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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Beschwerdekammer: Strafverfahren
Fallnummer:BV.2013.16
Datum:10.12.2013
Leitsatz/Stichwort:Kostenerkenntnis (Art. 96 Abs. 1 VStrR).
Schlagwörter : Beschwerde; Verfahren; Verfahrens; Rechtlich; Bundesstrafgericht; Beschwerdef?hrer; Bundesstrafgerichts; Beschwerdekammer; Verwaltung; Gericht; Verfahrenskosten; Entscheid; Kapitalanlage; Kollektive; Eidgen?ssische; Bundesgerichts; Bewilligung; Kostenauflage; Beschuldigten; Wird; Beschwerdegegner; Entsch?digung; Verwaltungsrat; Einstellung; Begr?ndung; Kollektiven; Rechtliche; Urteil
Rechtskraft:Kein Rechtsmittel gegeben
Rechtsnorm: Art. 32 BV ; Art. 4 OR ; Art. 423 StPO ; Art. 6 EMRK ; Art. 754 OR ;
Referenz BGE:120 la 147; 137 IV 352; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BV.2013.16

Beschluss vom 10. Dezember 2013
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz,

Emanuel Hochstrasser und Patrick Robert-Nicoud ,

Gerichtsschreiber Martin Eckner

Parteien

A. ,

Beschwerdeführer

gegen

Eidgenössisches Finanzdepartement, Generalsekretariat EFD,

Beschwerdegegner

Gegenstand

Kostenerkenntnis (Art. 96 Abs. 1 VStrR)


Sachverhalt:

A. Gestützt auf eine Anzeige der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) vom 21. März 2011 führte das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) ein Verwaltungsstrafverfahren gegen B., C., D., E. sowie A. wegen Verdachts der Bildung einer kollektiven Kapitalanlage ohne Bewilligung bzw. Genehmigung (Art. 148 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2006 über die kollektiven Kapitalanlagen [Kollektivanlagengesetz, KAG; SR 951.31]).

Die Beschuldigten hatten eine Aktiengesellschaft gegründet, um in laufend auszuwählende Unternehmen und Projekte im Bereich der Umwelttechnologie und erneuerbaren Energien zu investieren. Hierfür verkauften sie Aktien an private Investoren, ohne jedoch über die erforderliche Bewilligung der FINMA zu verfügen (act. 2.1 S. 2 f. N. 6 f., 9, 14).

Die Verfügung des EFD vom 13. August 2013 stellte das Verfahren gegen A. ein, wobei ihm Verfahrenskosten von Fr. 570.-- auferlegt wurden (act. 2.1 S. 2, 6).

B. A. erhob am 6. September 2013 beim EFD Beschwerde gegen die Kostenauflage, worin er beantragt, "[d]ie Verfahrenskosten sollten in meinem Falle nicht höher sein als die zu erwartende Entschädigung." (act. 1). Das EFD leitete die Beschwerde am 13. September 2013 zuständigkeitshalber der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zu (act. 2).

Das EFD nahm am 9. Oktober 2013 zur Beschwerde Stellung (act. 6), wobei es deren Abweisung beantragt. A. reichte am 21. Oktober 2013 eine nicht unterzeichnete Replik ein (act. 9), was er auf Einladung vom 22. Oktober 2013 (act. 10) am 23. Oktober 2013 jedoch nachholte (act. 11). Seine Replik wurde dem EFD am 24. Oktober 2013 zur Kenntnis zugestellt (act. 12).

Auf die weiteren Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen eingegangen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1. Die Voraussetzungen für einen Sachentscheid (anfechtbarer Entscheid einer Vorinstanz; Legitimation, sich dagegen zu beschweren; Einhaltung der Frist- und Formerfordernisse) sind erfüllt und nicht umstritten (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_492/2013 vom 19. September 2013, E. 1; zu den Voraussetzungen vgl. den Entscheid des Bundesstrafgerichts BV.2005.3 vom 11. Mai 2005, E. 1). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.

2.

2.1 Die Untersuchung wurde eingestellt, "weil dem Beschuldigten keine strafrechtlich relevante Beteiligung an der Bildung einer kollektiven Kapitalanlage ohne Bewilligung vorgeworfen werden kann" (so act. 2.1 S. 5 N. 24). Zur Kostenauflage führte, dass der Beschwerdeführer die Pflicht eines Verwaltungsrates nach Art. 716 a Abs. 1 Ziff. 5 OR zur Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze verletzt habe. Somit sei er für das rechtlich nicht korrekte Geschäftsmodell der Gesellschaft verantwortlich (act. 2.1 S. 5 N. 26-31).

2.2 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts verstösst eine Kosten­auflage bei Freispruch oder Einstellung des Verfahrens gegen die Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK), wenn dem Beschuldigten in der Begründung des Kostenentscheids direkt oder indirekt vorgeworfen wird, es treffe ihn ein strafrechtliches Verschulden im Sinne des untersuchten Tatbestandes. Damit käme die Kostenauflage einer Verdachtsstrafe gleich. Dagegen ist es mit Verfassung und Konvention vereinbar, einem nicht verurteilten Beschuldigten die Kosten zu überbinden, wenn er in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise, d.h. im Sinne einer analogen Anwendung der sich aus Art. 41 OR ergebenden Grundsätze, eine (andere) geschriebene oder ungeschriebene Verhaltensnorm klar verletzt und dadurch das Strafverfahren veranlasst oder dessen Durchführung erschwert hat. Dabei darf sich die Kostenauflage in tatsächlicher Hinsicht nur auf unbestrittene oder bereits klar nachgewiesene Umstände stützen (BGE 120 la 147 E. 3b; 119 la 332 E. 1b; 116 la 162 E. 2c-e; Urteile des Bundesgerichts 6B_181/2013 vom 29. August 2013, E. 1.3, 6B_614/2013 vom 29. August 2013, E. 2.4 ; 1B_180/2012 vom 24. Mai 2012, E. 2; TPF 2012 70 E. 6.3.1/6.4.2; TPF 2009 151 E. 2.1; TPF 2005 101 E. 2).

2.3 Der strafrechtliche Vorwurf, eine kollektive Kapitalanlage ohne Bewilligung betrieben zu haben, wurde mit der Einstellungsverfügung zwar fallengelassen, dem Beschwerdeführer aber mit der Begründung, der Verwaltungsrat hätte eine solche bewilligungslose Tätigkeit unterbinden müssen, die Verfahrenskosten auferlegt. Die angewendeten Art. 146 Abs. 1 und 2 KAG und Art. 754 Abs. 1 OR (Verantwortlichkeit des Verwaltungsrates) erfassen beide vorsätzliches und fahrlässiges Handeln.

Mit dem Vorgehen des Beschwerdegegners soll somit der Beschwerdeführer für den identischen Regelverstoss, für den er strafrechtlich entlastet wird, nach am Zivilrecht angenäherten Haftungsregeln für die Verfahrenskosten haften. Dieses Vorgehen des Beschwerdegegners stellt einen indirekten Vorwurf eines strafrechtlichen Verschuldens im Sinne des untersuchten Tatbestandes dar. Eine solche Schuldfeststellung läuft der Unschuldsvermutung zuwider und ist daher unzulässig (BGE 137 IV 352 E. 2.4.1, vgl. auch die Begründung im Urteil des Bundesgerichts 6B_229/2013 vom 4. Juli 2013, E. 1.4 sowie TPF 2008 121 E. 2; Entscheid des Bundesstrafgerichts BB.2013.54 vom 15. Oktober 2013, E. 3.2).

3.

3.1 Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Gerichtsgebühren zu erheben (Art. 423 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 97 Abs. 1 VStrR ). Dem Beschwerdeführer ist der Kostenvorschuss von Fr. 1'500.-- (act. 4) zurückzuerstatten.

3.2 Das Gericht entscheidet auf Begehren über die Entschädigung für Nach­teile (so Art. 99 VStrR ) und zwar auch für das Verfahren vor der Verwaltung (Art. 101 Abs . 1 VStrR; BGE 137 IV 352 E. 2.4.2 zur Entschädigungspflicht). Ein solches Begehren wurde nicht gestellt.


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Dispositiv Ziffer 2 der Einstellungsverfügung des EFD vom 13. August 2013 wird aufgehoben und lautet neu:

"2. Die Verfahrenskosten trägt die Bundeskasse."

2. Es werden keine Gerichtsgebühren erhoben. Die Bundesstrafgerichtskasse wird angewiesen, dem Beschwerdeführer den geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 1'500.-- zurückzuerstatten.

Bellinzona, 11. Dezember 2013

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber :

Zustellung an

- A.

- Eidgenössisches Finanzdepartement, Generalsekretariat EFD

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.

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