Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts
Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Beschwerdekammer: Strafverfahren |
Fallnummer: | BB.2013.185 |
Datum: | 30.12.2013 |
Leitsatz/Stichwort: | Entschädigung der amtlichen Verteidigung (Art. 135 Abs. 3 StPO). |
Schlagwörter | Bundes; Urteil; Kammer; Verteidiger; Verfahren; Bundesgericht; Entscheid; Entschädigung; Übersetzung; Berufung; Verfahrens; Bundesstrafgericht; Bundesgerichts; StPO-Beschwerde; Gericht; Verteidigers; BGG-Beschwerde; Bundesstrafgerichts; Bericht; Beschuldigte; Verteidigung; Apos;; Entscheide; Rechtsmittel; Beschuldigten; Dolmetscher; Beschwerdekammer; Dokument |
Rechtskraft: | Kein Rechtsmittel gegeben |
Rechtsgrundlagen des Urteils: | Art. 104 StPO ;Art. 107 BGG ;Art. 135 StPO ;Art. 19 Or;Art. 226 StGB ;Art. 38 StPO ;Art. 382 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 395 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 40 StPO ;Art. 423 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 429 StPO ;Art. 6 StPO ;Art. 68 StPO ;Art. 7 BGG ;Art. 81 BGG ; |
Referenz BGE: | 139 IV 199; 139 IV 206; ; |
Kommentar: | Schmid, Praxis, 2. Aufl., Zürich, Art. 68; Art. 135, 2013 |
Entscheid des Bundesstrafgerichts
Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: BB.2013.185 |
Verfügung vom 30. Dezember 2013 | ||
Besetzung | Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Einzelrichter, Gerichtsschreiber Martin Eckner | |
Parteien | Rechtsanwalt A , Beschwerdeführer | |
gegen | ||
Bundesstrafgericht, Strafkammer , Beschwerdegegnerin | ||
Gegenstand | Entschädigung der amtlichen Verteidigung |
Sachverhalt:
A. Im vorliegenden Verfahren ficht Rechtsanwalt A. die Höhe seiner Auslagenentschädigung im Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2012.46 vom 7. November 2013 an. Er strebt an, dass ihm die Kosten eines privaten Übersetzers von Fr. 2'961.-- (nachfolgend "die Übersetzungskosten") ersetzt werden. Die Übersetzung betrifft das Dokument "Bericht des italienischen Ministeriums für Inneres" vom 15. April 2010 (nachfolgend "der Bericht"; cl. 14 pag. 14 410 007-024 [17 Seiten]). Dazu kam es folgendermassen:
B. Mit Urteil vom 22. Juli 2011 ( SK.2011.6 ) sprach die Strafkammer des Bundesstrafgerichts (hernach "Strafkammer") B., C. und D. der strafbaren Vorbereitungshandlungen zu Brandstiftung gemäss Art. 260 bis Abs. 1 StGB sowie des Verbergens und Weiterschaffens von Sprengstoffen gemäss Art. 226 Abs. 2 StGB schuldig und verhängte gegen sie unbedingte Freiheitsstrafen. RA A. ist der amtliche Verteidiger von B.
Das Verfahren wurde in deutscher Sprache geführt. B. ist italienischer Muttersprache und ohne Deutschkenntnisse. In der Hauptverhandlung befragte ihn ein italienischsprachiges Gerichtsmitglied. Eine anwesende Dolmetscherin übersetzte die Einvernahme von zwei Zeugen ins Italienische, wie auch den Beweisbeschluss des Gerichts. Das am Ende der Verhandlung mündlich verkündete Urteilsdispositiv und die mündliche Begründung des Urteils wurden nicht entsprechend übersetzt (aus dem Urteil des Bundesgerichts 6B_722/2011 vom 12. November 2012, E. 2.1).
D ie Strafkammer entschädigte RA A. für das Verfahren SK.2011.6 mit separatem Urteil SN.2011.16 vom 5. Oktober 2011 (E. I). Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
C. Das Bundesgericht hob das Urteil SK.2011.6 am 12. November 2012 auf und wies die Sache zur neuen Entscheidung an die Strafkammer zurück (Urteil des Bundesgerichts 6B_722/2011 ; act. 1.1 S. 4 E. D und E). Ausschlaggebend war, dass sich unter anderem der Bericht nicht in den Strafakten befunden hatte.
Daraufhin forderte die Strafkammer von der Bundeskriminalpolizei den Bericht ein. RA A. erhielt am 28. Januar 2013 umfassend Einsicht. Er stellte danach Beweisanträge und Anträge zum Verfahren (act. 1.1 S. 4 E. F).
D. Das Urteil der Strafkammer vom 7. November 2013 ( SK.2012.46 ) entschädigte RA A. für die amtliche Verteidigung seit der Rückweisung und zwar mit Fr. 4'000.-- (inkl. MwSt.; act. 1.1 S. 42 Ziff. VI.1. Abs. 1). Frühere Kosten und Entschädigungen, wie gemäss Urteil SK.2011.6 vom 22. Juli 2011 zugesprochen, blieben unverändert (act. 1.1 S. 34 E. 5.1 und 6.1). Anders als beantragt, entschädigte das Urteil keine Übersetzungskosten (act. 1.1 S. 34 f. E. 6.2).
E. Dagegen reichte RA A. am 2. Dezember 2013 Beschwerde ein (act. 1) und beantragt:
"1. Dispositiv-Ziffer IV.1. Abs. 1 (richtig: Ziffer VI.1. Abs. 1) des Urteils vom 7. November 2013 im Verfahren SK.2012.46 sei aufzuheben;
2. dem Beschwerdeführer sei zusätzlich zur ausgerichteten Entschädigung für seine Bemühungen als amtlicher Verteidiger von B. im Betrag von CHF 4'000.- (inkl. MwSt) eine Entschädigung für die Auslagen im Betrag von CHF 2'961.- auszurichten;
unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten Beschwerdegegnerin."
Eingeladen zur Stellungnahme, reichte die Strafkammer am 12. Dezember 2013 eine Vernehmlassung ein (act. 3). Sie wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis zugestellt (act. 4).
Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.
Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gegen Verfügungen und Beschlüsse sowie gegen Verfahrenshandlungen der Strafkammer des Bundesstrafgerichts als erstinstanzliches Gericht des Bundes kann - ausser gegen verfahrensleitende Entscheide - bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde nach den Vorschriften der Art. 393 ff . StPO erhoben werden (hernach "StPO-Beschwerde"; Art. 393 Abs. 1 lit. b StPO i.V.m. Art. 35 Abs. 1 und Art. 37 Abs. 1 StBOG und Art. 19 Abs. 1 des Organisationsreglements vom 31. August 2010 für das Bundesstrafgericht [Organisationsreglement BStGer, BStGerOR; SR 173.713.161]).
Zur Beschwerde berechtigt sind jede Partei oder anderen Verfahrensbeteiligten, welche ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides haben (Art. 382 Abs. 1 StPO ; Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 S. 1308 ). Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert zehn Tagen schriftlich und begründet einzureichen (Art. 396 Abs. 1 StPO ).
1.2 Zu entscheiden ist vorab, ob die Beschwerdekammer nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts für die Beschwerde funktionell zuständig ist.
Dem amtlichen Verteidiger steht gegen den Entschädigungsentscheid des erstinstanzlichen Gerichts im Sinne von Art. 135 Abs. 2 StPO lediglich die StPO-Beschwerde offen. Dies, da der amtliche Verteidiger (wie auch der unentgeltliche Rechtsbeistand der Privatklägerschaft) nicht Verfahrensparteien sind (Art. 104 Abs. 1 StPO). Was ihr Honorar betrifft, gründet die Rechtsmittellegitimation nicht in Art. 382 StPO, sondern in der besonderen Regelung des Art. 135 Abs. 3 lit. a StPO bzw. Art. 138 Abs. 1 i.V.m. Art. 135 Abs. 3 lit. a StPO (BGE 139 IV 199 E. 5.2).
Allerdings ist die Berufung ein reformatorisches Rechtsmittel und die StPO-Beschwerde im Verhältnis zur Berufung subsidiär. Tritt das Berufungsgericht auf die Berufung ein, so fällt es ein neues Urteil, welches das erstinstanzliche Urteil ersetzt (Art. 408 StPO). Damit entfällt das Anfechtungsobjekt des parallelen Beschwerdeverfahrens. Ist dies der Fall, sind die Einwände des amtlichen Verteidigers gegen die Höhe seiner Entschädigung mit der Berufung zu behandeln (BGE 139 IV 199 E. 5.6).
1.3 Das vorliegend gegen das Urteil der Strafkammer mögliche Rechtsmittel ans Bundesgericht ist allerdings keine Berufung nach StPO, sondern eine Beschwerde nach Bundesgerichtsgesetz (BGG; SR 173.110).
Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG legitimiert zur Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht (hernach "BGG-Beschwerde"), wer ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat; dazu zählt nach Ziffer 5 insbesondere die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann. Nicht speziell erwähnt ist der amtliche Verteidiger.
BGE 139 IV 199 E. 2 und 5.4 behandelt für gewissen Fragen private und amtliche Verteidigungen gleich. Gegen Entscheide über Entschädigungen gestützt auf Art. 429 Abs. 1 StPO (darunter also für die Kosten des privaten Verteidigers) ist für die Verfahrensparteien die BGG-Beschwerde gegeben (BGE 139 IV 206 E. 1).
1.4 Zwischen der BGG-Beschwerde und der StPO-Beschwerde (gleichgültig ob letztere sich gegen Entscheide der Strafkammer oder Berufungsurteile richtet) ist das Verhältnis gesetzlich nicht geregelt. Es kann nicht gesagt werden, die StPO-Beschwerde sei a priori auch zur BGG-Beschwerde subsidiär. Ebenso sind die Wirkungen eines Urteils der Berufungsinstanz und des Bundesgerichts verschieden: Ein Berufungsgericht fällt ein neues Urteil, welches das erstinstanzliche Urteil ersetzt (so ausdrücklich Art. 408 StPO ). Weniger apodiktisch ist Art. 107 Abs. 2 BGG, der nicht zwingend zu einem reformatorischen Entscheid führt. Folglich entfällt das Anfechtungsobjekt eines parallelen StPO-Beschwerdeverfahrens nur, falls das Bundesgericht über die Entschädigung des amtlichen Verteidigers entscheidet resp. auf diese Frage eintritt.
Bei der Rückweisung des ersten Urteils der Strafkammer ( SK.2011.6 ) äusserte sich der bundesgerichtliche Entscheid nicht zur Entschädigung des amtlichen Verteidigers (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 6B_722/2011 vom 12. November 2012, Dispositiv Ziff. 1). Dementsprechend war im neuen Urteil der Strafkammer SK.2012.46 nicht mehr die Entschädigung des ganzen Verfahrens strittig (S. 34; Dispositiv Ziff. VI.1. Abs. 1; die Verfahrenskosten wurden neu, jedoch unverändert, verteilt, Ziff. V.).
1.5 Allerdings: Gegen Urteile der Strafkammer nimmt die BGG-Beschwerde die Funktion der Berufung nach StPO wahr. Entschied zudem das Bundesgericht, dass u.a. die Staatsanwaltschaft die Höhe der Entschädigung der privaten wie auch amtlichen Verteidigung mit Berufung und hernach BGG-Beschwerde in Strafsachen anfechten kann (BGE 139 IV 199 E. 2/4), so lägen überschneidende Zuständigkeiten vor (BGE 139 IV 199 E. 5.6), die zur Zuständigkeit des Bundesgerichts führten, falls es auf eine erhobene BGG-Beschwerde einträte. Mit der Kompetenzattraktion beim Bundesgericht - analog derjenigen kantonaler Berufungsinstanzen - entfiele mit dieser Rechtsprechung die funktionelle Zuständigkeit der Beschwerdekammer.
1.6 Dies stünde in einer gewissen Spannung zur Funktion eines höchsten Gerichts, dessen primäre Aufgaben (anders als bei einer Berufungsinstanz) in der letztinstanzlichen Beantwortung von Rechtsfragen und in der Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung des Bundesrechts liegen (Urteil des Bundesgerichts 1B_595/2011 vom 21. März 2012, E. 2.3). Dies drückt sich juristisch u.a. im eigenen Verfahrenserlass (BGG) des Bundesgerichts aus.
Ein Spannungsverhältnis besteht ebenso zu den Aufgaben, für welche die StPO Beschwerdeinstanzen schuf, nämlich für Rechtsmittel gegen (Zwischen-)Entscheide ohne unmittelbaren Befund über Schuld und Strafe. Art. 135 Abs. 3 StPO sieht ausdrücklich eine StPO-Beschwerde vor. Dass das Bundesgericht erstinstanzlich Aufgaben einer StPO-Beschwerdeinstanz an die Hand nehmen müsste, erscheint nicht von vornherein als sachgerecht.
1.7 Die Unterschiede der anwendbaren Verfahrenserlasse und der Funktion der Gerichte sprechen vorliegend - wenngleich nicht in klaren Tönen - für die Zuständigkeit der Beschwerdekammer. Dies entspricht auch der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Entscheids ( SK.2012.46 ). Sind demnach sämtliche Eintretensvoraussetzungen erfüllt, ist auf die form- und fristgemäss eingereichte Beschwerde einzutreten.
1.8 Geht der vorliegende Entscheid von der Zulässigkeit der StPO-Beschwerde aus, ist die Stellung der Anklagebehörde (und allfälliger übriger Parteien, BGE 139 IV 199 E. 5.5) abzustimmen.
Wie in obiger Erwägung 1.5 dargestellt, ist die Bundesanwaltschaft (nachfolgend "BA") als Anklagebehörde im Rahmen einer Berufung zur Anfechtung der Verteidigerentschädigung berechtigt (BGE 139 IV 199 E. 2/4). Ihr könnte folglich im StPO-Beschwerdeverfahren die Legitimation nicht a priori abgesprochen werden.
Gegebenenfalls wäre somit inskünftig eine Anklagebehörde - zumindest in ein Verfahren nach Art. 135 Abs. 3 StPO und soweit es die besondere Situation der Strafkammer auf Bundesebene betrifft - in das Verfahren einzubeziehen. Dies milderte auch die in BGE 139 IV 199 E. 2 skizzierten Interessensgegensätze (und wohl auch die angetönte Problematik der reformatio in peius). Jedenfalls wirkt sich vorliegender Entscheid auf die dargelegte Stellung (obige Erwägung 1.5) der BA aus. Ihr ist daher zur Wahrung ihrer allfälligen Rechte dieser Entscheid vor Ablauf der BGG-Beschwerdefrist ebenfalls mitzuteilen. Wollte vorliegend das Bundesgericht die in Art. 135 Abs. 3 StPO vorgesehene Beschwerdemöglichkeit mit der BGG-Beschwerde verschmelzen, so stünde der vorliegende Entscheid dem auch ohne direkte Anfechtung (Art. 79 BGG ) nicht entgegen: Als funktionell unzuständig ergangen, wäre er wohl unwirksam.
2. Ist die Beschwerdeinstanz ein Kollegialgericht, so beurteilt deren Verfah-rensleitung die Beschwerde allein, wenn es um die wirtschaftlichen Nebenfolgen eines Entscheides bei einem strittigen Betrag von nicht mehr als Fr. 5'000.-- geht (Art. 395 lit. b StPO , Art. 38 StBOG , Art. 19 Abs. 3 BStGerOR i.V.m. Art. 58 StBOG ).
Der Streitwert bleibt vorliegend unter der gesetzlichen Grenze von Fr. 5'000.--. Die Beschwerde ist daher durch den Einzelrichter zu beurteilen (vgl. die Verfügungen des Bundesstrafgerichts BB.2012.37 vom 10. August 2012, E. 2; BB.2012.64 vom 30. Juli 2012, E. 1.1; BB.2013.91 vom 25. Juli 2013, E. 2).
3.
3.1 Am 22. April 2010 setzte die BA den Beschwerdeführer gestützt auf Art. 36 Abs. 1 BStP als notwendigen Verteidiger von B. ein (cl. 7 pag. 16-03-0006). Fragen der sprachlichen Verständigung wurden erst am 7. Juli 2010 und durch die BA selbst angesprochen ( cl. 7 pag. 16-03-0008), ausgelöst durch eine Beanstandung des Verteidigers eines anderen Beschuldigten (1. Juli 2010, cl. 7 pag. 16-01-0030). Dieser verlangte, dem Beschwerdeführer gleich, eine Dolmetscherin auf Anwaltsbesuch ins Gefängnis mitnehmen zu können. Von dieser Begleitung hatte die BA indessen keine Kenntnis (9. Juli 2010, cl. 7 pag. 16-01-0032). Das genannte Schreiben der BA vom 7. Juli 2010 an den Beschwerdeführer weist im zweiten Absatz darauf hin, dass einem Anwalt selbst keine Übersetzung bezahlt wird und erwähnte, ihn möglicherweise zu ersetzen (mit Rechtsbelehrung wiederholt am 29. Juli 2010, cl. 7 pag. 16-03-0016).
Der Beschwerdeführer antwortete am 20. Juli 2010 (cl. 7 pag. 16-03-0012), dass er "nie behauptet habe, Italienisch sei meine Muttersprache oder dergleichen". Eine Verständigung in nicht-komplexen Angelegenheiten sei möglich. Es sei unverhältnismässig, wegen einzelnen Dolmetschereinsätzen anzudrohen, den Wunschverteidiger des Beschuldigten aus dem Amt zu entfernen. Er bitte um Mitteilung, wenn er einen weiteren Gefängnisbesuch mit Dolmetscherin abhalten dürfe, ohne als amtlicher Verteidiger entlassen zu werden. Die BA liess ihm die gewünschte Bewilligung am 23. Juli 2010 zukommen (cl. 7 pag. 16-03-0014), unter Hinweis auf den "zweiten Absatz unseres Schreibens vom 7. Juli 2010".
In ihrem Urteil SN.2011.16 vom 5. Oktober 2011, E. 3.1 und 3.3, ging die Strafkammer davon aus, dass der Beschwerdeführer von der BA als amtlicher Verteidiger eingesetzt worden sei. Eine Interpretation als erbetener Verteidiger widerspräche Treu und Glauben. Ein Wechsel des amtlichen Verteidigers aus rein sprachlichen Gründen komme nach der Anklageerhebung kaum (mehr) in Frage. Der Beschwerdeführer wurde im Urteil für die Kosten des für zwei Gefängnisbesuche privat beigezogenen Dolmetschers entschädigt (E. 4.4.3).
Das Gesuch des Beschwerdeführers vom 5. März 2013 um vorzeitige Entschädigung für die Übersetzung des Berichts war vom Vorsitzenden abgewiesen worden, da darüber erst im Endentscheid befunden werde (act. 1.1 S. 34 f. E. 6.2; cl. 14 pag. 14-721-001-005).
3.2 Die Strafkammer, in ihrer Stellungnahme, verweist darauf, dass sie keinen Übersetzer nach Art. 68 StPO bestellt habe. Der Dolmetscher diene primär der Instruktion des Verteidigers bei einem nicht der Verfahrenssprache mächtigen Beschuldigten. Für sich selbst könne der Verteidiger nach der Rechtsprechung keinen Übersetzer beanspruchen. Hier habe weder eine solche Instruktion stattgefunden, noch habe der italienisch sprechende Beschuldigte das italienische Dokument nicht verstehen können. Aus der Vergütung der Dolmetscherkosten im Urteil der Strafkammer SN.2011.16 vom 5. Oktober 2011, E. 4.4.3, dürfe der Beschwerdeführer nicht ableiten, dass ihm auch die Übersetzung von Verfahrensakten entschädigt werde (act. 3 S. 2 Ziff. 3).
3.3 Der Beschwerdeführer begründet seine Beschwerde wie folgt: Er habe das wichtigste der drei Dokumente, dessen Fehlen in den Prozessakten hauptsächlich für die Rückweisung verantwortlich gewesen sei, aus Gründen der sorgfältigen Mandatsführung vom anerkannten Gerichtsdolmetscher E. übersetzen lassen.
Er sei direkt nach der Inhaftierung seines Mandanten auf dessen Wunsch hin zum amtlichen Verteidiger bestellt worden. Die BA und die Beschwerdegegnerin seien von Anfang an im Bild gewesen, dass das Italienisch des Verteidigers nicht ausreiche, um im ganzen Verfahren gänzlich auf den Beizug von Übersetzern zu verzichten. Die Verweigerung setze die Beschwerdegegnerin in Widerspruch zu ihrem Urteil SN.2011.16 , E. 3.3.
Ohne die Übersetzung hätte er nicht mit Gewissheit entscheiden können, ob Beweisergänzungsanträge zu stellen seien. Die Übersetzung sei für eine genügende Verteidigung notwendig gewesen. Er sei dabei auch auf Ungereimtheiten gestossen. Ob im Anschluss an die Übersetzung ein Instruktionsgespräch stattgefunden habe oder nicht, sei nicht entscheidend, zumal sich nicht tatsächliche, sondern rechtliche Fragen gestellt hätten. Nach Art. 68 Abs. 3 StPO seien auch Dokumente aus Amtssprachen zu übersetzen. Entscheidend sei, ob der Verteidiger das Dokument verstehe.
3.4 Im Gegensatz zum Beschuldigten können Rechtsbeistände für sich selbst keinen Übersetzer beanspruchen. Allenfalls bestehe eine solche Möglichkeit für den Verkehr mit fremdsprachigen Beschuldigten, wobei die Bestellung von der Strafbehörde nach Art. 68 Abs. 1 StPO erfolgen soll (so Schmid , Praxiskommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, Art. 68 N. 4 und Art. 135 N. 3). Die Gerichtspraxis geht hierbei davon aus, dass ein Schweizer Anwalt die Landessprachen zumindest passiv ausreichend beherrscht und ihm hierfür keine Übersetzung zu entschädigen ist (Urteil des Bundesgerichts 1A.71/2005 vom 11. Mai 2005, E. 4.1; TPF 2009 3 E. 1.4.3; TPF 2004 48 E. 2.4).
3.5 Vorliegender Sachverhalt weist verschiedene ausgeprägte Besonderheiten auf. Nachdem die unvollendeten Sprachfertigkeiten des Verteidigers der BA bekannt wurden, gelang es nicht, klare Rechtsverhältnisse zu schaffen. Zusammen mit der Wahl des Deutschen als Verfahrenssprache - angesichts der Sprache der Beschuldigten nicht optimal (vgl. Art. 3 Abs. 2 lit. a StBOG ) - legte dies den Grundstein des jetzigen Verfahrens. Dazu treten weitere Besonderheiten:
Zunächst wies das Bundesgericht das Verfahren (auch) deshalb zurück, weil es die Verteidigungsrechte verletzte, dass sich der Bericht nicht in den Strafakten befunden hatte ( Urteil des Bundesgerichts 6B_722/2011 vom 12. November 2012, E. 4.8.2). Die zentrale und unabdingbare Stellung des Berichts ist somit für das Rückweisungsverfahren höchstrichterlich festgestellt.
Hierzu kommt, dass der Verteidiger (weiter) wirken durfte, obwohl seine unvollständigen Kenntnisse des Italienischen zeitig bekannt waren. Die Vermutung, dass ein Schweizer Anwalt die Landessprachen zumindest passiv ausreichend beherrscht, ist damit vorliegend nicht anwendbar. Weiter hat er seine Sprachdefizite rechtzeitig offengelegt (zu diesem Erfordernis TPF 2009 3 E. 1.4.1). Auch deshalb kann hier die Frage der Anwendbarkeit von Art. 68 Abs. 1 StPO offenbleiben. Täte es ein Verteidiger allerdings nicht bereits anlässlich seiner Bestellung, muss er sich ein Übernahmeverschulden vorhalten lassen.
Der nicht kurze Bericht ist selbst bei nicht unterdurchschnittlichen Italienischkenntnissen anspruchsvolle Lektüre, eine Übersetzung unter den vorliegenden Umständen erforderlich. Dass es dazu Alternativen gegeben hätte, wie den Beizug des Beschuldigten für eine grobe Übersetzung, ist nicht einsehbar und wird nicht vorgebracht. Ob allenfalls eine Zusammenfassung auf Deutsch genügt hätte, kann hier ebenfalls offenbleiben.
Die Übersetzungskosten sind folglich notwendige Auslagen gemäss Art. 11 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]) , und zu entschädigen. Dies weicht nicht vom Grundsatz ab, dass ein Verteidiger für sich keinen Übersetzer beanspruchen kann, da der Beschwerdeführer hier (wie und für wen genau interessiert nicht) im Interesse des Verfahrens tätig wurde.
3.6 Zusammenfassend sind die erhobenen Rügen begründet. Der Verteidiger hat rechtzeitig auf seine unvollständigen Sprachfertigkeiten hingewiesen. Die Vermutung, ein Schweizer Anwalt beherrsche die Landessprachen zumindest passiv ausreichend, greift vorliegend nicht. Der Verteidiger liess ein zweifellos zentrales italienisches Dokument übersetzen. Valable Alternativen standen nicht zur Verfügung. Die Übersetzungskosten sind damit als notwendige Auslagen (Art. 11 Abs. 1 BStKR ) zu entschädigen.
4. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Gerichtsgebühren zu erheben (Art. 423 Abs. 1 StPO ; Art. 428 Abs. 1 StPO ).
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer für seine Aufwendungen im vorliegenden Verfahren eine Parteientschädigung von pauschal Fr. 750.-- (inkl. MwSt.) zu entrichten (Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO ; Art. 73 StBOG und Art. 5 und 8 Abs. 1 BStKR ).
Demnach erkennt der Einzelrichter:
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Rechtsanwalt A. werden im Verfahren SK.2012.46 für die Verteidigung von B. Auslagen für die Übersetzung von Fr. 2'961.-- vergütet und zwar zusätzlich zur ihm (im Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2012.46 vom 7. November 2013, Dispositiv Ziffer 6 1.) bereits zugesprochenen Entschädigung.
2. Es werden keine Gerichtsgebühren erhoben.
3. Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer für das vorliegende Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 750.-- (inkl. MwSt.) zu bezahlen.
Bellinzona, 30. Dezember 2013
Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts
Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber :
Zustellung an
- Rechtsanwalt A.
- Bundesstrafgericht, Strafkammer
- Bundesanwaltschaft
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben (vgl. Art. 79 BGG ).
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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