Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts
Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Beschwerdekammer: Strafverfahren |
Fallnummer: | BB.2013.69 |
Datum: | 15.10.2013 |
Leitsatz/Stichwort: | Kostentragungspflicht der beschuldigten Person bei Einstellung des Verfahrens (Art. 426 Abs. 2 StPO). Entschädigung der beschuldigten Person bei Einstellung des Verfahrens (Art. 429 ff. StPO). |
Schlagwörter | Untersuchung; Untersuchungsakten; Einvernahme; Bericht; Karte; Preis; Minute; Minuten; Kunde; Telefonkarte; Verfahren; Holding; Gebühr; Erwägung; Angebot; Gespräch; Prepaid; Verfahrens; Gebühren; Kunden; Telefonkarten; Poster; Gruppe; Entschädigung; Karten; Schweiz; Preise |
Rechtskraft: | Kein Rechtsmittel gegeben |
Rechtsgrundlagen des Urteils: | Art. 105 StPO ;Art. 14 StGB ;Art. 146 StGB ;Art. 147 StGB ;Art. 2 OR ;Art. 318 StPO ;Art. 32 BV ;Art. 393 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 4 OR ;Art. 426 StPO ;Art. 429 StPO ;Art. 430 StPO ;Art. 436 StPO ;Art. 6 EMRK ;Art. 7 BGG ;Art. 75 OR ;Art. 957 OR ; |
Referenz BGE: | 120 la 147; 137 IV 352; ; |
Kommentar: | Gericke, Basler Kommentar 4. Aufl., Art. 754 OR, 2012 |
Entscheid des Bundesstrafgerichts
Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: BB.2013.69 |
Beschluss vom 15. Oktober 2013 | ||
Besetzung | Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz, Andreas J. Keller und Emanuel Hochstrasser , Gerichtsschreiber Martin Eckner | |
Parteien | A. , vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Gysi, Beschwerdeführer | |
gegen | ||
Bundesanwaltschaft, Beschwerdegegnerin | ||
Gegenstand | Kostentragungspflicht der beschuldigten Person bei Einstellung des Verfahrens (Art. 426 Abs. 2 StPO); Entschädigung der beschuldigten Person bei Einstellung des Verfahrens (Art. 429 ff . StPO) |
Sachverhalt :
A. Die Bundesanwaltschaft (nachfolgend "BA") führte eine Strafuntersuchung gegen A. wegen Verdachts des Betrugs (Art. 146 StGB ), des betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage (Art. 147 StGB ), des betrügerischen Konkurses und des Pfändungsbetrugs (act. 1.01).
B. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 teilte die BA A. mit, dass die Untersuchung vollständig sei und setzte ihm Frist nach Art. 318 Abs. 1 StPO zur Stellung von Beweisanträgen. Die daraufhin gestellten Beweisanträge lehnte die BA mit Verfügung vom 20. November 2012 ab, jedenfalls soweit sie nicht Dokumente betrafen, die zu den Akten genommen werden konnten. Die dagegen erhobene Beschwerde wies die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts mit Beschluss vom 10. Dezember 2012 ab (Verfahren BB.2012.193 ).
Mit Verfügung vom 14. November 2012 stellte die BA das Strafverfahren teilweise ein; die Einstellung betraf die Tatbestände des betrügerischen Konkurses und des Pfändungsbetrugs. Deren Entschädigungsregelung wurde von A. angefochten. Mit Beschluss vom 28. März 2013 hiess die Beschwerdekammer die Beschwerde teilweise gut (Verfahren BB.2012.189 ).
C. Die BA stellte am 17. April 2013 auch die verbleibenden Tatvorwürfe des gewerbsmässigen Betrugs und gewerbsmässigen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage ein (act. 1.01 Dispositiv Ziffer 1). Rund die Hälfte der Verfahrenskosten (Fr. 18'900.--; Dispositiv Ziffern 3.1, 3.2) wurde A. auferlegt. Er erhielt eine Parteikostenentschädigung von Fr. 45'000.-- zugesprochen (Dispositiv Ziffer 4).
D. Dagegen erhebt A. am 29. April 2013 Beschwerde (act. 1), womit er beantragt:
"1. Die Ziffern 3.2 und 4 des Dispositives der Einstellungsverfügung vom 17. April 2013 (Verfahrens-Nr. EAII.05.0190; betreffend Kosten und Entschädigung) seien aufzuheben.
2. Die Verfahrenskosten seien vollumfänglich auf die Bundeskasse zu nehmen.
3. Dem Beschwerdeführer sei eine Parteientschädigung in Höhe von CHF 105'010.60 zuzusprechen.
4. Dem Beschwerdeführer sei eine Entschädigung für die durch die Beteiligung am Strafverfahren entstandenen wirtschaftlichen Einbussen in Höhe von CHF 36'956.10 zuzusprechen.
5. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge."
Am 2. Mai 2013 lud das Gericht die BA ein, zur Beschwerde Stellung zu nehmen und zugleich die massgeblichen Untersuchungsakten einzureichen, darunter namentlich Affichen, ein Dokument "Magic Formulas", den Bericht der Bundeskriminalpolizei sowie zwei Gutachten (act. 2). Die Beschwerdeantwort der BA vom 23. Mai 2013 kam dem nach und beantragt die Abweisung der Beschwerde (act. 7). Die Replik vom 17. Juni 2013 hält an den gestellten Rechtsbegehren fest (act. 14).
Auf die weiteren Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen eingegangen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Bundesanwaltschaft kann bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde erhoben werden (Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO i.V.m. Art. 37 Abs. 1 StBOG). Zur Beschwerde berechtigt ist jede Partei oder jeder andere Verfahrensbeteiligte mit einem rechtlich geschützten Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides (Art. 382 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 StPO ; Guidon , Die Beschwerde gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung, Berner Diss., Zürich/St. Gallen 2011, N. 247 ff.; Piquerez/Macaluso, Procédure pénale suisse, 3. Aufl., Genf/Zürich/Basel 2011, N. 1911). Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert zehn Tagen schriftlich und begründet einzureichen (Art. 396 Abs. 1 StPO). Mit ihr können Rechtsverletzungen gerügt werden, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung (Art. 393 Abs. 2 lit. a StPO), wie auch die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts (Art. 393 Abs. 2 lit. b StPO) und die Unangemessenheit (Art. 393 Abs. 2 lit. c StPO).
1.2 Die Einstellungsverfügung ist ein taugliches Anfechtungsobjekt. Der Beschwerdeführer ist als Beschuldigter des eingestellten Strafverfahrens durch die angefochtene Verfügung insofern beschwert, als seinen Entschädigungsansprüchen nur teilweise entsprochen wurde. Er ist damit zur Beschwerde legitimiert. Da die Beschwerde auch innert Frist eingereicht wurde (act. 14 S. 2 f.), ist auf sie einzutreten.
2. Im eingestellten Strafverfahren geht es um folgende Akteure und Vorwürfe:
2.1 Die Vorwürfe betrafen im Kern Manipulationen an verkauften Telefonkarten ( Calling Cards; Vorhalt in Untersuchungsakten S. 13-01-0002 Einvernahme B. vom 24. Oktober 2006, S. 2 [in act. 7.1 Beilage 23] ). Käufern hätten sie bestimmte Minutenguthaben für Auslandsgespräche zu günstigen Konditionen geboten, wovon dann aber verschiedene kaum zu erkennende, substantielle Gebühren abgezogen worden seien. Zentralen Ermittlungsgegenstand bildeten die Prepaid-Switches (insbesondere der WTL-Prepaid-Switch), mit deren Hilfe die Gebühren erhoben wurden, und die damit einhergehende Verantwortlichkeit.
2.2 Die Vorwürfe gründeten im Geschäftsgebaren der C. Holding AG. Organisatorisch bestünde sie einerseits aus einem Carrier-Bereich (Weitervermietung von Leitungen und Grosshandel von Gesprächsminuten) und andererseits einem Prepaid-Bereich (Verkauf von Karten mit Guthaben für Telefongespräche; so die Beschwerde act. 1 N. 5).
2.3 Die C. Holding AG, Z. (Schweiz), (Untersuchungsakten S. 146-0024 Handelsregisterauszug) war eine Holding in Z. (Schweiz) und die Muttergesellschaft der D. AG, Y. (Schweiz), (Untersuchungsakten S. 147-0198 Handelsregisterauszug) sowie von ausländischen Ablegern (Untersuchungsakten S. 146-0012 f. Schaubild), deren Aktien sich vollständig im Eigentum der C. Holding AG befanden. Präsident des Verwaltungsrates aller Gesellschaften war B. (Untersuchungsakten S. 13-04-0553 Verantwortlichkeitsklage vom 10. Juli 2008, S. 3). Er war auch der einzige Angestellte der C. Holding AG (Untersuchungsakten S. 05-01-0575 Schlussbericht der Bundeskriminalpolizei vom 22. Dezember 2011, S. 346 ff. [in act. 7.1 Beilage 3, nachfolgend "Bericht BKP"]; S. 13-01-0087 Einvernahme B. vom 5. April 2007, S. 6; S. 13-01-0010 Einvernahme B. vom 15. November 2006, S. 4). Die C. Holding AG sei ein reiner Carrier gewesen (Untersuchungsakten S. 13-01-0383 Einvernahme B. vom 18. März 2008, S. 22).
2.4 Mit ihrer Schaffung am 17. Februar 2005 übernahm d ie D. AG die operativen Tätigkeiten von der C. Holding AG (vgl. Bericht BKP, S. 410 ff., 412 und Untersuchungsakten S. 146-0291 Schreiben A. vom 11. April 2005), speziell was den Handel mit Telefonkarten betraf. Hier fielen somit die wesentlichen Entscheidungen für Marketing und Verkauf, unter der Leitung von B. Und hier arbeitete E., der eine zentrale Rolle im Distribu-tionsnetz inne hatte (Bericht BKP, S. 153 ff.) . Der Arbeitsplatz des Beschwerdeführers befand sich ebenfalls dort. Anlässlich der Hausdurchsuchung vom 24. Oktober 2006 konnten bei der D. AG sodann div e rse Poster für unterschiedliche Kartentypen, Zeitspannen und Kartenguthaben sichergestellt werden ( Bericht BK P , S. 140 ff., 630 ff., 651; Untersuchungsakten S. 13-01-0025 Einvernahme B. vom 21. November 2006, S. 3; vgl. untenstehende Erwägung 4.2).
2.5 Die Vorwürfe richteten sich gegen eine Gruppe von Personen um B. (Bericht BKP, S. 22 f., 346 ff., 576 ff.). Nach Angaben von B. war der Beschwerdeführer einerseits Büroangestellter für die Korrespondenz, der alles mache. Der Beschwerdeführer selbst bezeichnete sich als workaholic (Untersuchungsakten S. 13-04-0029 Lebenslauf, S. 4). Gemäss B. sei der Beschwerdeführer auch der "Vizepräsident der C. Holding AG in Y. (Schweiz)" gewesen ( Untersuchungsakten S. 13-01-00087 Einvernahme B. vom 5. April 2007, S. 6; S. 13-01-0010 Einvernahme B. vom 15. November 2006, S. 11 ). Diese war jedoch in Z. (Schweiz) domiziliert, wobei die Akteure Orte und Firmen ständig vermischten ( Bericht BKP, S. 178, 346 f., 361, 363, 415, 431, 469-472, 478 f.; daher wird mit "Gruppe C./D." [ohne Zusatz] nachfolgend auch die operative Tätigkeit der C. Holding AG und ihrer Tochtergesellschaften bezeichnet).
3.
3.1 Der Beschwerdeführer bestreitet, dass die Voraussetzungen einer Kostenauflage gegeben seien (act. 1 S. 14-19; act. 14 S. 8-14).
3.2 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts verstösst eine Kostenauflage bei Freispruch oder Einstellung des Verfahrens gegen die Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK), wenn dem Angeschuldigten in der Begründung des Kostenentscheids direkt oder indirekt vorgeworfen wird, es treffe ihn ein strafrechtliches Verschulden im Sinne des untersuchten Tatbestandes. Damit käme die Kostenauflage einer Verdachtsstrafe gleich. Dagegen ist es mit Verfassung und Konvention vereinbar, einem nicht verurteilten Angeschuldigten die Kosten zu überbinden, wenn er in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise, d.h. im Sinne einer analogen Anwendung der sich aus Art. 41 OR ergebenden Grundsätze, eine (andere) geschriebene oder ungeschriebene Verhaltensnorm klar verletzt und dadurch das Strafverfahren veranlasst oder dessen Durchführung erschwert hat. Dabei darf sich die Kostenauflage in tatsächlicher Hinsicht nur auf unbestrittene oder bereits klar nachgewiesene Umstände stützen (BGE 120 la 147 E. 3b; 119 la 332 E. 1b; 116 la 162 E. 2c-e; Urteile des Bundesgerichts 6B_181/2013 vom 29. August 2013, E. 1.3, 6B_614/2013 vom 29. August 2013, E. 2.4 ; 1B_180/2012 vom 24. Mai 2012, E. 2; TPF 2012 70 E. 6.3.1/6.4.2; TPF 2009 151 E. 2.1; TPF 2005 101 E. 2).
In diesem Entscheid wird auf Belegstellen aus den Untersuchungsakten verwiesen. Das Gericht stützt sich auf diejenigen Untersuchungsergebnisse (Tatsachen und Einschätzungen) ab, die es nach seiner Würdigung als zutreffend und für den Entscheid wesentlich erkannte .
3.3 Die hier interessierenden Ermittlungen wurden gegen B. am 21. November 2005 eröffnet, gegen A. am 8. Dezember 2009 ( Bericht BKP, S. 22 f.).
Der Vorwurf des gewerbsmässigen Betrugs (Art. 146 Abs. 2 StGB ; act. 1.01 S. 3-17; act. 14 S. 3-8) wurde fallen gelassen, da zwar immerhin bezüglich des kontinuierlichen Guthabenverlusts nach erstem Gebrauch arglistige Täuschungshandlungen festgestellt worden seien, der Beweis der involvierten Produkte (Kartentypen mit zugehörigem Volumen) und die Spezifizierung und Quantifizierung eines Schadens jedoch nicht gelungen sei (vgl. obige Erwägung C; act. 1.01 S. 16, 17). Insbesondere nach dem Entscheid des Bundesstrafgerichts SK.2012.21 vom 13. November 2012, E. 1.4.5, hätten für eine Anklage erforderliche Punkte gefehlt.
Der Vorwurf des gewerbsmässigen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage (Art. 147 Abs. 1 und 2 StGB ; act. 1.01 S. 17 bis 19) wurde eingestellt, da der Nachweis einer tatbestandsmässigen Handlung misslungen sei und sich bei den involvierten Produkten und der Schadensbestimmung die gleichen Probleme stellten wie beim gewerbsmässigen Betrug (vgl. obige Erwägung C; act. 1.01 S. 19).
3.4 Die BA begründet die teilweise Kostenauflage damit, dass das Geschäftsgebaren der ehemals Beschuldigten das Verbot der absichtlichen Täuschung von Art. 28 OR verletze (act. 1.01 S. 13 f. N. 1.7.1; 1.7.3; act. 7 S. 3-10).
Die BA wirft dem Beschwerdeführer vor, Käufern gegenüber die Tatsache unterdrückt zu haben, dass ihnen mit dem Erwerb des Gesprächsguthabens zugleich eine Programmierung "verkauft" worden sei, die das erworbene Gesprächsguthaben ohne Wissen und Zutun der Käufer zu deren Nachteil kontinuierlich reduziert habe, sobald sie die erworbene Karte durch Eingabe des PIN Codes einmal aktiviert hätten, jedenfalls sofern das Guthaben nicht sogleich restlos konsumiert worden sei (act. 7 S. 3). Dies geschah durch die Anwendung der Programmierung CRON-Job in Verbindung mit der Billing-Rule (15) bzw. mit einem bestimmten PHP-Skript und war der Kernpunkt für die Kostenauflage (act. 7 S. 8).
Dieses Vorgehen stelle eine Täuschung dar (act. 7 S. 5-7), sei nicht branchenüblich (act. 7 S. 8 f.) und habe einen Schaden verursacht ( act. 7 S. 7 f. ). Dadurch seien die Kunden widerrechtlich im Sinne von Art. 41 OR geschädigt worden (act. 1.01 S. 25 f. N. 2.5).
3.5 Die Nähe (lies: Identität) zwischen den zivilrechtlichen Täuschungsvorwürfen und dem strafrechtlichen Betrugsverdacht springt ins Auge: Was die Arglistigkeit des Betruges begründete soll nun für die zivilrechtliche Verantwortlichkeit herangezogen werden, da die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen im Sand verliefen. Damit wird versucht, zivilrechtlich zu ahnden, was strafrechtlich für eine Anklage nicht genügte. Es ist ein indirekter Vorwurf eines strafrechtlichen Verschuldens im Sinne des untersuchten Tatbestandes. Eine solche Schuldfeststellung läuft der Unschuldsvermutung zuwider ( BGE 137 IV 352 E. 2.4.1, vgl. auch die Begründung im Urteil des Bundesgerichts 6B_229/2013 vom 4. Juli 2013, E. 1.4 sowie TPF 2008 121 E. 2).
3.6 Im Weiteren wird geprüft, ob durch Werbung und Angebot der Telefonkarten die Einleitung des Verfahrens rechtswidrig und schuldhaft bewirkt wurde ( Art. 430 Abs. 1 lit. a StPO ).
Die BA reichte am 23. Mai 2013 unter anderem verschiedene Affichen (Poster) ein, mit denen die Telefonkarten beworben wurden. Sie stellten zugleich die Angebotsunterlagen dar. Daneben fanden sich hinten auf den verkauften Karten Hinweise ( Untersuchungsakten B08-006-4.3-0001 ff.; S. 13-01-010 Einvernahme B. vom 15. November 2006, S. 13 f.; S. 13-01-0159 Einvernahme B. vom 27. April 2007, S. 4 f., 10 f.; S. 13-01-0383 Einvernahme B. vom 18. März 2008, S. 18 f., 22 f. ). Der Beschwerdeführer äusserte sich am 17. Juni 2013 einlässlich zu den Akten und Vorbringen der BA (act. 10, 14; vgl. obige Erwägung D).
3.7 Nach Art. 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG; SR 241) ist für Waren, die dem Konsumenten zum Kaufe angeboten werden, der tatsächlich zu bezahlende Preis bekannt zu geben. Art. 16 UWG erfasst die Fälle, die zivilrechtlich als Aufforderung zur Angebotsabgabe einzuordnen sind (also im Vorfeld des eigentlichen Angebots erfolgen).
Für messbare Waren und Dienstleistungen, die dem Konsumenten zum Kauf angeboten werden, sind Menge und Preis anzugeben und deren Vergleichbarkeit durch Grundpreisbekanntgabe zu gewährleisten (Art. 16 a Abs. 1 UWG , in Kraft seit 1. Januar 2013; Art. 16 a UWG wurde aus Art. 11 Abs . 3 des alten Bundesgesetzes über das Messwesen vom vom 9. Juni 1977 materiell unverändert übernommen, so die Botschaft zum Messwesen vom 27. Oktober 2010, BBL 2010 813 ff., 8041). Preise müssen klar und miteinander vergleichbar sein ( Baudenbacher/Glöckner , in: Baudenbacher [Hrsg.], Kommentar Lauterkeitsrecht, Basel/Genf/München 2001, S. 1103).
3.8 Die Verordnung vom 11. Dezember 1978 über die Bekanntgabe von Preisen (Preisbekanntgabeverordnung, PBV; SR 942.211) konkretisiert, dass es unzulässig ist, in irreführender Weise Preise bekannt zu geben (Art. 1 PBV ). Preisanschläge, Preislisten, Kataloge usw. müssen leicht zugänglich und gut lesbar sein. Aus der Bekanntgabe muss hervorgehen, auf welche Art und Einheit der Dienstleistung oder auf welche Verrechnungssätze sich der Preis bezieht (Art. 11 Abs. 1 und 2 PBV; vgl. auch Art. 14 Abs. 1 PBV ).
Die Bestimmungen der PBV zu Mehrwertdiensten und Fernmeldedien-sten konkretisieren das Gebot von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr für den Telekommunikationsbereich. Wird in der Werbung die Telefonnummer eines entgeltlichen Mehrwertdienstes (Art. 10 Abs. 1 lit. q PBV ) publiziert, so ist dem Konsumenten der Gesamtpreis pro Minute bekanntzugeben. Wo die Angabe des Minutenpreises nicht möglich ist, muss das zur Anwendung gelangende Taxierungsmodell transparent bekanntgegeben werden (Art. 13 Abs. 1 bis aPBV in der Fassung der Änderung der PBV vom 28. April 1999, in Kraft seit 1. November 1999 [ AS 1999 1637 ; modifiziert zur heutigen Fassung ab 1. Januar 2010, AS 2009 5821 ]; zum Ganzen Baudenbacher/Glöckner , a.a.O., S. 1109).
3.9 Die Strafuntersuchung ergab, dass den Kunden kommunizierte Angaben zu den Preisen und Geschäftsbedingungen weder transparent noch zutreffend waren:
3.9.1 Das Angebot war inhaltlich irreführend strukturiert: Die Kunden kauften eine bestimmte Anzahl Gesprächsminuten (vgl. die Poster in Untersuchungsakten S. B08-006-4.3-0001 ff.). Sie erhielten aber ein Wertguthaben, von dem neben den Gesprächsminuten zusätzliche Gebühren abgezogen wurden. Die GrundeinsteIlungen in der Prepaid-Maschine waren Grundgebühren, Administrationsgebühren und die Einheiten der Minuten (Untersuchungsakten S. 13-01-0010 Einvernahme B. vom 15. November 2006, S. 12, Bericht BKP, S. 584 ff., 590 f.) . Daneben gab es Einwahlgebühren, Verbindungsgebühren, Originating- und Terminating-Gebühren sowie Extragrundgebühren (Untersuchungsakten S. 13-01-383 Einvernahme B. vom 18. März 2008, S. 4).
Die Kunden konnten somit von der Struktur des Angebotes her gar keine Gespräche in der Länge der erworbenen Minuten führen. Dies war der Gruppe C./D. durchaus bewusst (Untersuchungsakten S. 13-01-0035 Telefonkontrolle - Aufzeichnung des Gesprächs vom 11. November 2005: "Wenn man eine Karte kauft ist die Ansage, dass man 53 Min. telefonieren könne. Der Minutenpreis sei 50 Cent. Man könne aber mit dieser Karte nur 35 Min. telefonieren.").
Ein solches Angebot ist irreführend ( Art. 1 PBV ) und verletzt Treu und Glauben im Geschäftsverkehr.
3.9.2 Der Preis des Angebotes war unklar: Was an Gebühren erhoben wurde, konnten die Kunden in keiner Weise nachvollziehen oder kontrollieren. Sie wussten nicht, welchen Gegenwert sie für ihr Geld wirklich erhielten. Als Beispiel die kleinstgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Calling Card F. 10 CHF (Untersuchungsakten S. B08-006-4.3-005 und S. B08-006-5.37-001 , Bericht BKP, S. 636-642):
"Alle Preise sind gültig ab dem 20.11.2005 und in CHF/Minute. Für jedes Gespräch werden Verbindungsgebühren erhoben, die je nach Land variieren. Bei Einwahl über ein Mobilfunknetz oder Telefonzelle wird ein Zuschlag pro Minute berechnet. Für Gespräche in bestimmte internationale und nationale Mobilfunknetze wird ein Mobilfunkzuschlag berechnet. Für alle nicht genannten Destinationen fragen Sie bitte Ihren Fachhändler. Es wird keine Verantwortung übernommen für beschädigte, verlorene oder gestohlene Karten. Es besteht kein Anspruch auf Rückerstattung der Telefonkarte und kein Anspruch auf Rückerstattung des Restguthabens. Preisänderungen ohne Ankündigung bleiben uns vorbehalten. Die genannten Preise gelten nur für eine 30 CHF Telefonkarte. Irrtümer vorbehalten.
Die Angebotsunterlagen nannten kaum den Namen dieser Gebühren. Hinzu kommt, dass die Gespräche nach einer bestimmten Zeit automatisch unterbrochen wurden - die Fortsetzung des Gespräches bedurfte dann einer neuen Einwahl, mit einem erneuten Abzug der Grundgebühr (Zeitabzug). Weder war den Kunden nach Lektüre der Affichen bekannt, wie hoch diese Gebühr sei noch wann das Gespräch abbrechen werde. Administrationsgebühren fanden sich, wenn überhaupt, auf den Telefonkarten bzw. auf deren Rückseiten erwähnt (Bericht BKP, S. 636, 640 ).
Auch die Tatsache, dass sich das Guthaben verbrauche, ob die Karte für weitere Gespräche benutzt werde oder nicht, erschloss sich den Käufern nicht aus den Affichen. Unbekannt waren auch die Höhe der Administrationsgebühren und deren Taktung (Abrundung auf volle Minutensprechzeit). Den Kunden war eigentlich nur der bezahlte Kaufpreis der Telefonkarte klar, alles andere blieb ihnen verborgen (vgl. Bericht BKP, S. 662: "Preise nach Belieben").
Die BA führte Praxistests durch. Dabei beliefen sich die festgestellten Differenzen zu den eigentlich gekauften Gesprächsminuten auf 15 bis 45%, respektive auf bis zu 42 Gesprächsminuten (Bericht BKP, S. 662 ff.; auch die deutschen Strafverfolgungsbehörden kamen auf wesentliche Differenzen [Bericht BKP, S. 667 f.]).
Diese Intransparenz war den Akteuren bekannt und von ihnen gewollt (Untersuchungsakten S. 13-01-0038 Telefonkontrolle - Aufzeichnung des Gesprächs vom 27. Dezember 2005):
"Kishan fragt, was sei, wenn alle die 58 Minuten auf einmal brauchen wollten. B. meint, das werde kaum vorkommen, die würden schon 2, 3 Mal damit telefonieren. Darum wolle er auch, dass Kishan immer nach 30 Minuten die Linie unterbreche." "Wenn eine Person bis 5 Minuten telefoniert, dürfe man ihr nichts abziehen. Aber sobald 10 Sekunden mehr als 5 Minuten drauf seien, könne man 2 Minuten abziehen - das merke niemand/falle nicht gross auf. Sie verhandeln darüber, wie viel abgezogen werden soll. B. ist der Meinung, nach 8 Minuten müssten den Kunden einfach 20 % abgezogen werden. Kishan notiert sich alles, was er machen muss. Er findet die Idee sehr gut." (zu Kishan: Bericht BKP, S. 397).
Gemäss B. konnten sich die Kunden an den Postern orientieren und die angebotenen Telefonnummern und die Web- oder E-Mail-Adresse kontaktieren. Auch die Händler habe man fragen können, sie hätten auch über eine Nettopreisliste verfügt. Die Poster habe man sogar mitnehmen können ( Untersuchungsakten S. 13-01-0010 Einvernahme B. vom 15. November 2006, S. 13 f.; S. 13-01-0159 Einvernahme B. vom 27. April 2007, S. 4 f., 10 f.; S. 13-01-0383 Einvernahme B. vom 18. März 2008, S. 18 f., 22 f.; S. 13-01-0465 Schlusseinvernahme B. zur Sache vom 29. August 2012, S. 9).
Auf den Postern war für den Kunden demgegenüber gerade nicht ersichtlich, wie viel die Minute ins entsprechende Land wirklich kostete (so aber Untersuchungsakten S. 13-01-0159 Einvernahme B. vom 27. April 2007, S. 4 f.). B. nannte die Poster jedoch regelmässig als Hauptinformationsquelle.
Es kann hier offenbleiben, ob daneben Nettopreislisten und Händlerberatungen tatsächlich angeboten wurden. Einiges spricht zwar dagegen: Testkäufe und Überwachungen der Bundeskriminalpolizei konnten es nicht bestätigen, sogar die Informationen via Internet waren nicht ausreichend. Gemachte Aussagen von Händlern, diese Karte ist gut, diese Karte ist nicht gut", sind für die eigene Entscheidfindung der Kunden wenig informativ (Bericht BKP, S. 645 f., 658, 663-666). Kundenreklamationen bezeugen deren Überraschung durch den Guthabensabbau (Bericht BKP, S. 591, 646, 657-661; Untersuchungsakten S. 13-01-0242 Einvernahme B. vom 30. Mai 2007, S. 2 ). War es sodann wichtig, dass die Kunden von den Abzügen nichts merken sollten (vgl. vorstehende Telefonkontrolle), so wäre eine zugängliche Nettopreisliste für die Anbieter kontraproduktiv gewesen. Die Eignung dieses Arrangements zur Kundeninformation belegt denn auch die Aussage von B., nie hätte ein Kunde sie je verlangt (Untersuchungsakten S. 13-01-0010 Einvernahme B. vom 15. November 2006, S. 13 f.).
Indes genügen weder Nettopreislisten in Schubladen noch die Möglichkeit, via Internet oder Hotlines sich ein umfassendes Bild zu machen, dem Transparenz-, Bestimmtheits- oder Preisangabegebot. Am Verkaufspunkt hätte vielmehr deutlich werden müssen, auf welche Ware und Verkaufseinheit oder auf welche Art, Einheit und Verrechnungssätze von Dienstleistungen sich der Preis bezieht (Art. 14 Abs. 1 PBV ). Das Angebot verletzt deshalb Art. 16 Abs. 1 und Art. 16 a Abs. 1 UWG sowie Art. 11 Abs. 1 und 2 und Art. 13 Abs. 1 bis aPBV .
3.9.3 Sodann wandelten Administrationsgebühren ein Prepaid- in ein Postpaid- Angebot (Abonnement) um: Angeboten waren zwar Prepaid-Karten, teilweise mit Ablaufdatum. Unabhängig davon wurden ab dem ersten Gebrauch laufende Administrationsgebühren abgezogen, welche das Guthaben täglich verringerten, ohne dass entsprechende Telefonate stattfanden (kontinuierlicher Guthabenverlust; act. 14 S. 8-14 ). Die Karte konnte folglich schon vor dem Ablaufdatum und ohne entsprechenden Gebrauch geleert sein. Die Administrationsgebühren wirkten sich daher wie laufende Abonnementskosten aus. Der Beschwerdeführer selbst verglich sie mit den monatlichen Grundkosten eines Festnetzanschlusses zuhause (Untersuchungsakten S. 13-04-0073 Einvernahme A. vom 16. Februar 2010, S. 7 [in act. 7.1 Beilage 24.2]; act. 1 S. 13). Abonnementsgebühren sind einem Prepaid-Angebot jedoch wesensfremd. Kein Kunde leitet diesen Mechanismus aus dem Wort Administrationsgebühren ab. Das Angebot widersprach so in einer grundsätzlichen Weise dem Transparenzgebot.
3.9.4 Weiter war die formale Kommunikation des Angebotes intransparent: Dass die angepriesenen Minuten nur ein Bruttoguthaben darstellten, ergab sich erst - indirekt - aus dem Kleingedruckten. Falsch war auch die in den beworbenen Minutenpreisen erweckte Vorstellung, die Minuten berechtigten zu jedem Anruf in das genannte Land; vielmehr wurde beim Destinatär zwischen Fix- und Mobilnetz unterschieden, wobei auch hierzu dem Kunden die Zahlen fehlten. Nicht einmal die gebührenpflichtige Hotline, geschweige denn die angegebenen Internet-Adressen (vgl. obige Erwägung 3.9.2) brachten hier Klarheit. Auch ist fraglich, ob die "Ameisenschrift" der AGB (vgl. die Originalgrösse in obiger Erwägung 3.9.2) - es kam den AGB für die Preisberechnung gleiches Gewicht zu wie den angepriesenen Minutenguthaben - in einem akzeptablen Verhältnis zur Schriftgrösse des Minutenangebots stand (Art. 11 Abs. 1 PBV: Preisanschläge, Preislisten, Kataloge usw. müssen leicht zugänglich und gut lesbar sein). Keinesfalls wurde damit wie verlangt (Art. 13 Abs. 1 bis a PBV ) das Taxierungsmodell transparent bekanntgegeben.
3.9.5 Treuwidrig war schliesslich auch, dass sich Bilder und Kleingedrucktes widersprachen : Auf den Postern waren Karten abgebildet, die so gar nicht angeboten wurden. Beispielsweise war auf den Postern der Calling Card F. ( Untersuchungsakten S. B08-006-4.3-0005) und der Calling-Card G. (Untersuchungsakten S. B08-006-4.3-0006) eine Telefonkarte im Wert von Fr. 10.-- abgebildet. Die neben der Karte gross aufgedruckten Minutenguthaben galten jedoch lediglich beim Kauf einer Telefonkarte im Wert von Fr. 30.--, was sich aber erst aus dem Kleingedruckten ergab ( vgl. auch die ähnlichen Angebote in den Untersuchungsakten S. B08-006-4.3-0001, S. B08-006-4.3-0002, S. B08-006-4.3-0023 und S. B08-006-4.3-0057). Kunden stützen sich auf Bilder, auch beim Kauf einer Telefonkarte. Dies gerade, wenn viele nicht deutscher Muttersprache waren, was B. bestätigte (Untersuchungsakten S. 13-01-0039 Einvernahme B. vom 29. November 2006, S. 3; zur Divergenz: S. 13-01-0383 Einvernahme B. vom 18. März 2008, S. 14 f.). Dementsprechend hätte sich die Preisangabe auf die allenfalls abgebildete oder mit Worten bezeichnete Ware beziehen müssen, wie es Art. 14 Abs. 3 PBV verlangt.
3.9.6 Als Zwischenfazit ergibt sich, dass die Poster zugleich Werbung und Angebotsunterlagen waren, sie jedoch mindestens insoweit Treu und Glauben im Geschäftsverkehr verletzen, als dieser Grundsatz durch das UWG und die PBV konkretisiert wird.
3.10 Dagegen wird eingewandt:
3.10.1 Der Markt sei (halt) so, niemand schreibe genau, wie hoch die Abzüge seien. Sie hätten aber immer versucht, dem Kunden das beste Angebot zu geben ( Untersuchungsakten S. 13-01-383 Einvernahme B. vom 18. März 2008, S. 13). Dies ist auch der Tenor der Eingabe vom 30. Oktober 2006 (Verfahren BB.2013.54 act. 8.2), auf welche in den Akten verschiedentlich verwiesen wird. Dort wird anhand von AGB anderer Anbieter dargelegt, dass verschiedene Gebühren marktüblich seien. Es handle sich bei der Administrationsgebühr um eine zulässige und branchenübliche Gebühr (act. 1 S. 11-14). Sei von Tricks gesprochen worden, so bedeute dieses Wort in diesem Markt umgangssprachlich nichts anderes als Gebühr (Untersuchungsakten S. 13-04-0073 Einvernahme A. vom 16. Februar 2010, S. 5). Sodann sei es unmöglich, auf den Postern alle Gebühren anzugeben (Untersuchungsakten S. 13-01-0235 Einvernahme B. vom 15. Mai 2007, S. 3, 5).
Von der semantisch zweifelhaften Zuordnung einmal abgesehen, ist dem zu entgegnen, dass die Artenvielfalt an Gebühren ( Einwahlgebühren, Verbindungsgebühren, Originating- und Terminating-Gebühren sowie Extragrundgebühren; vgl. obenstehende Erwägung 3.9.1) die Entscheidung der Gruppe C./D. war. Auch erlauben die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Gruppe C./D. gerade keine Zusammenstellung der Gebühren - und ihrer Höhe -, wie sie die Eingabe vom 30. Oktober 2006 für die anderen Anbieter vornehmen konnte. Sodann kamen Tests der BA bei dem von B. erwähnten Konkurrenten H. auf andere Resultate (Bericht BKP, S. 668). Und letztlich ist jeder Anbieter für die Art der Gebührenstruktur und ihre angemessene Kommunikation (hier stattdessen primär: Poster) selbst verantwortlich.
3.10.2 Weiter wird geltend gemacht, es sei belegt, dass Gebühren auf den Karten und Postern ausgewiesen worden seien. Es sei nicht nachgewiesen, bei welchen Karten der Cron-Job angewandt wurde und ob sie wirklich ohne Hinweis darauf beworben wurden. Der Beweis der heimlichen Reduktion und deren Höhe stehe aus (act. 1 S. 10-12; act. 14 S. 11-13). B. erklärte Ungereimtheiten auf Postern als Druckfehler (Untersuchungsakten S. 13-01-0383 Einvernahme von B. vom 18. März 2008, S. 14 f.).
Diese Argumentation geht insoweit am Kern vorbei, als es vorliegend nicht um Schuld und Strafe geht, sondern darum, ob ein zivilrechtlich vorwerfbares Verhalten der ehemaligen Beschuldigen die Auferlegung der Verfahrenskosten nach sich gezogen habe. Die Unklarheit, wann welche Gebühr fällig und abgezogen wurde, entlastet sie nicht, bildet doch gerade dies Bestandteil des zivilrechtlich vorwerfbaren Verhaltens. Es kann darüber hinaus offenbleiben, ob vorliegend auch die Beweislastumkehr von Art. 13 a UWG zum Tragen käme. Diesfalls hätte sich der Beschwerdeführer bei einer an zivilrechtlichen Prinzipien angenäherten Haftung nicht damit begnügen dürfen, nur die Beweisführung der BA in Frage zu stellen, sondern hätte die Richtigkeit seiner damals werbemässig verwendeten Tatsachenbehauptungen darzutun.
3.11 Ein weiterer selbständiger Auslöser der Strafuntersuchung war die Verletzung der Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung (Art. 957 Abs. 1 Ziff. 2 OR i.V.m. Art. 957 a Abs. 2 OR und Art. 958 c Abs. 1 OR ).
Nach einem Rücktritt der (damaligen) Revisorin, mit Brief vom 21. November 2000, drohte das Handelsregisteramt Z. (Schweiz) am 30. April 2001 mit der Löschung der Firma C. Holding AG, da diese weder über eine Revisionsstelle noch über ein Domizil verfüge (Bericht BKP, S. 349 f.; Untersuchungsakten S. 146-0055 f.). Die D. AG, das operative Herz der Gruppe (vgl. obige Erwägung 2.3), wurde schliesslich am 7. Juni 2007 aufgelöst, da sie über keine Revisionsstelle mehr verfügte (Bericht BKP, S. 4 15).
Hernach bemängelte die Revisionsstelle der C. Holding AG am 3. November 2004, dass aufgrund der mangelhaften Buchhaltung und ohne Besserung keine Revision möglich sei: Belege seien ungeordnet, Rechnungen und Zahlungen könnten nicht abgeglichen werden, es existierten verschiedene unklare Prozesse bei Rechnungsstellung, Leistungserbringung und Zahlungsfluss, teilweise seien Zahlungen ohne Beleg ausgelöst worden, weiter sei eine Rechnungsstellung an die C. Holding AG mit verschiedenen Adressen und Bezeichnungen erfolgt. Ein Kassabuch fehle (Bericht BKP, S. 347; Untersuchungsakten S. 146-0014 ff., 147-0149 ff.).
Die Beteiligten vermischten danach nicht nur unablässig weiterhin Orte und Firmen (vgl. obenstehende Erwägung 2.4). Zum Zeitpunkt der Beschlagnahme (Hausdurchsuchungsbefehl der BA vom 24. Oktober 2006) befanden sich auch die Geschäftsunterlagen in einem ungeordneten und unübersichtlichen Zustand. Ihre Ablage war systemlos. Die Bundeskriminalpolizei musste sie erst mit immensem Aufwand zusammentragen (Bericht BKP, S. 35, 120). Die Unterlagen waren teilweise unvollständig. Auch mussten Diskrepanzen in der Lohnbuchhaltung festgestellt werden (Bericht BKP, S. 347/351).
Dabei war gerade das Geschäftsmodell der Gruppe C./D. auf die Stütze einer Buchhaltung angewiesen. Geldboten, darunter auch der Beschwerdeführer, trugen Einnahmen aus dem Ausland in der Höhe von Zehntausenden von Franken in die Schweiz (Bericht BKP, S. 263 f., 683-685 ). Es musste allen Beteiligten klar sein, dass gerade das Fehlen eines Kassabuches bei gleichzeitigem Umgang mit hohen Bargeldbeträgen (Bericht BKP, S. 683 f.; Untersuchungsakten S. 13-01-0145 Einvernahme B. vom 26. April 2007, S. 12; S. 13-01-0219 Einvernahme B. vom 8. Mai 2007, S. 4 f.) den Verdacht strafbarer Handlungen wecken und fördern kann, insbesondere beim gegebenen Zustand der Buchhaltung als Ganzem (vgl. denn auch act. 7 S. 6 N. 5.5 und den Vorwurf in der ersten Einvernahme, Untersuchungsakten S. 13-01-001 Einvernahme B. vom 24. Oktober 2006, S. 3 ).
Selbstredend sind diese Befunde mit einer ordnungsgemässen Buchführung unvereinbar. Der Beschwerdeführer muss sich diese Pflichtvergessenheit persönlich vorhalten lassen, denn er war es, der für die Buchhaltung und für die Gespräche mit der Revisionsstelle verantwortlich war (Untersuchungsakten S. 13-01-0087 Einvernahme B. vom 5. April 2007, S. 4; vgl. auch S. 13-04-0581 E-Mail A. vom 24. August 2006; er wurde auch bei offenen Rechnungen angeschrieben, bspw. Bericht BKP, S. 472).
3.12 Als Zwischenfazit steht fest, dass Werbung und Angebot der Telefonkarten gegen Treu und Glauben im Geschäftsverkehr verstossen, indem sie das UWG und die PBV missachten. Sodann wurde entgegen der gesetzlichen Pflicht keine ordnungsgemässe Buchhaltung geführt.
3.13 Die Preisgestaltung und ihre Kommunikation war keineswegs Zufall, ein Missgeschick, Versehen oder Einzelfall, sondern geschah überlegt. Die Telefonkontrollen zeigen, dass die Akteure ihr zivilrechtlich vorwerfbares Verhalten bewusst pflegten (Untersuchungsakten S. 13-01-0179 Einvernahme B. vom 1. Mai 2007, S. 10-12; zu den weiteren im Folgenden agierenden Personen vgl. den Bericht BKP, S. 397, 174 f.):
Untersuchungsakten S. 06-0371 Telefonkontrolle des Gesprächs vom 15. November 2005: "B. sagt zu Jage, dass Vladimir eine gute Idee gehabt habe. Man solle die Minute auf 50 Sekunden runtersetzen. Vladimir will das bis morgen herausfinden. B. sagt, dass man für den Verkauf immer Karten bereit haben müsse, die richtig abrechnen. Ein potentieller Kunde würde die Karte mit der Uhr überprüfen, ob das so gut sei. Wenn er dann eine gute Karte habe, dann würde er viele Karten kaufen und darunter seien die manipulierten. Falls der Kunde später reklamieren würde, könnte man immer sagen, dass er sicherlich länger telefoniert habe."
Untersuchungsakten S. 12-0178 Telefonkontrolle des Gesprächs vom 29. Dezember 2005: " Die Karte I. kostet neu 6 statt 5 Euro und hat angesagte 70 Minuten drauf, effektiv sind 55 Minuten drauf. Das ergibt einen Doppelgewinn: 1 Euro mehr pro Karte und den Gewinn, wegen der fehlenden Minuten. Eine weitere Idee ist es, die Bon und die Karte J. neu für 6.50 Euro zu verkaufen. Dort steht drauf, 70 Minuten für Indien und Pakistan von Fixnet oder Telefonkabinen. Der Kunde bekommt dort aber nur 42 Minuten. Die Ansage auf der Karte bleibe konstant, es heisst immer, sie haben noch 70 Minuten Guthaben. Falls die Karte dann nicht mehr funktioniert, sage der Kunde, es heisse immer noch, es seien 70 Minuten drauf. Sie könnten dann sagen, er habe die Karte ja gebraucht und nie gezählt. Es sei nur eine Spezialofferte über Weihnacht/Neujahr. Ab Neujahr funktioniert die Karte/oder die Ansage nicht mehr. Die Leute würden dann denken, wenn sie das gewusst hätten, hätten sie mehr telefoniert in dieser Zeit. Sie könnten dann sagen, es sei nun zu spät, die Karte sei nicht mehr brauchbar."
Bereits in der ersten Einvernahme der BA kamen sowohl die Täuschung von Telefonkartenkäufern, wie auch der Transport von Bargeld zur Sprache (Untersuchungsakten S. 13-01-0001 Einvernahme B. vom 24. Oktober 2006; act. 7 S. 6 N. 5.5). Das zivilrechtlich vorwerfbare Handeln löste somit die Untersuchung und die damit einhergehenden Verfahrenskosten aus.
3.14 Zusammenfassend handelten die Verantwortlichen der Gruppe C./D. (insbesondere der D. AG) in zweifacher Hinsicht zivilrechtlich verwerflich. Dieses Verhalten löste die Strafuntersuchung aus. Es zog damit die Kosten der Strafuntersuchung nach sich. Für diese Kosten haben die Verantwortlichen einzustehen.
Im Unterschied zu den obigen Erwägungen 3.4 und 3.5 geht es hier nicht um das zivilrechtliche Pendant zum eingestellten Betrugsvorwurf. Der Vorwurf gebotener aber mangelnder Klarheit und Transparenz ist mit einem zivil- oder strafrechtlichen Täuschungsvorwurf nicht identisch. Was unklar oder intransparent ist, muss noch nicht täuschend sein. Wer sein Angebot nicht korrekt kommuniziert, muss alleine deshalb noch kein Betrüger sein. Daher ist auch die Unschuldsvermutung durch die vorliegende Verantwortlichkeit für den Verstoss gegen Treu und Glauben im Geschäftsverkehr nicht tangiert. Hinzu treten die missachteten Buchführungspflichten.
4. Der Beschwerdeführer bringt vor, was Gebühren und Werbung anbelange, treffe ihn persönlich keine Verantwortung (act. 1 S. 5-11; act. 14 S. 3-8).
4.1 Gemäss Art. 20 PBV obliegt die Pflicht zur vorschriftsgemässen Bekanntgabe von Preisen und zur vorschriftsgemässen Werbung im Sinne dieser Verordnung dem Leiter von Geschäften aller Art. Selbständig verantwortlicher Geschäftsleiter ist jede tatsächlich für das Unternehmen verantwortliche Person, bspw. ein Filial- oder Marktleiter ( Baudenbacher/Glöckner , a.a.O., S. 1108). Ist der unlautere Wettbewerb von Arbeitnehmern oder anderen Hilfspersonen bei dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen begangen worden, so kann auch gegen den Geschäftsherrn geklagt werden (Art. 11 UWG ).
Zur Auslegung dieser verwaltungsrechtlichen Bestimmungen kann auf das im UWG parallel verankerte Sanktionensystem (Art. 21 PBV ) zurückgegriffen werden. Der aufgrund des Verweises in Art. 26 UWG anwendbare Art. 6 VStrR wendet die Strafbestimmungen auf diejenigen natürlichen Personen an, welche die Tat verübt haben (Art. 6 Abs. 1 VStrR ), wobei widerrechtlich untätig gebliebene Geschäftsherren oder Organe denselben Strafbestimmungen unterstehen (Art. 6 Abs. 2 und 3 VStrR ). Daraus folgt, dass Art. 20 PBV als Geschäftsherrn auch erfasst, wer es als zuständiges oder involviertes Organ unterliess, angesichts von vorschriftswidriger Werbung und Preisbekanntgabe zu handeln.
4.2 Der Beschwerdeführer wurde am 29. September 2006 in den Verwaltungsrat der C. Holding AG gewählt (Untersuchungsakten S. 146-0380), also erst knapp ein Jahr nachdem die Untersuchungen in diesem Themenkomplex eröffnet wurden (vgl. Erwägung 3.2 oben). Zu prüfen ist jedoch, ob die Rolle des Beschwerdeführers im Betrieb schon zuvor derjenigen eines (materiellen oder faktischen) Organs entsprach (vgl. auch die obenstehenden Erwägungen 2.2-2.4):
4.2.1 Der Beschwerdeführer hatte als HTL-Ingenieur eine Vertriebslaufbahn gemacht. Seit circa 2002 war er für die Gruppe C./D. tätig. Zunächst arbeitete er für B. persönlich, dann als Consultant für die Gruppe und schliesslich im Rahmen einer Festanstellung (Untersuchungsakten S. 13-04-0010 Einvernahme A. vom 10. Februar 2010, S. 2; Bericht BKP, S. 140-152).
4.2.2 Neben ihm gab es bei der Gruppe C./D. in Y. (Schweiz) vier Angestellte: für die Fakturierung, für die Buchhaltung, für den Empfang und schliesslich jemanden, der Karten auslieferte und die Gelder zurückbrachte. Zwei externe Techniker kamen von der K. GmbH in X. (Deutschland) für diverse Arbeiten (Untersuchungsakten S. 13-01-0087 Einvernahme B. vom 5. April 2007, S. 6 ).
4.2.3 Diese Zahl von vier bis fünf Mitarbeitern bestätigt auch der Beschwerdeführer. Die Hausdurchsuchung habe an dem Tag stattgefunden, an dem er Vizepräsident wurde (dies wäre der 24. Oktober 2006; Untersuchungsakten S. 13-04-0073 Einvernahme vom 16. Februar 2010, S. 10; recte wurde er am 19. Oktober 2006 Vizepräsident, Bericht BKP, S. 475). Er habe keine Entscheidungsbefugnis gehabt. Er sei ohne direkte Unterstellte gewesen, es habe nur einen Chef gegeben, B. Er habe nie irgendetwas eigenmächtig entschieden und durchgeführt. Was er unterschrieben habe, sei immer im Auftrag von B. geschehen (Untersuchungsakten S. 13-04-0073 Einvernahme A. vom 16. Februar 2010, S. 20 f.).
4.2.4 B. beschrieb die Rolle des Beschwerdeführers wie folgt:
Der Beschwerdeführer habe mit der C. Holding AG eigentlich nichts zu tun. Er sitze nicht im Verwaltungsrat ein. Er habe aber schon Arbeiten für die Gruppe C./D. gemacht. Er sei Büroangestellter für die Korrespondenz, der "alles mache". Sodann sei er auch Vizepräsident der D. AG gewesen ( Untersuchungsakten S. 13-01-0010 Einvernahme B. vom 15. November 2006, S. 11; S. 13-01-0087 Einvernahme B. vom 5. April 2007, S. 6).
Der Beschwerdeführer habe die Verträge mit Carriern und Anbietern betreut und habe als Geschäftspartner und für das Business-Development gewirkt ( Untersuchungsakten S. 13-01-0465 Schlusseinvernahme B. zur Sache vom 29. August 2012, S. 15). Er habe die Verhandlungen mit anderen Firmen geführt und sei für die Gespräche mit der Revisionsstelle verantwortlich gewesen ( Untersuchungsakten S. 13-01-0087 Einvernahme B. vom 5. April 2007, S. 4 ). Er habe die geschäftlichen Beziehungen mit den kleineren Firmen betreut (Untersuchungsakten S. 13-01-0101 Einvernahme B. vom 19. April 2007, S. 3). B. sei bei Abwesenheit vom Beschwerdeführer vertreten worden ( Untersuchungsakten S. 13-01-0055 Einvernahme B. vom 9. März 2007, S. 4), auch habe er für die Plakate die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verfasst. B. liess sich vom Beschwerdeführer beraten, was die Geschäftsmodalitäten bzw. Preisgestaltung im Prepaid-Sektor betraf ( Untersuchungsakten S. 13-01-0159 Einvernahme B. vom 27. April 2007, S. 9; S. 13-04-0073 Einvernahme A. vom 16. Februar 2010, S. 14 f.; Bericht BKP, S. 636 f.; Bericht BKP, S. 140 ff.).
4.2.5 Die Akten belegen die massgebliche Rolle des Beschwerdeführers. Er füllte im ganzen Konglomerat eine aktive Rolle aus. In seinem Lebenslauf bezeichnete er sich denn auch als "Alphatier"; er sei seit April 2001 "Vice President" der "C. Holding AG" ( Untersuchungsakten S. 13-04-0029 S. 1, 4 ). Einige Streiflichter über die Jahre erhellen, dass er diese Rolle in der Geschäftswirklichkeit ausfüllte (vgl. auch den Bericht BKP, S. 117).
4.2.6 Zunächst war der Beschwerdeführer strategisch stark involviert. Er nahm bereits am Strategie -Meeting vom 1. Mai 2001 in W. (Schweiz) teil, an dem die Geschäftstätigkeiten aufgegleist wurden ( Untersuchungsakten S. 13-04-0172, auf Briefpapier seiner L. GmbH ). Auch ist er der Autor einer Power-Point-Präsentation namens Gruppe C./D. Strategy, welche die Struktur, die Aufgaben und der Zweck der Schaffung der C. Holding AG umreisst (dazu Untersuchungsakten S. 13-04-0073 Einvernahme A. vom 16. Februar 2010, S. 17). Sein weites Spektrum an Aufgaben zeigt auch Seite fünf des Consulting-B erichts von M. vom 26. Juli 2002 auf (Untersuchungsakten S. 13-04-0532).
4.2.7 Der Beschwerdeführer handelte im Namen der Gruppe C./D. nach aussen. Schon am 1. September 2003 wurde er als "Vice President" gebeten, Rechnungen der Gruppe C./D. einzureichen (Untersuchungsakten S. 142-0238). Er bestätigte am 2. Juni 2004 einer Paralegal in V. (Vereinigte Staaten), dass die C. Holding AG alle Handelsaktivitäten von N. Ltd. übernommen habe (Untersuchungsakten S. 13-04-0242). Auch gab er am 7. Oktober 2005 per E-Mail Anweisung an das Backoffice, einen Vertrag bezüglich Leitungserweiterung zu unterschreiben und an die Gesellschaft O. weiterzuleiten (Untersuchungsakten S. 13-04-0678). Er unterzeichnete für die C. Holding AG einen Mietvertrag (Bericht BKP, S. 316; Untersuchungsakten S. 144-0258). Am 23. Februar 2006 erhielt er Spezialvollmacht zur Erledigung von Bankgeschäften aller Art, insbesondere zum Eröffnen von Bankkonten im In- und Ausland ( Bericht BKP, S. 367; Untersuchungsakten S. 146-0348). Generell sei bei Rechtsgeschäften der Beschwerdeführer beigezogen worden (Bericht BKP, S. 182, weitere Beispiele: S. 362 f., 410 f., 413, 485).
4.2.8 Intern erteilte er Anweisungen an das Billing-Team (Untersuchungsakten S. 13-04-0095 E-Mail vom 14. Juni 2006; S. 13-04-0114 E-Mail vom 8. Dezember 2005). Auch arbeitete er mit dem Marketing-Team zusammen und gab dem Commercial Director Anweisungen (Untersuchungsakten S. 13-04-0372 E-Mail von A. vom 6. Oktober 2006). Der Beschwerdeführer unterzeichnete namens der C. Holding AG auch einen Arbeitsvertrag (Bericht BKP, S. 178). Er gehörte zum "Kreis von Chefs" (Bericht BKP, S. 436, Aussage von P. [zu ihm Bericht BKP, S. 176]).
4.3 Dieser kurze Aufriss zeigt die Breite und Tiefe seiner Aufgaben. Er lässt keinen anderen Schluss zu, als dass der Beschwerdeführer faktisch Stellvertreter von B. war, ein Organ der D. AG und - die Beteiligten selbst trennten dies nicht (vgl. obige Erwägung 2.4) - der C. Holding AG (zur Organeigenschaft Gericke/Waller , Basler Kommentar, 4. Aufl., Basel 2012, Art. 754 OR N. 5-7). Damit ist er aber zweifelsohne auch ein verantwortlicher Leiter der Geschäfte aller Art im Sinne von Art. 20 PBV .
4.4 Ein Gutteil der Einwände des Beschwerdeführers - er habe keinen Tatbeitrag geleistet, ihn treffe kein Verschulden (act. 1 S. 5-11) - richtet sich gegen die eingestellten Tatvorwürfe, welche nicht den Verfahrensgegenstand bilden.
4.5 Gemäss eigener Beschreibung sei es nur seine Aufgabe gewesen, das Carrier-Netz aufzubauen, also Verbindungen zu Telekomfirmen herzustellen, Verträge und Preise auszuhandeln und Standleitungen zu evaluieren. B. habe ihn hierfür angestellt, denn die Geschäfte mit Telefonkarten habe dieser schon seit 1995 betrieben (act. 1 S. 5). Die Untersuchungsakten deckten den Befund nicht, der Beschwerdeführer sei aktiv in das Telefonkartengeschäft oder die Festlegung der Preisberechnungsmechanismen involviert gewesen (act. 14 S. 4). Es sei glaubwürdig, dass er ausschliesslich für das Carrier-Geschäft tätig gewesen sei, erzielten doch beide Umsätze von knapp unter Fr. 20 Mio. (act. 14 S. 6; Untersuchungsakten S. 13-01-0460 Schlusseinvernahme B. zur Sache vom 29. August 2012, S. 15-17 ). Es sei nicht eruierbar, wer Plakate und Preislisten erstellt habe (act. 1 S. 11). Auch die angeblich "immer neuen Ideen" (die er angeblich für den Prepaid-Bereich geliefert habe) stünden auf tönernen Füssen, wenn sie sich nicht gleich als Luftschlösser erwiesen (so sinngemäss act. 14 S. 7).
4.6 Verantwortung tragen heisst nicht, alles selbst zu erledigen. Ein Organ trägt auch für Dritte im Betrieb Verantwortung (vgl. TPF 2009 151 E. 2; zur hypothetischen Vorwerfbarkeit: Schwenzer , Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 6. Aufl., Bern 2012, N. 23.10-23.11a ).
Selbst wenn ihn nicht bereits als materielles oder faktisches Organ wie dargelegt eine Verantwortlichkeit träfe, so könnte er sich persönlich dennoch nicht den zivilrechtlichen Vorwürfen entziehen:
4.6.1 Die Akten belegen, dass der Beschwerdeführer die Kenntnisse hatte, um im Prepaid-Bereich eine massgebliche Rolle auszufüllen, und dies auch tat.
Gemäss eigenen Aussagen habe er mit dem Dokument Magic Formulas sein generelles Wissen über den Telecom-Markt zusammengestellt (Untersuchungsakten S. 13-04-0071 Dokument Magic Formulas; S. 13-04-0073 Einvernahme A. vom 16. Februar 2010, S. 5; Bericht BKP, S. 614-617). Namentlich studierte er die Marktusanzen im Calling-Card-Markt inklusive aller "Tricks" wie Administrationsgebühren etc.
Die Eigenheiten des Prepaid-Marktes waren ihm somit zutiefst vertraut. Der Beschwerdeführer nahm denn auch erwiesenermassen an einem Firmenmeeting zum Prepaid-System teil und gab Rückmeldungen zu neuen Themen. Er sei auch immer wieder mit neuen Ideen bezüglich Prepaid gekommen. Kein Wunder, denn " Prepaid war in seinem Blut" ( Bericht BKP, S. 372 ff., 391, 393 f.).
Die Tätigkeiten des Beschwerdeführers im Carrier-Bereich (act. 1 S. 7) machten ihn vertraut mit den Einkaufspreisen. Aus seinen Excel Sheets ergaben sich die Verkaufspreise, mithin also die Konditionen der Telefonkarten (vgl. Untersuchungsakten S. 13-04-0571 bis 0580; Bericht BKP, S. 372 ff., 376, 391). So fand man beispielsweise auf seinem Computer den Gain Calculator" vom 19. Februar 2001 (Bericht BKP, S. 600).
Wie Preise und Gebühren technisch zu implementieren waren, auch darin kannte er sich aus - nicht erstaunlich, angesichts seines Abschlusses als Diplomingenieur . So gab er Anweisungen, bestimmte Programmierfehler auf einem Prepaid-Switch zu beheben (Bericht BKP, S. 395). Auch war er über Updates der verwendeten Software im Bilde (Untersuchungsakten S. 13-04-0127 E-Mail von Q. vom 6. Februar 2004, vgl. auch Bericht BKP, S. 619). Er wusste, wie die entsprechenden Rules einzustellen waren ( vgl. Bericht BKP, S. 374). Er verfasste schliesslich die Übersicht der verwendeten Parameter zur Gebührenerhebung bei den Telefonkarten (Untersuchungsakten S. 13-04-0067; Bericht BKP, S. 617 f.; vgl. S. 13-04-0010 Einvernahme A. vom 10. Februar 2010, S. 14).
Dementsprechend instruierte der Beschwerdeführer denn auch das Billing-Team ( Untersuchungsakten S. 13-04-0095 E-Mail vom 14. Juni 2006 ; S. 13-04-0073 Einvernahme A. vom 16. Februar 2010, S. 2 f. ). Auch Fragen zur Tarifplanadministration und wie die Kosten abgebildet werden sollten (pro Anruf oder Zeiteinheit) gelangten an den Beschwerdeführer (Untersuchungsakten S. 13-04-0125 E-Mail R. vom 26. April 2004). Er war es, der zuhanden des Billing-Teams die Bedienungsanleitung verfasste, wie das "price list format" definiert werden solle (Untersuchungsakten S. 13-04-0114 ff.). Schliesslich war er Ansprechpartner für weiterführende Fragen (Bericht BKP, S. 594 f.: Zustellung einer Kalkulationsliste mit Hinweis auf Overannouncement [Ansage von Guthaben, welches effektiv gar nicht besteht] durch einen zentralen Prepaid-Mitarbeiter und der Anfrage, ob noch andere Tricks angewendet werden könnten").
Somit vermochte der Beschwerdeführer dank seiner Kenntnisse des Prepaid-Marktes, der Einkaufspreise und seiner technischen Ausbildung die Schnittstelle zum Billing-Team zu überbrücken. Es wurde von ihm instruiert und angeleitet. Unter seiner Ägide kamen somit die Konditionen der Prepaid-Karten zustande.
4.6.2 Der Beitrag des Beschwerdeführers erschöpft sich damit noch nicht. Er war ebenfalls in der Vermarktung der Telefonkarten engagiert.
Der Beschwerdeführer verfügt über Expertenwissen im Marketing. Seine Unternehmung, L. GmbH, war gemäss einer Tagungsankündigung eine der führenden Marketing-Spezialisten in den Bereichen Telefonie, Mobile, Internet und E-Business (Bericht BKP, S. 469). Der Beschwerdeführer war zuvor Marketingverantwortlicher für sämtliche Produkte einer Vorläufergesellschaft im Prepaid-Bereich (der Gruppe S.; dazu Untersuchungsakten S. 10-06-0991 Analysebericht des CCWF [Kompetenzzentrum Wirtschaftsprüfung der BA] vom 30. August 2012, S. 23 [in act. 7.1 Beilage 22]). Er hatte auch praktische Erfahrungen mit der Herstellung von Marketing-Material, die er in seinem Lebenslauf ausführlich beschrieb ( Untersuchungsakten S. 13-04-0029 S. 1 f.) .
Mit diesem Hintergrund vermochte der Beschwerdeführer im Geschäftsalltag eines KMU einen wesentlichen Beitrag zu leisten. Er arbeitete wie oben dargestellt (Erwägung 4.2.8) mit dem Marketing-Team zusammen und gab dem Commercial Director Anweisungen. Er bestellte Telefonkarten und Poster (Bericht BKP, S. 472). Er druckte gelegentlich auch Poster aus ( Untersuchungsakten S. 13-01-0159 Einvernahme B. vom 27. April 2007, S. 9 ). Er kannte natürlich die Preislisten (Untersuchungsakten S. 13-04-0010 Einvernahme A. vom 10. Februar 2010, S. 13) und nannte die Telefonkarten F., T. und AA. beim Namen. Auch die AGB der Telefonkarten verfasste der Beschwerdeführer (Untersuchungsakten S. 13-04-0073 Einvernahme A. vom 16. Februar 2010, S. 14 f.; Bericht BKP, 636 ff., 646 ff.).
Kannte der Beschwerdeführer die Einkaufskonditionen, die Modalitäten ihrer Abrechnung und war er massgeblich bestimmend in der Vermarktung der Telefonkarten, so trifft ihn denn auch der zivilrechtliche Vorwurf (obige Erwägung 3.9) persönlich.
4.7 Zusammenfassend war der Beschwerdeführer wenngleich nicht eingetragenes so doch verantwortliches Organ mit Weisungsbefugnissen der massgeblichen Gesellschaft der C. Holding AG. Er prägte die ganze Wertschöpfungskette und war über alles Wesentliche informiert. Der Beschwerdeführer wäre somit als Leiter im Sinne von Art. 20 PBV zur vorschriftsgemässen Bekanntgabe von Preisen und zur vorschriftsgemässen Werbung im Sinne dieser Verordnung verpflichtet gewesen. Mit seinem zumindest fahrlässigen Verstoss gegen das UWG und die PBV handelte er dem Prinzip von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr zuwider. Persönlich verantwortlich ist er auch für den Zustand der Buchhaltung. Diese Verfehlungen prägten den Anfangsverdacht des vorliegenden Untersuchungskomplexes und verursachten somit die aufgelaufenen Untersuchungskosten. Diese sind daher vom Beschwerdeführer zu tragen.
Die Höhe der Verfahrenskosten (act. 1.01 Ziff. 3.1 des Dispositivs der Einstellungsverfügung vom 17. April 2013) und die Feststellung, dass davon die Bundeskasse die Hälfte trägt (act. 1.01 Ziff. 3.3 des Dispositivs), ist nicht angefochten. Der Beschwerdeführer hat mit dem Gesagten (obige Erwägungen 3.6 bis 4.6.3) die andere Hälfte der Verfahrenskosten in der Höhe von Fr. 18'900.-- zu bezahlen (Dispositiv Ziffer 3.2 der Einstellungsverfügung). Sein Antrag 2 ist folglich abzuweisen, sein Antrag 1 hinsichtlich der Kosten (bezüglich der Entschädigung siehe sogleich Erwägung 5).
5. Der Beschwerdeführer verlangt auch eine Entschädigung für seine Anwaltskosten in der Untersuchung und für erlittene wirtschaftliche Einbussen (act. 1 S. 20-29; act. 7 S. 10).
Die Entschädigungsfrage ist nach der Kostenfrage zu beantworten. Insoweit präjudiziert der Kostenentscheid die Entschädigungsfrage. Es gilt folglich der Grundsatz, dass bei Auferlegung der Kosten keine Entschädigung oder Genugtuung auszurichten ist, während bei Übernahme der Kosten durch die Staatskasse die beschuldigte Person Anspruch auf Entschädigung hat (BGE 137 IV 352 E. 2.4.2; TPF 2012 70 E. 7.1.2 lit. a ).
Hat der Beschwerdeführer die Hälfte der Verfahrenskosten zu tragen, wie dies die Einstellungsverfügung vom 17. April 2013 vorsieht, so steht ihm für das Untersuchungsverfahren keine Entschädigung zu, die über das in der Einstellungsverfügung bereits zugesprochene hinausgeht (deren Erwägung V, Ziffer 4 des Dispositivs). Die Anträge 3 (Anwaltskosten) und 4 (wirtschaftliche Einbussen) sowie Antrag 1 (hinsichtlich der Entschädigung) sind somit abzuweisen.
6. Dem prozessualen Antrag auf Beizug der vorinstanzlichen Verfahrensakten wurde entsprochen, soweit er die für das Verfahren wesentlichen Akten betraf (act. 1 S. 2, act. 7 S. 1). Soweit er darüber hinausgehen sollte, ist er abzuweisen.
7. Insgesamt erweisen sich sämtliche erhobenen Rügen als unzutreffend, was zur Abweisung der Anträge und damit der Beschwerde führt.
8. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art . 428 Abs. 1 StPO ). Die Gerichtsgebühren sind auf Fr. 5'000.-- festzusetzen (Art. 73 StBOG i.V.m. Art. 5 und 8 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR, SR 173.713.162]). Der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf eine Prozessentschädigung (Art. 430 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 436 Abs. 1 StPO ), was zur Abweisung seines Antrages 5 führt.
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
Bellinzona, 17. Oktober 2013
Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber :
Zustellung an
- Rechtsanwalt Daniel Gysi
- Bundesanwaltschaft
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben (Art. 79 BGG ).
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