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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Beschwerdekammer: Strafverfahren
Fallnummer:BB.2010.89
Datum:16.08.2011
Leitsatz/Stichwort:Einstellung nach Ermittlungsverfahren (Art. 106 Abs. 1 BStP).
Schlagwörter : Verfahren; Corporation; Recht; Bundesanwaltschaft; Ansprüche; Gericht; Sinne; Geschädigte; Verfahren; Ermittlungsverfahren; Vermögenswerte; Verfahrens; Bundesstrafgericht; Verfügung; Beschwerdekammer; Parteistellung; Bundesstrafgerichts; Anspruch; Entscheid; Einstellung; Verfahrens; Eingabe; Gericht; Parteien; Hinsicht; Höhe; Apos;
Rechtsnorm: Art. 10 BGG ; Art. 146 StGB ; Art. 37 StPO ; Art. 38 StPO ; Art. 453 StPO ; Art. 59 StGB ; Art. 6 EMRK ; Art. 6 StGB ; Art. 60 StGB ; Art. 66 BGG ; Art. 7 StGB ; Art. 73 StGB ;
Referenz BGE:122 IV 365; 131 I 467; ;
Kommentar:
-
Entscheid

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BB.2010.89
(Nebenverfahren: BP.2010.52 )

Entscheid vom 16. August 2011
I. Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Tito Ponti, Vorsitz,

Emanuel Hochstrasser und Giuseppe Muschietti ,

Gerichtsschreiber Stefan Graf

Parteien

A. Corporation,
vertreten durch Rechtsanwalt Peter C. Schaufelberger und Rechtsanwalt Marco Sulser, sowie durch Rechtsanwalt Dieter Jann,

Beschwerdeführerin

gegen

Bundesanwaltschaft,

Beschwerdegegnerin

Gegenstand

Einstellung nach Ermittlungsverfahren

(Art. 106 Abs. 1 BStP )


Sachverhalt:

A. Mit zwei Verfügungen vom 3. September 2003 eröffnete die Bundesanwaltschaft gegen B. und gegen C. ein gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Geldwäscherei im Sinne des Art. 305 bis StGB im Zusammenhang mit einem eventuellen Betrug zum Nachteil der A. Corporation und der D. Corporation. In der Folge wurde dieses Verfahren in persönlicher Hinsicht auf E., F., G., H. und I. ausgedehnt. In sachlicher Hinsicht erfolgte am 25. Februar 2004 die Ausdehnung des Verfahrens auf den Tatbestand der qualifizierten Geldwäscherei (Art. 305 bis Ziff. 2 StGB ). Mit Verfügung vom 20. Dezember 2004 wurde die Strafverfolgung betreffend B., C., E., F. und gegen H. ausgedehnt auf den Tatbestand des gewerbsmässigen Betrugs gemäss Art. 146 Abs. 2 StGB (vgl. hierzu Akten BA, Band 1, Rubrik 1).

B. Mit Eingabe vom 24. März 2004 gelangte die A. Corporation erstmals an die Bundesanwaltschaft und stellte verschiedene das Ermittlungsverfahren betreffende Anträge, so u. a. auf Zusprechung von Schadenersatzforderungen, auf Aushändigung beschlagnahmter Vermögenswerte zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes (gemäss Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB in seiner bis 31. Dezember 2006 gültigen Fassung) bzw. unter Hinweis auf ein Urteil des United States District Court for the Southern District of New York vom 31. Juli 2003 auf Zusprechung dieser Vermögenswerte zu ihren Gunsten (gestützt auf Art. 60 Abs. 1 StGB in seiner bis 31. Dezember 2006 gültigen Fassung; vgl. Akten BA, Band 18, Rubrik 15). Am 1. April 2004 bestätigte die Bundesanwaltschaft den Empfang dieser Eingabe und führte aus, von der Konstituierung (von A. Corporation) als Geschädigte in diesem Verfahren" Kenntnis genommen zu haben (Beschwerdeantwortbeilage [nachfolgend BAB"] 2). Mit Eingabe vom 4. November 2004 erhob die A. Corporation bei der Bundesanwaltschaft schliesslich eine Strafanzeige, in deren Rahmen sie in materieller Hinsicht beantragte, es seien die (...) festgestellten Vermögenswerte der Beschuldigten gestützt auf Art. 59 Ziff. 1 und Ziff. 2 StGB in Verbindung mit Art. 60 Abs. 1 StGB einzuziehen und ihr bis zur Deckung ihrer zivilgerichtlich bestätigten Schadenersatzforderungen in der Höhe von USD 707'285'058.63 zuzüglich Zinsen und Verzugszinsen sowie Verfahrenskosten und Parteientschädigungen auszuhändigen (BAB 6). Im Rahmen der entsprechenden Empfangsbestätigung wies die Bundesanwaltschaft darauf hin, dass sich die A. Corporation im in Frage stehenden Verfahren bereits als Privatkläger" konstituiert habe (BAB 7). Erstmals mit Schreiben vom 29. August 2005 machte die Bundesanwaltschaft die A. Corporation sinngemäss darauf aufmerksam, dass diese bisher keine privatrechtlichen Ansprüche gemäss Art. 34 BStP gestellt habe, weshalb ihr auch keine entsprechende Parteistellung als Geschädigte eingeräumt werden könne (BAB 14). Die A. Corporation nahm hierzu mit Eingabe vom 31. Oktober 2005 Stellung und führte dabei aus, dass die adhäsionsweise Geltendmachung ihrer privatrechtlichen Forderungen im vorliegenden Strafverfahren nicht notwendig sei, weil diese Ansprüche bereits durch Zivilurteile ausgewiesen seien (BAB 18, Rz 4). In ihrem Schreiben vom 16. Dezember 2005 hielt die Bundesanwaltschaft gegenüber der A. Corporation dann ausdrücklich fest, dass dieser im vorliegenden Ermittlungsverfahren keine Parteistellung im Sinne der BStP zukomme (BAB 19, S. 5). In der Folge wurde die A. Corporation von der Bundesanwaltschaft ins Verfahren miteinbezogen bzw. liess die A. Corporation der Bundesanwaltschaft verschiedene Eingaben zugehen. U. a. unterzeichnete die A. Corporation nach erfolgter Zuweisung von beschlagnahmten Geldern an verschiedene Geschädigte am 21. April 2009 eine Erklärung, in welcher sie bestätigte, kein weiteres Interesse an der Fortführung des Ermittlungsverfahrens mehr zu haben (act. 21.3).

C. Mit Verfügung vom 9. September 2010 (act. 1.1) stellte die Bundesanwaltschaft das gerichtspolizeiliche Ermittlungsverfahren ein (Ziff. 1 des Verfügungsdispositivs) und ordnete an, dass die noch beschlagnahmten Beweismittel und Vermögenswerte mittels separaten Verfügungen freigegeben würden (Ziff. 2 des Verfügungsdispositivs).

D. Hiergegen gelangte die A. Corporation mit Beschwerde vom 24. September 2010 an die I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und beantragt in materieller Hinsicht was folgt (act. 1):

Die Verfügung der Bundesanwaltschaft vom 9. September 2010 betreffend Einstellung des Ermittlungsverfahrens (...) sei vollumfänglich aufzuheben.

Eventualiter: Ziff. 2 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung (...) sei aufzuheben und die Bundesanwaltschaft sei anzuweisen, ein selbständiges Einziehungsverfahren im Sinne von Art. 73 BStP resp. Art. 376 StPO zu eröffnen."

In prozessualer Hinsicht beantragte die A. Corporation, ihrer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zudem ersuchte sie um Gelegenheit, die Beschwerde innerhalb von 30 Tagen zu ergänzen und ihr während dieser Zeit weiterhin Akteneinsicht zu gewähren.

Mit Verfügung vom 6. Oktober 2010 hiess der Präsident der I. Beschwerdekammer das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung insofern gut als er die Bundesanwaltschaft anwies, die Beschlagnahme bezüglich der noch vorhandenen Beweismittel und Vermögenswerte bis zur rechtskräftigen Erledigung der Beschwerde aufrecht zu erhalten (act. 6).

In ihrer Beschwerdeantwort vom 10. November 2010 schliesst die Bundesanwaltschaft auf Abweisung der Beschwerde. Weiter beantragt sie, den zweiten prozessualen Antrag der A. Corporation abzuweisen bzw. infolge Gegen­standslosigkeit abzuschreiben; beides unter Kostenfolge zulasten der Beschwerdeführerin (act. 11).

Im Rahmen ihrer Replik hält die A. Corporation an ihren materiellen Beschwerdeanträgen fest (act. 18). Bezüglich einer weiteren Eingabe der Bundesanwaltschaft vom 16. März 2011 (act. 21) nahm die A. Corporation ihrerseits am 18. März 2011 Stellung (act. 22).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den folgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die I. Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Rechtsmittel gegen vor dem am 1. Januar 2011 erfolgten Inkrafttreten der Schweizerischen Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO; SR 312.0) gefällte Entscheide sind gemäss Art. 453 Abs. 1 StPO nach bisherigem Recht und von den bisher zuständigen Behörden zu beurteilen (vgl. hierzu u. a. den Entscheid des Bundesstrafgerichts BA.2010.8 vom 4. Januar 2011, E. 1.1). Die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde erfolgt daher nach altem Recht.

1.2 Die I. Beschwerdekammer prüft die Eintretensvoraussetzungen frei, ohne hierbei an die Vorbringen der Parteien gebunden zu sein (vgl. hierzu Guidon , Die Beschwerde gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung, Berner Diss., Zürich/St. Gallen 2011, N. 546 f. m.w.H.).


1.3

1.3.1 Der Geschädigte und die anspruchsberechtigten Personen nach Art. 1 des Bundesgesetzes vom 23. März 2007 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG; SR 312.5) können die Einstellung der Ermittlungen innert zehn Tagen mit Beschwerde bei der I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts anfechten (Art. 106 Abs. 1 bis BStP i.V.m. Art. 28 Abs. 1 lit. a SGG und Art. 9 Abs. 2 des Reglements vom 20. Juni 2006 für das Bundesstrafgericht; AS 2006 4459 , 2008 2115).

1.3.2 Partei im Bundesstrafverfahren ist u. a. der Geschädigte, wenn er privatrechtliche Ansprüche aus der strafbaren Handlung geltend macht (Art. 34 BStP ). Als Geschädigter gilt diejenige Person, welche durch eine strafbare Handlung einen unmittelbaren Nachteil in ihren rechtlich geschützten Interessen erlitten hat bzw. welcher - im Falle einer versuchten strafbaren Handlung - ein entsprechender Nachteil drohte und welche die Verurteilung des Beschuldigten auf Ersatz des ihr hieraus entstandenen Schadens verlangt (Entscheide des Bundesstrafgerichts BB.2007.62 vom 19. Dezember 2007, E. 2.1; BB.2007.31 vom 6. August 2007, E. 2; BB.2006.128 vom 31. Januar 2007, E. 3.1; BB.2005.51 vom 12. Dezember 2005, E. 3.1; Piquerez , Traité de procédure pénale suisse, 2. Aufl., Genf/Zürich/Basel 2006, N. 508). Um zur Erhebung einer Beschwerde im Rahmen eines Bundesstrafverfahrens berechtigt zu sein, muss sich der Geschädigte als Zivilpartei konstituieren, bevor die Einstellung des Strafverfahrens verfügt wird ( TPF 2007 42 E. 1.3; vgl. in diesem Sinne auch Entscheid des Bundesstrafgerichts SK 011/04 vom 13. Dezember 2004, lit. B, wonach der Verzicht auf Geltendmachung privatrechtlicher Ansprüche ohne weiteres den Verlust der Parteistellung im Bundesstrafverfahren nach sich zieht; vgl. zum Ganzen TPF 2009 173 E. 2.1 - 2.3).

1.3.3 Vorliegend hat die Beschwerdeführerin entgegen ihren Ausführungen letztendlich im oben beschriebenen Sinne adhäsionsweise keine zivilrechtlichen Ansprüche geltend gemacht. Vielmehr hat sie im Laufe des Verfahrens bzw. mit Eingabe vom 31. Oktober 2005 der Beschwerdegegnerin gegenüber selbst ausgeführt, dass ein solches Vorgehen vorliegend gar nicht notwendig sei, nachdem ihre Ansprüche bereits durch Zivilurteile ausgewiesen seien (BAB 18, Rz 4). Im Rahmen ihrer Beschwerdeschrift stützt sie ihre angebliche Parteistellung hauptsächlich auf Art. 73 StGB , welcher u. a. die Zuweisung von eingezogenen Gegenständen und Vermögenswerten an die Geschädigte bis zur Höhe des gerichtlich festgesetzten Schadener­satzes vorsieht (act. 1, Rz. 5 ff.). Auf eine solche Verwendung von Vermögenswerten zu Gunsten der Geschädigten beschränkte sich die Beschwerdeführerin zudem bereits in ihrer Strafanzeige vom 4. November 2004 (BAB 6). Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin handelt es sich bei der von ihr angestrebten Verwendung beschlagnahmter bzw. aus ihrer Sicht einzuziehender Vermögenswerte zu ihren Gunsten gestützt auf Art. 73 StGB gerade nicht um privatrechtliche Ansprüche im Sinne von Art. 34 BStP , hat doch das Bundesgericht mehrfach bestätigt, dass solche Ansprüche nicht zivilrechtlicher Natur sind, sondern dem öffentlichen Recht entspringen (BGE 122 IV 365 E. III.1.b.bb; 118 Ib 263 E. 3 S. 266; 104 IV 68 E. 3d; alle jeweils zu Art. 60 StGB in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung; vgl. auch Schmid , Kommentar Einziehung - Organisiertes Verbrechen - Geldwäscherei, Band I, 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2007, Art. 73 StGB N. 9; Hirsig-Vouilloz , Commentaire romand, Bâle 2009, n°5 ad art. 73 CP).

1.3.4 Die Beschwerdeführerin hat somit im Rahmen des nunmehr eingestellten Ermittlungsverfahrens keine privatrechtlichen Ansprüche geltend gemacht. Nach dem Gesagten kommt ihr daher keine Parteistellung als Geschädigte im Sinne von Art. 34 BStP und somit auch keine Beschwerdelegitimation im Sinne von Art. 106 Abs. 1 bis BStP zu. Die diesbezüglich im Verlaufe des Ermittlungsverfahrens gemachten widersprüchlichen, bisweilen konfusen Ausführungen der Beschwerdegegnerin bzw. die im Rahmen der angefochtenen Verfügung verwendete Bezeichnung der Beschwerdeführerin als Geschädigte vermögen keine Beschwerdelegitimation zu begründen (der entsprechende Hinweis in act. 1, Rz 5 ist unbehelflich), sondern sind im Rahmen der Verlegung der Kosten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bzw. bei der Zusprechung von diesbezüglichen Entschädigungen zu berücksichtigen (vgl. hierzu nachfolgend E. 2.1 und 2.2). Selbst wenn man der Beschwerdeführerin - trotz dem oben Ausgeführten - die Parteistellung als Geschädigte im Sinne von Art. 34 BStP zuerkennen wollte, so hätte die Abgabe der erwähnten Desinteresse-Erklärung (act. 21.3) zum Verlust der Parteistellung und somit zum Verlust der Legitimation, gegen die Einstellungsverfügung eine Beschwerde erheben zu können, geführt (vgl. hierzu Schmid , Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, Zürich/St. Gallen 2009, N. 1463; Lieber , Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Zürich/Basel/Genf 2010, Art. 382 StPO N. 15).

1.4

1.4.1 Angesichts des oben Ausgeführten stellt sich die Frage, ob das von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Ersuchen um Zusprechung beschlagnahmter Vermögenswerte als Streitigkeit in Bezug auf zivilrechtliche Ansprüche im Sinne des Art. 6 Ziff. 1 EMRK anzusehen ist, was im vorliegenden Fall zwingend eine gerichtliche Beurteilung und somit ein Eintreten auf die Beschwerde nach sich ziehen müsste.

1.4.2 Nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat jede Person ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen eine gerichtliche Beurteilung möglich ist. Der Begriff der zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen ist dabei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts entsprechend der Praxis der Strassburger Organe und unabhängig vom Landesrecht auszulegen (BGE 131 I 467 E. 2.4; 130 I 388 E. 5.1 S. 394; 129 I 207 E. 3 S. 210). Soweit die Anwendbarkeit des Art. 6 EMRK auf Verfahren beschränkt ist, in denen über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen entschieden wird, setzt dies nach der Rechtsprechung des EGMR voraus, dass ein aus dem innerstaatlichen Recht abzuleitender Anspruch bzw. ein Recht in Frage steht, ein echter Streit ernsthafter Natur vorliegt, dessen Ausgang für diesen Anspruch bzw. dieses Recht direkt entscheidend ist, und der Anspruch bzw. das Recht zivilrechtlicher" Natur sind (vgl. Frowein/Peukert , EMRK-Kommentar, 3. Aufl., Kehl am Rhein 2009, Art. 6 EMRK N. 6; siehe auch Meyer-Ladewig , EMRK-Handkommentar, 3. Aufl., Baden-Baden 2011, Art. 6 EMRK N. 6).

1.4.3 Vorliegend nicht im Streit liegt das privatrechtliche Verhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und den vormals Beschuldigten. Die Beschwerdeführerin hat diesbezüglich bereits ein rechtskräftiges und vollstreckbares Zivilurteil erwirkt, welches einige der vormals Beschuldigten ihr gegenüber zur Leistung einer betragsmässig bezifferten Schadenersatzzahlung verpflichtet. Weitere Schadenersatzforderungen sind von der Beschwerdeführerin wie oben bereits erwähnt keine geltend gemacht worden (vgl. hierzu E. 1.3.3). Über Bestand und Umfang ihrer zivilrechtlichen Schadenersatzansprüche ist daher abschliessend entschieden worden, weshalb es diesbezüglich an einer zivilrechtlichen Streitigkeit" im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK und somit an einer Voraussetzung des Erfordernisses einer gerichtlichen Beurteilung fehlt. Beim vorliegenden Ersuchen der Beschwerdeführerin handelt es sich um einen Anspruch gegenüber dem Staat, ihr gestützt auf das erwähnte Zivilurteil im Rahmen eines Strafverfahrens beschlagnahmte Vermögenswerte zur Deckung der gerichtlich festgestellten Forderungen zuzuweisen. Wie bereits oben ausgeführt handelt es sich hierbei nach schweizerischem Rechtsverständnis offensichtlich nicht um einen zivilrechtlichen, sondern um einen öffentlichrechtlichen Anspruch gegenüber dem Staat (E. 1.3.3 in fine). Ob es sich hierbei um einen zivilrechtlichen Anspruch im Sinne des Art. 6 Ziff. 1 EMRK handelt, erscheint sehr fraglich, führt doch der Ausgang des von der Beschwerdeführerin angestrebten Verfahrens nicht mehr zur Begründung, Änderung oder Aufhebung von zivilrechtlichen Ansprüchen oder Verpflichtungen (vgl. hierzu Meyer-Ladewig , a.a.O., Art. 6 EMRK N. 14 m.w.H.). Die Frage kann aber letztlich offen gelassen werden, denn selbst für den Fall einer Nichtbeurteilung von adhäsionsweise im Strafverfahren geltend gemachten vermögensrechtlichen Ansprüchen (im Sinne des Art. 6 Ziff. 1 EMRK ) durch das Strafgericht und der Verweisung des Klägers auf den Zivilrechtsweg gilt der durch Art. 6 Ziff. 1 EMRK garantierte Rechtsweg nicht als verletzt (vgl. Gollwitzer , Menschenrechte im Strafverfahren - MRK und IPBPR Kommentar, Berlin 2005, Art. 6 MRK N. 24 m.w.H.). In analoger Anwendung dieses Grundsatzes auf den vorliegenden Fall ergibt sich, dass angesichts der Möglichkeit, privatrechtliche Ansprüche auf dem ordentlichen Zwangsvollstreckungsweg befriedigen zu können, die Beschwerdeführerin hierfür nicht zwingend auf die Weiterführung des nunmehr eingestellten Strafverfahrens angewiesen ist. Von einer Verletzung des in Art. 6 Ziff. 1 EMRK festgelegten Anspruchs auf Zugang zu einem Gericht (sofern er vorliegend überhaupt bestehen sollte, was zweifelhaft erscheint) kann demnach keine Rede sein. Somit spielt es dann auch keine Rolle mehr, dass die überwiegende Mehrheit der noch immer gesperrten Vermögenswerte dem vormals Beschuldigten F. zuzuschreiben sind (vgl. hierzu act. 11, Rz 70), gegen den im Ermittlungsverfahren keine privatrechtlichen Ansprüche geltend gemacht wurden bzw. welcher im Zivilverfahren vor dem US-Gericht nicht einmal als Beklagter in Erscheinung trat. Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin verlangten Zuweisung von F. zuzuschreibenden Vermögenswerten würde es somit von vorneherein an einem Vollstreckungstitel im Sinne des Art. 73 Abs. 1 StGB fehlen.

1.5 Nach dem Gesagten war die Beschwerdeführerin im Rahmen des nunmehr eingestellten Ermittlungsverfahrens nie Partei im Sinne von Art. 34 BStP, weshalb sie nicht zur Beschwerde gegen die Einstellung des Strafverfahrens legitimiert ist. Überdies wäre die Beschwerdeführerin auch durch die Abgabe der angeführten Desinteresse-Erklärung (act. 21.3) einer allfälligen Parteistellung verlustig gegangen. Ebenso wenig ergibt sich eine allfällige Beschwerdelegitimation aus dem in Art. 6 Ziff. 1 EMRK statuierten Anspruch auf gerichtliche Beurteilung. Auf die Beschwerde ist nach dem Gesagten nicht einzutreten.

2.

2.1 Bei diesem Ausgang des Verfahrens hätte grundsätzlich die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 245 Abs. 1 BStP i.V.m. Art. 66 Abs. 1 BGG ). Nachdem aber die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin im Verlaufe des Ermittlungsverfahrens erst fälschlicherweise die Parteistellung der Geschädigten einräumte (vgl. hierzu u. a. BAB 2, 7 und 8), um dies nachträglich in Zweifel zu ziehen bzw. sinngemäss zu widerrufen (vgl. hierzu u. a. BAB 14 und 19) und um ihr am Ende des Verfahrens dennoch die Einstellungsverfügung als Geschädigte gemäss Art. 34 BStP " zuzustellen (act. 1.1, S. 3 und 26), ist vorliegend von der Erhebung von Gerichtskosten abzusehen (Art. 245 Abs. 1 BStP i.V.m. Art. 66 Abs. 1 , 3 und 4 BGG ). Die Bundesstrafgerichtskasse hat der Beschwerdeführerin den geleisteten Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 1'500.-- zurückzuerstatten.

2.2 Angesichts der wohl auch auf diese irreführenden Angaben im Verlaufe des Verfahrens und in der angefochtenen Verfügung zurückzuführenden, letztlich aber unzulässigen Beschwerdeerhebung hat die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin für das vorliegende Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 1'500.-- (inkl. Auslagen, exkl. MwSt.) auszurichten (Art. 245 Abs. 1 BStP i.V.m. Art. 68 Abs. 3 und Art. 66 Abs. 3 BGG sowie Art. 12 Abs. 2 und Art. 22 Abs. 3 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR, SR 173.713.162]).


Demnach erkennt die I. Beschwerdekammer:

1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. Die Bundesstrafgerichtskasse hat der Beschwerdeführerin den geleisteten Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 1'500.-- zurückzuerstatten.

3. Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin für das vorliegende Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 1'500.-- auszurichten (inkl. Auslagen, exkl. MwSt.).

Bellinzona, 18. August 2011

Im Namen der I. Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber :

Zustellung an

- Rechtsanwalt Peter C. Schaufelberger

- Bundesanwaltschaft

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Entscheide der I. Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden (Art. 79 und 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005; BGG). Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 90 ff. BGG.

Eine Beschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Entscheides nur, wenn der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin es anordnet (Art. 103 BGG ).

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