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Entscheid des Bundesstrafgerichts: RR.2012.53 vom 20.07.2012

Hier finden Sie das Urteil RR.2012.53 vom 20.07.2012 - Beschwerdekammer: Rechtshilfe

Sachverhalt des Entscheids RR.2012.53


Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts

Instanz:

Bundesstrafgericht

Abteilung:

Beschwerdekammer: Rechtshilfe

Fallnummer:

RR.2012.53

Datum:

20.07.2012

Leitsatz/Stichwort:

Auslieferung an Deutschland. Beschwerde gegen Auslieferungsentscheid (Art. 55 IRSG).

Schlagwörter

Auslieferung; Bundes; Recht; Apos;; Verfahren; Urteil; Sachverhalt; Verfahrens; Schweiz; Dresden; Staat; Verfahrensakten; Amtsgerichts; Firma; Bundesstrafgericht; Entscheid; Betrug; Höhe; Justiz; Sachverhalts; Kredit; Verhalten; Bundesstrafgerichts; Rechtshilfe; Arbeitnehmer; Auslieferungsersuchen

Rechtsgrundlagen des Urteils:

Art. 14 StGB ;Art. 19 Or;Art. 25 StGB ;Art. 50 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ;Art. 8 AHVG ;Art. 84 BGG ;Art. 87 AHVG ;

Referenz BGE:

101 Ia 405; 118 IV 359; 120 IV 186; 125 II 569; 125 IV 124; 126 IV 165; 129 IV 165; 132 II 81; 133 IV 76; 135 IV 212; 136 IV 179; 136 IV 82; 136 IV 88; ;

Kommentar:

-

Entscheid des Bundesstrafgerichts

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: RR.2012.53

Entscheid vom 20. Juli 2012
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz,

Emanuel Hochstrasser und Cornelia Cova ,

Gerichtsschreiberin Marion Schmid

Parteien

A. , vertreten durch Rechtsanwalt Paul-Lukas Good,

Beschwerdeführerin

gegen

Bundesamt für Justiz,Fachbereich Auslieferung,

Beschwerdegegner

Gegenstand

Auslieferung an Deutschland

Beschwerde gegen Auslieferungsentscheid
(Art. 55 IRSG )


Sachverhalt:

A. Das sächsische Staatsministerium der Justiz ersuchte die Schweiz mit Schreiben vom 21. Januar 2011 (Verfahrensakten BJ act. 11), ergänzt am 12. Mai 2011 (Verfahrensakten BJ act. 22) um Auslieferung der deutschen Staatsangehörigen A. zwecks Auslieferung im Hinblick auf die Vollstreckung einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 21. Juli 2006 unter Einbezug der Urteile vom 16. Juni 2005 und 7. März 2006 i.V.m. dem Widerrufsbeschluss des Amtsgerichts Dresden vom 30. September 2009 wegen Betrugs, Subventionsbetrugs sowie Veruntreuens von Arbeitsentgelt. Ferner soll eine Freiheitsstrafe von neun Monaten vollstreckt werden aus dem Urteil des Amtsgerichts Dippoldiswalde vom 5. Dezember 2008 i.V.m. dem Urteil des Landgerichts Dresden vom 4. August 2009 wegen Betrugs (Verfahrensakten BJ act. 11A). Mit Schreiben vom 20. Juni 2011 ersuchte das sächsische Staatsministerium der Justiz die Schweiz schliesslich noch um Auslieferung von A. für den ihr im Haftbefehl des Amtsgerichts Dresden vom 6. Dezember 2010 zur Last gelegten Betrug (Verfahrensakten BJ act. 24).

B. Anlässlich ihrer Einvernahme vom 10. November 2011 durch die Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz erklärte A., mit einer Auslieferung an Deutschland nicht einverstanden zu sein. Auf eine Inhaftierung wurde vorläufig verzichtet (Verfahrensakten BJ act. 37).

C. Das Bundesamt für Justiz (nachfolgend "BJ") erliess am 14. Februar 2012 einen Auslieferungshaftbefehl und bewilligte die Auslieferung A. an Deutschland für die dem Auslieferungsersuchen des sächsischen Staatsministeriums der Justiz vom 21. Januar 2011, bzw. vom 12. Mai 2011 sowie vom 20. Juni 2011 zugrunde liegenden Straftaten (act. 1.2). Dagegen gelangte A. mit Beschwerde vom 16. März 2012 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und beantragt Folgendes (act. 1):

"1. Es seien in Aufhebung des Entscheid des Bundesamts für Justiz vom 14. Februar 2012 die Auslieferungsersuchen vom 21. Januar 2011 und 20. Juni 2011 zurückzuweisen und die Beschwerdeführerin sei nicht auszuliefern.

2. Eventualiter sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und zur Ergänzung der Auslieferungsersuchen vom 21. Januar 2011 und 20. Juni 2011 durch sämtliche Verfahrensakten aus den Gerichtsverfahren bzw. dem Untersuchungsverfahren sowie zur Neubeurteilung an das Bundesamt für Justiz zurückzuweisen.

3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdegegnerin"

Das BJ beantragt mit Vernehmlassung vom 12. April 2012 die kostenfällige Abweisung der Beschwerde (act. 6). Innert verlängerter Frist hält die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 14. Mai 2012 an ihren Anträgen fest (act. 10). Das BJ verzichtete auf eine Duplik (act. 12), worüber die Beschwerdeführerin am 25. Mai 2012 in Kenntnis gesetzt wurde (act. 13). Diese reichte am 6. Juni 2012 unaufgefordert eine ergänzende Stellungnahme ein (act. 14).

Auf die weiteren Ausführungen der Parteien und die eingereichten Unterlagen wird, soweit erforderlich, in den folgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Für den Auslieferungsverkehr zwischen der Schweiz und Deutschland sind primär das Europäische Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EAUe; SR 0.353.1), das zu diesem Übereinkommen am 17. März 1978 ergangene zweite Zusatzprotokoll (2. ZP; SR 0.353.12), welchem beide Staaten beigetreten sind, sowie der zwischen der Schweiz und Deutschland abgeschlossene Zusatzvertrag über die Ergänzung des EAUe und die Erleichterung seiner Anwendung vom 13. November 1969 (Zusatzvertrag; SR 0.353.913.61) massgebend. Ausserdem gelangen die Bestimmungen der Art. 59 ff. des Übereinkommens vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 (Schengener Durchführungsübereinkommen, SDÜ; ABI. L 239 vom
22. September 2000, S. 19 - 62) zur Anwendung (BGE 136 IV 88 E. 3.1), wobei die zwischen den Vertragsparteien geltenden weitergehenden Bestimmungen aufgrund bilateraler Abkommen unberührt bleiben (Art. 59 Abs. 2 SDÜ).

1.2 Soweit diese Staatsverträge bestimmte Fragen nicht abschliessend regeln, findet auf das Verfahren der Auslieferung und der vorläufigen Auslieferungshaft ausschliesslich das Recht des ersuchten Staates Anwendung (Art. 22 EAUe ), vorliegend also das Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG; SR 351.1) und die Verordnung vom 24. Februar 1982 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSV; SR 351.11). Dies gilt auch im Verhältnis zum SDÜ (Art. 1 Abs. 1 lit. a IRSG). Das innerstaatliche Recht gelangt nach dem Günstigkeitsprinzip auch dann zur Anwendung, wenn dieses geringere Anforderungen an die Auslieferung stellt (BGE 136 IV 82 E. 3.1; 129 II 462 E. 1.1 S. 464 und 122 I 140 E. 2 S. 142). Vorbehalten bleibt die Wahrung der Menschenrechte (BGE 135 IV 212 E. 2.3; 123 II 595 E. 7c).

2. Gegen Auslieferungsentscheide des BJ kann innert 30 Tagen seit der Eröffnung des Entscheids bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde geführt werden (Art. 55 Abs. 3 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 IRSG ; Art. 12 Abs. 1 IRSG i.V.m. Art. 50 Abs. 1 VwVG ; Art. 37 Abs. 2 lit. a Ziff. 2 des Bundesgesetzes vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes, Strafbehördenorganisationsgesetz [StBOG; SR 173.71]; Art. 19 Abs. 2 des Organisationsreglements für das Bundesstrafgericht vom 31. August 2010, Organisationsreglement BStGer [BStGerOR, SR 173.713.161]). Der vorliegende Auslieferungsentscheid wurde der Beschwerdeführerin am 15. Februar 2012 eröffnet (Verfahrensakten BJ act. 50). Die Beschwerde vom 16. März 2012 ist demnach fristgerecht eingereicht worden, weshalb darauf einzutreten ist.

3.

3.1 Die Beschwerdeführerin rügt, das BJ habe sich im angefochtenen Auslieferungsentscheid bei der Prüfung der doppelten Strafbarkeit auf unzulässige Unterlagen gestützt. Die deutschen Gerichte hätten die fraglichen Sachverhalte festgehalten und gewürdigt. Das BJ habe die Sachverhaltskomplexe jedoch noch ergänzt. Mit den Hinzufügungen habe es selber eine unzulässige Beweiswürdigung vorgenommen (act. 1 Ziff. 14). Zudem sei das Erfordernis der doppelten Strafbarkeit nicht erfüllt (act. 1 Ziff. 15).

3.2

3.2.1 D em Auslieferungsersuchen ist eine Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift eines vollstreckbaren verurteilenden Erkenntnisses, eines Haftbefehls oder jeder anderen, nach den Formvorschriften des ersuchenden Staates ausgestellte Urkunde mit gleicher Rechtswirkung beizufügen ( Art. 12 Ziff. 2 lit. a EAUe ). Solange die ersuchende Behörde an ihrem Rechtshilfeersuchen festhält und keinen Rückzug erklärt, ist auf dieser Grundlage Rechtshilfe zu leisten (Urteil des Bundesgerichts 1A.218/2003 vom 17. Dezember 2003, E. 3.5; Robert Zimmermann , La coopération judiciaire internationale en matière pénale, 3. Aufl., Bern 2009, S. 287 N. 307). Dasselbe gilt auch für Auslieferungsersuchen (vgl. Entscheide des Bundesstrafgerichts RR.2010.281 vom 18. Januar 2011 E. 5.2.1; RR.2009.230 vom 16. Februar 2010, E. 3.2; RR.2007.99 vom 10. September 2007, E. 5).

3.2.2 Gemäss Art. 12 Ziff. 2 lit. b EAUe hat das Auslieferungsersuchen eine Darstellung der Handlungen, derentwegen um Auslieferung ersucht wird, zu enthalten. Zeit und Ort ihrer Begehung sowie ihre rechtliche Würdigung unter Bezugnahme auf die anwendbaren Gesetzesbestimmungen sind so genau wie möglich anzugeben. Die Sachverhaltsdarstellung kann im Ersuchen oder in dessen Beilagen enthalten sein (Art. 10 IRSV). Der ersuchte Staat kann vom ersuchenden Staat ergänzende Unterlagen verlangen, wenn sich die übermittelten Unterlagen für eine Entscheidung als unzureichend erweisen (Art. 13 EAUe). Unter dem Gesichtspunkt des hier massgebenden EAUe reicht es grundsätzlich aus, wenn die Angaben im Rechtshilfeersuchen sowie in dessen Ergänzungen und Beilagen es den schweizerischen Behörden ermöglichen zu prüfen, ob ausreichende Anhaltspunkte für auslieferungsfähige Straftaten vorliegen, ob Verweigerungsgründe gegeben sind bzw. für welche mutmasslichen Delikte dem Begehren allenfalls zu entsprechen ist. Der Rechtshilferichter muss namentlich prüfen können, ob die Voraussetzung der beidseitigen Strafbarkeit erfüllt ist. Die ersuchte schweizerische Behörde hat sich beim Entscheid über ein ausländisches Begehren nicht dazu auszusprechen, ob die darin angeführten Tatsachen zutreffen oder nicht. Sie hat somit nach dem Grundsatz der abstrakten beidseitigen Strafbarkeit (vgl. BGE 136 IV 179 E. 2, 2.3.4) weder Tat- noch Schuldfragen zu prüfen und grundsätzlich auch keine Beweiswürdigung vorzunehmen. Sie ist vielmehr an die Darstellung des Sachverhalts im Ersuchen gebunden, soweit diese nicht durch offensichtliche Fehler, Lücken oder Widersprüche sofort entkräftet wird (vgl. BGE 133 IV 76 E. 2.2 S. 79 ; 132 II 81 E. 2.1 S. 83 f.; Urteile des Bundesgerichts 1C_205/2007 vom 18. Dezember 2007, E. 3.2; 1A.297/2005 vom 13. Januar 2006, E. 2.3 und 3.5, je m.w.H.).

3.2.3 Die Vertragsparteien des EAUe sind grundsätzlich verpflichtet, einander Personen auszuliefern, die von den Justizbehörden des ersuchenden Staates wegen strafbaren Handlungen verfolgt werden, welche sowohl nach dem Recht des ersuchenden als auch nach dem des ersuchten Staates mit einer Freiheitsstrafe oder die Freiheit beschränkenden sichernden Massnahme im Höchstmass von mindestens einem Jahr oder mit einer schwereren Strafe bedroht sind ( Art. 1 und 2 Ziff. 1 EAUe ; vgl. auch Art. 35 Abs. 1 lit. a IRSG ). Betrifft das Auslieferungsersuchen mehrere verschiedene Handlungen wird eine Auslieferung zusätzlich zu einer Auslieferung nach Art. 2 Ziff. 1 EAUe auch wegen Handlungen gewährt, für die sie nach dem Recht eines oder beider Staaten sonst nicht zulässig wäre, insbesondere wenn die Handlungen nur mit einer Geldstrafe oder Geldbusse bedroht sind (Art. 2 Ziff. 2 EAUe ).

Für die Frage der beidseitigen Strafbarkeit nach schweizerischem Recht ist der im Ersuchen dargelegte Sachverhalt so zu subsumieren, wie wenn die Schweiz wegen des analogen Sachverhalts ein Strafverfahren eingeleitet hätte ( BGE 132 II 81 E. 2.7.2 S. 90 ). Der Rechtshilferichter prüft daher bloss "prima facie", ob der im Ausland verübte inkriminierte Sachverhalt, sofern er - analog - in der Schweiz begangen worden wäre, die Tatbestandsmerkmale einer schweizerischen Strafnorm erfüllen würde (Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2009.257 vom 29. März 2010, E. 3.2 mit Hinweisen). Die Strafnormen brauchen nach den Rechtssystemen der Schweiz und des ersuchenden Staates nicht identisch zu sein (Urteil des Bundesgerichts 1A.125/2006 vom 10. August 2006, E. 2.1 m.w.H.). Die richtige Qualifikation nach ausländischem Recht stellt kein formelles Gültigkeitserfordernis dar und ist vom Auslieferungsrichter daher nicht zu überprüfen, wenn feststeht, dass der in den Auslieferungsunterlagen umschriebene Sachverhalt den Tatbestand eines Auslieferungsdeliktes erfüllt (vgl. BGE 101 Ia 405 E. 4 S. 410 m.w.H.; Zimmermann , a.a.O., S. 536 N. 583). Anders als im Bereich der "akzessorischen" Rechtshilfe ist die Voraussetzung der beidseitigen Strafbarkeit im Auslieferungsrecht für jeden Sachverhalt, für den die Schweiz die Auslieferung gewähren soll, gesondert zu prüfen ( BGE 125 II 569 E. 6 S. 575 ; Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2007.55 vom 5. Juli 2007, E. 6.2).

3.3 Der Einwand der Beschwerdeführerin, wonach sich das BJ in seinem Auslieferungsentscheid unzulässigerweise auch auf ergänzende Unterlagen und nicht bloss auf die Sachverhaltsdarstellung in den deutschen Urteilen gestützt habe, geht fehl. Die Sachverhaltsdarstellung kann sowohl im Ersuchen als auch in dessen Beilagen enthalten sein, auch Ergänzungen sind zulässig (vgl. supra E. 3.2.2). Nachfolgend ist zu prüfen, ob die Sachverhaltskomplexe, weswegen die Auslieferung der Beschwerdeführerin verlangt wird, unter einen schweizerischen Straftatbestand subsumiert werden können und ob gemäss Art. 2 EAUe auslieferungsfähige Taten vorliegen. Gestützt auf die - teilweise auf Nachfrage des BJ - eingereichten Unterlagen der ersuchenden Behörde stellen sich die Sachverhalte wie folgt dar:

3.4 Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 21. Juli 2006 (Ziff. II. 1.)

3.4.1 Die Beschwerdeführerin schloss am 29. Oktober 2002 als Inhaberin der Firma B. in Z. einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit C. und D. ab. Dabei sollte die Beschwerdeführerin einen Kredit in der Höhe von
USD 1'156'000.-- vermitteln und 2% der Darlehenssumme als Provision erhalten. Zeitgleich wurde eine gesonderte Kostenbeteiligung über
EUR 1'900.-- abgeschlossen. Diesen Betrag übergaben C. und D. am
29. Oktober 2002 dem gesondert verfolgten E., welcher das Geld an die Beschwerdeführerin weiterleitete. Diese hätte das Geld an eine Frau F. überweisen sollen, welche die Kredite hätte beschaffen sollen. Tatsächlich legte die Beschwerdeführerin das Geld auf einem auf ihren Namen lautenden Konto in der Schweiz an und behielt es, wie beabsichtigt, für sich. Somit wusste die Beschwerdeführerin oder nahm zumindest billigend in Kauf, dass es tatsächlich nicht zur Auszahlung des Kredits kommen würde und sie unter diesen Umständen keinen Anspruch auf die Bearbeitungsgebühr in der Höhe von EUR 1'900.-- hatte (Verfahrensakten BJ act. 11A, 22).

3.4.2 Nach schweizerischem Recht erfüllt den Tatbestand des Betruges wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt. Gegenüber dem Straftatbestand des § 263 des dStGB unterscheidet sich das schweizerische Recht hinsichtlich der Umschreibung des Betrugstatbestandes dahingehend, dass Art. 146 StGB nicht nur eine Irreführung schlechthin, sondern eine arglistige Irreführung verlangt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes handelt u.a. arglistig, wer ein ganzes Lügengebäude errichtet oder sich besonderer Machenschaften oder Kniffe bedient. Ein Lügengebäude liegt vor, wenn mehrere Lügen derart raffiniert aufeinander abgestimmt sind und von besonderer Hinterhältigkeit zeugen, dass sich auch das kritische Opfer täuschen lässt. Ist dies nicht der Fall, scheidet Arglist jedenfalls dann aus, wenn sowohl das vom Täter gezeichnete Bild insgesamt wie auch die falschen Tatsachen für sich allein in zumutbarer Weise überprüfbar gewesen wären und schon die Aufdeckung einer Lüge zur Aufdeckung des ganzen Schwindels geführt hätte (BGE 126 IV 165 E. 2a; 119 IV 28 E. 3a-c, je m.w.H.). Als besondere Machenschaften gelten Erfindungen und Vorkehren sowie das Ausnützen von Begebenheiten, die allein oder gestützt durch Lügen oder Kniffe geeignet sind, das Opfer irrezuführen. Machenschaften sind eigentliche Inszenierungen; sie bestehen aus einem ganzen System von Lügen und setzen damit gegenüber einer blossen Summierung von Lügen höhere Anforderungen an die Vorbereitung, Durchführung und Wirkung der Täuschungshandlung voraus. Sie sind gekennzeichnet durch intensive, planmässige und systematische Vorkehren, nicht aber notwendigerweise durch eine besondere tatsächliche oder intellektuelle Komplexität (BGE 129 IV 165 E. 2a; 122 IV 197 E. 3d m.w.H.).

Arglist ist auch bei einfachen falschen Angaben gegeben, wenn deren
Überprüfung nicht oder nur mit besonderer Mühe möglich oder nicht zumutbar ist, sowie dann, wenn der Täter den Getäuschten von der möglichen Überprüfung abhält oder nach den Umständen voraussieht, dass dieser die Überprüfung der Angaben aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses unterlassen werde (BGE 129 IV 165 E. 2a; 125 IV 124 E. 3; 122 IV 246 E. 3a, je m.w.H.). Während früher innere Tatsachen stets als unüberprüfbar betrachtet wurden, scheidet nach BGE 118 IV 359 E. 2 S. 361 Arglist aus, wenn ohne Weiteres überprüfbare (äussere) Tatsachen erkennen lassen, dass eine zugesagte Leistung nicht erbracht werden kann (vgl. auch BGE 125 IV 124 E. 3a S. 128). Bei der Beantwortung der Frage, ob Arglist gegeben sei, ist zudem der Gesichtspunkt der Opfermitverantwortung zu berücksichtigen. Dabei ist auf die jeweilige Lage und Schutzbedürftigkeit des Betroffenen im Einzelfall abzustellen und zu prüfen, ob er sich allenfalls in einer untergeordneten Stellung befand, die der Täter ausgenützt hat ( BGE 120 IV 186 E. 1a und c mit Hinweisen).

3.4.3 Das vorgenannte Verhalten der Beschwerdeführerin wäre nach Schweizer Recht strafbar und würde den Tatbestand des Betruges erfüllen. Denn f ür die Geschädigten C. und D. war die innere Tatsache - dass die Beschwerdeführerin den versprochenen Kredit gar nicht vermitteln wollte, sondern alleine auf die nicht erfolgsabhängige, im Verhältnis zum vorgetäuschten Transaktionsvolumen gering erscheinende Bearbeitungsgebühr aus war - nicht ohne Weiteres überprüfbar. Sowohl Vermittlungsbetrüge in Form vorgetäuschter Kreditvermittlungen bei welchen die Kreditnehmer um ihre einbezahlten Gebühren gebracht werden, als auch Kapitalanlagebetrüge in Form von Trading-Geschäften sind weit verbreitete Ausprägungen von Wirtschaftskriminalität und schädigen nicht einzig leichtsinnige Opfer (vgl. Urteile des Bundesgerichts 6P.34/2007 vom 18. April 2007, E. 5.2 und 6P.190/2006 vom 30. Mai 2007, E. 7.3). Prima facie ist vorliegend von Arglist im Sinne der Rechtsprechung auszugehen. Betrug ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bedroht (Art. 146 StGB ) und stellt somit eine auslieferungsfähige Tat dar.

3.5 Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 21. Juli 2006 (Ziff. II. 2.)

3.5.1 Am 12. August 2003 beantragte die Beschwerdeführerin als Inhaberin der Firma B. für die Einstellung des gesondert verfolgten G. beim Arbeitsamt Dresden einen Eingliederungszuschuss für die Dauer von 24 Monaten in der Höhe von 50% des für die Bemessung berücksichtungsfähigen Arbeitsentgeltes von EUR 1'071.-- monatlich. Dabei versicherte die Beschwerdeführerin, dass G. in der Zeit vom 1. August 2003 bis 31. Juli 2005 bei der Firma B. beschäftigt sei und sie die Arbeitnehmeranteile für die Sozialversicherung abführen werde. Tatsächlich war G. nur für die Dauer von ca. 6 Wochen bei der Firma B. tätig, danach wurde er mit mindestens der Hälfte seiner Arbeitskraft für seinen ehemaligen Arbeitgeber, den Angeklagten H., tätig. Sowohl der Angeklagte H. als auch die Beschwerdeführerin wussten, dass sie Änderungen des Arbeitsverhältnisses umgehend dem Arbeitsamt hätten melden müssen. Wie beabsichtigt wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Arbeitsamtes Dresden vom 24. November 2003 zu Unrecht ein Eingliederungszuschuss für G. in der Höhe von insgesamt EUR 25'704.-- bewilligt, der anschliessend in der Höhe von EUR 19'278.-- zu Unrecht an die Beschwerdeführerin ausbezahlt wurde. Dadurch ersparte sich diese jegliche Aufwendungen für die Arbeitskraft des Herrn G., welcher somit voll aus öffentlichen Mitteln bezahlt wurde (Verfahrensakten BJ act. 11A).

3.5.2 Gemäss § 88 der deutschen Sozialgesetzgebung (SGB), Drittes Buch (III) können Arbeitgeber zur Eingliederung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, deren Vermittlung wegen in ihrer Person liegender Gründe erschwert ist, einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt zum Ausgleich einer Minderleistung erhalten (Eingliederungszuschuss). Eine ähnliche Regelung enthält Art. 65 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG; SR 837.0), wonach Versicherten, deren Vermittlung erschwert ist, für die Einarbeitung in einem Betrieb bei vermindertem Lohn unter gewissen Voraussetzungen Einarbeitungszuschüsse gewährt werden können. Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen andern zu Unrecht Versicherungsleistungen erwirkt; sofern nicht ein mit einer höheren Strafe bedrohtes Verbrechen oder Vergehen des Strafgesetzbuches vorliegt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft (Art. 105 AVIG ).

Das Verhalten der Beschwerdeführerin in Bezug auf die Leistungen des Arbeitsamts Dresden kann prima facie unter Art. 105 i.V.m. Art. 65 AVIG subsumiert werden und wäre daher auch in der Schweiz strafbar.

Das Auslieferungsersuchen betrifft mehrere verschiedene Handlungen. Laut Art. 2 Ziff. 2 EAUe ist die Auslieferung der Beschwerdeführerin daher auch für diejenigen Taten zu bewilligen, welche unter dem in Art. 2 Ziff. 1 EAUE gesetzten Strafmass liegen (vgl. supra E. 3.2.3).

3.6 Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 21. Juli 2006 (Ziff. II. 3.)

3.6.1 Die Beschwerdeführerin schloss als Inhaberin der Firma B. am 22. September 2004 mit den Geschädigten I. und J. einen Geschäftsversorgungsvertrag ab. Darin verpflichtete sich die Beschwerdeführerin, einen Kredit in der Höhe von USD 700'000.-- zu vermitteln. Als Bearbeitungsgebühr verlangte sie EUR 1'900.-- in bar, welche ihr J. am 22. September 2004 übergab. Die Beschwerdeführerin hätte diesen Betrag an eine Frau F. weiterleiten sollen, welche die Kredite hätte beschaffen sollen. Tatsächlich legte die Beschwerdeführerin das Geld jedoch auf einem auf ihren Namen lautenden Konto in der Schweiz an und behielt es, wie beabsichtigt, für sich. Wie die Beschwerdeführerin bereits bei Vertragsabschluss voraussah oder billigend in Kauf nahm, kam es nie zum Abschluss des Kreditvertrags (Verfahrensakten BJ act. 11A).

3.6.2 Dieses Verhalten würde prima facie ebenfalls den Tatbestand des Betruges laut Art. 146 StGB erfüllen (vgl. supra E. 3.4). Auch für die Geschädigten I. und J. war die innere Tatsache - dass die Beschwerdeführerin den versprochenen Kredit gar nicht vermitteln wollte, sondern alleine auf die nicht erfolgsabhängige, im Verhältnis zum vorgetäuschten Transaktionsvolumen gering erscheinende Bearbeitungsgebühr aus war - nicht ohne Weiteres überprüfbar (vgl. supra E. 3.4.3). Daher ist von Arglist im Sinne der Rechtsprechung auszugehen. Betrug ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bedroht (Art. 146 StGB) und stellt somit eine auslieferungsfähige Tat dar.

3.7 Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 21. Juli 2006 (Ziff. II. 4)

3.7.1 Im April 2005 beabsichtigte die Beschwerdeführerin, wohlwissend, dass sie nicht über die finanziellen Mittel verfügte, die Firma K. AG in Y./Schweiz zu kaufen. Zu der Unternehmensübernahme kam es allerdings nie. Trotzdem schloss die Beschwerdeführerin - als angebliche Vertreterin der Firma K. AG - mit einer Grundstückgesellschaft in Z. als Vermieterin einen Mietvertrag für Gewerberäume ab. Hierbei legte die Beschwerdeführerin einen für die Mieterseite angeblich von einer Person namens L. unterschriebenen Vertrag vor, welcher sie als Vertreterin der Firma K. AG bezeichnete. Dort gibt es tatsächlich einen Herrn L., der aber die Unterschrift unter dem Vertrag nicht geleistet hatte. Im Vertrauen auf die Solvenz des künftigen Mieters sowie auf die Unterschrift eines berechtigten Vertreters der Mieterseite unterzeichnete die Grundstückgesellschaft den Mietvertrag und übergab der Beschwerdeführerin die Gewerberäume ab dem 15. April 2005. Nachdem, wie die Beschwerdeführerin bereits vorab wusste, niemals Miet- und Kautionszahlungen geleistet worden waren, kündigte die Grundstückgesellschaft den Mietvertrag mit Schreiben vom 7. Juni 2005 fristlos. Bis zum damaligen Zeitpunkt waren Mietzahlungen in der Höhe von EUR 3'546.96 entstanden und die Kaution in der Höhe von EUR 1'358.92 nicht bezahlt worden. Die Beschwerdeführerin wusste, dass sie unter diesen Umständen keinen Anspruch auf die Benutzung der Räumlichkeiten hatte (Verfahrensakten BJ act. 11A, 22).

3.7.2 Gemäss Art. 251 StGB wird, wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, eine Urkunde fälscht oder verfälscht, die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützt oder eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt, eine Urkunde dieser Art zur Täuschung gebraucht, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.

3.7.3 Indem die Beschwerdeführerin aufgrund des Vorlegens eines gefälschten Vertrages, welcher sie als Vertreterin der Firma K. AG bezeichnete, die Gewerberäume benutzen konnte, hätte sie in der Schweiz prima facie den Tatbestand der Urkundenfälschung nach Art. 251 StGB erfüllt.

3.8 Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 16. Juni 2005

3.8.1 Entgegen der, der Beschwerdeführerin bekannten Verpflichtung, führte sie, obwohl ihr dies möglich war, als Inhaberin der Firma B. die Arbeitnehmeranteile in der Höhe von rund EUR 4'100.-- des bei ihr beschäftigten G. zur gesetzlichen Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung in der Zeit vom 1. August 2003 bis 31. Juli 2004 nicht an die Einzugsstelle ab (Verfahrensakten BJ act. 11A).

3.8.2 Laut Art. 87 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung ( AHVG , SR 831.10) wird, sofern nicht ein mit einer höheren Strafe bedrohtes Verbrechen oder Vergehen des Strafgesetzbuches vorliegt, mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft, wer als Arbeitgeber einem Arbeitnehmer um die Beiträge gekürzte Löhne ausrichtet und, anstatt die der Ausgleichskasse geschuldeten Arbeitnehmerbeiträge zu bezahlen, die Beiträge selber verbraucht oder damit andere Forderungen begleicht. Nach der Rechtsprechung setzt der Tatbestand von Art. 76 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG, SR 831.40) wie derjenige von Art. 87 Abs. 3 AHVG voraus, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Lohnauszahlung an die Arbeitnehmer die erforderlichen Mittel oder ein diesen entsprechendes Substrat besitzt, das er nach Auszahlung der Löhne dem Versicherungsträger zur Verfügung halten könnte. Strafbar im Sinne dieser Bestimmungen ist ein Arbeitgeber, der es unterlässt, fällige Arbeitnehmerbeiträge im letztmöglichen Zeitpunkt zu überweisen, obwohl ihm das möglich gewesen wäre bzw. weil sich eine ihm vorwerfbare Verletzung der Substraterhaltungspflicht als für die Unterlassung kausal erweist. Überweist der Arbeitgeber die fälligen Arbeitnehmerbeiträge im letztmöglichen Zeitpunkt nicht, erfüllt er den Tatbestand der Zweckentfremdung nur dann, wenn er die Substraterhaltungspflicht verletzt hat ( Urteil des Bundesgerichts 2C_465/2011 vom 10. Februar 2012, E. 3.7.4 m.w.H.).

3.8.3 Indem die Beschwerdeführerin die Arbeitnehmeranteile nicht der entsprechenden Sozialversicherung zuführte, obwohl ihr dies möglich gewesen wäre, hätte sie sich prima facie gemäss Art. 87 AHVG schuldig gemacht. Die doppelte Strafbarkeit ist auch bezüglich dieses Sachverhalts erfüllt.

3.9 Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 7. März 2006

3.9.1 Obwohl gegen die Beschwerdeführerin, wie sie wusste, bis November 2002 bereits vollstreckbare Titel von diversen Gläubigern für über EUR 83'730.-- vorlagen und sie über kein regelmässiges Einkommen verfügte, schloss sie in ihren Büroräumen in Z. einen Bauvertrag über die Erbringung diverser Bauleistungen an ihrem Einfamilienhaus mit der Firma M. ab. Wie die Beschwerdeführerin wusste, war sie nicht zahlungsfähig, täuschte jedoch ihre Zahlungsfähigkeit vor, um sich einen Vermögensvorteil durch Erhalt der Bauleistungen zu verschaffen. Durch die Firma M. wurden im November 2002 sowie März 2003 Bauleistungen erbracht, welche im April bzw. Oktober 2003 mit EUR 18'399.62 bzw.
EUR 6'753.73 in Rechnung gestellt wurden. Die Beschwerdeführerin leistete gemäss vorgefasster Absicht keinerlei Zahlungen, weshalb der Firma M. ein entsprechender Schaden entstand (Verfahrensakten BJ act. 11A).

3.9.2 Bei diesem Sachverhaltskomplex ist das Vorliegen von Arglist und daher von Betrug i.S.v. Art. 146 StGB zu verneinen (vgl. supra E. 3.4.2). Einem Bauunternehmen ist es durchaus zuzumuten, sich über die Solvenz seiner Klienten zu informieren. Da gemäss ersuchender Behörde bereits vollstreckbare Titel von Gläubigern gegen die Beschwerdeführerin vorlagen, wären entsprechende Informationen auch erhältlich gewesen. Nach schweizerischem Strafrecht liegt kein strafbares Verhalten der Beschwerdeführerin bezüglich des vorgenannten Sachverhalts vor. Die Auslieferung an Deutschland kann dafür nicht bewilligt werden, und die Beschwerde ist in diesem Punkt gutzuheissen.

3.10 Urteil des Amtsgerichts Dippoldiswalde vom 5. Dezember 2008

3.10.1 Die Beschwerdeführerin beauftragte im August 2006, nachdem sie in den Jahren 2002 und 2005 eidesstattliche Versicherungen abgelegt hatte, den Geschädigten N. mit der Lieferung und Montage sanitärer Einrichtungen und einer Badeausstattung für das von ihr bewohnte Anwesen in X. N., dem die Beschwerdeführerin von einer guten Kundin empfohlen worden war, vertraute auf deren Zahlungsfähigkeit und -willigkeit und führte am 25. und 26. Oktober 2006 die vertraglich geschuldeten Arbeiten aus. Ebenfalls installierte er hochwertige Badezimmermöbel. Wie von der Beschwerdeführerin von vornherein beabsichtigt, leistete sie auf die Rechnung des Geschädigten in der Höhe von EUR 1'600.06 keine Zahlungen. Mit Versäumnisurteil vom 4. April 2007 wurde die Beschwerdeführerin zur Zahlung von EUR 7'400.-- zuzüglich Zinsen an N. verurteilt (Verfahrensakten BJ act. 11A).

3.10.2 Auch diesbezüglich muss das Vorliegen von Arglist und daher eines strafbaren Verhaltens gemäss Art. 146 StGB verneint werden. Dem Geschädigten N. wäre es ohne Weiteres möglich gewesen, sich über die Bonität der Beschwerdeführerin zu informieren. Die Auslieferung der Beschwerdeführerin an Deutschland kann für dieses Verhalten ebenfalls nicht bewilligt werden, die Beschwerde ist in diesem Punkt gutzuheissen.

3.11 Haftbefehl des Amtsgerichts Dresden vom 6. Dezember 2010

3.11.1 Die Beschwerdeführerin soll am 7. und 8. April 2010, handelnd für eine "O. Foundation", bei der P. GmbH in Z. unter Vortäuschung ihrer Zahlungswilligkeit und -fähigkeit Büromöbel zum Preis von EUR 18'144.88 bestellt haben. Dabei sei es zu einem persönlichen Gespräch in den von der Beschwerdeführerin zum Zwecke einer Schuldnerberatung angemieteten Räumlichkeiten gekommen. Gegenstand dieses Gesprächs sei auch die Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin gewesen. Diese habe ein sympathisches und sicheres Auftreten gehabt und bei ihrem Vertragspartner einen positiven Eindruck hinterlassen. Die Beschwerdeführerin habe angegeben, für die Möblierung des Büros EUR 20'000.-- zur Verfügung zu haben, eine Schuldnerberatung zu betreiben und bisher erfolgreich tätig gewesen zu sein. Dieses Verhalten habe die geschädigte Firma in Sicherheit gewogen. Die bestellten Möbel seien in der Folge in Z. ausgeliefert worden. Wie von der Beschwerdeführerin vorgesehen und gewollt, sei weder sie noch die "O. Foundation" in der Lage gewesen, den Kaufpreis zu bezahlen. Der Lieferfirma sei damit ein Schaden in der Höhe von EUR 18'144.88 entstanden (Verfahrensakten BJ act. 11D):

3.11.2 Die Bonität der "O.Foundation" resp. der Beschwerdeführerin, welche im Jahre 2008 eine weitere eidesstattliche Versicherung abgelegt hatte, wäre ebenfalls ohne Weiteres überprüfbar gewesen, weshalb Arglist bzw. Betrug nach schweizerischem Strafrecht in diesem Fall ebenfalls zu verneinen ist. Die Auslieferung der Beschwerdeführerin wird für dieses Verhalten ebenfalls nicht bewilligt, und die Beschwerde ist auch in diesem Punkt gutzuheissen.

4. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Bonität der Beschwerdeführerin bzw. der "O. Foundation" (vgl. supra E. 3.9, 3.10, 3.11) im Gegensatz zu ihrem Willen, einen Kredit zu vermitteln (vgl. supra E. 3.4, 3.6) ohne Weiteres überprüfbar und auch zumutbar gewesen wäre. Nach dem Gesagten liegt bezüglich der Sachverhalte in den Erwägungen E. 3.9 - 3.11 kein arglistiges Verhalten der Beschwerdeführerin vor und kann daher nicht als Betrug i.S.v. Art. 146 StGB qualifiziert werden. Ihr diesbezügliches Verhalten ist auch unter keine andere Schweizerische Strafbestimmung subsumierbar und folglich nach Schweizerischem Recht nicht strafbar. Die Auslieferung der Beschwerdeführerin wird somit lediglich für die in den Erwägungen 3.4 - 3.8 umschriebenen Sachverhaltskomplexe bewilligt, für die Übrigen hingegen verweigert. Die Beschwerde ist daher teilweise gutzuheissen.

5.

5.1 Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin teilweise kostenpflichtig (Art. 39 Abs. 2 lit. b StBOG i.V.m. Art. 63 Abs. 1 VwVG ). Für die Berechnung der Gerichtsgebühr gelangt gemäss Art. 63 Abs. 5 VwVG das Reglement des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren (BStKR; SR 173.713.162) zur Anwendung. Die reduzierte Gerichtsgebühr ist auf insgesamt Fr. 2'000.-- festzusetzen (vgl. Art. 8 Abs. 3 lit. a BStKR ), unter Verrechnung des entsprechenden Betrages mit dem geleisteten Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 3'000.-- (Art. 5 und 8 Abs. 3 lit. a BStKR ). Die Bundesstrafgerichtskasse ist anzuweisen, der Beschwerdeführerin den Restbetrag von Fr. 1'000.-- zurückzuerstatten.

5.2 Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin im Umfang ihres teilweisen Obsiegens für die ihr erwachsenen notwendigen und verhältnismässigen Verteidigungskosten zu entschädigen (Art. 39 Abs. 2 lit. b StBOG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 und 2 VwVG ; Art. 11 Abs. 1 BStKR ; Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2007.6 vom 22. Februar 2007, E. 5). Die Parteientschädigung wird nach Ermessen festgesetzt, wenn spätestens mit der einzigen oder letzten Eingabe keine Kostennote eingereicht wird (Art. 12 Abs. 2 BStKR i.V.m. Art. 64 Abs. 5 VwVG und Art. 73 Abs. 1 lit. c StBOG ). Vorliegend erscheint eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- inkl. MWST angemessen.


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und das Dispositiv des Auslieferungsentscheides des Bundesamtes für Justiz vom 14. Februar 2012 wie folgt geändert:

"Die Auslieferung der Verfolgten an Deutschland wird für die den Auslieferungsersuchen des sächsischen Staatsministeriums der Justiz vom 21. Januar 2011, ergänzt am 12. Mai 2011, sowie vom 20. Juni 2011 zugrunde liegenden Straftaten bewilligt - mit Ausnahme der Straftaten bezüglich Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 7. März 2006, Urteil des Amtsgerichts Dippoldiswalde vom 5. Dezember 2008 sowie bezüglich Haftbefehl des Amtsgerichts Dresden vom 6. Dezember 2010."

Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2. Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin im Umfang ihres teilweisen Obsiegens für das Verfahren vor dem Bundesstrafgericht mit Fr. 1'500.-- inkl. MWST zu entschädigen.

3. Die Gerichtgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt, unter Verrechnung des entsprechenden Betrages mit dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 3'000.--. Die Bundesstrafgerichtskasse wird angewiesen, der Beschwerdeführerin den Restbetrag von Fr. 1'000.-- zurückzuerstatten.

Bellinzona, 24. Juli 2012

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin :

Zustellung an

- Rechtsanwalt Paul-Lukas Good,

- Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen kann innert zehn Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 100 Abs. 1 und 2 lit. b BGG ).

Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn er eine Auslieferung, eine Beschlagnahme, eine Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten oder eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Art. 84 Abs. 1 BGG ). Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG ).

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