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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Strafkammer
Fallnummer:SK.2015.28
Datum:07.04.2016
Leitsatz/Stichwort:Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB), versuchte Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 und 3 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB), versuchte Brandstiftung (Art. 221 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB); eventuell Herstellen, Verbergen, Weiterschaffen von Sprengstoffen und giftigen Gasen (Art. 226 Abs. 1 und 2 StGB), strafbare Vorbereitungshandlungen zu Brandstiftung (Art. 260bis Abs. 1 lit. g StGB).
Schlagwörter : Beschuldigte; Richt; Bundes; Brand; Beschuldigten; Privatkläger; Apos;; Feuer; Spreng; Sinne; Person; Recht; Rucksack; Verfahren; Sprengstoff; Konzert; Anklage; Verfahrens; Personen; Bundesanwaltschaft; Entschädigung; Verfahren; Täter; Schaden; Gericht; Gefährdung
Rechtsnorm: Art. 1 StPO ; Art. 100 BGG ; Art. 11 StGB ; Art. 11 StPO ; Art. 111 StGB ; Art. 12 StGB ; Art. 12 StPO ; Art. 122 StGB ; Art. 122 StPO ; Art. 123 StPO ; Art. 124 StPO ; Art. 126 StPO ; Art. 13 StGB ; Art. 132 StPO ; Art. 135 StPO ; Art. 14 StGB ; Art. 14 StPO ; Art. 144 StGB ; Art. 2 StGB ; Art. 2 StPO ; Art. 22 StGB ; Art. 221 StGB ; Art. 223 StGB ; Art. 224 StGB ; Art. 226 StGB ; Art. 23 StGB ; Art. 23 StPO ; Art. 26 StPO ; Art. 267 StPO ; Art. 269 StPO ; Art. 279 StPO ; Art. 3 StGB ; Art. 3 StPO ; Art. 325 StPO ; Art. 326 StPO ; Art. 33 StPO ; Art. 339 StPO ; Art. 34 StPO ; Art. 343 StPO ; Art. 393 StPO ; Art. 396 StPO ; Art. 4 O
Referenz BGE:103 IV 241; 104 IV 232; 105 IV 127; 115 II 474; 115 IV 111; 115 IV 26; 117 IV 285; 121 IV 67; 123 IV 128; 124 IV 97; 129 IV 188; 132 IV 1; 136 IV 55; 137 IV 249; 137 IV 57; 85 IV 224; ;
Kommentar:
Brehm, Berner 4. Aufl., Art. 47 OR ; Art. 49 OR, 2013
Entscheid

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: SK.2015.28

Urteil vom 7. April 2016
Strafkammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Miriam Forni, Vorsitz,

Walter Wüthrich und Sylvia Frei ,
Gerichtsschreiber Hanspeter Lukács

Parteien

Bundesanwaltschaft , vertreten durch

Martin Stupf, Staatsanwalt des Bundes,

und

als Privatklägerschaft:

1. B., vertreten durch Rechtsanwalt Marcel Bosonnet,

2. Verein C., vertreten durch D.,

gegen

A., amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Beat Luginbühl,

Gegenstand

Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht, versuchte Sachbeschädigung, versuchte Brandstiftung; eventuell Herstellen, Verbergen, Weiterschaffen von Sprengstoffen und giftigen Gasen, strafbare Vorbereitungshandlungen zu Brandstiftung.


Anträge der Bundesanwaltschaft (pag. 8.925.38) :

1. A. sei schuldig zu sprechen:

- der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB ;

- der versuchten schweren Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 und 3 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB ;

- der versuchten Brandstiftung im Sinne von Art. 221 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB ;

eventualiter:

- des Herstellens und Weiterschaffens von Sprengstoffen im Sinne von Art. 226 Abs. 1 und 2 StGB ;

- der strafbaren Vorbereitungshandlungen zu Brandstiftung (Art. 221 StGB ) im Sinne von Art. 260 bis Abs. 1 lit. g StGB .

2. A. sei zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren zu verurteilen.

3. Folgende beschlagnahmte Gegenstände seien als Beweismittel bei den Akten zu belassen: Ziff. 4.1.2 / 4.1.3 / 4.2.1 / 4.2.2 gemäss Anklageschrift.

4. Folgende beschlagnahmte Gegenstände seien einzuziehen und zu vernichten: Ziff. 4.1.1 / 4.3.1 bis 4.3.5 gemäss Anklageschrift.

5. Die Kosten des Vorverfahrens im Umfang von Fr. 21'976.60 und des erstinstanzlichen Hauptverfahrens seien A. aufzuerlegen.

6. Es sei durch das Gericht über die Entschädigung der amtlichen Verteidigung von A. zu befinden.

A. sei gestützt auf Art. 135 Abs. 4 StPO zu verpflichten, der Eidgenossenschaft für die Entschädigung der amtlichen Verteidigung Ersatz zu leisten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

7. Mit dem Vollzug des Urteils sei der Kanton Bern zu beauftragen.

Anträge der Privatklägerschaft B. (pag. 8.925.50 f.) :

1. A. sei wegen Gefährdung durch Sprengstoffe in verbrecherischer Absicht im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB , versuchtem Mord im Sinne von Art. 112 StGB , eventuell versuchter schwerer Körperverletzung im Sinne von Art. 122 i.V.m. Art. 22 StGB und versuchter schwerer Brandstiftung im Sinne von Art. 221 Abs. 2 i.V.m. Art. 22 StGB schuldig zu sprechen.

2. Er sei zu einer angemessenen Strafe zu verurteilen.

3. Er sei zur Zahlung einer Genugtuung in der Höhe von Fr. 5'000.-- zuzüglich 5% Zins seit dem 4. August 2007 zu verpflichten.

4. A. hat dem Privatkläger B. eine Entschädigung gemäss eingereichter Kostennote für die angemessene Ausübung seiner Verfahrensrechte zu bezahlen.

Anträge der Privatklägerschaft Verein C. (pag. 8.925.79) :

1. A. sei schuldig zu sprechen:

1.1 der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht zum Nachteil des Vereins C., begangen am 4. August 2007 und in der Zeit davor in Bern und Z.;

1.2 der vollendet versuchten Brandstiftung zum Nachteil des Vereins C., begangen am 4. August 2007 in Bern;

und sei dafür in Anwendung der massgeblichen gesetzlichen Bestimmung streng zu bestrafen.

2. A. sei gemäss eingereichter Zivilklage vom 10. Februar 2016 zu verurteilen, dem Verein C., Schadenersatz von Fr. 7'477.65 nebst Zins zu 5% seit dem 5. August 2007 zu bezahlen.

3. A. habe sämtliche Kosten des Verfahrens zu bezahlen.

4. A. habe dem Verein C., eine Entschädigung gemäss eingereichter Kostennote für die angemessene Ausübung seiner Verfahrensrechte zu bezahlen.

Anträge der Verteidigung (pag. 8.925.80 f.) :

1. A. sei freizusprechen von den Anschuldigungen gemäss Anklageschrift vom 15. Juni 2015, nämlich:

- der Gefährdung durch Sprengstoffe in verbrecherischer Absicht,

- der versuchten Sachbeschädigung,

- der versuchten Brandstiftung,

angeblich begangen am 4. August 2007, 23:55 Uhr, in der grossen Halle der Reitschule Bern,

eventualiter:

- des Herstellens und Weiterschaffens von Sprengstoffen und giftigen Gasen,

- der strafbaren Vorbereitungshandlungen zu Brandstiftung,

angeblich begangen am 4. August 2007, 23:55 Uhr, in der grossen Halle der Reitschule Bern,

unter Auferlegung der Verfahrenskosten auf die Eidgenossenschaft und unter Ausrichtung einer Entschädigung für die entstandenen Verteidigungskosten.

2. Die Zivilklagen der Privatkläger seien kostenfällig abzuweisen.

3. Soweit keine Entschädigung für die Verteidigungskosten zugesprochen wird, sei das Honorar des amtlichen Verteidigers zu bestimmen.

Prozessgeschichte:

A. Am 4. August 2007 fand in der grossen Halle des Kulturzentrums Reitschule an der Schützenmattstrasse 7 in Bern eine Veranstaltung, genannt Antifa-Festival, statt, die durch den Verein C. organisiert worden war. Ungefähr um 23.40 Uhr machte ein Konzertbesucher des Festivals den Sicherheitsmitarbeiter B. auf einen Rucksack aufmerksam, aus dem Gas- oder Benzingeruch ströme. In der Folge behändigte B. den Rucksack, trug ihn ins Freie und deponierte ihn vor der Reitschule auf dem Trottoir der Schützenmattstrasse, wo er sich kurz darauf entzündete. Das Feuer konnte von den Anwesenden mittels Feuerlöscher gelöscht werden. Personen oder Sachen kamen nicht zu Schaden; der Teer-Belag des Trottoirs erlitt durch das Feuer "praktisch keinen Schaden" (pag. 1-0-1 f. und 10-00-1 ff.).

B. Die Kantonspolizei Bern (nachfolgend: Kapo Bern) rückte zur Spurensicherung aus. Deren Kriminaltechnischer Dienst (nachfolgend: KTD) sicherte auf den Überresten der Brandvorrichtung einen Teilabdruck einer Handfläche (sog. Handballenabdruck) und zwei DNA-Spuren (pag. 10-00-7 ff., 10-00-88 ff.).

C. Am 5. August 2007 eröffnete das Untersuchungsrichteramt III Bern-Mittelland (nachfolgend: URA/BE) eine Voruntersuchung gegen unbekannte Täterschaft wegen vorsätzlicher Verursachung einer Explosion (Art. 223 Ziff. 1 StGB), versuchter schwerer Köperverletzung (Art. 122 StGB ) und versuchter Sachbeschädigung (Art. 144 StGB ) (pag. 01-00-1 f.). Weder ein Zeugenaufruf in den Medien durch das URA/BE noch die polizeilichen Abklärungen im Umfeld des Kulturzentrums Reitschule ergaben Hinweise auf die Täterschaft (pag. 10-00-131). Am 18. Februar 2008 stellte die Staatsanwaltschaft III Bern-Mittelland (nachfolgend: StA/BE) die Strafverfolgung ein (pag. 01-00-3). Am 7. März 2008 eröffnete das URA/BE das Strafverfahren gegen unbekannte Täterschaft wieder und dehnte es auf die Tatbestände der Widerhandlungen gegen das Sprengstoffgesetz und der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht aus (pag. 01-00-4). Das URA/BE kontaktierte die Bundesanwaltschaft diesbezüglich betreffend Klärung der sachlichen Zuständigkeit (pag. 02-01-1). Am 18. März 2008 delegierte die Bundesanwaltschaft das Verfahren, soweit unter Bundeszuständigkeit fallend, an die Strafbehörden des Kantons Bern (pag. 02-01-2). In der Folge stellte die StA/BE das Strafverfahren am 26. März 2008 erneut ein (pag. 01-00-5).

D. Am 28. Dezember 2009 stellte A. (nachfolgend: Beschuldigter) bei der Kapo Bern, Fachbereich Waffen, Sprengstoff und Gewerbe, ein Gesuch um Erteilung eines Waffenerwerbsscheines für zwei Feuerwaffen. Da der Beschuldigte in den Jahren zuvor bei der Polizei mehrfach negativ in Erscheinung getreten war (Körperverletzung, Rassismus etc.) und der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) der Kapo Bern empfohlen hatte, keine Bewilligung zu erteilen, führte letztere auf Beschluss des Regierungsstatthalteramtes Biel am 30. März 2010 am Domizil des Beschuldigten eine Hausdurchsuchung durch. Dabei wurden unter anderem mehrere Waffen, waffenähnliche Objekte, pyrotechnische Gegenstände sowie Betäubungsmittel sichergestellt. Im Rahmen dieser Zwangsmassnahme wurde der Beschuldigte erkennungsdienstlich behandelt. Beim Abgleich seines DNA-Profils mit der Datenbank des Erkennungsdienstlichen DNA-Profil Informationssystems (EDNAIS) ergab sich eine Übereinstimmung mit dem Profil einer DNA-Spur, welche von der Kapo Bern im Zusammenhang mit dem Vorfall im Kulturzentrum Reitschule vom 4. August 2007 sichergestellt worden war (pag. 10-00-90). Der KTD folgerte daraus in seinem Nachtragsbericht vom 21. April 2010 zum Spurenbericht vom 11. September 2007, dass der Beschuldigte mit dem betreffenden Spurenträger in Berührung gekommen sein muss (pag. 10-00-23 ff.).

E. Am 6. Mai 2010 eröffnete das URA/BE eine Voruntersuchung gegen den Beschuldigten und unbekannte Täterschaft wegen vorsätzlicher Verursachung einer Explosion (Art. 223 Ziff. 1 StGB ), evtl. Gefährdung des Lebens (Art. 129 StGB ), Brandstiftung (Art. 221 Abs. 2 , evtl. Abs. 1 StGB ), versuchter schwerer Körperverletzung (Art. 122 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB ) und versuchter Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 StGB ). Am 7. Juli 2010 dehnte sie das Verfahren auf die Tatbestände der Widerhandlungen gegen das Waffengesetz (Art. 33 Abs. 1 lit. a WG ), das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Ziff. 1 BetmG ) und das Sprengstoffgesetz (Art. 37 f . SprstG ) aus (pag. 01-00-6 f.). Am 30. Januar 2012 dehnte die nunmehr zuständige StA/BE dieses auf den Tatbestand der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 StGB ) aus (pag. 01-00-8).

F. Mit Verfügung vom 10. Februar 2012 hob die Bundesanwaltschaft wegen möglicherweise politisch motivierter Delinquenz ihre Verfahrensdelegation an die bernischen Strafbehörden vom 18. März 2008 auf und eröffnete gegen den Beschuldigten ein eigenes Vorverfahren, unter Einbezug (Vereinigung) des bisher in kantonaler Kompetenz gegen denselben geführten Verfahrens (pag. 01-00-9 ff.).

G. Am 22. November 2010 ordnete das URA/BE eine Telefonkontrolle auf eine Mobiltelefon- und IMEI-Nummer des Beschuldigten, sowie eine auf sechs Monate rückwirkende Teilnehmeridentifikation an (pag. 09-00-4 ff.). Die laufende Telefonkontrolle dauerte bis am 21. Dezember 2010 (pag. 09-00-42 ff.).

H. Der Beschuldigte liess durch seinen Verteidiger am 31. Januar 2011 bei der StA/BE Schutzmassnahmen gemäss Art. 149 StPO , insbesondere Zusicherung von Anonymität, beantragen (pag. 19-00-1 ff.). Die StA/BE und auf Beschwerde hin das Obergericht des Kantons Bern lehnten diesen Antrag ab (pag. 9-00-8 ff.; 21-00-63 ff.).

I. Mit Verfügung vom 14. Dezember 2010 ernannte das URA/BE Rechtsanwalt Beat Luginbühl zum amtlichen Verteidiger des Beschuldigten; am 10. April 2012 widerrief sie das Mandat per 9. Februar 2012 infolge Verfahrensübernahme durch die Bundesanwaltschaft (pag. 16-00-1 ff., ...-20 f.). Die Bundesanwaltschaft setzte den gleichen Rechtsanwalt mit Verfügung vom 5. April 2012 rückwirkend per 10. Februar 2012 als amtlichen Verteidiger des Beschuldigten ein (pag. 16-00-18). Am 23. Januar 2013 gewährte sie dem Verteidiger umfassende Akteneinsicht, mithin auch in die Akten betreffend Anordnung der Telefonüberwachung (pag. 20-00-1 ff.).

J. Der Verein C., vertreten durch Rechtsbeistand MLaw D., konstituierte sich mit Strafanzeige vom 16. August 2007 gegen Unbekannt als Privatkläger (Privatkläger 2) im Straf- und Zivilpunkt (pag. 05-00-1).

K. B., vertreten durch Rechtsbeistand MLaw D., konstituierte sich mit Schreiben vom 27. Februar 2013 als Privatkläger (Privatkläger 1) im Straf- und Zivilpunkt (pag. 15-06-1 ff.). Ab 2. November 2014 liess er sich durch Rechtsanwalt Marcel Bosonnet vertreten (pag. 15-06-6). Dieser erhielt am 5. November 2014 umfassende Akteneinsicht (pag. 15-06-8).

L. Mit Schreiben vom 14. Januar 2013 und 16. Januar 2013 kündigte die Bundesanwaltschaft dem Beschuldigten sowie dem Verein C. den bevorstehenden Abschluss der Untersuchung an. Sie stellte darin in Aussicht, den Sachverhaltsteil "Sprengstoff-Vorfall in der Reithalle Bern vom 4.8.2007" einzustellen (pag. 16-00-24 f.; 15-01-18 f.).

M. Am 14. Oktober 2013 erliess die Bundesanwaltschaft gegen den Beschuldigten einen rechtskräftig gewordenen Strafbefehl wegen Widerhandlungen gegen das Waffen- und das Betäubungsmittelgesetz (Ziff. 1), bestrafte ihn mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je Fr. 70.--, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von 3 Jahren (Ziff. 2), und einer Busse von Fr. 400.-- (Ziff. 3), auferlegte ihm die Verfahrenskosten von Fr. 600.-- (Ziff. 7) und verfügte über die beschlagnahmten Waffen und Betäubungsmittel (Ziff. 5 und 6; pag. 03-00-10 ff.). Mit Berichtigung vom 11. März 2014 fasste die Bundesanwaltschaft Ziff. 4 des Strafbefehls neu wie folgt: "Die ausgefällte Strafe gilt als Zusatzstrafe zum Urteil vom 17. Mai 2010 der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn und die vom Gerichtskreis III Aarberg-Büren-Erlach am 22. März 2010 ausgefällte bedingte Geldstrafe wird nicht widerrufen, jedoch die Probezeit um ein Jahr verlängert" (pag. 03-00-37).

N. Mit Verfügung vom 3. Januar 2014 stellte die Bundesanwaltschaft die Strafuntersuchung gegen den Beschuldigten wegen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB ), Verursachung einer Explosion (Art. 223 StGB ), evtl. Gefährdung des Lebens (Art. 129 StGB ), Brandstiftung (Art. 221 Abs. 2 , evtl. Abs. 1 StGB ), versuchter schwerer Körperverletzung (Art. 122 i.V.m Art. 22 Abs. 1 StGB ), versuchter Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 und 3 StGB ) und Widerhandlungen gegen das Sprengstoffgesetz (Art. 37 SprstG ) ein (pag. 03-00-20 ff.). Die von den Privatklägern erhobenen Beschwerden hiess die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts mit Beschluss vom 12. August 2014 ( BB.2014.8 -9) gut, soweit sie auf sie eintrat, und verpflichtete die Bundesanwaltschaft, das Verfahren gegen den Beschuldigten wegen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 StGB ), Verursachung einer Explosion (Art. 223 Abs. 1 StGB ), evtl. Gefährdung des Lebens (Art. 129 StGB ), Brandstiftung (Art. 221 Abs. 2 , evtl. Abs. 1 StGB ), versuchter schwerer Körperverletzung (Art. 122 i.V.m Art. 22 Abs. 1 StGB ) und versuchter Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 StGB ) weiterzuführen (pag. 21-00-137 ff.).

O. Die Bundesanwaltschaft nahm weitere Ermittlungshandlungen vor, ordnete zusätzliche erkennungsdienstliche Untersuchungen an (pag. 10-00-159 ff. und 10-00-167), nahm eine Schlusseinvernahme mit dem Beschuldigten vor und dehnte das Verfahren gegen den Beschuldigten auf die Tatbestände des Herstellens, Verbergens, Weiterschaffens von Sprengstoffen und giftigen Gasen (Art. 226 StGB ) und der strafbaren Vorbereitungshandlungen zu Brandstiftung (Art. 260 bis Abs. 1 lit. g StGB ) aus (pag. 01-00-13 f.). Dabei vereinigte sie auch Letzteres in der Hand der Bundesbehörden (pag. 01-00-15).

P. Am 15. Juni 2015 erhob die Bundesanwaltschaft gegen den Beschuldigten Anklage beim Bundesstrafgericht wegen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB ), versuchter Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 und 3 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB ), versuchter Brandstiftung (Art. 221 Abs. 1 und 2 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB), eventuell wegen Herstellens, Verbergens, Weiterschaffens von Sprengstoffen und giftigen Gasen (Art. 226 Abs. 1 und 2 StGB) und strafbaren Vorbereitungshandlungen zu Brandstiftung (Art. 260 bis Abs. 1 lit. g StGB ) (pag. 8-100-1 ff.).

Q. Die Verfahrensleitung der Strafkammer erteilte am 31. Juli 2015 einem Experten beim Wissenschaftlichen Forschungsdienst der Stadtpolizei Zürich (nachfolgend: WFD) einen Gutachtensauftrag, welcher insbesondere die Prüfung der Materialzusammenstellung der sichergestellten Überreste der abgebrannten Brandvorrichtung vom 4. August 2007 zum Gegenstand hatte (pag. 8-300-1). Das Gutachten wurde am 2. Oktober 2015 erstattet (pag. 8-661-2 ff.) und den Parteien zur Stellungnahme zugestellt (pag. 8-300-2).

R. Die Hauptverhandlung fand am 17. Februar 2016 in Anwesenheit der Parteien am Sitz des Gerichts statt. Die mündliche Urteilseröffnung erfolgte am 7. April 2016.


Die Strafkammer erwägt:

1. Zuständigkeit

Das Gericht prüft seine Zuständigkeit von Amtes wegen. Die Anklage lautet unter anderem auf Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 StGB ), evtl. Herstellen, Verbergen, Weiterschaffen von Sprengstoffen und giftigen Gasen (Art. 226 StGB ) . Sowohl gemäss Art. 35 Abs. 1 StBOG i.V.m. Art. 23 Abs. 1 lit. d StPO wie auch gemäss Art. 449 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 336 Abs. 1 lit. d aStGB unterstehen der Bundesgerichtsbarkeit die Verbrechen und Vergehen der Art. 224 -226 ter StGB ; die obgenannten Delikte fallen somit in die Zuständigkeit des Bundes. Für die Verfolgung der weiteren angeklagten Delikte (versuchte Sachbeschädigung [Art. 144 i.V.m. Art. 22 StGB ], versuchte Brandstiftung [Art. 221 i.V.m. Art. 22 StGB ], strafbare Vorbereitungshandlungen zu Brandstiftung [Art. 260 bis Abs. 1 lit. g i.V.m. Art. 221 StGB]) sind die Kantone zuständig (Art. 22 StPO bzw. Art. 338 aStGB ). Ist in einer Strafsache sowohl Bundes- als auch kantonale Zuständigkeit gegeben, kann der Staatsanwalt des Bundes die Vereinigung der Verfahren in der Hand der Bundesbehörden oder der kantonalen Behörden anordnen (Art. 26 Abs. 2 StPO ). Die Bundesanwaltschaft hat die Verfahren, welche Anklagepunkte kantonaler Zuständigkeit betreffen, mit Verfügungen vom 10. Februar 2012 und 2. Juni 2015 in Anwendung von Art. 26 Abs. 2 StPO mit dem in ihre genuine Zuständigkeit fallenden Verfahren vereinigt (Prozessgeschichte Bst. F und O). Die Zuständigkeit des Bundesstrafgerichts für die Beurteilung aller Anklagepunkte ist demnach gegeben.

2. Prozessuales

2.1. Die Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (StPO; SR 312.0) trat am 1. Januar 2011 in Kraft und gelangt ohne weiteres zur Anwendung (Art. 1 Abs. 1 StPO ). Das vorliegende Strafverfahren wurde am 5. August 2007 bei der Kapo Bern anhängig gemacht; es ist bis zum Inkrafttreten der StPO von den bernischen Strafbehörden geführt worden bzw. wurde von der Bundesanwaltschaft teilweise an diese delegiert. Das Vorverfahren wurde mithin bis Ende 2010 unter dem alten Verfahrensrecht (kantonales Prozessrecht bzw. Bundesgesetz vom 15. Juni 1934 über die Bundesstrafrechtspflege [Bundesstrafprozessordnung, BStP]) geführt. Gemäss Art. 448 Abs. 1 StPO werden Verfahren, die am 1. Januar 2011 hängig sind, nach dem neuen Prozessrecht fortgeführt, soweit nichts anderes vorgesehen ist. Gemäss Art. 448 Abs. 2 StPO behalten die unter Geltung der Bundesstrafprozessordnung bzw. der Strafprozessordnung des Kantons Bern angeordneten und durchgeführten Verfahrenshandlungen ihre Gültigkeit.

2.2. Die Strafkammer hat im Hauptverfahren ein eingeschränktes Beweisverfahren durchgeführt; sie hat neue Beweise und im Vorverfahren erhobene Beweise teilweise nochmals erhoben (Art. 343 Abs. 1 und 3 StPO ). Insbesondere hat sie ein wissenschaftliches Gutachten beim WFD eingeholt (Prozessgeschichte Bst. Q) und beim Vorfall in der Reitschule vom 4. August 2007 anwesende Personen (B. und E.) in der Hauptverhandlung nochmals einvernommen. Sodann hat sie Abklärungen zu den persönlichen und finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten vorgenommen und Akten von Vorstrafen beigezogen.

Die Verwertbarkeit der Ergebnisse der Telefonüberwachung (Prozessgeschichte Bst. G) ist gegeben. Letztere wurde unter altem Recht angeordnet und durchgeführt, gemäss dem Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs vom 6. Oktober 2000 (BÜPF, SR 780.1); im heutigen Recht finden sich die entsprechenden Regeln in Art. 269 -279 StPO , welche Art. 3 -10 BÜPF ablösten (vgl. AS 2010 1881 , 2049 ). Gemäss Art. 10 Abs. 2 aBÜPF teilt die anordnende Behörde spätestens vor Abschluss der Strafuntersuchung oder der Einstellung des Verfahrens Grund, Art und Dauer der Überwachung den verdächtigten Personen sowie den Personen, deren Postadresse oder Fernmeldeanschluss überwacht worden ist, mit. Im heutigen Recht richtet sich die Mitteilung an die überwachte beschuldigte Person und überwachte Drittpersonen nach Art. 279 Abs. 1 StPO , das Beschwerderecht nach Art. 393 ff . StPO . Die Mitteilung der Überwachung an den Beschuldigten erfolgte vorliegend in der delegierten Einvernahme durch die Kapo Bern vom 25. Januar 2011 (pag. 13-01-59 ff., ...-65). Auch in der Schlusseinvernahme vom 20. November 2014 wurde der Beschuldigte nochmals über die Telefonüberwachung unterrichtet (pag. 13-01-136).

Nach dem Gesagten sind die unter dem alten Prozessrecht erhobenen Beweise ohne weiteres verwertbar. Einwendungen gegen die Verwertbarkeit der im Vorverfahren unter altem oder neuem Recht oder der von der Strafkammer erhobenen Beweise wurden von den Parteien nicht erhoben.

2.3. Die Privatkläger haben in der Hauptverhandlung Vorfragen bezüglich der rechtlichen Würdigung der Anklage durch das Gericht aufgeworfen, der Privatkläger 1 dahingehend, dass der angeklagte Sachverhalt auch unter dem Tatbestand des versuchten Mordes (Art. 112 StGB ), eventuell der versuchten schweren Körperverletzung (Art. 122 StGB ) zu prüfen sei, der Privatkläger 2 dahingehend, dass der eventualiter angeklagte Sachverhalt (Anklageschrift Ziff. 1.2) auch unter sämtlichen Tatbeständen gemäss Hauptanklage (Anklageschrift Ziff. 1.1) zu prüfen sei, und zwar hinsichtlich einer Mittäterschaft des Beschuldigten, eventuell als Teilnahme im Sinne der Gehilfenschaft (Art. 25 StGB ), jeweils begangen zusammen mit einem oder mehreren unbekannten Tätern (HV-Protokoll [pag. 8-920-1 ff.] S. 3 f.).

Gemäss Art. 339 Abs. 2 StPO können das Gericht und die Parteien - nach der Eröffnung der Hauptverhandlung (Art. 339 Abs. 1 StPO ) - Vorfragen aufwerfen (Art. 339 Abs. 2 StPO ). Das Gericht entscheidet unverzüglich über die Vorfragen, nachdem es den anwesenden Parteien das rechtliche Gehör gewährt hat (Art. 339 Abs. 3 StPO ). Die Auflistung der zulässigen Vorfragethemen im Gesetz (Art. 339 Abs. 2 lit. a -f StPO ) ist nicht abschliessend; indessen können nur formelle Einwendungen zum Gegenstand einer Vorfrage gemacht werden ( Hauri/Venetz , Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 339 StPO N. 10). Die Eröffnung einer möglichen abweichenden rechtlichen Würdigung durch das Gericht im Sinne von Art. 344 StPO betrifft eine materielle Frage, keine formelle. Sie stellt deshalb keine Vorfrage dar, weil darüber nicht unverzüglich, sondern erst im Endentscheid zu befinden ist ( Hauri/Venetz , a.a.O., Art. 339 StPO N. 9). Die Strafkammer trat aus diesem Grund auf die von den Privatklägern aufgeworfenen Vorfragen betreffend rechtliche Würdigung nicht ein (HV-Protokoll [pag. 8-920-1 ff.] S. 5).

3. Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB ); versuchte Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 und 3 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB ); versuchte Brandstiftung (Art. 221 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB ) (Anklageschrift Ziff. 1.1)

3.1. Der Beschuldigte wurde im Frühling 2007 18 Jahre alt. Die angeklagten strafbaren Handlungen soll er in der Zeit vor dem 4. August 2007" sowie am 4. August 2007 vor 23:55 Uhr" begangen haben (Anklageschrift S. 2). Wie sich im Folgenden ergibt, sind einzig die gemäss Anklage am 4. August 2007 begangenen Handlungen im Sinne der angeklagten Straftatbestände strafrechtlich relevant. Es findet daher nicht das Jugendstrafgesetz vom 20. Juni 2003 (JStG) Anwendung, sondern das Schweizerische Strafgesetzbuch (Art. 9 Abs. 2 StGB ).

3.2. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Beschuldigten in Ziff. 1.1 der Anklageschrift zusammengefasst vor, er habe in der Zeit vor dem 4. August 2007 an seinem Domizil in Z. mit den nachgenannten Komponenten eine funktionstüchtige, sogenannte "unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung" (nachfolgend: USBV) hergestellt:

- drei 1,5-Liter PET-Flaschen mit Drehverschluss, gefüllt mit Treibstoffbenzin

- ein Reisewecker, Marke Junghans Mega

- eine 9-VoIt-Batterie, Marke MPower Alkaline

- ein Batterieclip für 9-VoIt-Batterie mit rot und schwarz isolierter Litze

- ein Elektronikbauteil (bestehend aus Platine 27 x 15 mm, Widerstand 1 k , Transistor MPS" 222A 412, Gehäusetyp To 92)

- rot und rot-schwarz isolierte Litzen, Durchmesser 1,3 mm

- ein Brennzünder, Hersteller Davey Bickford, orangefarbene Drähte

- ein graues Kunststoffrohr mit ca. 110 mm Durchmesser

- zwei graue Kunststoffdeckel

- ein pyrotechnischer Satz bzw. eine Mischung von pyrotechnischen Sätzen im Inneren des Kunststoffrohres (Sulfat, Chlorid, Kalium, Thiosulfat, Thiocyanat, Nitrit, Nitrat und Chlorat)

- fünf Petard Pirat Cracker

- schwarzes und weisses Kunststoffklebeband

- sechs Holz-Senkkopfschrauben mit Kreuzschlitz

Diese USBV habe der Beschuldigte am 4. August 2007 vor 23:55 Uhr, während des Antifa-Festivals, in einem Rucksack in der grossen Halle (Konzerthalle) der Reitschule Bern vor dem Mischpult (Musikanlage) deponiert und mit einem Wecker, der als Zeitzündung gedient habe, scharf gemacht. Die Komponenten dieser USBV hätten ausgereicht, um in der grossen HaIIe der Reitschule Bern eine Feuersbrunst zu verursachen. Gegen 23:45 Uhr, beim Auftritt der Hauptband, hätten sich zwischen 1'000 und 1'500 Personen in der grossen Halle aufgehalten. Der Sicherheitsmitarbeiter B. habe, nachdem er von einem Konzertbesucher auf den Rucksack aufmerksam gemacht worden sei, diesen ins Freie gebracht, dort dessen Reissverschluss geöffnet und die drei zusammengeklebten PET-Flaschen, einen grauen Kunststoffdeckel und dünne Drähte festgestellt. Nachdem B. sich vom Rucksack entfernt habe, um einen Feuerlöscher herbeizubringen, habe sich die USBV plötzlich entzündet. Gemäss dem dabei anwesenden Sicherheitsmitarbeiter E. habe es einen dumpfen, lauten Knall und eine ca. 5 m hohe Flamme gegeben; B. habe bei seiner Rückkehr einen ca. 3,5 bis 4 m hohen und ca. 3 m breiten Feuerball wahrgenommen.

Laut Anklage hat der Beschuldigte dabei "vorsätzlich und in verbrecherischer Absicht Leib und Leben von Menschen sowie fremdes Eigentum in Gefahr gebracht und mithin versucht, eine Feuersbrunst zu verursachen" (Anklageschrift S. 2), bzw. handelte er "wissentlich und willentlich sowie in der verbrecherischen Absicht [...], die Konzertbesucher an Leib und Leben zu schädigen und gleichzeitig eine Feuersbrunst sowie einen grossen Sachschaden am Mischpult/Musikanlage zu verursachen bzw. [nahm] dies zumindest in Kauf" (Anklageschrift S. 4).

3.3. Der Beschuldigte verweigerte im Vorverfahren zumeist die Aussage zu Fragen und Vorhalten und bestritt eine Täterschaft oder Tatbeteiligung (pag. 13-01-52 ff.). Auch in der Hauptverhandlung bestritt er sinngemäss eine Täterschaft oder Tatbeteiligung und verweigerte weitgehend Aussagen zur Sache. Auf die Frage des Gerichts, wo er am Abend des 4. August 2007 gewesen sei, antwortete er, das wüsste er nicht mehr. Er erklärte, von einer Bekannten über den Vorfall in der Reithalle "ziemlich unmittelbar danach", möglicherweise in der Tatnacht, per SMS benachrichtigt worden zu sein (EV-Protokoll [pag. 8-930-1 ff.] S. 7-9).

3.4. Die Ermittlungen führten Folgendes zu Tage:

3.4.1. Die Stadtpolizei Bern wurde am 4. August 2007 um 23:52 Uhr telefonisch durch E., Verantwortlicher des Sicherheitsdienstes am Antifa-Festival, alarmiert. Dieser meldete, dass in der Konzerthalle der Reitschule ein Rucksack aufgefunden worden sei, aus welchem Gasgeruch wahrnehmbar sei. Im Rucksack seien zudem Drähte ersichtlich. Den ausgerückten Polizisten zeigte E. einen verkohlten Rucksack auf dem Trottoir vor der Reithalle. Die Polizei sperrte die nähere Umgebung (Trottoir und linke Fahrspur der Schützenmattstrasse) ab, zog das Dezernat Brände und Explosionen (nachfolgend: BEX) der Kapo Bern zu und befragte vor Ort u.a. B.. Darüber erstellte sie am 6. August 2007 einen Bericht (pag. 10-00-1 ff.). Die Kapo Bern, BEX, erstellte Aufnahmen des Brandorts (vor der Reitschule) und des Fundorts des Rucksacks in der Konzerthalle. Am Brandort fand sie abgebrannte Fragmente, welche sie als von einer USBV herrührend bezeichnete. Die Asservate wurden dem Institut für Rechtsmedizin Bern (zur Auswertung des Brandbeschleunigers) und dem KTD der Kapo Bern (zur Auswertung der Fingerabdrücke und DNA) übergeben. Später wurden die Asservate dem WFD der Stadtpolizei Zürich übergeben (zur Untersuchung des sichergestellten Materials) (pag. 10-00-11 ff., 10-00-18).

3.4.2. Gemäss Bericht des WFD der Stadtpolizei Zürich vom 22. Juni 2010 konnte anhand des sichergestellten Materials der genaue Aufbau der Vorrichtung nicht mehr bestimmt werden; es wurde aber vermutet, dass es sich um eine kombinierte Spreng-/Brandvorrichtung gehandelt habe. Diese bestand aus drei 1,5 Liter PET-Flaschen mit Treibstoffbenzin. Im Rucksack stellte der WFD ausser den PET-Flaschen ein graues Kunststoffrohr mit einem Durchmesser von vermutlich 110 mm fest. Dieses war auf beiden Seiten mit handelsüblichen Kunststoffdeckeln verschlossen, die zusätzlich mit je drei Holz-Senkkopfschrauben fixiert waren. Die Länge des Rohres war nicht mehr bestimmbar, ebenso wenig sein genauer Inhalt. Aufgrund der Analyseresultate ging der WFD davon aus, dass sich ein pyrotechnischer Satz oder eine Mischung von pyrotechnischen Sätzen im Rohr befunden haben dürfte. Weiter stellte er fest, dass durch eine kleine Bohrung an einem der beiden Deckel ein Brennzünder mit zwei orange isolierten Drähten ins Rohrinnere führte, wobei der Anzünder an ein Zeitverzögerungssystem angeschlossen gewesen sein dürfte, bestehend aus einem Wecker, einer 9 Volt-Batterie und einer kleinen, selbstgefertigten Elektronik. Die elektrischen Verbindungen bestanden aus unterschiedlichen Draht- oder Litzenverbindungen. Die Vorrichtung dürfte mit Kunststoffklebeband zusammengehalten worden sein. Im Spurenmaterial befanden sich fünf Stück Petard Pirat Cracker, die zum Teil starke Brandschäden aufwiesen. Die Abbrandrückstände am Kunststoffrohr wiesen hohe Konzentrationen von Sulfat, Chlorid und Kalium und kleinere Konzentrationen von Thiosulfat, Thiocyanat, Nitrit, Nitrat und Chlorat auf (pag. 11-00-22).

3.4.3. Dem Gutachten des WFD vom 2. Oktober 2015 ist zu entnehmen, dass es sich beim Petard Pirat Cracker um einen pyrotechnischen Gegenstand mit mindestens einem Zünd- und Explosivsatz handelt. Die chemisch-analytischen Untersuchungen der Abbrandrückstände aus dem Kunststoffrohr und den Kunststoffdeckeln lassen annehmen, dass sich im (durch die Kunststoffdeckel verschlossenen) Rohr ein pyrotechnischer Satz oder eine Mischung von pyrotechnischen Sätzen befand, da typische Abbrandrückstände (Sulfat, Chlorid, Kalium, Thiosulfat, Thiocyanat, Nitrit, Nitrat und Chlorat) nachgewiesen worden sind. Bei keiner der sichergestellten und untersuchten Komponenten handelt es sich indessen um Sprengstoff bzw. einen einheitlichen Stoff, eine Mischung, einen Initialsprengstoff oder eine Sprengschnur gemäss Art. 2 SprstV (pag. 8-661-5 f.).

3.4.4. In der Befragung durch die Stadtpolizei Bern vom 13. August 2007 führte B. aus, dass beim Auffinden des Rucksackes die erste Hauptband gespielt und sich mehr als 1'000 Leute in der grossen Halle aufgehalten hätten. Die Lichtverhältnisse seien eher schlecht, jedoch die Bühne beleuchtet gewesen. Gegen Mitternacht, während des Auftritts der Hauptband, habe ihn ein Konzertbesucher auf einen in der Halle vor dem Mischpult am Boden stehenden Rucksack aufmerksam gemacht, aus dem Benzin oder etwas ähnliches auslaufen würde. Der Rucksack sei an die Absperrung zum Mischpult angelehnt und im oberen Bereich nass gewesen. Es habe "nach Tankstelle" gerochen. Daher habe er angenommen, dass es sich um einen versteckten Benzinkanister oder um einen Molotowcocktail handle. Er habe den Rucksack stehen lassen und sei ins Büro gegangen, wo er E. über seine Beobachtung informiert habe. Jener sei mit weiteren Sicherheitsleuten zum Rucksack gekommen. Er (B.) habe dann den Rucksack, weil er ihn nicht in der Halle habe öffnen wollen, am Tragriemen genommen und via Notausgang zum Trottoir der Schützenmattstrasse gebracht. Dort habe er den Reiss­ver­schluss des Rucksacks geöffnet und drei mittels Klebeband zusammengeklebte 1,5 Liter PET-Flaschen sowie daneben einen grauen Kunststoffdeckel mit dünnen Drähten festgestellt. Weitere Manipulationen am Rucksack habe er nicht getätigt. Als E. das gesehen habe, habe dieser gesagt: "Scheisse Drähte, geh weg!", oder ähnlich. Sie seien wahrscheinlich zu dritt auf dem Trottoir gestanden und die Türe des Notausgangs sei wieder geschlossen gewesen. E. habe die Polizei anrufen wollen; er (B.) sei via einen anderen Ausgang in die Halle gegangen, um im Büro vorsorglich einen Feuerlöscher zu holen. Gleichzeitig habe er mehrere Leute des Organisationskomitees des Festivals orientiert. Als er auf gleichem Weg zum Trottoir zurückgekommen sei, habe er einen ca. 3-4 Meter hohen Feuerball aus dem Rucksack austreten sehen. Im Bereich des Notausgangs habe es dann gebrannt. Diesen Brand habe er mit dem Feuerlöscher problemlos löschen können. Auch auf der Strasse habe es punktuelle Brandstellen gehabt; diese seien von selbst rasch erloschen. Den brennenden Rucksack habe er mit seinem Feuerlöscher nicht löschen können. Jemand habe dann einen anderen, geeigneten Feuerlöscher gebracht, und der Brand habe ganz gelöscht werden können. Nach dem Löschen sei auf dem Boden eine kreisförmige Spur bis in die Strassenmitte sichtbar gewesen. Einen grauen Deckel habe er ca. 5 Meter vom Rucksack entfernt gefunden (pag. 12-01-1 ff.).

In der Hauptverhandlung als Auskunftsperson befragt, bestätigte B. diese Aussagen im Wesentlichen (pag. 8-930-17 ff. [EV-Protokoll B.]). B. sagte vor Gericht ausserdem aus, die Markierung mit dem Buchstaben D auf dem Bild in pag. 10-11-14 entspreche dem Fundort des Rucksacks in der Halle (EV-Protokoll B. [pag. 8-930-17 ff.] S. 2). Während des Auftritts der Band seien die Leute hinter dem Mischpult gestanden und der ganze vordere Bereich sei mit Besuchern gefüllt gewesen (EV-Protokoll B. [pag. 8-930-17 ff.] S. 2).

3.4.5. E. wurde am 21. August 2007 durch die Stadtpolizei Bern befragt. Er sagte aus, dass verschiedene Personen des Organisationskomitees des Festivals vor dem Konzert einen eigenartigen Geruch wahrgenommen hätten. Gegen 23:45 Uhr habe man ihm mitgeteilt, dass man nun wisse, woher dieser Geruch stamme; B. sei auf einen vor dem Mischpult stehenden Rucksack aufmerksam gemacht worden. Es habe stark nach Benzin gerochen. Er habe gedacht, dass jemand Benzin oder Molotowcocktails dort deponiert hatte. Er habe die Anwesenden angewiesen, den Rucksack nach draussen zu bringen; B. habe dies ausgeführt. Draussen hätten entweder er oder B. den Rucksack geöffnet. In dessen Innerem habe er drei PET-Flaschen, einen grauen Deckel und Drähte gesehen; an den Flaschen habe sich Klebeband befunden. Er habe zu den anderen gesagt, dass Benzin und Drähte nicht lustig seien. Dann habe er die Polizei angerufen. B. sei einen Feuerlöscher holen gegangen. Plötzlich habe es einen dumpfen, lauten Knall gegeben und der Rucksack sei in Flammen aufgegangen. Es habe eine Stichflamme gegeben. Die Flammen seien sehr hoch, ca. 4-5 m, und breit gewesen; sie hätten einen Kegel nach oben geformt und es habe auch zur Seite hinaus gefeuert. Die Flammen hätten bis zur Fluchttüre und zur Mitte der doppelspurigen Strasse hinaus gereicht. Nach dem Brand habe der graue Deckel 4-5 m vom Rucksack entfernt auf der Strasse gelegen. Im Zeitpunkt des Auffindens des Rucksacks hätten sich ca. 1'500 Personen in der grossen Halle aufgehalten. Die Hauptband des Abends habe gerade gespielt. In der Halle sei es dunkel, jedoch sei die Hauptbühne beleuchtet gewesen (pag. 12-02-1 ff.).

In der Hauptverhandlung als Zeuge befragt, bestätigte E. diese Aussagen im Wesentlichen (pag. 8-930-11 ff. [EV-Protokoll E.]). E. sagte vor Gericht ausserdem aus, die Markierung mit dem Buchstaben D auf dem Bild in pag. 10-11-14 entspreche dem Fundort des Rucksacks in der Halle (EV-Protokoll E. [pag. 8-930-11 ff.] S. 2). Die Konzertbesucher seien in der ganzen Halle verteilt gewesen, die besten Plätze hätten sich in der Mitte der Halle beim Mischpult befunden (EV-Protokoll E. [pag. 8-930-11 ff.] S. 2). Einige Leute seien angelehnt vor bzw. an der Abschrankung zum Mischpult gestanden (EV-Protokoll E. [pag. 8-930-11 ff.] S. 4). Im inneren, abgesperrten Bereich des Mischpults/Musikanlage hätten sich mehrere Techniker für Licht und Ton aufgehalten (EV-Protokoll E. pag. 8-930-14 f.). Die Situation auf den zwei Fotografien, welche der Privatkläger 2 vor Gericht eingereicht habe (pag. 8-925-6 f.) und ein anderes Konzert beträfen, würde jener vom 4. August 2007 gleichen (EV-Protokoll E. [pag. 8-930-11 ff.] S. 4). Nachdem sich der Rucksack entzündet gehabt habe, sei beschlossen worden, den Anlass abzubrechen. Er (E.) sei in die Halle gegangen und habe den Leuten gesagt, dass sie den Raum verlassen sollen (EV-Protokoll E. [pag. 8-930-11 ff.] S. 2).

3.5. Die Aussagen von B. und E. stimmen in allen wesentlichen Punkten überein und erscheinen glaubhaft. Sie decken sich mit den Ergebnissen der etwa eine Stunde nach dem Vorfall vorgenommenen kriminalpolizeilichen Spurensicherung und den weiteren Ermittlungshandlungen (pag. 10-00-1 ff.; ...-11 ff.; ...-16 ff.). Die in der Anklageschrift im Hauptanklagepunkt dargestellten örtlichen Verhältnisse und der äussere Ablauf der Geschehnisse am Abend des 4. August 2007 in und vor der grossen Halle der Reitschule können damit als erwiesen gelten.

Zu prüfen ist im Folgenden, ob der Beschuldigte im Sinne der Anklage darin involviert war, und welchen oder welche Tatbestände er gegebenenfalls erfüllt hat.

4. Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB )

4.1. Nach Art. 224 Abs. 1 StGB ist strafbar, wer vorsätzlich und in verbrecherischer Absicht durch Sprengstoffe oder giftige Gase Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt. Die in diesem Tatbestand genannten Sprengstoffe werden in Art. 5 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 25. März 1977 über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz, SprstG ; SR 941.41) definiert als einheitliche chemische Verbindungen oder Gemische solcher Verbindungen, die durch Zündung, mechanische Einwirkung oder auf andere Weise zur Explosion gebracht werden können und die wegen ihrer zerstörenden Kraft, sei es in freier oder verdämmter Ladung, schon in verhältnismässig geringer Menge gefährlich sind". Darunter fallen Stoffe gemäss Art. 2 SprstV . Nicht unter den Sprengstoffbegriff fallen Molotow-Cocktails (Brandwurfkörper) und Stoffe gemäss Art. 5 Abs. 2 lit. a (explosionsfähige Gase, Dämpfe von flüssigen Brennstoffen sowie andere Stoffe, die erst nach einer Vermischung mit Luft explodieren), lit. b (bei der Herstellung chemischer Produkte verwendete Hilfsstoffe oder entstehende Zwischenerzeugnisse, die explosionsgefährlich sind, aber diese Eigenschaft vor Abschluss des Produktionsverfahrens verlieren) und lit c. (explosionsfähige Erzeugnisse und Präparate, die nicht zu Sprengzwecken hergestellt und in den Handel gebracht werden). Die Definition gemäss Art. 5 Abs. 1 SprstG gilt auch für die Art. 224 bis 226 StGB , wobei das Merkmal der zerstörerischen Kraft entscheidend ist (BGE 104 IV 232 E. Ia; 103 IV 241 E. I.1; Trechsel/Fingerhuth , Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, Art. 224 StGB N. 2; Roelli/Fleischanderl , Basler Kommentar, 3. Aufl., Basel 2013, Art. 224 StGB N. 4). Art. 224 StGB setzt voraus, dass der Täter durch Sprengstoffe oder giftige Gase Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in konkrete Gefahr bringt (vgl. BGE 115 IV 111 E. 3b). Die Gefahr muss nicht einer Mehrzahl von Personen oder Sachen von grosser Substanz gelten; es genügt die gezielte Gefährdung eines bestimmten Menschen oder einer bestimmten fremden Sache (BGE 103 IV 241 , 243 E. I.1; 115 IV 113 ; Corboz , Les infractions en droit suisse, Volume II, 3. Aufl., Bern 2010, Art. 224 StGB N. 12). Deshalb erfüllt bereits der taugliche Versuch eines Sprengstoffattentats den Tatbestand von Art. 224 StGB ( Roelli/Fleischanderl , a.a.O., Art. 224 StGB N. 7).

Der subjektive Tatbestand erfordert zunächst Gefährdungsvorsatz. Dieser liegt vor, sobald der Täter die Gefahr kennt und trotzdem handelt; nicht erforderlich ist hingegen, dass der Täter die Verwirklichung der Gefahr, sei es auch nur eventuell, gewollt hat (BGE 103 IV 241 , 243 E. I.1). Die verbrecherische Absicht bezieht sich auf das Handlungsziel des Täters. Dieses muss in der Verwirklichung eines (anderen) Verbrechens oder - über den Wortlaut hinaus - Vergehens bestehen, wie beispielsweise Delikte gegen Leib und Leben oder Sachbeschädigung; eine angestrebte Übertretung reicht dagegen nicht aus ( Roelli/Fleischanderl , a.a.O. Art. 224 StGB N. 9; Trechsel/Fingerhuth , a.a.O., Art. 224 StGB N. 7). Nach herrschender Lehre ist direkter Vorsatz verlangt. Eventualvorsatz genügt nicht ( Roelli/Fleischanderl , a.a.O., Art. 224 StGB N. 9 m.w.H.).

4.2. Wie aus dem Gutachten des WFD vom 2. Oktober 2015 (E. 3.4.3) hervorgeht, befanden sich unter den untersuchten Komponenten keine Sprengstoffe im Sinne von Art. 2 SprstV , wohl aber fünf pyrotechnische Gegenstände, welche je mindestens einen Zünd- und Explosivsatz enthielten (pag. 8-661-6). Bei diesen handelt es sich gemäss Art. 7 SprstG nicht um Sprengstoffe. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung fällt deren Verwendung gleichwohl unter Art. 224 -226 StGB , sofern sie eine grosse Zerstörung bewirken oder zum Zwecke der Zerstörung verwendet werden (BGE 104 IV 232 E. 1a; Urteil des Bundesgerichts 6B_299/2012 vom 20. September 2012 E. 2.2). Vorliegend bildeten die verwendeten pyrotechnischen Gegenstände (fünf Petard Pirat Cracker) Teil einer funktionsfähigen USBV, die mittels verschiedener Komponenten so zusammengebaut war, dass sie sich entzünden, einen 4-5 Meter hohen, kelchförmigen Feuerball auslösen und Gegenstände im Flammenbereich zerstören und Menschen schädigen konnte (vgl. nachstehend E. 4.3). Zerstörpotential hatten aber auch die Petarden selber; daran ändert nichts, dass der WFD die konkrete Funktion dieser Knallkörper nicht hat eruieren können (pag. 11-0-22). Der pyrotechnische Satz bzw. die Mischung von pyrotechnischen Sätzen im Kunststoffrohr und die Petarden wurden demnach zum Zwecke der Zerstörung in die USBV eingebaut. Somit wurde die Tat mit Sprengstoff im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB verübt.

4.3. Die USBV war funktionsfähig; sie hat sich während des Hauptkonzerts des Festivals vom 4. August 2007 gegen 23:45 Uhr von selbst explosionsartig entzündet, kurz nachdem sie vom Sicherheitspersonal entdeckt und aus der grossen Halle ins Freie befördert worden war. Ob sie infolge der Manipulation des Sicherheitspersonals oder durch einen Zeitzünder zur Zündung gebracht wurde, macht hierbei keinen Unterschied; beides hätte ohne weiteres in der Halle eintreten können.

Gemäss den Aussagen im Vorverfahren hielten sich zu diesem Zeitpunkt ca. 1'000 bis 1'500 Konzertbesucher in der Halle auf (E. 3.4.4, 3.4.5). Die Konzertbesucher waren in der ganzen Halle verteilt und standen insbesondere auch in der unmittelbaren Umgebung des Mischpults, vor welchem der Rucksack mit der USBV auf dem Boden deponiert war und wo sich auch die besten Plätze befanden. Einige Leute standen angelehnt vor bzw. an der Abschrankung zum Mischpult. Auch der ganze vordere Bereich - zwischen Mischpult und Bühne - war mit Leuten gefüllt. Gemäss einer Skizze im Bericht der Stadtpolizei Bern vom 6. August 2007 (pag. 10-00-1, ...-5) betrug der Abstand vom Mischpult zur Bühnenfront 10 m und zur Seitenwand rechts 11 m. Auch die Fotodokumentation der Kapo Bern zur Situation in der Halle am Konzertabend (pag. 10-00-13, 10-00-14) zeigt die örtlichen Verhältnisse auf. Zusammen mit den Fotos eines anderen, vergleichbar gut besuchten Konzertabends in der Reithalle (pag. 8-925-6, 8-925-7) wird veranschaulicht, dass die Konzertbesucher relativ dicht nebeneinander gestanden haben. Es bestand demnach die konkrete und nahe Gefahr, dass sich die USBV in der Halle hätte entzünden und der mehrere Meter hohe und breite Feuerball und die dabei entstehende Feuersbrunst Menschen an Leib und Leben hätte schädigen können. Auch hätten die fünf pyrotechnischen Gegenstände (Petarden) in der USBV jederzeit explodieren und Menschen verletzen können. Besonders gefährdet war dabei diejenige Person, welche den Rucksack, in welchem sich die USBV befand, in die Hände genommen und ins Freie gebracht hat, sowie weitere Personen, die mit dem Wegbringen der USBV beschäftigt waren. Sodann bestand eine konkrete und nahe Gefahr, dass durch den Feuerball und die dabei entstehende grosse Hitze das Mischpult/Musikanlage hätte beschädigt werden können. Die Tatsache, dass sich eine Abschrankung (silbrige Absperrwand) zwischen dieser Technikanlage und dem Rucksack mit der USBV befand, welche knapp bis auf Standhöhe der Anlage reichte (pag. 10-00-14; EV-Protokoll E. S. 2, 4; EV-Protokoll B. S. 2, 4), schliesst diese Gefahr nicht aus.

Die objektiven Tatbestandsmerkmale von Art. 224 Abs. 1 StGB sind somit erfüllt.

4.4. Die Frage nach der Täterschaft des Beschuldigten ist aufgrund von Indizien zu ergründen, da der Beschuldigte eine Täterschaft oder eine Teilnahme bestreitet.

4.4.1. Der KTD der Kapo Bern sicherte auf den Überresten der Brandvorrichtung, welche sich in dem am 4. August 2007 aufgefundenen Rucksack befand, auf einem grauen Kunststoffbauteil mit oranger Kabelverbindung und weissem Klebeband eine Papillarlinienspur - vermutet wurde ein sog. Handballenabdruck (pag. 10-00-91). Die Untersuchung durch den KTD (Bericht vom 19. Mai 2015; pag. 10-00-167 ff.) ergab gestützt auf den Direktvergleich eine zweifelsfreie Übereinstimmung zwischen der Papillarlinienspur (Ass. 001.3; auf der Klebeseite des weissen Klebebandes) und dem rechten Zeigefinger des Beschuldigten. Damit ist erwiesen, dass die rechte Hand des Beschuldigten vor dem Ereignis vom 4. August 2007 das von der Rolle losgelöste Klebeband berührt hat, mit welchem Drähte mit dem Kunststoffbauteil, welches als Zünder am Tatobjekt diente (Kabelverbindung der Einrichtung, die sich im Rucksack befand), zusammengehalten waren.

4.4.2. Der KTD sicherte des Weitern auf den genannten Überresten der Brandvorrichtung zwei DNA-Spuren (pag. 10-00-9 f.). Auf beiden wurde je ein identisches DNA-Profil einer unbekannten männlichen Person festgestellt (Asservat 001.1, Kunststoffbauteil, grau; Asservat 001.2, Kabelverbindung orange und Klebeband weiss [Bericht vom 11. September 2007, pag. 10-00-7 ff.]). Das DNA-Profil ab Asservat 001.1 wurde der EDNAIS-Datenbank zugeführt (pag. 10-00-8).

Am 30. März 2010 führte die Kapo Bern auf Beschluss des Regierungsstatthalteramts Biel am Domizil des Beschuldigten eine Hausdurchsuchung durch. Dabei wurden mehrere Waffen, waffenähnliche Objekte, pyrotechnische Gegenstände sowie Betäubungsmittel sichergestellt (pag. 08-00-1 ff.). Im Rahmen dieser Zwangsmassnahme wurde der Beschuldigte erkennungsdienstlich behandelt. Beim Abgleich seines DNA-Profils mit der Datenbank des EDNAIS ergab sich eine Übereinstimmung mit dem Profil jener DNA-Spuren, die auf Asservat 001 (graues Kunststoffbauteil mit Kabelverbindung) des Brandanschlags auf die Reitschule Bern vom 4. August 2007 sichergestellt worden waren (pag. 10.-00-90).

Damit ergibt sich die Gewissheit, dass der Beschuldigte mit dem Spurenträger, namentlich dem Kunststoffbauteil mit der Kabelverbindung bzw. der Einrichtung, die sich im Rucksack befand, vor dem Ereignis in Berührung gekommen war.

4.4.3. Bei den anlässlich der Hausdurchsuchung vom 30. März 2010 beim Beschuldigten sichergestellten Objekten - diverse Pyrotechnika, vier Elektrobauteile (aus Kabel, Platine, Batteriestecker für 9-Volt-Batterien, z.T. auch mit Glühbrücke), eine elektrische Glühkerze (deren Glaskörper mit einem Pulver gefüllt war, das anlässlich der Analyse Hinweise auf ein Gemisch von Schwarzpulver und Kaliumchlorat ergab), drei Wecker - wurden gemäss Bericht des WFD vom 23. Januar 2012 konkrete materialtechnische Zusammenhänge zu dem beim Vorfall vom 4. August 2007 bei der Reitschule Bern sichergestellten Material festgestellt (Bestandteile gleichartiger Konstruktion) (pag. 11-00-60 ff.; ...-66). Hingegen konnten keine gegenseitigen Passspuren zwischen den Printplatten aus den beiden Sicherstellungen eruiert werden (pag. 11-00-88 ff.).

Am 22. November 2010 befragte die Kapo Bern den Beschuldigten zum erwähnten, bei ihm sichergestellten Material. Der Beschuldigte sagte zusammengefasst aus, die Feuerwerkskörper und Pyrotechnika selbst auf den Silvester oder den 1. August 2009 hin im Handel erworben zu haben. Weil er gerne bastle, habe er sie auch selbst delaboriert, mit der Absicht, die Eigenkonstruktionen am 1. August oder an Silvester loszulassen. Aus seinen Antworten geht hervor, dass er auch das Glas der Glühkerze aufgebrochen und mit Pulver aus den delaborierten Pyrotechnika gefüllt hat; die Glühkerze hätte dann als Zünder dienen sollen. Die Idee dazu habe er im Internet gefunden, als er nach elektrischen Zündern gesucht habe. Auch die Komponenten, die er zum Zusammenbauen der Elektronikbauteile benötigt habe, habe er über das Internet bestellt. Als Grund für diese Zündungsgegenstände gab er seine eigene Sicherheit an. Die Wecker habe er benützen wollen, um damit mehrere Feuerwerksbatterien zeitlich aufeinander abgestimmt zu zünden; diese selber nacheinander zu zünden, wäre ihm zu gefährlich gewesen. Die Feuerwerksbatterien dazu habe er gekauft (pag. 13-01-12 ff.).

Im Ergebnis ist zu schliessen, dass der Beschuldigte solche Materialien selber beschafft und besessen sowie sich mit pyrotechnischem Material und dessen Zündung beschäftigt hat mit dem Ziel, die Materialien zeitkontrolliert und -koordiniert zur Zündung zu bringen. Die Gefährlichkeit des Umgangs mit diesen Materialien war ihm dabei bewusst. Die von ihm geäusserte Absicht, mit dem Konstrukt am Silvester oder am 1. August Feuerwerk zu entzünden, kann zwar nicht a priori als unwahr, aber doch als eher unwahrscheinlich bezeichnet werden, sind doch die Pyrotechnika schon per se dazu geeignet, ohne dass an ihnen Umbaumassnahmen erforderlich wären. Nichts ausser seiner eigenen Aussage deutet sodann darauf hin, dass der Beschuldigte die Materialien erst 2009 erworben hat. Andererseits bestehen keine Anzeichen dafür, dass es sich beim sichergestellten Material um einen Restbestand von am 4. August 2007 verwendetem bzw. zur Verwendung vorgesehenem Material handeln könnte.

4.4.4. Am 30. März 2010 stellte die Polizei auf Verfügung des Regierungsstatthalteramts Biel folgende weitere Gegenstände in der Wohnung des Beschuldigten sicher (pag. 08-00-4 f.):

- Langgewehr, mit Magazin, Nr. 357531

- Karabiner 11, ohne Magazin, Nr. 15731

- Sturmgewehr 57, inkl. Magazin, Nr. P 5721

- Langgewehr, mit Magazin, Nr. 14855

- modifizierter Karabiner 31 mit Magazin, Nr. 611560, inkl. Zielfernrohr NRA Sports Optic"

- Karabiner 31, mit Magazin, Nr. 597870,

- Holzschaft zu Karabiner 11, Nr. 14100

- Lauf zu Karabiner, Nr. 14100

- Verschluss zu Karabiner 11, Nr. 14100

- Kalaschnikov AK47, ohne Magazin, Nr. CH-55-JM 0240

- Pump-Action Maverick", Nr. MV54639B

- Revolver Taurus, Raging Bull", Nr. ZH411809, inkl. Koffer mit diversem Zubehör

- Munition zu Revolver Nr. 11 (vorgenannt), 500 S&W MAGNUM", 5 Stück

- abgeänderter Karabiner 11, ohne Magazin, Nr. 95396, Schaft und Lauf gekürzt

- Pistole IWI, Desert Eagle", Kaliber .50 AE, Nr. 36202369 inkl. 1 Magazin, inkl. schwarzer Kunststoffkoffer

- kleines Elektroschockgerät (funktionstüchtig), Marke unbekannt

- Pistole SIG SAUER, P220", Nr. AI043187, ohne Magazin

- Pistole SIG SAUER, P220", Nr. A1151304 (Armeewaffe), ohne Magazin

- Elektroschockgerät Stungun", Aussehen von Schlagring inkl. Lederetui

- Teleskopschlagstock, defekt, Marke unbekannt

- Trommelmagazin schwarz

- diverse Einzelteile zu Kalaschnikov

- Schalldämpfer Classic Army", Nr. A084M-07182003

- grüne Stofftasche mit 3 Magazinen zu Kalaschnikov

- 1 langes Magazin zu Kalaschnikov

- Schreckschusspistole Perfecta", ohne Serienummer

- 1 Schlagring gold

- Pistolengriff Kunststoff

- Kunststoffstichwaffe mit Griff

- Laser inkl. Zubehör für Waffenmontage

- 2 Laser inkl. Zubehör für Waffenmontage

- Schreckschusspistole Record", ohne Nummer

- 2 Magazine zu Karabiner 11

- diverses Ersatzmaterial zu Karabiner 11 und 31

- 44 Schrotpatronen, diverse Ausführungen

- 1 Pack Gewehrpatrone 11

- 1 Pack Leuchtspurpatronen 11

- 1 Pack à 50 Stk. Patronen Tokarev, 7.62 x25"

- 5 Pack à 20 Stk. Patronen «Barnaul, 762x39 »

- diverse lose Munition

- Munitionskoffer aus Alu

- 4 Magazine zu SIG-SAUER, P220"

- 1 Blatt A4, Bestandteile SEMTEX, handschriftlich aufgeschrieben

- 5 Blätter A4, Kopien zur Herstellung einer BOLTGUN"

Anlässlich der Befragung durch die Kapo Bern vom 30. März 2010 sagte der Beschuldigte sinngemäss zusammengefasst bezüglich der Waffen aus, er habe sie gesammelt. Die Anleitung zum Bau einer BOLTGUN" habe er aus technischem Interesse aus dem Internet heruntergeladen, um zu sehen, wie so etwas konstruiert sei. Weitere Aussagen machte er dazu nicht (pag. 13-01-1 ff.).

Die sichergestellten Waffen samt Zubehör und Anleitungen deuten nicht bloss darauf hin, dass der Beschuldigte ein leidenschaftlicher Waffensammler gewesen sein mag, sondern auch darauf, dass er diese Waffen mindestens teilweise zur bestimmungsgemässen Nutzung besessen hat, denn ein blosser Waffensammler benötigt nicht zugleich massenweise Munition.

4.4.5. Am 16. Dezember 2008 teilte der Dienst für Analyse und Prävention (DAP, heute NDB) des Bundesamtes für Polizei dem URA I Berner Jura-Seeland den Verdacht auf Rassendiskriminierung (Art. 261 bis StGB ) und eventuell weitere Tatbestände im Zusammenhang mit der rechtsextremen Internetplattform Blood&Honour" (www.bloodandhonour.com) mit. Der Inhalt dieser Website war durch Hacker im August 2008 allgemein öffentlich gemacht und vom DAP in der Folge gesichert worden. In diesem geschlossenen Internetforum konnten Postings von 237 Schweizer IP-Adressen, seit 2006 bis zum Hackerangriff, festgestellt und herausgefiltert werden. Eine Kopie der DVD mit den gesicherten Daten wurde der Bundeskriminalpolizei (BKP) übergeben. Der BKP fiel bei der Sichtung der von diesen 237 Benutzern bzw. Benutzeradressen gemachten Forumseinträgen der User ...88" auf, der im Forum den Status eines "Senior Member" hatte; diesem konnte die E-Mail-Adresse [...] und das Geburtsdatum [...] gemäss User-Profil zugeordnet werden. In der Namensbezeichnung dürfte laut BKP die Zahl 88" für den in rechtsextremen Kreisen üblicherweise gebräuchlichen Zahlenalphabet-Code HH" stehen, was im Jargon der Abkürzung für Heil Hitler" entspricht. Eine vom User ...88" verwendete IP-Adresse lautet gemäss Call Center Information System (CCIS) auf den Beschuldigten, was dieser in einer Einvernahme bestätigt hat (pag. 10-00-39; 13-01-55).

Unter den Schlüsselwörtern "Sprengstoff" und "Bombe" fielen der BKP folgende Einträge des Users ...88" auf der Plattform Blood&Honour" auf, zu denen sich der Beschuldigte nicht äussern wollte (pag. 10-00-137; 13-01-134 f.):

- 22. Januar 2007, 20:29.20 /... Anarchietage Winterthur" ;) da könnte man mal ne Bombe reinwerfen gehen";

- 22. Januar 2007, 21:17.20 / zum Thema Anarchietage: Wer kommt mit ne Bombe legen?";

- 4. September 2007, 19:54.03 / Ich mag das ... Sprengstoffanschläge werden hier irgendwie zum Volkssport! :D Wobei jedoch Briefkästen wenig verändern ausser die Angst bei deren Besitzern. mkG ...88-sw";

- 21. Dezember 2007, 21:34.49 / Antwort auf ein Posting des Users F.": Du Klugscheisser ;) Nun Anschläge sind eh am besten mit Zeitzünder oder Fernzünder. Hinrennen, etwas zünden (so Zündschnur-Verzögerung ^^) und panisch wegrennen macht das ganze sehr auffälliger als einfach nur einen Koffer stehen lassen und weglaufen. Aber irgendwie weichen wir vom Thema ab. Übrigens was der Schütze ja Chilenischer Herkunft... weiss nicht ob das schon erwähnt wurde. mkG ...88 -sw".

Auch in der Hauptverhandlung wollte sich der Beschuldigte zu diesen Vorhalten nicht äussern (EV-Protokoll S. 8 [pag. 8-930-1 ff., 8-930-8]). Auf Fragen der Verteidigung bestätigte er allerdings, dass er damals rechtsextremes Gedankengut vertreten habe. Seine politische Einstellung habe sich seit einiger Zeit stark geändert und er habe sich vom rechtsextremen Gedankengut und jenen Kreisen distanziert. Sein Sinneswandel habe 2009, im Militärdienst, begonnen (EV-Protokoll S. 4 [pag. 8-930-4]). Es steht somit fest, dass der Beschuldigte zur Tatzeit in der rechtsextremen Szene in Bern und Umgebung - und damit in der Gegenbewegung der Antifa (Antifaschismus)-Aktivisten - aktiv war.

Gemäss zwei dem Beschuldigten zuzurechnenden Einträgen auf der Internetplattform "Blood&Honour" vom 22. Januar 2007 suchte der Beschuldigte offensichtlich Personen für seine Absicht, an den "Anarchietagen" in Winterthur eine "Bombe" zu legen. Es ist nicht ermittelbar, ob er solche Personen fand und trotzdem seine Absicht nicht verwirklichte, oder ob er es nicht tat, weil er niemanden fand. Wie auch immer, er bot sich für ein derartiges Unterfangen geradezu an. Im September 2007 begeisterte er sich im Internet für Sprengstoffanschläge als "Volkssport", und im Dezember 2007 äusserte er im Internet den Vorschlag, im Sinne eines Anschlags einen mittels Zeit- oder Fernzünder zum Brand oder zur Explosion zu bringenden Koffer irgendwo hinzustellen, wo sich Leute befinden.

Im Ergebnis hat der Beschuldigte auch für die Tatzeit die Bereitschaft zur Verübung eines Brandanschlags auf Andersgesinnte, insbesondere Antifaschisten, mittels Brandsatzes und Zeit- oder Fernzünder kundgetan.

4.4.6. Folgende Postings von ...88" im genannten Internetforum, datierend vom 5. und 6. August 2007, nehmen offensichtlich direkt auf den Brandanschlag auf die Reitschule am 4. August 2007 Bezug (pag. 10-00-44; ...-137):

- 5. August 2007, 13:40.48 / Textzitat des Internetlinks www.antifafestival.ch/allerlei/anschlag.html mit Informationen zum Anschlag auf das Festival in der Nacht zuvor, gefolgt von der Grussformel mkG ...88";

- 5. August 2007, 13:52.39 / Auf die Frage des/der User/in G.": Wieviele waren den dort? Wenn es mehr als 1000 Zecken waren...", die Antwort: Lies mal aufmerksam ;) [Zitat] Das Festival zog pro Abend an die 1500 Besucherinnen an";

- 6. August 2007, 17:12.59 / Textzitat des Internetlinks www.espace.ch/artikel 403SS7.html mit Informationen zum Anschlag, gefolgt vom Text: Nun ich vermute schon das das geplant war. Irgendwie kam der Rucksack ja an seinen Platz und der/die Bombenleger rein und raus ohne irgendwie aufzufallen. ;) die Araber verlieren ja auch einen Mann pro Bombe".

In der Hauptverhandlung wollte sich der Beschuldigte zu diesen Vorhalten nicht äussern (EV-Protokoll S. 8 [pag. 8-930-8]). Die Interneteinträge zeigen indes, dass sich der Beschuldigte mental mit dem Brandanschlag vom 4. August 2007 beschäftigte und die Kunde davon mit Gleichgesinnten umgehend teilen wollte.

4.4.7. Am 19. August 2007 wurde auf der Internetplattform "www.autonome-antifa.org" unter der Überschrift "Tatverdächtiger des Brandbombenanschlags" mitgeteilt, der namentlich bezeichnete Beschuldigte habe "bereits am Morgen des 5. August [2007], wenige Stunden nach dem Brandbombenanschlag auf das Antifa Festival in der Reitschule und noch bevor die Medien informiert über den Anschlag berichtet hatten, das Communiqué der OrganisatorInnen des Festivals ins B&H-Forum [Blood&Honour-Forum] gestellt". Den Anschlag habe er mit den Worten kommentiert: Das versüsst einem den Sonntag Morgen C18 Terrormachine, Sieg Heil mkG ...88" (pag. 22-00-4). Ein inhaltlich gleich lautender Interneteintrag erfolgte unter der Überschrift "Bombenbastler aus dem Seeland?" am 17. August 2007 auf der Internetplattform "www.switzerland.indymedia.org" (pag. 22-00-8). Der gemäss diesen Quellen im Internetforum "Blood&Honour" publizierte Originaltext des Mediencommuniqués konnte zwar unter den gesicherten, vom DAP der BKP übergebenen Forumseinträgen nicht gefunden werden (pag. 10-00-138). Ein Ausdruck des Communiqués des Festivalteams vom 5. August 2007 und ein Online-Bericht eines Mitarbeiters der Wochenzeitung WOZ vom 9. August 2007 (Ausdruck vom 21. Februar 2008), welcher den Kommentar Das versüsst einem den Sonntag Morgen" wiedergibt, wurden indessen in der Wohnung des Beschuldigten sichergestellt (pag. B-08-01-2, B-08-01-6). In der Hauptverhandlung wollte sich der Beschuldigte zu diesen Vorhalten nicht äussern; er habe dazu nichts zu ergänzen (EV-Protokoll S. 8 [pag. 8-930-8]).

Wie die im Zeitraum zwischen 23. November 2010 und 27. Februar 2012 durch den Fachbereich Digitale Forensik (FDF) der Kapo Bern durchgeführte Untersuchung ergeben hat, war auf der Festplatte eines am Domizil des Beschuldigten sichergestellten PCs am 9. Oktober 2008 das Betriebssystem auf den Benutzernamen ...18" registriert und auch ein Konto auf diesen Namen eingerichtet worden. Combat18" nennt sich eine in mehreren Ländern Europas aktive neonazistische Organisation, die sich als bewaffneter Arm von Blood & Honour" versteht. Die Zahl 18 dürfte, wie in solchen Fällen üblich, für die Buchstaben AH" stehen, also die Initialen von Adolf Hitler (pag. 10-00-138; vgl. Schreiben des DAP ans URA I Berner Jura-Seeland vom 16. Dezember 2008, pag. 10-00-41).

Auch wenn der fragliche Internettext nicht amtlich gesichert werden konnte und bloss über einen Interneteintrag einer entgegengesetzten Gruppierung den Strafbehörden zur Kenntnis gelangt ist, bestehen keine Anhaltspunkte, diesen als frei erfunden zu betrachten. Aus dem Gesagten ist - im Zusammenhang mit dem in den Interneteinträgen vom 5./6. August 2007 Umschriebenen - zu folgern, dass sich der Beschuldigte am Tag nach dem Vorfall im Internet als "Terrormaschine" bezeichnet und sich am Ergebnis des versuchten Brandanschlags erfreut hat.

4.4.8. Gemäss den Erkenntnissen aus der Telefonkontrolle hatte der Beschuldigte via Facebook, SMS und Telefon Kontakt zu H., welche im Kulturzentrum Reitschule verkehrte. Gemäss deren eigener Aussage schrieb sie dem Beschuldigten wenige Tage nach dem 4. August 2007 per SMS sinngemäss: Ihr seid Säue, dass Ihr sowas gemacht habt" (pag. 13-01-53; 12-07-8). Anlässlich ihrer Einvernahme als Zeugin vom 20. September 2012 durch die Bundesanwaltschaft sagte sie dazu: "Ich kann nicht sagen, ob er [der Beschuldigte ] etwas damit zu tun hat. Ich weiss es nicht" (pag. 12-07-8).

Eine Reaktion des Beschuldigten auf diese SMS ist nicht bekannt. In der Einvernahme durch das URA/BE vom 13. Dezember 2010 sagte er dazu, er habe in der gleichen Nacht (Tatnacht) durch H., die "eher links eingestellt" sei und im Kulturzentrum Reitschule verkehre, vom Anschlag erfahren. Daher sei er auf die Antifa-Homepage gegangen (pag. 13-01-53). In der Hauptverhandlung erklärte er, er habe zum ersten Mal "ziemlich unmittelbar danach" vom Anschlag erfahren; es sei möglich, dass das noch in der Tatnacht gewesen sei, er wisse es nicht mehr. Er habe diesbezüglich eine SMS von H. erhalten; diese SMS habe er gesehen, als er das nächste Mal auf sein Handy geschaut habe (EV-Protokoll S. 8 f.).

Diese Aussagen deuten zwar nicht auf eine Taturheberschaft des Beschuldigten hin. Jedoch wird damit die auf der Internetseite der Gruppe "Autonome Antifa Freiburg" wiedergegebene, angeblich dem Beschuldigten zuzuordnende Textpassage (E. 4.4.7; pag. 22-00-4) in ihrem Wahrheitsgehalt indirekt bekräftigt.

4.4.9. Aus der Telefonkontrolle ergibt sich weiter eine Reaktion des Beschuldigten, nachdem er mit dem Vorwurf der Brandstiftung etc. konfrontiert worden war: Am 21. Dezember 2010, 21:04:06 Uhr, teilte der Beschuldigte, nachdem er am 13. Dezember 2010 durch die Kapo Bern und das URA/BE zum Ereignis vom 4. August 2007 einvernommen worden war (pag. 13-01-50 ff.), in einer SMS an die Nummer 1 mit: "Anklage lautet: Vorsätzliche Verursachung einer Explosion, evtl. Gefährdung des Lebens, Brandstiftung, versuchter schwerer Körperverletzung, versuchter Sachbeschädigung, Widerhandlung gegen das Waffen-, Betäubungsmittel- und Sprengstoffgesetz. Es wird momentan um eis Jahr Bau spekuliert. Evtl aber au nur Bewährig. Verhandlige chöme im kommende Jahr. So zfride..?". Gleichentags um 21:13:07 Uhr sandte der Beschuldigte nochmals eine SMS an diese Nummer: "Ach duu, schon okay. Bi ja selber schuld. Wird scho alles guet cho am Schluss. Hals und Beinbruch :-) Isch okay für di weme sich morn wider schribt oder so? Zk".

4.4.10. Zusammengefasst ergibt sich, dass der Kontakt des Beschuldigten mit den Tatmitteln an mehreren Stellen nachgewiesen ist, und dass die Verteilung und Fundorte der Kontaktspuren (Papillarlinienspuren oder DNA-Spuren) darauf schliessen lassen, dass er die USBV zusammengestellt hat, lagen sie doch auf den Materialien im Inneren des Rucksacks, und somit im Kernbereich der dort eingebauten USBV, und auf der Klebeseite des verwendeten Klebebandes, was auf eine Manipulation anlässlich des Einsatzes dieses Materials deutet. Auf die Täterschaft des Beschuldigten, welcher zum Tatzeitpunkt eine rechtsextreme Überzeugung hatte, weist im Weiteren hin, dass er im Jahr 2007 unter dem Pseudonym "...88" mehrmals Äusserungen in Bezug auf den Einsatz von Bomben oder in Bezug auf Sprengstoffanschläge postete, und zwar auch im Zusammenhang mit Anlässen von Andersgesinnten, worunter das Antifa-Festival einzuordnen ist. Im Internet äusserte er denn auch seine Zufriedenheit in Bezug auf den Vorfall vom 4. August 2007. Bei der Hausdurchsuchung vom 30. März 2010 wurden zudem bei ihm verschiedene Pyrotechnika und Elektrobauteile vorgefunden, welche materialtechnische Zusammenhänge mit der Sprengstoffvorrichtung, die am 4. August 2007 in der Reitschule in Bern deponiert worden war, aufweisen. Sodann wurden delaborierte Pyrotechnika und einschlägige Unterlagen sichergestellt. Das beim Beschuldigten sichergestellte Material enthielt alle nötigen Komponenten zur Herstellung einer funktionsfähigen USBV. Es ist somit erwiesen, dass der Beschuldigte die USBV gebaut hat. Der Beschuldigte war zur Tatzeit in Z. wohnhaft, also knapp 60 Strassenkilometer (¾ Autofahrstunden) bzw. rund eine Fahrstunde mit dem öffentlichen Verkehr vom Tatort entfernt. Es war ihm durchaus möglich, sich am fraglichen Tag innert nützlicher Frist zum Tatort zu begeben und die USBV zu deponieren. Aufgrund der zitierten Stellen aus den elektronischen Medien steht zudem fest, dass er die Örtlichkeiten des Tatorts kannte. In der Hauptverhandlung sagte der Beschuldigte aus, er wüsste nicht mehr, wo er am Abend des 4. August 2007 gewesen sei. Ein Alibi liegt nicht vor. Die Ermittlungen weisen auf einen Alleingang des Beschuldigten hin. Weder die Spuren am Tatwerkzeug noch die Sicherstellungen im Rahmen der Hausdurchsuchung oder die Telefonüberwachung, die Einvernahmen oder andere Ermittlungen brachten irgendwelche Hinwiese auf eine Drittbeteiligung zu Tage. Das ermittelte Tatvorgehen macht auch keinerlei Komplizen erforderlich.

4.5. Da der Beschuldigte die Tat bestreitet, lässt sich auch der subjektive Tatbestand nur aus Indizien zum objektiven Tatbestand herleiten. Wer, wie der Beschuldigte, einen solchen Sprengsatz samt Zeitzünder baut, scharf stellt und mitten in einem Raum deponiert, in dem sich zahlreiche Personen befinden, die ein Fest feiern, tut dies wissentlich und willentlich sowie in Kenntnis, dass er eine Gefahr für Leib und Leben von Menschen und fremdem Eigentum schafft. Bezüglich Letzterem ergibt sich der Vorsatz selbstredend aus der Platzierung der USBV direkt vor dem Mischpult/Musikanlage. Der Beschuldigte handelte mit dem in Art. 224 Abs. 1 StGB geforderten Gefährdungsvorsatz und strebte dabei ein Verbrechen oder Vergehen - Körperverletzung im Sinne von Art. 122 und 123 StGB sowie Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 StGB - an. Der Beschuldigte hat somit mit seinem Handeln den subjektiven Tatbestand von Art. 224 Abs. 1 StGB erfüllt.

4.6. Der Beschuldigte ist demzufolge schuldig der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB .

5. Versuchte Brandstiftung (Art. 221 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB )

5.1. Wer vorsätzlich zum Schaden eines andern oder unter Herbeiführung einer Gemeingefahr eine Feuersbrunst verursacht, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft (Art. 221 Abs. 1 StGB ). Bringt der Täter wissentlich Leib und Leben von Menschen in Gefahr, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren (Art. 221 Abs. 2 StGB ). Ist nur ein geringer Schaden entstanden, so kann auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe erkannt werden (Art. 221 Abs. 3 StGB ).

5.1.1. Brandstiftung ist entweder Sachbeschädigung oder Gemeingefährdung durch Feuersbrunst ( Trechsel/Fingerhuth, a.a.O., Art. 221 StGB N. 1). Der objektive Tatbestand des Art. 221 Abs. 1 StGB setzt zunächst eine Feuersbrunst voraus, das heisst ein Schadenfeuer von einem gewissen Umfang, ein Brand, der vom Urheber nicht mehr selber bezwungen werden kann und deswegen eine gewisse Erheblichkeit aufweist (BGE 117 IV 285 ; 105 IV 127 E. 1a; Roelli/Fleischanderl , a.a.O., Art. 221 StGB N. 7). Einerseits muss der Täter also ausserstande sein, das Feuer zu löschen oder wenigstens dessen Ausdehnung zum Schaden Dritter oder zur Gemeingefahr zu verhindern; andererseits muss das Feuer eine gewisse Erheblichkeit erreichen ( Trechsel/Fingerhuth, a.a.O., Art. 221 StGB N. 2). Als Feuersbrunst gilt etwa das Anzünden eines benzingetränkten Putzlappens im Innern eines Autos, wenn wegen des vorhandenen Benzinvorrats Explosionsgefahr besteht (BGE 85 IV 224 , 228), oder das Anzünden einer Wolldecke in einer Gefängniszelle mit starker Rauchentwicklung, wenn der Insasse nicht mehr in der Lage ist, den Brand selber zu löschen (BGE 105 IV 127 E. 1b). Keine Feuersbrunst entfacht, wer im Keller eines Wohnhauses mit Zeitungspapier Abfallholz und Reiswellen ohne Brandbeschleuniger anzündet, nach Wahrnehmung des Brandgeruchs zum Brandherd zurückgeht und diesen alleine zu löschen vermag (SJZ 1957, 44, Nr. 22 [Kriminalkammer des Kantons Thurgau vom 21. November 1955]); wer die Scheibe eines Radarkastens eindrückt und diesen durch drei mit Benzin gefüllte Plastiksäcke in Brand setzt, wenn das Feuer weder sehr intensiv noch stark ist und keine Ausbreitungstendenz aufweist, auch wenn die Polizei es mittels Schaumlöscher bekämpfen muss (LGVE 1994 I Nr. 59, 80); wer ein Motorrad mit Benzin anzündet, wenn nach einer anfänglichen Stichflamme und einer kleinen Explosion kein grösseres Feuer entsteht und dieses mit Hilfe von nassem Laub selber gelöscht werden kann (LGVE 1998 I Nr. 48, 88).

5.1.2. Art. 221 Abs. 1 StGB verlangt einen Schaden eines andern oder die Herbeiführung einer Gemeingefahr, der qualifizierte Tatbestand von Art. 221 Abs. 2 StGB eine Gefahr für Leib und Leben von Menschen.

Verlangt wird bei der ersten Tatbestandsvariante von Art. 221 Abs. 1 StGB der Schaden eines andern, also nicht des Täters selber. Da darunter gemäss herrschender Lehre Sachschaden zu verstehen ist und keine Gemeingefahr gefordert ist, wird diese Tatbestandsvariante zu einem Verletzungsdelikt, zu einem Sonderfall der Sachbeschädigung (Art. 144 StGB ), allerdings mit einer hohen Strafandrohung ( Roelli/Fleischanderl , a.a.O., Art. 221 StGB N. 11 m.w.H.).

Als alternatives Tatbestandsmerkmal nennt Art. 221 Abs. 1 StGB das Herbeiführen einer Gemeingefahr. Diese kann eine Vielzahl von Rechtsgütern (fremde Sachen oder Personen) betreffen, die zudem im Sinne der Repräsentationstheorie nicht vorher individuell bestimmt sind, sondern vom Zufall ausgewählt sein müssen; keine Rolle spielt jedoch, ob die Gefahr nur eine oder mehrere Personen der Allgemeinheit oder nur fremde Sachen trifft ( Roelli/Fleischanderl , a.a.O., vor Art. 221 StGB N. 11, Art. 221 StGB N. 13). Vorausgesetzt ist jedoch eine konkrete Gefährdung ( Trechsel/Fingerhuth, a.a.O., vor Art. 221 StGB N. 2). Eine solche ist gegeben, wenn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge erfahrungsgemäss die Wahrscheinlichkeit oder nahe Möglichkeit der Verletzung des geschützten Rechtsguts besteht ( Roelli/Fleischanderl , a.a.O., vor Art. 221 StGB N. 8 m.w.H.). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung schliesst die Gemeingefahr nach Absatz 1 Personen nicht mit ein, da der qualifizierte Tatbestand von Art. 221 Abs. 2 StGB über Absatz 1 hinaus ein weiteres Rechtsgut, nämlich Leib und Leben von Menschen, schützt (BGE 124 IV 97 , 100; 123 IV 128 , 131).

Beim qualifizierten Tatbestand gemäss Art. 221 Abs. 2 StGB wird - in Anbetracht der vergleichsweise hohen Strafandrohung - eine grosse Wahrscheinlichkeit der Verletzung von Leib und Leben und damit eine nahe Gefahr gefordert (BGE 123 IV 128 , 130 f.; vgl. auch BGE 121 IV 67 E. 2d S. 74). Es genügt nicht, dass Menschen gefährdet worden wären, wenn das Feuer später, als es tatsächlich geschah, entdeckt bzw. gelöscht worden wäre. Massgebend ist nicht, was alles hätte geschehen können, sondern einzig, was sich tatsächlich ereignet hat (BGE 123 IV 128 , 131; Roelli/Fleischanderl , a.a.O., Art. 221 StGB N. 18). Auch hier hat der gefährdete Einzelne die Allgemeinheit zu repräsentieren, damit das Element der Gemeingefahr vorliegt ( Roelli/Fleischanderl , a.a.O., Art. 221 StGB N. 17 m.w.H.). Die Qualifikation ist etwa gegeben bei Brand eines besetzten Hotels (BJM 1956 288), spät in der Nacht in einem Gefängnis (BGE 105 IV 127 E. 3) oder (nachts) in einem bewohnten Haus (GVP des Kantons Zug 1983/84 107).

5.2.

5.2.1. Die in der grossen Halle der Reitschule in einem Rucksack versteckte funktionsfähige USBV enthielt unter anderem drei mit Benzin gefüllte 1,5 l Pet-Flaschen. Kurz nachdem der Rucksack vom Sicherheitspersonal ins Freie gebracht worden war, entzündete sich die USBV mit einer Stichflamme von selbst; es entstand ein Feuerball von mehreren Metern Durchmesser und ca. 4-5 m Höhe (Aussagen B. und E. [E. 3.4.4 bzw. 3.4.5]). E. erklärte in der Hauptverhandlung, nachdem sie den Rucksack geöffnet und seinen Inhalt gesehen hätten, habe er die Anwesenden - B. und eine dritte Person - aufgefordert, wegzutreten. Sie alle hätten gewusst, dass da ein Gefahrenherd bestehe. Er sei in etwa 10-20 m Entfernung vom Rucksack gestanden, als es eine Explosion und "einen riesigen Feuerball" gegeben habe. Er habe diese Explosion gehört und gesehen (EV-Protokoll S. 2). B. bestätigte in der Hauptverhandlung seine Beobachtungen zur Grösse dieses Feuerballs. Er erklärte, er habe nach dem Öffnen des Rucksacks einen Feuerlöscher geholt. Als er zurückgekommen sei, sei der Rucksack explodiert oder habe sich entzündet. Er habe eine grosse Stichflamme gesehen, als er beim Zurückkommen um die Ecke des Gebäudes gebogen sei. Ob das genau die Detonation gewesen sei oder ob das etwas nachher gewesen sei, wisse er nicht genau. Nach der Stichflamme habe der Rucksack noch weiter gebrannt; diese Flamme, d.h. jene nach der Stichflamme, sei ziemlich gross gewesen, aber wie hoch, ob 1,5 m oder mannshoch, könne er nicht mehr sagen. Er habe einfach reagiert und sei mit Löschen beschäftigt gewesen. Es habe ausser dem brennenden Rucksack weit über einen Radius von 3 m hinaus überall grössere und kleinere Feuerflecken gehabt, welche verstreut auf der Strasse und an der grossen Holztüre der grossen Halle (seitliches Tor der Reithalle) gebrannt hätten; an der Türe hätten die Brandflächen bis weiter hinauf, oberhalb Kopfhöhe gereicht, die grösste sei etwa 0,5 m breit und 1,5 m lang gewesen. Das Ganze habe ein grösseres Ausmass gehabt; nur das Brandzentrum, wo der Rucksack detoniert sei, sei nicht mehr so gross gewesen. Er habe versucht, das Feuer beim Rucksack mit dem Feuerlöscher zu löschen; das habe nicht funktioniert. Erst eine andere Person habe dieses mit einem zweiten Feuerlöscher löschen können. Die Feuerflecken an der Holztüre habe er selber mit dem von ihm geholten Feuerlöscher löschen können. Bei den Brandstellen auf der Strasse wisse er nicht mehr, wie sie diese gelöscht hätten, ob mit dem Feuerlöscher oder ob diese von selbst erloschen seien. Mit dem zweiten Feuerlöscher hätten sie den Brand (Rucksack) ziemlich schnell löschen können. Es habe vielleicht 2-3 Minuten gedauert, bis der zweite Feuerlöscher vor Ort im Einsatz gewesen sei (EV-Protokoll S. 2-5).

5.2.2. Die USBV hätte jederzeit in der Konzerthalle umgesetzt werden können. Unter Hinweis auf die Ausführungen beim Tatbestand der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht nach Art. 224 Abs. 1 StGB (E. 4.3) ist festzustellen, dass eine Feuersbrunst in der Konzerthalle sowohl einen Schaden an fremdem Eigentum (Mischpult/Musikanlage) als auch eine konkrete und nahe Gefahr für Leib und Leben von Menschen, insbesondere für die Personen im unmittelbaren Bereich des Rucksacks, bewirkt hätte. Aus dem Gesagten erhellt sodann, dass die USBV, hätte sie sich in der grossen Halle der Reitschule entzündet, ein Feuer von einer gewissen Erheblichkeit erzeugt hätte. Das ergibt sich schon aus der Grösse und Intensität des im Freien explosionsartig entstandenen Feuerballs und der zahlreichen Brandflächen auf der Strasse und an der seitlichen grossen Türe der Konzerthalle. Unerheblich ist die Tatsache, dass der Brandherd vom Sicherheitspersonal innert relativ kurzer Zeit mittels Feuerlöscher vollständig gelöscht werden konnte (BGE 105 IV 127 E. 1b). Eine explosionsartige Ausbreitung des Feuers in der Konzerthalle wäre vom Beschuldigten nicht beherrschbar gewesen. Die Grösse eines solchen Feuers entsteht nicht allmählich, sondern durch das Inbrandsetzen des Benzins stichflammenartig, in kürzester Zeit. Am Standort der USBV in der Konzerthalle hielten sich mehrere Personen auf. Ein stichflammenartiges, kelchförmiges, mehrere Meter hohes und ca. 3 Meter breites Feuer hätte die sich in diesem Umkreis befindenden Menschen und die von diesen getragenen oder mitgeführten Gegenstände mit grosser Wahrscheinlichkeit erfassen bzw. auf diese übergreifen können. Diese Menschen waren damit einer konkreten Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt.

5.3. Ein strafbarer Versuch liegt vor, wenn der Täter, nachdem er mit der Ausführung eines Verbrechens oder Vergehens begonnen hat, die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende führt, oder der zur Vollendung der Tat gehörende Erfolg nicht eintritt oder nicht eintreten kann (Art. 22 Abs. 1 StGB ). Wurde das Versuchsstadium noch nicht erreicht, stellt sich die Frage, ob - im Sinne der Eventualanklage - eine strafbare Vorbereitungshandlung gegeben ist (Art. 260 bis Abs. 1 lit. g StGB ).

5.3.1. Mit dem Platzieren der scharf gestellten USBV in der gegen Mitternacht stark besuchten Konzerthalle hat der Beschuldigte alles unternommen, was erforderlich war, um eine Feuersbrunst zu entfachen und dadurch Leib und Leben von Menschen in Gefahr zu bringen sowie Schaden an fremdem Eigentum zu verursachen. Nur dank dem aufmerksamen und unverzüglichen Handeln des Sicherheitspersonals konnte sich die USBV nicht bereits in der Konzerthalle entzünden. Indizien für einen Rücktritt im Sinne von Art. 23 Abs. 1 StGB bestehen nicht.

5.3.2. Unter Hinweis auf die Ausführungen zum Vorsatz beim Vorwurf der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht nach Art. 224 Abs. 1 StGB (E. 4.5) ist auch hier direkter Vorsatz zu bejahen. Der Beschuldigte platzierte eine funktionsfähige, scharf gestellte USBV direkt vor einer empfindlichen technischen Einrichtung (Mischpult/Musikanlage) inmitten einer Konzerthalle, in der sich, wie er wusste, kurz vor Mitternacht zahlreiche Personen aufhalten würden. Dass Benzin sich stichflammenartig entzündet, ist notorisch. Die Gefahr war dem Beschuldigten bewusst, aber er handelte dennoch. Damit wollte er die Verwirklichung der Gefahr für Leib und Leben der Menschen im Bereich der USBV. Zudem wollte er Sachschaden an Gegenständen im Wirkungsbereich der USBV verursachen. Art. 221 Abs. 1 und 2 StGB sind somit subjektiv erfüllt.

5.3.3. Demnach ist (vollendeter) Versuch im Sinne von Art. 22 Abs. 1 StGB zu bejahen.

5.4. Der Grundtatbestand von Art. 221 Abs. 1 StGB ist erfüllt, wenn alternativ Sachschaden eingetreten ist oder eine Gemeingefahr hervorgerufen wird. Verwirklicht der Täter durch eine Feuersbrunst beide Merkmale, ändert sich an der Einheit der strafbaren Handlung nichts; dem Umstand, dass ein zusätzliches Rechtsgut betroffen ist, kann bei der Strafzumessung innerhalb von Art. 47 StGB Rechnung getragen werden ( Roelli/Fleischanderl , a.a.O., Art. 221 StGB N. 27). Nicht anders kann es sich verhalten, wenn die Feuersbrunst nebst einer Sachbeschädigung eine konkrete Gefahr für Leib und Leben von Menschen im Sinne von Art. 221 Abs. 2 StGB bewirkt. In dieser Konstellation muss der Grundtatbestand gemäss Art. 221 Abs. 1 StGB vom qualifizierten Tatbestand des Art. 221 Abs. 2 StGB abgegolten sein, ansonsten Strafschärfung nach Art. 49 Abs. 1 StGB zwingend wäre; gegen diese Lösung spräche im Übrigen auch das erhöhte Strafminimum von Abs. 2 (vgl. Roelli/Fleischanderl , a.a.O., Art. 221 StGB N. 27).

Somit ist vorliegend auf versuchte Begehung von Art. 221 Abs. 2 StGB zu erkennen.

5.5. Zwischen Art. 221 und 224 StGB ist Idealkonkurrenz möglich ( Trechsel/Fingerhuth, a.a.O., Art. 221 StGB N. 12; Roelli/Fleischanderl , a.a.O., Art. 221 StGB N. 28). Echte Konkurrenz besteht zwischen diesen Tatbeständen, wenn der Täter sowohl Sprengstoff zwecks Herbeiführung einer Explosion als auch Brandmittel zum Zwecke der Verursachung einer Feuersbrunst einsetzt. Massgebend ist, dass verschiedenartige Tatmittel verwendet werden. Unerheblich ist, dass sich die beiden Taten gegen dasselbe Tatobjekt und gegen das gleiche Rechtsgut richten (Urteil des Bundesgerichts 6B_722/2011 vom 12. November 2012 E. 5.2.1). Besteht echte Konkurrenz zwischen vollendeten Taten, so ist, jedenfalls bei gleichzeitigem Einsatz sowohl von Brandmitteln als auch von Sprengstoff, auch echte Konkurrenz bei versuchter Tatbegehung zu bejahen (zur Konkurrenz mit strafbarer Vorbereitungshandlung nach Art. 260 bis Abs. 1 lit. g StGB vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_722/2011 vom 12. November 2012 E. 5.2.1).

Die USBV setzte sich nicht am vom Beschuldigten vorgesehenen Ort, sondern im Freien um, und der entstandene Brandherd konnte innert relativ kurzer Zeit vom Sicherheitspersonal gelöscht werden. Die pyrotechnischen Gegenstände hatten zum Teil starke Brandschäden, waren aber nicht explodiert (pag. 11-0-22). Damit ist unklar, welcher Personen- und welcher Sachschaden durch den Einsatz des Sprengstoffes einerseits und der Brandmittel andererseits in der Konzerthalle hätte angerichtet werden können. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge muss davon ausgegangen werden, dass das Schadenspotenzial beim Einsatz sowohl des Sprengstoffes als auch der Brandmittel grösser ist als bei Verwendung nur des einen oder andern Mittels. Aufgrund der Konstruktion der USBV bzw. der dafür verwendeten Komponenten ist jedenfalls zu schliessen, dass es dem Beschuldigten darum ging, durch den Einsatz beider Tatmittel einen möglichst grossen Schaden anzurichten. Darauf weist auch der politische Kontext der Tat hin. Somit ist vorliegend echte Konkurrenz zwischen versuchter Brandstiftung nach Art. 221 Abs. 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB und Art. 224 StGB anzunehmen.

Nach dem Gesagten ist der Beschuldigte auch wegen versuchter Brandstiftung gemäss Art. 221 Abs. 2 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.

6. Versuchte Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 , 3 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB )

6.1. Wer eine Sache, an der ein fremdes Eigentums-, Gebrauchs- oder Nutzniessungsrecht besteht, beschädigt, zerstört oder unbrauchbar macht, ist nach Art. 144 Abs. 1 StGB strafbar, sofern ein gültiger Strafantrag (Art. 30 StGB ) vorliegt. Hat der Täter einen grossen Schaden verursacht, so kann auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren erkannt werden. Die Tat wird von Amtes wegen verfolgt (Art. 144 Abs. 3 StGB ). Eine Beschädigung setzt voraus, dass in die physische Substanz der Sache eingegriffen wird; Beeinträchtigung ihrer Ansehnlichkeit genügt (BGE 115 IV 26 E. 2b). Nur die vorsätzliche Begehung ist strafbar (Art. 12 Abs. 1 StGB ); Eventualvorsatz genügt (Art. 12 Abs. 2 StGB ).

Art. 22 Abs. 1 StGB regelt die versuchte Tatbegehung (vgl. vorne E. 5.3.).

6.2. Die Bundesanwaltschaft erachtet den Tatbestand der versuchten qualifizierten Sachbeschädigung als erfüllt, weil der Beschuldigte die scharf gestellte USBV in der Konzerthalle vor dem Mischpult/Musikanlage deponiert habe und gleichzeitig eine Feuersbrunst sowie einen grossen Sachschaden am Mischpult/Musikanlage" habe verursachen wollen bzw. dies zumindest in Kauf genommen habe (Anklageschrift S. 4). Ein Sachschaden ist nicht entstanden (Anklageschrift S. 4).

6.3. Art. 221 StGB geht als lex specialis der Sachbeschädigung nach Art. 144 StGB vor ( Roelli/Fleischanderl , a.a.O., Art. 221 StGB N. 28; Trechsel/Fingerhuth, a.a.O., Art. 221 StGB N. 12). Der Beschuldigte wird wegen versuchter qualifizierter Brandstiftung im Sinne von Art. 221 Abs. 2 StGB verurteilt. Dieser Tatbestand gilt die versuchte einfache Brandstiftung nach Art. 221 Abs. 1 StGB ab (E. 5.4.). Der Versuch der Sachbeschädigung nach Art. 144 StGB geht somit im Versuch der qualifizierten Brandstiftung nach Art. 221 Abs. 2 StGB auf. Damit bleibt kein Raum für eine zusätzliche Verurteilung des Beschuldigten nach Art. 144 StGB .

6.4. Ergänzend ist festzuhalten, dass der Grundtatbestand von Art. 144 Abs. 1 StGB und damit ein entsprechender Versuch ohnehin verjährt wäre (Art. 97 Abs. 1 lit c aStGB i.V.m. Art. 389 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 StGB ). Eine Verurteilung wegen versuchter qualifizierter Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 3 StGB - welcher Tatbestand noch nicht verjährt wäre (Art. 97 Abs. 1 lit b StGB/aStGB) - fiele nur in Betracht, wenn der qualifizierte Tatbestand der Sachbeschädigung ein zusätzliches Rechtsgut schützt und die Qualifikation damit eine selbstständige Bedeutung hat (BGE 129 IV 188 E. 3.3; 124 IV 97 E. 2b/c). Das ist hier nicht der Fall: Die qualifizierte Sachbeschädigung unterscheidet sich von der einfachen Sachbeschädigung nur in Bezug auf die Intensität der Rechtsgutbeeinträchtigung. Der qualifizierte Tatbestand hat insoweit keine selbstständige Bedeutung.

7. Eventualanklage (Anklageschrift Ziff. 1.2); andere rechtliche Würdigung

7.1. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Beschuldigten im Sinne einer Eventualanklage Herstellen und Weiterschaffen von Sprengstoffen und giftigen Gasen gemäss Art. 226 Abs. 1 und 2 StGB und strafbare Vorbereitungshandlungen zu Brandstiftung gemäss Art. 260 bis Abs. 1 lit g i.V.m. Art. 221 StGB vor.

Nachdem der Beschuldigte im Sinne der Hauptanklage schuldig zu sprechen ist (E. 3-6), fällt die Eventualanklage ohne weiteres dahin (Art. 325 Abs. 2 StPO ).

7.2. Laut dem Privatkläger 2 sollte die Strafkammer den eventualiter angeklagten Sachverhalt (Anklageschrift Ziff. 1.2) auch unter sämtlichen gesetzlichen Tatbeständen gemäss Hauptanklage (Anklageschrift Ziff. 1.1) prüfen, und zwar hinsichtlich einer Mittäterschaft des Beschuldigten, eventuell als Teilnahme im Sinne der Gehilfenschaft (vgl. vorne E. 2.3.).

7.2.1. Will das Gericht einen Sachverhalt rechtlich anders würdigen als die Staatsanwaltschaft, so eröffnet es dies den anwesenden Parteien und gibt ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme (Art. 344 StPO ). Das Gericht kann in diesem Sinne grundsätzlich auch eine von der Privatklägerschaft angeregte abweichende rechtliche Würdigung der Anklage vornehmen.

7.2.2. Nachdem die Strafkammer den Sachverhalt der Hauptanklage als erwiesen erachtet, fällt eine Prüfung der Eventualanklage - mit rechtlicher Würdigung im Sinne der Privatklägerschaft - ohne weiteres dahin (vgl. vorne E. 7.1.).

7.3. Laut dem Privatkläger 1 sollte der Sachverhalt gemäss Anklageschrift Ziff. 1.1 nicht nur unter den angeklagten strafbaren Handlungen gegen Gemeininteressen (7. Titel [zweites Buch] StGB), sondern auch wegen versuchten Mordes und versuchter schwerer Körperverletzung geprüft werden (vgl. vorne E. 2.3.), also wegen bestimmter Straftaten gegen Leib und Leben (Art. 111 ff . StGB), mithin im Sinne der strafbaren Handlungen gegen Individualinteressen (1. Titel [zweites Buch] StGB). Zur Begründung führt er aus, er wäre mit grosser Wahrscheinlichkeit heute nicht mehr am Leben, wenn der Rucksack mit der USBV in seinen Händen explodiert wäre, als er ihn ins Freie hinaus getragen habe. Wohl habe der Beschuldigte nicht wissen können, dass der Rucksack gerade durch ihn behändigt werden würde, doch habe er dies in Kauf genommen. Gemäss klarer bundesgerichtlicher Rechtsprechung und Lehre bestehe zwischen Art. 224 StGB und Mord bzw. schwerer Körperverletzung Idealkonkurrenz (HV-Protokoll S. 3).

7.3.1. Es besteht Idealkonkurrenz zwischen Art. 224 StGB und den Verletzungsdelikten, wenn es nicht bei der Gefährdung bleibt, sondern die Tathandlung zur Verletzung des geschützten Rechtsguts, z.B. durch die Verwirklichung der verbrecherischen Absicht, führt (BGE 103 IV 241 , 245; Roelli/Fleischanderl , a.a.O., Art. 224 StGB N. 12). Dies ist selbst dann der Fall, wenn die Gefährdung vollständig in der Verletzung aufgeht, da eine Konsumierung des Gefährdungs- durch das Verletzungsdelikt sonst wegen der hohen Strafdrohung (des Gefährdungstatbestands) zu unbilligen Ergebnissen führen würde ( Trechsel/Fingerhuth , a.a.O., Art. 224 StGB N. 12). Auch Stratenwerth/Bommer ( Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II: Straftaten gegen Gemeininteressen, 7. Aufl., Bern 2013) nehmen bei Art. 224 StGB mit gleicher Begründung echte Konkurrenz an, wenn der Täter seine verbrecherische Absicht verwirklicht, er also noch einen weiteren Verbrechens- oder Vergehenstatbestand erfüllt. Die Autoren schränken allerdings ein, dass diese Auslegung die Gemeingefährlichkeit des Delikts erfordere (a.a.O., S. 64 i.V.m. S. 60); dessen besondere Verwerflichkeit werde erst dadurch begründet, dass die Opfer unbeteiligte, nicht als Individuen ausgewählte Dritte seien, sie vielmehr, im Verhältnis zum Täter, als Repräsentanten der Allgemeinheit erscheinen würden. Die gefährdeten Personen müssten vom Zufall ausgewählt worden sein (a.a.O., S. 46 f.; zustimmend Trechsel/Fingerhuth, a.a.O., vor Art. 221 StGB N. 2 m.w.H.). Die bei gemeingefährlichen Straftaten wegen des unkontrollierbaren Geschehensablaufs im Vergleich zu den gegen individuelle Rechtsgüter gerichteten Delikte angedrohte höhere Strafe rechtfertigt sich nur, wenn die Allgemeinheit gefährdet wurde. Allerdings spielt es dabei keine Rolle, ob die Gefahr nur eine oder mehrere Personen der Allgemeinheit trifft ( Roelli/Fleischanderl , a.a.O., vor Art. 221 StGB N. 11). Den Tötungs- und Körperverletzungsdelikten ist hingegen dann der ausschliessliche Vorrang zu geben, wenn mit einem Tatmittel des siebten Titels (Feuer, Sprengstoff, Gas etc.) von vorneherein bloss eine Individualgefahr für ganz bestimmte vom Täter ins Auge gefasste Personen bewirkt wurde, die anschliessend zu einer Verletzung führte ( Roelli/Fleischanderl , a.a.O., vor Art. 221 StGB N. 14). Im letzteren Sinne entschied die Strafkammer, dass bei einer mittels einer Handgranate - Sprengstoff i.S.v. Art. 224 StGB - auf offener Strasse gegen die Ehefrau versuchten vorsätzlichen Tötung der Täter nur wegen Letzterer und nicht zusätzlich nach Art. 224 StGB zu bestrafen war, da er mit Ausnahme seiner Ehefrau keine anderen Personen verletzen wollte und er niemand anderen konkret gefährdet hatte (Entscheid des Bundesstrafgerichts SK.2015.4 vom 18. März 2015 E. 4.4.2).

Vorliegend wurde der Privatkläger 1 - wie alle anderen, konkret gefährdeten Personen in der Konzerthalle - im Sinne der Repräsentationstheorie vom Zufall ausgewählt; der Beschuldigte wollte nicht gerade ihn - unter Inkaufnahme weiterer möglicher Opfer - als individuell ausgewählte Person treffen. Der Beschuldigte konnte denn auch gar nicht wissen, dass sich der Privatkläger 1 als Sicherheitsmitarbeiter in der Konzerthalle aufhalten und sich um den von ihm deponierten Rucksack kümmern würde. Da der Privatkläger 1 weder verletzt noch getötet worden ist, greifen nicht zusätzlich die Strafbestimmungen der Art. 111 ff . StGB . Nicht anders verhält es sich hinsichtlich einer versuchten Tatbegehung, denn eine solche war nicht gegen den Privatkläger 1 als individuell ausgewählte Person gerichtet. Die Voraussetzungen für eine Verurteilung wegen versuchten Mordes bzw. versuchter schwerer Körperverletzung wären demnach nicht erfüllt.

7.3.2. Hinzu kommt, dass die prozessualen Voraussetzungen für eine abweichende rechtliche Würdigung der Anklage nach Art. 344 StPO im Sinne der Auffassung des Privatklägers 1 nicht erfüllt sind. Eine solche kann das Gericht nämlich nur vornehmen, wenn alle objektiven und subjektiven Tatbestandselemente des ins Auge gefassten anderen Delikts in der Anklage hinreichend umschrieben sind ( Hauri/Venetz , a.a.O., Art. 344 StPO N. 4). Wo dies nicht zutrifft, ist - soweit zulässig - nach Art. 333 StPO vorzugehen, doch ist die Anklagebehörde nicht verpflichtet, eine Änderung der Anklage im Sinne der Anregung des Gerichts vorzunehmen ( Stephenson/Zalunardo-Walser , Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 333 StPO N. 5a). Der Staatsanwalt des Bundes gab denn auch seine Auffassung kund, weshalb er von Anfang an keine Erweiterung der Anklage im Sinne des Privatklägers 1 vorgenommen hatte (HV-Protokoll S. 4). Eine Veranlassung, der Bundesanwaltschaft Gelegenheit für eine Änderung der Anklage im Sinne von Art. 333 StPO zu geben, bestand - wie oben erläutert - sodann nicht. Der Antrag des Privatklägers 1 kann somit nicht gutgeheissen werden.

8. Strafzumessung

8.1.

8.1.1. Innerhalb des Strafrahmens misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters (Art. 47 Abs. 1 StGB ). Das Verschulden bestimmt sich nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Tat zu vermeiden (Art. 47 Abs. 2 StGB ). Somit kommt dem (subjektiven) Tatverschulden eine entscheidende Rolle zu (BGE 136 IV 55 E. 5.4). Ausgehend von der objektiven Tatschwere hat das Gericht dieses Verschulden zu bewerten. Es hat im Urteil darzutun, welche verschuldensmindernden und -erhöhenden Gründe im konkreten Fall gegeben sind, um so zu einer Gesamteinschätzung des Tatverschuldens zu gelangen (BGE 136 IV 55 E. 5.5). Der Gesetzgeber hat einzelne Kriterien aufgeführt, die für die Verschuldenseinschätzung von wesentlicher Bedeutung sind und das Tatverschulden vermindern bzw. erhöhen (BGE 136 IV 55 E. 5.5, 5.6). Das Gesetz führt indes weder alle in Betracht zu ziehenden Elemente detailliert und abschliessend auf, noch regelt es deren exakte Auswirkungen bei der Bemessung der Strafe. Es liegt im Ermessen des Gerichts, in welchem Umfang es die verschiedenen Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt. Dabei ist es nicht gehalten, in Zahlen oder Prozenten anzugeben, wie es die einzelnen Strafzumessungskriterien berücksichtigt (BGE 136 IV 55 E. 5.6 S. 61; 134 IV 17 E. 2.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_650/2007 vom 2. Mai 2008 E. 10.1).

8.1.2. Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden (Art. 49 Abs. 1 StGB ). Bei der Bildung der Gesamtstrafe gemäss Art. 49 Abs. 1 StGB ist vorab der Strafrahmen für die schwerste Straftat zu bestimmen und alsdann die Einsatzstrafe für die schwerste Tat innerhalb dieses Strafrahmens festzusetzen. Schliesslich ist die Einsatzstrafe unter Einbezug der anderen Straftaten in Anwendung des Asperationsprinzips angemessen zu erhöhen. Das Gericht hat mithin in einem ersten Schritt, unter Einbezug aller straferhöhenden und strafmindernden Umstände, gedanklich die Einsatzstrafe für das schwerste Delikt festzulegen. In einem zweiten Schritt hat es diese Einsatzstrafe unter Einbezug der anderen Straftaten zu einer Gesamtstrafe zu erhöhen, wobei es ebenfalls den jeweiligen Umständen Rechnung zu tragen hat (Urteile des Bundesgerichts 6B_405/2011 und 6B_406/2011 vom 24. Januar 2012 E. 5.4; 6B_1048/2010 vom 6. Juni 2011 E. 3.1; 6B_218/2010 vom 8. Juni 2010 E. 2.1; 6B_865/2009 vom 25. März 2010 E. 1.2.2; 6B_297/2009 vom 14. August 2009 E. 3.3.1; 6B_579/2008 vom 27. Dezember 2008 E. 4.2.2, je m.w.H.). Die tat- und täterangemessene Strafe ist dabei grundsätzlich innerhalb des ordentlichen Strafrahmens der (schwersten) anzuwendenden Strafbestimmung festzusetzen. Der ordentliche Strafrahmen wird bei Vorliegen von Strafschärfungs- bzw. Strafmilderungsgründen nicht automatisch erweitert; er ist nur zu verlassen, wenn aussergewöhnliche Umstände vorliegen und die für die betreffende Tat angedrohte Strafe im konkreten Fall zu hart bzw. zu milde erscheint (BGE 136 IV 55 E. 5.8). Mit der Gesamtstrafe ist die für das schwerste Delikt gesetzlich festgelegte Mindeststrafe in jedem Fall zu überschreiten ( Ackermann , Basler Kommentar, 3. Aufl., Basel 2013 , Art. 49 StGB N. 121). Sieht jedoch der abstrakt weniger schwere Tatbestand eine höhere Mindeststrafe vor, so bestimmt diese den unteren Rand des Strafrahmens ( Sperrwirkung des milderen Tatbestands"; Trechsel/Affolter-eijsten , Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, Art. 49 StGB N. 8).

8.1.3. Hat das Gericht eine Tat zu beurteilen, die der Täter begangen hat, bevor er wegen einer andern Tat verurteilt worden ist, so bestimmt es die Zusatzstrafe in der Weise, dass der Täter nicht schwerer bestraft wird, als wenn die strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären (Art. 49 Abs. 2 StGB ). Das Asperationsprinzip greift nur, wenn mehrere gleichartige Strafen ausgesprochen werden. Ungleichartige Strafen sind kumulativ zu verhängen. Das Gericht kann somit nur eine Gesamtfreiheitsstrafe ausfällen, wenn es im konkreten Fall für jede einzelne Tat eine Freiheitsstrafe ausfällen würde. Diese Voraussetzungen gelten auch für die Bildung der Zusatzstrafe bei der retrospektiven Konkurrenz. Der Zweitrichter ist in Bezug auf die Strafart an den rechtskräftigen ersten Entscheid gebunden. Die Bildung der Gesamtstrafe gemäss Art. 49 StGB unterliegt somit dem Verhältnismässigkeitsprinzip. Im Falle der retrospektiven Konkurrenz ist der Zweitrichter nicht befugt, die Strafart des rechtskräftigen ersten Entscheides zu ändern (BGE 137 IV 249 E. 3.4.2). Die Bildung einer Gesamtstrafe - und mithin einer Zusatzstrafe - ist also nur möglich, wenn mehrere Geldstrafen, mehrfache gemeinnützige Arbeit, mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Bussen ausgesprochen werden. Demnach ist es ausgeschlossen, eine Freiheitsstrafe als Zusatzstrafe zu einer Geldstrafe auszusprechen (BGE 137 IV 57 E. 4.3.1).

8.2. Der Beschuldigte wurde vom Gerichtskreis III Aarberg-Büren-Erlach mit Urteil vom 22. März 2010 wegen von Februar 2004 bis Juli 2008 begangener Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261 bis StGB zu einer Geldstrafe von 25 Tages-sätzen zu Fr. 30.--, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren, und einer Busse von Fr. 150.-- verurteilt (pag. 18-02-3). Die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn verurteilte den Beschuldigten mit Strafverfügung vom 17. Mai 2010 wegen Angriffs im Sinne von Art. 134 StGB , begangen am 25. Mai 2008, im Sinne einer Zusatzstrafe zum vorgenannten Urteil zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu Fr. 30.--, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren, und einer Busse von Fr. 300.-- (pag. 18-01-82). Die Bundesanwaltschaft verurteilte den Beschuldigten - als Zusatzstrafe zum Urteil vom 17. Mai 2010 der Staatsanwaltschaft Solothurn (pag. 03-00-36 f.) - mit Strafbefehl vom 14. Oktober 2013 wegen Widerhandlungen gegen Art. 33 Abs. 1 lit. a und Art. 34 Abs. 1 lit. i des Waffengesetzes und Widerhandlungen gegen Art. 19 Abs. 1 lit. a (recte: lit. d [pag. 03-00-13]) des Betäubungsmittelgesetzes zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 70.--, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von drei Jahren, und einer Busse von Fr. 400.-- (pag. 03-00-14 f.). Als Tatzeitpunkt gilt gemäss den Erwägungen das Datum der jeweiligen Sicherstellung der Tatobjekte, mithin der 30. März 2010, und mit Bezug auf das Nichtbeachten der Meldepflicht betreffend Besitzes eines Schalldämpfers der 21. Juni 2012 (pag. 03-00-10 f.).

Die vorgenannten Urteile sind rechtskräftig. Die hier zu beurteilenden strafbaren Handlungen beging der Beschuldigte am 4. August 2007, also bevor er erstmals strafrechtlich beurteilt worden ist. Als Zusatzstrafe im Sinne von Art. 49 Abs. 2 StGB zu den vorgenannten Urteilen käme nur eine Geldstrafe in Betracht. Ist das Gericht der Ansicht, es sei eine Freiheitsstrafe zu verhängen, muss es eine eigenständige Strafe bilden. Zudem hat es in diesem Falle hinreichend zu begründen, weshalb es sich für eine Freiheitsstrafe anstelle einer Geldstrafe entscheidet (BGE 137 IV 57 E. 4.3.2). Art. 221 Abs. 2 StGB droht Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, Art. 224 Abs. 1 StGB nicht unter einem Jahr an; die Möglichkeit einer Geldstrafe besteht bei beiden Tatbeständen nicht. Eine solche wäre zwar für die bloss versucht begangene Brandstiftung aufgrund des Strafmilderungsgrunds des Versuchs theoretisch denkbar (Art. 22 Abs. 1 i.V.m. Art. 48 a Abs. 2 StGB ). Wie sich nachfolgend ergibt, fällt eine derart weitgehende Strafmilderung jedoch nicht in Betracht. Demnach ist vorliegend für beide Delikte eine eigenständige Strafe zu bilden, und zwar im Sinne einer Gesamtstrafe nach Art. 49 Abs. 1 StGB .

8.3. Der Strafrahmen liegt bei 1 bis 20 Jahren Freiheitsstrafe und bestimmt sich wie folgt: Abstrakt schwerste Tat im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB ist Art. 221 Abs. 2 StGB mit einer Strafdrohung von Freiheitsstrafe von drei Jahren bis 20 Jahren. Dem Strafmilderungsgrund des Versuchs ist - wie allen anderen Strafzumessungsfaktoren und soweit erforderlich - im Rahmen der gedanklichen Festsetzung der Einsatzstrafe Rechnung zu tragen. Dabei kommt der Untergrenze des Strafrahmens von Art. 224 Abs. 1 StGB von einem Jahr Freiheitsstrafe eine Sperrwirkung zu. Die Einsatzstrafe ist alsdann infolge Tatmehrheit (Idealkonkurrenz von Art. 221 Abs. 2 StGB mit Art. 224 Abs. 1 StGB ) gemäss Art. 49 Abs. 1 StGB angemessen zu erhöhen. Dabei sind wiederum die jeweiligen Strafzumessungsfaktoren nach Art. 47 StGB zu berücksichtigen. Die Obergrenze des Strafrahmens beträgt 20 Jahre Freiheitsstrafe (Art. 49 Abs. 1 i.V.m. Art. 40 StGB ).

8.4.

8.4.1. a) Beim versuchten Brandanschlag vom 4. August 2007 handelt es sich um einen ernst zu nehmenden, schweren Vorfall. Der Beschuldigte hat eine funktionsfähige, scharf gestellte USBV mit einem Benzinvorrat von bis zu 4,5 l inmitten einer Konzerthalle platziert, um sie während eines Konzerts, als sich ca. 1'000 bis 1'500 Personen relativ dicht gedrängt in einem nicht beleuchteten Teil der Halle aufhielten, entzünden zu lassen. Aufgrund der explosionsartigen Entstehung des Feuers, des dabei entstehenden Feuerballs, der Ausbreitungstendenz des Feuers und der zahlreichen Personen in unmittelbarer Nähe zur USBV hätte mit einer grossen Wahrscheinlichkeit mit der Verwirklichung der von der Feuersbrunst ausgehenden Gefahr für Leib und Leben von Menschen gerechnet werden müssen. Wegen der dicht stehenden Menschenmenge wäre zudem eine rasche Flucht der sich am nächsten beim Brandherd befindenden Personen erschwert und eine panische Reaktion wahrscheinlich gewesen. Kleider und Personen hätten in Brand geraten können. Es hätte eine nahe Gefahr für Leib und Leben zahlreicher Personen bestanden. Ausserdem bestand eine grosse Wahrscheinlichkeit, dass das Mischpult/Musikanlage durch die Feuersbrunst Schaden erleiden würde. Der Beschuldigte hat für seine Handlung Örtlichkeit und Zeitpunkt so ausgewählt, dass sie einen grösstmöglichen Schaden anrichten würde, wobei nach Verbrennung des Benzins kaum mehr gleichwertiger Brennstoff vorgelegen hätte und der Feuerball in seiner ursprünglichen Form schliesslich in sich zusammengesackt wäre. In objektiver Hinsicht liegt somit ein mittelschweres Verschulden vor.

b) Die vollendet versuchte Tat wäre für den Beschuldigten ohne weiteres vermeidbar gewesen. Der Beschuldigte wollte aus einer politischen bzw. gesellschaftlichen Einstellung heraus eine möglichst grosse Anzahl Andersdenkender - ihm unbekannte, beliebige Personen - mittels einer Feuersbrunst in eine nahe Gefahr für Leib und Leben bringen und fremdes Eigentum schädigen. Er zählte sich im Tatzeitpunkt der rechtsextremen Szene nahe stehend, doch bezeichnete er sich nicht als Mitglied einer entsprechenden Vereinigung. Entschlussfassung und Umsetzung seines Tatplans hat er aus eigenem Antrieb unternommen. Die Ausführung der Tat erforderte die Beschaffung verschiedener Komponenten, entsprechendes Wissen, technische Fähigkeiten und eine minutiöse Vorbereitung. Das Platzieren der scharf gestellten USBV inmitten der stark besuchten Konzerthalle bedingte darüber hinaus eine grosse Unerschrockenheit. Die Haltung und die Leichtfertigkeit des Beschuldigten ergeben sich aus seinen zahlreichen Interneteinträgen. Es liegen ein äusserst verwerfliches Motiv und eine egoistische Einstellung vor. In subjektiver Hinsicht ist ein schweres Tatverschulden gegeben.

8.4.2. Laut Aussage des Beschuldigten sei er in die rechtsextreme Szene geraten, weil er in der Schulzeit Probleme mit Schülern mit Migrationshintergrund gehabt habe; das eine habe dann zum andern geführt. Er habe sich nach neuen Freunden umgesehen, so habe es Kontakt und Anschluss in der Nähe der rechten Szene gegeben. Er sei jung gewesen und wahrscheinlich von falschen Gefühlen geleitet worden. Er habe sich in der Rekrutenschule, die er im Sommer 2009 als Militärpolizei-Grenadier absolviert habe (pag. 13-01-61), vom rechtsextremen Gedankengut und in der Folge auch von jener Szene distanziert. Der Ausstieg habe sich über längere Zeit hin, bis 2010, erstreckt, weil ein sofortiger, offen kommunizierter Ausstieg nicht gern gesehen werde. Gleichzeitig habe er sich ein neues Umfeld mit Personen geschaffen, die er im Militär kennengelernt habe. Er habe im Militär gelernt, dass man jedem Menschen unabhängig von seiner Herkunft vertrauen könne. Das Kapitel der rechtsextremen Szene sei für ihn nach der Rekrutenschule abgeschlossen gewesen. Kontakt zu Personen aus der rechten Szene habe er heute nicht mehr. Seine politische Einstellung habe sich seit 2007 stark geändert. Er bezeichne sich heute als unpolitisch und vertrete eine eigenständige Meinung, befasse sich aber nicht konkret mit Politik (EV-Protokoll S. 4 f., 7; pag. 13-01-57, 13-01-83, 13-01-102 ff., 13-01-127). Von der Militärdienstpflicht sei er wegen einer Verurteilung freigestellt worden (pag. 13-01-113, 13-01-126). Den Beteuerungen des Beschuldigten zum Ausstieg aus der rechtsextremen Szene steht ein SMS-Verkehr mit Ausdrücken (Grussformeln) entgegen, welche einen eindeutigen Bezug zu jenem Gedankengut aufweisen ( heil 84" [Heil Dir]: SMS von I. an Beschuldigten vom 30. November 2010 18:06:48, pag. 9-00-62; 84" [Heil Dir]: SMS des Beschuldigten an I. vom 30. November 2010 18:16:42, pag. 9-00-63; Heil hugo": SMS von J. an Beschuldigten vom 30. November 2010 19:27:42, pag. 9-00-65). Der Beschuldigte erklärte zum SMS-Austausch mit I., es handle sich um einen Freund aus der damaligen rechten Szene; es sei der einzige Freund, den er dort wirklich gehabt habe; er wisse aber, dass I. schon längere Zeit nicht mehr in der rechtsextremen Szene sei. Ende 2010 habe er schon länger keinen regelmässigen Kontakt mehr mit ihm gehabt; sie hätten möglicherweise noch ab und zu eine Nachricht ausgetauscht (EV-Protokoll S. 6 Z. 34 ff.). Den Begriff 84", welcher Heil Dir" bedeute, verwende er mit I. aus Gewohnheit, nicht aus Gesinnung (pag. 13-01-82). Zur SMS-Nachricht von J. sagte der Beschuldigte aus, dass dieser sein bester Freund sei und nicht mit der rechtsextremen Szene zu tun gehabt habe; J. habe sich ab und zu über seine damalige Gesinnung lustig gemacht. Es sei im SMS nur um das gegangen. Es sei auch vorgekommen, dass er ihm so geantwortet habe (EV-Protokoll S. 6 Z. 9 ff.). Sie würden sich untereinander oft so äussern, um sich lustig zu machen, das sei mehr aus Spass (pag. 13-01-100 f.). Sodann steht fest, dass der Beschuldigte mit SMS vom 10. Dezember 2010, in welchem er offensichtlich auf die Beschlagnahme von Waffen Bezug nimmt, K. mit Krew i honor" grüsste (pag. 9-00-70). Er erklärte, dass das auf Polnisch Blut und Ehre" bedeute und eine Geste sei. Er kenne K. aus der Lehre; dieser habe nie etwas mit rechtsextremem Gedankengut zu tun gehabt (EV-Protokoll S. 5 Z. 25 ff.). Blood and Honour" heisst auch die Internetplattform, auf welcher der Beschuldigte Einträge verfasste (E. 4.4.5). Der Beschuldigte erklärte, dass er meistens mit den Leuten von Blood and Honour" unterwegs gewesen sei (pag. 13-01-101).

Aus dem Gesagten kann geschlossen werden, dass die Distanzierung des Beschuldigten von der rechtsextremen Szene und deren Gedankengut offenbar zögerlich erfolgt ist. Ob dies rein aus innerer Überzeugung, aus einem Gesinnungswandel heraus, geschehen ist oder aus anderen Beweggründen, eventuell im Zusammenhang mit dem vorliegenden Strafverfahren und der drohenden Strafe, ist offen. Das Verfahren begann für den Beschuldigten ersichtlich mit den Hausdurchsuchungen vom 30. März 2010 und 22. November 2010 sowie der Beschlagnahme von zahlreichen Waffen, Waffenzubehör, pyrotechnischen Gegenständen etc. Selbst wenn man dem Beschuldigten eine Loslösung von der rechtsextremen Szene aus eigenem Antrieb zu Gute halten will, so war diese - nach seinen eigenen Angaben - erst mehr als drei Jahre nach dem versuchten Brandanschlag abgeschlossen. Anzeichen für aufrichtige Reue liegen nicht vor (Art. 48 lit. d StGB ). Auch eine Einsicht in das Unrecht der Tat ist nicht erkennbar. Der Beschuldigte bestreitet vielmehr bis heute, Urheber des Brandanschlags zu sein. Dem Beschuldigten kann hingegen in einem erheblichen Masse sein im Tatzeitpunkt jugendliches Alter zu Gute gehalten werden - er war 18 Jahre alt.

8.4.3. Der Strafmilderungsgrund des Versuchs (Art. 22 Abs. 1 i.V.m. Art. 48 a StGB ) wirkt sich nur in relativ geringem Masse aus, etwa zu einem Fünftel im Vergleich zur hypothetischen Einsatzstrafe für eine vollendete Tat, da vollendeter Versuch vorliegt. Der Beschuldigte hat alles unternommen, um den Erfolg herbeizuführen.

8.4.4. Das Gericht mildert die Strafe, wenn das Strafbedürfnis in Anbetracht der seit der Tat verstrichenen Zeit deutlich vermindert ist und der Täter sich in dieser Zeit wohl verhalten hat (Art. 48 lit e StGB ). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung hat eine Strafmilderung in jedem Fall zu erfolgen, wenn zwei Drittel der Verjährungsfrist vergangen sind ( BGE 132 IV 1 E. 6.2). Seit der Tat vom 4. August 2007 sind rund acht Jahre und acht Monate verstrichen, mithin weniger als zwei Drittel der Verjährungsfrist von 15 Jahren (Art. 97 Abs. 1 lit. b StGB/aStGB). Auch hat sich der Beschuldigte nicht straffrei verhalten (E. 8.2). Somit liegt kein Strafmilderungsgrund nach Art. 48 lit. e StGB vor. Dennoch ist es gerechtfertigt, die verhältnismässig lange Dauer seit der Tat innerhalb des ordentlichen Strafrahmens strafmindernd im Sinne von Art. 47 StGB bedeutend zu berücksichtigen.

8.4.5. Der Beschuldigte ist heute knapp 27 Jahre alt, ledig und hat eine Freundin. Er hat keine Kinder. Er wuchs bei seinen Grosseltern in Z. auf; an dieser Adresse wohnte er zeitlebens bis heute. Er hat einen Halbbruder, wuchs aber nicht mit ihm zusammen auf. Er pflegt Kontakt zu seinen geschiedenen Eltern. Der Beschuldigte besuchte die Primar- und Sekundarschule in Z. und absolvierte eine vierjährige Berufslehre als Mikromechaniker, die er 2009 abschloss. Im gleichen Jahr absolvierte er die Rekrutenschule. Danach war er wegen der Wirtschaftslage ein halbes Jahr arbeitslos. Dann fand er zuerst eine Temporär-, später eine Festanstellung. Er arbeitete bis Ende April 2013 in verschiedenen Unternehmen und erzielte ein monatliches Nettoeinkommen von Fr. 3'800.-- bis Fr. 4'500.-- (inkl. Anteil 13. Monatslohn). Seit Mai 2013 betätigt er sich als selbstständig Erwerbender mit der Vermittlung von Eventtechnik und Lautsprechersystemen für Konzerte und Klubs. Er verdient durchschnittlich Fr. 1'200.-- im Monat; andere Einkünfte hat er nicht. Den Mietzins für sein Zimmer von monatlich Fr. 400.-- bezahlt er der Grossmutter, wenn es ihm möglich ist, ansonsten verzichtet diese darauf. Die Krankenkassenprämie beträgt monatlich Fr. 320.--. Der Beschuldigte hat kein Vermögen und keine Schulden (EV-Protokoll S. 2 f.; pag. 13-01-7 f.; 13-01-113 ff., 13-01-126 f.). Laut den Steuerakten hatte er im Jahr 2013 Schulden von Fr. 1'647.-- (pag. 8-261-5); dabei handelte es sich offenbar um Kreditkartenschulden (EV-Protokoll S. 3). Der Beschuldigte weist keine Betreibungen oder Verlustscheine auf (pag. 8-261-3). Obwohl er sich seit rund drei Jahren als selbstständig Erwerbender betätigt, hat er keine finanzielle Unabhängigkeit erreichen können. Er muss offensichtlich mit Einkünften weit unterhalb des Existenzminimums und teilweise mit Unterstützung Dritter auskommen. Das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse wirken sich vorliegend neutral aus.

8.4.6. Aufgrund des objektiv mittelschweren und subjektiv schweren Tatverschuldens ist eine mehrjährige Freiheitsstrafe in Betracht zu ziehen, für welche auch der teilbedingte Strafvollzug nicht mehr in Frage kommt (vgl. Art. 43 StGB ). Der Beschuldigte ist gesund, familiär ungebunden und scheint sozial gefestigt zu sein; beruflich befindet er sich im Aufbau einer Einzelfirma, jedoch ohne ersichtliche finanzielle Investitionen. Eine besondere Strafempfindlichkeit besteht nicht. Die mit jedem Freiheitsentzug verbundenen Einschränkungen wirken sich nicht über ein Normalmass hinaus aus. Somit wirken sich die Folgen der Strafe auf das Leben des Beschuldigten bei der Strafzumessung neutral aus.

8.4.7. Die Einsatzstrafe ist infolge Tatmehrheit - Idealkonkurrenz mit Art. 224 StGB - angemessen zu erhöhen. Hierbei fällt hinsichtlich der objektiven Tatschwere ins Gewicht, dass der Beschuldigte mit der Kombination von Brand- und Sprengmitteln eine möglichst grosse Zerstörungswirkung erzielen wollte, er also eine nahe Gefahr für eine möglichst grosse Anzahl von Menschen und eine möglichst grosse Wahrscheinlichkeit einer Verletzung der Rechtsgüter Leib und Leben schaffen und möglichst grossen Schaden an fremdem Eigentum erzielen wollte. Hinsichtlich der subjektiven Tatschwere und der übrigen Strafzumessungsfaktoren kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden (E. 8.4.1-6).

8.4.8. In Berücksichtigung aller Strafzumessungsfaktoren ist der Beschuldigte zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren zu verurteilen.

8.5. Für den Vollzug des Urteils bzw. der unbedingten Freiheitsstrafe ist der Kanton Bern als zuständig zu bestimmen (Art. 74 Abs. 2 StBOG i.V.m. Art. 31 StPO ).

9. Einziehung

9.1. Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden (Art. 69 Abs. 1 StGB ). Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden (Art. 69 Abs. 2 StGB ). Ist die Beschlagnahme eines Gegenstandes nicht vorher aufgehoben worden, so ist über seine Rückgabe an die berechtigte Person oder über seine Einziehung im Endentscheid zu befinden (Art. 267 Abs. 3 StPO ).

9.2. Die Anklageschrift listet in Ziff. 4 gemäss Art. 326 Abs. 1 lit. c StPO folgende, anlässlich von Hausdurchsuchungen beim Beschuldigten beschlagnahmte Gegenstände auf:

4.1. diverse pyrotechnische Sprengkörper, drei Wecker, Behälter angeschrieben mit "Ammoniumnitrat", diverses elektronisches Zubehör (Ass. 43, 44); A4-Blatt, Bestandteile "SEMTEX", handschriftlich aufgeschrieben (Ass. 45); fünf A4-Blätter, Kopien zur Herstellung einer "BOLTGUN" (Ass. 46);

4.2. zwei Klarsichtmappen mit diversen Schriftstücken (Ass. 1, 2); Ordner schwarz mit diversen Unterlagen (Ass. 5);

4.3. Metallbauteil, silbergrau (Ass. 4); Kunststoffbauteil, grau (Ass. 7); diverse Kunststoffbauteile, grau und schwarz (Ass. 1-3); zwei Stück Papier, gefaltet, mit Pulver (Ass. 5, 6); ein Kabel, grau (Ass. 8).

Bei den Gegenständen gemäss Ziff. 4.1 und 4.3 handelt sich gemäss Beschreibung in den Hausdurchsuchungsprotokollen praktisch ausnahmslos um Utensilien zur Herstellung eines "Sprengkörpers". Diese Gegenstände waren offensichtlich zur Begehung einer Straftat bestimmt. Sie gefährden mithin die Sicherheit von Menschen und die öffentliche Ordnung und sind deshalb einzuziehen.

Bei den unter Ziff. 4.2 aufgeführten Gegenständen handelt es sich um Schriftstücke, etwa Anleitungen zur Herstellung von unkonventionellen "Sprengkörpern" und deren Komponenten ("Bau einer Rohrbombe", "Die Herstellung von Schiesspulver", "Die Herstellung von Nitroglyzerin" etc., cl. 7 pag. B08-1-125 ff.), Unterlagen zur Guerilla-Taktik ("SS-Werwolf Combat Instruction Manual", cl. 7 pag. B08-1-44 ff.) oder Unterlagen zur Schiessausbildung und Handhabung eines Karabiners der Schweizerischen Armee (cl. 7 pag. B08-1-135 ff., ...151 ff.). Als solche geht von ihnen keine unmittelbare Gefahr für die Sicherheit von Menschen oder die öffentliche Ordnung aus, indessen können diese Dokumente in Verbindung mit den darin genannten Gegenständen zu einer solchen Gefahr führen. Der Beschuldigte hat im Übrigen im Vorverfahren im Hinblick auf den Einstellungsentscheid einer Einziehung dieser Gegenstände zugestimmt (cl. 1 pag. 3-0-29) und dies sinngemäss in der Hauptverhandlung bestätigt (EV-Protokoll S. 8). Er hat damit implizit auf deren allfällige Rückgabe verzichtet. Die Gegenstände gemäss Ziff. 4.2 der Anklageschrift sind demnach ebenfalls einzuziehen.

10. Zivilklagen

10.1. Die geschädigte Person kann zivilrechtliche Ansprüche aus der Straftat im Strafverfahren geltend machen (Art. 122 Abs. 1 StPO ). Darüber entscheidet das Gericht (Art. 124 Abs. 1 StPO ) mit dem Urteil in der Hauptsache (Art. 81 Abs. 4 lit. b StPO ), wenn es schuldig spricht oder wenn es freispricht und der Sachverhalt spruchreif ist (Art. 126 Abs. 1 StPO ). Die geschädigte Person muss ihren Anspruch spätestens an der Hauptverhandlung im Parteivortrag beziffern und begründen (Art. 123 Abs. 2 StPO ). Wer Schadenersatz beansprucht, hat den Schaden zu beweisen (Art. 42 Abs. 1 OR ).

10.2. Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts bejahte mit Entscheid vom 12. August 2014 die Geschädigtenstellung im Sinne von Art. 115 StPO - soweit gemäss Anklage noch relevant - für den Privatkläger 1 hinsichtlich aller untersuchten gemeingefährlichen Delikte, mithin jene gemäss Art. 224 Abs. 1 StGB und Art. 221 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 22 StGB , und für den Privatkläger 2 hinsichtlich der versuchten Sachbeschädigung gemäss Art. 144 i.V.m. Art. 22 StGB und der versuchten Brandstiftung gemäss Art. 221 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 22 StGB . Auf die Zivilklagen ist demnach einzutreten, soweit die Rechtsverletzungen auf die entsprechenden Straftatbestände zurückzuführen sind.

10.3. Zivilklage von B. (Privatkläger 1)

10.3.1. Der Privatkläger 1 verlangt die Zusprechung von Fr. 5'000.-- als Genugtuung. Er macht geltend, er sei durch den vom Beschuldigten ausgeführten Anschlag psychisch und seelisch stark getroffen und in schwerer Weise in seiner Persönlichkeit verletzt worden. Das Erlebnis mit der umgesetzten USBV habe sein Leben nachhaltig verändert. Der Beschuldigte habe aus purem Hass auf eine andere Lebensform oder Einstellung nach seinem Leben und dem vieler weiterer, zufällig anwesender Personen getrachtet. Das habe bei ihm zu einem grossen seelischen Schmerz geführt. Die Gedanken an die hinterhältige Machart der "Bombe" mittels Zeitzünder, die Platzierung inmitten einer grossen Menschenansammlung und die Tatsache, dass es dem Zufall zu verdanken sei, dass der Konzertabend nicht in einem Inferno geendet habe, hätten bei ihm zu schlaflosen Nächten geführt und liessen ihn heute noch nachdenklich werden. Wegen des Vorfalls habe er, der eine Haupttätigkeit als Gassenarbeiter ausübe, nur noch vereinzelte Veranstaltungen organisieren können; erst gut drei Jahre später sei er wieder imstande gewesen, vermehrt Konzerte zu veranstalten. Dank der Unterstützung von Bekannten sei es ihm gelungen, den Vorfall ein Stück weit aufzuarbeiten, ohne professionelle Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Schuld und Widerrechtlichkeit der Handlung ergäben sich aus den Anträgen im Strafpunkt. Die Persönlichkeitsverletzung sei vom Beschuldigten nicht wiedergutgemacht worden. Unter Würdigung des erheblichen Verschuldens und des schweren Eingriffs in die Persönlichkeit sei die verlangte Genugtuungssumme angemessen.

Der Beschuldigte beantragt kostenfällige Abweisung der Zivilklage.

10.3.2. Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen (Art. 47 OR ). Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist (Art. 49 Abs. 1 OR ). Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen (Art. 49 Abs. 2 OR ).

Art. 47 OR ist, ebenso wie Art. 49 OR , nicht eine Haftungsnorm, sondern eine Norm für die Bemessung der Leistungspflicht eines Haftpflichtigen ( Brehm , Berner Kommentar, 4. Aufl., Bern 2013, Art. 47 OR N. 15, Art. 49 OR N. 13). Als solche kommt sie nur zum Tragen, wenn die Haftungsvoraussetzungen einer Haftpflichtnorm gegeben sind. Stets vorausgesetzt für einen Genugtuungsanspruch sind somit die Widerrechtlichkeit der Tötung oder Körperverletzung (Abwesenheit von Rechtfertigungsgründen) sowie ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen der Handlung des Haftpflichtigen, der Tötung oder Körperverletzung und der immateriellen Unbill ( Heierli/Schnyder , Basler Kommentar, 5. Aufl., Basel 2011, Art. 47 OR N. 14). Ein Verschulden ist nur Voraussetzung, wenn das Verhalten des Schädigers durch Art. 41 OR (unerlaubte Handlung) geahndet wird ( Brehm , a.a.O., Art. 47 OR N. 18). Widerrechtlichkeit ist bei Personenschäden immer gegeben, denn das Töten oder Verletzen eines Menschen verstösst gegen ein absolutes Recht ( Brehm , a.a.O., Art. 47 OR N. 17). Körperverletzung ist in Art. 47 OR im weitesten Sinne zu verstehen. Auch eine körperliche Beeinträchtigung ohne wirtschaftliche Folgen genügt. Der Begriff umfasst sowohl physische als auch psychische (bzw. seelische) Beeinträchtigungen ( Brehm , a.a.O., Art. 47 OR N. 13; Heierli/Schnyder , a.a.O., Art. 47 OR N. 12). Bei einer Körperverletzung ist der Schmerz des Verletzten in den meisten Fällen primär physischer Natur. Der seelische Schmerz wird jedoch als Folge einer Verletzung ebenfalls berücksichtigt ( Brehm , a.a.O., Art. 47 OR N. 14). Die Körperverletzung muss zu immaterieller Unbill (Schmerz) beim Verletzten geführt haben. Ohne diese (subjektive) Voraussetzung der Beeinträchtigung des Wohlbefindens ist keine Genugtuung geschuldet. Darüber hinaus muss der erlittene körperliche bzw. seelische Schmerz von einer gewissen Schwere sein ( Heierli/Schnyder , a.a.O., Art. 47 OR N. 13). Der durch einen schweren Unfall verursachte Schock sowie die darauf folgende Invalidität können neben der physischen Beeinträchtigung psychische Störungen nach sich ziehen, welche als besonderer Umstand im Sinne von Art. 47 OR zu berücksichtigen sind ( Brehm , a.a.O., Art. 47 OR N. 171). Wird eine Wesensveränderung geltend gemacht, so muss eine dauerhafte Beeinträchtigung der Persönlichkeit vorliegen ( Brehm , a.a.O., Art. 47 OR N. 172). Abgesehen von einer physischen Schädigung kann auch ein psychischer Schock eine Genugtuung rechtfertigen, wenn der Geschädigte nachträglich die Tragweite der Verletzung erfährt ( Brehm , a.a.O., Art. 47 OR N. 175).

Art. 47 OR gilt als spezieller Anwendungsfall der allgemeinen Regel von Art. 49 OR , welcher generell die Voraussetzungen für die Leistung einer Genugtuung bei einer Verletzung in den persönlichen Verhältnissen umschreibt. Somit ist Art. 49 OR in Fällen von Personenschäden für Direktgeschädigte gar nicht anwendbar ( Brehm , a.a.O., Art. 47 OR N. 5). Art. 49 OR kommt nur zur Anwendung, wenn der Schadensverursacher aufgrund einer anderen Gesetzesbestimmung rechtswidrig gehandelt hat und aus Verschulden oder kausal haftet. Die Verletzung der Persönlichkeit gilt allerdings stets als unerlaubte Handlung ( Brehm , a.a.O., Art. 49 OR N. 13). Nach Art. 49 OR ist anspruchsberechtigt, wer in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt worden ist und dadurch eine immaterielle Unbill erlitten hat ( Heierli/Schnyder , a.a.O., Art. 49 OR N. 6). Zu den durch Art. 49 OR geschützten Persönlichkeitsrechten gehören in erster Linie Leib und Leben, persönliche Freiheit, Ehre, persönliche Sphäre, geistiges Eigentum und das Recht am eigenen Bild ( Heierli/Schnyder , a.a.O., Art. 49 OR N. 13). Eine Genugtuung ist nach dieser Bestimmung nur geschuldet, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt, und zwar sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht. Ob eine Persönlichkeitsverletzung hinreichend schwer wiegt, hängt weitgehend von den Umständen des Einzelfalles ab. Dem Gericht steht bei der Beurteilung ein weites Ermessen zu. Für die Beurteilung der Schwere können die "Grundgedanken" von Art. 47 OR herangezogen werden. Der Eingriff muss aussergewöhnlich schwer sein und in seinen Auswirkungen das Mass einer Aufregung oder einer alltäglichen Sorge klar überschreiten. Es reicht nicht aus, wenn jemand schockiert ist, Unannehmlichkeiten empfindet oder einige Schmerzen hat. Erforderlich sind vielmehr physische oder psychische Leiden, verursacht durch eine Verletzung der Persönlichkeit, die das Wohlbefinden beeinträchtigt ( Heierli/Schnyder , a.a.O., Art. 49 OR N. 11 m.w.H.).

10.3.3. Der Privatkläger macht nicht geltend, dass er durch das Verhalten des Beschuldigten eine Körperverletzung erlitten und als dessen Folge seelischen Schmerz erfahren hätte. Eine psychische Beeinträchtigung führt er vielmehr auf seine Anwesenheit in der grossen Halle der Reitschule, das Hinaustragen des Rucksacks, welcher die USBV enthielt, und die Mitwirkung bei den Löscharbeiten, nachdem sich die USBV von selbst entzündet hatte, zurück. Die behauptete psychische Beeinträchtigung ist damit weder die Folge einer Körperverletzung im Sinne von Art. 47 OR noch einer - vom Privatkläger nicht näher spezifizierten - Persönlichkeitsverletzung im Sinne von Art. 49 OR . Der Privatkläger war wohl, wie weiteres Personal und Helfer des Veranstalters sowie ein Teil der Veranstaltungsbesucher, eine der konkret gefährdeten Personen. Durch diesen Umstand allein wurde er jedoch weder in seinen Persönlichkeitsrechten noch an seinem Körper verletzt. Damit besteht keine Haftungsnorm als Grundlage für eine Genugtuung.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen beweismässig in keiner Weise erstellt sind. Schlaflosigkeit und eine psychische Belastung in Form von Nachdenklichkeit oder Betroffenheit können zwar durchaus mögliche Folgen des erlebten Anschlagsversuchs sein, doch sind solche weder durch medizinische Berichte oder andere Beweismittel dargetan. Der Zeuge E. und der Privatkläger selber als Auskunftsperson haben zwar den äusseren Ablauf der Geschehnisse vom 4. August 2007 geschildert. Daraus allein kann aber nicht auf die behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen geschlossen werden. Der Umstand, dass persönliche Gespräche mit nahe stehenden Personen dem Privatkläger halfen, das Erlebte ein Stück weit zu verarbeiten, ohne professionelle Hilfe - etwa in Form psychologischer Betreuung oder psychiatrischer Behandlung - in Anspruch nehmen zu müssen, spricht sodann gegen die behauptete Intensität der psychischen Beeinträchtigung. Auch die behauptete Einschränkung in der Lebensführung - verminderte Veranstaltungstätigkeit in der Freizeit während dreier Jahre - ist nicht erstellt. Der Privatkläger legt zudem nicht dar, wie häufig und auf welche Art er in der Zeit vor dem Anschlag Konzerte veranstaltete, in welchem Umfang er dies wegen des Anschlags nicht mehr tun konnte, und inwiefern diese Freizeitbeschäftigung einen wesentlichen Lebensinhalt darstellte. Unabhängig von der Beweisfrage ist festzuhalten, dass eine vorübergehend reduzierte Konzertveranstaltungstätigkeit nicht als eine derartige Verminderung der Lebensfreude betrachtet werden könnte, dass sie als besonderer Umstand im Sinne von Art. 47 OR oder als schwere Beeinträchtigung im Sinne von Art. 49 OR genugtuungsbegründend wäre. Auch die psychische Aufregung über die gemeine Vorgehensweise und Absicht des Täters sowie die allgemeine Betroffenheit über die möglichen Folgen beim Gelingen des Anschlags stellen keine solche schwere Verletzung dar. Eine dauerhafte Wesensveränderung macht der Privatkläger sodann nicht geltend.

10.3.4. Die Zivilklage des Privatklägers 1 ist nach dem Gesagten abzuweisen.

10.4. Zivilklage des Vereins C. (Privatkläger 2)

10.4.1. Der Privatkläger 2 verlangt Schadenersatz in der Höhe von Fr. 7'477.65. Er macht geltend, wegen des Vorfalls habe die grosse Halle der Reitschule geräumt und das laufende Konzert abgebrochen werden müssen; das Konzert der nachfolgenden Gruppe habe nicht mehr stattfinden können. Der entstandene Schaden bestehe darin, dass der Privatkläger 2 verpflichtet gewesen sei, die vereinbarten Gagen für beide Gruppen zu bezahlen und Nebenleistungen (Transport, Unterkunft etc.) zu erbringen, ohne die vereinbarte Gegenleistung (den Konzertauftritt) erhalten zu haben. Die entsprechenden Kosten würden sich für die erste Gruppe auf insgesamt Fr. 4'773.50, für die zweite Gruppe auf Fr. 2'704.15 belaufen.

Der Beschuldigte beantragt kostenfällige Abweisung der Zivilklage.

10.4.2. Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet (Art. 41 Abs. 1 OR ).

Schaden ist eine ungewollte Vermögensverminderung, d.h. eine Differenz zwischen dem aktuellen Vermögensstand des Geschädigten infolge des schädigenden Ereignisses und dem hypothetischen Vermögensstand bei Ausbleiben des Ereignisses. Zum Vermögen gehören die wirtschaftlich messbaren Güter, an denen eine Person berechtigt ist. Die begriffliche Umschreibung des Schadens mittels wirtschaftlicher Kriterien schliesst aus, beispielsweise eine Körperverletzung "als solche" bereits als Schaden zu erachten. Gleiches gilt grundsätzlich für den Entzug persönlicher Möglichkeiten zum Genuss ( Heierli/Schnyder , a.a.O., Art. 41 OR N. 3 m.w.H.). Diskutiert wird in der Lehre die Frage, ob unter dem Titel Kommerzialisierungsschaden auch ein bloss abstrakter Nutzungsausfall, der ohne Auswirkungen auf das Vermögen bleibt, einen ersatzfähigen (normativen) Schaden darstellt. Als Beispiele werden etwa aufgeführt: entgangene Ausritte auf einem verletzten Pferd, weiterlaufende Fixkosten für ein sich in Reparatur befindendes Fahrzeug, entgangene Nutzung eines gemieteten Gegenstandes infolge Verletzung des Mieters, Unmöglichkeit eines Ferienantritts nach einem Unfall ( Heierli/Schnyder , a.a.O., Art. 41 OR N. 4 m.w.H.). Das Bundesgericht hat die Ersatzfähigkeit solcher "Schäden" bisher abgelehnt (BGE 115 II 474 , 481 f.; 126 III 388 , 393; 132 III 379 , 384). Bei solchen Aufwendungen (auch bezeichnet als Frustrations-"Schaden") erleidet der Betroffene im Grunde eine rein immaterielle Unbill, die keinen Schaden im Rechtssinne darstellt. Eine solche Unbill kann lediglich unter den Voraussetzungen der Art. 47 und 49 OR einen Anspruch auf Genugtuung begründen ( Heierli/Schnyder , a.a.O., Art. 41 OR N. 4 m.w.H.).

10.4.3. Gemäss Darstellung in der Klage war der Privatkläger vertraglich verpflichtet, die Gagen sowie die Unterkunfts- und Transportkosten für die beiden Gruppen, deren Konzerte wegen des Vorfalls mit der USBV abgebrochen werden mussten bzw. nicht stattfinden konnten, zu übernehmen. Diese Kosten sind ihm also nicht wegen des Verhaltens des Beschuldigten entstanden, sondern aufgrund vertraglicher Verpflichtung. Sie stellen keinen Schaden im Sinne von Art. 41 OR dar. Der Privatkläger macht im Grunde einen "Frustrationsschaden" wegen entgangenen Konzertgenusses geltend, dessen Höhe er mit den gehabten finanziellen Aufwendungen beziffert. Es handelt sich dabei nach dem vorstehend Gesagten indessen nicht um einen wirtschaftlich messbaren "Schaden", sondern (bloss) um eine immaterielle Unbill. Die Voraussetzungen für die Zusprechung von Schadenersatz sind demnach nicht erfüllt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Privatkläger für den Konzertbesuch Eintritt verlangte; auf das Konzertgelände konnte nur gelangen, wer Eintritt bezahlt hatte. Anwesend waren allein in der grossen Halle etwa 1'500 Konzertbesucher, zusätzlich noch 500-1'000 Personen auf dem ganzen Areal (EV-Protokoll Zeuge E. S. 6). Eine ganze oder teilweise Rückerstattung des Eintrittsgeldes erfolgte wegen des von den Organisatoren aus Sicherheitsgründen erfolgten Abbruchs der Veranstaltung nicht. Auch in dieser Hinsicht ist dem Privatkläger demnach kein Schaden entstanden.

10.4.4. Die Zivilklage des Privatklägers 2 ist nach dem Gesagten abzuweisen.

11. Kosten

11.1. Die Verfahrenskosten setzen sich zusammen aus den Gebühren zur Deckung des Aufwands und den Auslagen im konkreten Straffall (Art. 422 Abs. 1 StPO ). Bund und Kantone regeln die Berechnung der Verfahrenskosten und legen die Gebühren fest; sie können für einfache Fälle Pauschalgebühren festlegen, die auch die Auslagen abgelten (Art. 424 StPO ). Auf Bundesebene gilt das Reglement des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]).

Die Gebühren sind für die Verfahrenshandlungen geschuldet, die im Vorverfahren von der Bundeskriminalpolizei und von der Bundesanwaltschaft sowie im erstinstanzlichen Hauptverfahren von der Strafkammer des Bundesstrafgerichts durchgeführt oder angeordnet worden sind (Art. 1 Abs. 2 BStKR ). Die Höhe der Gebühr richtet sich nach Bedeutung und Schwierigkeit der Sache, der Vorgehensweise der Parteien, ihrer finanziellen Situation und dem Kanzleiaufwand (Art. 5 BStKR ). Die Gebühren werden gemäss dem Gebührenrahmen von Art. 6 und Art. 7 BStKR festgesetzt. Die Auslagen umfassen die vom Bund vorausbezahlten Beträge, namentlich die Kosten für die amtliche Verteidigung, Übersetzungen, Gutachten, Mitwirkung anderer Behörden, Porti, Telefonspesen und andere entsprechende Kosten (Art. 422 Abs. 2 StPO und Art. 1 Abs. 3 BStKR ).

Die Gebühren für die polizeilichen Ermittlungen und für die Untersuchung umfassen die Ermittlungs- und Untersuchungskosten, die Kosten der Verfügungen und der anderen Verfahrenshandlungen sowie die Kosten des Endentscheids (Art. 6 Abs. 1 BStKR ). Für die polizeilichen Ermittlungen wird im Falle der Eröffnung einer Untersuchung eine Gebühr von Fr. 200.-- bis Fr. 50'000.-- (Art. 6 Abs. 3 lit. b BStKR ) und für die Untersuchung im Falle einer Anklageerhebung eine Gebühr von Fr. 1000.-- bis Fr. 100'000.-- erhoben (Art. 6 Abs. 4 lit. c BStKR ). Das Total darf den Betrag von Fr. 100'000.-- nicht überschreiten (Art. 6 Abs. 5 BStKR ).

11.2. Die Bundesanwaltschaft macht eine Gebühr von total Fr. 9'000.-- für das Vorverfahren geltend. Eine Gebühr in dieser Höhe ist angemessen (vgl. Art. 5 BStKR ).

Im Hauptverfahren liegt der Gebührenrahmen bei Fr. 1'000.-- bis Fr. 100'000.-- (Kollegialgericht; Art. 7 lit. b BStKR ). Die Gebühr ist auf Fr. 7'500.--, wovon Fr. 1'000.-- für die Behandlung der Zivilklagen, festzusetzen (vgl. Art. 5 BStKR ).

Die Auslagen des Vorverfahrens betragen laut Kostenverzeichnis Fr. 12'976.60 (Anklageschrift Ziff. 5; cl. 4 pag. 24-0-1 ff.). Die Auslagen sind im Zusammenhang mit dem angeklagten Sachverhalt entstanden und damit auferlegbar. Die auferlegbaren Auslagen des Gerichts betragen Fr. 413.-- (Entschädigung Zeugen).

Die Verfahrenskosten (ohne Verteidigungskosten) betragen somit Fr. 29'889.60.

11.3. Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird (Art. 426 Abs. 1 Satz 1 StPO ), ausgenommen solche, die der Staat durch unnötige oder fehlerhafte Verfahrenshandlungen verursacht hat (Art. 426 Abs. 3 lit. a StPO ).

Der Beschuldigte wird im Sinne der Hauptanklage verurteilt; dass kein formeller Schuldspruch wegen versuchter Sachbeschädigung erfolgt, hat keine Auswirkung auf die Kostenauflage. Die Verfahrenshandlungen waren zur Aufklärung der zur Verurteilung führenden Straftaten notwendig. Die Kausalität der Verfahrenskosten ist gegeben. Der Beschuldigte hat die Kosten grundsätzlich in vollem Umfang zu tragen, ausgenommen jene, die die Privatklägerschaft mit den Anträgen im Zivilpunkt verursacht hat (d.h. Anteil Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.--; vgl. oben E. 11.2.). Somit sind ihm Fr. 28'889.60 Verfahrenskosten aufzuerlegen.

11.4. Der Privatklägerschaft können die Verfahrenskosten, die durch ihre Anträge zum Zivilpunkt verursacht worden sind, auferlegt werden, wenn die Zivilklage abgewiesen oder auf den Zivilweg verwiesen wird (Art. 427 Abs. 1 lit. c StPO ). Die Strafkammer prüfte materiell die eingeklagten Ansprüche. Da die Zivilklagen abgewiesen werden, sind die Verfahrenskosten von Fr. 1'000.-- (Anteil Gerichtsgebühr) je zur Hälfte, mithin je Fr. 500.--, den Privatklägern 1 und 2 aufzuerlegen.

12. Entschädigung des amtlichen Verteidigers

12.1. Rechtsanwalt Beat Luginbühl wurde im zunächst kantonal geführten Strafverfahren vom Untersuchungsrichteramt III Bern-Mittelland am 14. Dezember 2010 zum amtlichen Verteidiger des Beschuldigten ernannt (cl. 3 pag. 16-0-1). Infolge Übernahme des Verfahrens durch die Bundesanwaltschaft wurde das amtliche Mandat von der Staatsanwaltschaft des Kantons Bern rückwirkend per 9. Februar 2012 widerrufen und der Verteidiger vom Kanton Bern mit Fr. 6'614.60 (inkl. MWST) entschädigt (cl. 3 pag. 16-0-20 f.). Die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern hat die Bundesanwaltschaft um Berücksichtigung ihrer Kosten ersucht (cl. 1 pag. 2-1-7). Da das Strafverfahren bei der Übernahme noch nicht abgeschlossen war, ist die vorgenannte Entschädigung als Akontozahlung zu berücksichtigen.

Die Bundesanwaltschaft setzte Rechtsanwalt Luginbühl gemäss Art. 132 Abs. 1 lit. b StPO als amtlichen Verteidiger mit Wirkung ab 10. Februar 2012 - dem Datum der Übernahme und der Vereinigung der Verfahren in der Hand der Bundesbehörden - ein (cl. 3 pag. 16-0-18). Die Bestellung als amtlicher Verteidiger im Vorverfahren gilt im Hauptverfahren weiter, sofern nichts anderes angeordnet wird. Die Strafkammer ist zur Festlegung der Entschädigung zuständig (Art. 135 Abs. 2 StPO ). Dies betrifft den Aufwand seit der Übernahme des Verfahrens.

12.2. Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung ist nach dem Anwaltstarif des Bundes - gemäss BStKR - festzusetzen (Art. 135 Abs. 1 StPO ). Die Anwaltskosten umfassen das Honorar und die notwendigen Auslagen, namentlich für Reise, Verpflegung und Unterkunft sowie Porti und Telefonspesen (Art. 11 Abs. 1 BStKR ). Das Honorar wird nach dem notwendigen und ausgewiesenen Zeitaufwand bemessen. Der Stundenansatz beträgt mindestens 200 und höchstens 300 Franken (Art. 12 Abs. 1 BStKR ). Auslagen werden im Rahmen der Höchstansätze aufgrund der tatsächlichen Kosten vergütet (Art. 13 BStKR ). Bei Fällen im ordentlichen Schwierigkeitsbereich, d.h. für Verfahren ohne hohe Komplexität und ohne Mehrsprachigkeit, beträgt der Stundenansatz gemäss ständiger Praxis der Strafkammer Fr. 230.-- für Arbeitszeit, Fr. 200.-- für Reise- und Wartezeit (vgl. Beschluss des Bundesstrafgerichts BK.2011.21 vom 24. April 2012, E. 2.1; Urteil des Bundesstrafgerichts SN.2011.16 vom 5. Oktober 2011, E. 4.1).

12.3. Der Verteidiger wurde für den mit Strafbefehl der Bundesanwaltschaft vom 14. Oktober 2013 erledigten Verfahrensteil (Verurteilung des Beschuldigten wegen Widerhandlungen gegen das Waffen- und das Betäubungsmittelgesetz) mit Fr. 698.10 (inkl. MWST) entschädigt (cl. 1 pag. 3-0-10 ff., cl. 4 pag. 24-2-9). Der Entscheid ist rechtskräftig; der Aufwand ist hier nicht mehr zu berücksichtigen.

Für den zur Anklage gebrachten Verfahrensteil wurde der Verteidiger für seinen Aufwand bis 9. Februar 2012 vom Kanton Bern mit Fr. 6'614.60 (inkl. MWST) entschädigt. Für den weiteren Aufwand bis zur (aufgehobenen) Einstellungsverfügung der Bundesanwaltschaft vom 3. Januar 2014 wurde der Verteidiger von der Eidgenossenschaft mit Fr. 4'495.05 (inkl. MWST) entschädigt (cl. 1 pag. 3-0-20 ff., cl. 4 pag. 24-2-7). Da die Strafkammer bei einer Anklageerhebung auch für die Festsetzung der Entschädigung für das Vorverfahren zuständig ist (Art. 135 Abs. 2 StPO ), hat jene Anordnung den Charakter einer Akontozahlung. Den Ausführungen in der Einstellungsverfügung hinsichtlich der Bemessung der Entschädigung kann indessen beigepflichtet werden (cl. 1 pag. 3-0-31); Basis bildete die Kostennote des Verteidigers (cl.3 pag. 16-0-30 ff.). Der Zeitaufwand von 14,94 Stunden wurde zwar zum (tieferen) Ansatz von Fr. 220.-- vergütet, doch wurde auch die Wegzeit für Einvernahmen zu diesem Ansatz und nicht zum Minimalansatz von Fr. 200.-- vergütet. Da die Bemessung vom Verteidiger anerkannt wurde (cl. 4 pag. 24-2-7), kann diese Entschädigung im Endentscheid bestätigt werden.

Im Verfahren vor der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts, das mit Entscheid vom 12. August 2014 zur Aufhebung der Einstellungsverfügung führte, wurde dem Beschuldigten die unentgeltliche Rechtspflege bzw. Anordnung einer amtlichen Verteidigung verweigert (cl. 4 pag. 21-0-137 ff.). Am 22. Oktober 2014 nahm das Vorverfahren mit der Vorladung der Bundesanwaltschaft an den Beschuldigten seinen Fortgang (cl. 3 pag. 16-0-44). Der Verteidiger reichte am 18. Februar 2016 eine detaillierte Honorarnote für seinen seit 21. Oktober 2014 entstandenen Aufwand ein (einschliesslich Urteilseröffnung vom 7. April 2016; cl. 8 pag. 8-721-1 ff.). Dieser Aufwand erscheint insgesamt notwendig. Der verlangte Stundenansatz von Fr. 250.-- kann nicht zugesprochen werden; der Fall weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf. Daher gelangt praxisgemäss der Stundenansatz von Fr. 230.-- zur Anwendung. Die Auslagen betragen Fr. 359.20 (Porti, Telefon, Fotokopien, Reise- und Übernachtungsspesen) und sind berechtigt. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers für die Aufwendungen seit 21. Oktober 2014 ist mithin auf Fr. 15'639.15 (inkl. MWST) festzusetzen (47,05 Stunden Arbeitszeit [wovon 8,5 Stunden Hauptverhandlung und 2 Stunden Urteilseröffnung] à Fr. 230.--; 16,5 Stunden Reisezeit à Fr. 200.--; Auslagen Fr. 359.20; Mehrwertsteuer auf Fr. 14'480.70 = Fr. 1'158.45). Somit beträgt die Entschädigung für die amtliche Verteidigung gesamthaft (kantonales und Bundesstrafverfahren) Fr. 26'748.80 (inkl. MWST); vom Kanton Bern wurden bereits Fr. 6'614.60, von der Bundesanwaltschaft Fr. 4'495.05 bezahlt.

12.4. Die beschuldigte Person, welche zu den Verfahrenskosten verurteilt wird, hat dem Bund die Entschädigung der amtlichen Verteidigung zurückzuzahlen, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO ).

Der Beschuldigte wird zu den Verfahrenskosten verurteilt. Er ist daher zu verpflichten, die Kosten der amtlichen Verteidigung von Fr. 26'748.80 dem Bund zurückzuzahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. Die Vergütung an den Kanton Bern für die von ihm bezahlten Kosten erfolgt durch die Bundesanwaltschaft nach interner Abmachung zwischen den zuständigen Behörden.

13. Entschädigung der beschuldigten Person

13.1. Die obsiegende beschuldigte Person hat gegenüber der Privatklägerschaft Anspruch auf angemessene Entschädigung für die durch die Anträge zum Zivilpunkt verursachten Aufwendungen (Art. 432 Abs. 1 StPO ).

13.2. Der Beschuldigte verlangt (betragsmässig unbezifferte) Entschädigung für seine Aufwendungen im Zivilpunkt. Der Privatkläger 1 bezifferte und begründete seine Zivilansprüche erstmals in der Hauptverhandlung, der Privatkläger 2 mit Zivilklage vom 10. Februar 2016, also rund eine Woche vor der Hauptverhandlung. Der Aufwand des Beschuldigten war minim und beschränkte sich auf eine mündliche Stellungnahme seines amtlichen Verteidigers zu den Anträgen in der Hauptverhandlung, wobei keine substanzierte Begründung seiner Abweisungsanträge erfolgte. In der Honorarnote wird überdies kein spezifischer Aufwand für den Zivilpunkt ausgeschieden. Unter diesen Umständen ist dem Beschuldigten trotz Obsiegens im Zivilpunkt keine Entschädigung für Anwaltskosten zuzusprechen.

14. Entschädigung der Privatklägerschaft

14.1. Die obsiegende Privatklägerschaft hat gegenüber der beschuldigten Person Anspruch auf angemessene Entschädigung für notwendige Aufwendungen im Verfahren (Art. 423 Abs. 1 lit. a StPO ). Sie hat ihre Entschädigungsforderung zu beantragen, zu beziffern und zu belegen. Kommt sie dieser Pflicht nicht nach, so tritt die Strafbehörde auf den Antrag nicht ein (Art. 423 Abs. 2 StPO ). Die Bemessung der Entschädigung der anwaltlich vertretenen Privatklägerschaft richtet sich nach den Art. 10 -14 BStKR .

14.2. Entschädigung an B. (Privatkläger 1)

Der Rechtsbeistand des Privatklägers 1, Rechtsanwalt Marcel Bosonnet, macht mit Honorarnote vom 17. Februar 2016 für seine Aufwendungen vom 26. Oktober 2014 bis 14. Februar 2016 eine Entschädigung von Fr. 10'425.08 geltend (pag. 8-751-2). Hinzu kommt der Aufwand für die Teilnahme an der Hauptverhandlung vom 17. Februar 2016. Der Rechtsvertreter teilte vorab mit, dass er für die Urteilseröffnung vom 7. April 2016 verhindert sei und daran nicht teilnehmen könne.

Der zeitliche Aufwand wird einschliesslich nicht separat ausgewiesener Reisezeit mit 2'111 Minuten, mithin 35,18 Stunden angegeben (zuzüglich Teilnahme an der Hauptverhandlung). Dieser erscheint insgesamt übersetzt und ist daher hinsichtlich seiner Notwendigkeit zu prüfen (Art. 12 Abs. 1 BStKR ). Dazu ist festzuhalten, dass der Privatkläger 1 zunächst bis 29. Oktober 2014 durch D., der auch als Rechtsbeistand des Privatklägers 2 amtet, vertreten wurde (cl. 3 pag. 15-6-1 ff.). Rechtsanwalt Bosonnet zeigte der Bundesanwaltschaft am 2. November 2014 an, dass er neu den Privatkläger 1 anwaltlich vertrete, und stellte seine Teilnahme an der Schlusseinvernahme des Beschuldigten in Aussicht (cl. 3 pag. 15-6-6). Im Zeitpunkt der Mandatsübernahme war der wesentliche Ermittlungsaufwand bereits getätigt; auch wurde das Verfahren aufgrund des Entscheids der Beschwerdekammer vom 12. August 2014 wegen der Bemühungen des bisherigen, nicht jener des neuen Rechtsvertreters fortgesetzt. Der Aufwand von Rechtsanwalt Bosonnet umfasste im Vorverfahren im Wesentlichen das Studium der ihm am 5. November 2014 in elektronischer Form zugestellten Verfahrensakten (cl. 3 pag. 15-6-8), die Teilnahme an der Schlusseinvernahme vom 20. November 2014 (Dauer: 50 Minuten; cl. 3 pag. 13-1-124 ff.) und die Kenntnisnahme von zwei Polizeiberichten vom 3. April 2015 und 19. Mai 2015 von 5 bzw. 3 Seiten Umfang (Nachtragsberichte zum Spurenbericht vom 11. September 2007; cl. 2 pag. 10-0-161 ff., 10-0-167 ff.). In diesen Zeitraum fiel im Weitern die Ausdehnung des Verfahrens durch die Bundesanwaltschaft auf die Tatbestände gemäss Eventualanklage (cl. 1 pag. 1-0-13 f.). Am. 20. November 2014 wurden den Parteien die Anklageerhebung beim Bundesstrafgericht in Aussicht gestellt und Frist zum Stellen von Beweisanträgen angesetzt (cl. 4 pag. 19-0-38 f.). Der Rechtsvertreter stellte mit Eingabe vom 12. Dezember 2014 Antrag auf Einholung eines Gutachtens zur Frage, in welchem Ausmass der Privatkläger 1 sowie die in der grossen Halle der Reitschule anwesenden Personen durch die USBV einer Gefährdung von Leib und Leben ausgesetzt gewesen seien (cl. 4 pag. 19-0-45 f.). Die Bundesanwaltschaft wies den Antrag mit Beweisergänzungsentscheid vom 11. Februar 2015 ab (cl. 4 pag. 19-0-47 ff.). Im Hauptverfahren wurden die Akten von Amtes wegen um das Gutachten des WFD ergänzt. Im Weitern wurden Abklärungen zu den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten vorgenommen (Straf- und Betreibungsregisterauszug, Steuerdaten, Leumundsbericht, Beizug der Akten bezüglich einer Vorstrafe) und diese den Parteien mitgeteilt. Der Rechtsvertreter stellte Anträge zur rechtlichen Würdigung der Anklage, und zwar mit Eingabe vom 20. Juli 2015 sowie in der Hauptverhandlung.

Der Aufwand für Aktenstudium und Vorbereitung der Hauptverhandlung wird mit rund 24 Stunden angegeben (8,25 Stunden Aktenstudium im November 2014 und 15,67 Stunden Vorbereitung der Hauptverhandlung im Februar 2016 [Aktenstudium, Rechtsabklärung, Verfassen der Plädoyernotizen]). Insbesondere der Aufwand für die Vorbereitung der Hauptverhandlung ist nach dem vorstehend Gesagten übersetzt. Die Aktenergänzung nach der Schlusseinvernahme betrifft zwei Polizeiberichte und das Gutachten des WFD. Im Übrigen war der Sachverhalt im Zeitpunkt des Beizugs des Rechtsvertreters im Wesentlichen bereits abgeklärt, weshalb der später erbrachte Aufwand (Februar 2016) nicht in diesem Umfang gerechtfertigt ist. Die Plädoyernotizen von 13 Seiten enthalten sodann zwei Seiten Zitate aus einem Urteil der Strafkammer zur Genugtuungsfrage. Der notwendige Aufwand für Aktenstudium und Vorbereitung der Hauptverhandlung ist somit auf 16 Stunden (statt 1'435 Min. bzw. 23,92 Std.) zu veranschlagen.

Für die Teilnahme an der Schlusseinvernahme mit dem Beschuldigten werden 270 Minuten inkl. Weg angegeben. Die Einvernahme dauerte knapp 1 Stunde, was als Arbeitszeit gilt; die Reise-/Wartezeit beträgt somit 3,5 Stunden. Für eine Besprechung mit dem Klienten vom 10. Februar 2016 werden 210 Minuten "inkl. Weg je 60 Min. SBB" verrechnet. Es wird nicht dargelegt, weshalb diese Besprechung nicht in den Büroräumlichkeiten des Anwalts stattfinden konnte. Somit sind 90 Minuten Besprechung (210 Min. ./. 120 Min. Reisezeit) als Arbeitszeit zu berücksichtigen; die Reisezeit ist nicht zu berücksichtigen. Die restlichen Aufwendungen von 3,25 Stunden betreffen Besprechungen, Korrespondenz und Telefonate mit Behörden und dem Vertreter des Privatklägers 2 und sind angemessen.

Notwendiger Aufwand bilden mithin 21,75 Stunden Arbeitszeit und 3,5 Stunden Reisezeit, zuzüglich die Teilnahme an der Hauptverhandlung von 8,5 Stunden Arbeitszeit und 5 Stunden Reisezeit, insgesamt also 30,25 Stunden Arbeitszeit und 8,5 Stunden Reisezeit. Der geltend gemachte Stundenansatz von Fr 250.--für Arbeitszeit kann nicht anerkannt werden. Der Fall weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf, weshalb praxisgemäss der Stundenansatz von Fr. 230.-- für Arbeitszeit zur Anwendung gelangt; Reisezeit wird praxisgemäss mit Fr. 200.-- pro Stunde vergütet. Der Rechtsanwalt macht Auslagen von Fr. 857.-- geltend. Fr. 737.-- entfallen auf "Akten von Stick ausdrucken"; die Anzahl ausgedruckte Seiten wird nicht angegeben. Die Akten der Bundesanwaltschaft umfassen 4 Bundesordner Hauptakten und 3 Ordner Beilagen. Es ist festzuhalten, dass nicht die gesamten Akten die Vertretung des Privatklägers betreffen (etwa Beschlagnahmungen, Strafbefehl der Bundesanwaltschaft, kantonale Strafakten). In Anwendung des Tarifs für Massenanfertigungen (20 Rp. pro Kopie) sind ermessensweise Fr. 150.-- zu veranschlagen. Reisespesen für die auswärtige Besprechung mit dem Klienten sind nicht zu berücksichtigen. Damit betragen die Auslagen Fr. 245.--, zuzüglich Reisespesen von Fr. 100.-- für die Hauptverhandlung (Bahnbillett Zürich-Bellinzona retour 1. Klasse, Halbtax), total Fr. 345.--. Der Aufwand beträgt demnach Fr. 9'002.50 (30,25 Stunden à Fr. 230.-- = Fr. 6'957.50; 8,5 Stunden à Fr. 200.-- = Fr. 1'700.--; Auslagen Fr. 345.--); zuzüglich MWST von Fr. 720.20 ergibt sich ein Total von Fr. 9'722.70.

Der Privatkläger 1 unterliegt im Zivilpunkt. Aufgrund der Bedeutung der Sache und des Aufwands (vgl. Parteivortrag) ist vom Gesamtaufwand ein Viertel (= Fr. 2'430.70) für die Zivilklage auszuscheiden. Damit verbleiben für den Aufwand im Strafpunkt Fr. 7'292.--. Der Privatkläger 1 obsiegt im Strafpunkt teilweise im Sinne des Schuldspruchs, unterliegt jedoch mit dem Antrag auf Verurteilung wegen versuchten Mordes, eventuell wegen versuchter schwerer Körperverletzung. Es ist angemessen, ein Viertel (= Fr. 1'823.--) auf das teilweise Unterliegen auszuscheiden. Demnach ist dem Privatkläger 1 für das teilweise Obsiegen eine Entschädigung von total Fr. 5'469.-- zu Lasten des Beschuldigten zuzusprechen.

14.3. Entschädigung an den Verein C. (Privatkläger 2)

Der Privatkläger 2, ein Verein im Sinne von Art. 60 ZGB , wird durch ein Vereinsmitglied, MLaw D., vertreten. Dieser nimmt als Rechtsbeistand gemäss Art. 127 StPO die Vertretung des Privatklägers 2 nicht berufsmässig vor (cl. 8 pag. 8-562-2). Mit "Kostennote Verein C." vom 17. Februar 2016 macht MLaw D. eine Entschädigung von Fr. 9'739.45 zuzüglich Aufwand für die Hauptverhandlung geltend. Darin sind auch die Aufwendungen für die Vertretung des Privatklägers 2 im Zivilpunkt enthalten. Dieser unterliegt im Zivilpunkt vollständig, obsiegt hingegen im Strafpunkt. Auf die nicht berufsmässige Vertretung ist das BStKR indes nicht anwendbar (Art. 10 BStKR e contrario). Die angemessene Entschädigung für die notwendigen Aufwendungen im Strafverfahren ist ermessensweise auf Fr. 2'000.-- (inkl. Auslagen) festzusetzen.


Die Strafkammer erkennt:

1. A. wird schuldig gesprochen:

1.1. der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB ;

1.2. der versuchten Brandstiftung im Sinne von Art. 221 Abs. 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB .

2. A. wird bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren.

3. Als Vollzugskanton wird der Kanton Bern bestimmt.

4. Die folgenden beschlagnahmten Gegenstände werden eingezogen:

- diverse pyrotechnische Sprengkörper, drei Wecker, Behälter angeschrieben mit "Ammoniumnitrat", diverses elektronisches Zubehör (Ass. 43, 44);

- A4-Blatt, Bestandteile "SEMTEX", handschriftlich aufgeschrieben (Ass. 45);

- fünf A4-Blätter, Kopien zur Herstellung einer "BOLTGUN" (Ass. 46);

- zwei Klarsichtmappen mit diversen Schriftstücken (Ass. 1, 2);

- Ordner schwarz mit diversen Unterlagen (Ass. 5);

- Metallbauteil, silbergrau (Ass. 4);

- Kunststoffbauteil, grau (Ass. 7);

- diverse Kunststoffbauteile, grau und schwarz (Ass. 1-3);

- zwei Stück Papier, gefaltet, mit Pulver (Ass. 5, 6);

- ein Kabel, grau (Ass. 8).

5. Zivilklagen

5.1 Die Zivilklage von B. gegen A. wird abgewiesen.

5.2 Die Zivilklage des Vereins C. gegen A. wird abgewiesen.

6. Verfahrenskosten

6.1. Die Verfahrenskosten betragen:

Fr. 9'000.-- Gebühr Vorverfahren

Fr. 12'976.60 Auslagen Vorverfahren

Fr. 7'500.-- Gerichtsgebühr

Fr. 413.-- Auslagen des Gerichts

Fr. 29'889.60 Total

6.2. A. werden Fr. 28'889.60 Verfahrenskosten auferlegt.

6.3. B. werden Fr. 500.-- Verfahrenskosten auferlegt.

6.4. Dem Verein C. werden Fr. 500.-- Verfahrenskosten auferlegt.

7. Entschädigung der amtlichen Verteidigung und Rückerstattungspflicht

7.1. Rechtsanwalt Beat Luginbühl wird für die amtliche Verteidigung von A. mit Fr. 26'748.80 (inkl. MWST) entschädigt. Davon wurden Fr. 6'614.60 bereits durch den Kanton Bern vergütet. Den Rest zahlt die Eidgenossenschaft.

7.2. A. hat der Eidgenossenschaft für die Kosten der amtlichen Verteidigung Fr. 26'748.80 zurückzuzahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

8. A. wird keine Entschädigung zu Lasten der Privatkläger B. und des Vereins C. zugesprochen.

9. Entschädigung der Privatklägerschaft

9.1. A. wird verpflichtet, B. als Entschädigung für dessen Aufwendungen im Strafpunkt Fr. 5'469.-- zu bezahlen.

9.2. A. wird verpflichtet, dem Verein C. als Entschädigung für dessen Aufwendungen im Strafpunkt Fr. 2'000.-- zu bezahlen.

Im Namen der Strafkammer

des Bundesstrafgerichts

Die Vorsitzende Der Gerichtsschreiber

Nach Eintritt der Rechtskraft mitzuteilen an:

- Bundesanwaltschaft als Vollzugsbehörde (vollständig)

Rechtsmittelbelehrung

Beschwerde an das Bundesgericht

Gegen verfahrensabschliessende Entscheide der Strafkammer des Bundesstrafgerichts kann beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, innert 30 Tagen nach der Zustellung der vollständigen Ausfertigung Beschwerde eingelegt werden (Art. 78 , Art. 80 Abs. 1 , Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG ).

Mit der Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG ). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG ).

Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Gegen Verfügungen und Beschlüsse sowie die Verfahrenshandlungen der Strafkammer des Bundesstrafgerichts als erstinstanzliches Gericht, ausgenommen verfahrensleitende Entscheide, kann innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts geführt werden (Art. 393 Abs. 1 lit. b und Art. 396 Abs. 1 StPO ; Art. 37 Abs. 1 StBOG ).

Gegen den Entschädigungsentscheid kann die amtliche Verteidigung innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts führen (Art. 135 Abs. 3 lit. a und Art. 396 Abs. 1 StPO ; Art. 37 Abs. 1 StBOG ).

Mit der Beschwerde können gerügt werden: a. Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung; b. die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts; c. Unangemessenheit (Art. 393 Abs. 2 StPO ).

Versand: 21. Juli 2016

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