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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Strafkammer
Fallnummer:SK.2015.4
Datum:18.03.2015
Leitsatz/Stichwort:Versuchter Mord, eventuell versuchte vorsätzliche Tötung, subeventuell versuchte vorsätzliche schwere Körperverletzung und vollendete vorsätzliche schwere Körperverletzung, Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht, Sachbeschädigung.
Schlagwörter : Beschuldigte; Apos;; Handgranate; Beschuldigten; Opfer; Bundes; Recht; Verletzung; Strasse; Protokoll; Täter; Splitter; Polizei; Urteil; Klage; Bosnien; EV-Protokoll; Ehefrau; Genugtuung; Explosion; Person; Gericht; Opfers; ätzlich
Rechtskraft:Kein Weiterzug, rechtskräftig
Rechtsnorm: Art. 1 StPO ; Art. 10 StPO ; Art. 100 BGG ; Art. 11 StGB ; Art. 116 StPO ; Art. 12 StGB ; Art. 120 ZGB ; Art. 122 StGB ; Art. 122 StPO ; Art. 123 StPO ; Art. 124 StPO ; Art. 126 StPO ; Art. 13 StPO ; Art. 132 StPO ; Art. 135 StPO ; Art. 138 StPO ; Art. 139 StPO ; Art. 14 StGB ; Art. 144 StGB ; Art. 176 ZGB ; Art. 2 StGB ; Art. 22 StGB ; Art. 224 StGB ; Art. 23 AHVG ; Art. 23 StGB ; Art. 23 StPO ; Art. 24 AHVG ; Art. 25 StPO ; Art. 255 StPO ; Art. 26 StPO ; Art. 3 StGB ; Art. 3 StPO ; Art. 309 StPO ; Art. 325 StPO ; Art. 326 StPO ; Art. 393 StPO ; Art. 396 StPO ; Art. 4 OR ; Art. 4 StGB ; Art. 41 OR ; Art. 42 OR ; Art. 42 StGB ; Art.
Referenz BGE:101 IV 279; 103 IV 241; 104 IV 232; 106 IV 342; 115 IV 111; 115 IV 113; 115 IV 187; 115 IV 26; 116 IV 300; 118 IV 122; 118 IV 167; 118 IV 366; 120 IV 10; 121 IV 49; 125 IV 242; 127 IV 1; 133 IV 1; 136 IV 55; ;
Kommentar:
Schmid, Schweizer, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxis, 2. Aufl., Zürich, Art. 251 StPO, 2013
Entscheid

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: SK.2015.4

Urteil vom 18. März 2015
Strafkammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Peter Popp, Vorsitz,

Walter Wüthrich und Emanuel Hochstrasser,

Gerichtsschreiber Hanspeter Lukács

Parteien

Bundesanwaltschaft , vertreten durch Staatsanwalt des Bundes Peter Lehmann,

und

als Privatklägerschaft:

1. B., vertreten durch Rechtsanwältin Pia Gössi,

2. Pensionskasse C.,

gegen

A., z. Zt. im Regionalgefängnis Bern, amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Stefan Meichssner

Gegenstand

Versuchter Mord, eventuell versuchte vorsätzliche
Tötung, sub eventuell versuchte vorsätzliche schwere Körperverletzung und vollendete vorsätzliche schwere Körperverletzung, Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht, Sachbeschädigung


Anträge der Bundesanwaltschaft: (cl. 9 pag. 9.925.1-2)

1. A. sei

- des versuchten Mordes im Sinne von Art. 112 StGB in Verbindung mit Art. 22 StGB ,

- der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht im Sinne von Art. 224 StGB und

- der Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 StGB

schuldig zu sprechen.

2. A. sei zu einer Freiheitsstrafe von 11 Jahren, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungs- und Sicherheitshaft, zu verurteilen.

3. Für den Vollzug des vorliegenden Urteils sei der Kanton Aargau als zuständig zu erklären.

4. Die sichergestellten Gegenstände gemäss Ziff. 4 der Anklageschrift seien A. auszuhändigen.

5. Rechtsanwalt Stefan Meichssner sei für die amtliche Verteidigung von A. in gerichtlich zu bestimmender Höhe aus der Kasse der Eidgenossenschaft zu entschädigen.

Rechtsanwältin Pia Gössi sei für die amtliche Vertretung des Opfers in gerichtlich zu bestimmender Höhe aus der Kasse der Eidgenossenschaft zu entschädigen.

A. hat die Entschädigung für die amtliche Verteidigung sowie der Vertreterin der Privatklägerschaft an die Eidgenossenschaft zurückzuzahlen, sobald er dazu in der Lage ist.

6. Die Kosten des Verfahrens in der Höhe von insgesamt Fr. 21'555.40 zuzüglich Fr. 8'000.-- Gebühren sowie zusätzlich der durch das Gericht festzulegenden Kosten für das Hauptverfahren seien A. vollständig aufzuerlegen.

7. A. sei zu verpflichten, dem Opfer eine Genugtuung in gerichtlich zu bestimmender Höhe zu entrichten.

8. Die Zivilforderung der Pensionskasse C. sei gutzuheissen und A. sei zu verpflichten, den Schaden in der Höhe von Fr. 3'488.50 zu ersetzen.

Anträge des Opfers (Privatklägerin 1): (cl. 9 pag. 9.925.26)

1. Es sei der Beschuldigte im Sinne der Anklage schuldig zu sprechen und angemessen zu bestrafen.

2. Es sei der Beschuldigte zu verpflichten, der Privatklägerin einen Schadenersatz von Fr. 75.-- zuzüglich Zins von 5% seit dem 3. April 2014 zu bezahlen.

3. Es sei der Beschuldigte für inskünftig aus und im Zusammenhang mit den verurteilten Strafen anfallenden Kosten dem Grundsatz nach bei einer Haftungsquote von 100% für haftpflichtig zu erklären.

4. Es sei der Beschuldigte zur Zahlung einer Genugtuung an die Privatklägerin in der Höhe von Fr. 40'000.-- zuzüglich Zins von 5% seit dem 3. April 2014 zu verpflichten.

5. Es seien dem Beschuldigten die gesamten Verfahrenskosten inklusive den Kosten der unentgeltlichen Rechtsvertreterin gemäss der richterlich genehmigten Honorarnote (inkl. MWST) aufzuerlegen.

6. Eventualiter seien die gesamten Verfahrenskosten inklusive den Kosten der unentgeltlichen Rechtsvertreterin gemäss der richterlich genehmigten Honorarnote (inkl. MWST) auf die Staatskasse zu nehmen ohne Festsetzung einer Rückerstattungspflicht für die Privatklägerin.

Anträge der Privatklägerin 2: (sinngemäss; cl. 5 pag. 15.2.3)

A. sei zu verpflichten, der Pensionskasse C. Schadenersatz in der Höhe von Fr. 3'488.50 zu bezahlen.


Anträge der Verteidigung: (cl. 9 pag. 9.925.84-85)

Hauptanträge:

1. Der Beschuldigte sei von Schuld und Strafe freizusprechen.

2. Der Beschuldigte sei umgehend aus der Sicherheitshaft zu entlassen.

3. Die beschlagnahmten Gegenstände seien dem Beschuldigten nach Rechtskraft des Urteils herauszugeben.

4. Dem Beschuldigten sei eine Entschädigung von mindestens Fr. 50'626.-- für die erlittene wirtschaftliche Einbusse zuzusprechen.

5. Dem Beschuldigten seien mindestens Fr. 51'900.-- als Genugtuung für die ausgestandene Untersuchungshaft zuzusprechen.

6. Die Privatklagen seien abzuweisen.

7. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge.

Eventualanträge:

1. Der Beschuldigte sei der versuchten schweren Körperverletzung, der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht und der Sachbeschädigung schuldig zu sprechen.

2. Der Beschuldigte sei zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, bedingt vollziehbar während einer Probezeit von drei Jahren, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft, zu verurteilen.

3. Die beschlagnahmten Gegenstände seien dem Beschuldigten nach Rechtskraft des Urteils herauszugeben.

4. Die Privatklage der Pensionskasse C. sei im Umfang von Fr. 3'230.05 gutzuheissen.

5. Die Privatklage von B. sei abzuweisen, eventualiter auf den Zivilweg zu verweisen.

6. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge.


Sachverhalt:

A. Am 3. April 2014 um ca. 06.30 Uhr kam mitten auf der Z.-Strasse in Y. eine Handgranate des Typs M75 zur Explosion. B., welche um diese Zeit etwa auf der Höhe des Explosionsorts auf dem Gehsteig ging, wurde mutmasslich von Stahlkugeln der Granate an der linken Hand und am Unterleib verletzt. Als Tatverdächtiger wurde ihr Ehemann, A., ermittelt. Er wurde am 6. April 2014 beim Grenzübergang Chiasso, von Italien herkommend, festgenommen und befindet sich seither in Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft.

B. Die Bundesanwaltschaft eröffnete am 10. April 2014 ein Strafverfahren gegen A. wegen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 StGB ); hinsichtlich des Tatbestands der versuchten vorsätzlichen Tötung (Art. 111 StGB ) vereinigte sie es in der Hand der Bundesbehörden. Am 9. September 2014 dehnte sie das Verfahren auf den Tatbestand des versuchten Mords (Art. 112 StGB ) aus (cl. 1 pag. 1.0.1 ff.) und am 10. Dezember 2014, nach Eingang einer Privatklage, auf den Tatbestand der Sachbeschädigung (Art. 144 StGB ) und vereinigte dieses in der Hand der Bundesbehörden (cl. 1 pag. 1.0.5 f.).

C. B. stellte am 4. April 2014 Strafantrag für alle in Betracht kommenden Antragsdelikte (cl. 5 pag. 15.1.4 f.). Mit Eingabe vom 24. April 2014 liess sie sich durch Pia Gössi anwaltlich vertreten und erklären, sich als Privatklägerin am Strafverfahren zu beteiligen und sich die Geltendmachung von Zivilansprüchen vorzubehalten (cl. 5 pag. 15.1.14 f.). Auf Gesuch vom 14. Mai 2014 (cl. 5 pag. 15.1.20 f.) gewährte ihr die Bundesanwaltschaft die unentgeltliche Rechtspflege mit Wirkung ab 16. April 2014 und setzte Rechtsanwältin Pia Gössi als amtliche Vertreterin ein (cl. 5 pag. 15.1.37 f.). In der Hauptverhandlung bezifferte die Rechtsvertreterin die Zivilklage und begründete sie (cl. 9 pag. 9.920.5, 9.925.26 ff.).

D. Die Pensionskasse C. konstituierte sich mit Eingabe vom 8. Mai 2014 als Straf- und Zivilklägerin und bezifferte ihre Zivilansprüche gegen A. mit Fr. 3'488.50 (cl. 5 pag. 15.2.1 ff.). Zur Begründung führte sie eine Beschädigung von drei Fenstern an der ihr gehörenden Liegenschaft X.-Strasse 1 in Y. durch die Explosion einer Handgranate am 3. April 2014 gemäss Polizeibericht an. Auf eine Teilnahme an der Hauptverhandlung verzichtete sie (cl. 9 pag. 9.562.1).

E. Die Bundesanwaltschaft erhob am 15. Januar 2015 beim Bundesstrafgericht gegen A. Anklage wegen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 StGB ), versuchten Mordes (Art. 112 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB ), eventuell versuchter vorsätzlicher Tötung (Art. 111 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB ), sowie Sachbeschädigung (Art. 144 StGB ; cl. 9 pag. 9.100.1). Auf Einladung des Vorsitzenden, eine Ausdehnung der Eventualanklage auf andere Delikte gegen Leib und Leben zu prüfen (cl. 9 pag. 9.300.3), reichte die Bundesanwaltschaft am 24. Februar 2015 eine ergänzte Anklageschrift ein, mit welcher sie ihre Anklage zusätzlich auf "eventuell versuchte vorsätzliche schwere Körperverletzung (Art. 122 StGB i.V.m. Art. 22 StGB ) sowie vollendete vorsätzliche schwere Körperverletzung (Art. 122 Abs. 2 StGB )" ausdehnte (cl. 9 pag. 9.110.1).

F. Der Vorsitzende der Strafkammer nahm in Vorbereitung der Hauptverhandlung diverse Beweisergänzungen vor (cl. 9 pag. 9.220.1-9.295.2). Die Hauptverhandlung vor Bundesstrafgericht fand am 16. und 17. März 2015 in Anwesenheit der Parteien (ausgenommen die Pensionskasse C.) am Sitz des Gerichts statt. Das Urteil der Strafkammer wurde am 20. März 2015 mündlich eröffnet und begründet.

Die Strafkammer erwägt:

1. Prozessuales

Der Tatbestand der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 StGB ) unterliegt der Bundesgerichtsbarkeit (Art. 23 Abs. 1 lit. d StPO ), nicht aber die Tatbestände von Mord (Art. 112 StGB ), vorsätzlicher Tötung (Art. 111 StGB ), schwerer Körperverletzung (Art. 122 StGB ) und Sachbeschädigung (Art. 144 StGB ). Bei derartiger gemischter Zuständigkeit kann die Bundesanwaltschaft die Verfahren in der Hand der Bundesbehörden vereinigen (Art. 26 Abs. 2 StPO ), wie es tatsächlich geschehen ist (Sachverhalt Bst. B).

2. Versuchter Mord, eventuell versuchte vorsätzliche Tötung

2.1 Rechtliches

2.1.1 Gemäss Art. 112 StGB macht sich des Mordes schuldig, wer einen Menschen vorsätzlich tötet (Art. 111 StGB ) und dabei besonders skrupellos handelt, indem namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich ist. Mord liegt damit vor, wenn der Täter unter Umständen oder mit einer Überlegung tötet, die seine besonders verwerfliche Gesinnung oder seine Gefährlichkeit offenbaren (BGE 101 IV 279 E. 1). "Das Gesetz will den skrupellosen, gemütskalten, krass und primitiv egoistischen Täter erfassen, der ohne soziale Regungen ist und sich daher zur Verfolgung seiner eigenen Interessen rücksichtslos über das Leben anderer Menschen hinwegsetzt" (Urteil des Bundesgerichts 6S.163/1998 vom 23. November 1999, Pra 2000 Nr. 73 E. 2c). Zu den für die Beurteilung der Verwerflichkeit oder Gefährlichkeit erheblichen Umständen zählen nach der Rechtsprechung nicht bloss die Tatumstände im eigentlichen Sinne, sondern ebenso Gegebenheiten und Verhaltensweisen vor und nach der Tat, soweit sie Aufschluss geben können über die Persönlichkeit des Täters, dessen Einstellung sowie über die in ihm zur Zeit der Tat ablaufenden psychischen Vorgänge ( BGE 127 IV 1 0 E. I 1a). Ob eine besondere Skrupellosigkeit vorliegt, ist also im Sinne einer Gesamtwürdigung aller äusseren und inneren Umstände des konkreten Falles zu werten (BGE 118 IV 122 E. 2b; Urteil des Bundesgerichts 6B_21/2010 vom 4. März 2011 E.6.3). Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung kann auch die Kaltblütigkeit bzw. die Gefühlskälte ein Indiz für fehlende Skrupel darstellen ( Schwarzenegger , Basler Kommentar, 3. Aufl., Basel 2013, Art. 112 StGB N. 17). Unter den Beweggründen sprechen Habgier oder eine Tötung aus einer nicht nachvollziehbaren Rache für Mord. Das verwerfliche wirtschaftliche Motiv ist nicht nur bei Raub in Betracht zu nehmen (BGE 115 IV 187 E. 2), sondern auch dann, wenn es dem Täter darum geht, sich wirtschaftlich zu entlasten, gerade etwa von Unterhaltsbeiträgen an die getrennt lebende Gattin (Urteil des Bundesgerichts 6B_535/2008 vom 11. September 2008, E. 4.4). Weiter wurde vom Bundesgericht als Mord qualifiziert die Tötung eines Dritten, um seinen Ehegatten dadurch zu "bestrafen" (BGE 106 IV 342 E. 4c). Auf Mord kann auch geschlossen werden, wenn zur Tötung ein besonders gefährliches Mittel verwendet wird, wie gerade Sprengstoff (implizit in BGE 120 IV 10 ).

Für die Erfüllung des subjektiven Tatbestands genügt Eventualvorsatz. Der Vorsatz muss neben der Tötungshandlung auch die objektive Seite der die besondere Skrupellosigkeit bzw. Verwerflichkeit ausmachenden Umstände umfassen, insbesondere hinsichtlich der Art der Ausführung, beispielsweise das Wissen um die Unkontrollierbarkeit des gewählten Tötungsmittels (Gefährdung anderer Menschen). Dabei ist aber nicht notwendig, dass der Täter sie selber ebenfalls als besonders verwerflich einschätzt. Massgebend ist das Bewusstsein im Moment der Tatausführung ( Schwarzenegger , a.a.O., Art. 112 StGB N. 27).

2.1.2 a) Führt der Täter, nachdem er mit der Ausführung eines Verbrechens oder Vergehens begonnen hat, die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder tritt der zur Vollendung der Tat gehörende Erfolg nicht ein oder kann dieser nicht eintreten, so kann das Gericht die Strafe mildern (Art. 22 Abs. 1 StGB). Diese Bestimmung erfasst den altrechtlichen unvollendeten Versuch (Art. 21 Abs. 1 aStGB ), den vollendeten Versuch (Art. 22 Abs. 1 aStGB ) und den untauglichen Versuch (Art. 23 Abs. 1 aStGB ). Im Interesse der klaren Erfassung des Rücktritts bzw. der tätigen Reue und des Unrechtsgehalts der Tat sind diese Unterscheidungen weiterhin zu beachten. Die Erwähnung der Versuchsart im Urteilsdispositiv erübrigt sich ( Trechsel/Geth , Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013 [nachfolgend: Praxiskommentar Strafgesetzbuch], Art. 22 StGB N. 1).

Verkennt der Täter aus grobem Unverstand, dass die Tat nach der Art des Gegenstandes oder des Mittels, an oder mit dem er sie ausführen will, überhaupt nicht zur Vollendung gelangen kann, so bleibt er straflos (Art. 22 Abs. 2 StGB ). Diese Art. 23 Abs. 2 aStGB entsprechende, neurechtlich nicht mehr strafbare Versuchsform liegt vor, wenn die Untauglichkeit des Vorgehens des Täters von jedem normal denkenden Menschen ohne weiteres erkannt werden kann, der Täter seine Verhaltensweise nur aus besonders exquisiter Dummheit für tauglich hielt oder der Versuch lächerlich erscheint ( Trechsel/Geth , a.a.O., Art. 22 StGB N. 22 m.w.H.).

Massgebliches Kriterium für die Tauglichkeit des Versuchs ist die Gefährlichkeit; die Abgrenzung zum untauglichen (ungefährlichen) Versuch ist oft schwer ( Trechsel/Geth , a.a.O., Art. 22 StGB N. 16 f., 21). Beim Urteil über die Gefährlichkeit des vom Täter verwendeten Mittels muss ex post entschieden werden, ob die Art des Vorgehens überhaupt geeignet war, den Tatbestand zu verwirklichen, den es gerade nicht verwirklicht hat. Das bedeutet, dass von den Besonderheiten des Einzelfalles abstrahiert werden muss ( Stratenwerth , Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I: Die Straftat, 4. Aufl., Bern 2011, S. 348). Da der Täter nur bei grobem Unverstand straflos bleibt, ist die praktische Bedeutung der Abgrenzung gering ( Stratenwerth , a.a.O., S. 350; Trechsel/Geth , a.a.O., Art. 22 StGB N. 16 f., 21).

b) Führt der Täter aus eigenem Antrieb die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder trägt er dazu bei, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht die Strafe mildern oder von einer Bestrafung absehen (Art. 23 Abs. 1 StGB ). Ein solcher Rücktritt setzt voraus, dass der Täter seinen Entschluss zur Begehung des Delikts und damit dessen weitere Ausführung endgültig aufgibt. Dies wiederum erfordert, dass er von Handlungen Abstand nimmt, die gemäss seinem Tatplan zur Erreichung des Erfolgs noch erforderlich sind. Deshalb muss er die Tat für noch vollendbar halten (vgl. Niggli/Maeder , Basler Kommentar, 3. Aufl., Basel 2013, Art. 23 StGB N. 7; Trechsel/Geth , a.a.O., Art. 23 StGB N. 3). Aus eigenem Antrieb" tritt nur derjenige zurück, der aus inneren Motiven, unabhängig von äusseren Gegebenheiten seinen Plan nicht mehr weiter verfolgt. Dabei kommt es auf die sittliche Qualität der Beweggründe, aus denen der Täter zurücktritt, prinzipiell nicht an (BGE 118 IV 366 E. 3a).

2.1.3 Das Gericht würdigt die Beweise frei nach seiner aus dem gesamten Verfahren gewonnenen Überzeugung (Art. 10 Abs. 2 StPO ). Das Gebot will sicherstellen, dass der Richter nicht verpflichtet ist, etwas als erwiesen zu erachten, wenn es dies nach seiner Überzeugung nicht ist, oder umgekehrt etwas als nicht erwiesen anzusehen, worüber für ihn kein Zweifel besteht ( Hofer , Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 10 StPO N. 58). Überzeugt zeigen darf sich das Gericht nur, wenn es jeden vernünftigen Zweifel ausschliessen kann. Die Überzeugung muss durch gewissenhaft festgestellte Tatsachen und logische Schlussfolgerungen begründet werden; dadurch wird die Herleitung des Beweisergebnisses objektiv nachvollziehbar ( Hofer , a.a.O., Art. 10 StPO N. 61). Täterschaft als wichtigstes Sachverhaltselement wird bei der Beweiswürdigung nicht mit quasi naturwissenschaftlichen Mitteln festgestellt, sondern durch Bewertung der erhobenen Beweise normativ zugeschrieben ( Hofer , a.a.O., Art. 10 StPO N. 62). Bestehen unüberwindliche Zweifel an der Erfüllung der tatsächlichen Voraussetzungen der angeklagten Tat, so geht das Gericht von der für die beschuldigte Person günstigeren Sachlage aus (Art. 10 Abs. 3 StPO ). Nach dem allgemein anerkannten, sinngemäss in Art. 10 Abs. 3 StPO festgehaltenen Grundsatz in dubio pro reo werden erhebliche und unüberwindliche Zweifel zugunsten des Beschuldigten gewertet. Freilich kann dabei nicht verlangt werden, dass die Tatschuld gleichsam mathematisch sicher und unter allen Aspekten unwiderlegbar feststeht. Bloss abstrakte und theoretische Zweifel dürfen nicht massgebend sein, weil solche immer möglich sind. Eine theoretische, entfernte Möglichkeit, dass der Sachverhalt anders sein könnte, rechtfertigt keinen Freispruch ( Hauser/Schweri/Hartmann , Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl., Zürich 2005, S. 247; Schmid , Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, N. 227, 233). Der richterlichen Beweiswürdigung sind namentlich dort Grenzen gesetzt, wo dem Urteil - zumeist durch entsprechende Gutachten ins Verfahren eingebrachte - wissenschaftliche Erkenntnisse zugrunde zu legen sind. Für ein Abweichen vom Gutachten müssen stichhaltige Gründe vorliegen ( Schmid , a.a.O., N. 232, 951; Hauser/Schweri/Hartmann , a.a.O., S. 246).

2.2 Die Anklageschrift vom 15. Januar 2015 und die geänderte Fassung vom 24. Februar 2015 erheben im Anklagepunkt 1.1 den Vorwurf, A. (nachfolgend: Beschuldigter) habe am 3. April 2014 um ca. 06.30 Uhr in Y. durch den Einsatz einer Handgranate einen versuchten Mord, eventuell eine versuchte vorsätzliche Tötung, an seiner (damaligen) Ehefrau, B., verübt. Gemäss Anklage wurde B. von zwei durch die Handgranate freigesetzten Kugeln getroffen worden und am Mittelfinger der linken Hand sowie am Unterleib verletzt.

Der Beschuldigte bestreitet seit Anbeginn die ihm vorgeworfene Täterschaft.

2.3 Täterschaft

2.3.1 Dass am 3. April 2014, etwa um 06.30 Uhr, auf der Z.-Strasse in Y. ein Sprengkörper - eine Handgranate des Typs M75, welche von der früheren jugoslawischen Armee verwendet wurde - detonierte, ist durch die polizeiliche Spurensicherung nachgewiesen: Zwar fand diese erst am folgenden Tag statt, aber es liessen sich der Sicherungsbügel der Handgranate, Kunststofffragmente und Metallkugeln sicherstellen, und der Fahrbahnbelag wies in der Mitte, 20 Meter westlich der Einmündung der W.-Strasse, eine Beschädigung auf, die auf die Explosion zurückzuführen ist. An Fenstern des Hauses X.-Strasse 1 fanden sich Beschädigungen der Scheibe, die auf den Einschlag eines kleinen Objektes hinwiesen (cl. 3 pag. 10.1.40 ff.). Der Wissenschaftliche Forschungsdienst von Bund und Stadtpolizei Zürich (nachfolgend: WFD) identifizierte den Sprengkörper als Handgranate M75 mit ca. 350 g Gewicht, bestehend aus einem Kunststoffmantel, worin Stahlkugeln von 2,5-3 mm Durchmesser um ca. 35-40 g plastischen Sprengstoff auf der Basis von Nitropenta (PETN) angeordnet sind und beim Einsatz der Handgranate als Splitter wirken. Die Zündverzögerung wird mit 3-4 Sekunden angegeben. Der WFD vermochte in der Fahr­bahn­probe und den sichergestellten Metallkugeln Nitropenta nachzuweisen (cl. 3 pag 10.1.72 ff.). Aus diesen Feststellungen ergibt sich zweifelsfrei, dass eine Handgranate M75 an der in der Anklageschrift genannten Örtlichkeit zur Detonation gebracht wurde und dabei die in ihr enthaltenen Metallkugeln wie auch Teile des Kunststoffmantels in die Umgebung geschleudert wurden.

2.3.2 a) A. wurde am 6. April 2014 um 01.10 Uhr festgenommen, als er mit seinem Personenwagen bei der Grenzstelle Chiasso in die Schweiz einreiste (cl. 1 pag. 6.1.6 ff.). Er behauptete gegenüber der Tessiner Polizei anlässlich der Festnahme, er sei am 2. April 2014 um etwa 18 Uhr von seinem Domizil zu einwöchigen Ferien nach Bosnien aufgebrochen. Er sei mit seinem Wagen gegen 21.30 Uhr bei Chiasso ausgereist und am 3. April 2014 gegen 7 Uhr in Bosnien angekommen; dort habe er sich in seinem Haus in V. aufgehalten. Am 5. April 2014 gegen 14 Uhr habe ihn seine in U. wohnhafte Schwester, D., angerufen und davon benachrichtigt, dass ihn die Polizei zu Hause gesucht habe. Er habe sich daraufhin telefonisch bei der aargauischen Polizei gemeldet und sei von ihr auf den Folgetag auf 10 Uhr einbestellt worden. Er habe sich gegen 15 Uhr in Bosnien mit seinem Auto auf den Weg in die Schweiz gemacht (cl. 4 pag. 13.1.3). Er bestätigte diese Aussagen am 7. April 2014 in der Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft (cl. 4 pag. 13.1.7-8 [mit kleinen Differenzen zu den Zeitangaben]). Nachdem die aargauische Staatsanwaltschaft im Haftprüfungsverfahren den fotografischen Beweis dafür erbracht hatte, dass der Wagen des Beschuldigten am 3. April 2014 um 12.07 Uhr die Schweiz bei Chiasso verlassen hatte (cl. 1 pag. 6.1.24, cl. 4 pag. 13.1.28), nahm der Beschuldigte von seinem früheren Alibi Abstand und erklärte in der Einvernahme durch die Bundesanwaltschaft vom 22. April 2014, er habe am 3. April 2014 um 06.30 Uhr in seiner Wohnung in T. geschlafen und sei zwischen 09.00 und 09.30 Uhr in Richtung Bosnien abgefahren. Von dort sei er am Samstag wieder abgereist und um 00.30 Uhr in Chiasso festgenommen worden (cl. 4 pag. 13.1.21-22). Am 15. Mai 2014 erklärte der Beschuldigte in der delegierten Einvernahme durch die Bundeskriminalpolizei zuerst, er habe sich am 3. April 2014 zur Zeit des Vorfalls "zuhause, in Bosnien" befunden. Danach habe ihn seine Schwester angerufen und gesagt, er solle die (Aargauer) Polizei anrufen, was er gemacht habe; die Telefonnummer der Polizei habe er von der Schwester erhalten. Die Polizei habe ihm gesagt, er müsse sich am Sonntag um 10 Uhr beim Polizeiposten in Y. melden. In der Folge sagte der Beschuldigte: "Ich war am 3. April in Bosnien, morgens um ca. 09:00 Uhr. Man braucht ca. drei Stunden nach Chiasso. Wann ich in Bosnien angekommen bin, weiss ich nicht mehr genau, ca. abends um 10:00 Uhr." Auf Nachfrage, wann er wirklich in der Schweiz nach Bosnien abgefahren sei, erklärte er, dass er in T. am 3. April 2014 um 09.00 oder 09.30 Uhr abgefahren und in Bosnien um ca. 22.00 Uhr angekommen sei. Der Beschuldigte fügte bei, er sei am 2. April 2014 in einem Club in S. gewesen, und nannte zwei Personen, die ihn dort gesehen hätten - der Chef des Clubs und ein anderer Gast. Letzteren habe er nach Hause, nach ZZ., gefahren. Danach sei er am 3. April 2014 ca. um 00.30 Uhr bei sich zu Hause in T. angekommen. Dann habe er bis 07.00 Uhr geschlafen. Vor der Abfahrt in Richtung Bosnien habe er Kaffee getrunken und Hausarbeiten erledigt (cl. 4 pag. 13.1.36-37).

In der Hauptverhandlung erklärte der Beschuldigte, er habe am 3. April 2014 - zur Zeit der Explosion der Handgranate - geschlafen, sei ca. um 7 Uhr aufgestanden, habe seine Sachen gepackt und sei zwischen 9.00 und 9.30 Uhr nach Bosnien abgefahren. Da er vom Arzt beim letzten Besuch für weitere sieben Tage krankgeschrieben worden sei, habe er sich entschlossen, nach Bosnien zu fahren. Das sei am Donnerstag oder Freitag gewesen. Er habe niemandem von seiner Absicht Bescheid gesagt. Nach drei Tagen habe ihn seine Schwester angerufen und gesagt, dass die Polizei ihn suche; sie habe ihm die Nummer der Polizei per SMS mitgeteilt. Er habe deshalb die Polizei angerufen; diese habe ihm gesagt, er müsse dringend in die Schweiz kommen. Er habe geantwortet, dass er in Bosnien in den Ferien sei. Am Sonntag hätte er um 10 Uhr bei der Polizei in Aarau sein müssen. Diesen Anruf habe er am Freitag gemacht, etwa um 20 Uhr. Es sei zu spät gewesen, um loszufahren. Am Samstag habe er seine Sachen gepackt und sei zwischen 14.30 und 14.45 Uhr in die Schweiz zurückgefahren. In Chiasso sei er festgenommen worden (EV-Protokoll Fragen 53, 55, 56, 58). Wie im Vorverfahren (cl. 4 pag. 13.1.21 Z. 44) erklärte er, dass er nicht wisse, warum er zuerst gelogen und gesagt habe, dass er schon am 2. April am Abend nach Bosnien abgefahren sei (EV-Protokoll Frage 57).

b) Die Aargauer Polizei stellte ab dem nahe dem Explosionsort aufgefundenen Sicherungsbügel der Handgranate Spuren zwecks Erstellung eines DNA-Profils sicher (cl. 3 pag. 10.1.51). Dieses Spurenmaterial hat das aargauische Institut für Rechtsmedizin am 14. April 2014 analysiert und mit dem in der Datenbank vorhandenen DNA-Profil des Beschuldigten - abgenommen am 7. April 2014 (cl. 9 pag. 9.291.6, 9.291.44) - verglichen; es hat dabei Übereinstimmung für die zwei ab der einen Bügelkante und der Bügelfläche gewonnenen Spuren festgestellt (cl. 3 pag. 10.1.53-54). Dem Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich (IRM Zürich) wurde zwecks Erstellung eines DNA-Gutachtens der Sicherungsbügel am 17. September 2014 zur Verfügung gestellt, ausserdem das besagte DNA-Profil des Beschuldigten aus der Datenbank (cl. 4 pag. 11.0.34 f., 11.0.60 f.). Die Gutachterin entnahm dem Sicherungsbügel drei Stichproben und wertete sie DNA-analytisch aus. Für zwei Proben - gewonnen ab gesamter Grifffläche Vorderseite bzw. ab Bereich oberhalb Grifffläche inklusive Seitenflächen - bestätigte sie in ihrem Gutachten vom 9. Oktober 2014 eine vollständige Übereinstimmung in den 16 vergleichbaren Systemen mit dem DNA-Profil des Beschuldigten. Es wurden schwache zusätzliche Merkmale festgestellt, was nach Ansicht der Gutachterin damit erklärt werden kann, dass vor der Expertise der WFD das sichergestellte Material untersucht habe - nämlich in technischer Hinsicht (vgl. E. 2.3.1). Da sich keine Blut- oder Speichelrückstände nachweisen liessen und Sekrete anderer Art umständehalber ausgeschlossen werden könnten, schliesst das Gutachten, dass die untersuchten Spuren bei der Bedienung der Handgranate auf den Bügel gelangt seien und dass sie von der Haut des Beschuldigten stammten, also nicht von einem Kleidungsstück auf den Bügel übertragen worden seien. Die dritte Stichprobe - gewonnen ab der Rückseite der Grifffläche - enthielt nicht genügend DNA, um ein auswertbares DNA-Profil zu erstellen (cl. 4 pag. 11.0.60-67). Die Gutachterin gab auf Nachfrage hin an, dass das auf dem Sicherungsbügel vorhandene DNA-Profil nur einmal unter rund 10 22 mit dem Beschuldigten nicht verwandten Personen existiere (cl. 9 pag. 9.292.3 f.).
c) B. - wohnhaft an der Z.-Strasse 2 in Y. - sagte im Vorverfahren aus, sie begebe sich fast jeden Morgen zur Familie ihres Sohnes, welche neben dem Bahnhof Y. wohne. Sie betreue dort während der Abwesenheit der Eltern ihre drei Grosskinder. An diesem Tage hätte ihr die Schwiegertochter noch beim Ausfüllen eines Formulars für eine Rentenleistung helfen sollen; sie sei deshalb früher von Zuhause aufgebrochen. Um ca. 06.45 Uhr habe sie, auf dem linksseitigen Trottoir der Z.-Strasse gehend, in der Strassenmitte, genau auf ihrer Höhe, eine Explosion wahrgenommen, als Blitz und Knall. Etwas habe sie an ihrem Finger getroffen. Ein Fahrradfahrer sei vorbeigekommen und habe sie gefragt, ob sie Hilfe brauche, was sie verneint habe. Sie sei weiter gegangen und in das Auto ihrer Schwiegertochter, E., gestiegen, die ihr entgegen gefahren sei, um sie abzuholen. Nachdem ihre Grosskinder in die Schule gegangen seien, habe sie den Polizeiposten aufgesucht, der jedoch geschlossen gewesen sei. Sie habe sich dann über die Notfallnummer bei der Polizei gemeldet, die sie zu ihrer Wohnung beordert hätte; dieses Gespräch erfolgte um 07.27 Uhr und wurde aufgezeichnet (cl. 3 pag. 10.1.7 f.; cl. 9 pag. 9.270.2). Als sie dort angekommen sei, habe ein Polizist gewartet. Sie habe ihm geschildert, was vorgefallen sei. Der Knall sei seitlich gewesen, genau wisse sie es nicht; sie glaube, seitlich von vorne. Später am Tag habe sie ihren Bruder, F., aufgesucht, und sie hätten eine Verletzung an ihrem Bauch entdeckt. Begleitet von ihrem Bruder und dessen Sohn G. sei sie etwa um 18 Uhr ins Kantonsspital Aarau gefahren (cl. 4 pag. 12.1.3 ff. [Einvernahme durch die Kantonspolizei Aargau vom 7. April 2014], pag. 12.1.18 ff. [delegierte Einvernahme durch die Bundeskriminalpolizei vom 16. Mai 2014]).
B. sagte gegenüber der Aargauer Polizei ausserdem aus, der Beschuldigte habe in Bosnien eine Handgranate und eine Pistole besessen. Sie habe nach dem Knall ihren Blick zur Strasse hin gerichtet und gerufen: "A., was machst du mit mir?"; denn sie habe damit gerechnet, dass ihr Mann aus dem Gebüsch treten und auf sie schiessen werde. Gesehen habe sie allerdings niemanden. Jedoch habe sie ihn einige Tage zuvor beim Gebüsch und beim Elektrokasten gesehen, von wo her der Knallkörper geworfen worden sei. Sie erklärte sich überzeugt, dass er es gewesen sei; denn er habe sie los haben wollen, um ihr nach der Scheidung nichts mehr bezahlen zu müssen. "Wer sonst sollte es gewesen sein. Ich habe mit niemandem anderen ein Problem", resümierte sie (cl. 4 pag. 12.1.3 ff.). Am 16. Mai 2014 bestätigte sie gegenüber der Bundeskriminalpolizei diese Aussagen und fügte bei, ihr Mann habe gewusst, dass sie morgens zu den Kindern ihres Sohnes gehe. Er habe genau gewusst, wann sie dort entlang gehe (cl. 4 pag. 12.1.17 ff., insbesondere 12.1.21). Auch anlässlich der Tatrekonstruktion gab sie an, sie wisse ganz genau, dass ihr Mann es gewesen sei. Er sei an vier aufeinander folgenden Tagen auf der Strasse dort hin- und hergefahren; er habe sie fast täglich observiert (cl. 4 pag. 12.1.34 [Einvernahme durch die Bundesanwaltschaft vom 21. August 2014]).

In der Hauptverhandlung bestätigte B. als Auskunftsperson im Wesentlichen ihre im Vorverfahren gemachten Aussagen (EV-Protokoll Fragen 28-31). Sie gab an, der Knall sei seitlich von ihr gewesen, so von der Seite her (EV-Protokoll Frage 35). In einer Skizze zeichnete sie den Ort des Knalls in der Strassenmitte ein, leicht nach vorn versetzt im Vergleich zu ihrem Standort (cl. 9 pag. 9.930.29). Sie erklärte, ihr Mann habe sich neben der Strasse versteckt, bei einem Wald und einem Schulhaus; sie habe ihn daher nicht sehen können. Es sei nicht mehr dunkel gewesen (EV-Protokoll Fragen 28, 30, 31). Zum Polizeibericht vom 8. April 2014, in welchem der Polizeibeamte festhielt, B. habe angegeben, ihren Ehemann auf der Höhe des Schulhauses auf der gegenüberliegenden (Strassen-)Seite gesehen zu haben (cl. 3 pag. 10.1.9), erklärte sie, dass es stimme, was der Polizist geschrieben habe. Sie ergänzte, sie habe der Polizei gesagt, es sei zu 100% ihr Mann gewesen. Sie habe ihn an den zwei Tagen zuvor vom Fenster ihrer Wohnung aus jeweils am Morgen um die gleiche Zeit an dieser Stelle gesehen; am dritten Tag sei der Vorfall mit der Bombe gewesen. Er habe sich dann versteckt. Er habe ganz genau gewusst, wo sie durchgehe und um welche Zeit (EV-Protokoll Frage 32).

d) Die in Y. wohnhafte E. erklärte als Zeugin, sie sei am 3. April 2014 wie üblich ihrer Schwiegermutter B. mit dem Auto entgegen gefahren, um sie auf dem Weg zu ihr abzuholen und zur Wohnung der Familie von E. zu fahren. Sie sei immer recht knapp bei Zeit; weil sie um 07.30 Uhr ihre Arbeit in YY. beginnen müsse, treffe sie ihre Schwiegermutter jeweils zwischen 06.50 und 07.00 Uhr. So sei es auch an jenem Tag gewesen; sie habe sie bei der Bushaltestelle beim ersten Kreisel an der Z.-Strasse einsteigen lassen. Bei der Annäherung habe sie beobachtet, dass die Schwiegermutter sich ständig umgedreht und an einer Hand gerieben hätte. Als sie zusammen auf der Z.-Strasse weiter gefahren seien, um auf der Höhe der XX.-Strasse zu wenden, habe die Schwiegermutter sie auf ein "grosses Loch im Beton" hingewiesen (cl. 4 pag. 12.3.5-6).
e) F. sagte als Zeuge aus, er habe am 3. April 2014 am Morgen seinen Sohn G. zur Arbeit gefahren. Nach Hause zurückgekommen - er wohnt an der Z.-Strasse 3 in Y. - habe er bei der Garage seine Schwester B. und drei Polizisten angetroffen. Auf seine Frage habe sie gesagt, A. habe "ein Explosiv" in ihre Richtung geworfen, und sie habe ihm seinen (recte: ihren) "verletzten Finger" gezeigt. Um ca. 17 bis 18 Uhr sei B. in seine Wohnung gekommen und habe ihm über die polizeiliche Befragung berichtet. Auf Drängen von ihm, seiner Frau und seinem Sohn habe sie ihren Unterleib angeschaut und eine Wunde entdeckt, deren Blutspur er bereits am Morgen an ihren Kleidern bemerkt habe. Er und sein Sohn hätten sie dann in das Spital gefahren. Dort sei ihr in der Nacht in einer Notfalloperation ein Splitter entfernt worden. Um 01.00 Uhr sei die Polizei wieder gekommen, um in Erfahrung zu bringen, "wo das passiert" sei; er hätte sie dann zu der Stelle geführt und ihr Gebüsch und Stromkasten gezeigt, von welchem nach Schilderungen der Schwester das "Explosionsmaterial" gekommen sei. Auf ihrem Telefon habe er mit seinem Sohn die SMS, auf welchen A. gedroht habe, entdeckt gehabt und sie der Polizei gezeigt (cl. 4 pag. 12.6.6-7).
f) Die Aussagen des als Zeuge einvernommenen G. decken sich im Wesentlichen mit denjenigen seines Vaters F. (cl. 4 pag. 12.5.7 ff.).
g) H. gab als Zeuge zu Protokoll, dass er auf seiner Velofahrt am frühen Morgen des 3. April 2014 durch die Z.-Strasse weder einen Knall gehört noch jemanden gesehen, ausser die ihm nicht bekannte B. Da diese gestresst gewirkt habe, habe er angehalten. Sie habe ihm gesagt, ihr Mann habe einen Sprengsatz gezündet, ob er davon wisse, was er verneinte (cl. 4 pag. 12.4.7).
h) Die an der Z.-Strasse wohnhaften Eheleute I. und J. - Letzterer soll laut Angabe von B. gegenüber der Polizei den ganzen Vorfall beobachtet haben (cl. 4 pag. 10.1.10) - gaben dem ermittelnden Polizeibeamten am 4. April 2014 übereinstimmend an, sie hätten am 3. April 2014 um 06.30 Uhr in ihrem Haus einen sehr lauten Knall gehört. Sie hätten danach aus dem Schlafzimmerfenster geschaut und auf der Strasse eine Frau und einen Fahrradfahrer gesehen, welche beide mit den Händen in Richtung des Gebüsches in der Nähe des Stromverteilerkastens gezeigt hätten; etwas Verdächtiges sei ihnen nicht aufgefallen, weshalb sie im Haus geblieben seien. Den Vorfall hätten sie nicht beobachtet (cl. 4 pag. 10.1.22 f.). J. gab weiter an, dass er später am Tag, um ca. 09.30 Uhr, von der Frau, die er vom Fenster aus gesehen habe, vor seinem Haus auf der Strasse angesprochen worden sei, worauf er die Polizei benachrichtigt habe (cl. 3 pag. 10.2.4, 10.2.84). Eine förmliche Einvernahme der Eheleute I. und J. unterblieb.
i) Die Bundeskriminalpolizei hielt im Schlussbericht fest, der Vorfall sei entgegen vorgängigen Aussagen durch niemanden direkt beobachtet worden (cl. 3 pag. 10.2.72).
j) Die polizeiliche Auswertung der Randdaten des Mobiltelefons des Beschuldigten mit der Nr. 4 ergab, dass dieser Anschluss am 3. April 2014 dreimal zwischen 00.13 und 00.19 Uhr und viermal zwischen 07.42 und 08.41 Uhr über eine Antenne an der WW.-Strasse in VV. eingeloggt war. Für die Zwischenzeit steht der Standort des Telefons nicht fest; möglicherweise war es ausgeschaltet. Die technische Untersuchung erlaubt die Feststellung, dass jedenfalls der Wohnort des Beschuldigten im Bereich des Signalsektors liegt; hingegen war vom Tatort aus die besagte Antenne nicht erreichbar (cl. 3 pag. 10.2.21-23). Diese Auswertung erbringt Beweis weder für die Anwesenheit noch die Abwesenheit des Beschuldigten im Tatzeitpunkt - in Bezug sowohl auf den Tatort wie seine Wohnung.
k) Die Auswertung des im beschlagnahmten Fahrzeug des Beschuldigten sichergestellten Navigationsgeräts ergab mehrere Standorte in der näheren Umgebung des Tatorts, insbesondere auch auf der Z.-Strasse in Y. (cl. 3 pag. 10.2.51-53); mangels Zeitregistrierung (Zeitstempel) konnte indes nicht festgestellt werden, wann sich das Gerät an diesen Standpunkten befunden hatte (cl. 3 pag. 10.2.25, 10.2.50). Die Daten erbringen somit keinen Beweis für die Anwesenheit des Beschuldigten in der Umgebung des Tatorts zur bekannten Tatzeit.

2.3.3 Dass die fragliche Handgranate auf der Z.-Strasse in Y. am Morgen des 3. April 2014 durch den Beschuldigten gezündet worden ist, ist durch den DNA-Nachweis anhand des am Tatort vorgefundenen Sicherungsbügels mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen. Die Vorbringen des Beschuldigten vermögen diesen wissenschaftlich fundierten Nachweis seiner Täterschaft nicht in einen erheblichen, unüberwindlichen Zweifel zu ziehen, wie im Folgenden aufzuzeigen ist.

a) Die Verteidigung bringt vor, dass zwischen dem Vorfall und dem Auffinden des Sicherungsbügels der Handgranate M75 mehr als 26 Stunden verstrichen seien, obwohl dieser gut sichtbar bei der Einmündung der W.-Strasse gelegen habe. Die Z.-Strasse sei eine stark frequentierte Hauptstrasse mit Fahr- und Fussgängerverkehr; in unmittelbarer Nähe zum Tatort befinde sich ein Schulhaus. Irgendeine Drittperson hätte den Tatort vor der Spurensicherung bearbeitet haben können; dieser sei nicht gesichert gewesen. Nicht nur das Opfer, sondern auch dessen Bruder F. und der Neffe G. seien vor der polizeilichen Spurensicherung am Tatort gewesen. Es stehe nicht fest, dass der Sicherungsbügel zur detonierten Handgranate gehöre. Gemäss Anklage würden Granaten des Typs M75, wie sie in der jugoslawischen Armee und noch heute in sämtlichen nachfolgenden Armeen auf dem Balkan eingesetzt würden, in sehr grosser Zahl für weniger als 10 Euro auf Schwarzmärkten angeboten. Somit könnte irgendjemand nachträglich einen manipulierten Sicherungsbügel am Tatort hingelegt haben. Der Beschuldigte sei laut den eingeholten Gutachten zwar Spurgeber; dass er am 3. April 2014 tatsächlich die Tatwaffe in der Hand gehalten und geworfen habe, sei damit nicht erwiesen. Auf den Sicherungsbügel könnten DNA-Spuren des Beschuldigten - etwa durch das Opfer selbst oder dessen Bruder F. - mittels persönlicher Gegenstände des Beschuldigten übertragen worden sein (Plädoyer S. 5-6, 13-15).

aa) Es liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, die dafür sprechen, dass der Sicherungsbügel der Handgranate vor der polizeilichen Sicherstellung ausgetauscht worden sein könnte und der vorgefundene nicht von der explodierten Handgranate stammt. Dass ein Austauschen aufgrund des Zeitablaufs und der relativ leichten Beschaffungsmöglichkeit von Handgranaten des verwendeten Typs rein theoretisch möglich war, genügt nicht, um Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten zu erwecken.
bb) Auch beim Argument der Spurenmanipulation handelt es sich um ein rein theoretisches Verdachtsmoment. Der Beschuldigte und B. besitzen in Bosnien-Herzegowina gemeinsam ein Haus, in welchem jede Partei über eine eigene Wohnung verfügt, wobei B. auch zu den Räumlichkeiten des Beschuldigten Zugang hat; der Beschuldigte pflegte dort dauernd persönliche Gegenstände, wie Kleider, aufzubewahren, wie er in der Hauptverhandlung zu Protokoll gab (EV-Protokoll Beschuldigter, Fragen 35, 83; EV-Protokoll Sicherheitshaft, Frage 5). Dass das Opfer, dessen Bruder oder ein Einbrecher persönliche Gegenstände des Beschuldigten, namentlich Kleidungsstücke, behändigt und damit eine Spurenübertragung auf den polizeilich sichergestellten Sicherungsbügel vorgenommen haben könnten, ist eine blosse Mutmassung, welche sich nicht auf konkrete Indizien stützt. Die vom Verteidiger diesbezüglich angeführten Indizien, dass B. Zugang zum gemeinsamen Haus hatte und sich dort sowohl im Dezember 2013 als auch bei der gerichtlichen Anhörung vom 27. Februar 2014 gleichzeitig mit dem Beschuldigten aufgehalten habe, wobei sie Zugang zu dessen persönlichen Gegenständen gehabt habe (vgl. EV-Protokoll Beschuldigter, Fragen 35, 69), dass ihr Bruder F. sich häufig in V. aufhalte (vgl. EV-Protokoll Beschuldigter, Frage 77), eine Handgranate M75 hätte beschaffen, ins Haus seiner Schwester gehen und dort eine DNA-Spur des Beschuldigten fabrizieren können und dass gemäss Rapport und Anzeige der Polizei in V. an die Staatsanwaltschaft V. im Haus des Beschuldigten eine unbekannte Täterschaft im Dezember 2013 eingebrochen und dabei mehrere Gegenstände gestohlen habe (cl. 5 pag. 18.3.91 f., 18.3.97 f.), bilden blosse Basis für einen theoretisch möglichen anderen Handlungsablauf. Sie vermögen keine vernünftigen Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten hervorzurufen.

b) Die Verteidigung zieht den Beweiswert der DNA-Gutachten in Zweifel.

aa) Sie bringt vor, im US-amerikanischen Strafprozess gegen O.J. Simpson habe der Gutachter eine Fehlerquote von 0,5% zugegeben. Die Fehlerquote besage, dass eine DNA-Spur fälschlicherweise positiv gewertet werde. Es gehe bei der Fehlerquote nicht um die Wahrscheinlichkeit des Vergleichs, sondern um die möglichen Fehler bei der Erfassung oder Analyse. Eine Fehlerquote von 0,5% führe, auf die Gesamtbevölkerung des Kantons Aargau bezogen, zu 3'180 möglichen Tätern, obwohl nur ein Mensch die DNA-Spur gegeben haben könne (Plädoyer S. 11-12).
Wie vorne erwogen (E. 2.3.2b), wurde der DNA-Nachweis durch zwei voneinander unabhängige Untersuchungen erbracht. Dabei wurde nicht zweimal das gleiche Spurenmaterial ausgewertet, sondern jeweils separat - aber vom gleichen Objekt - entnommene Spuren. Die angewandte Analysemethode wird von der Verteidigung nicht in Frage gestellt (Plädoyer S. 11). Fehler bei der DNA-Analyse selbst können somit mit praktischer Sicherheit ausgeschlossen werden. Es bestehen keine Anzeichen dafür, dass es bei der Entnahme und Aufbewahrung des DNA-Profils des Beschuldigten, welches Basis für den DNA-Vergleich mit den ab dem Sicherungsbügel gewonnenen Spuren bildete, zu Fehlern gekommen sein könnte. Auch bestehen keine Anzeichen dafür, dass die untersuchten DNA-Spuren nicht vom Sicherungsbügel, sondern von irgendeinem anderen Objekt stammen könnten. Rein theo­retisch mögliche Fehler bei der Erfassung oder Analyse der DNA-Spuren reichen indes nicht aus, um unüberwindliche Zweifel am Beweisergebnis zu erwecken.
bb) Die Verteidigung bringt vor, das Gutachten des IRM Zürich äussere sich hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, dass zwei Personen einer bestimmten Menschenmenge das gleiche DNA-Profil aufwiesen, nur zu nichtverwandten Personen. Wie es sich bei verwandten Personen verhalte, sage es nicht. Laut Aussage von B. soll auch der Bruder des Beschuldigten, K., Morddrohungen gegen sie ausgesprochen haben. Die DNA-Wahrscheinlichkeit sei im Vergleich mit dem Bruder des Beschuldigten jedoch nicht bekannt (Plädoyer S. 11).

B. gab in der Einvernahme durch die Bundesanwaltschaft vom 21. August 2014 - nachdem sie bis anhin ihren Ehemann als einzig möglichen Tatverdächtigen bezeichnet hatte - an, K., der Bruder des Beschuldigten, habe L., dem Ehemann ihrer Schwester, gesagt, er solle sie (B.) liquidieren lassen und auch gefragt, wie viel Geld bezahlt werden müsse. Dies habe ihr L. erzählt, nachdem sie sich (letztmals) vom Beschuldigten getrennt habe. Wann das Gespräch zwischen L. und K. stattgefunden habe, wisse sie nicht mehr. Sie sei jedoch nicht direkt von K. bedroht worden, sondern habe dies von L. erfahren (cl. 4 pag. 12.1.35 f.).

Eine solche Behauptung begründet keinen für die Eröffnung eines Strafverfahrens hinreichenden Tatverdacht (Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO ). Somit bestand keine Veranlassung, beim Bruder des Beschuldigten ein DNA-Profil zu erstellen, um es mit dem sichergestellten Spurenmaterial vergleichen zu können (Art. 255 Abs. 1 lit. a StPO ). Dass die Voraussetzungen für eine Massenuntersuchung gemäss Art. 256 StPO vorgelegen hätten, behauptet auch die Verteidigung nicht. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass zwar DNA-Tests auch verwendet werden, um die Verwandtschaft zweier Menschen zu belegen; gesucht wird also eine positive Wahrscheinlichkeit der Verwandtschaft. Vorliegend geht es um die Frage, ob die Spur auf dem Sicherungsbügel dem Beschuldigten zuzuordnen ist. Begründete Zweifel könnten also erst entstehen, wenn ein Vergleich des DNA-Profils auf dem Sicherungsbügel mit dem DNA-Profil eines Verwandten zu einer signifikanten Wahrscheinlichkeit einer Zurechnung führte. Dies ist nicht möglich, solange keine Verdachtsmomente gegen Verwandte vorliegen oder Verwandte sich als Nichtbeschuldigte nicht freiwillig einer körperlichen Untersuchung unterziehen (vgl. Schmid , Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, Art. 251 StPO N. 10).
c) Der Umstand, dass anlässlich der Hausdurchsuchungen in der Mietwohnung des Beschuldigten in T. (cl. 2 pag. 8.1.1 ff., 8.1.14 ff.) und in seiner Liegenschaft in V., Bosnien (cl. 5 pag. 18.3.1 ff., 18.3.12, 18.3.22 ff.), keine auf die angeklagte Tat hinweisende Gegenstände, namentlich keine Waffen, gefunden wurden, entlastet den Beschuldigten nicht (vgl. Plädoyer S. 9 f.). Für die Verübung der Tat war eine einzige Waffe - die tatsächlich explodierte Handgranate - erforderlich.
d) Der Umstand, dass die Auswertung der Telekommunikationsdaten ergab, dass der Anschluss des Beschuldigten mit der Nr. 4 am 3. April 2014 dreimal zwischen 00.13 und 00.19 Uhr und viermal zwischen 07.42 und 08.41 Uhr über eine Antenne an der WW.-Strasse in VV. eingeloggt war (E. 2.3.2j), vermag den Beschuldigten nicht zu entlasten (Plädoyer S. 8). Aufgrund der örtlichen Nähe seines Wohnorts zum Tatort war es dem Beschuldigten ohne weiteres möglich, sich in der fraglichen Zeit an den Tatort und wieder nach Hause zu begeben.
e) Der Umstand, dass die Auswertung des Navigationsgeräts des Beschuldigten keinen Hinweis auf dessen Aufenthalt am Tatort zur Tatzeit ergab (Plädoyer S. 8 f.), vermag ihn nicht zu entlasten. Der Beschuldigte räumte im Übrigen ein, dass er - ausser am 3. April 2014 - die Z.-Strasse in Y. während seiner Arbeitsunfähigkeit im ersten Quartal 2014 oft befahren hatte (EV-Protokoll Frage 65).
f) Die Verteidigung bringt vor, die Aussagen des Opfers seien unter verschiedenen Aspekten, namentlich auch aufgrund des Verhaltens nach der Tat, unglaubwürdig. Für B. habe die Täterschaft des Beschuldigten von Anfang an festgestanden, obwohl sie diesen beim Vorfall vom 3. April 2014 nicht - jedoch mehrmals in den Tagen zuvor an gleicher Stelle - gesehen haben will. Es erstaune, dass sie den Beschuldigten wiederholt zu "1000%" bzw. zu 100% als den Täter bezeichne, ihn aber ausgerechnet zur Tatzeit nicht gesehen habe (Plädoyer S. 18). Total unglaubwürdig sei, dass sie die laut ballistischem Gutachten mit bis zu 650m/s Geschwindigkeit weggeschleuderten Teilchen der Handgranate habe durch die Luft fliegen sehen (Plädoyer S. 21). Erstaunlich sei, dass sie zwar einen Knall gehört und Licht gesehen, aber keine Druckwelle gespürt und trotz des hohen Knalldruckpegels keine zumindest vorübergehenden Gehörsschäden erlitten habe (Plädoyer S. 7 f.). Sie habe zwar eine kleine Verletzung am Finger wahrgenommen, die Verletzung an ihrem Bauch mit Blut aber erst ca. um 18.00 Uhr entdeckt (Plädoyer S. 4, 19 f.). Fraglich seien ihre Mutmassungen zum Standort des Handgranatenwerfers, weil dieser beim Wäldchen keine genügende Deckung gehabt hätte (Plädoyer S. 20 f.).
Wohl hat B. zu einer Täterschaft des Beschuldigten widersprüchliche Angaben gemacht und Wahrnehmung mit innerer Überzeugung vermischt (vgl. E. 2.3.2c). Sie vermag zudem Ereignisse auf der Zeitachse nicht richtig einzuordnen. Es ist indes notorisch, dass eine Person, welche von einem heftigen Ereignis mehr oder weniger direkt betroffen ist, den mentalen Fokus darauf richtet, was die Erinnerung an die Begleitumstände schmälert. Als Auskunftsperson erscheint B. deswegen nicht als generell unglaubwürdig. Die Verlässlichkeit des DNA-Gutachtens wird durch die teilweise widersprüchlichen Aussagen des Opfers zudem in keiner Weise erschüttert. Die Tatsache, dass am 3. April 2014 auf der Z.-Strasse in Y. eine Handgranate explodierte (vorne E. 2.3.1), wird im Übrigen auch von der Verteidigung nicht in Frage gestellt.
g) Die Verteidigung macht eine Inszenierung der Explosion der Handgranate durch das Opfer selbst, allenfalls unter Mitwirkung seines Bruders F., geltend. Nach der Explosion habe sich B. zuerst zur Schwiegertochter begeben, die Grosskinder zur Schule geschickt und sei erst danach zur Polizei gegangen. Sie habe gemäss ihrem Notruf der Polizei den Tatort zeigen wollen und sich freiwillig kurze Zeit später zum Tatort zurückbegeben, was bei einer Person, die Angst habe, eher selten sei (Plädoyer S. 18 f.). B. wolle die Bauchverletzung erst um ca. 18 Uhr bemerkt haben; danach sei weitere Zeit verstrichen, bis sie sich um 20.15 Uhr in die Notaufnahme des Kantonsspitals Aarau begeben habe - 13,5 Stunden nach der mutmasslichen Tat. Die Verletzung hätte ihr früher, etwa bei einem Toilettenbesuch, auffallen müssen, zumal ihre Kleider ein durchgehendes Loch aufgewiesen hätten. B. habe vor dem Gang ins Spital - welcher erst die polizeiliche Spurensuche ausgelöst habe (Plädoyer S. 5) - zuerst mit ihrem Bruder noch "Kriegsrat" abhalten müssen, um sicher zu sein, dass ihr Ehemann als Hauptverdächtiger erscheine (Plädoyer S. 19 f.). Die Handtasche, die sie am 3. April 2014 dabei gehabt habe, habe sie in der Waschmaschine gewaschen, möglicherweise um Spuren zu verwischen - sie könne die Handgranate darin selber zum Tatort getragen haben (Plädoyer S. 20). B. könne sich mit einer selbst verursachten Explosion am Ehemann - dem sie die Schuld für den Widerruf ihrer IV-Rente zutrage - gerächt haben wollen, da dieser zwangsläufig als Tatverdächtiger erscheine, und gleichzeitig - durch die erlittenen Verletzungen - einen neuen Grund für die erneute Zusprechung einer IV-Rente geschaffen haben (Plädoyer S. 21-25). Das Verhalten ihres Bruders sei nicht minder suspekt. F. wolle seinen Sohn um 07.10 Uhr zur Arbeit in UU. gefahren haben; er könne also schon zur Tatzeit um ca. 06.30 Uhr in der Nähe des Tatorts gewesen sein. Er sei zusammen mit dem Opfer um ca. 11.10 Uhr am Tatort erschienen, also lange, bevor der Sicherungsbügel mit der DNA sichergestellt worden sei. Er habe schon am Morgen eine Verletzung am Bauch des Opfers festgestellt, obwohl dieses selber nichts bemerkt haben will, und kenne die Einzelheiten der Tat so gut wie das Opfer selbst, ohne angeblich dabei gewesen zu sein. Wenige Tage zuvor sei er in Bosnien gewesen, hätte eine oder gar mehrere Handgranaten erwerben und mit Kleidern des Beschuldigten aus dessen Haus eine DNA-Spur fabrizieren können (Plädoyer S. 27 f.).
Diese Vorbringen, welche eine Inszenierung der Tat als möglich erscheinen lassen sollen, begründen keine stichhaltigen Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten. Sie bilden bloss eine theoretische Konstruktion, die auf einer beliebigen Interpretation von Indizien beruht. Hinsichtlich einer DNA-Spurenmanipulation sowie des möglichen Erwerbs einer Handgranate kann auf das Gesagte verwiesen werden (E. 2.3.3a/bb). Zu ergänzen ist, dass B. - hätte sie mit dem Waschen ihrer Handtasche Spuren verwischen wollen - den Waschvorgang anlässlich der Einvernahme vom 21. August 2014, zu der sie die fragliche Handtasche mitbrachte, kaum von sich aus erwähnt oder aber die Tasche bereits früher entsorgt hätte (cl. 4 pag. 12.1.33). Die an Kleidungsstücken - Hose und Unterwäsche - im Bereich des Unterleibs fotografisch dokumentierten Blutspuren sind minim (cl. 3 pag. 10.1.76 f.). Es ist daher naheliegend, dass B. gegenüber der Polizei diese Blutspuren der Verletzung am Finger zuschrieb (cl. 3 pag. 10.1.2; cl. 4 pag. 12.1.5). Auch dass ihr das kleine Loch an den Kleidungsstücken im Bereich der Blutspuren (cl. 3 pag. 10.1.74) nicht auffiel, ist nachvollziehbar, zumal sie nur wahrnahm, dass ein Gegenstand an den Mittelfinger der linken Hand geprallt sei (cl. 3 pag. 10.1.2). Der auf das Eindringen einer Stahlkugel in den Unterleib zurückzuführende Substanzdefekt der Haut ist 0,3 bis 0,5 cm gross (cl. 4 pag. 11.0.2). Der Umstand, dass B. diese äusserlich kleine Bauchverletzung erst am Abend bemerkt hatte, als sie von ihrem Bruder aufgefordert worden war, wegen dem Blut auf der Hose nachzusehen, ist wohl darauf zurückzuführen, dass sie keine Schmerzen verspürte (vgl. cl. 4 pag. 12.1.5, 12.6.7). Die Bauchverletzung selbst wurde von F. nicht früher festgestellt, sondern "an der Jeanshose eine Verletzung [...] und eine Blutspur" (cl. 4 pag. 12.6.6). Dass B. mit ihrem Bruder - welcher im Nachbarhaus wohnt - den Tatort aufgesucht haben soll, steht nicht fest. Gemäss Rapport rückte die Polizei am 3. April 2014 um ca. 11.10 Uhr an die Z.-Strasse 2, den Wohnort des Opfers, aus, wo dieses mit dem Bruder erschien und ergänzend befragt wurde (cl. 3 pag. 10.1.10). Aus dem Umstand, dass B. der Polizei nach dem Notruf den Tatort zeigen wollte (cl. 9 pag. 9.270.3, cl. 4 pag. 12.1.20 Z. 5 f.), kann nichts zu Gunsten des Beschuldigten abgeleitet werden. Die von der Verteidigung angeführten Indizien stützen deren These einer kontrollierten Selbstverletzung des Opfers mit einer Handgranate auf offener Strasse nicht. Es kommt hinzu, dass - anders als etwa beim Gebrauch einer Schusswaffe zwecks Selbstverletzung - für eine Person, welche eine Handgranate zur Detonation bringt, nicht steuerbar ist, welche Teile des Körpers getroffen werden (cl. 4 pag. 11.0.3).
h) Die Verteidigung bringt vor, das Opfer habe gemäss medizinischer Untersuchung im Kantonsspital am Abend des 3. April 2014 weitere Hautunterblutungen aufgewiesen, die nicht von der Handgranatenexplosion stammten, sondern ihm einige Tage vor der Tat mit einem stumpfen Gegenstand zugefügt worden sein müssten. Deren Urheberschaft sei unbekannt; der Beschuldigte könne es nicht gewesen sein, da er in dieser Zeit keinen direkten Kontakt mit dem Opfer gehabt habe (Plädoyer S. 25).
Die angeführten Hautunterblutungen sind durch einen medizinischen Bericht erstellt und können nicht auf die Explosion der Handgranate zurückgeführt werden (cl. 3 pag. 11.0.3). Eine allfällige Fremdurheberschaft dieser Verletzungen mit der Explosion der Handgranate in Verbindung zu bringen, entspringt indes blosser Theorie.

2.4 Objektiver Tatbestand

2.4.1 a) B. wurde am 3. April 2014 eine Metallkugel mit einem Durchmesser von 2-3 mm (cl. 3 pag. 10.1.63, 10.1.73) operativ aus dem Unterleib entfernt. Das Objekt drang 72 mm tief in die Weichteile ihres Körpers ein, jedoch ohne das Bauchfell zu durchstossen (cl. 4 pag. 11.0.43). Ausserdem wurde ein kleiner, oberflächlicher Defekt am Nagel des linken Mittelfingers festgestellt. Die Körperschäden wurden fotografisch dokumentiert. Gemäss Untersuchungsbericht des Kantonsspitals Aarau vom 14. April 2014 waren die Verletzungen frisch und konnten naheliegenderweise mit der Explosion einer Handgranate erklärt werden (cl. 4 pag. 11.0.1 ff.).

b) Die Aussagen des Opfers (E. 2.3.2c) und der ärztliche Bericht beweisen, dass B. von zwei Kugeln der Handgranate, die am Morgen des 3. April 2014 auf der Z.-Strasse in Y. ungefähr auf der Höhe der Einmündung der W.-Strasse detonierte, getroffen und verletzt wurde. Dieses Ergebnis wird durch eine im Vorverfahren bei DDr. Beat Kneubuehl eingeholte Expertise bestätigt, welche das Gefährlichkeitspotential einer explodierenden Handgranate M75 analysiert. Bauartbedingt ist der Streubereich nicht in allen Sektoren um den Detonationspunkt herum identisch und werden die Kugeln nicht alle gleichermassen beschleunigt. Das Gesamtbild - schematisch dargestellt als Halbkreis um die Handgranate (Abbildung 8) - zeigt jedoch, dass mit Ausnahme eines kleinen Sektors - in welchem das Opfer nicht mehr als 2 m vom Detonationspunkt hätte entfernt sein können - auf eine Entfernung von fünf bis zehn Metern Kugeln mit einer Energie geschleudert werden, welche eine Verletzung, wie sie B. erlitten hat, hervorrufen können (cl. 4 pag. 11.0.36 ff., besonders 11.0.47-48). Aufgrund der Splitterdichte und der tatsächlichen Trefferquote von zwei Splittern schloss der Gutachter praktisch aus, dass das Opfer näher als 2 m oder mehr als 8 m vom Detonationspunkt entfernt war (cl. 4 pag. 11.0.52). Die Z.-Strasse ist an der fraglichen Stelle 7,45 m breit, das angrenzende südliche Trottoir, auf dem B. in westlicher Richtung ging, 2 m (cl. 3 pag. 10.1.47; cl. 9 pag.9.291.42). Die Detonationsstelle konnte im Teerbelag in Form einer Malmzone ermittelt werden und liegt unmittelbar neben (südlich) der Mittelleitlinie (cl. 3 pag. 10.1.37, 10.1.43 f.). Befand sich das Opfer, wie es anfänglich zu Protokoll gab (cl. 4 pag. 12.1.4 i.V.m. 12.1.12, ebenso pag. 12.1.19 i.V.m. 12.1.25), auf gleicher Höhe, so betrug seine Distanz ab Trottoirmitte rund 4,7 m; ging es mittig auf der rechten (strassenseitigen) Trottoirhälfte, betrug die Distanz rund 4,2 m, ging es mittig auf der linken Trottoirhälfte, rund 5,2 m. B. gab später auch zu Protokoll, der Knall sei "seitlich von vorne" gekommen (cl. 4 pag. 12.1.20) bzw. "so von der Seite her" bzw. gemäss einer Skizze leicht von vorne (EV-Protokoll Frage 35). Nimmt man an, der Detonationspunkt sei (höchstens) gleich weit nach vorne versetzt gewesen wie das Opfer von der Mittellinie der Strasse entfernt war - er also in einem 45°-Winkel statt in einem 90°-Winkel zur Gehrichtung gelegen hätte -, so betrug nach dem Satz des Pythagoras bei einer mittleren Entfernung des Opfers zur Mittelleitlinie von 4,7 m die Distanz zum Detonationspunkt maximal rund 6,7 m; bei seitlichen Entfernungen von 4,2 m bzw. 5,2 m ergeben sich Distanzen von rund 6 m bzw. 7,4 m. Auch wenn mithin die Handgranate nicht seitlich, sondern leicht nach vorne versetzt explodiert wäre, befand sich B. jedenfalls im Risikobereich einer Verletzung. Die Feststellungen des Experten bestätigen ausserdem die Aussage des Opfers, dass die Explosion wenige Meter von ihm entfernt gewesen sei (vgl. cl. 4 pag. 12.1.20).

2.4.2 Die konkrete Frage, ob der effektive Einsatz der Handgranate zum Tod des Opfers hätte führen können, wurde dem Experten nicht unterbreitet (cl. 4 pag. 11.0.27-28). Sein Gutachten spricht sich nur allgemein über die Wirkungen der Explosion einer Handgranate des Typs M75 aus. Der Experte benutzte als Grundlage die Resultate aus einer vom deutschen Militär im Jahre 1993 durchgeführten Versuchsreihe (cl. 9 pag. 9.293.3 ff.). Am 30. September 2014 beantwortete er schriftlich die ihm zur Wirkung gestellten Fragen (cl. 4 pag. 11.0.27-28) im Wesentlichen wie folgt:

a) Die Detonationswelle, also der durch die Explosion erzeugte steile Druckanstieg, bleibt für Menschen ab einer Entfernung von 7,5 m vom Detonationspunkt unschädlich. Bei kleineren Distanzen ist (ohne Gehörsschutz) mit Gehörsschäden zu rechnen, die zunächst noch reversibel sind, mit zunehmendem Knalldruckpegel jedoch bleibend (Ohrgeräusche, Frequenzeinbrüche). Die Schadensgrenze für das Trommelfell wird nicht erreicht (cl. 4 pag. 11.0.46-47, 11.0.50-51, 11.0.59).
b) Der Explosivstoff der Handgranate M75 ist durch einen Mantel mit knapp 2'900 Kugeln mit einem Durchmesser von 2 bis 3 mm umgeben (cl. 9 pag. 9.293.13). Wie viele Kugeln auf eine Fläche von 1 m 2 respektive auf das Profil eines stehenden Menschen auftreffen, hängt von der Entfernung und der Abgangsrichtung - ab einer liegend explodierenden Granate - ab. Die entsprechenden Splitterdichten sind im Gutachten tabellarisch für diese beiden Variablen aufgelistet, in Tabelle A4 pro m 2, in Tabelle A5 pro Profil (Frontfläche 0,7 m 2) (cl. 4 pag. 11.0.46, 11.0.51, 11.0.57 f.).
c) Die Aufprallenergie der Kugeln lässt sich aus der Anfangsgeschwindigkeit mithilfe eines "Aussenballistik-Programms" errechnen. Sie ist im Gutachten in Abhängigkeit von Entfernung und Abgangsrichtung tabellarisch aufgelistet (Tabelle A2). Anhand der Splitterenergiedichte (Energie pro Aufprallfläche), deren Werte mit den gleichen Parametern (Entfernung/Richtung) in Tabelle A3 aufgelistet sind, wird die Penetrationsfähigkeit des Projektils beurteilt (cl. 4 pag. 11.0.44-45, 11.0.51, 11.0.55-56).
d) Ausgehend von der auf Basis der Eindringtiefe ermittelten Querschnittsbelastung (Verhältnis von Masse zu Querschnittsfläche in Bewegungsrichtung) beim Auftreffen der Kugel auf den Körper des Opfers errechnete der Gutachter die Aufprallenergie, unter Berücksichtigung des Energieverlusts beim Durchschlagen der Kleidung. In Relation zur Abgangsgeschwindigkeit ermittelte er die mögliche Position des Opfers, d.h. segmentabhängige Distanzbereiche, in denen die für die Erzeugung der Verletzung möglichen Energien erreicht werden. Der mögliche Bereich ist in Abhängigkeit von Entfernung und Abgangsrichtung schematisch dargestellt (Abbildung 8). Daraus erhellt, dass die Distanz des Opfers zum Detonationspunkt bei mittlerer Abgangsgeschwindigkeit bis 5 m, bei höherer bis maximaler Abgangsgeschwindigkeit bis 10 m betragen konnte (cl. 4 pag. 11.0.47-48; E. 2.4.1b). Die Frage, ob die Verletzungen des Opfers mit der (konkreten) Detonation der Handgranate in Zusammenhang gebracht werden könnten, wird vom Gutachter bejaht (cl. 4 pag. 11.0.52).
Der Experte hat am 21. Oktober 2014 sein Gutachten schriftlich korrigiert, wegen falscher Programmierung der Berechnung der Splitterdichte. Diesen Fehler umschreibt er wie folgt: "Die Splitterzahl der einzelnen Sektoren [des Abgangswinkels] wurde zur Bestimmung der Dichte nicht auf die betreffende Sektorfläche bezogen, sondern auf die ganze die HG umgebende Fläche. Dadurch entstanden in den einzelnen Sektoren zu geringe Splitterdichten". Der Experte reichte zur Splitterdichte neue Tabellen A4 und A5 ein (cl. 4 pag. 11.0.72-73) und erweiterte seine Antwort durch Folgerungen aus dem aktualisierten Datenmaterial dahingehend, dass die sektorielle Splitterdichte ausschliessen lasse, dass der Zünder oder der Granatenboden im Moment der Detonation gegen das Opfer gerichtet gewesen seien, weil dieses sonst von Splittern in grösserer Zahl hätte getroffen werden müssen. Das Auftreffen von einem bis zwei Splittern sei über alle übrigen Winkelbereiche in Frage gekommen. Die aus der Verletzung des Opfers berechneten Distanzen und die beobachtete Splitterdichte stünden somit in keinem Widerspruch (cl. 4 pag. 11.0.70).

2.4.3 Der Experte wurde, wie erwähnt, nicht angefragt, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Explosion der Handgranate M75 das Leben eines Menschen dort, wo sich B. in jenem Moment befand, zu beenden vermochte. Namentlich bezieht sich Frage 5 nur auf die Aufprallenergie eines Kugelsplitters in verschiedenen Distanzen.

In dem vom Experten publizierten Beitrag "Wundballistik der Geschosse und Splitter" ( Kneubuehl [Hrsg.], Wundballistik, 3. Aufl., Heidelberg 2008) äussert dieser sich zu verschiedenen Grenzwerten militärischer Wirksamkeit. Danach ist der Effekt, einen Soldaten ausser Gefecht zu setzen, je nach Land und Zeit bei Energien zwischen 40 und 240 J bejaht worden; diese Werte haben die Splitter der Tatwaffe in keinem Winkelbereich und in keiner Distanz erreicht (Tabelle A2; cl. 4 pag. 10.0.55) - allerdings kann eine Zivilperson auf der Strasse kaum mit einem Soldaten in Gefechtsmontur verglichen werden. Gegen diese Werte wendet der Autor nicht nur die grosse Spannweite, sondern zusätzlich ein, dass der Effekt auch von der psychischen und physischen Verfassung sowie vom Bereich abhängt, wo der Splitter auftrifft (a.a.O., S. 188-190). Der Autor empfiehlt deshalb als Kriterium der Wirksamkeit die Wahrscheinlichkeit der Aussergefechtsetzung, welche nur für eine grosse Anzahl von Soldaten bestimmt werden könne und die durch drei Faktoren bestimmt werde: die Energie, die Trefferwahrscheinlichkeit eines einzelnen Körperteils und die Ausfallswahrscheinlichkeit bei Einschlag in diesen. In diesem Zusammenhang müsse anhand praktischer Versuche die Länge und Ausdehnung des Schusskanals ermittelt und vom Mediziner festgestellt werden, welche (physiologischen) Folgen sich daraus ergäben (a.a.O., S. 190-192). In diesem Kontext stellt der Autor ein in Deutschland entwickeltes Programm "VeMo-S" vor, das aufgrund realer Fälle aus der Kriegs­chirurgie und der Rechtsmedizin entwickelt worden sei (a.a.O., S. 168 f.). Dieses Programm scheint sich jedoch nur für die Beurteilung eines konkreten Einzeltreffers zu eignen, nicht für die Wirksamkeit einer Waffe mit grossem Streubereich. Damit ist fraglich, ob der Experte sein Gutachten erweitern, d.h. die Todeswahrscheinlichkeit auf mathematisch-physikalischer Grundlage errechnen könnte. D a Versuche an Menschen nicht durchführbar sind, könnten die möglichen Verletzungs- und Todesfolgen auch nicht mittels konkreter Feldversuche eruiert werden.

2.4.4 Bei der Würdigung der Verlässlichkeit des Gutachtens ist zu berücksichtigen, dass bei den militärischen Sprengversuchen zur Ermittlung der Splittercharakteristik von Handgranaten des Typs M75, deren Daten der Experte für seine Berechnungen benutzte, die Splitterverteilung in einem sog. Sprenggarten untersucht wurde. Dieser ist aus 1,5 mm dicken Stahlblechwänden von 2 Metern Höhe gebaut, welche in vier Sektoren zu 90° in den Entfernungen 3, 5, 7 und 9 Metern (viertel-)kreisförmig aufgestellt wurden (cl. 9 pag. 9.293.15 f., 9.293.21 f.). Zwischen dem Sprengpunkt und den Wänden sind Splitterfänge angeordnet, die verhindern, dass Bodenpraller die Wände treffen und durchschlagen. Die Sprengkörperauflage ist so konstruiert, dass sie die Splitterbildung und -verteilung nicht beeinflusst (cl. 9 pag. 9.293.41). Im Zentrum des Sprenggartens wurde die Granate in 1 m Höhe platziert und künstlich gezündet, wobei in der Längsrichtung stets der Boden auf 0° und der Zünder auf 180° ausgerichtet waren. Für eine statistisch gesicherte Aussage waren 5 x 2 Sprengungen nötig. Nach jeder Serie von fünf Detonationen - die erste den Sektor 0°-90°, die zweite den Sektor 90°-180° abdeckend - wurden in senkrechten Sektoren der Stahlblechwände von jeweils 10° im Bereich 0°-180° die Durchschläge sowie die Stecksplitter gezählt, je bezogen auf die vier Distanzen. Zur Errechnung der Splitterdichten wurden nur die Splitterdurchschläge verwendet (cl. 9 pag. 9.293.26-27).

Die militärische Versuchsanordnung unterscheidet sich von der konkreten Situation im Wesentlichen dadurch, dass die Handgranate beim Versuch ruhend auf neutraler Auflage in 1 Meter Höhe, also in der vertikalen Mitte der Stahlblechwände, explodierte (ermittelt wird die wirksame statische Splitterverteilung), in der konkreten Situation aber auf dem Strassenbelag, möglicherweise noch in Bewegung befindlich. Der Experte wies diesbezüglich darauf hin, dass genauere Angaben zur Splitterdichte und -verteilung umfangreichere Versuche erfordern würden, da die Ergebnisse der militärischen Versuche unter dem Gesichtspunkt der (militärischen) Wirksamkeit ermittelt worden sind, die vorliegenden Fragen jedoch die Gefährlichkeit betreffen würden. Die Versuchskonzepte dieser zwei Sichtweisen seien in mehreren Punkten recht unterschiedlich (cl. 4 pag. 11.0.43). Er hielt fest, dass zur Beantwortung der ihm unterbreiteten Fragen die Daten der militärischen Versuchsreihe WTD 91 noch hätten bearbeitet werden müssen. Sodann könnten nebst den "wirksamen" Splittern auch die ausgezählten Einschläge bei der Geschwindigkeitsmessung (wo die Splitter auf Messplatten aufprallten) verwendet werden, und die Splitterdichte könne auch geometrisch geschätzt werden (cl. 4 pag. 11.0.41, 11.0.43). Die im militärischen Versuch bei der Ermittlung der Splitterdichte nicht mitgezählten "nicht-wirksamen" Splitter - also jene Splitter, die die 1,5 mm starke Stahlblechwand nicht durchschlagen hätten - könnten durchaus sehr gefährlich sein. In Berücksichtigung dieser Treffer ergebe sich ein durchaus zuverlässiges Bild der räumlichen Dichte aller Splitter in Relation zur Abgangsrichtung. Dies sei in Abbildung 7 dargestellt; die entsprechenden Werte seien in Tabelle A4 aufgeführt bzw. auf die Frontfläche eines Menschen bezogen in Tabelle A5 (cl. 4 pag. 11.0.46 - die berichtigten Werte sind im Korrigendum zum Gutachten vom 21. Oktober 2014 wiedergegeben [ cl. 4 pag. 11.0.71-73 ] ). Der Umstand, dass im Gutachten nur die Werte für die Frontfläche eines stehenden Menschen, angegeben mit 0,7 m 2, berechnet sind, schmälert seine Aussagekraft nicht. Diese Werte ergeben sich rechnerisch aus der Multiplikation der Werte pro m 2 (Tabelle A4) mit dem Faktor 0,7 (cl. 4 pag. 11.0.46). Bei einer angenommenen Fläche von 0,35 m 2 für das seitliche Profil eines stehenden Menschen sind mithin die Werte von Tabelle A5 einfach zu halbieren. Weiter bemerkte der Experte, dass bei einer Explosion der Handgranate auf einer festen Unterlage ein geringer Teil der nach unten beschleunigten Splitter an der Unterlage abpralle (im Grenzwinkel um 10°). Dadurch werde die Splitterdichte geringfügig vergrössert, allerdings mit Splittern geringerer Energie (cl. 4 pag. 11.0.46). In der Versuchsanordnung wurden die Bodenpraller demgegenüber absorbiert. Damit steht fest, dass der Experte den konkreten Verhältnissen bei der Erstellung des Gutachtens Rechnung getragen hat und seine Berechnungen entsprechend vornahm.

2.4.5 Ausgehend von der Eindringtiefe der Granatenkugel von 72 mm in den Unterleib des Opfers und den Aussagen des Gutachtens zur Splitterverteilung und -dichte ist festzustellen, dass in der konkreten Situation eine zum Tod führende Verletzung des Opfers ohne weiteres möglich gewesen wäre, beispielsweise durch ein Auftreffen der Kugel auf die Aorta im Hals- oder Unterleibsbereich und Verbluten des Opfers. Wie aus dem typischen Einschusskanal eines Kugelsplitters in ballistischer Seife ersichtlich ist, reisst die Kugel ab dem Eindringen zunächst einen breiten, mehrfachen Kugeldurchmesser messenden Kanal auf, der sich bis zum Endpunkt der Kugel hin verengt (Gutachten Abbildung 2; cl. 4 pag. 11.0.42). Ein Aufreissen der an den erwähnten Körperstellen nicht besonders tief liegenden Aorta kann zu einem raschen und grossen Blutverlust mit Todesfolge führen - dies ist als allgemein bekannte Tatsache nicht beweisbedürftig (Art. 139 Abs. 2 StPO ). Auch eine Verletzung innerer Organe im Unterleib mit Blutungen in der Bauchhöhle ist ebenso als mögliche Folge anzusehen; dass die Granatenkugel das Bauchfell nicht durchdrang, mag darauf zurückzuführen sein, dass der Einschuss aufgrund des Standorts des Opfers eher seitlich und nicht vertikal erfolgte. Da das Opfer keine Schmerzen verspürte und die Verletzung erst mehr als zehn Stunden nach der Granatenexplosion entdeckte, kann in einer solchen Situation der Tod durch inneres Verbluten eintreten.

Diese Schlussfolgerung wird durch weitere Feststellungen im Gutachten gestützt:

Der Experte berechnete die Auftreffenergie des Splitters auf die Haut mit 6,7-9,2 J. Aufgrund des bekannten Energieverlusts von Projektilen beim Durchschuss von festem Stoff habe die Auftreffenergie vor dem Durchdringen der Jeanshose 8,4-11,0 J betragen; der Energieverlust in Strumpf- und Unterhose könne vernachlässigt werden (cl. 4 pag. 11.0.47). Ein Energieverlust von 1,7-1,8 J entspricht in einer Entfernung von 4-8 m einer Veränderung der Distanz um etwa 1-2 m (Tabelle A2, cl. 4 pag. 11.0.55). Mit anderen Worten hatte vor dem Durchdringen der Hose die Auftreffenergie einen Wert, welcher - je nach konkreter Entfernung - einem 1-2 m näheren Standort des Opfers entsprechen würde. Ein Auftreffen auf nicht oder nur leicht bedeckte Haut hätte zu einem umso tieferen Eindringen der Granatenkugel geführt, da die Eindringtiefe in Relation zur Auftreffenergie steht (cl. 4 pag. 11.0.47). Demnach hätten umso schwerwiegendere Verletzungsfolgen eintreten können.

Auf die Lage der Handgranate im Zeitpunkt der Detonation hat der Werfende kaum Einfluss. Daher ist es ohne weiteres möglich, dass der Boden oder der Zünder gegen das Opfer gerichtet gewesen wäre und dieses von einer höheren Anzahl Splitter getroffen worden wäre, mit entsprechend höherer Verletzungswahrscheinlichkeit. Der Experte gab diese Werte im möglichen Distanzbereich (Abbildung 8) für den Einflussbereich des Handgranatenbodens mit mindestens 4 Splittern pro Personenfläche, im Bereich des Zünders mit mindestens 11 Splittern an (cl. 4 pag. 11.0.70). Diese Angaben beziehen sich gemäss Tabelle A5 auf eine Entfernung von 9 m (Boden) bzw. 10 m (Zünder), also jene Distanzen, in denen die für die Erzeugung der tatsächlichen Verletzung möglichen Energien noch erreicht werden (Abbildung 8). Geht man von einer Distanz zum Detonationspunkt von 4-8 m aus (E. 2.4.1b), so ergeben sich für die Frontfläche eines Menschen im Einflussbereich des Handgranatenbodens rund 5 bis 20 und im Einflussbereich des Zünders 18 bis 73 Treffer. Das seitliche Profil des Opfers wiese immerhin noch etwa halb so viele Treffer auf; bei seitlich leicht nach vorne versetzter Explosion lägen die Werte dazwischen. Die Verletzungs- bzw. Tötungswahrscheinlichkeit ist für diese Bereiche also weit höher.

Berücksichtigt man zudem, dass der Beschuldigte auf den genauen Detonationspunkt keinen Einfluss hatte, da die Handgranate - auch aufgrund ihrer elliptischen Form und gerippten Oberfläche (cl. 3 pag. 10.1.75) - nach dem Aufprallen auf den Strassenboden bis zur Explosion ohne weiteres näher zum Opfer hin hätte rollen können, ergibt sich ein entsprechend höheres Gefährdungspotenzial - und zwar nicht nur auf den Einflussbereich des Bodens und des Zünders bezogen. Die Feststellungen des Experten zur Gefährlichkeitsgrenze von schweren Splittern der Handgranate M75 in Bezug auf das Eindringen in unbedeckte Haut, was bei maximaler Geschwindigkeit bis rund 85 m, bei hoher mittlerer Geschwindigkeit bis 80 m Entfernung möglich ist, und die irreversible Schädigung von Augen, wo der Grenzwert bei maximaler bzw. hoher mittlerer Geschwindigkeit 135 m bzw. 130 m beträgt (cl. 4 pag. 11.0.49), veranschaulichen die vorstehenden Ausführungen zusätzlich.

Nach dem Gesagten steht fest, dass der Tötungserfolg objektiv eintreten konnte. Dass dessen Wahrscheinlichkeit aufgrund der Tatumstände und der Tatwaffe nicht mit mathematischer Genauigkeit bestimmt oder annähernd geschätzt werden kann, ändert an diesem Ergebnis nichts. Im Übrigen ist allgemein bekannt, dass eine defensive Splitterhandgranate auch zum Töten des Feindes eingesetzt werden kann.

2.5 Subjektiver Tatbestand

2.5.1 Die Todesfolge ist nicht eingetreten, weshalb zu prüfen ist, ob der Beschuldigte den Vorsatz der Tötung hatte und deshalb wegen eines Versuchs strafbar ist; bejahendenfalls stellt sich die Frage der besonderen Merkmale des Mordtatbestandes. Die Anklageschrift führt nicht näher aus, worauf sich der Vorwurf eines Tötungsvorsatzes stützt, sondern beschränkt sich auf die Feststellung, der Beschuldigte habe mit Wissen und Willen gehandelt, insbesondere um die "potentiell tödliche Wirkung der Handgranate" gewusst. Für eine Bestrafung wegen vorsätzlicher Tötung muss aber auch das voluntative Element erwiesen sein, unterscheidet sich doch gerade darin der Eventualvorsatz von der bewussten Fahrlässigkeit (Art. 12 Abs. 2 und 3 StGB ). Da der Beschuldigte seine Täterschaft insgesamt bestreitet, kann sich ein Vorsatz nur aus dem äusseren Handlungsablauf, aus seinem Handlungsantrieb oder aus allfälligen Äusserungen ergeben, die er vor dem Tatgeschehen formuliert hat. Das Gericht muss auf diese Art ergründen, welche subjektiven Einschätzungen bei dem in der Tatsituation befindlichen Beschuldigten höchstwahrscheinlich wirksam waren.

2.5.2 a) Eine Handgranate des verwendeten Typs kann nur zur Explosion gebracht werden (vgl. cl. 4 pag. 11.0.49-50), indem der Splint, welcher den Bügel auf Position hält, an seinem Ring erfasst und herausgezogen wird; damit ist der Bügel beweglich und wird nur noch durch die Hand in Position gehalten. Sobald die Granate von der Hand losgelassen wird, wird der Bügel weggedrückt. Dadurch wird der Schlagstift freigegeben, welcher den Brandsatz entzündet. Dieser löst nach einer kleinen Verzögerung - welche für einen erfolgreichen Wurf benötigt wird - die Detonation aus. Der Splint wird am einen Ende durch einen Ring und am andern Ende durch umgebogene zwei Flügel in Ruheposition gehalten und kann nur durch kräftigen Zug am Ring entfernt werden (cl. 3 pag. 10.1.75; cl. 4 11.0.49-50). Eine versehentliche Manipulation ist also ausgeschlossen. Somit wurde die Explosion absichtlich ausgelöst.

b) Nach Aussage von B. hat ihr Mann, solange sie zusammen lebten, ersichtlich nie "Waffen oder Bomben" besessen; so etwas hätten "sie" nicht gehabt. Wohl aber soll ihr Mann in Bosnien über eine Handgranate und eine Pistole verfügt haben; solches dort zu bekommen, sei kein Problem. Sie habe selber in Bosnien auch eine Bewilligung für eine Pistole gehabt (cl. 4 pag. 12.1.6 f.). Der Beschuldigte erklärte, er habe am Krieg (in Bosnien) nicht teilgenommen; er sei damals in Slowenien gewesen und habe nie ein militärisches Aufgebot während des Kriegs erhalten. Er habe keine Freunde oder Angehörige, die im Krieg gewesen seien. Eine Waffe oder Handgranate habe er nie verwendet; er wisse nicht, wie man mit einer solchen umgehe. Er habe eine Handgranate auch nicht in seinen Händen gehalten (cl. 4 pag. 13.1.9, 13.1.21, 13.1.37, 13.1.51; EV-Protokoll Fragen 6, 7). Der Beschuldigte räumte ein, dass er 1977 in Jugoslawien in der Armee Dienst geleistet habe, und zwar in der Infanterie. Eine Ausbildung mit Sprengstoffen habe er nicht gehabt (cl. 4 pag. 13.1.20-21). In Bezug auf die erwähnte Pistole gab er an, dass sich seit dem Tod des Schwiegervaters dessen Pistole im Haus in V. befunden habe. Er selber besitze keine Waffen (EV-Protokoll Frage 75). Bei der Trennung im Sommer 2012 habe seine Frau die Pistole zu sich in die Wohnung im ersten Stock genommen (cl. 4 pag. 13.1.23 f.). Diese Darstellung wird durch die Polizeiakten des Distrikts V. bestätigt; die Pistole wurde mitsamt Magazin und Patronen im Juli 2013 beschlagnahmt und gegen B. ein Verfahren wegen vorschriftswidriger Aufbewahrung der Waffe beantragt (cl. 5 pag. 18.3.103, ...108 f., ...111, ...113 f.).

c) Ausgehend davon kann als erwiesen gelten, dass der Beschuldigte als ehemaliger Infanterist zumindest ein Alltagswissen von der Wirksamkeit einer Handgranate hat. Zu diesem Wissen gehört die Kenntnis der Wirkungscharakteristik: Luft-/Schalldruck und Splitterbildung, beides nicht gerichtet, sondern im gesamten Umfeld wirksam. Dazu gehört auch die Kenntnis, dass mit einer Handgranate nicht nur der Gegner ausser Gefecht gesetzt, sondern ihm - je nach konkretem Einsatz der Waffe - schwerste bzw. zum Tod führende Verletzungen zugefügt werden können; über die genaue Wirkungsweise der Handgranate muss sich der Täter nicht im Klaren sein.

d) Wo sich der Beschuldigte befand, als er die Granate entsicherte und warf, steht nicht mit Sicherheit fest: Bei der Spurensicherung wurde der Sicherungsbügel, aber nicht der Sicherungsstift gefunden. Das ist gut erklärbar, weil dieser, nachdem er abgezogen wurde, an einem Finger hängt, während der Sicherungsbügel, sobald die Granate geworfen wird, abfällt. Dadurch wird der Zündmechanismus ausgelöst und dem Werfenden bleiben noch 3-4 Sekunden Zeit, um sich in Sicherheit zu bringen (cl. 4 pag. 11.0.49 f.). Der Beschuldigte kann sich beim Wurf indes nicht genau dort befunden haben, wo die Polizei den Sicherungsbügel fand, denn der Bügel löst sich - bei korrekter Handhabung, mit dem Sicherungsbügel in der Handinnenfläche der Wurfhand (cl. 4 pag. 11.0.50) - erst von der Granate, nachdem diese die Wurfhand verlassen hat, und fliegt somit selbst ein Stück weit in die gleiche Richtung, bevor er am Boden ankommt. Die nachträgliche polizeiliche Aufzeichnung der räumlichen Beziehungen (cl. 9 pag. 9.291.42) macht es hoch wahrscheinlich, dass der Beschuldigte am Anfang des Abgangs zur Fussgängerunterführung stand, als er die Granate in südwestliche Richtung warf, weil in dieser auf 5 Meter Distanz der Bügel zu liegen kam und auf 20 Meter die Granate explodierte. Dies erklärt auch, weshalb das Opfer ihn nicht sah, als es sich auf dem Trottoir der Z.-Strasse dem Detonationspunkt näherte (cl. 4 pag. 12.1.3). Das Risiko, durch die Handgranate selbst verletzt oder gar getötet zu werden, ist angesichts der räumlichen Verhältnisse deshalb klein und beschränkt sich im Wesentlichen auf Handhabungsfehler. Aufgrund der örtlichen Verhältnisse, insbesondere der zugleich Schutz und Fluchtweg gewährenden Unterführung, und des Umstands, dass der Beschuldigte vom Opfer nicht gesehen worden war, muss von einem solchen Handlungsablauf indessen auch ausgegangen werden, falls die Lage des Sicherungsbügels bis zum Auffinden durch die Polizei noch von Strassenbenützern verändert worden sein sollte.

Zieht man vom hoch wahrscheinlichen Standort des Beschuldigten im Zeitpunkt des Wurfs der Handgranate - mithin vom Referenzpunkt der Vermessung gemäss Situationsplan (cl. 9 pag. 9.291.42) - eine gerade Linie zum Detonationspunkt, so zeigt sich, dass die Abweichung vom Opfer - befand sich dieses auf gleicher Höhe zum Detonationspunkt - in einem sehr spitzen Winkel liegt, die Wurfrichtung als solche also sehr zielgenau erscheint. Dieser Winkel weitet sich ein wenig, wenn die Position des Opfers im Vergleich zum Detonationspunkt leicht zurückversetzt war. Angesichts der Distanz von 20 m zwischen Referenzpunkt (Wurfstandort) und Detonationspunkt kann festgehalten werden, dass die Handgranate mit einer geringen Abweichung zum Opfer geworfen worden ist. Da aufgrund der Zeitverzögerung der Zündung der genaue Detonationspunkt vom Werfenden nicht bestimmbar ist, dieser auf gleicher Höhe oder leicht nach vorne versetzt zum Opfer lag und sich das Opfer vom Beschuldigten fort bewegte, muss umso mehr von einer entsprechend grossen Zielgenauigkeit gesprochen werden - auch dann, wenn die Handgranate nach dem Aufprallen auf dem Boden in ihrer Richtung noch leicht abgelenkt worden sein sollte.

e) Aus diesem Handlungsablauf sowie der Unerfahrenheit des Beschuldigten im Umgang mit Handgranaten ist zu schliessen, dass der Wille des Beschuldigten darauf gerichtet war, die Handgranate möglichst nahe beim Opfer zum Explodieren zu bringen und dadurch einen möglichst grossen Personenschaden zu verursachen. Angesichts des dem Beschuldigten anzurechnenden Allgemeinwissens um die Einsatzmöglichkeit und die Wirkungscharakteristik einer Handgranate ist Eventualvorsatz zu bejahen - der Beschuldigte kann mit seinem Handeln nichts anderes als den Tod des Opfers zumindest in Kauf genommen haben. Hätte er es bloss verletzen wollen, hätte er die Handgranate nicht auf offener Strasse zur Explosion gebracht. Es kann ausgeschlossen werden, dass der Beschuldigte die Handgranate allenfalls weiter entfernt zur Explosion hätte bringen und das Opfer höchstens verletzen wollen - aufgrund der ihm im Detail nicht bekannten Wirkungsweise und des Umstands, dass er den genauen Detonationspunkt beim Werfen nicht bestimmen konnte, musste er selbst bei einer grösseren gewollten Distanz in Kauf genommen haben, eine tödliche Verletzung zu verursachen. Gar lebensfremd wäre es, anzunehmen, der Beschuldigte hätte das Opfer bloss erschrecken wollen; zu diesem Zweck hätte er auch eine gewöhnliche Knallpetarde einsetzen können. Wer eine Handgranate verwendet, will nicht bloss erschrecken. Indizien, welche am derart ermittelten Willen des Beschuldigten begründete Zweifel aufkommen liessen, sind nicht ersichtlich.

f) Nach dem Gesagten ist Eventualvorsatz hinsichtlich der Tötung zu bejahen.

2.5.3 Aufgrund der Tatausführung ist zu schliessen, dass der Beschuldigte mit dem Werfen der Handgranate in Richtung seiner Ehefrau alles getan hat, damit nach seiner Vorstellung deren Tod eintreten konnte. Das zeigt sich auch darin, dass er nur Stunden nach der Tat nach Bosnien abreiste. Somit liegt ein vollendeter Versuch vor.

2.6 Qualifikation als Mord

2.6.1 Die Bundesanwaltschaft sieht das qualifizierende Element der besonderen Skrupellosigkeit darin begründet, dass der Beschuldigte sich der richterlich angeordneten Unterhaltszahlungen an seine Ehefrau habe entledigen wollen, er bei der angestrebten Scheidung keine Unterhaltszahlungen an sie leisten müsse, nicht die Hälfte seines stattlichen Eigenheims in Bosnien mit ihr teilen müsse, eine Witwerrente beanspruchen und sich so materiell besser stellen könne, und er ohne störenden Einfluss seiner Ehefrau seine Liebesbeziehung zu einer Frau namens M. leben könne.

2.6.2 a) Auf Gesuch der Ehefrau wurden die Parteien mit Urteil des Gerichtspräsidiums Aarau vom 21. November 2008 zum Getrenntleben berechtigt und der Beschuldigte zu monatlichen Unterhaltszahlungen von Fr. 1'000.-- an seine Ehefrau verpflichtet (cl. 7 pag. B18.1.1.2 f.). Das Zusammenleben wurde gemäss Angabe von B. nach acht Monaten wieder aufgenommen, weil sie nicht allein leben wollte (cl. 4 pag. 12.1.6; cl. 7 pag. B18.1.1.23). Der Beschuldigte bezahlte ihr damals keine Unterhaltsbeiträge (cl. 7 pag. B.18.1.1.10, B18.1.1.23, B18.1.1.200). Seit Sommer 2012 leben die Eheleute A. und B. wiederum getrennt (cl. 4 pag. 12.1.6, 13.1.23), wobei die Ehefrau zunächst bei ihrem Sohn wohnte und der Beschuldigte in der Wohnung blieb (cl 7 pag. B18.1.1.14 f.). Mit Entscheid des Bezirksgerichtspräsidiums Aarau vom 18. Februar 2013 wurde der Beschuldigte verpflichtet, die eheliche Wohnung bis 1. April 2013 zu verlassen und seiner Ehefrau ab 1. März 2013 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 1'870.--, ab 1. April 2013 von Fr. 2'400.-- und ab 1. September 2013 von Fr. 1'620.-- zu bezahlen (cl. 7 pag. B18.1.1.24). Dieser Entscheid wurde am 22. Januar 2014 insoweit abgeändert, als der monatliche Unterhaltsbeitrag vom 11. November 2013 bis 31. Dezember 2013 auf Fr. 2'400.-- und ab Januar 2014, solange die Arbeitsunfähigkeit des Beschuldigten andauere, auf Fr. 1'500.-- festgesetzt wurde; der Unterhaltsbeitrag erhöht sich wieder auf Fr. 2'400.--, sobald der Beschuldigte wieder zu 100% arbeitsfähig ist. Die Arbeitgeberin des Beschuldigten wurde angewiesen, diese Unterhaltsbeiträge direkt an die Ehefrau zu überweisen. Der Beschuldigte wurde zudem zu einer Zahlung an seine Ehefrau von Fr. 1'050.-- für die Miete April 2013 verpflichtet (cl. 7 pag. B18.1.1.5). Der Beschuldigte sagte aus, er habe monatlich Fr. 1'000.-- - das, was pfändbar gewesen sei - an das Betreibungsamt bezahlt; er habe nicht mehr leisten können und nie Fr. 2'400.-- bezahlt. Seit dem Gerichtsurteil überweise sein Arbeitgeber Fr. 1'500.-- an seine Ehefrau (cl. 4 pag. 13.1.12 f.). Da die Arbeitsunfähigkeit gemäss seiner Aussage bis 4. oder 5. April 2014 dauerte (cl. 4 pag. 13.1.26; EV-Protokoll Frage 23), war seither wieder der volle Unterhaltsbeitrag von Fr. 2'400.-- geschuldet.

Art. 176 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB hat nicht die Regelung des nachehelichen Unterhalts zum Gegenstand. Vielmehr geht es darum, dass die Folgen des einverständlichen oder richterlich bewilligten Getrenntlebens während der andauernden Ehe gerichtlich geregelt werden sollen. Diese Rechtsbelehrung konnte der Beschuldigte dem Eheschutzentscheid vom 18. Februar 2013 entnehmen (cl. 7 pag. B18.1.1.16). In Bosnien-Herzegowina reichte der Beschuldigte am 30. Juli 2013 eine Scheidungsklage ein. In der Folge wurde seine Ehe mit Urteil des Grundgerichts des Distrikts V. vom 27. November 2014 geschieden; prozessuale Einreden der Beklagten waren zuvor rechtskräftig verworfen worden (cl. 5 pag. 16.1.58). Nach Aussage der Parteien wurde gegen dieses Urteil von keiner Seite ein Rechtsmittel ergriffen (EV-Protokoll Beschuldigter, Fragen 16, 32, 34; EV-Protokoll B., Frage 60). Die Nebenfolgen der Scheidung sind noch nicht geregelt; laut Aussage von B. hat noch die Teilung des Vermögens zu erfolgen (EV-Protokoll Frage 60). Der Beschuldigte gab an, dass es bei einer gemeinsamen Anhörung vor Gericht im Februar 2014 darum gegangen sei, das eheliche Gut zu trennen (cl. 4 pag. 13.1.21).

Damit steht fest, dass im Zeitpunkt der Tat der Beschuldigte seit vierzehn Monaten ehelichen Unterhaltsbeitrag leisten musste und diese Pflicht, nachdem der Beschuldigte Ende Juli 2013 die Scheidungsklage eingereicht hatte (cl. 5 pag. 16.1.58), mit der zu erwartenden Scheidung enden wird. Ob der Beschuldigte nach bosnisch-herzegowinischem Eherecht nachehelichen Unterhalt bezahlen muss, wurde nicht ermittelt. Dieser Nachweis ist indes entbehrlich, weil B. ausgesagt hat, dass noch die Teilung des Vermögens zu erfolgen habe. Dass sie im Scheidungsverfahren nachehelichen Unterhalt verlangt hätte und über dieses Begehren bisher nicht entschieden worden sei, machte sie nicht namhaft. Mithin ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte keinen nachehelichen Unterhalt wird bezahlen müssen. Bei dieser Sachlage kann die bloss vorübergehende, nicht sehr einschneidende Unterhaltspflicht gemäss Eheschutzentscheid objektiv nicht als Tatmotiv erscheinen. Dass allfälliger nachehelicher Unterhalt Tatmotiv war, kann ebenso verneint werden, da ein solcher Unterhaltsanspruch weder nachgewiesen noch beansprucht worden ist. Zudem bestehen keine anderen Indizien, welche diesen Standpunkt stützen.

b) In der Nähe von V. (Bosnien-Herzegowina) sind der Beschuldigte und B. je hälftig Eigentümer einer Liegenschaft, welche unbelastet ist. Jede Partei bewohnt im zweigeschossigen Familienhaus eine eigene Wohnung. Im Weitern besitzt das Ehepaar auf der gleichen Parzelle je hälftig eine Garage mit einer Wohnung im ersten Stock. Diese Eigentumsverhältnisse sind in Registern eingetragen (cl. 4 pag. 13.1.48, 13.1.54; EV-Protokoll B., Fragen 11, 14, 15). Der Verkehrswert der Liegenschaft ist nicht bekannt; der Beschuldigte gab an, 2001 oder 2002 für DEM 48'000.-- die Bauparzelle, auf der ein baufälliges Haus gestanden habe, erworben und ein neues Wohnhaus und dann eine Garage errichtet zu haben (cl. 4 pag. 13.1.50). Die Liegenschaft wurde im Rahmen der rechtshilfeweise durchgeführten Hausdurchsuchung fotografisch dokumentiert (cl. 5 pag. 18.3.31-76).

Die Auflösung der Ehe - erfolge dies durch Scheidung oder Tod eines Ehegatten - zieht nach schweizerischem Recht die güterrechtliche Auseinandersetzung nach sich, es sei denn, es sei zuvor der Güterstand der Gütertrennung eingetreten oder vereinbart worden. Im Falle der Scheidung wird beim ordentlichen Güterstand und bei jenem der Gütergemeinschaft die Auflösung des Güterstandes auf den Tag der Einreichung des Begehrens zurückbezogen (Art. 204 Abs. 2 , 236 Abs. 2 ZGB ). Vorliegend haben die Parteien in Bosnien-Herzegowina geheiratet; dort wurde auch die Scheidung ausgesprochen und wollen die Parteien deren Nebenfolgen regeln. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass dies nach dem Heimatrecht erfolgt. Ausländische Entscheidungen über güterrechtliche Verhältnisse werden in der Schweiz u.a. anerkannt, wenn sie Grundstücke betreffen und am Ort der gelegenen Sache ergangen sind oder dort anerkannt werden (Art. 58 Abs. 1 lit. d IPRG ). Das Ehegüterrecht von Bosnien-Herzegowina wurde nicht nachgewiesen; ebenso wenig ist bekannt, ob die Parteien einen Ehevertrag abgeschlossen haben. Indessen kann aufgrund der Aussagen des Beschuldigten und von B. davon ausgegangen werden, dass im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung jeder Ehegatte Anspruch auf die Hälfte der Liegenschaft in V. bzw. auf deren Wert hat; andere Vermögenswerte der Ehegatten existieren offensichtlich nicht. Demnach ist auszuschliessen, dass der Beschuldigte beim Tod der Ehefrau Alleineigentümer der Liegenschaft werden würde; deren Güterrechtsanspruch fiele in ihren Nachlass.

Bei letztem Wohnsitz eines Erblassers in der Schweiz sind die schweizerischen Gerichte und Behörden für das Verfahren über den Nachlass zuständig, es sei denn, für im Ausland gelegene Grundstücke sehe der betreffende Staat die ausschliessliche Zuständigkeit vor (Art. 86 IPRG ). Ob Bosnien-Herzegowina dies vorsieht, ist nicht bekannt. Läge schweizerische Zuständigkeit auch in Bezug auf das ausländische Grundstück vor, wäre schweizerisches Recht anwendbar, ausser der Erblasser hätte durch letztwillige Verfügung oder Erbvertrag den Nachlass einem seiner Heimatrechte - vorliegend mithin jenem von Bosnien-Herzegowina - unterstellt (Art. 90 IPRG). Das auf den Nachlass anwendbare Recht bestimmt u.a., was zum Nachlass gehört und wer in welchem Umfang daran berechtigt ist (Art. 92 Abs. 1 IPRG ). Ob B. über ihren Nachlass von Todes wegen verfügt und eine Rechtswahl getroffen hat, ist nicht bekannt. Da der Beschuldigte die Scheidung verlangte, musste er damit rechnen, dass seine Ehefrau für den Fall ihres Ablebens vor der Scheidung vorgesorgt und ihn auf den Pflichtteil gesetzt oder gar enterbt hat (vgl. Art. 477 ZGB ). Nach der Scheidung besteht kein gesetzlicher Erbanspruch (Art. 120 Abs. 2 ZGB ). Nach schweizerischem Recht sind die nächsten Erben eines Erblassers seine Nachkommen (Art. 457 Abs. 1 ZGB ). Der überlebende Ehegatte erhält, wenn er mit Nachkommen zu teilen hat, die Hälfte der Erbschaft (Art. 462 Ziff. 1 ZGB ). Sein Pflichtteil beträgt die Hälfte (Art. 471 Ziff. 3 ZGB ). Da B. einen Sohn hat, würde der Beschuldigte nach schweizerischem Recht nicht Alleinerbe. Bei Reduktion auf den Pflichtteil hätte er einen Viertel des Nachlasses seiner Ehefrau geerbt. Da diese zur Hälfte Miteigentümerin ist, hätte er durch Erbfolge bloss einen Achtel des Werts des ganzen Grundstücks zusätzlich erhalten. Diese Sachlage macht bei objektiver Betrachtung Erbfolge als Tatmotiv unwahrscheinlich. Zudem hat auch B. nicht dies als Tatmotiv vermutet, sondern dass ihr Gatte ihr keinen Unterhalt bezahlen wolle (cl. 4 pag. 12.1.4, 12.1.6).

c) Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente haben Witwen oder Witwer, sofern sie im Zeitpunkt der Verwitwung Kinder haben (Art. 23 Abs. 1 AHVG ). Kindern von Witwen oder Witwern sind gleichgestellt: a. Kinder des verstorbenen Ehegatten, die im Zeitpunkt der Verwitwung mit der Witwe oder dem Witwer im gemeinsamen Haushalt leben und von ihr oder ihm als Pflegekinder im Sinne von Art. 25 Abs. 3 aufgenommen werden; b. Pflegekinder im Sinne von Art. 25 Abs. 3, die im Zeitpunkt der Verwitwung mit der Witwe oder dem Witwer im gemeinsamen Haushalt leben und von ihr oder ihm adoptiert werden (Art. 23 Abs. 2 AHVG ). Der Anspruch auf die Witwerrente erlischt spätestens, wenn das letzte Kind des Witwers das 18. Altersjahr vollendet hat (Art. 24 Abs. 2 AHVG ). Der Beschuldigte hat ein 23jähriges Kind (EV-Protokoll Frage 13), seine Ehefrau einen 39jährigen Sohn (vgl. cl. 4 pag. 12.1.8); gemeinsame Kinder gibt es nicht. Der Beschuldigte hätte also beim Tod seiner Ehefrau keinen Anspruch auf Witwerrente. Damit entfällt ein diesbezügliches Tatmotiv.

d) Der Beschuldigte und B., welche schon länger in der Schweiz lebte, heirateten 1998 in V.; im gleichen Jahr zog der Beschuldigte zu seiner Ehefrau in die Schweiz und lebte bis 2012 mit ihr zusammen. Er sagte aus, dass es immer Probleme gegeben habe. Vor der Heirat sei abgemacht gewesen, dass beide Ehegatten in der Schweiz arbeiten würden; seine Ehefrau habe aber mit Arbeiten aufgehört, als er in die Schweiz gekommen sei, und versucht, eine Rente zu erhalten. Seine Frau habe ihn provoziert und dauernd Streit gesucht. Sie habe ihm wiederholt vorgeworfen, dass er in Bosnien, wäre er dort geblieben, wenig zum Leben gehabt hätte (EV-Protokoll Fragen 9, 11, 12, 14). Der Beschuldigte erklärte im Vorverfahren, dass er seit zwei Jahren getrennt von seiner Ehefrau lebe und nicht im Streit mit ihr liege (cl. 4 pag. 13.1.21). Er erklärte, dass er seine Ehefrau weder hasse noch liebe; er habe keine Gefühle für sie (cl. 5 pag. 17.1.2). Vor Gericht gab er zu Protokoll, dass er seine Ehefrau letztmals beim gerichtlichen Augenschein im Haus in V. am 27. Februar 2014 gesehen habe. Es habe bei dieser Begegnung keinen Streit gegeben und er sei von seiner Frau nicht geärgert worden (EV-Protokoll Fragen 35, 37, 69). Seitdem habe er sie nicht mehr getroffen und keinen telefonischen Kontakt mit ihr gehabt. Er habe sie in Y. auf der Z.-Strasse und beim Einkaufen gesehen, da er selber diese Durchgangsstrasse benütze, um zum Einkaufen, zur Arbeit oder zum Arzt zu fahren (EV-Protokoll Fragen 65, 67, 68). Er habe nie mit seiner Frau gestritten, sie verbal angegriffen oder in einem Zimmer eingesperrt (EV-Protokoll Fragen 40-42). B. gab vor Gericht zu Protokoll, dass es nicht nur im Haus in V. (siehe unten), sondern auch in der Schweiz Probleme gegeben habe. Der Beschuldigte habe sie während der Ehe geschlagen; er habe ihr beim 18. Geburtstag ihres Neffen (G., geb. ... 1994; cl. 4 pag. 12.5.3 i.V.m. 12.5.9) einen Schlag auf das Auge verpasst, worauf sie sich in einem Zimmer versteckt hätte. Weil ihr Mann sie so behandelt habe, sei sie zur ihrem Sohn (recte: Bruder) gegangen. Ihr Mann sei am frühen Morgen gekommen, habe diesen geweckt und ihm gesagt, dass er bald ihr Todesbild sehen werde. Sie wisse nicht mehr, wann das gewesen sei. Einmal habe er die Türe kaputt gemacht. Ihr Mann habe beobachtet, wie sie sich gewaschen und angekleidet habe; auch beim Einkaufen habe er sie beobachtet. Das habe er der IV-Stelle melden wollen (EV-Protokoll Frage 17). Er sei mit dem Auto hinter ihr hergefahren und habe Fotos von ihr gemacht. Das sei 2008 gewesen; damals hätten sie nicht zusammengelebt (EV-Protokoll Frage 66). Im Vorverfahren führte B. ausserdem aus, ihr Mann sei nicht einverstanden gewesen, dass sie mit ihrem Bruder F. und ihren Familienangehörigen Kontakt habe. Ihr Mann sei sehr eifersüchtig gewesen, deswegen hätten sie auch gestritten. Er habe ihr Telefon kontrolliert und ihre Anrufe angeschaut. Er habe sie mehrmals in der Wohnung eingesperrt, damit sie nicht hinausgehen könne; das sei jeweils so für eine Stunde gewesen. Als er eingeschlafen sei, habe sie dann trotzdem gehen können. Das sei im September 2012 gewesen. Sie habe die Trennung verlangt, weil sie so nicht mehr habe weiterleben wollen (cl. 4 pag. 12.1.7-8). B. machte nicht geltend, dass es seit der Trennung im Jahr 2012 zu Konflikten gekommen sei; sie erklärte vielmehr, sie habe seither weder persönlichen noch telefonischen Kontakt mit ihrem Mann gehabt (cl. 4 pag. 12.1.8).

Der Beschuldigte pflegte gemäss eigenen Angaben seit Anfang 2013 eine Beziehung mit einer in Serbien wohnhaften Frau namens M., die zweimal für drei Monate bei ihm in der Schweiz weilte und mit der er im Januar 2014 Ferien in seinem Haus in Bosnien verbrachte. Er erklärte, sie verstünden sich gut, müssten sich aber noch besser kennenlernen (cl. 4 pag. 13.1.46 f., ...50). Mit dieser Frau stand er auch noch in der Haft in (Brief-) Kontakt (cl. 4 pag. 13.1.46). Dieser Kontakt brach zwar ab, doch würde sich der Beschuldigte nach einer Haftentlassung "mit Sicherheit" um eine Fortsetzung des Kontakts bemühen (EV-Protokoll Sicherheitshaft, Frage 4). B. sagte aus, der Beschuldigte habe in Bosnien "eine andere Frau mit nach Hause gebracht" und mit ihr im unteren Stock gelebt. Er habe ihr (B.) das Licht abgestellt und sie nicht ins Haus hineinlassen wollen. Sie habe dann die Polizei avisiert und A. habe das Licht wieder einschalten müssen. Das sei im Dezember 2013 gewesen. Sie habe zu der Frau gesagt, sie solle weggehen, dieses Haus gehöre ihr. Ihr Mann habe sie (B.) dann am Arm gepackt und hinausgeworfen. Es habe auch schon vorher Probleme gegeben, weshalb in Bosnien ihr Mann im Erdgeschoss und sie im ersten Stock gewohnt hätten (EV-Protokoll Fragen 15, 16).

Ob im Zeitpunkt der Tat die neue Beziehung des Beschuldigten gefestigt war, kann offen bleiben. Fest steht nämlich, dass die Eheleute A. und B. seit dem Getrenntleben bei gemeinsamen Anwesenheiten im Juli und Dezember 2013 in ihrem Haus in V. wegen des gemeinsamen Hauseingangs, des freien Zugangs zu beiden Wohnungen und des Stromanschlusses Schwierigkeiten hatten, welche mehrmals unter Beizug der Polizei gelöst werden mussten; beide Ehegatten wurden von der Polizei wiederholt ermahnt (cl. 5 pag. 18.3.103, ...105, ...113, ...116, ...118, ...120, ...128, ...132 [Polizeiakten Distrikt V.]). Der Beschuldigte erklärte, das Gericht in V. habe im Januar 2014 vier Varianten zur Aufteilung des gemeinsamen Hauses vorgeschlagen: Verkauf und Aufteilung des Erlöses; Übernahme durch eine Partei, unter Auszahlung der anderen; jede Partei erhält eine Hälfte, wobei mittels baulicher Massnahmen separate Wohnungseingänge errichtet und getrennte Strom- und Wasserrechnungen ermöglicht würden; der Beschuldigte übernimmt das ganze (zweistöckige) Wohnhaus, seine Frau das andere Gebäude (die Garage mit der Wohnung im ersten Stock), womit bauliche Kosten vermieden werden könnten (cl. 4 pag. 13.1.48). Bei einer Anhörung am 27. Februar 2014 habe eine Kommission Messungen im Haus vorgenommen (EV-Protokoll Beschuldigter, Frage 35). Daraus erhellt, dass die Parteien offenbar ernsthaft bestrebt waren, eine Lösung zu suchen, welche die bisherigen Probleme eliminieren sollte und eine konfliktfreie weitere Benützung der Liegenschaft durch beide Parteien ermöglichen würde, sollte nicht ein Verkauf oder eine Übernahme durch eine Partei ins Auge gefasst werden. Sodann steht fest, dass der Beschuldigte das Haus lediglich während der Ferien benützte.

Seit Beginn des Getrenntlebens sind mithin keine persönlichen Kontakte der Parteien in der Schweiz aktenkundig, ausser jene vor Gericht, zuletzt im Januar 2014 (EV-Protokoll Beschuldigter, Frage 18). In Bosnien gab es ausser der gerichtlichen Anhörung vom 27. Februar 2014 im eigenen Haus keine direkten Kontakte, ausser wenn beide Parteien gleichzeitig in diesem Haus anwesend waren. Häusliche Gewalt konnte von der herbeigerufenen Polizei verneint werden (cl. 5 pag. 18.3.94). Eine laut Aussage der Ehefrau (cl. 4 pag. 12.1.6) im September 2012 im Rahmen des Eheschutzverfahrens durch den Beschuldigten ausgesprochene Todesdrohung ist nicht verifiziert. In der Hauptverhandlung wurde der Beschuldigte zu zwei SMS befragt, welche er am 3. November 2013 an die Mobiltelefonnummer seiner Ehefrau gesandt hatte. Die erste Botschaft lautete: "jebacu ti mater sto puta..." (Zeit: 01:31:21 UTC+01:00; cl. 4 pag. 10.2.44), die zweite: "Jebem li jebem ti materina puta pozdrav A." (Zeit: 01:47:48 UTC+01:00; cl. 4 pag. 10.2.45). Der Dolmetscher übersetzte die erste Botschaft so: "Ich werde deine Mutter 100 Mal ficken". Er erklärte, die inhaltliche Bedeutung sei: Ich werde es dir zeigen, du wirst schon sehen. Die Bedeutung sei kontextabhängig, es komme sehr auf die Umstände an. Es könne bedeuten: Du musst sehr aufpassen. Es könne aber auch harmloser verstanden werden, je nach den konkreten Umständen. Der Dolmetscher erklärte, wenn man eine solche SMS von jemand Unbekanntem erhalte, würde man das als Drohung interpretieren (EV-Protokoll Frage 49). Die zweite Botschaft übersetzte er so: "Ich ficke deine Mutter ... Mal. Gruss A.". Er erklärte, Puta heisse Mal und bedeute eine Zahl, die nicht genannt sei. Inhaltlich sei die Botschaft eine Beschimpfung (EV-Protokoll Fragen 48, 51). Der Beschuldigte gab zu Protokoll, er sei in jener Nacht von Anrufen dieser Nummer belästigt worden; er habe nicht mehr gewusst, dass es die Telefonnummer seiner Frau sei. Er habe mit den beiden SMS erreichen wollen, dass die anrufende Person ihn in Ruhe lasse. Er habe sein Telefon wegen der Arbeit nicht abschalten können (EV-Protokoll Fragen 46-48, 50-52). Der Beschuldigte erklärte, dass er praktisch ausschliesslich nachts arbeitete (EV-Protokoll Frage 24). B. erklärte vor Gericht, dass sie sich an die beiden SMS erinnere. Sie habe nicht gewusst, wie sie diese verstehen müsse. Sie habe deshalb versucht, den Beschuldigten anzurufen, doch sei dessen Mobiltelefon ausgeschaltet gewesen. Sie habe noch nie solche Äusserungen von jemandem gehört. Beide Texte seien eine Drohung; sie habe aber deswegen keine Angst gehabt (EV-Protokoll Fragen 20, 21). Mangels genauer Kenntnis des Kontextes ist nicht erstellt, dass der Beschuldigte mit diesen SMS-Botschaften seiner Ehefrau ernstliche Nachteile androhen wollte.

Nach dem Gesagten sind im gesamten Verhalten des Beschuldigten vor und nach der Tat keine Anhaltspunkte ersichtlich, die auf eine rücksichtslose, primitiv egoistische Gesinnung schliessen liessen. Die ehelichen Probleme, wie sie sich, soweit vorliegend erkennbar, im 14 Jahre dauernden Zusammenleben manifestierten, weisen zwar auf ein zunehmend zerrüttetes Eheverhältnis hin, lassen den Beschuldigten aber nicht als gemütskalten Menschen erscheinen. Nach der Auflösung des gemeinsamen Haushalts reduzierten sich die Probleme im Wesentlichen darauf, ob der Beschuldigte seinen Unterhaltszahlungen nachkomme, und auf die Benützung des Hauses in Bosnien bei gleichzeitigen Aufenthalten der Parteien. Es liegen keine Indizien vor, welche für einen sogenannten Eliminationsmord sprechen würden. Damit ist das von der Anklage angerufene Tatmotiv eine nicht fundierte Mutmassung.

e) Zu prüfen bleibt, ob die Art der Tatausführung besonders verwerflich ist. Der Beschuldigte versteckte sich am 3. April 2014 etwa um 06.30 Uhr auf einer öffentlichen Strasse im Bereich einer Fussgängerunterführung, wo er nach dem Vorbeigehen seiner Ehefrau eine Handgranate in ihre Richtung warf und durch die nachfolgende Explosion bzw. Splitterbildung deren Tod in Kauf nahm. Dieser Handlungsablauf ist nicht wesentlich anders als bei einem Täter, der dem Opfer an einem allgemein zugänglichen Ort auflauert und es mit einer Schusswaffe töten will bzw. mit einer mehr oder weniger gezielten Schussabgabe dessen Tod in Kauf nimmt. Das Benützen einer Schusswaffe als solche genügt nicht für eine Qualifikation als Mord. Die Verwendung von Sprengstoff in Form einer Handgranate lässt im vorliegenden Fall die Tatausführung nicht als besonders verwerflich erscheinen. Anders als dort, wo der Täter besondere technische Vorkehren treffen muss, um mit Sprengstoff das Opfer töten zu können, etwa durch Befestigen einer mittels Funk (Mobiltelefon) zu zündenden unkonventionellen Sprengvorrichtung an einem vom Opfer benützten Fahrzeug (vgl. Entscheid des Bundesstrafgerichts SK.2010.17 vom 17. Dezember 2010 E. 2.2), brauchte der Beschuldigte bloss die Granate möglichst nahe ans Opfer zu werfen, ohne sich direkt exponieren zu müssen. Diese Art der Tatausführung mag auch aus praktischen Gründen erfolgt sein: So kann gemäss Anklage eine Handgranate M75 problemlos und preisgünstig auf dem Schwarzmarkt in der Heimat des Beschuldigten beschafft werden. Auch deren Handhabung mag einfacher sein als bei einer Schusswaffe durch einen ungeübten Schützen. Und schliesslich braucht nach der Tat keine Tatwaffe verborgen zu werden. Es steht auch nicht fest, dass der Beschuldigte seine Ehefrau grausam behandeln wollte, indem er ihr besonders intensive Leiden oder Schmerzen zufügen wollte. Dass es sich bei der eingesetzten Waffe um eine Kriegswaffe mit Streuwirkung handelt, deren Wirkung nicht kontrolliert werden kann, lässt diesen Schluss nicht zu. Wie vorne ausgeführt, kann ein einzelner Splitter genügen, damit das Opfer durch Verbluten stirbt. Aufgrund der Tatumstände ist die Ausführung der Tat nicht als besonders skrupellos zu würdigen.

2.6.3 Nach dem Gesagten ist das qualifizierende Element von Art. 112 StGB nicht erfüllt.

2.7 Zusammenfassend ist der Beschuldigte der (vollendeten) versuchten vorsätzlichen Tötung im Sinne von Art. 111 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.

3. S achbeschädigung

3.1 Wer eine fremde Sache beschädigt, macht sich nach Art. 144 Abs. 1 StGB strafbar, sofern ein gültiger Strafantrag (Art. 30 StGB ) vorliegt. Eine Beschädigung setzt vor­aus, dass in die physische Substanz der Sache eingegriffen wird; Beeinträchtigung ihrer Ansehnlichkeit genügt (BGE 115 IV 26 E. 2b). Nur die vorsätzliche Begehung ist strafbar (Art. 12 Abs. 1 StGB ); Eventualvorsatz genügt (Art. 12 Abs. 2 StGB ).

3.2 In der Anklageschrift wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe drei Fensterscheiben am Gebäude X.-Strasse 1 in Y. dadurch beschädigt, dass er die Handgranate explodieren liess. Dieser bestreitet den gegen ihn gerichteten Vorwurf.

3.3 a) Am 3. April 2014 um 19 Uhr zeigte eine Bewohnerin dieses Hauses bei der Polizei an, das Fenster ihres Schlafzimmers sei durch zwei Einschüsse beschädigt worden und dies stünde wahrscheinlich im Zusammenhang mit einem lauten Knall am Morgen jenes Tages (cl. 3 pag. 10.1.31). Die Polizei stellte zwei Beschädigungen am Aussenglas des Schlafzimmerfensters im dritten Obergeschoss fest und dokumentierte einen kreisförmigen Einschlag auf einem Fenster an der Fassade (cl. 3 pag. 10.1.32, 10.1.48). Sie bemerkte, eine weitere Fensterscheibe einer unbewohnten Wohnung im ersten Obergeschoss sei beschädigt worden (cl. 3 pag. 10.1.38).

b) Auf Einladung der kantonalen Polizei (cl. 5 pag. 15.2.2) erhob die Pensionskasse C. am 8. Mai 2014 Strafklage gegen den Beschuldigten (cl. 5 pag. 15.2.3). Der Strafantrag ist innert der gesetzlichen Frist von drei Monaten erklärt worden. Ob er gültig sei, ist von Amts wegen zu klären ( Riedo, Basler Kommentar, 3. Aufl., Basel 2013, Art. 30 StGB N. 93). Im vorliegenden Fall haben N. und O. namens der Pensionskasse C. den Strafantrag unterzeichnet (cl. 5 pag. 15.2.1/3). Im Grundbuch ist die Pensionskasse C. als Grundeigentümerin eingetragen (cl. 9 pag. 9.295.2). Das Handelsregister weist für diese Stiftung N. als Prokuristen mit Zeichnungsbefugnis zu zweien aus. Zur Vertretung einer juristischen Person als Geschädigte sind jedoch nicht nur die im Handelsregister eingetragenen Personen befugt, sondern auch Mitarbeiter, denen nach interner Kompetenzregelung anvertraut ist, die Interessen gerade der Art wahrzunehmen, welche der Straftatbestand schützt (BGE 118 IV 167 E. 1c; Urteil des Bundesgerichts 6B_99/2012 vom 14. November 2012 E. 3.2). Die genannten Personen werden im Begleitbrief zum Strafantrag als Mitarbeiter der Immobilien-Abteilung der Stiftung bezeichnet. Sie erhoben den Strafantrag damit im Rahmen ihrer Zuständigkeit.

3.4 Dem Gutachter wurden im Zusammenhang mit den Glasschäden keine spezifischen Fragen gestellt (vgl. E. 2.4). Er äusserte sich im Gutachten jedoch zu Treffern in Glas (cl. 4 pag. 11.0.48 f.). Der Gutachter ermittelte eine Distanz von 41-43 m zwischen Detonationsort und Fensterscheiben - das deckt sich mit den Angaben im Polizeibericht vom 11. April 2014 (cl. 9 pag. 9.291.42; cl. 3 pag. 10.1.38) - und errechnete für diese Distanz, je nach Durchmesser und Anfangsgeschwindigkeit der Splitter, eine Aufprallenergie von 0,6 bis 2,3 J. Unter Beizug des WFD erhob er weitere Daten, wie die Dicke des Fensterglases. In dem von ihm in Auftrag gegebenen praktischen Schiessversuch stellte das Institut für Rechtsmedizin der Universität Bern fest, dass beim geringeren Energiewert das Glas beschädigt, beim höheren Wert und grösserem Kugeldurchmesser durchschlagen wird (cl. 4 pag. 11.0.48 f.). Der Staatsanwalt hat dem Experten ein solches Vorgehen ausdrücklich gestattet (cl. 4 pag. 11.0.27). Die Feststellungen im Gutachten stellen Hinweise ausserhalb des eigentlichen Themas dar und sind durch die Frage nach "Hinweise[n] zur Erhellung des Sachverhaltes" (Gutachterauftrag vom 30. Juli 2014, Frage 8; cl. 4 pag. 11.0.28) gedeckt. Sie erbringen, zusammen mit den Angaben der Mieterin und den Feststellungen der kantonalen Polizei (E. 3.3a), den Beweis dafür, dass Fensterscheiben am Gebäude X.-Strasse 1 in Y. durch die Explosion der vom Beschuldigten am 3. April 2014 eingesetzten Handgranate beschädigt worden sind.

3.5 Dass durch die Explosion einer Handgranate Fensterglas wegen seiner spröden Substanz auch in grösserer Entfernung beschädigt werden kann, entspricht allgemeiner Erfahrung, welche zum Begleitwissen gehört und das im Vorsatz enthaltene kognitive Element darstellt (BGE 125 IV 242 E. 3e). Solange der Beschuldigte sich mit einem solchen Risiko nicht innerlich auseinandersetzte und - wenn auch unvorsichtigerweise - darauf vertraute, dass es sich nicht verwirkliche, hat er den Erfolg in Kauf genommen (BGE 133 IV 1 E. 4.1) und damit im Sinne von Art. 12 Abs. 2 Satz 2 StGB (eventual-)vorsätzlich gehandelt.

3.6 Der Beschuldigte ist nach dem Gesagten der Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.

4. Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht

4.1 Nach Art. 224 Abs. 1 StGB ist strafbar, wer vorsätzlich und in verbrecherischer Absicht durch Sprengstoffe oder giftige Gase Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt. Die in diesem Tatbestand genannten Sprengstoffe werden in Art. 5 des Bundesgesetzes vom 25. März 1977 über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz, SprstG ; SR 941.41) definiert als einheitliche chemische Verbindungen oder Gemische solcher Verbindungen, die durch Zündung, mechanische Einwirkung oder auf andere Weise zur Explosion gebracht werden können und die wegen ihrer zerstörenden Kraft, sei es in freier oder verdämmter Ladung, schon in verhältnismässig geringer Menge gefährlich sind". Gemäss Art. 2 lit. a der Verordnung über explosionsgefährliche Stoffe vom 27. November 2000 (Sprengstoffverordnung, SprstV ; SR 941.411) zählt u.a. Nitropenta zu den Sprengstoffen. Die Definition gemäss Art. 5 Abs. 1 SprstG gilt auch für die Art. 224 -226 StGB , wobei das Merkmal der zerstörenden Kraft entscheidend ist (BGE 104 IV 232 E. Ia; 103 IV 241 E. I.1; Trechsel/Fingerhuth , Praxiskommentar Strafgesetzbuch, Art. 224 StGB N. 2). Art. 224 StGB setzt voraus, dass der Täter durch Sprengstoff oder giftige Gase Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in konkrete Gefahr bringt (vgl. BGE 115 IV 111 E. 3b). Die Gefahr muss nicht einer Mehrzahl von Personen oder Sachen von grosser Substanz gelten; es genügt die gezielte Gefährdung eines bestimmten Menschen oder einer bestimmten fremden Sache (vgl. BGE 103 IV 241 , 243 E. I.1; BGE 115 IV 113 ; ebenso Corboz , Les infractions en droit suisse, Volume II, 3. Aufl., Bern 2010, Art. 224 StGB N. 12). Der subjektive Tatbestand erfordert zunächst Gefährdungsvorsatz. Dieser liegt vor, sobald der Täter die Gefahr kennt und trotzdem handelt; nicht erforderlich ist hingegen, dass der Täter die Verwirklichung der Gefahr, sei es auch nur eventuell, gewollt hat (BGE 103 IV 241 , 243 E. I.1). Die verbrecherische Absicht bezieht sich auf das Handlungsziel des Täters. Dieses muss in der Verwirklichung eines (anderen) Verbrechens oder - über den Wortlaut hinaus - Vergehens bestehen; eine angestrebte Übertretung reicht dagegen nicht aus ( Roelli/Fleischanderl , Basler Kommentar, 3. Aufl., Basel 2013, Art. 224 StGB N. 9; Trechsel/Fingerhuth , a.a.O., Art. 224 StGB N. 7).

4.2 Dem Beschuldigten wird in Anklagepunkt 1.3 vorgeworfen, er habe unter den unter Anklagepunkt 1.1 beschriebenen Umständen (vorne E. 2.2) eine Handgranate des Typs M75 gegen seine Ehefrau geworfen und dabei vorsätzlich und in verbrecherischer Absicht durch die Zündung der Handgranate Leib und Leben seiner Ehefrau und fremdes Eigentum in Gefahr gebracht. Hinsichtlich des im Tatbestand genannten Erfolgs der Gefährdung von Menschen genügt die Anklageschrift den an sie zu stellenden Anforderungen (Art. 9 Abs. 1 StPO ). Der zweite mögliche Erfolg, die Gefährdung fremden Eigentums, wird in der Anklageschrift zwar erwähnt, aber nicht näher umschrieben. Damit ist nicht dargelegt, welches Eigentum konkret gefährdet worden sei (Art. 325 Abs. 1 lit. f StPO ). Dies schadet indes nicht und eine allfällige Rückweisung der Anklageschrift zur Ergänzung erübrigt sich, wenn bereits der erste Gefährdungserfolg eingetreten ist und der Tatbestand insoweit subjektiv erfüllt ist.

Der Beschuldigte bestreitet diesen Tatvorwurf.

4.3 Es ist erstellt, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Handlung - das Werfen einer explodierenden Handgranate gegen seine Ehefrau - ausgeführt hat (E. 2.3). Die Handgranate enthielt Nitropenta (E. 2.3.1) und damit Sprengstoff im Sinne von Art. 224 StGB . Durch die Explosion wurde nicht nur eine Gefahr für die körperliche Integrität von B. geschaffen, sondern diese wurde verletzt. Der Tatbestand ist in objektiver Hinsicht erfüllt. Das Wissen um die explosiven Eigenschaften und die zerstörende Kraft einer Handgranate (E. 4.1) ist dem Beschuldigten als Allgemeinwissen anzurechnen. Die Explosion wurde von ihm absichtlich verursacht und er nahm eine Verletzung des Opfers mit tödlichem Ausgang in Kauf (E. 2.5). Der Gefährdungsvorsatz ist zu bejahen, ebenso das Handlungsziel, die Verwirklichung eines Verbrechens (Art. 111 StGB ). Damit ist Art. 224 Abs. 1 StGB erfüllt.

4.4 Zu prüfen ist, ob Idealkonkurrenz vorliegt, wie die Anklage offensichtlich annimmt.

4.4.1 Laut Bundesgericht handelt der Täter in verbrecherischer Absicht, wenn er mittels Sprengstoff eine Widerhandlung, wie etwa eine Körperverletzung oder Sachbeschädigung, erreichen wollte (BGE 103 IV 241 , 243 E. I.1). Das Bundesgericht hob, offenbar in einem obiter dictum - wofür die eher beiläufige Erwähnung dieser Konkurrenzfrage am Ende der Erwägung unter Hinweis auf einen unveröffentlichten Entscheid des früheren Bundesstrafgerichts sowie ihre Nichterwähnung in der Regeste sprechen -, hervor, dass Art. 224 und 225 StGB mit Art. 145 (heute Art. 144 ) oder 122/123 StGB in Konkurrenz stehen könnten, wenn ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen der Verwendung des Sprengstoffs und der eingetretenen Körperverletzung oder Sachbeschädigung erstellt sei (a.a.O., S. 245). Die Lehre nimmt mehrheitlich, namentlich gestützt auf diesen Entscheid, Idealkonkurrenz zwischen Art. 224 StGB und den Tötungs- und Körperverletzungstatbeständen (Art. 111 ff ., Art. 122 f . StGB ) an, so etwa Trechsel/Fingerhuth ( a.a.O., Art. 224 StGB N. 12). Diese Autoren führen zur Begründung an, eine vollständig in der Verletzung aufgehende Gefährdung müsste durch das Verletzungsdelikt konsumiert werden, was jedoch wegen der hohen Strafdrohung zu unbilligen Ergebnissen führen würde. Bei Art. 225 StGB bejahen sie Idealkonkurrenz mit Art. 117 StGB erst, wenn weitere Personen gefährdet wurden (a.a.O., Art. 225 StGB N. 6). Stratenwerth/Bommer ( Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II: Straftaten gegen Gemeininteressen, 7. Aufl., Bern 2013) nehmen bei Art. 224 StGB mit gleicher Begründung echte Konkurrenz an, wenn der Täter seine verbrecherische Absicht verwirklicht, er also noch einen weiteren Verbrechens- oder Vergehenstatbestand erfüllt. Die Autoren schränken allerdings ein, dass diese Auslegung die Gemeingefährlichkeit des Delikts erfordere (S. 64 i.V.m. S. 60); dessen besondere Verwerflichkeit werde erst dadurch begründet, dass die Opfer unbeteiligte, nicht als Individuen ausgewählte Dritte seien, sie vielmehr, im Verhältnis zum Täter, als Repräsentanten der Allgemeinheit erscheinen würden. Die gefährdeten Personen müssten vom Zufall ausgewählt worden sein (S. 46 f.; zustimmend Trechsel/Fingerhuth, a.a.O., vor Art. 221 StGB N. 2 m.w.H.). Den Tötungs- und Körperverletzungsdelikten ist hingegen dann der ausschliessliche Vorrang zu geben, wenn mit einem Tatmittel des siebten Titels (Feuer, Sprengstoff, Gas etc.) von vorneherein bloss eine Individualgefahr für ganz bestimmte vom Täter ins Auge gefasste Personen bewirkt wurde, die anschliessend zu einer Verletzung führte ( Roelli/Fleischanderl , a.a.O., vor Art. 221 StGB N. 14). Die bei gemeingefährlichen Straftaten im Vergleich zu den gegen individuelle Rechtsgüter gerichteten Delikte höhere Strafe rechtfertigt sich nur, wenn die Allgemeinheit gefährdet wurde ( Roelli/Fleischanderl , a.a.O., vor Art. 221 StGB N. 11).

4.4.2 Vorliegend wollte der Beschuldigte mit der Explosion der Handgranate gerade seine Ehefrau und nicht irgendeine zufällig sich am Tatort aufhaltende Person treffen. Da andere Personen laut Anklage nicht konkret gefährdet worden sind, hat der Beschuldigte keine Gemeingefahr geschaffen. Er handelte mit Verletzungsvorsatz einzig in Bezug auf seine konkret ausgesuchte Ehefrau und nicht gegen unbeteiligte Dritte. Er wollte durch die Handgranatenexplosion "nur" seine an Leib und Leben konkret gefährdete Ehefrau töten; wäre diese am 3. April 2014 nicht zu Fuss auf der Z.-Strasse gegangen, sondern etwa schon vor der Haustüre von ihrer Schwiegertochter mit dem Auto abgeholt worden, hätte der Beschuldigte die Handgranate - mangels genügender Wirksamkeit - kaum gezündet. Es kann bei dieser Sachlage gar davon ausgegangen werden, dass er, wären Dritte im Einflussbereich der Detonation konkret gefährdet gewesen, die Tatausführung abgebrochen bzw. auf einen anderen Tag verschoben hätte, zumal er offensichtlich nicht gesehen werden wollte. Somit wird in der vorliegenden Konstellation Art. 224 StGB von Art. 111 StGB konsumiert. Im Übrigen macht im vorliegenden Fall auch die Strafandrohung echte Konkurrenz entbehrlich, denn der Tötungstatbestand enthält das höhere Strafminimum.

Nach dem Gesagten entfällt ein separater Schuldspruch nach Art. 224 Abs. 1 StGB .

5. Strafzumessung

5.1 Rechtliches

5.1.1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat - d.h. derjenigen Tat, die mit der schwersten Strafe bedroht ist - und erhöht sie angemessen (Asperationsprinzip). Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden (Art. 49 Abs. 1 StGB ). Bei der Bildung der Gesamtstrafe gemäss Art. 49 Abs. 1 StGB ist - wie schon gemäss Art. 68 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB - nach der Rechtsprechung vorab der Strafrahmen für die schwerste Straftat zu bestimmen und alsdann die Einsatzstrafe für die schwerste Tat innerhalb dieses Strafrahmens festzusetzen. Schliesslich ist die Einsatzstrafe unter Einbezug der anderen Straftaten in Anwendung des Asperationsprinzips angemessen zu erhöhen. Das Gericht hat mithin in einem ersten Schritt, unter Einbezug aller straferhöhenden und strafmindernden Umstände, gedanklich die Einsatzstrafe für das schwerste Delikt festzulegen. In einem zweiten Schritt hat es diese Einsatzstrafe unter Einbezug der anderen Straftaten zu einer Gesamtstrafe zu erhöhen, wobei es ebenfalls den jeweiligen Umständen Rechnung zu tragen hat (Urteile des Bundesgerichts 6B_405/2011 und 6B_406/2011 vom 24. Januar 2012 E. 5.4; 6B_1048/2010 vom 6. Juni 2011 E. 3.1; 6B_218/2010 vom 8. Juni 2010 E. 2.1; 6B_865/2009 vom 25. März 2010 E. 1.2.2; 6B_297/2009 vom 14. August 2009 E. 3.3.1; 6B_579/2008 vom 27. Dezember 2008 E. 4.2.2, je m.w.H.). Die tat- und täterangemessene Strafe ist dabei grundsätzlich innerhalb des ordentlichen Strafrahmens der (schwersten) anzuwendenden Strafbestimmung festzusetzen. Der ordentliche Strafrahmen wird bei Vorliegen von Strafschärfungs- bzw. Strafmilderungsgründen nicht automatisch erweitert; er ist nur zu verlassen, wenn aussergewöhnliche Umstände vorliegen und die für die betreffende Tat angedrohte Strafe im konkreten Fall zu hart bzw. zu milde erscheint (BGE 136 IV 55 E. 5.8). Mit der Gesamtstrafe ist die für das schwerste Delikt gesetzlich festgelegte Mindeststrafe in jedem Fall zu überschreiten ( Ackermann , Basler Kommentar, 3. Aufl., Basel 2013 , Art. 49 StGB N. 121).

5.1.2 Innerhalb des Strafrahmens misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters (Art. 47 Abs. 1 StGB ). Das Verschulden bestimmt sich nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Tat zu vermeiden (Art. 47 Abs. 2 StGB ). Somit kommt dem (subjektiven) Tatverschulden eine entscheidende Rolle zu (BGE 136 IV 55 E. 5.4). Ausgehend von der objektiven Tatschwere hat das Gericht dieses Verschulden zu bewerten. Es hat im Urteil darzutun, welche verschuldensmindernden und -erhöhenden Gründe im konkreten Fall gegeben sind, um so zu einer Gesamteinschätzung des Tatverschuldens zu gelangen (BGE 136 IV 55 E. 5.5). Der Gesetzgeber hat einzelne Kriterien aufgeführt, die für die Verschuldenseinschätzung von wesentlicher Bedeutung sind und das Tatverschulden vermindern bzw. erhöhen (BGE 136 IV 55 E. 5.5, 5.6). Das Gesetz führt indes weder alle in Betracht zu ziehenden Elemente detailliert und abschliessend auf, noch regelt es deren exakte Auswirkungen bei der Bemessung der Strafe. Es liegt im Ermessen des Gerichts, in welchem Umfang es die verschiedenen Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt. Dabei ist es nicht gehalten, in Zahlen oder Prozenten anzugeben, wie es die einzelnen Strafzumessungskriterien berücksichtigt (BGE 136 IV 55 E. 5.6 S. 61; 134 IV 17 E. 2.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_650/2007 vom 2. Mai 2008 E. 10.1).

5.2 Einsatzstrafe

5.2.1 Der Beschuldigte hat mehrere mit Freiheitsstrafe bedrohte Handlungen begangen. Für die (gedankliche) Bemessung der Einsatzstrafe ist von Art. 111 StGB auszugehen, der als abstrakt schwerste Strafnorm Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren androht. Damit beträgt die obere Grenze des Strafrahmens 20 Jahre Freiheitsstrafe.

5.2.2 Tatkomponenten: Der Beschuldigte brachte auf einer öffentlichen Strasse eine Handgranate zur Explosion, indem er sie entsicherte und gegen seine auf dem Gehsteig vorbeigehende Ehefrau warf. Die Tatausführung, welche die illegale Beschaffung einer Kriegswaffe bedingte, lässt eine erhebliche kriminelle Energie erkennen. Der Beschuldigte lebte vor der Tat bereits knapp zwei Jahre getrennt von seiner Ehefrau und stand, abgesehen vom Eheschutz- und Scheidungsverfahren, in dieser Zeit nicht im Streit mit ihr. Direkte persönliche Begegnungen fanden ausserhalb der Gerichtstermine und der Ferienaufenthalte im Haus in Bosnien nicht statt. Ein Verhalten seiner Ehefrau, das ihn zur Tat hätte veranlassen können, ist nicht erkennbar. Der Beschuldigte verneinte, bei der letzten persönlichen Begegnung anlässlich des gerichtlichen Augenscheins vom 27. Februar 2014 in Bosnien oder in der Zeit danach von seiner Ehefrau provoziert worden zu sein. Diese gab an, seit der Trennung im Jahr 2012 hätten weder persönliche noch telefonische Kontakte bestanden. Die beiden SMS-Botschaften vom November 2013, die der Beschuldigte ohne äusserlich ersichtlichen Anlass seiner Ehefrau sandte, geben keinen Aufschluss über sein Motiv. Objektiv plausibel wären allfällige Ressentiments wegen des zunehmend zerrütteten Eheverhältnisses. Der Beschuldigte hätte demnach die Tat nach den inneren und äusseren Umständen ohne grosse Selbstüberwindung vermeiden können.

5.2.3 Täterkomponenten: Der Beschuldigte ist heute 56jährig und wohnt in der Schweiz. Er wurde in seiner Heimat Bosnien-Herzegowina geboren, wuchs mit drei Geschwistern auf, besuchte acht Jahre die Primarschule und absolvierte eine Lehre als Schweisser. 1998 heiratete er die aus Bosnien stammende, seit 1981 in der Schweiz lebende B. und zog zu ihr. Er erhielt eine Aufenthaltsbewilligung, 2001 eine Niederlassungsbewilligung. Nach mehreren Kurzanstellungen arbeitete er 14 Jahre lang - bis zur Verhaftung - im gleichen Unternehmen als Schweisser. Er erzielte zuletzt einen regelmässigen Verdienst; 2013 betrug sein Jahreslohn brutto Fr. 81'302.--, netto Fr. 70'236.-- (cl. 5 pag. 17.1.2 ff.; cl. 9 pag. 9.520.5 ff.). Aus einem Kleinkredit, den er wegen Steuerschulden und Wohnungsumzug aufnahm, hat er Schulden von Fr. 32'000.-- und er ist verpflichtet, monatlich Fr. 1'100.-- abzuzahlen (EV-Protokoll Fragen 31-33). Der Beschuldigte hat kein Vermögen in der Schweiz. In Bosnien ist er mit seiner ehemaligen Ehefrau je zur Hälfte Eigentümer einer selbst bewohnten Liegenschaft (E. 2.6.2b). Seit Sommer 2012 lebt er getrennt; er wurde zu monatlichen Unterhaltszahlungen an seine Ehefrau verpflichtet (E. 2.6.2a). In Bosnien wurde im November 2014 die Scheidung ausgesprochen (E. 2.6.2a). Der Beschuldigte hat ein erwachsenes Kind aus einer früheren Ehe. Seine Eltern sind verstorben. In Bosnien hat er eine Schwester; zwei Geschwister leben in der Schweiz (EV-Protokoll Frage 13). Seine Heimat besucht er mehrmals pro Jahr (cl. 5 pag. 17.1.2 ff.). Der Beschuldigte ist nicht vorbestraft (cl. 9 pag. 9.220.3). Seit seiner Festnahme am 6. April 2014 ist er in Haft. Die Strafanstalt bescheinigt ihm eine gute Führung (cl. 9 pag. 9.240.2). Der Beschuldigte ist bei guter Gesundheit.

Vorleben und persönliche Verhältnisse sowie das Verhalten seit der Tat - im Strafverfahren selbst und in der Strafanstalt - wirken sich neutral aus; es liegen keine Umstände vor, die bei der Strafzumessung zu Gunsten oder zu Lasten des Beschuldigten zu berücksichtigen sind. Eine besondere Strafempfindlichkeit besteht nicht.

5.2.4 Die Tat- und Täterfaktoren lassen auf ein erhebliches Verschulden schliessen.

5.2.5 Da der Erfolg nicht eingetreten ist, kann das Gericht die Strafe mildern (Art. 22 Abs. 1 StGB ). Diesfalls ist es nicht an die angedrohte Mindeststrafe gebunden (Art. 48 a Abs. 1 StGB ) und es kann auf eine andere Strafart erkennen, ist aber an das gesetzliche Höchst- und Mindestmass der Strafart gebunden (Art. 48 a Abs. 2 StGB ). Dem Strafmilderungsgrund von Art. 22 Abs. 1 StGB ist im Rahmen von Art. 47 StGB zwingend strafmindernd Rechnung zu tragen; der gesetzliche Strafrahmen ist nur fakultativ nach unten erweitert (BGE 121 IV 49 E. 1b). Das Mass der Strafminderung hängt beim vollendeten Versuch unter anderem von der Nähe des tatbestandsmässigen Erfolgs und den tatsächlichen Folgen der Tat ab. Die Strafreduktion ist mithin umso geringer, je näher der tatbestandsmässige Erfolg und je schwerwiegender die tatsächliche Folge der Tat war (BGE 121 IV 49 E. 1b). Strafschärfungs- und Strafmilderungsgründe sind immer zugleich Elemente, die von Amtes wegen mindestens straferhöhend bzw. -mindernd zu berücksichtigen sind. Liegen sie gleichzeitig vor, können sie sich kompensieren, der Strafrahmen des zu beurteilenden Delikts wird aber nach oben und unten erweitert (BGE 116 IV 300 E. 2a; Trechsel/Affolter-Eijsten , Praxiskommentar Strafgesetzbuch, vor Art. 48 StGB N. 4). Strafmilderungsgründen ist sowohl bei der Einsatzstrafe als auch bei deren Erhöhung nach Art. 49 StGB in dem Sinne strafmindernd Rechnung zu tragen, dass nicht nur die Einsatzstrafe tiefer angesetzt wird, sondern diese auch weniger stark erhöht wird. Diese Strafreduktion kann dann aber durch die ebenso vorgeschriebene Erhöhung der Strafe gemäss Art. 49 StGB aufgewogen werden (BGE 116 IV 300 E. 2c/dd).

Es liegt ein vollendeter Versuch vor. Der Beschuldigte hat alles getan, was nötig war, um nach der ihm anzulastenden Vorstellung den Tod des Opfers zu bewirken bzw. ihn als Verletzungsfolge in Kauf zu nehmen. Der tatbestandsmässige Erfolg war objektiv nahe und von einem weiteren Zutun unabhängig. Daran ändert nichts, dass dessen Wahrscheinlichkeit durch die vom Gutachter ermittelte Trefferquote von 1-2 in der konkreten Situation als erheblich reduziert erscheint. Wie dargelegt, ist es vom Täter kaum beeinflussbar, dass die Handgranate nicht so zu liegen kam, dass das Opfer im Einflussbereich des Granatenbodens oder des Zünders war und entsprechend mehr Treffer erlitten hätte. Selbst ein einzelner Treffer hätte bereits den Tod des Opfers bewirken können. Die tatsächlichen Verletzungen des Opfers blieben dagegen relativ gering. Die Metallkugel durchdrang das Bauchfell nicht und konnte problemlos operativ entfernt werden. Die Verletzung am Finger war nur oberflächlich. Das Opfer konnte nach vier Tagen in gutem Allgemeinzustand aus dem Spital entlassen werden (cl. 4 pag. 11.0.2). Die Verletzungen heilen unter Narbenbildung; bleibende Schädigungen sind nicht zu erwarten (cl. 4 pag. 11.0.3). Die psychischen Auswirkungen (posttraumatische Belastungsstörung) sind aller Voraussicht nach heilbar und damit vorübergehender Natur (E. 7.2.4d). Das Leben des Opfers ist dadurch eine gewisse Zeit eingeschränkt, aber nicht übermässig. Aktenkundig ist, dass sich B. wegen vorbestehender körperlicher und psychischer Beschwerden in ärztlicher Behandlung befand (E. 7.2.4d). Somit ist der Vorfall vom 3. April 2014 nicht die einzige Ursache ihrer psychischen Verfassung. Insgesamt wiegen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht besonders stark.

Der Strafmilderungsgrund des Versuchs wirkt sich in einem Mass aus, welches für die Einsatzstrafe eine leichte Unterschreitung der angedrohten Mindeststrafe rechtfertigt.

5.3 Asperation

Die Begehung mehrerer Straftaten hat eine angemessene Erhöhung der Einsatzstrafe zur Folge (Art. 49 Abs. 1 StGB ). Die obere Grenze des Strafrahmens beträgt 20 Jahre (Art. 49 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Art. 40 StGB ). Vorliegend ist die Verurteilung wegen Sachbeschädigung straferhöhend zu berücksichtigen. Dieser Tatbestand droht Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe an (Art. 144 Abs. 1 StGB ). Der durch die Explosion der Handgranate verursachte Sachschaden ist relativ gering und wurde vom Beschuldigten als Nebenfolge in Kauf genommen; erschwerend zu berücksichtigen ist allerdings die Art der Tatausführung. Hinsichtlich der Täterkomponenten kann auf das Gesagte verwiesen werden (E. 5.2.3). Das Verschulden wiegt noch leicht. Die Einsatzstrafe ist somit wegen Tatmehrheit leicht zu erhöhen.

5.4 Gesamtstrafe

Die Auswirkungen der auszufällenden Strafe auf das Leben des Beschuldigten sind neutral zu berücksichtigen; weder seine persönlichen Verhältnisse noch sein Alter noch sein Gesundheitszustand bilden Anlass für eine Berücksichtigung bei der Strafzumessung. In Berücksichtigung sämtlicher Strafzumessungsfaktoren ist gegen den Beschuldigten eine Strafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe auszusprechen.

5.5 Bei diesem Strafmass stellt sich die Frage des bedingten oder teilbedingten Vollzugs nicht (Art. 42 und 43 StGB ).

5.6 Auf die Freiheitsstrafe ist die vom 6. April 2014 bis 20. März 2015 erstandene Untersuchungs- und Sicherheitshaft von 349 Tagen anzurechnen (Art. 51 StGB ).

5.7 Der Kanton Aargau ist als Vollzugskanton zu bestimmen (Art. 74 Abs. 2 StBOG i.V.m. Art. 31 StPO ).

6. Einziehung

6.1 Das Gericht ordnet ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit die Einziehung u.a. solcher Gegenstände an, die zur Begehung einer Straftat gedient haben, wenn diese die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden (Art. 69 Abs. 1 StGB ).

6.2 Das der Anklageschrift gemäss Art. 326 Abs. 1 lit. c StPO beigelegte Verzeichnis der beschlagnahmten Gegenstände enthält Effekten, welche dem Beschuldigten bei der Verhaftung abgenommen und nicht förmlich beschlagnahmt wurden (Nr. 1-5; cl. 2 pag. 8.4.3-4). Sie sind nicht einzuziehen, weil sie einzig wegen der Haft beschlagnahmt wurden. Die Bundesanwaltschaft hat zwei Mobiltelefone des Beschuldigten als Beweismittel beschlagnahmt und in die polizeiliche Auswertung gegeben (cl. 2 pag. 8.4.1-2); sie wurden zur Begehung der Tat nicht verwendet. Gleiches gilt für den beschlagnahmten Personenwagen des Beschuldigten (cl. 2 pag. 8.5.1-2). Das Auto wurde am 15. August 2014 zurückgegeben, ohne dass aus den Akten hervorginge, ob dies auch für das zuvor technisch ausgewertete Navigationsgerät und die im Wagen vorhandenen Notizen gelte (cl. 2 pag. 8.5.22-24).

6.3 Die Voraussetzungen der Einziehung sind in keinem Falle erfüllt. Die Beschlagnahme ist aufzuheben. Die Effekten (Verzeichnis Nr. 1-5 und 8) sind in die Hand der Leitung der Strafanstalt zu geben respektive verbleiben dort bis zur Entlassung.

7. Zivilklagen

7.1 Die geschädigte Person kann zivilrechtliche Ansprüche aus der Straftat im Strafverfahren geltend machen (Art. 122 Abs. 1 StPO ). Darüber entscheidet das Gericht (Art. 124 Abs. 1 StPO ) mit dem Urteil in der Hauptsache (Art. 81 Abs. 4 lit. b StPO ), wenn es schuldig spricht oder wenn es freispricht und der Sachverhalt spruchreif ist (Art. 126 Abs. 1 StPO ). Die geschädigte Person muss ihren Anspruch spätestens an der Hauptverhandlung im Parteivortrag beziffern und begründen (Art. 123 Abs. 2 StPO ). Wer Schadenersatzanspruch beansprucht, hat den Schaden zu beweisen (Art. 42 Abs. 1 OR ). Der nicht ziffernmässig nachweisbare Schaden ist nach Ermessen des Richters mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge und auf die vom Geschädigten getroffenen Massnahmen abzuschätzen (Art. 42 Abs. 2 OR ).

7.2 Zivilklage von B.

7.2.1 B. hat die Stellung eines Opfers, da sie durch die versuchte Tötung in ihrer körperlichen Integrität unmittelbar beeinträchtigt wurde (Art. 116 Abs. 1 StPO ). Sie hat Anspruch auf Ersatz von Schaden, der ihr widerrechtlich, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, zugefügt wurde (Art. 41 Abs. 1 OR ). Diese Haftungsvor­aussetzungen sind erfüllt, denn der Beschuldigte hat sie durch den Gebrauch einer Handgranate widerrechtlich an einem Finger und am Bauch verletzt; sein Verschulden ist erwiesen (E. 2). Der Anspruch geht auf Ersatz von Kosten und Entschädigung für Arbeitsunfähigkeit (Art. 46 Abs. 1 OR ) sowie auf Genugtuung (Art. 47 OR ).

7.2.2 a) B. macht geltend, für die Hospitalisierung müsse sie einen Kostenanteil von Fr. 75.-- selber tragen; die übrigen Behandlungskosten habe ihre Unfallversicherung übernommen. Die Kausalität dieser Schadensposition sei offenkundig. Der Beschuldigte hafte demnach für den genannten Betrag (cl. 9 pag. 9.925.30).

Der Beschuldigte bestreitet diese Forderung. Er wendet ein, die Kosten der medizinischen Behandlung würden von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen; allfällige Selbstbehalte übernehme die Sozialhilfe, in deren Genuss B. seit dem 1. April 2013 komme. Das ergebe sich aus § 18b der aargauischen Sozialhilfe- und Präventionsverordnung und den SKOS-Richtlinien (cl. 9 pag. 9.925.80).

Die Versicherung Q. stellte B. am 6. Juni 2014 für die Behandlung im Kantonsspital Aarau vom 3.-7. April 2014 einen Betrag von Fr. 5'306.05 in Rechnung, wovon sie Fr. 75.-- ("unser Guthaben") zu bezahlen habe (cl. 9 pag. 9.561.3). B. hat weder eine Bezahlung dieser Rechnung bewiesen noch die Einwendung widerlegt, dass die Sozialhilfe diesen Betrag übernehme oder vergüte. Der Schaden ist somit nicht bewiesen; entsprechend ist die Forderung abzuweisen.

b) B. beantragt, der Beschuldigte sei für inskünftig aus und im Zusammenhang mit den verurteilten Strafen anfallende Kosten dem Grundsatz nach bei einer Haftungsquote von 100% für haftpflichtig zu erklären. Zur Begründung führt sie an, es sei heute noch nicht klar, ob für die Behandlung körperlicher oder psychischer Beschwerden zukünftig weitere Kosten anfallen würden (cl. 9 pag. 9.925.30).

Der Beschuldigte bestreitet weitere, also auch künftige, Kosten (cl. 9 pag. 9.925.80).

Die Schadenentstehung kann, besonders bei Personenschäden, fliessend sein. Künftiger Schaden, das heisst der Schadensteil, der sich erst später realisiert, kann nach Lehre und Rechtsprechung im Voraus eingeklagt werden. Voraussetzung ist, dass das schadenstiftende Ereignis stattgefunden hat, als solches abgeschlossen ist und der Schaden "liquid" ist, das heisst gewiss oder zumindest annähernd sicher ist und sich mit der erforderlichen Genauigkeit berechnen lässt. Der Schaden muss, selbst wenn sein Umfang von künftigen Ereignissen abhängt und daher nicht mit Sicherheit ermittelt werden kann, mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge abgeschätzt werden. Abgesehen von sich verändernden Personenschäden (Art. 46 Abs. 2 OR ) kann das Gericht kein Nachklagerecht zusprechen und muss den zukünftigen Schaden aus der Perspektive des Urteilstages festlegen ( Brehm , Berner Kommentar, 4. Aufl., Bern 2013, Art. 41 OR N. 71 m.w.H.). Für den Fall, dass keinerlei genügende Angaben für die Erhebung einer Leistungsklage vorhanden sind, muss eine Feststellungsklage möglich sein ( Schönenberger , in: Honsell [Hrsg.], Kurzkommentar Obligationenrecht, Basel 2014, Art. 42 OR N. 5).

Geltend gemacht werden vorliegend unbezifferte Kosten wegen künftiger gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die auf das Ereignis vom 3. April 2014 zurückzuführen seien, nicht jedoch wirtschaftliche Nachteile wegen allfälliger Arbeitsunfähigkeit. Solcher zukünftiger Schaden ist ungewiss; er hängt von verschiedenen Faktoren ab, die auf die Gesundheit der Privatklägerin einwirken können, aber auch von deren eigenem Verhalten, denn sie trifft eine Schadenminderungspflicht (Art. 44 Abs. 1 OR ). Mithin kann nicht im Voraus gesagt werden, dass den Beschuldigten für alle mit der Straftat im Zusammenhang stehenden Beschwerden der Privatklägerin stets eine 100%ige Haftung treffen würde. Somit ist die Feststellungsklage abzuweisen.

7.2.3 a) B. beantragt die Zusprechung einer Genugtuung von Fr. 40'000.--. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen an, sie sei Opfer eines Anschlags ihres Ex-Mannes mittels einer Kriegswaffe geworden; das gehe an niemandem spurlos vorbei. Sie habe wegen eines Granatensplitters im Bauch notfallmässig operiert werden müssen, sei mehrere Tage hospitalisiert gewesen und trage eine Narbe am Bauch, welche sie immer an den Überfall erinnern werde. Seit dem Ereignis habe sie schwere Alpträume, bezogen auf den Anschlag, und wache dann schreckhaft und schweissgebadet auf; sie liege ständig wach, was ihre Schlafqualität sehr beeinträchtige. Auch tagsüber habe sie Angstzustände. Der Überfall komme ihr immer wieder hoch und sie fürchte sich, dass sie vom Beschuldigten oder einem Komplizen überfallen und dass die Tat zu Ende geführt werde. Sie sei deshalb sehr schreckhaft geworden, leide an Verfolgungswahn und bewege sich sehr vorsichtig. Sie schaue sich auf der Strasse ständig um und verlasse die Wohnung nur noch, wenn es unbedingt nötig sei und wenn möglich in Begleitung einer anderen Person. In der Wohnung verriegle sie immer alle Türen. Ihre Leiden aus dem Überfall nähmen stetig zu; eine Verbesserung der Situation sei nicht eingetreten. Es sei ihr ärztlich eine posttraumatische Belastungsstörung attestiert worden. Angesichts der gesamten Umstände sei die erlittene Unbill besonders schwer (cl. 9 pag. 9.925.31-34).

Der Beschuldigte bestreitet den Anspruch auf Genugtuung. Es habe nur ein Rosenkrieg stattgefunden. Zufolge vorbestehender gesundheitlicher Beschwerden fehle es an der Kausalität. Im Übrigen sei eine posttraumatische Belastungsstörung in der Regel nicht dauerhaft und klinge wieder ab (cl. 9 pag. 9.920.6, 9.925.30 f.).

b) Bei Körperverletzung kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen (Art. 47 OR ). Der Zweck der Genugtuungssumme besteht darin, dass durch eine schadenersatzunabhängige Geldleistung ein gewisser Ausgleich für den erlittenen physischen und/oder seelischen Schmerz geschaffen wird ( Brehm , a.a.O., Art. 47 OR N. 9). Eine Genugtuung kann nur verlangt werden, wenn die widerrechtliche Handlung den Geschädigten physisch oder seelisch schwer getroffen hat ( Brehm , a.a.O., Art. 47 OR N. 12). Die besonderen Umstände müssen, weil Art. 47 OR ein Anwendungsfall von Art. 49 OR ist, in der Schwere der Verletzung der Persönlichkeit liegen ( Brehm , a.a.O., Art. 47 OR N. 27; Heierli/Schnyder , Basler Kommentar, 5. Aufl., Basel 2011, Art. 47 OR N. 16). Die Körperverletzung muss zu immaterieller Unbill beim Verletzten geführt haben. Eine geringfügige Beeinträchtigung, die nicht zu einem eigentlichen Schmerz führt, stellt keine solche dar. Darüber hinaus muss der erlittene körperliche bzw. seelische Schmerz von einer gewissen Schwere sein. Eine Genugtuung ist in der Regel geschuldet, wenn eine Körperverletzung (alternativ) bleibende Folgen hat, schwer ist, das Leben bedroht, einen längeren Krankenhausaufenthalt nötig macht, eine längere Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat oder mit besonders starken oder lang anhaltenden Schmerzen verbunden ist ( Heierli/ Schnyder , a.a.O., Art. 47 OR N. 13). Eine Verletzung, die problemlos ausheilt, gibt kein Anrecht auf Genugtuung. Bleibt kein dauernder Nachteil zurück, so muss zumindest ein längerer Spitalaufenthalt nötig gewesen sein. Es muss eine bedeutende Störung des psychischen Gleichgewichts vorliegen. Die Verletzungen müssen also erhebliche Schmerzen erzeugt haben ( Brehm , a.a.O., Art. 47 OR N. 28 f.). War der (physische oder seelische) Schmerz von kurzer Dauer, so muss er heftig gewesen sein; war er nicht heftig, so muss er von längerer Dauer gewesen sein ( Brehm , a.a.O., Art. 47 OR N. 14a). Ob das Verschulden als besonderer Umstand oder bei der Bemessung der Höhe der Genugtuung zu berücksichtigen sei, ist umstritten (befürwortend Heierli/Schnyder , a.a.O., Art. 47 OR N. 17; ablehnend Brehm , a.a.O., Art. 47 OR N. 33 ff., 74). Die als Voraussetzungen der Genugtuung genannten Kriterien wirken sich auch auf die Höhe der Genugtuungssumme aus. Je schwerwiegender die Umstände sind und je intensiver die Unbill auf den Anspruchsteller eingewirkt hat, desto höher ist grundsätzlich die Genugtuungssumme ( Heierli/Schnyder , a.a.O., Art. 47 OR N. 20). Bei der Bemessung der Genugtuung ist auf den Einzelfall abzustellen, sodass nicht - wie bei der sozialversicherungsrechtlichen Integritätsentschädigung - auf einen schematischen "Genugtuungstarif" abgestellt werden kann. Dem Gericht kommt daher bei der Festlegung der Genugtuungssumme ein hoher Ermessensspielraum zu. In der Praxis spielen aber auch Präjudizien und Tabellen eine grosse Rolle ( Schönenberger , a.a.O., Art. 47 OR N. 5; Heierli/Schnyder , a.a.O., Art. 47 OR N. 20; Brehm , a.a.O., Art. 47 OR N. 62 ff.).

c) Die physischen Verletzungen der Privatklägerin rechtfertigen mangels Schwere keine Zusprechung einer Genugtuung. Wie erwähnt (E. 2.4.1a, 5.2.5), erlitt die Klägerin durch die explodierende Handgranate eine oberflächliche Verletzung an einem Fingernagel und im Unterleib einen Einschuss durch eine rund 2-3 mm dicke Metallkugel, welche 72 mm weit eindrang, aber in der Bauchdecke stecken blieb, das Bauchfell nicht durchdrang und zu keiner Verletzung innerer Organe führte. Die Kugel konnte komplikationslos operativ entfernt werden. Eine unmittelbare Lebensgefahr hat nicht bestanden. Der Spitalaufenthalt dauerte vier Tage. B. konnte in gutem Allgemeinzustand am 6. April 2014 nach Hause entlassen werden. Die Verletzungen heilen im Regelfall unter Narbenbildung ab, bleibende Schädigungen sind nicht zu erwarten (cl. 4 pag. 11.0.1 ff.). Die Klägerin räumte ein, dass ihre körperlichen Beschwerden gut verheilt sind (cl. 9 pag. 9.925.30). Die Narbe an ihrem Bauch ist von geringer Dimension (cl. 4 pag. 11.0.6) und an einer Körperstelle, wo sie nicht entstellend wirken kann; dies wird denn auch nicht geltend gemacht (cl. 9 pag. 9.925.31). Am Tag des Vorfalls spürte die Klägerin laut eigener Aussage keine Schmerzen. Ins Kantonsspital begab sie sich erst am Abend, als sie eine kleine äussere Verletzung am Bauch festgestellt hatte. Lokale Schmerzen in der Zeit danach, etwa als Folge der Operation, wären zwar plausibel, könnten aber weder sehr intensiv noch von langer Dauer gewesen sein. Wenn die Privatklägerin geltend macht, dass sie "deswegen heute noch Schmerzen" habe und auf Nachfrage erklärt: "Mein ganzer Körper schmerzt" (EV-Protokoll, Frage 50), "Ich wache ständig auf wegen den Schmerzen" (EV-Protokoll, Frage 59), dann ist damit weder die Schwere dieser Schmerzen noch ein Zusammenhang mit den erlittenen Verletzungen erstellt. Das Gleiche gilt für die Feststellung von Dr. med. P. im Schreiben vom 12. März 2015, wonach sich die chronischen Beschwerden im Bewegungsapparat seit dem Überfall auf seine Patientin weiter verschlechtert hätten (cl. 9 pag. 9.561.1).

d/aa) Dr. P. antwortete Rechtsanwältin Gössi am 17. Dezember 2014, dass B., welche er seit Mitte Mai 2012 psychiatrisch betreut, nach dem Überfall mit der Granate eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10 F43.1) entwickelt habe, und zwar zusätzlich zu einer vorbestehenden Depression (bezeichnet als mittelgradige depressive Episode, ICD-10 F32.1) und Panikstörung (ICD-10 F41.0); über die Auswirkungen dieses Befundes auf das Leben der Patientin äusserte er sich nicht (cl. 6 pag. 19.1.16). In dem auf Ersuchen der IV-Stelle des Kantons Aargau vom 30. Januar 2014 erstellten Arztbericht diagnostizierte er am 30. Juni 2014 - nebst einer mittelgradigen depressiven Episode und einer Panikstörung - eine "beginnende posttraumatische Belastungsstörung nach Ueberfall mit Splittergranate anfangs April 2014" (cl. 9 pag. 9.294.61-62). Den ärztlichen Befund umschrieb er wie folgt: " Bewusstseinsklar, allseits orientiert. Durchschnittlich gepflegt, psychomotorisch leicht unruhig, wechselhafte Stimmung mit mehrheitlich besorgt-trauriger Mimik, zeitweise weinerlich. Inhaltlich fokussiert auf den Angriff mit einer Handgranate von Anfang April 2014, sonst diverse körperliche Beschwerden wie Schmerzen im Bewegungsapparat, Kopfweh, klimakterische Beschwerden. Angst wieder von Kollegen des Mannes angegriffen zu werden (oder von ihm persönlich wenn er seine Strafe abgesessen hat), bewegt sich vorsichtig ausserhalb der Wohnung, auch in der Wohnung Angst überfallen zu werden, gestörter Schlaf mit auf den Überfall bezogenen Träumen, häufig Erinnerungen an den Überfall. Zeitweise auch sonst panische Angst in Zusammenhang mit der Herzerkrankung, diverse körperliche Beschwerden in Zusammenhang mit den chronischen körperlichen Erkrankungen. Kognitive Funktionen grob klinisch untersucht unauffällig. Intelligenz durchschnittlich. Kein Wahn, keine Sinnestäuschungen. Keine Selbst- oder Fremdgefährdung." Er hielt fest, der Überfall mit der Handgranate habe sich auf den Behandlungsverlauf seit dem Austritt aus der Psychiatrischen Klinik TT. - wo B. vom 12. März bis 4. April 2013 stationär behandelt worden war - äusserst ungünstig ausgewirkt; seither stünden Beschwerden passend zu einer posttraumatischen Belastungsstörung im Vordergrund. Es erfolge weiterhin eine ambulante psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung mit Psychopharmaka.

bb) Psychische Störungen nach schweren bzw. spektakulären Unfällen und Straftaten sind in der Regel genugtuungsbegründend. Nach der Rechtsprechung besteht die immaterielle Unbill infolge posttraumatischer Belastungsstörungen in der Regel aber nur befristet. Die posttraumatische Belastungsstörung muss nicht zwingend zu einer dauerhaften Veränderung der Persönlichkeit führen. Praxisgemäss genügen auch vorübergehende "Angstzustände, Panik, Schlaflosigkeit, Gefühle der Verunsicherung, Appetitlosigkeit und Melancholie", sofern die Intensität dieser Störungen eine immaterielle Unbill verursacht ( Hütte/Landolt , Genugtuungsrecht, Bd. 2, Zürich/St. Gallen 2013, N. 210 m.w.H.). Die posttraumatische Belastungsstörung wird als eine Form sekundärer Viktimisierung bezeichnet, die dann eintritt, wenn ein Opfer aggressiver oder gefährlicher Handlung zusätzlich zu diesen Nachteilen geschädigt wird durch die Festschreibung seiner Opferrolle ( Volbert, in Volbert/Steller [Hrsg.], Handbuch der Rechtspsychologie, Göttingen etc. 2008, 198) - gemeint als Opfer von Angriff oder Gefahr. Es handelt sich um eine spezifische Ausformung des Erinnerungsprozesses, welche deshalb nicht " typische Auswirkungen des vorangegangenen extrem stressreichen Ereignisses sein" können, weil sie eine besondere Reaktion einer "Subpopulation von Personen darstellen" ( Volbert , a.a.O., 342 f.).

cc) In diesem Lichte kann die vorliegend diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung nicht als dauernde Schädigung qualifiziert werden, sondern nur als zeitlich gebundene Veranlagung zu negativem psychischem Erleben wie Erinnerungen an das negative Erlebnis, Gefühl des Wiedererlebens, Vermeidung von Reizen, welche die Erinnerung wachrufen, Verdrängung von Einzelheiten aus dem Gedächtnis (vgl. Volbert , a.a.O., 343). Auch die Privatklägerin vertritt denn auch nicht die Auffassung, es liege eine dauernde Schädigung vor, sondern bringt allgemein vor, dass "die seelischen Wunden, die die Tat hinterlassen habe, [...] noch lange nicht verheilt" seien (cl. 9 pag. 9.925.30). Die vorgenannten Feststellungen (E. d/aa) kann der Psychiater nur aufgrund der Schilderungen seiner Patientin gemacht haben, ohne sie durch andere Erhebungen zu verifizieren. Das gilt auch für die in seinem Schreiben an Rechtsanwältin Gössi vom 12. März 2015 genannten Symptome (cl. 9 pag. 9.561.1 f.). Wenn der Psychiater darin festhält, die geschilderten Beschwerden hätten mit der Zeit an Intensität zugenommen, so ist damit nicht erwiesen, dass diese dauerhaft sein werden. B. erklärte vor Gericht, sie habe heute noch Schmerzen am ganzen Körper, könne seit dem Vorfall nicht schlafen und habe Angst (EV-Protokoll Fragen 50, 64). Sie gab an, sie sei zehn Tage vor dem Vorfall wegen Herzproblemen beim Arzt gewesen. Es sei ihr in einer Operation ein Stent eingesetzt worden und es bestehe das Risiko, dass noch ein zweiter Stent gemacht werden müsse (EV-Protokoll Frage 51). Auf die Frage, welche Tätigkeit sie seit dem Vorfall nicht mehr ausüben könne, erklärte sie, dass sie nicht schlafen könne, wegen den Schmerzen ständig aufwache und manchmal in der Badewanne nicht aufstehen könne. Der Rheumatologe habe ihr gesagt, dass sie sich bewegen müsse (EV-Protokoll Frage 59). Nach den Aussagen ihres Sohnes (vom 10. September 2014, cl. 4 pag. 12.7.6) und ihrer Schwiegertochter (vom 29. Juli 2014, cl. 4 pag. 12.3.5-6) scheint sie die regelmässige Betreuung ihrer Enkelkinder nach dem Überfall fortgeführt zu haben. Sie behauptet auch nicht, dass sie sich nicht mehr aus dem Haus zu gehen traue, sondern dies in Begleitung einer Person bevorzuge. Schon vor dem Ereignis wurde sie indes von der Schwiegertochter vor der Haustüre oder unterwegs mit dem Auto abgeholt, wenn sie deren Kinder betreute. Der Vorfall hat ihr Leben also nicht in einer komplexen, länger dauernden Weise beeinträchtigt. Die Auswirkungen beschränken sich auf eine Vermehrung bereits vorbestehender, krankheitsbedingter Angstzustände, die - wohl nicht untypisch - wenig reale Entsprechung haben, besonders wenn ein Angriff von Kollegen des Ehemannes oder ein Überfall in der eigenen Wohnung befürchtet wird. Die psychischen Beschwerden, wie sie in den Berichten von Dr. P. festgestellt werden und soweit sie auf den Vorfall vom 3. April 2014 zurückzuführen sind, wirken sich, wenn auch nicht erwiesenermassen dauernd, im Alltag der Zivilklägerin so erheblich aus, um sie als immaterielle Unbill zu qualifizieren. Die Voraussetzungen für die Zusprechung einer Genugtuung sind demnach erfüllt. Die Gründe, die grundsätzlich für eine Ablehnung einer Genugtuung unter Ehegatten sprechen, treten vorliegend zurück (vgl. Brehm , a.a.O., Art. 47 OR N. 116a ff.). Da ein Tötungsversuch Ursache der immateriellen Unbill ist und sich die Ehegatten bei der Tat im Scheidungsverfahren befanden, ist auszuschliessen, dass diese den seelischen Schmerz gemeinsam teilen würden und der Beschuldigte von der zu leistenden Genugtuungssumme selbst mitprofitieren würde.

e) Bei der Festlegung der Höhe der Genugtuungssumme ist einerseits zu berücksichtigen, dass B. Opfer eines vorsätzlichen Tötungsversuchs wurde - ihre Angstzustände haben insoweit einen realen Ursprung. Andererseits steht fest, dass diese Leiden neben vorbestehende, seit geraumer Zeit bestehende psychische Beschwerden traten, die Privatklägerin also ohne den Vorfall vom 3. April 2014 nicht beschwerdefrei wäre. Die Bezahlung einer Genugtuungssumme vermag mithin ihre Beschwerden insgesamt weder zu beseitigen noch entscheidend zu lindern, weshalb dieser Faktor nicht zu stark zu gewichten ist. Auch wenn der Psychiater seit der ersten Konsultation nach dem Ereignis, welche am 8. April 2014 erfolgt ist, eine gesteigerte Intensität der Beschwerden - gestützt auf die Schilderungen der Patientin - bemerkt hat, ist das Ausmass der Beeinträchtigung im Leben der Privatklägerin nicht übermässig. So kann sie die Kinderbetreuung in der Familie ihres Sohnes, welche ein wesentliches Element ihrer Alltagsgestaltung war, weiterhin wahrnehmen; jedenfalls hat sie keine Einschränkungen geltend gemacht. Daher kann festgestellt werden, dass ihre Lebensfreude insoweit nicht getrübt ist. Eine Erwerbstätigkeit hat sie vor dem Vorfall weder ausgeübt noch aufzunehmen beabsichtigt; insoweit wirken sich die Beschwerden nicht auf ihr Befinden aus. Die Einschränkungen betreffen im Wesentlichen allgemeine Bedürfnisse wie die Schlafqualität und das Freisein von Angstgefühlen. Erhöhend ins Gewicht fällt das erhebliche Verschulden (Urteil des Bundesgerichts 6B_105/2010 vom 13. April 2010 E. 3.2), wobei zu berücksichtigen ist, dass der Beschuldigte nur mit Eventualvorsatz gehandelt hat.

Die Höhe der Genugtuung hat sich an der Gerichtspraxis zu orientieren, so bei versuchter Tötung mit einfachen Körperverletzungen ohne Lebensgefahr (Urteil Bundesgericht 6B_572/2011 vom 20. Dezember 2011 E. 3.2, Genugtuung Fr. 5'000.--; Hütte/Landolt , a.a.O., § 17 Nr. 112 [Urteil Bezirksgericht Zürich vom 18. Mai 2011 - Fr. 5'000.--], Nr. 638 [Urteil Kantonsgericht Waadt vom 24. September 2010, u.a. versuchter Mord - Fr. 12'000.--]), versuchter eventualvorsätzlicher Tötung mit einfachen Körperverletzungen und posttraumatischer Belastungsstörung (Urteil Bundesgericht 6B_105/2010 vom 13. April 2010 E. 3.4 - Fr. 4'000.--), versuchter schwerer Körperverletzung ohne lebensgefährliche Verletzungen ( Hütte/Landolt , a.a.O., § 17 Nr. 702 [Urteil Obergericht Zürich, Tages-Anzeiger vom 6. November 2009 - Fr. 5'000.--]), schwerer Körperverletzung mit anhaltendem posttraumatischem Stress ( Hütte/Landolt , a.a.O., § 17 Nr. 632 [Urteil Kantonsgericht Waadt vom 6. September 2010 - Fr. 7'000.--]), einfacher Körperverletzung mit u.a. Panikattacken und psychiatrischer Behandlung ( Hütte/Landolt , a.a.O., § 17 Nr. 644 [Urteil Kantonsgericht Waadt vom 11. Mai 2010 - Fr. 5'000.--]), häuslicher Gewalt (Drohungen, Tätlichkeiten) mit posttraumatischer Belastungsstörung in Form von Schlafstörungen, Alpträumen, Gedankenkreisen, innerlicher Unruhe, Angst vor der Zukunft ( Hütte/Landolt , a.a.O., § 17 Nr. 849 [Entscheid Gesundheits- und Fürsorgedirektion Kanton Bern vom 1. September 2010 - Fr. 2'500.-- nach OHG]). Diese Urteile legen im vorliegenden Fall eine Genugtuung im mittleren vierstelligen Frankenbereich nahe.

Genugtuungssummen von mehreren zehntausend Franken, wie sie die Privatklägerin verlangt, wurden zugesprochen bei versuchten Tötungsdelikten mit lebensgefährlichen Verletzungen, die eine Notoperation erforderten ( Hütte/Landolt , a.a.O., § 17 Nr. 179 [Urteil Kantonsgericht Graubünden vom 29. Juni 2011 - Fr. 40'000.--], Nr. 163 [Urteil Obergericht Zürich vom 22. Oktober 2010 - Fr. 30'000.--], Nr. 119 [Urteil Obergericht Zürich vom 23. September 2008 - Fr. 35'000.--]; Urteil Bundesgericht 6B_289/2008 und 6B_290/2008 vom 17. Juli 2008 E. 10 - Fr. 12'000.--), versuchten Tötungsdelikten mit erheblichen Verletzungen oder bleibenden Schäden ( Hütte/Landolt , a.a.O., § 17 Nr. 673 [Urteil Obergericht Zürich, Tages-Anzeiger vom 3. Februar 2012 - Fr. 35'000.--], Nr. 586 [Urteil Bezirksgericht Zürich vom 1. Dezember 2010 - Fr. 25'000.--]), bei schwerer Körperverletzung ( gezielter Schuss auf das linke Bein) mit bleibender schwerer Behinderung ( Hütte/Landolt , a.a.O., § 17 Nr. 598 [Urteile Obergericht Zürich vom 25. Mai 2009/Bundesgericht 6B_780/2009 vom 21. Januar 2010 - Fr. 40'000.-- nach Kürzung um einen Drittel wegen Mitverschuldens des Opfers] ). In diese Kategorie fällt das von der Privatklägerin angerufene Urteil des Bundesgerichts 6B_579/2008 vom 27. Dezember 2008, wo einer Genugtuung von Fr. 40'000.-- eine versuchte Tötung mit schweren Verletzungen zu Grunde lag (Schussabgabe aus weniger als 2 m Distanz mit lebensgefährlicher Verletzung [ Durchschuss von Leber und Magen ] und Verletzungen an Oberarm und Rumpf, notfallmässige Operation mit 1½ Monaten Spital- und Rehabilitationsaufenthalt, fortbestehende, gravierende physische und psychische Störungen, Erwartung von Langzeitschäden; erhebliche kriminelle Energie des Täters, keine Reduktion wegen vorbestehender Teilinvalidität des Geschädigten; a.a.O., E. 4.3, 5.3, 5.4). Jener Sachverhalt ist mit dem vorliegend zu beurteilenden Fall schon hinsichtlich der Art und Schwere der Verletzungen nicht vergleichbar. Andere Präjudizien, die den Standpunkt der Klägerin zu stützen vermöchten, werden nicht namhaft gemacht, obwohl sie - in Bezug auf im Vergleich zur bekannten Praxis erhöhende Elemente - behauptungs- und beweispflichtig ist ( Hütte/Landolt , a.a.O., N. 368).

In Würdigung sämtlicher Faktoren ist die Genugtuung auf Fr. 5'000.-- festzusetzen.

f) Auf der Genugtuung ist ein Zins von 5% seit dem schädigenden Ereignis geschuldet ( Heierli/Schnyder , a.a.O., Art. 47 OR N. 24) . Demnach ist der Privatklägerin der verlangte Zins zu 5% seit dem 3. April 2014 zuzusprechen.

7.3 Zivilklage der Pensionskasse C.

Die Pensionskasse C. hat im Vorverfahren eine Schadenersatzforderung von Fr. 3'488.50 geltend gemacht für die Reparatur von drei beschädigten Glasscheiben am Gebäude X.-Strasse 1, Y., welches in ihrem Eigentum steht (cl. 5 pag. 15.2.1/7-8; cl. 9 pag. 9.295.2). Diese Kosten sind durch eine Bestätigung der beauftragten Glaserei vom 5. Mai 2014 im Betrag von Fr. 3'230.05, zuzüglich Mehrwertsteuer von Fr. 258.45, total Fr. 3'488.50, nachgewiesen (cl. 5 pag. 15.2.7 f.). Der Schaden wurde vom Beschuldigten durch die von ihm gezündete Handgranate verursacht (E. 3), weshalb der Beschuldigte grundsätzlich haftbar ist. Er hat die Forderung in der Hauptverhandlung im Teilbetrag von Fr. 3'230.05 anerkannt und für den Restbetrag bestritten, da die Klägerin vermutungsweise im Rahmen der Liegenschaftsverwaltung den Vorsteuerabzug vornehmen könne (cl. 9 pag. 9.925.79 f.), in diesem Umfang also nicht geschädigt sei. Diese Einwendung hat die Klägerin weder bestritten noch hat sie einen entsprechenden Nachweis erbracht. Ihre Forderung ist demnach im anerkannten Umfang gutzuheissen und im Mehrbetrag abzuweisen.

8. Kosten

8.1 Die Verfahrenskosten setzen sich zusammen aus den Gebühren zur Deckung des Aufwands und den Auslagen im konkreten Straffall (Art. 422 Abs. 1 StPO ). Bund und Kantone regeln die Berechnung der Verfahrenskosten und legen die Gebühren fest; sie können für einfache Fälle Pauschalgebühren festlegen, die auch die Auslagen abgelten (Art. 424 StPO ). Auf Bundesebene geschieht dies durch das Reglement des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]).

Die Gebühren sind für die Verfahrenshandlungen geschuldet, die im Vorverfahren von der Bundeskriminalpolizei und von der Bundesanwaltschaft sowie im erstinstanzlichen Hauptverfahren von der Strafkammer des Bundesstrafgerichts durchgeführt oder angeordnet worden sind (Art. 1 Abs. 2 BStKR ). Die Höhe der Gebühr richtet sich nach Bedeutung und Schwierigkeit der Sache, der Vorgehensweise der Parteien, ihrer finanziellen Situation und dem Kanzleiaufwand (Art. 5 BStKR ). Die Gebühren werden gemäss dem Gebührenrahmen von Art. 6 und Art. 7 BStKR festgesetzt. Die Auslagen umfassen die vom Bund vorausbezahlten Beträge, namentlich die Kosten für die amtliche Verteidigung, Übersetzungen, Gutachten, Mitwirkung anderer Behörden, Porti, Telefonspesen und andere entsprechende Kosten (Art. 422 Abs. 2 StPO und Art. 1 Abs. 3 BStKR ).

8.2 Die Gebühren für die polizeilichen Ermittlungen und für die Untersuchung umfassen die Ermittlungs- und Untersuchungskosten, die Kosten der Verfügungen und der anderen Verfahrenshandlungen sowie die Kosten des Endentscheids (Art. 6 Abs. 1 BStKR ). Für die polizeilichen Ermittlungen wird im Falle der Eröffnung einer Untersuchung eine Gebühr von Fr. 200.-- bis Fr. 50'000.-- erhoben (Art. 6 Abs. 3 lit. b BStKR ). Für die Untersuchung wird im Falle einer Anklageerhebung eine Gebühr von Fr. 1000.-- bis Fr. 100'000.-- erhoben (Art. 6 Abs. 4 lit. c BStKR ). Das Total darf den Betrag von Fr. 100'000.-- nicht überschreiten (Art. 6 Abs. 5 BStKR ).

Die Bundesanwaltschaft macht eine Gebühr von Fr. 8'000.-- für das Vorverfahren geltend. Eine Gebühr in dieser Höhe erscheint angemessen (vgl. Art. 5 BStKR ).

Im erstinstanzlichen Hauptverfahren vor dem Kollegialgericht liegt der Gebührenrahmen bei Fr. 1'000.-- bis Fr. 100'000.-- (Art. 7 lit. b BStKR ). Die Gerichtsgebühr ist vorliegend auf Fr. 8'000.-- festzusetzen (vgl. Art. 5 BStKR ).

8.3 Die Bundesanwaltschaft beziffert die Auslagen im Vorverfahren gemäss Kostenverzeichnis mit insgesamt Fr. 85'670.25; von diesen erachtet sie Positionen von total Fr. 21'555.40 für auferlegbar (Stand: 14. Januar 2015; cl. 6 pag. 24.0.83).

Auferlegbar sind die Auslagen für Ermittlungen der Kantonspolizei Aargau (Positionen 1, 5), Gutachten (Positionen 2, 36, 44), Überwachungsmassnahmen (Positionen 17, 28), Gebühren für Entscheide des Zwangsmassnahmengerichts Bern (Positionen 22, 25, 37 sowie die im Kostenverzeichnis nicht erfassten Entscheide vom 9. und 23. Januar 2015 über Gebühren von Fr. 1'500.-- bzw. Fr. 1'000.--), Kosten im Zusammenhang mit dem beschlagnahmten Wagen des Beschuldigten (Position 8). Von Position 4 (diverse Auslagen von Fr. 1'495.90) ist nur der Betrag von Fr. 335.90 zu berücksichtigen (Schlüsselnotfalldienst); der Betrag von Fr. 1'110.-- für die forensisch-klinische Untersuchung von B. ist bereits in Position 2 erfasst, jener über Fr. 50.-- für den Polizeikostenrapport (vgl. cl. 1 pag. 2.0.13) ist als administrativer Aufwand mit der Gebühr abgegolten (die Polizeikostenrapporte selber sind in den Positionen 1 und 5 erfasst). Nicht zu berücksichtigen ist Position 15 (Auslagen Fr. 162.10); es handelt sich um Gefängniskosten anlässlich der Verhaftung. Die weiteren Positionen betreffen Haft, damit in Zusammenhang stehende Auslagen (Gefangenentransporte, Briefkontrolle etc.) und Übersetzungskosten; diese Kosten sind nicht auferlegbar. Damit betragen die auferlegbaren Auslagen Fr. 27'733.30.

Die auferlegbaren Auslagen des Gerichts betragen Fr. 196.70 (Entschädigung Auskunftsperson). Die Kosten für den Beizug eines Dolmetschers für Serbokroatisch in der Hauptverhandlung sind nicht auferlegbar (Art. 6 Ziff. 3 lit. e EMRK ). Die Kosten für die Ergänzung des Gutachtens des IRM Zürich von Fr. 396.-- (cl. 9 pag. 9.292.5) sind nicht auferlegbar, da die Ergänzung auf einen Mangel der Fragestellung im Vorverfahren zurückgeht (Art. 426 Abs. 3 lit. a StPO ).

8.4 Die Verfahrenskosten (ohne Kosten der amtlichen Verteidigung) betragen somit insgesamt Fr. 43'930.-- (Gebühren Fr. 16'000.--, Auslagen Fr. 27'930.--).

8.5 Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird (Art. 426 Abs. 1 Satz 1 StPO ), ausgenommen solche, die der Staat durch unnötige oder fehlerhafte Verfahrenshandlungen verursacht hat (Art. 426 Abs. 3 lit. a StPO ).

Der Beschuldigte wird gemäss Anklage bzw. Eventualanklage verurteilt. Die durchgeführten Verfahrenshandlungen waren zur Aufklärung der zur Verurteilung führenden Straftaten notwendig. Die Kausalität der Verfahrenskosten ist gegeben. Der Beschuldigte hat demnach die Verfahrenskosten in vollem Umfang zu tragen.

9. Entschädigung des amtlichen Verteidigers

9.1 Rechtsanwalt Stefan Meichssner wurde von der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau in Anwendung von Art. 130 lit. b und Art. 132 Abs. 1 lit. a StPO mit Wirkung ab 7. April 2014 als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten bestellt (cl. 5 pag. 16.1.4). Die Bestellung als amtlicher Verteidiger wurde von der Bundesanwaltschaft nach Übernahme des Verfahrens bestätigt (cl. 5 pag. 16.1.6). Die Strafkammer ist zur Festlegung seiner Entschädigung zuständig (Art. 135 Abs. 2 StPO ).

9.2 Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung wird in Bundesstrafverfahren nach dem Anwaltstarif des Bundes - gemäss BStKR - festgesetzt (Art. 135 Abs. 1 StPO ). Die Anwaltskosten umfassen das Honorar und die notwendigen Auslagen, namentlich für Reise, Verpflegung und Unterkunft sowie Porti und Telefonspesen (Art. 11 Abs. 1 BStKR ). Das Honorar wird nach dem notwendigen und ausgewiesenen Zeitaufwand bemessen. Der Stundenansatz beträgt mindestens 200 und höchstens 300 Franken (Art. 12 Abs. 1 BStKR ). Die Auslagen werden im Rahmen der Höchstansätze aufgrund der tatsächlichen Kosten vergütet (Art. 13 BStKR ). Bei Fällen im ordentlichen Schwierigkeitsbereich, d.h. für Verfahren ohne hohe Komplexität und ohne Mehrsprachigkeit, beträgt der Stundenansatz gemäss ständiger Praxis der Strafkammer Fr. 230.-- für Arbeitszeit und Fr. 200.-- für Reise- und Wartezeit (Beschluss des Bundesstrafgerichts BK.2011.21 vom 24. April 2012, E. 2.1; Urteil des Bundesstrafgerichts SN.2011.16 vom 5. Oktober 2011, E. 4.1). Der Stundenansatz für Praktikanten beträgt praxisgemäss Fr. 100.-- (Urteile des Bundesstrafgerichts SK.2010.28 vom 1. Dezember 2011, E. 19.2; SK.2010.3 vom 5. Mai 2010, E. 8.4).

9.3 Der Verteidiger macht mit Kostennote vom 14. März 2015 eine Entschädigung von Fr. 42'592.85 (inkl. Mehrwertsteuer) geltend, zuzüglich Aufwand für die Teilnahme an der Hauptverhandlung sowie die Nachbehandlung (cl. 9 pag. 9.720.1 ff., 9.920.6).

Dieser Aufwand ist ausgewiesen und umfasst 133,08 Stunden Arbeitszeit zu einem Ansatz von Fr. 230.-- und 28,5 Stunden Reisezeit zu einem Ansatz von Fr. 200.--, Auslagen von Fr. 3'161.50 (Fotokopien, Telefon, Fahrspesen, Übersetzung etc.; teilweise nicht mehrwertsteuerpflichtig) sowie die Mehrwertsteuer von Fr. 3'122.95. Für die Hauptverhandlung (16., 17., 20. März 2015) sind 15 Stunden und für Nachbearbeitung 2 Stunden, mithin 17 Stunden à Fr. 230.--, als Reisezeit 12 Stunden (2 x 6 Stunden pro Hin- und Rückweg) à Fr. 200.--, total Fr. 6'310.--, zu veranschlagen; hinzu kommen Auslagen von 680.-- (Unterkunft 2 x Fr. 160.--, Verpflegung 4 x Fr. 27.50, Reisekosten Fr. 250.--). Die weiteren Aufwendungen betragen demnach Fr. 6'990.--, die diesbezügliche Mehrwertsteuer Fr. 559.20. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers ist somit auf total Fr. 50'142.05 (inkl. MWST) festzusetzen.

9.4 Nach Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO hat die beschuldigte Person, welche zu den Verfahrenskosten verurteilt wird, dem Bund die Entschädigung der amtlichen Verteidigung zurückzuzahlen, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. Der Beschuldigte ist somit zu verpflichten, die Kosten der amtlichen Verteidigung der Eidgenossenschaft zurückzuzahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

10. Entschädigung der Vertretung der Privatklägerin

10.1 Die Bundesanwaltschaft gewährte B. mit Wirkung ab 16. April 2014 die unentgeltliche Rechtspflege und ernannte Rechtsanwältin Pia Gössi zu deren Rechtsbeiständin (cl. 5 pag. 15.1.36-37). In einem solchen Fall wird die Entschädigung in analoger Weise wie die der amtlichen Verteidigung bestimmt (Art. 138 Abs. 1 StPO ). Es kann dazu auf das Vorstehende (E. 9.1, 9.2) verwiesen werden.

10.2 Wenn der Beschuldigte zu einer Prozessentschädigung an die Privatklägerin verpflichtet wird, so fällt diese gemäss Art. 138 Abs. 2 StPO insoweit an den Bund, als er für die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege aufkommt - Letztere wird indes nur für die Durchsetzung der Zivilansprüche gewährt (Art. 136 StPO ). Eine solche Entschädigung ist gemäss Art. 433 Abs. 1 lit. a StPO zuzusprechen für die notwendigen Aufwendungen der Privatklägerin im Verfahren, wenn sie obsiegt. Nachdem ihr eine unentgeltliche Rechtsverbeiständung gewährt wurde, fallen bei ihr keine Anwaltskosten an. Das Verhältnis der beiden Bestimmungen ist im Lichte der Regelung bei der amtlichen Verteidigung zu sehen: Dort kommt der Staat für die Kosten des Beistandes auf, hat aber Rückgriff auf die beschuldigte Person, die zur Tragung der Verfahrenskosten verurteilt wurde, "sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben" (Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO ). Auf die unentgeltliche Verbeiständung der Privatklägerin übertragen, heisst dies, dass die beschuldigte Person nicht endgültig von einer Prozessentschädigung ihr gegenüber befreit ist, sondern nur, solange es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse nicht erlauben, diese anstelle des Staates zu tragen. Demzufolge sind nicht gleichzeitig der Staat und der Verurteilte zu verpflichten, für die notwendigen Aufwendungen von Rechtsanwältin Gössi aufzukommen, sondern nur der Bund, und es ist eine bedingte Rückzahlungspflicht des Verurteilten - und zwar im Umfang des Obsiegens der Privatklägerin im Zivilpunkt - festzustellen.

10.3 Rechtsanwältin Pia Gössi macht mit Honorarnote von 14./16. März 2015 eine Entschädigung von total Fr. 20'936.55 geltend (einschliesslich Aufwand für Teilnahme an der Hauptverhandlung und Nachbesprechung des Urteils; cl. 9 pag. 9.750.1 ff.).

Darin erfasst sind 80,6 Stunden Arbeits- und Reisezeit à Fr. 230.--, 2 Stunden Praktikantenarbeit à Fr. 100.-- und Barauslagen von Fr. 647.70 (Fotokopien, Porti, Telefon, Reisespesen, Verpflegung), zuzüglich Mehrwertsteuer von Fr. 1'550.85. Der Aufwand für die Hauptverhandlung und Nachbearbeitung ist nicht grösser als beim Verteidiger, weshalb der gleiche Betrag von Fr. 6'990.-- (einschliesslich Auslagen) veranschlagt wird (E. 9.3). Der übrige Aufwand bedarf der Korrektur, da die Reisezeit nicht separat erfasst ist. Das ergibt folgende Berechnung: Honorar für Arbeit bis 13. März 2015 Fr. 13'938.-- (Schlusstotal Fr. 17'618.-- ./. Position 16.03.2015 Fr. 3'680.--), Aufwand Praktikant Fr. 200.--, pauschale Kürzung für Reisezeit Fr. 900.-- (reduzierter Stundenansatz Fr. 200.--), Auslagen gemäss Honorarnote Fr. 378.20 (ohne Hauptverhandlung). Damit beträgt der entschädigungsberechtigte Aufwand insgesamt Fr. 20'606.20. Die Entschädigung an die Rechtsbeiständin der Privatklägerin ist somit auf Fr. 22'254.70 (inkl. Fr. 1'648.50 MWST) festzusetzen.

10.4 B. obsiegt im Zivilpunkt zu rund 12,5% mit der Leistungsklage, hingegen unterliegt sie mit der Feststellungsklage. Der Umstand, dass der vom Beschuldigten gänzlich bestrittene Genugtuungsanspruch im Grundsatz gutgeheissen wird, rechtfertigt eine höhere als rein prozentuale Gewichtung ihres Obsiegens, zumal in masslicher Hinsicht das richterliche Ermessen gross und die Bezifferung des Anspruchs nicht einfach ist. Das teilweise Obsiegen im Zivilpunkt ist mit rund einem Fünftel bis einem Viertel zu gewichten. Der Beschuldigte hat der Eidgenossenschaft für die vorgenannte Entschädigung demnach in einem reduzierten Umfang von Fr. 5'000.-- Ersatz zu leisten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

10.5 Die Pensionskasse C. hat als Privatklägerschaft keine Entschädigung für ihre allfälligen Aufwendungen in diesem Strafverfahren beantragt (vgl. Art. 433 StPO ).


Die Strafkammer erkennt:

1. A. wird der versuchten vorsätzlichen Tötung (Art. 111 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB ) und der Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 StGB ) schuldig erklärt.

2. A. wird verurteilt zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren, unter Anrechnung der erstandenen Haft von 346 Tagen, zu vollziehen durch den Kanton Aargau.

3. A. wird verurteilt zu bezahlen:

3.1 an B. Fr. 5'000.-- nebst Zins zu 5% seit 3. April 2014 als Genugtuung;

3.2 an die Pensionskasse C. Fr. 3'230.05 als Schadenersatz;

im Übrigen werden die Zivilklagen abgewiesen.

4. Die Verfahrenskosten betragen

Fr. 8'000.-- Gebühr Vorverfahren

Fr. 27'733.30 Auslagen Vorverfahren

Fr. 8'000.-- Gerichtsgebühr

Fr. 196.70 Auslagen Gericht

Fr. 43'930.-- total

und werden vollumfänglich A. auferlegt.

5. Die Eidgenossenschaft wird verpflichtet, zu entschädigen:

5.1 Rechtsanwalt Stefan Meichssner für die amtliche Verteidigung von A. mit Fr. 50'142.05 (inkl. MWST);

5.2 Rechtsanwältin Pia Gössi für die amtliche Verbeiständung von B. mit Fr. 22'254.70 (inkl. MWST).

6. A. hat der Eidgenossenschaft die Entschädigungen gemäss Ziff. 5 im Umfang von Fr. 55'142.05 (Fr. 50'142.05 gemäss Ziff. 5.1, Fr. 5'000.-- gemäss Ziff. 5.2) zurückzuzahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

7. Die Beschlagnahme der zwei Mobiltelefone Samsung, des Navigationsgerätes MIO und der im Auto aufgefundenen Notizen wird aufgehoben.

8. Dieses Urteil ist den Parteien mitzuteilen.

Dieses Urteil wird in der Hauptverhandlung eröffnet und durch den Vorsitzenden mündlich begründet. Den anwesenden Parteien wird das Urteilsdispositiv ausgehändigt .

Im Namen der Strafkammer

des Bundesstrafgerichts

Der Vorsitzende Der Gerichtsschreiber

Eine vollständige schriftliche Ausfertigung wird zugestellt an

- Bundesanwaltschaft

- Rechtsanwältin Pia Gössi (Vertreterin von B.)

- Pensionskasse C.

- Rechtsanwalt Stefan Meichssner (Verteidiger von A.)

Nach Eintritt der Rechtskraft mitzuteilen an

- Bundesanwaltschaft als Vollzugsbehörde (vollständig)

Rechtsmittelbelehrung

Gegen verfahrensabschliessende Entscheide der Strafkammer des Bundesstrafgerichts kann beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, innert 30 Tagen nach der Zustellung der vollständigen Urteilsausfertigung Beschwerde eingelegt werden (Art. 78 , Art. 80 Abs. 1 , Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG ).

Mit der Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 BGG ). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG ).

Die amtliche Verteidigung und die Rechtsvertreterin des Opfers können gegen den Entschädigungsentscheid innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts, Postfach 2720, 6501 Bellinzona, einlegen (Art. 135 Abs. 3 lit. a und Art. 396 Abs. 1 StPO ; Art. 37 Abs. 1 StBOG ).

Mit der Beschwerde können gerügt werden: a. Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung; b. die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts; c. Unangemessenheit (Art. 393 Abs. 2 StPO ).

Versand: 28. Mai 2015

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