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Entscheid des Bundesstrafgerichts: BV.2014.55 vom 27.01.2015

Hier finden Sie das Urteil BV.2014.55 vom 27.01.2015 - Beschwerdekammer: Strafverfahren

Sachverhalt des Entscheids BV.2014.55


Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts

Instanz:

Bundesstrafgericht

Abteilung:

Beschwerdekammer: Strafverfahren

Fallnummer:

BV.2014.55

Datum:

27.01.2015

Leitsatz/Stichwort:

Einsetzung eines amtlichen Verteidigers (Art. 33 VStrR).

Schlagwörter

Bundes; Verfahren; Recht; VStrR; Verfahren; Verteidigung; Untersuchung; Verfahrens; Verwaltung; Beschwerdeentscheid; Bundesstrafgericht; Akten; Verteidiger; Gericht; Anspruch; Beschwerdekammer; Eidgenössische; Steuerverwaltung; Bundesstrafgerichts; Bundesgesetzes; Rechtsanwalt; Beschluss; Eidgenössischen; Schweiz; Mehrwertsteuer; Bundesgericht

Rechtskraft:

Kein Rechtsmittel gegeben

Rechtsgrundlagen des Urteils:

Art. 13 StPO ;Art. 175 DBG ;Art. 18 DBG ;Art. 19 DBG ;Art. 19 Or;Art. 190 DBG ;Art. 193 DBG ;Art. 195 DBG ;Art. 26 VwVG ;Art. 29 BV ;Art. 37 StPO ;Art. 391 StPO ;Art. 6 EMRK ;Art. 66 BGG ;Art. 7 BGG ;Art. 98 MWSTG ;

Referenz BGE:

120 Ia 43; 131 I 350; 131 II 562; 132 I 117; 134 I 92; 137 IV 145; 139 I 206; ;

Kommentar:

-

Entscheid des Bundesstrafgerichts

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BV.2014.55

Beschluss vom 27. Januar 2015
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz,

Andreas J. Keller und Emanuel Hochstrasser ,

Gerichtsschreiber Martin Eckner

Parteien

A. ,

Beschwerdeführer

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung,

Beschwerdegegnerin

Gegenstand

Einsetzung eines amtlichen Verteidigers
(Art. 33 VStrR )


Sachverhalt:

A. Die Hauptabteilung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (nachfolgend "EStV") "Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben" teilte A. am 1. Mai 2014 mit, dass die Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartementes gegen ihn besondere Untersuchungsmassnahmen gemäss Art. 190 ff . des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer ( DBG ; SR 642.11) i. V. m. Art. 19 -50 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht ( VStrR ;
SR 313.0) ermächtigt habe. Sodann werde gegen ihn ein Strafverfahren gestützt auf Art. 67 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (VSTG; SR 642.21) geführt (act. 1.10 Verfahren GKASU 818/KRH 2611).

Die EStV verdächtigt A., Non-Valeurs in den Bilanzen aktiviert und Gewinne in hohem Ausmass zu Unrecht verkürzt zu haben. Er habe für die B. AG in Liquidation und C. AG den Steuerbehörden handelsrechtswidrige Jahresrechnungen eingereicht (act. 1.10 S. 1; act. 1.1 S. 1 f. Ziff. 1.1). A. selbst habe trotz Abmeldung den steuerrechtlichen Wohnsitz insbesondere im Jahre 2007 in der Schweiz behalten und Einkommens- und Vermögensbestandteile nicht deklariert. Gestützt darauf wird A. verdächtigt, ab dem Jahr 2006 versuchte und vollendete Hinterziehung grosser Steuerbeträge in eigener Sache und als Gehilfe sowie Steuerbetrug begangen zu haben. Auch soll er in den Jahren 2007 bis 2011 geschuldete Verrechnungssteuer auf verdeckten Gewinnausschüttungen weder deklariert noch abgezogen haben (act. 1.10 S. 2; act. 1.1 S. 1 f. Ziff. 1.1; Verfahren GKASU 818 / KRH 2611).

B. Ebenfalls am 1. Mai 2014 teilte die EStV, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, A. mit, dass sie gegen ihn seit 26. November 2013 ein Mehrwertsteuerstrafverfahren führe (act. 1.7, 1.9; Verfahren M 434 272/SKV). Sie verdächtige ihn des Abgabebetrugs nach Art. 14 Abs. 2 VStrR , ev. der Steuerhinterziehung nach Art. 96 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer ( MWSTG ; SR 641.20) und der Verletzung von Verfahrenspflichten nach Art. 98 lit. e MWSTG . A. habe wohl in den Jahren 2007 bis 2013 nicht sämtliche Einnahmen deklariert und in diesem Zusammenhang Verfahrenspflichten verletzt (act. 1.9; act. 1.1 S. 2 Ziff. 1.1 lit. a).

C. A. arbeitet seit 15 Jahren als Revisor und Treuhänder mit eidgenössischem Fachausweis und eigener Treuhandunternehmung, der D. AG. Er ist überdies als Steuerberater sowie Gesellschaftsorgan tätig, gibt offenbar gemäss seiner Webseite auch Rat bei Steuerstrafverfahren und vertritt Steuerpflichtige gegenüber den Steuerbehörden. Die D. AG ist Rechtsnachfolgerin der inzwischen im Handelsregister gelöschten B. AG. A. habe gemäss EStV die Steuererklärungen der B. AG und der C. AG eingereicht. Er ist Verwaltungsrat mit Einzelunterschrift der D. AG und Verantwortlicher für das operative Tagesgeschäft und Rechnungswesen der E. AG. Gemäss Auffassung der EStV sei er auch ihr Aktionär (act. 1 S. 8; act. 1.1 S. 2 f. Ziff. 1.2/3.1; act. 1.2 S. 3 f.; act. 1.6; act. 5 S. 2; act. 7 S. 2; act. 7.4 S. 1; act. 1.10).

D. Die EStV beschlagnahmte am 30. April 2014 die Vermögenswerte von A. bei und an der D. AG (act. 7.6).

Am 5. Mai 2014 teilte die EStV der E. AG mit, dass im Strafverfahren gegen A. betreffend direkter Bundessteuern am 29. April 2014 ihre Liegenschaft Z., Grundbuch Y., beschlagnahmt worden sei. Am 23./27. Mai 2014 sperrte sie ein die Liegenschaft betreffendes Konto bei der Bank F. (act. 7.1-7.4).

E. Am 7. Mai 2014 bevollmächtigte A. in den Verfahren der EStV verschiedene Rechtsanwälte, darunter Rechtsanwalt G. Am 2./7./19. Mai 2014 wurde den beteiligten Hauptverwaltungen der EStV beantragt, Rechtsanwalt G. sei als amtlicher Verteidiger von A. zu bestellen. Die "Abteilung Strafsachen und Untersuchungen" der EStV lehnte dies für die Strafverfahren der direkten und indirekten Steuern zusammen ab und zwar mit Verfügung vom 28. Juli 2014 (act. 1.1 S. 2 Ziff. 1.3).

F. Dagegen beschwerte sich Rechtsanwalt G. für A. nach Art. 27 VStrR beim Direktor der EStV (act. 1.2 Beschwerde vom 4. August 2014).

Am 16. September 2014 legte Rechtsanwalt G. sein Mandat als Wahlverteidiger nieder, während am Gesuch um Bestellung als amtlicher Verteidiger festgehalten wurde (act. 1.1 S. 2 Ziff. 1.4).

Der Direktor wies die Beschwerde am 24. September 2014 ab (act. 1.1).

G. Gegen den Beschwerdeentscheid der EStV führte A. am 29. Septem­ber 2014 persönlich Beschwerde ans Bundesstrafgericht (act. 1). Er beantragt:

"1) Der Beschwerdeentscheid vom 24. September 2014 der ESTV sei aufzuheben und es sei dem Beschwerdeführer für die Dauer des Verfahrens Rechtsanwalt mag.iur. G. als amtlicher Verteidiger und Rechtsbeistand zu bestellen.

2) Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Beschwerdegegnerin."

Zugleich ersucht A. um Beizug der Verfahrensakten und Gewährung der Akteneinsicht (act. 1 S. 2; vgl. auch act. 7 S. 1).

Die EStV beantragt in der Beschwerdeantwort vom 23. Oktober 2014, die Beschwerde sei abzuweisen (act. 5). Mit der Replik vom 6. [richtig wohl 5.] November 2014 hielt A. an den gestellten Anträgen fest (act. 7). Das Gericht sandte seine Replik am 2. Dezember 2014 der EStV zur Kenntnis (act. 8).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Der angefochtene Beschwerdeentscheid trägt die Verfahrensnummer des Verfahrens der direkten Steuern. Die materiellen Ausführungen der Parteien setzen sich im vorangehenden Verfahren nur mit den Strafverfahren der direkten Steuern auseinander (act. 1.2 S. 4 ff.; act. 1.1 S. 3 ff. Ziff. 3). Auch die Parteieingaben im vorliegenden Beschwerdeverfahren gehen nicht näher auf die amtliche Verteidigung für das Mehrwertsteuer-Strafverfahren ein. Beantragt ist denn auch primär die Aufhebung des Beschwerdeentscheids vom 24. September 2014, der sich, wie erwähnt, nicht weiter damit auseinandersetzt. Da nicht zum Verfahrensthema gemacht, kann vorliegend auf die amtliche Verteidigung im Mehrwertsteuer-Strafverfahren nicht weiter eingegangen werden.

1.2 Besondere Untersuchungsmassnahmen der Eidgenössischen Steuerverwaltung gemäss dem dritten Titel des sechsten Teils des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer werden nach Ermächtigung durch den Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements durchgeführt, wenn der begründete Verdacht besteht, dass schwere Steuerwiderhandlungen begangen wurden oder dass zu solchen Beihilfe geleistet oder angestiftet wurde (Art. 190 Abs. 1 DBG "Voraussetzungen"). Schwere Steuerwiderhandlungen sind nach Art. 190 Abs. 2 DBG insbesondere die fortgesetzte Hinterziehung grosser Steuerbeträge (Art. 175 und 176 DBG) und die Steuervergehen (Art. 186 Steuerbetrug, Art. 187 DBG; zum Ganzen: BGE 137 IV 145 E. 5.2/6.2; Beschluss des Bundesstrafgerichts BV.2010.56 vom 1. Dezember 2010, E. 3.2.1; Botschaft vom 25. Mai 1983 über die Steuerharmonisierung, BBl 1983 III 1 , 231 ff.).

Dabei wird der relevante Sachverhalt mit Blick auf Steuerstrafnormen mittels der zur Verfügung stehenden strafprozessualen Instrumente untersucht. Der Einsatz von besonderen Untersuchungsmassnahmen wird auch als "Steuerfahndung" bezeichnet. Mit der Steuerfahndung betraut sind die Angehörigen der "Abteilung besondere Steueruntersuchungen" (BSU, vormals Besondere Steuerkontrollorgane des Bundes Besko). Die Untersuchungen sind in Zusammenarbeit mit den betreffenden kantonalen Steuerverwaltungen vorzubereiten und durchzuführen (Art. 3 Abs. 1 der Verordnung vom 31. August 1992 über besondere Untersuchungsmassnahmen der Eidgenössischen Steuerverwaltung [ SR 642.132]; zum Ganzen: BGE 137 IV 145 E. 5.3/6.3; Donatsch/Maeder , in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2b, Basel 2000, Art. 190 DBG N. 2, 5, 7; VPB 63.52 E. 3a).

1.3 Gegen "sonstige" Amtshandlungen, die keine Zwangsmassnahmen sind, kann Beschwerde beim Direktor der beteiligten Verwaltung geführt werden. Gegen den Beschwerdeentscheid ist danach die Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts gegeben, jedoch nur wegen Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens (Art. 27 Abs. 1 und 3 VStrR i.V.m. Art. 37 Abs. 2 lit. b StBOG und Art. 19 Abs. 1 des Organisationsreglements vom 31. August 2010 für das Bundesstrafgericht [Organisationsreglement BStGer, BStGerOR; SR 173.713.161]).

Zur Beschwerde ist berechtigt, wer durch den Beschwerdeentscheid berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (Art. 28 Abs. 1 VStrR). Die Beschwerde ist innert drei Tagen, nachdem der Beschwerdeentscheid eröffnet worden ist, schriftlich mit Antrag und kurzer Begründung einzureichen (Art. 28 Abs. 3 VStrR).

1.4 Der Beschwerdeführer ist zur Beschwerde legitimiert und hat gegen den Beschwerdeentscheid rechtzeitig das Bundesstrafgericht angerufen. Somit ist auf die Beschwerde einzutreten.

2. Der Beschwerdeführer beantragt den Beizug aller Verfahrensakten der EStV mit Gewährung von Akteneinsicht (act. 1 S. 2, act. 7 S. 1).

Das Verfahren der Beschwerdekammer richtet sich nach dem Gesetz über das Verwaltungsstrafrecht (Art. 39 Abs. 2 lit. a i.V.m. Art. 37 Abs. 2 lit. b StBOG ). Die Partei oder ihr Vertreter hat Anspruch darauf, in ihrer Sache folgende Akten am Sitze der verfügenden oder einer durch diese zu bezeichnenden kantonalen Behörde einzusehen (Art. 26 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 36 VStrR):

a. Eingaben von Parteien und Vernehmlassungen von Behörden;

b. alle als Beweismittel dienenden Aktenstücke;

c. Niederschriften eröffneter Verfügungen.

Die Beschwerdeantwort der EStV vom 23. Oktober 2014 enthält keine Beilagen. Sie wurde dem Beschwerdeführer am 24. Oktober 2014 zusammen mit der Einladung zur Replik zugestellt (act. 5, 6). Der Beschwerdeführer hat sämtliche weiteren Akten im Dossier selbst eingereicht. Zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde ist es nicht erforderlich, weitere Akten aus der Untersuchung der EStV beizuziehen. Der Beschwerdeführer kennt folglich sämtliche Akten, die der Beschwerdekammer für den Entscheid vorliegen und relevant sein können. Aus diesen Gründen ist das Gesuch um vollständigen Aktenbeizug und ergänzende Akteneinsicht abzuweisen.

3.

3.1 Der Beschwerdeführer sieht sich im Sinne von Art. 33 Abs. 1 lit. a VStrR im Verfahren der EStV offensichtlich zur Verteidigung ausserstande.

3.1.1 Die EStV legt dar, der Beschwerdeführer verfüge neben breiter und einschlägiger beruflicher Erfahrung und Dossierkenntnissen (vgl. Erwägung lit. C) über einen Studienabschluss als Politologe (lic. phil. I). Darüber hinaus amte er als Verwaltungsrat verschiedener Unternehmungen. Die Untersuchung stelle keine rechtlich schwierigen Fragen, es gehe vielmehr um die Sachverhaltsermittlung. Erforderlich sei primär ein Verständnis für buchhalterische Vorgänge und deren steuerrechtlicher Qualifikation. Damit sei der Beschwerdeführer in seiner beruflichen Tätigkeit tagtäglich konfrontiert. Die untersuchten Geschäftsvorgänge seien ihm darüber hinaus wohlbekannt. Verfahren der "Abteilung Strafsachen und Untersuchungen" würden auch nicht von einem Juristen geführt, sondern von einem Mitarbeiter mit Buchhaltungs- und Steuerrechtskenntnissen. Es lägen keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten vor, welche erfordern würden, dem Beschwerdeführer einen amtlichen Verteidiger beizuordnen (act. 1.1 S. 3 f. Ziff. 3.1).

Die EStV führe vorliegend ein Strafverfahren. Sie verlange aber erst dann von der zuständigen kantonalen Steuerverwaltung die Durchführung eines Hinterziehungsverfahrens , wenn sie eine Widerhandlung vorliegen sehe (gemäss Art. 193 Abs. 3 DBG nach Abschluss der Untersuchung, "im späteren Hinterziehungsverfahren"). Steuerbetrug wiederum setze zumindest versuchte Steuerhinterziehung voraus. Eine allfällige Anzeige wegen Steuerbetrugs an die ordentlichen Strafbehörden baue zwingend auf den Erkenntnissen zum Verdacht wegen Steuerhinterziehung auf. Ein Steuerbetrugsverfahren sei bisher von der EStV nicht angestrengt worden (act. 5 S. 3 f. Ziff. 3.2).

3.1.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, nur ein juristisch geschulter Rechtsbeistand könne ausreichend Gewähr dafür bieten, dass die Rechte der Betroffenen gewahrt blieben. Er sei als Treuhänder lediglich beratend tätig; er habe überdies auch schon einfache Nachsteuerverfahren bearbeitet, jedoch nie im Rahmen von besonderen Untersuchungsmassnahmen wegen schwerer Steuerwiderhandlungen. Er kenne die Feinheiten des Verwaltungsstrafrechtes nicht, ja könne darin gar nicht tätig sein, da dies nur Anwälten zustehe. Die zunehmende Spezialisierung bringe es mit sich, dass ein Experte im Bereich der indirekten Steuern im Übrigen sehr wohl wenig Ahnung von direkten Steuern haben könne (act. 1 S. 3-5).

3.2 Gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. a VStrR bestellt die beteiligte Verwaltung dem Beschuldigten einen amtlichen Verteidiger, wenn der Beschuldigte offensichtlich nicht im Stande ist, sich zu verteidigen. Der Verwaltung steht dabei ein gewisses Ermessen zu. Zu berücksichtigen sind insbesondere der Bildungsgrad des Beschuldigten sowie die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse ( Beschluss des Bundesstrafgerichts BV.2011.17 vom 13. Dezem­ber 2011, E. 2.3.1; Eicker/Frank/Achermann , Verwaltungsstrafrecht und Verwaltungsstrafverfahrensrecht, Bern 2012, S. 237; Hauri , Verwaltungsrecht [VStrR], Bern 1998, S. 93; Donatsch/Maeder , in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2b, Basel 2000, Art. 191 DBG N. 29-34 ).

Offensichtliche Unfähigkeit, sich selber zu verteidigen (Art. 33 Abs. 1 lit. a VStrR ) wird angenommen, wenn der Beschuldigte intellektuell - sei es wegen seines Bildungsgrades oder der Schwierigkeit der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse - nicht in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen ( Botschaft vom 21. April 1971 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht, BBl 1971 I 993 ff, 1010 ; Beschluss des Bundesstraf­gerichts BE.2013.3 vom 12. September 2013, E. 2.1.2/2.1.3).

3.3 Die EStV klärt im vorliegenden Verfahren unter Einbezug des Beschwerdeführers ab, ob handelsrechtswidrige Jahresrechnungen eingereicht und ob Vermögensbestandteile nicht deklariert worden seien. Anders als in Verfahren nach der Strafprozessordnung wird der Beschwerdeführer schon für die Frage konsultiert, ob die EStV Strafanzeige erstatten soll (vgl. Art. 193 DBG Abschluss der Untersuchung). Verfahrensthema ist mithin, ob der Beschwerdeführer Steuerrecht qualifiziert unrichtig angewandt hat.

Der Beschwerdeführer ist für die zu klärenden buchhalterischen Fragen als Treuhänder mit langer Erfahrung prädestiniert und kompetenter gerüstet als ein Strafverteidiger. Als Hochschulabsolvent ist er auch ausserhalb des Verfahrensthemas alles andere als intellektuell offensichtlich unfähig, sich zu verteidigen. Dies zeigen nicht zuletzt seine Eingaben ans Gericht (act. 1 und 7; so richtig auch die EStV: act. 5 Ziff. 1.3 1. Absatz). Er formuliert innert kurzer Zeit (vier Tagen) Rechtsbegehren einwandfrei , gliedert in "Formelles", "Sachverhalt" und "Begründung", macht ausdrücklich Beweisofferten, zitiert Entscheide und juristische Literatur und argumentiert juristisch versiert.

Als schwierige rechtliche oder tatsächliche Verhältnisse führt der Beschwerdeführer zweierlei an: (a) Er amte als Organperson einer Gesellschaft, deren Liegenschaft beschlagnahmt sei (act. 1 S. 7 f., act. 7 S. 5; dazu act. 1.1 S. 4 Ziff. 3.2). Jedoch sind Beschlagnahmungen bei einer Drittperson nicht wesentlich für die Frage, ob dem Beschwerdeführer in seinem Strafverfahren ein amtlicher Verteidiger beizugeben sei. (b) Ihm seien Urkunden beschlagnahmt worden, was seine Geschäftstätigkeit lähme und ihn auf den Prozessweg weise (act. 7 S. 3 f.). Jedoch kann sich der Beschwerdeführer von beschlagnahmten Unterlagen soweit erforderlich Kopien anfertigen (lassen), was ihm die EStV ausdrücklich bestätigte (act. 1.1 S. 4 Beschwerdeentscheid). Der Beschwerdeführer nennt somit keine rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse, die nach Art. 33 Abs. 1 lit. a VStrR einen Verteidiger erheischen.

3.4 Als Zwischenfazit ist festzuhalten: Im vorliegenden Verfahren der EStV und im heutigen Zeitpunkt sind die Voraussetzungen einer amtlichen Verteidigung nach Art. 33 Abs. 1 lit. a VStrR nicht erfüllt. Es kann nicht davon gesprochen werden, der Beschwerdeführer sei "offensichtlich nicht imstande, sich zu verteidigen". Falls der Beschwerdeführer dies wünscht, kann er bei jedem Stand des Verfahrens einen erbetenen Rechtsanwalt mandatieren (vgl. Art. 32 Abs. 1 VStrR ).

3.5 Der Beschwerdeführer beruft sich weiter auf Verfassung und EMRK, um eine amtliche Verteidigung im Verwaltungsstrafverfahren zu beanspruchen.

3.5.1 Der Beschwerdeführer bringt im Einzelnen vor, ohne amtliche Verteidigung bestehe keine Waffengleichheit mit dem Staat und er erhalte so kein faires Verfahren. Bei zunehmender Verlagerung des unmittelbaren Strafprozesses ins Untersuchungsverfahren sei der Anspruch auf Respektierung der Verteidigungsrechte umfassend zu verstehen. Dem Untersuchungsverfahren komme eine zentrale Bedeutung zu. Gerade in diesem Kernbereich jedes Verfahrens sei jeder Betroffene in hohem Masse schutzbedürftig (act. 1 S. 3 f., 6, 10, act. 7 S. 7).

Geschätzte 40-50 Personen hätten gegen ihn Durchsuchungen und Beschlagnahmungen in der ganzen Schweiz durchgeführt. Von Waffengleichheit könne da keine Rede sein. Neben der "Abteilung Strafsachen und Untersuchungen" ermittle zudem die Mehrwertsteuer-Abteilung. Auch müsse die Behörde kontrolliert und unter Druck gehalten werden, damit die beschlagnahmten Akten sobald als möglich wieder freigegeben würden. Dies könne vernünftigerweise nur ein rechtskundiger Rechtsbeistand durchführen, zumal bei Verweigerung der Herausgabe der strafprozessuale Weg zu gehen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes (BGE 120 Ia 43 E. 3c) liege zumindest ein "relativ schwerer Fall" vor und ein dementsprechender Eingriff in seine Rechte.

3.5.2 Nach Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK hat jede Person das Recht, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist. Die Bestimmung verlangt grundsätzlich keine obligatorische Vertretung (BGE 139 I 206 E. 3.3.2; 134 I 92 E. 3.2.4; 131 I 350 E. 3.2/3.3; Meyer-Ladewig , EMRK, 3. Aufl., München 2011, Art. 6 N. 229; Frowein/Peukert , Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl., 2009, Art. 6 N. 301; Donatsch/Maeder , in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2b, Basel 2000, Art. 191 DBG N. 9, 32) .

Art. 29 Abs. 3 BV gibt der bedürftigen Partei einen Anspruch darauf, dass ihr ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt wird, soweit dies zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. In diesem Rahmen gibt das Verfassungsrecht einen Anspruch auf amtliche Vertretung. Indessen lässt sich daraus kein Recht auf eine obligatorische Verbeiständung ableiten; eine solche kann sich aus anderen Verfassungsbestimmungen ergeben (BGE 131 I 350 E. 3.1 und 4). Im Unterschied zur amtlichen Verbeiständung, auf die ein verfassungsrechtlicher Anspruch bloss besteht, wenn das gestellte Begehren nicht aussichtslos erscheint, darf die Beigabe eines unentgeltlichen Rechtsvertreters im Bereich der notwendigen Vertretung nicht davon abhängig gemacht werden, dass die Erfolgsaussichten die Verlustgefahren überwiegen. Dieser Anspruch findet seine Schranke allein im Rechtsmissbrauchsverbot; nur bei mutwilliger und trölerischer Prozessführung kann die Verbeiständung in diesem Fall ohne Verfassungsverletzung verweigert werden (BGE 134 I 92 E. 3.2.1; 129 I 281 E. 4.5).

3.5.3 Der Beschwerdeführer macht nirgends geltend, bedürftig zu sein. Es kann weiter keine Rede davon sein, dass er im bisherigen Verfahren der EStV keinen Rechtsanwalt hätte beiziehen können oder dürfen; das Gegenteil ist der Fall: Erst kurz vor dem Beschwerdeentscheid der Verwaltung über das Gesuch erklärte sein Anwalt, den Beschwerdeführer nicht mehr zu vertreten (vgl. obige Erwägung lit. F). Die Gründe dafür sind unbekannt. Erst damit wurde im Verfahren allenfalls ein Fall amtlicher Verteidigung geschaffen (vgl. den Ingress von Art. 33 Abs. 1 VStrR: "Sofern der Beschuldigte nicht anderweitig verbeiständet ist"). Der Beschwerdeführer gewönne durch sein Vorgehen finanzielle Vorteile, was aber nicht Zweck des Art. 33 Abs. 1 lit. a VStrR ist. Die zweckwidrige Inanspruchnahme eines Rechtsinstituts ist rechtsmissbräuchlich und verdient keinen Schutz. Jedenfalls kann der nicht bedürftige Beschwerdeführer auch in Zukunft in jeder Lage des Verfahrens selbst einen Verteidiger bestellen (Art. 32 Abs. 1 VStrR). Folglich liegt weder nach den Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 3 BV noch des Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK ein Anspruch des Beschwerdeführers auf eine amtliche Verteidigung vor.

Mangels Bedürftigkeit sind weiter die Darlegungen, es handle sich hier nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung um einen "relativ schweren Fall" nicht zielführend. Das Bundesgericht klärt damit keine Frage der notwendigen Verteidigung, sondern ob es bei Prozessarmut erforderlich sei, einen Anwalt beizugeben (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1B_746/2012 vom 5. März 2013, E. 2.4 und 2.6; Steinmann , in: Ehrenzeller et. al. [Hrsg.], Die Schweizerische Bundesverfassung, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2008, Art. 29 N. 40).

3.6 Auch das Vorbringen, an der Schnittstelle Organperson und Gesellschaft, bzw. zum Schutz der berechtigten Rechtsinteressen des Beschwerdeführers als Organperson bedürfe es einer amtlichen Rechtsverbeiständung (act. 7), ist unbegründet: Ein amtlicher Strafverteidiger kann dem Beschwerdeführer weder für die Führung seiner gesellschaftsrechtlichen Funktion, noch im vermuteten Interesse der Gesellschaft beigegeben werden.

3.7 Zusammenfassend fehlen die Voraussetzungen nach Art. 33 Abs. 1 lit. a VStrR : Der Beschwerdeführer hat für das Verfahren der EStV nach dem sechsten Teil, dritter Titel, des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer zurzeit keinen Anspruch auf eine amtliche Verteidigung. Ein solcher Anspruch ist ebensowenig aus Verfassung und EMRK ableitbar. Somit hat der angefochtene Entscheid das der Verwaltung zustehende Ermessen weder überschritten noch missbraucht (vgl. Art. 27 Abs. 2 VStrR) und verletzt daher kein Bundesrecht.

4. Insgesamt ist keine der erhobenen Rügen begründet, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist.

5. Die EStV hat in ihrem Beschwerdeentscheid die Spruchgebühr nach diversen Verordnungsbestimmungen bemessen sowie den Beschluss des Bundesstrafgerichts BE.2005.10 vom 14. September 2005, E. 4, zitiert (act. 1.1 S. 4 Ziff. 4.1), jedoch die gesetzliche Obergrenze des Art. 195 Abs. 5 DBG von Fr. 500.-- um Fr. 300.-- überschritten. Ziffer 2 des Dispositivs des Beschwerdeentscheids vom 24. September 2014 ist von Amtes wegen (Art. 391 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 82 VStrR und Art. 379 StPO) entsprechend anzupassen.

6. Der Beschwerdeführer beantragt, ohne dies weiter zu begründen, eine amtliche Verteidigung für das Beschwerdeverfahren.

Die Regeln des VStrR zur amtlichen Verteidigung sind auf Untersuchungsverfahren der Verwaltung zugeschnitten. Regeln zur Zuständigkeit und Wirkung einer beantragten amtlichen Verteidigung für das Beschwerdeverfahren enthält es keine. Demnach ist dafür auf die Strafprozessordnung (Art. 82 VStrR ) und auf allgemeine Grundsätze (Urteile des Bundesgerichts 1B_783/2012 vom 16. Oktober 2013, E. 4; 1B_637/2012 vom 8. Mai 2013, E. 1.2/3.2) abzustellen:

Für ihr Verfahren entscheidet die Rechtsmittelinstanz selbst über die Einsetzung einer amtlichen Verteidigung (zur StPO: Urteil des Bundesgerichts 1B_705/2011 vom 9. Mai 2012, E. 2.3 und 2.4; Ruckstuhl , Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 130 StPO N. 6). Die unentgeltliche Rechtspflege für die beschuldigte Person beschränkt sich auf die Beiordnung einer amtlichen Verteidigung bei Prozessarmut (Urteil des Bundesgerichts 6B_758/2013 vom 11. November 2013, E. 3.2 im Zusammenhang mit Verfahrenskosten).

Einerseits behauptet der Beschwerdeführer nicht, bedürftig zu sein. Andererseits konnte er auch ohne Anwalt einwandfrei die Beschwerde einreichen und replizieren. Demnach sind die Voraussetzungen einer amtlichen Verteidigung nicht erfüllt. Der Antrag ist abzuweisen.

7. Art. 25 Abs. 4 VStrR bestimmt, dass Verfahren vor der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts kostenpflichtig sind. Art. 25 Abs. 4 VStrR verweist im Übrigen auf Art. 73 StBOG. Dieser Artikel enthält u.a. eine Delegationsnorm für die Berechnung der Verfahrenskosten (Art. 73 Abs. 1 lit. a StBOG ) sowie Grundsätze für die Gebührenbemessung (Art. 73 Abs. 2 StBOG ) und führt für die Kosten das Reglement des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren (BStKR; SR 173.713.162) an. Für die Kostenverteilung zwischen den Parteien wurde einerseits Art. 66 Abs. 1 BGG analog herangezogen ( TPF 2011 25 E. 3, vgl. aber BGE 131 II 562 E. 3.4). Andererseits sind bei Gerichtskosten das Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip (BGE 132 I 117 E. 4.2) anwendbar; auch werden Gerichtskosten in Anlehnung an das Verursacherprinzip in der Regel nach Obsiegen/Unterliegen verteilt (Beschluss des Bundesstrafgerichts BE.2013.16 vom 27. Februar 2014, E. 7).

Bei vorliegendem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer als unterliegende Partei die Gerichtskosten zu tragen (Art. 25 Abs. 4 VStrR ). Die Gerichtsgebühr ist auf Fr. 2'000.-- festzusetzen (Art. 5 und 8 BStKR ), unter Anrechnung des geleisteten Kostenvorschusses von Fr. 2'000.-- (act. 3).


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Das Gesuch um Beizug der Untersuchungsakten und Akteneinsicht wird abgewiesen.

3. Der Antrag auf amtliche Verteidigung für das Beschwerdeverfahren wird abgewiesen.

4. Ziffer 2 des Dispositivs des Beschwerdeentscheides des Direktors der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 24. September 2014 wird wie folgt neu gefasst: "Die Spruchgebühr von CHF 500 wird dem Beschwerdeführer zur Bezahlung auferlegt."

5. Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt, unter Anrechnung des geleisteten Kostenvorschusses in gleicher Höhe.

Bellinzona, 27. Januar 2015

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber :

Zustellung an

- A.

- Eidgenössische Steuerverwaltung

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben (Art. 79 BGG ).

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