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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Beschwerdekammer: Rechtshilfe
Fallnummer:RP.2016.59
Datum:21.12.2016
Leitsatz/Stichwort:Auslieferung an Ungarn. Auslieferungsentscheid (Art. 55 IRSG). Einrede des politischen Delikts (Art. 55 Abs. 2 IRSG). Unentgeltliche Rechtspflege (Art. 65 Abs. 1 VwVG).
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdef?hrer; Auslieferung; Recht; Politisch; Politische; Entscheid; Politischen; Delikt; Kredit; Staat; Verfahren; Beschwerdekammer; Urteil; ?ber; Bundesstrafgericht; Sachverhalt; Bundesstrafgerichts; Delikts; Rechtshilfe; Beschwerdef?hrers; Ungarische; Rechtlich; Kreditgenossenschaft; Verfahren; Urkunde; Rechtliche; Ungarischen; Einrede
Rechtskraft:Kein Weiterzug, rechtskräftig
Rechtsnorm: Art. 110 StGB ; Art. 13 StGB ; Art. 14 StGB ; Art. 146 StGB ; Art. 166 or; Art. 20 VwVG ; Art. 25 StGB ; Art. 29 BV ; Art. 32 StGB ; Art. 379 StPO ; Art. 49 VwVG ; Art. 50 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 65 VwVG ; Art. 84 BGG ; Art. 96 MWSTG ;
Referenz BGE:101 Ia 405; 123 II 134; 125 II 569; 128 IV 18; 130 II 337; 131 II 235; 132 II 469; 132 II 81; 133 IV 76; 136 IV 179; 136 IV 82; 136 IV 88; 139 II 65; 139 III 475; 142 IV 250; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: RR.2016.183+203 ; RP.2016.59

Entscheid vom 21. Dezember 2016
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz,

Andreas J. Keller und Emanuel Hochstrasser,

Gerichtsschreiberin Chantal Blättler Grivet Fojaja

Parteien

A. , zurzeit in Auslieferungshaft, vertreten durch Rechtsanwältin Katja Nikolova Hiller,

Beschwerdeführer und Antragsgegner

gegen

Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung,

Beschwerdegegner und Antragssteller

Gegenstand

Auslieferung an Ungarn


Auslieferungsentscheid (Art. 55 IRSG); Einrede des politischen Delikts (Art. 55 Abs. 2 IRSG ); unentgeltliche Rechtspflege (Art. 65 Abs. 1 VwVG )


Sachverhalt:

A. Mit Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) vom 28. Juni 2016 ersuchte Ungarn um Fahndung und Festnahme des ungarischen Staatsangehörigen A. zwecks Auslieferung ( RR.2016.183 , act. 1.3).

B. Am 30. Juni 2016 wurde A. anlässlich einer Grenzkontrolle in Z. (SH) festgenommen ( RR.2016.183 , act. 1.5). Gleichentags erliess das Bundesamt für Justiz (nachfolgend BJ") eine Haftanordnung ( RR.2016.183 , act. 1.4). Im Rahmen seiner Einvernahme vom 1. Juli 2016 widersetzte sich A. einer vereinfachten Auslieferung an Ungarn ( RR.2016.183 , act. 1.6).

C. Mit Auslieferungshaftbefehl vom 4. Juli 2016 verfügte das BJ die Auslieferungshaft gegen A. ( RR.2016.183 , act. 1.7).

D. Das ungarische Justizministerium ersuchte die Schweiz mit Schreiben vom 15. Juli 2016, ergänzt am 2. August 2016, um Auslieferung von A. im Hinblick auf die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren aus dem Urteil des Landgerichts Szombathely vom 11. Dezember 2013 in Verbindung mit dem Urteil des Oberlandesgerichts Györ vom 13. Oktober 2015 ( RR.2016.183 , act. 1.8 und 1.10).

E. Am 18. Juli 2016 erhob A. Beschwerde gegen den Auslieferungshaftbefehl, die von der Beschwerdekammer am 2. August 2016 abgewiesen wurde (Entscheid des Bundesstrafgerichts RH.2016.7 ).

F. Das BJ erliess am 31. August 2016 den Auslieferungsentscheid. Es bewilligte die Auslieferung von A. für die dem ungarischen Auslieferungsersuchen vom 15. Juli 2016, ergänzt am 2. August 2016, zugrunde liegenden Straftaten. Der Entscheid erfolgte unter Vorbehalt des Entscheides des Bundesstrafgerichts über die Einrede des politischen Delikts im Sinne von Art. 55 Abs. 2 IRSG ( RR.2016.183 , act. 1.1).

Mit Schreiben vom gleichen Tag an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts beantragte das BJ die Ablehnung der Einrede des politischen Delikts ( RR.2016.183 , act. 1).

G. A. gelangt mit Beschwerde vom 3. Oktober 2016 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts mit folgenden Anträgen (act. 1):

1. Der Auslieferungsentscheid des BJ vom 31. August 2016 sei aufzuheben und die Auslieferung des Beschwerdeführers an Ungarn sei zu verweigern.

2. Eventualiter sei die Auslieferung zu bewilligen, jedoch nur unter der Auflage, dass dem Beschwerdeführer gestützt auf die einschlägige Bestimmung der ungarischen Strafprozessordnung das Recht auf eine Revision des Verfahrens zugestanden wird.

3. De[m] Beschwerdeführer sei für das vorliegende Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege unter Rechtsverbeiständung mit der Unterzeichnenden zu gewähren.

Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Staatskasse."

H. Das BJ verzichtete mit Schreiben vom 7. Oktober 2016 auf Beschwerdeantwort und verwies auf den angefochtenen Auslieferungsentscheid (act. 4). Mit Schreiben vom 10. Oktober 2016 wurde A. zur Antragsantwort eingeladen (act. 5; RR.2016.183 , act. 3). Mit Schreiben vom 21. Oktober 2016 verzichtete A. auf eine Antragsantwort, hielt an den in der Beschwerde gestellten Anträgen fest und verwies zur Begründung auf diese sowie die Beschwerde im Verfahren RH.2016.7 vom 18. Juli 2016 ( RR.2016.183 , act. 4). Die Antragsantwort wurde dem BJ mit Schreiben vom 24. Oktober 2016 zur Kenntnis zugestellt ( RR.2016.183 , act. 5). Mit Schreiben vom 2. November 2016 reichte Rechtsanwältin Nikolova Hiller ihre Honorarnote ein (act. 6).

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Für den Auslieferungsverkehr zwischen der Schweiz und Ungarn sind primär massgebend das Europäische Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EAUe; SR 0.353.1; vgl. ferner BGE 132 II 81 E. 3.2.3), das zu diesem Übereinkommen am 15. Oktober 1975 ergangene erste Zusatzprotokoll (1. ZP; SR 0.353.11), das zu diesem Übereinkommen am 17. März 1978 ergangene zweite Zusatzprotokoll (2. ZP; SR 0.353.12) sowie die Bestimmungen der Art. 59 ff. des Übereinkommens vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 (Schengener Durchführungsübereinkommen, SDÜ; ABl. L 239 vom 22. September 2000, S. 19-62). Günstigere Bestimmungen bilateraler oder multilateraler Übereinkünfte zwischen den Vertragsparteien bleiben von diesen multilateralen Abkommen unberührt (Art. 28 Abs. 2 EAUe; Art. 48 Abs. 2 SDÜ; zum Ganzen Zimmermann , La coopération judiciaire internationale en matière pénale, 4. Aufl., Bern 2014, N. 22 f., 28 ff., 75 ff.).

1.2 Soweit diese Staatsverträge bestimmte Fragen nicht abschliessend regeln, findet auf das Verfahren der Auslieferung ausschliesslich das Recht des er­suchten Staates Anwendung (Art. 22 EAUe), vorliegend also das Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG; SR 351.1) und die dazugehörige Verordnung vom 24. Februar 1982 (Rechtshilfeverordnung, IRSV; SR 351.11; Art. 1 Abs. 1 lit. a IRSG ; BGE 136 IV 82 E. 3.1; 130 II 337 E. 1). Das innerstaatliche Recht gelangt nach dem Günstigkeitsprinzip auch dann zur Anwendung, wenn dieses geringere Anforderungen an die Auslieferung stellt (BGE 142 IV 250 E. 3; 140 IV 123 E. 2; 137 IV 33 E. 2.2.2, jeweils m.w.H. ; Fiolka, Basler Kommentar, Internationales Strafrecht, Basel 2015, Art. 1 IRSG N. 24-30; Dangubic/Keshelava, a.a.O., Art. 12 IRSG N. 1). Vorbehalten bleibt die Wahrung der Menschenrechte (BGE 139 II 65 E. 5.4 letzter Absatz; 135 IV 212 E. 2.3; 123 II 595 E. 7c; TPF 2008 24 E. 1.1 ; Zimmermann , a.a.O., N. 211 ff., 223 ff., 684 ff.).

1.3 Verweist das IRSG direkt auf die Bestimmungen der StPO, so gelangen diese analog zur Anwendung ( Dangubic/Keshelava , a.a.O., Art. 12 IRSG N. 1). Mithin gelten gemäss Art. 48 Abs. 2 IRSG für das vorliegende Beschwerdeverfahren Art. 379 -397 StPO sinngemäss. Fehlt es den obgenannten Staatsverträgen, dem IRSG und IRSV an weiteren einschlägigen prozessualen Regelungen, so sind in casu die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG; SR 172.021) anwendbar (Art. 39 Abs. 2 lit. b i.V.m. Art. 37 Abs. 2 lit. a StBOG ).

2.

2.1 Über ausländische Auslieferungsersuchen entscheidet das BJ (vgl. Art. 55 Abs. 1 IRSG). Macht der Verfolgte geltend, er werde eines politischen Delikts bezichtigt, oder ergeben sich bei der Instruktion ernsthafte Gründe für den politischen Charakter der Tat, so entscheidet die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts darüber auf Antrag des BJ und nach Einholung einer Stellungnahme des Verfolgten (Art. 55 Abs. 2 IRSG; BGE 130 II 337 E. 1.1.1 S. 339; 128 II 355 E. 1.1.1 S. 357 f.; TPF 2008 24 E. 1.2). Das Verfahren der Beschwerde nach Art. 25 IRSG ist dabei sinngemäss anwendbar (Art. 55 Abs. 3 IRSG). Die Beschwerdekammer hat nur über die Einrede des politischen Delikts in erster Instanz zu befinden und dem BJ den Entscheid über die übrigen Auslieferungsvoraussetzungen zu überlassen (BGE 130 II 337 E. 1.1.2; 128 II 355 E. 1.1.3-1.1.4 S. 358 f.; TPF 2008 24 E. 1.2 m.w.H.). Gegen diesen Entscheid kann innerhalb von 30 Tagen nach dessen Eröffnung bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde geführt werden (Art. 55 Abs. 3 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 IRSG ; Art. 50 Abs. 1 VwVG ). Die Frist beginnt an dem auf ihre Mitteilung folgenden Tage zu laufen (Art. 20 Abs. 1 VwVG ).

2.2 Der Beschwerdeführer und Antragsgegner (nachfolgend Beschwerdeführer") hat im Rahmen des Auslieferungsverfahrens sinngemäss geltend gemacht, er sei aus politischen Gründen strafrechtlich verurteilt und verfolgt worden ( RR.2016.183 , act. 1.12, S. 2; act. 1.13, S. 6 ff.). Mit Entscheid vom 31. August 2016 bewilligte der Beschwerdegegner und Antragssteller (nachfolgend Beschwerdegegner") die Auslieferung des Beschwerdeführers unter Vorbehalt des Entscheides des Bundesstrafgerichts über die Einrede des politischen Delikts ( RR.2016.183 , act. 1.1) und beantragte der Beschwerdekammer mit Eingabe vom selben Tag, die Einsprache des politischen Delikts abzulehnen ( RR.2016.183 , act. 1). Die diesbezügliche Stellungnahme des Beschwerdeführers im Sinne von Art. 55 Abs. 2 IRSG liegt vor ( RR.2015.213 , act. 4).

Die am 3. Oktober 2016 gegen den Auslieferungsentscheid vom 31. August 2016 erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers erweist sich als fristgerecht. Die übrigen Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist.

3. Vorliegend ist das Verfahren betreffend Einrede des politischen Delikts ( RR.2016.183 ) und das Beschwerdeverfahren ( RR.2016.203 ) aufgrund ihrer inhaltlichen Konnexität zu vereinigen.

4. Zulässige Beschwerdegründe sind die Verletzung von Bundesrecht (inklusive Staatsvertragsrecht), einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens sowie die unzulässige oder offensichtlich unrichtige Anwendung ausländischen Rechts in den Fällen nach Art. 65 IRSG i.V. mit Art. 80 i Abs. 1 IRSG. Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts überprüft zudem die Richtigkeit und die Vollständigkeit der Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts sowie die Angemessenheit des angefochtenen Entscheides gemäss Art. 49 lit. b und c VwVG i.V.m. Art. 39 Abs. 2 lit. b StBOG (s. TPF 2007 57 E. 3.2).

Die Beschwerdekammer ist nicht an die Begehren der Parteien gebunden (Art. 25 Abs. 6 IRSG ). Sie prüft die Auslieferungsvoraussetzungen grundsätzlich mit freier Kognition. Die Beschwerdekammer steht es frei, einzelne Auslieferungsvoraussetzungen einer Überprüfung zu unterziehen, die nicht Gegenstand der Beschwerde sind. Sie ist jedoch anders als eine Aufsichtsbehörde nicht gehalten, die angefochtene Verfügung von Amtes wegen auf ihre Konformität mit sämtlichen anwendbaren Bestimmungen zu überprüfen (BGE 123 II 134 , E. 1d; TPF 2011 97 E. 5; Zimmermann, a.a.O., N. 522, S. 519).

Ausserdem muss sich die Beschwerdekammer nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen. Sie kann sich auf die für ihren Entscheid wesentlichen Punkte beschränken, und es genügt, wenn die Behörde wenigstens kurz die Überlegungen nennt, von denen sie sich leiten liess und auf welche sich ihr Entscheid stützt (Urteil des Bundesgerichts 1A.59/2004 vom 16. Juli 2004, E. 5.2 m.w.H.).

5.

5.1 Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, dass die Sachverhaltsdarstellungen im Urteil des Landgerichts Szombathely vom 11. Dezember 2013 bzw. im Bescheid des Oberlandgerichts Györ vom 13. Oktober 2015 derart lückenhaft und widersprüchlich seien, dass darauf auch nicht prima facie abgestellt werden könne (act. 1, S. 4 ff.).

5.2 Gemäss Art. 12 Ziff. 2 lit. b EAUe hat das Auslieferungsersuchen eine Darstellung der Handlungen, derentwegen um Auslieferung ersucht wird, zu enthalten. Zeit und Ort ihrer Begehung sowie ihre rechtliche Würdigung unter Bezugnahme auf die anwendbaren Gesetzesbestimmungen sind so genau wie möglich anzugeben. Unter dem Gesichtspunkt des hier massgebenden Art. 12 EAUe reicht es in der Regel aus, wenn die Angaben im Rechtshilfeersuchen sowie in dessen Ergänzungen und Beilagen es den schweizerischen Behörden ermöglichen zu prüfen, ob ausreichende Anhaltspunkte für eine auslieferungsfähige Straftat vorliegen, ob Verweigerungsgründe gegeben sind bzw. für welche mutmasslichen Delikte dem Begehren allenfalls zu entsprechen ist. Der Rechtshilferichter muss namentlich prüfen können, ob ein politisches Delikt vorliegt und ob die Voraussetzung der beidseitigen Strafbarkeit erfüllt ist. Es kann hingegen nicht verlangt werden, dass die Behörden des ersuchenden Staates den Sachverhalt, der Gegenstand ihrer Strafuntersuchung bildet, lückenlos und völlig widerspruchsfrei darstellen und die Tatvorwürfe bereits abschliessend mit Beweisen belegen. Das wäre mit dem Sinn und Zweck des Auslieferungsverfahrens unvereinbar. Die ersuchte schweizerische Behörde hat sich beim Entscheid über ein ausländisches Begehren nicht dazu auszusprechen, ob die darin angeführten Tatsachen zutreffen oder nicht. Sie hat somit nach dem Grundsatz der abstrakten beidseitigen Strafbarkeit (vgl. BGE 136 IV 179 E. 2, 2.3.4) weder Tat- noch Schuldfragen zu prüfen und grundsätzlich auch keine Beweiswürdigung vorzunehmen. Sie ist vielmehr an die Darstellung des Sachverhalts im Ersuchen sowie in dessen Ergänzungen und Beilagen gebunden, soweit diese nicht durch offensichtliche Fehler, Lücken oder Widersprüche sofort entkräftet wird (BGE 133 IV 76 E. 2.2 m.w.H.; TPF 2012 114 E. 7.3 m.w.H.).

5.3 Die vorliegend bewilligte Auslieferung bezieht sich unter anderem auch auf Straftaten aus dem Bereich der indirekten Fiskalität. Da sich die Schweiz gestützt auf Art. 63 i.V.m. Art. 50 Abs. 1 SDÜ zur Leistung von Rechtshilfe auch bei einfachen Hinterziehungen von indirekten Steuern (Verbrauchssteuer, Mehrwertsteuer und Zoll; BGE 136 IV 88 E. 3) bereit erklärt hat und in diesem Bereich der Ausschlussgrund gemäss Art. 3 Abs. 3 IRSG auf Grund des Vorranges des Staatsvertragsrechts keine Anwendung findet, gelten die beim Abgabebetrug von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung geforderten erhöhten Anforderungen an die Darlegung der Verdachtsmomente nicht (Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2009.279 vom 24. Februar 2010, E. 6).

5.4 Gemäss Art. 1 EAUe sind die Vertragsparteien grundsätzlich verpflichtet, einander Personen auszuliefern, die von den Justizbehörden des ersuchenden Staates wegen einer strafbaren Handlung verfolgt oder zur Vollstreckung einer Strafe oder einer sichernden Massnahme gesucht werden. Auszuliefern ist wegen Handlungen, die sowohl nach dem Recht des ersuchenden als auch nach demjenigen des ersuchten Staates mit einer Freiheitsstrafe (oder die Freiheit beschränkenden sichernden Massnahme) im Höchstmass von mindestens einem Jahr oder mit einer schwereren Strafe bedroht sind (Art. 2 Ziff. 1 EAUe; vgl. auch Art. 35 Abs. 1 IRSG).

5.5 Dem Auslieferungsersuchen vom 15. Juli 2016 liegt der internationale Haftbefehl vom 5. Juli 2016 des Landgerichts Szombathely sowie das Urteil des Landgerichts Szombathely vom 11. Dezember 2013, bestätigt durch den Bescheid des Oberlandgerichts Györ vom 13. Oktober 2015, bei. Mit Urteil des Landgerichts Szombathely vom 11. Dezember 2013 wurde der Beschwerdeführer für folgende Taten zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt ( RR.2016.183 , act. 1.8, 1.9, 1.10):

5.5.1 Der Beschwerdeführer habe im Oktober 2003 die B. GmbH gegründet und sei bis im Juni deren alleiniger Geschäftsführer gewesen. Am 4. September 2008 habe er einen Darlehensvertrag und einen einseitigen hypothekenrechtlichen Vertrag mit einer Filiale der C.-Kreditgenossenschaft" (nachfolgend Kreditgenossenschaft") über die Zahlung eines Darlehens von HUF 40 Mio. abgeschlossen. Grund des Darlehens sei die Tilgung einer Schuld in Höhe von knapp HUF 8 Mio. gewesen, der verbleibende Teil sei zur freien Verwendung gestanden. Die Laufzeit des Kredits sei auf 15 Jahre festgelegt worden, mit einer monatlichen Tilgungsrate von HUF 222'222.--. Zur Absicherung des Kredits sei zugunsten der Kreditgenossenschaft ein Pfandrecht bestellt worden, wobei dafür drei Liegenschaften gebunden wurden, für welche der Beschwerdeführer durch den Mitverurteilten D. im Namen der Firma der Schwiegermutter des Beschwerdeführers (E. GmbH") eine Schätzung habe erstellen lassen, wobei D. diese Grundstücke nie besichtigt habe. Gemäss dieser Schätzung sei der Verkehrswert der drei Liegenschaften bei rund HUF 80 Mio. gelegen. Daraufhin sei dem Beschwerdeführer das Darlehen ausbezahlt worden. Ab 2008 habe die B. GmbH mit Verlust gewirtschaftet und sei dann zahlungsunfähig geworden. Ab März 2009 sei der Beschwerdeführer als Eigentümer und Geschäftsführer seiner Verpflichtung aus dem Darlehensvertrag nicht mehr nachgekommen. Darauf habe die Kreditgenossenschaft von ihrem Inkassorecht Gebrauch machen wollen, jedoch festgestellt, dass der Wert der als Absicherung angegebenen Liegenschaften keine Sicherheit für das aufgenommene Darlehen biete. Der Verkehrswert der Liegenschaften sei weit niedriger als angeführt gewesen. Damit hätten der Beschwerdeführer und D. bei der Kreditgenossenschaft aus Bereicherungsabsicht einen Irrtum erregt und einen Schaden von gut HUF 36 Mio. verursacht ( RR.2016.183 , act. 1.10, Internationaler Haftbefehl, S. 1-3).

5.5.2 Am 15. Oktober 2008 habe die Mitverurteilte F. mit Hilfe des Beschwerdeführers die Scheinfirma G. GmbH gegründet. Am 31. Oktober 2008 habe die G. GmbH für HUF 2.5 Mio. von der B. GmbH eine Liegenschaft gekauft und am 1. Dezember 2008 einen Subunternehmervertrag mit der B. GmbH zur Errichtung eines Familiendoppelhauses für HUF 25 Mio. abgeschlossen. Damit die G. GmbH den Kredit von der Kreditgenossenschaft sicher erhalte, seien zwei weitere Personen mit einer Urkunde unwahren Inhalts als Käufer aufgetreten. F. habe am 23. Dezember 2008 im Namen der G. GmbH mit der Kreditgenossenschaft einen Darlehensvertrag abgeschlossen, wobei D. wiederum eine unwahre Schätzung der Liegenschaft erstellt und auch Fotos beigelegt habe, welche nicht von der fraglichen Liegenschaft gestammt hätten. Das sodann erhaltene Darlehen sei grösstenteils nicht zurückgezahlt worden. Durch diese Vorgehensweise hätten der Beschwerdeführer, D. und F. der Kreditgenossenschaft unter Bereicherungsabsicht einen Vermögensschaden im Umfang von rund HUF 22 Mio. zugefügt ( RR.2016.183 , act. 1.10, Internationaler Haftbefehl, S. 3 f.).

5.5.3 H. und seine Familie hätten im März 2009 zwecks Renovierung ihres Wohnhauses Kontakt zu B. GmbH aufgenommen und nach Erstellung eines Kostenvoranschlags durch D., wonach die vollständige Arbeit inkl. Umsatzsteuer rund HUF 3.1 Mio. koste, habe H. in der Folge in diesem Zusammenhang unter dem Titel Vorschuss für Materialien" in Teilzahlungen HUF 3.284 Mio. an die B. GmbH bzw. den Beschwerdeführer übergeben. Der Beschwerdeführer habe von einen Teil dieses Betrags nicht für Materialen sondern für ein anderes, nicht bestimmungsgemässes Ziel verwendet. Der Beschwerdeführer habe H. mit seiner Handlung einen Schaden von HUF 1.5 Mio. verursacht, der nicht erstattet worden sei ( RR.2016.183 , act. 1.10, Internationaler Haftbefehl, S. 4; Urteil Landgericht Szombathely, S. 17 f.).

5.5.4 Die von H. übertragenen Gelder habe die B. GmbH nicht in ihrem Rechnungslegungsregister aufführen lassen. Die B. GmbH habe gegen ihre Buchführungspflicht verstossen, weil sie u.a. ab 1. August 2009 und im Jahr 2010 keine Rechnungslegungsregister geführt und keinen Jahresabschluss erstellt habe. Damit habe der Beschwerdeführer als Eigentümer und Geschäftsführer der B. GmbH in Bezug auf die Rechnungslegungsjahre 2008 bis 2010 die Durchsicht und Kontrolle der tatsächlichen Vermögenslage der Gesellschaft vereitelt ( RR.2016.183 , act. 1.10, Internationaler Haftbefehl, S. 4 f.).

5.5.5 Der Beschwerdeführer habe als Vertreter der B. GmbH in den Jahren 2009 und 2010 unrichtige oder falsche Steuererklärungen bezüglich der allgemeinen Umsatzsteuer" eingereicht. Damit habe er die Steuereinnahmen in der Steuergattung allgemeine Umsatzsteuer" in den Jahren 2009 und 2010 um gesamthaft HUF 349'450.-- herabgesetzt ( RR.2016.183 , act. 1.10, Interna-tionaler Haftbefehl, S. 5 f.).

5.6 Diese Sachdarstellungen entsprechen den formellen Voraussetzungen von Art. 12 Ziff. 2 lit. b EAUe. Die ungarischen Behörden führen aus, wann der Beschwerdeführer die vorgeworfenen Handlungen begangen haben soll und legen dar, wie er dabei vorgegangen sei. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt (vgl. act. 1 S. 6 f.), ist nicht stichhaltig; seine Behauptungen vermögen keine offensichtlichen Mängel im Sinne der zitierten Rechtsprechung darzulegen, welche die Sachdarstellung sofort zu entkräften vermöchten. Seine Einwände beschränken sich vielmehr auf eine vom Auslieferungsersuchen abweichende eigene Darstellung des Sachverhalts. Der Beschwerdeführer verkennt, dass das Auslieferungsverfahren nicht der nachträglichen Überprüfung von ausländischen Strafurteilen durch den Rechtshilferichter dient. Dies gilt umso mehr, wenn - wie vorliegend - bereits ein rechtskräftiges Strafurteil der Justizbehörden des ersuchenden Staates vorliegt (Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2009.234 vom 11. Februar 2010, E. 7.4). Die diesbezügliche Rüge ist daher abzuweisen. Die Sachdarstellungen sind somit hinreichend klar, um zu prüfen, ob die vorgeworfenen Handlungen unter schweizerische Strafbestimmungen subsumiert werden können.

6.

6.1 Der Beschwerdeführer rügt sodann mit Bezug auf den unter E. 5.5.1 hiervor geschilderten Sachverhalt das Fehlen der doppelten Strafbarkeit (act. 1, S. 6 ff.).

6.2 Für die Frage der beidseitigen Strafbarkeit nach schweizerischem Recht ist der im Ersuchen dargelegte Sachverhalt so zu subsumieren, wie wenn die Schweiz wegen des analogen Sachverhalts ein Strafverfahren eingeleitet hätte (BGE 132 II 81 E. 2.7.2 S. 90). Der Rechtshilferichter prüft daher bloss "prima facie", ob der im Ausland verübte inkriminierte Sachverhalt, sofern er - analog - in der Schweiz begangen worden wäre, die Tatbestandsmerk-male einer schweizerischen Strafnorm erfüllen würde (Entscheid des Bun-desstrafgerichts RR.2009.257 vom 29. März 2010, E. 3.2 mit Hinweisen). Die Strafnormen brauchen nach den Rechtssystemen der Schweiz und des er-suchenden Staates nicht identisch zu sein (Urteil des Bundesgerichts 1A.125/2006 vom 10. August 2006, E. 2.1 m.w.H.). Die richtige Qualifikation nach ausländischem Recht stellt kein formelles Gültigkeitserfordernis dar und ist vom Auslieferungsrichter daher nicht zu überprüfen, wenn feststeht, dass der in den Auslieferungsunterlagen umschriebene Sachverhalt den Tat-bestand eines Auslieferungsdeliktes erfüllt (vgl. BGE 101 Ia 405 E. 4 S. 410 m.w.H.; Z IMMERMANN , a.a.O., S. 536 N. 583). Anders als im Bereich der "ak-zessorischen" Rechtshilfe ist die Voraussetzung der beidseitigen Strafbar-keit im Auslieferungsrecht für jeden Sachverhalt, für den die Schweiz die Auslieferung gewähren soll, gesondert zu prüfen (BGE 125 II 569 E. 6 S. 575; Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2007.55 vom 5. Juli 2007, E. 6.2).

6.3 Der Beschwerdegegner hat den in E. 5.5.1 beschriebenen Sachverhalt prima facie als Betrug gemäss Art. 146 StGB, eventuell als Veruntreuung gemäss Art. 138 StGB qualifiziert ( RR.2016.183 , act. 1.1, Ziff. II.4.1.1).

6.4 Nach schweizerischem Recht erfüllt den Tatbestand des Betruges im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt. Diesen Tatbestand erfüllt nur die arglistige Täuschung. Wer sich mit einem Mindestmass an Aufmerksamkeit selbst hätte schützen bzw. den Irrtum durch ein Minimum an zumutbarer Vorsicht hätte vermeiden können, wird strafrechtlich nicht geschützt. Nach der Rechtsprechung ist Arglist unter anderem gegeben, wenn der Täter zur Täuschung eines andern ein ganzes Gebäude von raffiniert aufeinander abgestimmten Lügen errichtet oder wenn er sich besonderer Machenschaften bedient, d.h. den andern durch intensive, planmässige und systematische Vorkehren, namentlich durch Verwendung von rechtswidrig erlangten oder gefälschten Urkunden und Belegen, täuscht ( BGE 128 IV 18 E. 3a; 122 IV 197 E. 3d, je mit Hinweisen). Als Urkunden gelten unter anderem nur Schriften, die bestimmt und geeignet sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen (Art. 110 Ziff. 5 Abs. 1 StGB).

Nach der neueren Rechtsprechung ist das Kriterium der Überprüfbarkeit nicht nur bei einfachen falschen Angaben, sondern auch bei Lügengebäuden und besonderen Machenschaften unter dem Gesichtspunkt der
Opfermitverantwortung von Bedeutung. Danach ist bei der Prüfung der Arglist nicht aufgrund einer rein objektiven Betrachtungsweise darauf abzustellen, wie ein durchschnittlich vorsichtiger und erfahrener Dritter auf die Täuschung reagiert hätte. Vielmehr ist die jeweilige Lage des Betroffenen im Einzelfall zu berücksichtigen, beispielsweise die besondere Fachkenntnis und Geschäftserfahrung des Getäuschten. Auch unter dem Gesichtspunkt der Opfermitverantwortung ist aber für die Erfüllung des Betrugstatbestands nicht erforderlich, dass das Opfer die grösstmögliche Sorgfalt walten lässt und alle denkbaren Vorsichtsmassnahmen trifft. Entscheidend ist nicht, ob der Betroffene alles vorgekehrt hat, um den Irrtum zu vermeiden. Arglist scheidet lediglich aus, wenn das Opfer die grundlegendsten Vorsichtsmassnahmen nicht beachtet hat. Entsprechend entfällt der strafrechtliche Schutz nicht bei jeder Fahrlässigkeit des Opfers, sondern nur bei Leichtfertigkeit ( BGE 128 IV 18 E. 3a; 126 IV 165 E. 2a, je mit Hinweisen; Cassani , Der Begriff der arglistigen Täuschung als kriminalpolitische Herausforderung, ZStrR 117/1999 S. 152 ff., 163). Auch wenn nach der neueren Rechtsprechung das Kriterium der Überprüfbarkeit auch bei Lügengebäuden und besonderen Machenschaften von Bedeutung ist, bleibt es grundsätzlich dabei, dass das Merkmal der Arglist erfüllt ist, wenn der Täter seine falschen Angaben mit gefälschten Urkunden im Sinne von Art. 251 StGB stützt, da im geschäftlichen Verkehr grundsätzlich auf die Echtheit von Urkunden vertraut werden darf (Urteil des Bundesgerichts 6S.74/2006 vom 3. Juli 2006, E. 2.4.2). Anders kann es sich verhalten, wenn sich aus den vorgelegten Urkunden selbst ernsthafte Anhaltspunkte für deren Unechtheit ergeben (a.a.O.).

6.5 Das Landgericht Szombathely und das Oberlandgericht Györ erachteten es in ihren Urteilen vom 11. Dezember 2013 und 13. Oktober 2015 als erstellt, dass der Beschwerdeführer der Kreditgenossenschaft gefälschte Unterlagen vorgelegt hatte, welche wahrheitswidrig einen zu hohen Verkehrswert der als Pfandrecht bestellten Liegenschaften bestätigten. Gemäss den ungarischen Urteilen hatte der Beschwerdeführer durch die gefälschten Unterlagen einen Kredit von insgesamt HUF 50'000'000.00 (umgerechnet CHF 337'321.00 zur Tatzeit) erwirkt und die Kreditgenossenschaft im Umfang von ca. HUF 36'000'000.00 geschädigt, da der Verkehrswert der als Absicherung angegebenen Liegenschaften weit niedriger war als in der Schätzung angeführt. Das Landgericht Szombathely hält in seinem Urteil fest, dass die vom Beschwerdeführer der Bank vorgelegten gefälschten Unterlagen für die Kreditvergabe erforderlich waren. Die vom Beschwerdeführer zur Täuschung der Bank hinsichtlich der Kreditwürdigkeit seiner Gesellschaft verwendeten Unterlagen enthielten rechtserhebliche Erklärungen und sind daher als Urkunden im strafrechtlichen Sinne von Art. 110 Ziff. 5 StGB zu qualifizieren. Gestützt auf die Feststellungen der ungarischen Gerichte waren diese Urkunden unecht und inhaltlich unwahr. Dass sich aus den vorgelegten Urkunden selbst ernsthafte Anhaltspunkte für deren Unechtheit ergeben hätten, geht aus den Urteilen nicht hervor und wird vom Beschwerdeführer auch nicht geltend gemacht. Da im geschäftlichen Verkehr grundsätzlich auf die Echtheit von Urkunden vertraut werden darf, ist das Verhalten der Kreditgenossenschaft, den Kredit ohne Überprüfung der echt erscheinenden, für die Kreditvergabe relevanten Dokumente zu gewähren, bei einer prima facie Beurteilung nicht als leichtfertig zu bewerten. Ein solches, aufeinander abgestimmtes Vorgehen zur Täuschung der Bank ist unter diesen Umständen bei einer prima facie Beurteilung insgesamt als arglistig zu qualifizieren. Die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des Betrugs wurden vom Beschwerdeführer zur Recht nicht bestritten. Der Grundtatbestand des Betrugs im Sinne von Art. 146 StGB ist damit prima facie erfüllt, und die entsprechende Rüge geht fehl. Ob daneben auch der Tatbestand der Veruntreuung im Sinne von Art. 138 StGB erfüllt ist, braucht unter diesen Umständen nicht geprüft zu werden.

6.6 Das Vorliegen der doppelten Strafbarkeit mit Bezug auf die unter E. 5.5.2-5.5.5 geschilderten Sachdarstellungen wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Diese Sachverhalte lassen sich prima facie ohne Weiteres unter die Tatbestände des Betrugs im Sinne von Art. 146 StGB (E. 5.5.2), der Veruntreuung im Sinne von Art. 138 StGB (E. 5.5.3), der Unterlassung der Buchführung im Sinne von Art. 166 StGB und der ordnungswidrigen Führung der Geschäftsbücher im Sinne von Art. 325 StGB (E. 5.5.4) sowie der Mehrwertsteuerhinterziehung im Sinne von Art. 96 Abs. 1 lit. a MWSTG subsumieren.

7.

7.1 Der Beschwerdeführer ist ferner der Ansicht, dass in Ungarn schwere rechtsstaatliche Mängel bestehen würden, welche einer Auslieferung entgegenstünden, namentlich die grassierende Korruption sowie die politische Instrumentalisierung der Justiz. So sei das gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfahren lediglich konstruiert und diene einzig oder überwiegend dem Zweck, die Bankverluste zu rechtfertigen und von einem Missmanagement abzulenken. Zudem würde ein an den ungarischen Staatspräsidenten gerichtetes Begnadigungsgesuch vom 3. Dezember 2015 von den ungarischen Behörden nicht behandelt, wodurch dem Beschwerdeführer die letzte Möglichkeit verwehrt werde, seine Unschuld zu beweisen (act. 1, S. 7 ff.).

7.2 Die Schweiz prüft die Auslieferungsvoraussetzungen des EAUe auch im Lichte ihrer grundrechtlichen völkerrechtlichen Verpflichtungen. Einem Ersuchen wird nicht entsprochen, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass das ausländische Verfahren den Grundsätzen der EMRK oder des UNO-Pakt II nicht entspricht oder andere schwere Mängel aufweist (Art. 2 Abs. 1 lit. a und d IRSG ). Gemäss konstanter Praxis wird die Gültigkeit von ausländischen Verfahrensentscheiden nur ausnahmsweise, wenn besonders schwere Verletzungen des ausländischen Rechts vorliegen, überprüft. Dies ist der Fall, wenn das Auslieferungsersuchen rechtsmissbräuchlich erscheint und Zweifel aufkommen, ob die grundsätzlichen Verteidigungsrechte im ausländischen Verfahren gewahrt werden bzw. gewahrt worden sind (Urteile des Bundesgerichts 1A.118/2004 vom 3. August 2004, E. 3.8; 1A.15/2002 vom 5. März 2002, E. 3.2; Entscheide des Bundesstrafgerichts RR.2015.287 vom 25. November 2015, E. 4.2; RR.2015.99 vom 30. Juli 2015, E. 5.2; RH.2014.3 vom 5. März 2014, E. 9.4; RR.2013.89 vom 25. Juni 2013, E. 4.5; RR.2012.259 vom 28. Mai 2013, E. 5.3).

7.3 Vorliegend sind keine massiven Verfahrensverletzungen im obgenannten Sinne erkennbar. Sowohl das erstinstanzliche wie auch das zweitinstanzliche Urteil ergingen in Anwesenheit des Beschwerdeführers und dessen Verteidigers. Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Beschwerdeführer habe seine Verteidigungsrechte im ungarischen Strafverfahren nicht wahrnehmen können. Derartiges wird von ihm auch gar nicht behauptet. Weshalb der Beschwerdeführer ferner Anrecht auf eine Begnadigung oder eine Revision nach ungarischem Verfahrensrecht haben soll, wird von diesem nicht weiter ausgeführt. Es besteht damit diesbezüglich weder ein Grund die Auslieferung nicht zu bewilligen noch bei den ungarischen Behörden eine Zusicherung betreffend Revision des Strafverfahrens zu verlangen. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet.

8.

8.1 Soweit der Beschwerdeführer sinngemäss die Einrede des politischen Delikts erhebt ( RR.2016.183 , act. 1.13), ist dazu Folgendes auszuführen:

8.2 Die Auslieferung wird nicht bewilligt, wenn die strafbare Handlung, derentwegen sie begehrt wird, vom ersuchten Staat als eine politische oder als eine mit einer solchen zusammenhängende strafbare Handlung angesehen wird (Art. 3 Ziff. 1 EAUe ; vgl. auch Art. 3 Abs. 1 und Art. 55 Abs. 2 IRSG ). In der Praxis wird zwischen so genannt absolut" politischen und relativ" politischen Delikten unterschieden. Absolut" politische Delikte stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit politischen Vorgängen. Darunter fallen namentlich Straftaten, welche sich ausschliesslich gegen die soziale und politische Staatsorganisation richten, wie etwa Angriffe gegen die verfassungsmässige Ordnung, Landes- oder Hochverrat. Ein relativ" politisches Delikt liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn einer gemeinrechtlichen Straftat im konkreten Fall ein vorwiegend politischer Charakter zukommt. Der vorwiegend politische Charakter ergibt sich aus der politischen Natur der Umstände, Beweggründe und Ziele, die den Täter zum Handeln bestimmt haben und die in den Augen des Rechtshilferichters vorherrschend erscheinen. Das Delikt muss stets im Rahmen eines Kampfes um die Macht im Staat begangen worden sein und in einem engen Zusammenhang mit dem Gegenstand dieses Kampfes stehen. Darüber hinaus müssen die fraglichen Rechtsgüterverletzungen in einem angemessenen Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen, und die auf dem Spiel stehenden politischen Interessen müssen wichtig und legitim genug sein, um die Tat zumindest einigermassen verständlich erscheinen zu lassen (BGE 131 II 235 E. 3.2 S. 244 f.; 130 II 337 E. 3.2 S. 342 f.; 128 II 355 E. 4.2 S. 364 f.; Urteil des Bundesgerichts 1C_274/2015 vom 12. August 2015, E. 5.3; TPF 2008 24 E. 3.1 S. 27).

8.3 Die Auslieferung wird ebenfalls nicht bewilligt, wenn der ersuchte Staat ernstliche Gründe hat zur Annahme, das gleiche Auslieferungsersuchen wegen einer nach gemeinem Recht strafbaren Handlung sei gestellt worden, um eine Person aus rassischen, religiösen, nationalen oder auf politischen Anschauungen beruhenden Erwägungen zu verfolgen oder zu bestrafen, oder dass die verfolgte Person der Gefahr einer Erschwerung ihrer Lage aus einem dieser Gründe ausgesetzt wäre (Art. 3 Ziff. 2 EAUe; vgl. auch Art. 2 lit. b und c IRSG ). Um den Schutz der Bestimmungen von Art. 3 Ziff. 2 EAUe und Art. 2 lit. b und c IRSG beanspruchen zu können, genügt es nicht, dass die Person, deren Auslieferung verlangt wird, behauptet, aufgrund einer besonderen rechtspolitischen Lage bedroht zu sein. Sie muss vielmehr in glaubhafter Weise darlegen, inwiefern ernsthafte und objektive Risiken einer verbotenen Diskriminierung bestehen sowie konkret aufzeigen, dass die strafrechtliche Verfolgung nur vorgeschoben und in Wirklichkeit politisch motiviert ist (vgl. BGE 132 II 469 E. 2.4 S. 473; 129 II 268 E. 6.3; TPF 2008 24 E. 3.1 S. 27 f.; siehe auch Zimmermann , a.a.O., N. 629 m.w.H.; Heimgartner , Auslieferungsrecht, Zürcher Diss., Zürich/Basel/Genf 2002, S. 124).

8.4 Bei den Straftaten, für welche Ungarn um Auslieferung des Beschwerdeführers ersucht, handelt es sich weder um absolut noch um relativ politische Delikte im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung. Derartiges wird auch vom Beschwerdeführer selbst nicht geltend gemacht. Die blosse Behauptung des Beschwerdeführers, wonach seine strafrechtliche Verurteilung lediglich dazu diene, mit ihm einen Sündenbock zu haben, um Bankverluste zu rechtfertigen und von Missmanagement abzulenken, ist nicht geeignet eine konkrete politische Verfolgung glaubhaft zu machen. Auch die Hinweise auf die Ehefrau von I., welche leitende Staatsanwältin gewesen sei und für die Entlastung des ebenfalls anfänglich angeklagten I. gesorgt habe, ( RR.2016.213 , act. 1, S. 7), lassen keinerlei politische Motivation erkennen. Mithin unterlässt der Beschwerdeführer es konkret aufzuzeigen, dass die strafrechtliche Verfolgung nur vorgeschoben und in Wirklichkeit politisch motiviert war.

8.5 Die Einrede des politischen Delikts ist nach dem Gesagten abzuweisen.

9. Zusammenfassend sind die Vorbringen des Beschwerdeführers allesamt unbegründet. Den Akten sind zudem keine anderen Gründe zu entnehmen, welche einer Auslieferung des Beschwerdeführers entgegenstünden.

10.

10.1 Die Beschwerdekammer befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Verfahrenskosten, sofern ihr Begehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 65 Abs. 1 VwVG ) und bestellt dieser einen Anwalt, wenn dies zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist (Art. 65 Abs. 2 VwVG ). Diese Regelung ist Ausfluss von Art. 29 Abs. 3 BV . Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind Prozessbegehren als aussichtslos anzusehen, wenn die Gewinnaussichten beträchtlich geringer erscheinen als die Verlustgefahren. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde (BGE 139 III 475 E. 2.2 S. 476 f.; 139 III 396 E. 1.2; 138 III 217 E. 2.2.4).

10.2 Nach dem oben Ausgeführten muss die vorliegende Beschwerde als aussichtslos bezeichnet werden. Die Einrede des politischen Delikts erwies sich als Schutzbehauptung. Die vom Beschwerdeführer darüber hinaus gegen den Auslieferungsentscheid erhobenen Einwände erwiesen sich ebenfalls als offensichtlich unbegründet. Im Wesentlichen handelte es sich hierbei um dieselben Vorbringen, welche der Beschwerdeführer schon vor dem Beschwerdegegner ins Feld führte und mit welchen sich dieser im Rahmen seines Entscheides in überzeugender Weise auseinandergesetzt hat, ohne zu jeglicher Kritik Anlass zu geben. Unter diesen Voraussetzungen erweist sich die Beschwerde als offensichtlich aussichtslos. Allein aus diesem Grund ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege - trotz der schwerwiegenden Bedeutung des angefochtenen Entscheides für den Beschwerdeführer (siehe hierzu Gless/Schaffner , Basler Kommentar, a.a.O., Art. 21 IRSG N. 39) - abzuweisen. Bei der Festsetzung der Spruchgebühr kann gemäss Art. 63 Abs. 4 bis VwVG der womöglich schwierigen finanziellen Situation des Beschwerdeführers Rechnung getragen werden.

11. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG ). Die reduzierte Gerichtsgebühr ist auf CHF 1'000.- festzusetzen (Art. 63 Abs. 5 VwVG i.V.m. Art. 73 StBOG sowie Art. 5 und 8 Abs. 3 lit. a des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]).


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Verfahren RR.2016.183 und RR.2016.203 werden vereinigt.

2. Die Einrede des politischen Delikts wird abgewiesen.

3. Die Beschwerde wird abgewiesen.

4. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

5. Die Gerichtsgebühr von CHF 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

Bellinzona, 21. Dezember 2016

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin :

Zustellung an

- Rechtsanwältin Katja Nikolova Hiller

- Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen kann innert zehn Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 100 Abs. 1 und 2 lit. b BGG ).

Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn er eine Auslieferung, eine Beschlagnahme, eine Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten oder eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Art. 84 Abs. 1 BGG ). Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG ).

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