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Entscheid des Bundesstrafgerichts: BB.2009.82 vom 14.01.2010

Hier finden Sie das Urteil BB.2009.82 vom 14.01.2010 - Beschwerdekammer: Strafverfahren

Sachverhalt des Entscheids BB.2009.82

Der Bundesstrafgericht des Kantons Aargau entschied am 14. Januar 2010, dass die Eidgenössische Untersuchungsrichteramt (Eidg. Untersuchungsrichteramt) gegen den Dienst für Analyse und Prävention (DAP) eine Voruntersuchung wegen Verdachts der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht gemäss Art 224 Abs 1 StGB sowie weiterer Delikte ausführen sollte. Die DAP wurde aufgefordert, ihr Original-Akten-Protokoll und die Erklärungen zu den Umständen des Sprengstoffanschlags anlässlich der 1. Augustfeier 2007 in Z von bzw bei der Kantonspolizei Aargau zurückzusenden. Der Beschwerdeführer, ein Mitarbeiter des DAP, beantragte im Rahmen des Editionsverfahrens gemäss Art 65 BStP an der I Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts eine Rechtshilfe. Der Beschwerdegegner, die Eidgenössische Untersuchungsbehörde (Eidg. Untersuchungsrichteramt), argumentierte, dass die Verfügung vom 23. September 2009 nichtig sei und die angefohte Verfügung aufgehoben werden sollte. Der Bundesstrafgericht entschied jedoch, dass die Eidgenössische Untersuchungsbehörde in der Lage war, den Anschlag zu beurteilen und die DAP zur Rechtshilfe zu verhelfen. Der Beschwerdeführer wurde daher nicht von der Verfügung entzogen. Der Bundesstrafgericht entschied auch, dass es keinen Grund für eine Ausnahme vorliege, da die Vorinstanz bereits eine Unaufgeforderte Eingabe des Beschwerdeführers gemacht hatte und diese nicht retourniert worden war.

Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts

Instanz:

Bundesstrafgericht

Abteilung:

Beschwerdekammer: Strafverfahren

Fallnummer:

BB.2009.82

Datum:

14.01.2010

Leitsatz/Stichwort:

Editionsaufforderung (Art. 214 Abs. 1 BStP).

Schlagwörter

Bundes; Verfügung; Akten; Rechtshilfe; Beschwerdekammer; Eingabe; Untersuchungsrichteramt; Bundesanwaltschaft; Verfolgung; Bundesstrafgericht; Vorinstanz; Entscheid; Verfolgungsbehörde; Verfolgungsbehörden; Stellung; Unterlagen; Bundesstrafgerichts; Rechtsmittel; Tribunal; Parteien; Dienst; Analyse; Prävention; Verfahrens; Beweismittel; Kantons; Behörde

Rechtskraft:

Kein Rechtsmittel gegeben

Rechtsgrundlagen des Urteils:

Art. 224 StGB ;Art. 35 StGB ;Art. 356 StGB ;Art. 36 StGB ;Art. 66 BGG ;

Referenz BGE:

129 IV 141; ;

Kommentar:

-

Entscheid des Bundesstrafgerichts

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BB.2009.82

Entscheid vom 14. Januar 2010
I. Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Tito Ponti, Vorsitz,

Emanuel Hochstrasser und Joséphine Contu ,

Gerichtsschreiber Stefan Graf

Parteien

Dienst für Analyse und Prävention,

Beschwerdeführer

gegen

Bundesanwaltschaft,

Beschwerdegegnerin

Vorinstanz

Eidgenössisches Untersuchungsrichteramt,

Gegenstand

Editionsaufforderung (Art. 214 Abs. 1 BStP )


Sachverhalt:

A. Das Eidgenössische Untersuchungsrichteramt (nachfolgend Untersuchungsrichteramt") führt gegen A. und unbekannte Täterschaft eine Voruntersuchung wegen des Verdachts der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht gemäss Art. 224 Abs. 1 StGB sowie weiterer Delikte. Im Rahmen dieser Voruntersuchung erliess das Untersuchungsrichteramt am 23. September 2009 gegenüber dem Dienst für Analyse und Prävention (nachfolgend DAP") eine Verfügung, mit welcher es diesen aufforderte, ihm innert fünf Tagen sämtliche Akten (insbesondere Aussageprotokoll) im Original einzureichen, die im Zusammenhang mit dem Sprengstoffanschlag anlässlich der 1. Augustfeier 2007 in Z. von bzw. bei der Kantonspolizei Aargau erstellt und dem DAP ausgehändigt wurden, und innert fünf Tagen zu erklären, wieso und gestützt auf welche Rechtsgrundlagen der DAP im Rahmen eines hängigen Strafverfahrens Beweismittel (Akten bzw. Urkunden) behändigt bzw. den zuständigen Strafverfolgungsbehörden entzogen hat bzw. vorenthält (act. 2.2).

B. Der DAP nahm in seinem Schreiben vom 25. September 2009 unter Hinweis auf bereits ergangene Korrespondenz zwischen ihm und der Bundesanwaltschaft ablehnend Stellung. Eine Kopie seines Schreibens sandte er mit folgender Bemerkung an die I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts: im Sinne einer Orientierung und als allfällige Beschwerde gegen die Verfügung, zur Wahrung allfälliger Fristen, falls die Gültigkeit der Verfügung vom 23. September 2009 angenommen werden sollte" (act. 1). In seinem Schreiben an den DAP vom 5. Oktober 2009 hielt das Untersuchungsrichteramt fest, dass es an seiner Verfügung festhalte und das Schreiben des DAP als Beschwerde zu betrachten sei (act. 2.1). Es liess daher am selben Tag die angefochtene Verfügung sowie weitere Unterlagen der I. Beschwerdekammer zukommen (act. 2).

C. Am 7. Oktober 2009 lud die I. Beschwerdekammer den DAP und die Bundesanwaltschaft ein, sich zur angefochtenen Verfügung und dem hierzu ergangenen Schriftenwechsel zu äussern (act. 3).

Am 19. Oktober 2009 beantragte der DAP, es sei festzustellen, dass das als Verfügung bezeichnete Schreiben des Untersuchungsrichteramtes vom 23. September 2009 nichtig sei, und sämtliche damit zusammenhängenden Akten aus Gründen übergeordneter Geheimhaltungs- und Sicherheitsinteressen aus dem Untersuchungsdossier zu entfernen seien, eventualiter sei die Beschwerde gutzuheissen und die angefochtene Verfügung aufzuheben, wobei sämtliche damit zusammenhängenden Akten aus Gründen
übergeordneter Geheimhaltungs- und Sicherheitsinteressen aus dem Untersuchungsdossier zu entfernen oder zumindest mit einer Aktensperre zu belegen seien (act. 4).

Die Bundesanwaltschaft beantragte in ihrer Eingabe vom 19. Oktober 2009, der DAP sei im Rahmen des Editionsverfahrens gemäss Art. 65 BStP anzuweisen, alle von der Kantonspolizei des Kantons Aargau erhaltenen sachdienlichen Unterlagen (namentlich die protokollarische Befragung des Informanten) der verfahrensführenden Behörde herauszugeben (act. 5).

Die beiden letztgenannten Eingaben wurden den Parteien am 22. Oktober 2009 wechselseitig zur Kenntnis gebracht (act. 6, 7 und 8).

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 4. November 2009 äusserte sich der DAP unaufgefordert zur Eingabe der Bundesanwaltschaft (act. 9). Diese Stellungnahme wurde der Bundesanwaltschaft und dem Untersuchungsrichteramt am 9. November 2009 zur Kenntnis gebracht (act. 10), worauf das Untersuchungsrichteramt am 11. November 2009 verlangte, dass die neuerliche Eingabe des DAP aus den Akten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens gewiesen werde (act. 11).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den folgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die I. Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Vorweg kurz anzusprechen ist die Frage nach der Zulässigkeit von unaufgeforderten Eingaben im Rahmen der Verfahren vor der I. Beschwerdekammer. Solche sind dem Grundsatze nach unzulässig und entsprechende Eingaben werden in der Regel umgehend retourniert (vgl. Entscheid des Bundesstrafgerichts BB.2005.10 vom 1. Juni 2005, E. 1.5). Eine Ausnahme hiervon muss jedoch gelten, wenn die vorangehende, letzte Eingabe der Gegenpartei zu berücksichtigende Nova enthält, wie dies hier vom Beschwerdeführer geltend gemacht wurde. Wird eine unaufgeforderte Eingabe jedoch zu Unrecht für eine gewisse Zeit zu den Akten genommen, wird sie nicht mehr retourniert. Deren Inhalt findet hingegen im Entscheid keine Berücksichtigung. Vorliegend erübrigen sich diesbezüglich Weiterungen, da weder der Inhalt der Eingabe der Beschwerdegegnerin, auf welche der Beschwerdeführer Bezug nahm, noch dessen unaufgeforderte Stellungnahme für den Ausgang des Verfahrens von Bedeutung sind.

1.2 Bereits in seinem als allfällige Beschwerde bezeichneten Schreiben vom 25. September 2009 ging der Beschwerdeführer davon aus, dass die Vorinstanz mit ihrer Verfügung ein eigentliches Gesuch um Rechtshilfe nach Art. 27 Abs. 1 BStP stelle, wobei sich der Rechtsmittelweg gegen seinen ablehnenden Bescheid nach Art. 27 Abs. 5 BStP zu richten habe (act. 1). Der Beschwerdeführer führte hierzu weiter aus, es gebe keine Rechtsgrundlage für die von der Vorinstanz behauptete eigene Verfügungskompetenz, weswegen deren Verfügung vom 23. September 2009 nichtig sei (act. 4, S. 5).

1.3 Die Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden leisten den mit der Verfolgung und Beurteilung von Bundesstrafsachen betrauten Behörden in der Erfüllung ihrer Aufgabe Rechtshilfe. Sie erteilen ihnen insbesondere die benötigten Auskünfte und gewähren Einsicht in amtliche Akten, die für die Strafverfolgung von Bedeutung sein können (Art. 27 Abs. 1 BStP). Die Rechtshilfe umfasst dabei immer nur Datenbekanntgaben im Einzelfall und der Begriff der Rechtshilfe nach Art. 27 BStP wird nicht anders verwendet als im Strafgesetzbuch (Art. 356 ff . StGB ). In Art. 27 Abs. 1 BStP wird eine generelle Rechtshilfepflicht zugunsten der Strafverfolgungsbehörden des Bundes vorgesehen. Die Pflicht gilt mitunter für alle Organe des Bundes und umfasst die Erteilung von Auskünften und die Gewährung von Akteneinsicht. Dazu gehört auch die Edition von Unterlagen oder Gegenständen, die als Beweismittel von Bedeutung sein können (vgl. Botschaft vom 16. Oktober 1990 über die Datenbearbeitung auf dem Gebiet der Strafverfolgung [Zusatzbotschaft zum Datenschutzgesetz], BBl 1990 III S. 1221 ff., S. 1227 mit Hinweis auf Art. 65 BStP ). Bei Art. 27 Abs. 1 BStP handelt es sich gegenüber der Bestimmung von Art. 65 BStP , welche die zwangsweise Behändigung von Beweismitteln durch die Strafverfolgungsbehörden regelt, jedoch um eine Spezialnorm (vgl. auch die speziellen gesetzlichen Verweigerungsgründe in Art. 27 Abs. 2 BStP). So hat auch das Bundesgericht festgehalten, dass das an eine Verwaltungseinheit des Bundes gerichtete Gesuch einer Strafverfolgungsbehörde um Herausgabe von Akten unter den Begriff der Rechtshilfe nach Art. 352 aStGB (entspricht dem heute in Kraft stehenden Art. 356 StGB) falle. Auf diesem Gebiet steht es den Strafverfolgungsbehörden nicht zu, die von ihnen herausverlangten Unterlagen zwangsweise zu behändigen, vielmehr haben sie den gesetzlich vorgegebenen Rechtshilfeweg zu beschreiten und ihren Anspruch - soweit notwendig - mittels zur Verfügung stehender Rechtsmittel durchzusetzen (BGE 129 IV 141 E. 2.1 und 2.2). Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Bundesverwaltung entscheidet das übergeordnete Departement oder der Bundesrat (Art. 27 Abs. 5 BStP ), solche zwischen Bund und Kantonen oder zwischen Kantonen die I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (Art. 361 StGB und Art. 27 Abs. 5 BStP i.V.m. Art. 28 Abs. 1 lit. g SGG und Art. 9 Abs. 2 des Reglements vom 20. Juni 2006 für das Bundesstrafgericht; SR 173.710).

1.4 Nach dem Gesagten handelt es sich vorliegend um eine Meinungsverschiedenheit zwischen Instanzen des Bundes bezüglich zu leistender Rechtshilfe, womit die Zuständigkeit der I. Beschwerdekammer zum Entscheid in der Sache selber nicht gegeben ist. Der Argumentation der Vorinstanz, weshalb die Bestimmungen zur Rechtshilfe vorliegend nicht anwendbar seien (act. 2.1, S. 1 f.), kann nach dem oben Ausgeführten nicht gefolgt werden. Auf die Eingabe des Beschwerdeführers vom 25. September 2009, welche ohnehin nur als allfällige Beschwerde" bezeichnet wurde, ist deshalb nicht einzutreten. Die mit ihr angefochtene Verfügung der Vorinstanz entfaltet nach dem Gesagten jedoch auch keine Wirkung bzw. kann allenfalls als Gesuch um Gewährung von Rechtshilfe im Sinne von Art. 27 BStP angesehen werden. Sollte die Vorinstanz mit der Verweigerung der Rechtshilfe durch den Beschwerdeführer nicht einverstanden sein, so hat sie - wie vom Beschwerdeführer am 25. September 2009 vorgezeichnet (act. 1, S. 2) - eine Verfügung zu erwirken und diese gemäss Art. 27 Abs. 5 BStP beim Bundesrat anzufechten.

2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 245 Abs. 1 BStP i.V.m. Art. 66 Abs. 4 BGG).


Demnach erkennt die I. Beschwerdekammer:

1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Bellinzona, 14. Januar 2010

Im Namen der I. Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber :

i.V. Emanuel Hochstrasser ,

Bundesstrafrichter

Zustellung an

- Dienst für Analyse und Prävention DAP

- Eidg. Untersuchungsrichteramt

- Bundesanwaltschaft

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.

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