Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts
Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Beschwerdekammer: Strafverfahren |
Fallnummer: | BB.2013.90 |
Datum: | 17.12.2013 |
Leitsatz/Stichwort: | Verfahrenshandlung der Bundesanwaltschaft (Art. 20 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO). |
Schlagwörter | Bundes; Verfahren; Beschwerdekammer; Recht; Bundesanwaltschaft; Verfügung; Verteidiger; Bundesstrafgericht; Entscheid; Beilage; Schweiz; Bundesstrafgerichts; Weiterleitung; Entscheide; Verfahrens; Gibor; Verteidigung; Tribunal; Parteien; Verfahren; Gesuch; Antrag; Gründen; Prozessordnung; Zürich/St; Gallen; Bundesgericht; énal |
Rechtskraft: | Kein Weiterzug, rechtskräftig |
Rechtsgrundlagen des Urteils: | Art. 10 BGG ;Art. 105 StPO ;Art. 132 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 429 StPO ; |
Referenz BGE: | 137 IV 215; ; |
Kommentar: | - |
Entscheid des Bundesstrafgerichts
Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: BB.2013.90 |
Beschluss vom 17. Dezember 2013 | ||
Besetzung | Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz, Tito Ponti und Cornelia Cova , Gerichtsschreiber Martin Eckner | |
Parteien | A. , Beschwerdeführer | |
gegen | ||
Bundesanwaltschaft , Beschwerdegegnerin | ||
Gegenstand | Verfahrenshandlung der Bundesanwaltschaft |
Sachverhalt:
A. Die Bundesanwaltschaft (nachfolgend "BA") führt seit dem 23. Juni 2011 ein Strafverfahren gegen B., A. und D. wegen Verdachts der qualifizierten Geldwäscherei (Art. 305 bis Ziff. 1 und 2 StGB). Das Verfahren wurde in der Folge auf weitere Personen und Straftatbestände ausgedehnt.
A. wurde am 24. Mai 2012 in Monaco aufgrund eines internationalen Haftbefehls vom 2. Mai 2012 festgenommen und am 28. August 2012 an die Schweiz ausgeliefert. Seither befindet sich A. in Untersuchungshaft.
B. Am 19. Juli 2012 reichte RA David Gibor (nachfolgend "RA Gibor") eine Vollmacht von A. ein und stellte das Gesuch um amtliche Verteidigung. RA Gibor wurde mit Verfügung vom 24. Oktober 2012 als amtlicher Verteidiger (Art. 132 Abs. 1 lit. a StPO ) für A. bestellt, mit Wirkung ab 29. August 2012.
A. stellte am 14. Mai 2013 das formelle Gesuch, die amtliche Verteidigung neu RA D. zu übertragen. Die BA wies das Gesuch mit Verfügung vom 31. Juli 2013 ab. Die Beschwerdekammer bestätigte auf Beschwerde von A. diese Verfügung (Entscheid des Bundesstrafgerichts BB.2013.119 vom 14. November 2013).
C. Das vorliegende Verfahren betrifft die Nicht-Weiterleitung von Gefangenenpost an Anwälte, die keine amtlichen oder privaten Verteidiger von A. sind. A. schrieb ihnen, weil er mit seinem amtlichen Verteidiger unzufrieden war und Möglichkeiten anderer Mandatierungen ausloten wollte.
A. schrieb RA E. am 6. Dezember 2012 (act. 4 Beilage 8). Während die BA ihm dieses Schreiben zurückgesandt haben will, behauptet A., es nicht zurückerhalten zu haben (act. 4 S. 7 Ziff. 8; act. 6 S. 7; act. 4 S. 3 Ziff. 2; act. 1.1 S. 2 ist nicht eindeutig). Das Schreiben der BA an A. vom 14. Dezember 2012 nennt die Gründe für die unterlassene Weiterleitung (act. 1.1 S. 2).
Den Brief von A. an RA D. vom 25. April 2013 retournierte ihm die BA am 13. Mai 2013 (beide in act. 4 Beilage 4). Seinem Schreiben vom 15. Mai 2013 an RA D. legte A. den erwähnten begründeten Antrag auf Wechsel der amtlichen Verteidigung bei (act. 4 Beilage 5). Die BA retournierte ihm auch dieses Schreiben samt Beilage und zwar am 16. Mai 2013 (act. 1.2). A. wiederholte in seinem Schreiben (ohne Beilage) vom 1. Juli 2013 an RA D. den Wunsch, ihn zu mandatieren (act. 4 Beilage 6); dieses Schreiben leitete die BA an RA D. weiter (act. 4 S. 4 Ziff. 6.3).
D. Die BA erklärte die unterlassene Weiterleitung der Korrespondenz hauptsächlich damit, dass A. sein Vorschlagsrecht zur Person des amtlichen Verteidigers bereits ausgeübt habe und kein Grund für einen Wechsel der amtlichen Verteidigung vorliege (act. 4 S. 3 Ziff. 3, S. 8 f. Ziff. 10/11, S. 10 Ziff. 1), sie Kritik am amtlichen Verteidiger aus Gründen der Fairness nicht nach aussen tragen wolle (act. 4 S. 11 Ziff. 3) und sie bei RA E. eine gewisse Kollusionsgefahr resp. Verstrickung ins Verfahren erkenne, die ihn als amtlichen Verteidiger disqualifizieren würde (act. 4 S. 9 Ziff. 13). Das Schreiben von A. an RA D. vom 15. Mai 2013 sei ihm mit dem Hinweis retourniert worden, er könne eine beschwerdefähige Verfügung verlangen (act. 1.2 S. 2; act. 4 S. 4 Ziff. 5).
E. Am 27. Juni 2013 reichte A. Beschwerde ein (act. 1), worin er beantragt:
"1. Die Beschwerdegegnerin ist anzuweisen ihre Zensur auf die ihr gemäss ständiger Rechtsprechung zustehenden Rechte zu beschränken.
2. Die Beschwerdegegnerin ist anzuweisen zurückgehaltene Post an die Adressaten nachzuliefern.
3. Alles unter Kostenfolge zu Lasten des Bundes."
Die BA nahm dazu am 29. Juli 2013 Stellung (act. 4) und beantragte, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. A. hielt in seiner Replik vom 5. August 2013 an den gestellten Anträgen fest (act. 6); sie wurde der BA zur Kenntnis zugestellt (act. 7).
Auf die weiteren Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen eingegangen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Bundesanwaltschaft kann bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde erhoben werden (Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO i.V.m. Art. 37 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes [Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG, SR 173.71]). Zur Beschwerde berechtigt ist jede Partei oder jeder andere Verfahrensbeteiligte mit einem rechtlich geschützten Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides (Art. 382 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 StPO ; Guidon , Die Beschwerde gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung, Berner Diss., Zürich/St. Gallen 2011, N. 247 ff.; Piquerez/Macaluso, Procédure pénale suisse, 3. Aufl., Genf/Zürich/Basel 2011, N. 1911).
Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert zehn Tagen schriftlich und begründet einzureichen (Art. 396 Abs. 1 StPO ). Mit ihr können Rechtsverletzungen gerügt werden, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung (Art. 393 Abs. 2 lit. a StPO), sowie die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts (Art. 393 Abs. 2 lit. b StPO) und die Unangemessenheit (Art. 393 Abs. 2 lit. c StPO).
1.2 Geht es vorliegend um die Beurteilung, ob die Weiterleitung von Mandatierungsschreiben zu Recht unterblieben sei, setzt sich die Beschwerdeinstanz nicht mit der Frage auseinander, ob ein Verteidigerwechsel möglich oder nötig sei; auf entsprechende Ausführungen der Parteien ist nicht einzutreten.
1.3 Auf Antrag 1 der Beschwerde kann nicht eingetreten werden, da vorliegend die Beschwerdeinstanz an die Bundesanwaltschaft keine allgemeine, über den vorliegenden Fall hinausgehende Weisungen richten kann ( Keller , Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Zürich 2010, Art. 397 N. 9; auch in diesem Sinne zu verstehen: Urteil des Bundesgerichts 1B_138/2013 vom 24. September 2013, E. 4.4 zum Ausstands-verfahren; Schmid , Handbuch des Schweizerischen Strafprozessrechts, Zürich/St. Gallen 2013, N. 347 "Aus Gründen der Gewaltentrennung darf dieses Weisungs- und Auftragsrecht von den Gerichten nur zurückhaltend eingesetzt werden."; Guidon , Die Beschwerde gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung, Zürich/St. Gallen 2011, N. 557 f.).
Vielmehr behält die Staatsanwaltschaft die Verfahrensleitung für alle Angelegenheiten, die in ihre eigene Zuständigkeit fallen (BGE 137 IV 215 E. 2.4; Entscheide des Bundesstrafgerichts BB.2012.33 vom 13. Juni 2012, E. 1.3; BB.2005.4 vom 27. April 2005, E. 6 es ist nicht Aufgabe der Beschwerdekammer, der Bundesanwaltschaft die Verantwortung für die Führung der Untersuchung abzunehmen).
Gegen eine erneute Nicht-Weiterleitung von Korrespondenz stünde dem Beschwerdeführer wiederum eine Beschwerde zur Verfügung.
1.4 Es kann offenbleiben, ob Antrag 2 deshalb gegenstandslos ist, weil sich die besagten Schreiben nicht mehr in den Händen der BA oder des Beschwerdeführers befänden. Dies, da der Beschwerdeführer spätestens mit dem Antwortschreiben der BA vom 16. Mai 2013 (act. 1.2) wusste, dass er eine Verfügung verlangen muss und sich dann hiergegen beschweren kann. Vorliegend fehlt es nicht nur an einem solchen Anfechtungsobjekt; auch wurde die Beschwerde erst nach über einem Monat und somit verspätet erhoben.
1.5 Aus diesen Gründen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
2. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Gerichtsgebühr ist auf Fr. 500.-- festzusetzen (Art. 73 StBOG i.V.m. Art. 5 und 8 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]). Es besteht kein Anspruch auf eine Prozessentschädigung (Art. 429 Abs. 1 StPO).
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
Bellinzona, 17. Dezember 2013
Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber :
Zustellung an
- A.
- Bundesanwaltschaft
- Rechtsanwalt David Gibor
Rechtsmittelbelehrung
Gegen Entscheide der Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden (Art. 79 und 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005; BGG). Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 90 ff. BGG.
Eine Beschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Entscheides nur, wenn der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin es anordnet (Art. 103 BGG ).
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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