Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts
Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Beschwerdekammer: Strafverfahren |
Fallnummer: | BG.2011.22 |
Datum: | 18.10.2011 |
Leitsatz/Stichwort: | Anfechtung des Gerichtsstands (Art. 41 Abs. 2 StPO). |
Schlagwörter | Staatsanwaltschaft; Gerichtsstand; Neuchâtel; Kanton; Solothurn; Bundesstrafgericht; Beschwerdekammer; Zuständig; Zuständigkeit; Kantons; Bundesstrafgerichts; Verfahren; Tribunal; Parteien; Ministère; Beschwerdegegner; Verfügung; Behörde; Schmid; Unternehmen; Verfolgung; Beschluss; Gerichtsschreiber; Advokat; Thomas; Christen; Gerichtsstands; Verfolgungsbehörden; Anzeige |
Rechtskraft: | Kein Rechtsmittel gegeben |
Rechtsgrundlagen des Urteils: | Art. 104 StPO ;Art. 19 Or;Art. 3 StPO ;Art. 36 StPO ;Art. 39 StPO ;Art. 4 StPO ;Art. 40 StPO ;Art. 41 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 5 ZGB ; |
Kommentar: | Schmid, Basler Kommentar Basel , Art. 36 StPO ; Art. 36 CPP, 2011 |
Entscheid des Bundesstrafgerichts
Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: BG.2011.22 |
Beschluss vom 18. Oktober 2011 | ||
Besetzung | Bundesstrafrichter Tito Ponti, Vorsitz, Patrick Robert-Nicoud und Stephan Blättler , Gerichtsschreiber Stefan Graf | |
Parteien | A. AG, vertreten durch Advokat Thomas Christen, Beschwerdeführerin | |
gegen | ||
1. Canton de Neuchâtel , Ministère public, 2. Kanton Solothurn , S taatsanwaltschaft , Beschwerdegegner | ||
Gegenstand | Anfechtung des Gerichtsstands (Art. 41 Abs. 2 StPO) |
Sachverhalt:
A. Am 21. Juni 2011 erstattete die A. AG bei den Strafverfolgungsbehörden des Kantons Solothurn Strafanzeige gegen die B. SA wegen Widerhandlungen gegen das Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG, SR 241) (act. 1.3). Gemäss der A. AG produziere die sich in Z. (SO) befindende Betriebsstätte der B. SA gegen das UWG verstossende Kabel.
Da sich der Sitz der B. SA jedoch in Y. (NE) befindet, leitete die Staatsanwaltschaft Solothurn die Strafanzeige umgehend an die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Neuchâtel weiter, welche ihre Zuständigkeit mit Verfügung vom 19. Juli 2011 anerkannten (act. 1.2).
B. Hiergegen gelangte die A. AG mit Beschwerde vom 28. Juli 2011 an die I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und beantragt was folgt (act. 1):
1. Es sei die Verfügung der Staatsanwaltschaft Neuchâtel (Beschwerdegegnerin 1) vom 19. Juli 2011 aufzuheben und es sei die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Solothurn (Beschwerdegegnerin 2) festzustellen. Entsprechend sei das Strafverfahren MP.2011.3240 (Geschäftsnr. Staatsanwaltschaft Neuchâtel) durch die Staatsanwaltschaft Solothurn (Beschwerdegegnerin 2) weiterzuführen.
2. Unter o/e-Kostenfolge zu Lasten der Beschwerdegegnerinnen.
Die Staatsanwaltschaft Solothurn und das Ministère public des Kantons Neuchâtel schliessen auf Abweisung der Beschwerde (act. 6 und 7).
Die A. AG hält in ihrer Replik vom 19. September 2011 an ihren Anträgen fest (act. 10). Die Replik wurde den Beschwerdegegnern am 20. September 2011 zur Kenntnis gebracht (act. 11).
Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den folgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.
Die I. Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Will eine Partei die Zuständigkeit der mit dem Strafverfahren befassten Behörde anfechten, so hat sie dieser unverzüglich die Überweisung des Falles an die zuständige Strafbehörde zu beantragen (Art. 41 Abs. 1 StPO ). Die mit dem Antrag befasste Behörde hat gegebenenfalls einen Meinungsaustausch im Sinne von Art. 39 Abs. 2 StPO einzuleiten oder direkt eine ihre eigene Zuständigkeit bestätigende Verfügung zu erlassen, welche mit Beschwerde angefochten werden kann (vgl. hierzu Fingerhuth/Lieber , Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Zürich/Basel/Genf 2010, Art. 41 StPO N. 4 mit Hinweis auf Schmid , Praxiskommentar, Zürich/St. Gallen 2009, Art. 41 StPO N. 3). Gegen eine von den am allfälligen Meinungsaustausch beteiligten Staatsanwaltschaften getroffene Entscheidung über den Gerichtsstand können sich die Parteien innert zehn Tagen beschweren (Art. 41 Abs. 2 StPO ). Zuständig zur Beurteilung entsprechender, Fragen der interkantonalen Zuständigkeit betreffender Beschwerden ist die I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (Art. 41 Abs. 2 i.V.m. Art. 40 Abs. 2 StPO , Art. 37 Abs. 1 StBOG und Art. 19 Abs. 1 des Organisationsreglements vom 31. August 2010 für das
Bundesstrafgericht [Organisationsreglement BStGer, BStGerOR; SR 173.713.161]).
1.2 Die Beschwerdeführerin ist als Privatklägerin Partei des Strafverfahrens (Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO ) und daher grundsätzlich zur Einreichung einer Beschwerde gegen eine Gerichtsstandsverfügung legitimiert. Ebenso wenig zu Diskussionen Anlass gibt vorliegend die Einhaltung der zehntägigen Beschwerdefrist nach Art. 41 Abs. 2 StPO . Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.
2.
2.1 Mit Inkrafttreten der StPO ist der Gerichtsstand für Verfahren gegen Unternehmen neu eingeführt und klar geregelt worden (Art. 36 Abs. 2 StPO ; Begleitbericht zum Vorentwurf für eine Schweizerischen Strafprozessordnung, Bundesamt für Justiz, Bern 2001, S. 52). Der Sitz des Unternehmens ist als Gerichtsstand unabhängig vom Begehungs- und Erfolgsort massgebend ( Fingerhuth/Lieber, a.a.O., Art. 36 StPO N. 2; Schmid , a.a.O., Art. 36 StPO N. 2). Dieser ist dem Handelsregistereintrag zu entnehmen oder gemäss Art. 56 ZGB zu bestimmen ( Schmid, a.a.O., Art. 36 StPO N. 2; Moser, Basler Kommentar, Basel 2011, Art. 36 StPO N. 3; Galliani/Marcellini , Codice svizzero di procedura penale [CPP]: Commentario, Zurigo/San Gallo 2010, n. 3 ad. Art. 36 CPP).
Nur wenn Anknüpfungspunkte nach den Absätzen 1 und 2 von Art. 36 StPO fehlen, bestimmt sich der Gerichtsstand alternativ nach den Artikeln 31-35 StPO ( Moser, a.a.O., Art. 36 StPO N. 6).
2.2 Im vorliegenden Fall liegt der Sitz des Unternehmens in Y., weshalb der gesetzliche Gerichtsstand klarerweise im Kanton Neuchâtel liegt. Eine Abweichung vom gesetzlichen Gerichtsstand kommt vorliegend nicht in Betracht. Umso mehr als sich in Z. eine blosse Betriebsstätte befindet und nicht eine im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung.
Nach dem Gesagten steht fest, dass der Kanton Neuchâtel zur Strafverfolgung der der B. SA zur Last gelegten Widerhandlungen gegen das UWG zuständig ist und sich demnach die Beschwerde als unbegründet erweist, weswegen sie abzuweisen ist.
3. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO ). Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 1'500.-- festgesetzt (Art. 73 StBOG i.V.m. Art. 5 und 8 Abs. 1 des Reglements vom Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]), unter Anrechnung des geleisteten Kostenvorschusses in derselben Höhe.
Demnach erkennt die I. Beschwerdekammer:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, unter Anrechnung des geleisteten Kostenvorschusses in derselben Höhe.
Bellinzona, 19. Oktober 2011
Im Namen der I. Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber :
Zustellung an
- Advokat Thomas Christen
- Ministère public
- Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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