Januar 2015, das Gesuch sei bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens beim Bundesgericht zu sistieren, und es sei ihm je nach dessen Ausgang nochmals Frist zur Stellungnahme einzuräumen. Rechtsanwalt Lorenz Hirni liess sich nicht vernehmen.

Die Strafkammer sistierte mit Beschluss vom 11. März 2015 das Verfahren betreffend Erläuterung bzw. Berichtigung des Teilurteils vom 22. Juli 2014 bis zum Abschluss der bundesgerichtlichen Verfahren und nahm Vormerk vom Antrag von Fürsprecher Wenger, ihm allenfalls nochmals Frist zur Stellungnahme anzusetzen.

E. Nach Eingang des bundesgerichtlichen Urteils (Bst. B) gab die Verfahrensleitung Fürsprecher Wenger Gelegenheit zur Stellungnahme zum Gesuch. Beide Verteidiger wurden ausserdem eingeladen, sich zu äussern, für welche der im Teilurteil genannten Gegenstände an der Herausgabe festgehalten werde; im affirmativen Fall sei bezüglich der in Ziff. I/1 genannten Objekte anzugeben, ob der Löschung der Dateninhalte opponiert werde. Ohne Remonstration in diesem Sinne behalte sich die Strafkammer vor, die Einziehung der Objekte der Kategorien 1-3 zu verfügen.

Fürsprecher Wenger beantragte mit Eingabe vom 16. Februar 2016, A. seien sämtliche Gegenstände herauszugeben, welche diesem gemäss Teilurteil vom 22. Juli 2014 herauszugeben seien, einschliesslich jener Gegenstände, welche nicht eingezogen würden; bezüglich der Löschung von Dateiinhalten gemäss den Objekten unter Ziff. I/1 werde nichts eingewendet, soweit es um Inhalte gehe, für welche dieser verurteilt worden sei. Auf eine weitergehende Stellungnahme werde verzichtet. Rechtsanwalt Hirni liess sich nicht vernehmen.

Die Strafkammer erwägt:

1.

1.1 Art. 83 Abs. 1 StPO bestimmt: "Ist das Dispositiv eines Entscheides unklar, widersprüchlich oder unvollständig oder steht es mit der Begründung im Widerspruch, so nimmt die Strafbehörde, die den Entscheid gefällt hat, auf Gesuch einer Partei oder von Amtes wegen eine Erläuterung oder Berichtigung des Entscheids vor."

Bei der Berichtigung geht es darum, Redaktions- oder Rechnungsfehler zu korrigieren ( Stohner , Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 83 StPO N. 10; Escher , Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2011, Art. 129 BGG N. 4). Die Erläuterung dagegen bezweckt, das Dispositiv des Entscheids authentisch zu interpretieren, sodass dessen Sinn aus dem Wortlaut hervorgeht. Dabei kann sich die Zweideutigkeit aus den verschiedenen Teilen der Entscheidformel ergeben ( Stohner , a.a.O., Art. 83 StPO N. 6; Escher, a.a.O., Art. 129 BGG N. 3), aber auch durch die Verwendung eines mehrdeutigen Begriffs. Weil ein gerichtlicher Entscheid zusammen mit den Erwägungen, die ihn begründen, zu lesen ist, kann der Widerspruch auch zwischen diesen und dem Dispositiv bestehen ( Stohner , a.a.O.; Escher, a.a.O.). Die Erläuterung dient aber nicht dazu, den Inhalt des Entscheids zu ändern, etwa wenn er sich als im Widerspruch zur Rechts- oder Faktenlage befindet; dazu sind die ordentlichen Rechtsmittel da.

1.2 Die Bundesanwaltschaft ist als Partei des Strafverfahrens für ein Begehren um Erläuterung oder Berichtigung legitimiert; es braucht nicht geprüft zu werden, wie es sich verhielte, wenn sie ein solches als Vollzugsbehörde (Art. 75 Abs. 1 StBOG) stellte. An eine bestimmte Frist ist sie nicht gebunden. Die Eintretensvoraussetzungen sind damit erfüllt.

2. Im (Teil-)Urteil vom 22. Juli 2014 hat die Strafkammer über die während des Vorverfahrens beschlagnahmten Objekte nach Massgabe einer Übersicht entschieden, welche die Bundesanwaltschaft ihr am 15. Mai 2014, nach Aufforderung infolge von Dispositivziffer VI des Urteils vom 2. Mai 2014, eingereicht hatte. In dieser sind die Objekte nach einzelnen Kategorien gruppiert. Diese Übersicht beruht auf der Liste der Asservate, welche die Bundeskriminalpolizei aus den Hausdurchsuchungen gewonnen und ihrem Bericht vom 29. Juli 2011 beigelegt hatte (pag. B15.5.2.53-114) und welche die Bundesanwaltschaft als Beilage D ihrer Anklageschrift beifügte; sie enthält über 1'200 Objekte. Diese Liste hat die Bundesanwaltschaft mit ihren Anträgen für die richterliche Entscheidung ergänzt und zwar für jede einzelne Position. Diese lauten auf E(inziehung), V(ernichtung, und L(öschung). Für alle Objekte wurde die Einziehung und Vernichtung verlangt, für die Kategorie 1, in welche technische Daten auf verschiedenen Datenträgern eingereiht worden waren, beantragte die Bundesanwaltschaft eventualiter die blosse, aber integrale Löschung der Daten.

2.1 Ziff. 1 Abs. 1 des Dispositivs des Urteils vom 22. Juli 2014 hält die Bundesanwaltschaft für erläuterungsbedürftig, insoweit darin die Beschlagnahme der in Kategorie 1 enthaltenen Objekte nach vorgängiger Löschung der Daten "mit propagandistischem Inhalt" aufgehoben wird. Sie erblickt die Unklarheit darin, wie bei unterschiedlicher Beurteilung der Inhalte durch die Vollzugsbehörde einerseits und durch die Verurteilten andererseits vorzugehen sei; weil diese sich im Strafverfahren unkooperativ verhalten hätten, sei eine solche Diskrepanz zu erwarten.

A. verlangt die Herausgabe der in Kategorie 1 aufgelisteten Objekte, ohne sich der Löschung derjenigen Dateninhalte zu widersetzen, "für welche er schuldig gesprochen wurde".

Die in Frage gestellte Löschung wird in E. 4.1 des Urteils vom 22. Juli 2014 näher ausgeführt. Dort erklärt die Kammer, es seien nur diejenigen Inhalte von Datenträgern zu löschen, welche keinen unbedenklichen Inhalt hätten. Dies ist im Lichte des Zwecks von Art. 69 Abs. 1 StGB zu sehen, wie er in E. 2 dargestellt wird, und des Schuldspruchs der Unterstützung einer kriminellen Organisation gemäss E. B.1.3.6 des Urteils vom 2. Mai 2014. Die von der Kammer angeordnete Löschung betrifft daher einen bestimmten propagandistischen Inhalt, nämlich den des jihadistischen Kampfes der Al-Qaïda. In der Form sind diese Inhalte nicht beschränkt; es konnten also Reden, Bilddarstellungen und Unterweisungen sein, mit welchen die jihadistische Ideologie verbreitet oder der jihadistische Kampf dargestellt oder verherrlicht wird. Die von der Bundesanwaltschaft angesprochene Unklarheit bezieht sich also nicht auf den Inhalt einer bestimmten Sequenz der Datenträger, sondern auf das Nebeneinander von solchen Sequenzen neben Darstellungen aus dem Privatleben, etwa Bildern einer Hochzeit oder eines Familienfestes.

Die Löschung von propagandistischem Inhalt hat die Kammer nicht als Sicherungseinziehung im Sinne von Art. 69 Abs. 1 StGB angeordnet, sondern als Voraussetzung für die Rückgabe der Datenträger unter Wahrung des mit Art. 69 Abs. 1 StGB verfolgten Zwecks. Dass die Objekte der Kategorie 1 für eine Straftat benutzt wurden, hat sie festgestellt und kann im Wege der Erläuterung nicht in Frage gestellt werden. Wie das Verhältnismässigkeitsprinzip in concreto umzusetzen sei, hat das Bundesgericht im Urteil 6B_748/2008 vom 16. Februar 2009 E. 4.5.3 ausgeführt; darauf bezog sich die Kammer. Im Urteil 6B_279/2011 vom 20. Juni 2011 E. 4 schränkte das Bundesgericht seine diesbezügliche Leitlinie unter einem gegenläufigen Aspekt des Verhältnismässigkeitsprinzips ein: Wenn der Wert der streitigen Mobiltelefone oder der Daten, welche sie enthalten, keinen besonderen Vermögenswert darstellten, könne eine Datentriage mit erheblichem Aufwand für die öffentliche Hand nicht verlangt werden. Es mag sein, dass im Lichte dieses späteren bundesgerichtlichen Urteils die Kammer hätte materiell anders entscheiden können, nämlich auf Herausgabe der PC nach vorangehender durchgehenden Löschung der Dateninhalte und auf Einziehung aller anderen Objekte der Kategorie 1. Darauf kann jedoch im Wege der Erläuterung nicht mehr zurückgekommen werden.

2.2 Ziff. 1 Abs. 2 des Dispositivs des Urteils vom 22. Juli 2014 erachtet die Bundesanwaltschaft als im Widerspruch zu Ziff. 1 Abs. 1, weil dort für die Datenträger kein Vorbehalt für "propagandistische Inhalte" gemacht worden sei.

Dieser Einwand ist unbegründet: Abs. 2 regelt nur, an welche berechtigte Person die Objekte der Kategorie 1 zurückzugeben seien, von denen ein Teil - umschrieben in Abs. 1 - vorgängig teilweise von Daten bestimmten Inhalts zu befreien seien.

2.3 Ausserdem hält die Bundesanwaltschaft Ziff. 1 Abs. 2 des Dispositivs des Urteils vom 22. Juli 2014 für unvollständig, soweit es keine Rückgabe an einen der beiden Verurteilten anordne. Wie im Erläuterungsbegehren (S. 5) dargelegt, ist diese Urteilsformel die Folge dessen, dass A., bei welchem die Objekte beschlagnahmt wurden, auf eine Rückgabe an ihn teilweise verzichtete (E. 4.1.3).

In seiner Stellungnahme zum Erläuterungsbegehren verlangt A. nur die Herausgabe der Objekte, welche "gemäss rechtskräftigem Teilurteil" an ihn herauszugeben seien. Er kommt auf den früher bekundeten teilweisen Verzicht, so wie er dem Urteil vom 22. Juli 2014 zugrunde liegt, also nicht zurück.

Nach Art. 267 Abs. 3 StPO , auf welche Bestimmung die Bundesanwaltschaft hinweist, muss im Endentscheid über eine bis dahin noch nicht aufgehobene Beschlagnahme entschieden werden. Nach dieser Bestimmung kann die Einziehung, die Verwendung zur Kostendeckung oder die Rückgabe an die berechtigte Person in Frage kommen. Allerdings regelt sie nicht, wer die Letztere sei; denn dies bestimmt das Privatrecht. Aufgrund der Eigentumsvermutung von Art. 930 ZGB ist dies in erster Linie der Besitzer. Wenn aber auch andere Personen, mit einem besseren Recht, in Frage kommen, so kann das Gericht über die Rückgabe entscheiden, namentlich das Objekt der einen zusprechen und die anderen in eine Zivilklage zwingen, oder bei unbekannter Berechtigung diese öffentlich zur Geltendmachung ihrer Ansprüche auffordern (Art. 267 Abs. 4 -6 StPO ; zum Ganzen: Bommer/Goldschmid , Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 267 StPO N. 14, 17 ff.).

Bezüglich eines Teils der Objekte hat die Kammer A. nicht als Berechtigten anerkannt, weil er auf seine Rechte als Besitzer, der er im Zeitpunkt der Beschlagnahme war, verzichtete. Sie ordnete aber auch keine vorläufige Zusprechung mit öffentlicher Ausschreibung an, um anderen Personen die Anmeldung besseren Rechts zu ermöglichen. In solchen Fällen hat die Vollzugsbehörde nach den Regeln von Art. 267 Abs. 5 und 6 StPO vorzugehen, nachdem das Gericht die Beschlagnahme aufgehoben hat (Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2013.40 vom 3. Juni 2014 E. 7.3.2). Die Bundesanwaltschaft pflegt als solche (Art. 75 Abs. 1 StBOG) die entsprechenden Verfügungen zu erlassen, gegen welche die Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts offensteht (Beschluss der I. Beschwerdekammer BK.2011.9 /10 vom 9. November 2011 Sachverhalt Bst. E und E. 2). Jedenfalls wäre die gerichtliche Anweisung an die Vollzugsbehörde, Gegenstände einer Person zu übergeben, die zwar als privatrechtlich berechtigt erscheint, aber auf die Übernahme verzichtet, wenig sinnvoll, wenn überhaupt vollziehbar.

2.4 Als unvollständig qualifiziert die Bundesanwaltschaft die gerichtliche Entscheidung in Ziff. 2.2 und Ziff. 3.1 Abs. 2 des Dispositivs des Urteils, indem die Kammer wiederum über das Schicksal einzelner Positionen zu entscheiden unterlassen habe.

Die "übrigen", d.h. nicht in Ziff. 3.1 Abs. 1 aufgeführten, Gegenstände der Kategorie 3 aus der Beschlagnahme S. 46 sind gemäss Ziff. 3.1 Abs. 2 des Dispositivs C. zurückzugeben. Insofern ist eine Lücke des Urteils nicht ersichtlich.

Betreffend weitere, bei A. beschlagnahmte und im Hausdurchsuchungsprotokoll HD E105 verzeichnete, Gegenstände wurde in Ziff. 2.2 und 3.1 des Dispositivs des Urteils entschieden: Soweit keine Einziehung verfügt wurde, hat die Kammer die Rückgabe der Objekte an diesen Verurteilten verfügt, insoweit er dies explizit, nämlich mit Eingabe vom 27. Mai 2014 unter Verwendung der Asservatenliste (pag. 156.521.26/31-42), beantragt hatte - mit Ausnahme zweier Gegenstände, welche an seine Ehefrau herauszugeben seien. Es trifft zu, wie die Bundesanwaltschaft darlegt, dass damit eine Mehrzahl von Objekten der Kategorien 2 und 3 weder zur Einziehung noch zur Rückgabe bestimmt worden sind. Diese Anordnung ist gleich wie diejenige betreffend die Gegenstände der Kategorie 1 zu vollziehen. Das Urteil ist aus den in E. 2.3 dargelegten Gründen nicht lückenhaft.

2.5 Die Bundesanwaltschaft verlangt schliesslich, dass dem Urteilsdispositiv die Beilage D zur Anklageschrift und der Antrag des Verurteilten A. vom 27. Mai 2014 beigefügt werden, weil das Urteil ohne diese Angaben unvollständig sei und nicht vollzogen werden könne.

Das Erläuterungsbegehren ist in diesem Punkte offensichtlich unbegründet: Das Urteilsdispositiv muss nur diejenigen Elemente enthalten, welche bestimmen, wie der gerichtliche Entscheid inhaltlich lautet und wie er zu vollziehen ist. Dabei kann es sich auf klar identifizierte Prozesseingaben der Parteien oder Aktenstücke, wie etwa Beschlagnahmungsprotokolle, beziehen und dadurch inhaltlich bestimmt sein; das gilt für die Anklageschrift nicht weniger als für den Antrag eines Verteidigers.

2.6 Das Erläuterungsbegehren ist nach dem Gesagten vollumfänglich abzuweisen.

3. Mit dem Entscheid wird das Begehren um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

4. Die amtlichen Kosten des Erläuterungsverfahrens trägt bei diesem Ausgang der Bund (Art. 423 , 428 Abs. 1 StPO ); die Gerichtsgebühr ist auf Fr. 1'000.-- festzusetzen.

5. Für die Entschädigung ist sinngemäss nach der Regel von Art. 429 StPO zu verfahren (Art. 379 StPO ; vgl. Schmid , Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, Art. 429 StPO N. 3). Dementsprechend ist der Bund zu verpflichten, Fürsprecher Thomas Wenger als amtlicher Verteidiger von A. für seine Aufwendungen im Erläuterungsverfahren schadlos zu halten. Ein Betrag von Fr. 250.-- (inkl. MWST) erscheint als angemessen. Eine Rückerstattungspflicht von A. entfällt (E. 4; Art. 135 Abs. 4 StPO ).

Rechtsanwalt Lorenz Hirni entstanden in diesem Verfahren keine Aufwendungen. Eine Entschädigung für die amtliche Verteidigung ist demnach nicht zuzusprechen.

6. Gegen diesen Beschluss steht die Beschwerde gemäss Art. 393 Abs. 1 lit. b StPO offen ( Stohner , a.a.O., Art. 83 StPO N. 20; Schmid , a.a.O., Art. 83 StPO N. 6).


Die Strafkammer beschliesst:

1. Die Sistierung des Verfahrens SK.2015.5 wird aufgehoben.

2. Das Erläuterungsbegehren der Bundesanwaltschaft wird abgewiesen.

3. Der Antrag der Bundesanwaltschaft auf aufschiebende Wirkung ist gegenstandslos.

4. Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- trägt die Eidgenossenschaft.

5. Fürsprecher Thomas Wenger wird für die amtliche Verteidigung von A. von der Eidgenossenschaft mit Fr. 250.-- (inkl. MWST) entschädigt.

6. Dieser Entscheid wird den Parteien zugestellt.

Im Namen der Strafkammer

des Bundesstrafgerichts

Der Vorsitzende Der Gerichtsschreiber

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen seit der Eröffnung schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts, Postfach 2720, 6501 Bellinzona, eingelegt werden (Art. 396 Abs. 1 StPO ; Art. 37 Abs. 1 StBOG).

Die amtliche Verteidigung kann gegen den Entschädigungsentscheid innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts, Postfach 2720, 6501 Bellinzona, einlegen (Art. 135 Abs. 3 lit. a und Art. 396 Abs. 1 StPO ; Art. 37 Abs. 1 StBOG ).

Mit der Beschwerde können gerügt werden: a. Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung; b. die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts; c. Unangemessenheit (Art. 393 Abs. 2 StPO).

Versand: 14. März 2016

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