Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts
Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Beschwerdekammer: Strafverfahren |
Fallnummer: | BB.2016.37 |
Datum: | 27.10.2016 |
Leitsatz/Stichwort: | Nichtanhandnahmeverfügung (Art. 310 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 StPO). |
Schlagwörter | Hawaii; Behörden; Bundesanwaltschaft; Kriegsverbrechen; Recht; Betrug; Eigentum; Beschwerdekammer; US-amerikanischen; Betrugs; Eigentums; Recht; Bundesstrafgericht; Anzeige; Sinne; Genfer; Person; Schweiz; König; Staat; Hawaiis; Grundstücks; Nichtanhandnahme; Bundesstrafgerichts; Konflikt; Abkommen |
Rechtskraft: | Kein Rechtsmittel gegeben |
Rechtsgrundlagen des Urteils: | Art. 11 StPO ;Art. 111 StGB ;Art. 115 StPO ;Art. 118 StPO ;Art. 14 StGB ;Art. 18 BV ;Art. 322 StPO ;Art. 382 StPO ;Art. 390 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 428 StPO ; |
Referenz BGE: | 117 IV 147; ; |
Kommentar: | Schweizer, Vest, Trechsel, Pieth, Praxis, 2. Aufl., Zürich, Art. 264; Art. 111 StGB, 2013 |
Entscheid des Bundesstrafgerichts
Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: BB.2016.36 + 37 |
Beschluss vom 27. Oktober 2016 | ||
Besetzung | Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz, Andreas J. Keller und Emanuel Hochstrasser , Gerichtsschreiberin Chantal Blättler Grivet Fojaja | |
Parteien | 1. A. , 2. B., beide vertreten durch C. Beschwerdeführer 1+2 | |
gegen | ||
Bundesanwaltschaft, Beschwerdegegnerin | ||
Gegenstand | Nichtanhandnahmeverfügung (Art. 310 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 StPO) |
Sachverhalt:
A. Am 22. Dezember 2014 gelangte der ehemalige Schweizer Honorarkonsul in Honolulu, D., mit einem Bericht von C. vom 7. Dezember 2014 (" ...") an die Bundesanwaltschaft und machte geltend, auf Hawaii seien Kriegsverbrechen begangen worden. Gemäss diesem Bericht verdächtigte C. die US-amerikanischen Behörden der Begehung des Kriegsverbrechens und der Plünderung durch ungerechtfertigte Erhebung von Steuern, da sämtliche vor Ort errichteten Behörden nach dem Recht des Hawaiischen Königreichs verfassungswidrig seien.
Mit Schreiben vom 21. Januar 2015 erhoben B. und dessen Vertreter C. Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft und machten geltend, B. sei Geschädigter eines Kriegsverbrechens im Sinne von Art. 115 StPO, weil er in den Jahren 2006-2007 und 2011-2013 ungerechtfertigterweise Steuerabgaben an die US-amerikanischen Behörden auf Hawaii geleistet habe. B. sei zudem Opfer eines Betrugs, begangen durch den Staat Hawaii, indem er gemeinsam mit seiner Ehefrau eine Immobilie habe erwerben wollen, was aber aufgrund der fehlenden Legitimität der staatlichen Behörden Hawaiis zur Übertragung des Eigentumstitels nicht möglich sei. Daher sei der Gouverneur des Staates von Hawaii, E., Leutnant F., der Direktor der Steuerbehörde G. und dessen Stellvertreter H. wegen Plünderung des privaten Eigentums von B. und wegen Betrugs strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.
B. C. gelangte zudem mit Schreiben vom 22. Januar 2015 namens A. an die Bundesanwaltschaft und forderte diese auf, ein Strafverfahren gegen I., ehemaliger Vorsitzender der Bank J., zu eröffnen. A. sei Eigentümer eines Grundstücks auf Hawaii und Hypothekarkreditschuldner der Bank J. gewesen. Der Eigentumserwerbstitel sei jedoch infolge der illegalen Annexion des Königreichs Hawaii nichtig, da die örtlichen US-amerikanischen Notare gar nicht zur Eigentumsübertragung legitimiert gewesen seien. Die Bank J. habe diesen Umstand nicht erkannt und das Haus A.s zur Deckung der Hypothekarforderung liquidiert, anstatt ihre Rechte aus einer "title insurance" geltend zu machen. Die Bank habe daher das Haus A.s im Sinne des Kriegsvölkerrechts geplündert ( BB.2015.36 -37 Verfahrensakten Ordner Lasche 3 und 5).
C. Die Bundesanwaltschaft verfügte am 3. Februar 2015 die Nichtanhandnahme der Strafanzeigen und Privatklagen gegen I., E., F., G. und H. wegen Kriegsverbrechen, angeblich begangen auf Hawaii zwischen 2006 und 2013 ( BB.2015.36 -37 Verfahrensakten Ordner Lasche 3).
D. Auf die dagegen von A. und B. erhobene Beschwerde vom 31. März 2015 trat die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts mit Beschluss vom 28. April 2015 wegen Nichteinhaltens der Beschwerdefrist nicht ein.
E. Am 18. August 2015 gelangten A. und B. erneut mit einer Strafanzeige an die Bundesanwaltschaft. A. wirft abermals I. und neu zusätzlich einer Vielzahl weiterer Personen vor, sein Haus geplündert zu haben (vgl. supra lit. B.). Dabei beruft er sich nunmehr auf Art. 33 des Genfer Abkommens über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten (nachfolgend "Genfer Abkommen"). B. seinerseits macht wie bereits anlässlich der Strafanzeige vom 21. Januar 2015 geltend, Geschädigter eines Kriegsverbrechens und Opfer eines Betrugs geworden zu sein (vgl. supra lit. A.). Neben den bereits in der Strafanzeige vom 21. Januar 2015 genannten Personen seien zusätzlich Barack Obama und weitere Personen wegen Plünderung im Sinne von Art. 33 und unrechtmässiger Aneignung gemäss Art. 147 des Genfer Abkommens sowie wegen Betrugs durch Unterlassung und Widerhandlung gegen Art. 43 zur Rechenschaft zu ziehen ( BB.2015.36 -37 Verfahrensakten Ordner Lasche 5).
F. Die Bundesanwaltschaft verfügte am 28. Januar 2016 die Nichtanhandnahme der Strafanzeigen und Privatklagen wegen Kriegsverbrechen und Betrugs, angeblich begangen auf Hawaii zwischen 2006 und 2007 sowie zwischen 2011 und 2013 ( BB.2015.36 -37 Verfahrensakten Ordner Lasche 3).
G. Dagegen gelangen A. und B. mit Beschwerde vom 17. Februar 2016 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und beantragen sinngemäss die Aufhebung der Nichtanhandnahmeverfügung und die Durchführung eines Strafverfahrens gegen die von ihnen Angezeigten (act. 1 und act. 8.1).
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt (Art. 390 Abs. 2 StPO e contrario).
Auf die Ausführungen des Beschwerdeführers und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Be-zug genommen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gegen eine Nichtanhandnahmeverfügung der Bundesanwaltschaft ist die Beschwerde nach den Vorschriften der Art. 393 ff . StPO an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zulässig (Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 StPO und Art. 37 Abs. 1 StBOG). Zur Beschwerde sind die Parteien - mithin auch die geschädigte Person, die sich i.S.v. Art. 118 f . StPO als Privatklägerschaft konstituiert hat - legitimiert, sofern sie ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides haben (Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 und Art. 382 Abs. 1 StPO ). Privatklägerschaft ist die geschädigte Person, die durch die Straftat in ihren Rechten unmittelbar verletzt worden ist (Art. 115 Abs. 1 StPO ). Unmittelbar verletzt ist der Träger des durch die verletzte Strafnorm geschützten Rechtsgutes, wer also unter den Schutzbereich der verletzten Strafnorm fällt ( Mazzucchelli/Postizzi , in: Heer/Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Schweizerische Strafprozessordung, 2. Aufl., Basel 2014, N 21 zu Art. 115). Es stellt sich damit zunächst die Frage, ob die Beschwerdeführer in ihren Rechten durch die geltend gemachten strafbaren Handlungen (Kriegsverbrechen und Betrug) der eingangs erwähnten Beschuldigten unmittelbar verletzt sind.
1.2
1.2.1 Unter dem 12. Titel ter (Kriegsverbrechen) des StGB macht sich gemäss Art. 264 c Abs. 1 lit. d strafbar, wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt eine schwere Verletzung der Genfer Konventionen vom 12. August 1949 durch militärische Erfordernisse nicht gerechtfertigte Zerstörung oder Aneignung von Gut in grossem Ausmass begeht. Ebenso wird bestraft, wer gemäss Art. 264 g Abs. 1 lit. c StGB im Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt als Methode der Kriegsführung plündert, sich auf andere Weise unrechtmässig Gut aneignet oder in einem durch die Erfordernisse des Krieges nicht zwingend gebotenen Ausmass feindliches Gut zerstört oder beschlagnahmt. Diese Bestimmungen folgen weitgehend den Vorgaben der Haager Landkriegsordnungen ( SR 0.515.111, 112), und den vier Genfer Abkommen (SR. 0.518.12, 23, 42, 51). Rechtsgut der Kriegsverbrechen sind Personen und Sachgüter. Art. 264 c Abs. 1 lit. d und Art. 264 g Abs. 1 lit. c StGB schützen das Privateigentum und private Gebrauchs- und Nutzungsrechte im Rahmen eines bewaffneten Konflikts ( Vest , in: Trechsel/Pieth, [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, N 8 zu Vor Art. 264b; Keshelava/Zehnder , in: Niggli/ Wiprächtiger, Strafrecht II, Art. 111 -392 StGB , Basel 2013, N 2 ff. zu Art. 264 c und N 2 f. zu Art. 264 g).
1.2.2 Des Betrugs im Sinne von Art. 146 StGB macht sich strafbar, wer in der Absicht, sich oder einen anderen unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen anderen am Vermögen schädigt. Diese Norm soll vor täuschungsbedingter Schädigung des Vermögens schützen (BGE 117 IV 147 f.).
1.3 Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, ihr privates Eigentum sei durch die US-amerikanischen Behörden auf Hawaii geplündert worden bzw. sie seien Opfer eines Betrugs geworden. Dies, weil die Vereinigten Staaten von Amerika das Königreich Hawaii illegal annektiert hätten und es daher heute noch an der Legitimität der (US-amerikanischen) staatlichen Behörden auf Hawaii fehle. So hätte der Beschwerdeführer 1 zusammen mit seiner Ehefrau eine Immobilie auf Hawaii erwerben wollen, was jedoch aufgrund der fehlenden Legitimität der staatlichen Behörden Hawaiis gar nicht möglich gewesen sei. Der Beschwerdeführer 2 habe in den Jahren 2006-2007 und 2010-2013 ungerechtfertigterweise Steuerabgaben an die Behörden auf Hawaii geleistet. Er sei ferner Eigentümer eines Grundstücks auf Hawaii und Hypothekarkreditschuldner der Bank J. gewesen. Der Eigentumserwerbstitel sei jedoch infolge der illegalen Annexion des Königreichs Hawaii nichtig, da die örtlichen US-amerikanischen Notare gar nicht zur Eigentumsübertragung legitimiert gewesen seien. Die Bank J. habe sein Haus zur Deckung der Hypothekarforderung liquidiert und im Sinne des Kriegsvölkerrechts geplündert (siehe supra lit. A, B und E).
1.4 Selbst wenn die USA Hawaii im Jahr 1898 in völkerrechtlich unzulässiger Weise annektiert hätte bzw. ein völkerrechtlicher Annexionsvertrag zwischen den USA und Hawaii nicht vorgelegen hätte, fehlt es offensichtlich an einem bewaffneten Konflikt - worunter auch eine militärische Besetzung fällt, die ohne Waffengewalt vollzogen wird ( Fiolka/Zehner , in: Niggli/Wiprächtiger, Strafrecht II, Art. 111 -392 StGB, Basel 2013, N 20 zu Art. 264 b) - zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Taten. Fehlt es aber an einem bewaffneten Konflikt, schliesst dies die Anwendung der Genfer Abkommen bzw. der Haager Landkriegsordnungen und die sich darauf abstützenden Art. 264 b und 264 g StGB von vornherein aus. Die USA haben Hawaii am 21. August 1959 als 50. Bundesstaat in die Union der Vereinigten Staaten aufgenommen. Hawaii wird von der Schweiz fraglos als Teil der USA anerkannt (vgl. http://www.rhf.admin.ch/rhf/de/home/rhf/index/laenderindex/united_states. html ). In diesem Zusammenhang sind die Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass es nicht in der Kompetenz der Strafbehörden, sondern jener des Bundesrates, liegt, über die Anerkennung fremder Staaten zu entscheiden (Art. 184 BV ). An der Anerkennung Hawaiis als Teil der USA durch die Schweiz ändert sodann weder der zwischen der Eidgenossenschaft und dem König der Hawaiischen Inseln am 20. Juli 1864 abgeschlossene Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrag (BBl 1864 Nr. 35) noch der behauptete Umstand, dass der Ständige Schiedshof (englisch: permanent court of arbitration) das Königreich Hawaii in einem Schiedsgerichtsverfahren als Partei anerkannt haben soll, etwas. Ebenso anerkennt die Schweiz zweifelsohne die Legitimation der US-amerikanischen Behörden zur Eigentumsübertragung an Grundstücken auf Hawaii oder deren notarielle Beglaubigung. Anhaltspunkte für eine Täuschungshandlung der Behörden im Zusammenhang mit dem vom Beschwerdeführer 1 geltend gemachten Grundstückserwerb liegen offensichtlich keine vor. Zusammengefasst gelten die Beschwerdeführer weder durch die Erhebung von Steuern durch die amerikanischen Behörden auf Hawaii noch durch die Grundstücksgeschäfte bzw. die Verpfändung eines Grundstücks durch die Bank J. in ihren Rechten unmittelbar verletzt. Fehlt es aber an der unmittelbaren Verletzung, gelten die Beschwerdeführer nicht als Geschädigte im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO , weshalb sie auch nicht zur Erhebung der Beschwerde legitimiert sind (Art. 382 Abs. 1 StPO). Auf die Beschwerde ist daher mangels Legitimation nicht einzutreten.
2. Bei diesem Ausgang des Verfahrens haben die Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Gerichtsgebühr ist auf Fr. 2'000.-- festzusetzen (Art. 73 StBOG i.V.m. Art. 5 und 8 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]) und mit dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe zu verrechnen.
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt, unter Anrechnung des geleisteten Kostenvorschusses in gleicher Höhe.
Bellinzona, 27. Oktober 2016
Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin :
Zustellung an
- C.
- Bundesanwaltschaft (unter Beilage einer Kopie von act. 1)
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.
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