Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts
Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Beschwerdekammer: Strafverfahren |
Fallnummer: | BB.2012.97 |
Datum: | 12.12.2012 |
Leitsatz/Stichwort: | Beschlagnahme (Art. 263 ff. StPO). |
Schlagwörter | Bundes; Bundesanwaltschaft; Akten; Rechtshilfe; Verfügung; Beschlagnahme; Staat; Sinne; Staatsanwaltschaft; Feldkirch; Beschwerdekammer; Sicherstellung; Behörden; Bundesstrafgericht; Verfahren; Ersuchen; Schweiz; Vermögenswerte; Bundesstrafgerichts; Aufhebung; Österreich; Zwangsmassnahme; Rechtshilfeersuchen; Tribunal; Überführung; Ausfertigung |
Rechtskraft: | Kein Weiterzug, rechtskräftig |
Rechtsgrundlagen des Urteils: | Art. 10 BGG ;Art. 13 StGB ;Art. 14 StGB ;Art. 16 StGB ;Art. 2 StGB ;Art. 263 StPO ;Art. 263 or;Art. 27 StGB ;Art. 393 StPO ;Art. 418 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 5 StPO ; |
Kommentar: | - |
Entscheid des Bundesstrafgerichts
Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: BB.2012.96 , BB.2012.97 |
Beschluss vom 12. Dezember 2012 | ||
Besetzung | Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz, Emanuel Hochstrasser und Tito Ponti , Gerichtsschreiber Stefan Graf | |
Parteien | 1. A. , 2. B., beide vertreten durch Rechtsanwalt Werner Rechsteiner, Beschwerdeführer | |
gegen | ||
Bundesanwaltschaft, Beschwerdegegnerin | ||
Gegenstand | Beschlagnahme (Art. 263 ff . StPO ) |
Sachverhalt:
A. Mit Verfügung vom 31. August 2010 dehnte die Bundesanwaltschaft ein bereits zuvor von ihr eröffnetes gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren aus auf C. wegen des Verdachts des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes(Art. 273 StGB ), der unbefugten Datenbeschaffung (Art. 143 StGB ), evtl. des Diebstahls (Art. 139 StGB ), evtl. der Veruntreuung (Art. 138 StGB ) und der Verletzung des Geschäftsgeheimnisses (Art. 162 StGB ), evtl. der Verletzung des Bankgeheimnisses (Art. 47 BankG ) oder der hierzu geleisteten Gehilfenschaft im Sinne von Art. 25 StGB (Akten BA, pag. 1-1-8). Am 6. September 2010 dehnte sie das gegen C. geführte Verfahren in sachlicher Hinsicht auf den Tatbestand der Geldwäscherei gemäss Art. 305 bis StGB aus (Akten BA, pag. 1-1-9).
B. Am 6. September 2010 ersuchte die Bundesanwaltschaft auf dem Wege der internationalen Rechtshilfe die Staatsanwaltschaft Feldkirch um die Vornahme von Bankabklärungen betreffend C. und um die vorsorgliche Sicherstellung und Sperrung von diesem zuzurechnenden Bankkonten (Akten BA, pag. 18-2-1 ff.). Noch am selben Tag erfolgte durch die Staatsanwaltschaft Feldkirch die Sicherstellung des auf C. lautenden Wertpapierdepots Nr. 1 sowie des ebenfalls auf C. lautenden Wertpapier-Verrech-nungskontos Nr. 2 (beide bei der Bank D. AG; Akten BA pag. 18-2-9 ff.). Am 15. September 2010 ersuchte die Bundesanwaltschaft die Staatsanwaltschaft Feldkirch ausdrücklich um Sicherstellung dieser beiden auf C. lautenden Bankverbindungen (Akten BA, pag. 18-2-95 f.). Am 16. September 2010 erliess die Staatsanwaltschaft Feldkirch eine entsprechende Anordnung (Akten BA, pag. 18-2-102 ff.) und teilte der Bundesanwaltschaft diesbezüglich mit, dass sie zur Überführung dieser provisorischen Massnahme in eine förmliche gerichtliche Beschlagnahme von dieser ein entsprechendes Ersuchen sowie die "Übermittlung der schriftlichen Ausfertigung jener Entscheidung, die (...) in der Schweiz innerstaatlich zur Beschlagnahme der Guthaben notwendig wäre, würden sich die gegenständlichen Konten in der Schweiz befinden", benötige (Akten BA, pag. 18-2-99 ff.). Nachdem C. zwischenzeitlich verstorben war, stellte die Staatsanwaltschaft Feldkirch auf Ersuchen der Bundesanwaltschaft auch die Vermögenswerte bezüglich der auf die von C. bei der E. AG abgeschlossenen Lebensversicherung sicher (Akten BA, pag. 18-2-114 ff.). Auch diesbezüglich wies die Staatsanwaltschaft Feldkirch die Bundesanwaltschaft darauf hin, dass sie zur Überführung dieser provisorischen Sicherstellung in eine förmliche gerichtliche Beschlagnahme ein entsprechendes Ersuchen und eine Entscheidung der Schweizer Behörden im oben erwähnten Sinne benötige (Akten BA, pag. 18-2-112 f.). Die Überführung der erfolgten Sicherstellungen in Beschlagnahmen wurde in der Folge vom Oberlandesgericht Innsbruck mit Beschluss vom 20. März 2012 unter Hinweis auf das Fehlen einer formellen Beschlagnahmeverfügung der Bundesanwaltschaft verweigert (Akten BA, pag. 18-2-183 ff., insbesondere 18-2-243 f.). Hierauf erliess die Bundesanwaltschaft am 31. Mai 2012 eine Vermögensbeschlagnahmeverfügung nach Art. 263 ff . StPO und ordnete Folgendes an (act. 1.2):
"1. Die gesamten auf C. bei der Bank D. AG (...) lautenden Vermögenswerte auf dem Wertpapierdepot Nr. 1 und Wertpapier-Verrechnungskonto Nr. 2 werden auf unbefristete Zeit beschlagnahmt.
2. Die gesamte von C. bei der E. AG (...) abgeschlossene Lebensversicherungssumme mit einer Einzahlung von 100.000.-- wird auf unbefristete Zeit beschlagnahmt.
3. Die Zustellung erfolgt rechtshilfeweise über die Staatsanwaltschaft Feldkirch."
Die in dieser Verfügung enthaltene Rechtsmittelbelehrung weist auf die Möglichkeit der Beschwerde nach Art. 393 ff . StPO hin (vgl. act. 1.2, S. 4).
C. Hiergegen gelangten A. und B. als Eltern und alleinige Erben des verstorbenen C. (vgl. act. 1.6) mit Beschwerde vom 15. Juni 2012 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts, nachdem die Verfügung von der Staatsanwaltschaft Feldkirch an ihren österreichischen Rechtsvertreter (Eingang bei diesem am 5. Juni 2012; vgl. act. 1, Ziff. II.2, S. 3) weitergeleitet worden war. Sie beantragen sinngemäss die Aufhebung der angefochtenen Verfügung nebst der Anweisung an die Bundesanwaltschaft, auf dem Rechtshilfeweg bei den zuständigen Behörden die Aufhebung der Sicherstellung/Beschlagnahme der sich in Österreich und in der Tschechischen Republik befindenden, auf den verstorbenen C. lautenden, Vermögenswerte zu veranlassen, unter Kosten- und Entschädigungsfolge (act. 1).
In ihrer Beschwerdeantwort vom 2. Juli 2012 beantragt die Bundesanwaltschaft, die Anträge der Beschwerdeführer auf Aufhebung der Vermögensbeschlagnahme in Österreich und Tschechien seien abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei, unter Kostenfolge zu Lasten der Beschwerdeführer (act. 4).
A. und B. halten in ihrer Replik vom 31. Juli 2012 an ihren Beschwerdeanträgen unverändert fest (act. 7) und liessen sich am 10. September 2012 nach erfolgter Akteneinsicht erneut vernehmen (act. 12). Die beiden letztgenannten Eingaben wurden der Bundesanwaltschaft am 2. August bzw. am 11. September 2012 zur Kenntnis gebracht (act. 8, 13).
Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den folgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Bundesanwaltschaft kann bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde nach den Vorschriften der Art. 393 ff . StPO erhoben werden (Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO i.V.m. Art. 37 Abs. 1 StBOG ).
1.2 Gegenstand der vorliegenden Beschwerde ist - trotz der Ausfertigung der angefochtenen Verfügung als Beschlagnahmeverfügung im Sinne von Art. 263 ff . StPO - kein Zwangsmassnahmenentscheid der Strafjustizbehörden des Bundes. Bei der fraglichen Zwangsmassnahme handelt es sich um eine gestützt auf österreichisches Prozessrecht verfügte Verfügungssperre von österreichischen Behörden hinsichtlich sich in Österreich befindender Vermögenswerte. Daran ändert der Umstand nichts, dass die österreichischen Behörden diese Verfügungssperren aufgrund eines schweizerischen Rechtshilfeersuchens verfügt haben bzw. im Rechtshilfeverfahren von der Beschwerdegegnerin nunmehr eine formelle Beschlagnahmeverfügung verlangt haben. Die angefochtene Verfügung ist daher kein Anfechtungsobjekt im Sinne des Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO , sondern Teil eines schweizerischen Rechtshilfeersuchens an Österreich bzw. dient lediglich zu dessen Ergänzung. Die Beschwerdeführer beantragen im Rahmen ihrer Beschwerde, die Beschwerdegegnerin sei im Rahmen der von ihr geführten Strafuntersuchung anzuweisen, auf dem Rechtshilfeweg die Aufhebung der von ihr veranlassten Vermögenssperren zu erwirken. Bei der Streitfrage, ob die Beschwerdegegnerin im Rahmen einer Untersuchungsmassnahme ein internationales Rechtshilfe- bzw. Rückzugsersuchen im Sinne des IRSG zu stellen habe oder nicht, handelt es sich ebenso nicht um einen strafprozessualen Zwangsmassnahmenentscheid im Sinne der StPO (vgl. zum Ganzen bereits das Urteil des Bundesgerichts 1B_285/2011 vom 18. November 2011, E. 2.2; siehe in diesem Zusammenhang auch TPF 2006 280 E. 2.2). Auf die vorliegende Beschwerde kann somit als solche im Sinne der Art. 393 ff . StPO mangels zulässigen Anfechtungsobjekts nicht eingetreten werden.
1.3 Art. 54 StPO sieht ausdrücklich vor, dass die Gewährung der internationalen Rechtshilfe und das Rechtshilfeverfahren sich nur soweit nach den Bestimmungen der StPO richten, als andere Gesetze des Bundes und völkerrechtliche Verträge dafür keine Bestimmungen enthalten. Die Anfechtbarkeit von schweizerischen Rechtshilfeersuchen an einen anderen Staat richtet sich nach Art. 25 Abs. 2 IRSG . Demnach ist gegen ein solches Ersuchen die Beschwerde nur zulässig, wenn der ausländische Staat von den schweizerischen Behörden um Übernahme der Strafverfolgung oder der Urteilsvollstreckung ersucht wird, wobei in diesem Fall einzig der Verfolgte, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat, beschwerdeberechtigt ist. Eine Anfechtbarkeit der Verfügung im Sinne (eines Teils) eines schweizerischen Rechtshilfeersuchens an die österreichischen Behörden fällt angesichts dieser Bestimmung ebenso offensichtlich ausser Betracht (vgl. hierzu auch Zimmermann , La coopération judiciaire internationale en matière pénale, 3ème éd., Berne 2009, n° 508; Moreillon , Commentaire romand, Bâle 2004, n° 18 ad art. 25 EIMP).
2. Auf die Beschwerde ist nach dem oben Ausgeführten nicht einzutreten. Die von den Beschwerdeführern als dringend geboten bezeichnete gerichtliche Überprüfung der Beschlagnahme (siehe act. 7, Ziff. III.1, S. 3) erfolgt durch die im österreichischen Verfahrensrecht im Rahmen des Rechtshilfeverfahrens zur Verfügung stehenden, und von den Beschwerdeführern auch in Anspruch genommenen (siehe act. 1, Ziff. III.11, S. 8) Rechtsmittelmöglichkeiten.
3. Bei diesem Ausgang des Verfahrens haben die Beschwerdeführer - unter solidarischer Haftbarkeit gestützt auf Art. 418 Abs. 2 StPO - die Gerichtskosten zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO ). Die Gerichtsgebühr ist auf Fr. 1'500.-- festzusetzen (Art. 73 StBOG i.V.m. Art. 5 und 8 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR, SR 173.713.162]).
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird unter solidarischer Haftbarkeit den Beschwerdeführern auferlegt.
Bellinzona, 13. Dezember 2012
Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber :
Zustellung an
- Rechtsanwalt Werner Rechsteiner
- Bundesanwaltschaft
Rechtsmittelbelehrung
Gegen Entscheide der Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden (Art. 79 und 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005; BGG). Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 90 ff. BGG.
Eine Beschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Entscheides nur, wenn der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin es anordnet (Art. 103 BGG ).
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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