1 BGE 130 III 678 - Bundesgerichtsentscheid vom 11.08.2004

Entscheid des Bundesgerichts: 130 III 678 vom 11.08.2004

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Sachverhalt des Entscheids 130 III 678

Der Appellationshof des Kantons Bern hat in seinem Urteil vom 7. April 2004 die Geltung einer provisorischen Rechtsöffnung gemäss § 265a Abs. 1 SchKG, wonach der mit fehlendem neuen Vermögen begründete Rechtsvorschlag dem Richter vorzulegen ist, abgelehnt. Der Beschwerdeführer hat jedoch eine willkürliche Anwendung von Art. 265a SchKG vorgenommen und argumentiert, dass die Verfügung des Betreibungsamtes vom 17. November 2003 nichtig sei, weil der Schuldner die Einrede des fehlenden neuen Vermögens verpasst habe. Der Appellationshof hat jedoch erklärt, dass es sich bei Art. 265a Abs. 1 SchKG um ein Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner handelt und nicht um eine Norm erlassen worden ist, die im öffentlichen oder gar im Interesse von am Verfahren nicht beteiligten Personen erlassen worden ist. Der Beschwerdeführer argumentiert, dass der Appellationshof willkürfrei davon ausgehen durfte, dass es sich um eine gewöhnliche provisorische Rechtsöffnung handelt und die Einrede des fehlenden neuen Vermögens nicht auseinanderzusetzen habe. Der Beschwerdeführer verlangt jedoch, dass der Appellationshof die Verfügung des Betreibungsamtes vom 17. November 2003 aufgehoben hätte, da er argumentiert, dass die Möglichkeit, sich vor dem Richter auf das fehlende neue Vermögen zu berufen, verwirkt sei. Der Bundesgericht weist die Beschwerde ab und erklärt, dass es sich bei Art. 265a Abs. 1 SchKG um ein Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner handelt und nicht um eine Norm erlassen worden ist, die im öffentlichen oder gar im Interesse von am Verfahren nicht beteiligten Personen erlassen worden ist. Der Bundesgericht erklärt ausserdem, dass der Appellationshof willkürfrei davon ausgehen durfte, dass es sich um eine gewöhnliche provisorische Rechtsöffnung handelt und die Einrede des fehlenden neuen Vermögens nicht auseinanderzusetzen habe.

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Details zum Bundesgerichtsentscheid von 11.08.2004

Dossiernummer:130 III 678
Datum:11.08.2004
Schlagwörter (i):SchKG; Schuld; Rechtsvorschlag; Schuldner; Verfügung; Einrede; Betreibung; Vermögens; Richter; Konkurs; Appellationshof; Betreibungsamt; Verfahren; Vorschrift; Zahlungsbefehl; Forderung; Entscheid; Rechtsöffnung; Interesse; Urteil; Kantons; Verhältnis; Gläubiger; Konkurseröffnung; Einwand; üglich

Rechtsnormen:

BGE: 124 III 379

Artikel: Art. 265 SchKG , Art. 22 SchKG , Art. 265 SchKG , Art. 1 SchKG , Art. 75 SchKG , Art. 22 SchKG

Kommentar:
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Entscheid des Bundesgerichts

Urteilskopf
130 III 678

90. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. X. gegen Bank Y. sowie Appellationshof des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
5P.196/2004 vom 11. August 2004

Regeste
Überweisung des Rechtsvorschlags gemäss Art. 265a Abs. 1 SchKG.
Die Vorschrift, wonach der mit fehlendem neuen Vermögen begründete Rechtsvorschlag dem Richter vorzulegen ist, betrifft das Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner. Eine betreibungsamtliche Verfügung, die gegen diese Vorschrift verstösst, ist deshalb nicht im Sinn von Art. 22 Abs. 1 SchKG nichtig (E. 2).

Sachverhalt ab Seite 678
BGE 130 III 678 S. 678
A. Mit Schuldanerkennung vom 23. Mai 2001 bestätigte X., der Bank Y. aus dem am 10. Februar 2000 geschlossenen Konkursverfahren gestützt auf die ausgestellten Verlustscheine Fr. 5'014'363.- schuldig zu sein.
B. Nachdem die Bank Y. die Betreibung eingeleitet hatte, machte X. in einem mit "Betr. Rechtsvorschlag gegen Zahlungsbefehl Nr. 20340079" betitelten Schreiben an das Betreibungsamt geltend, er sei nach dem Konkurs zu keinem neuen Vermögen gekommen. Mit beschwerdefähiger Verfügung vom 27. November 2003 hielt das Betreibungsamt fest, die betriebene Forderung sei nach der Konkurseröffnung entstanden, weshalb der Einwand des fehlenden neuen Vermögens nicht erhoben werden könne. Die Forderung werde deshalb als bestritten registriert, der Rechtsvorschlag aber nicht gemäss Art. 265a Abs. 1 SchKG dem Richter unterbreitet. Die Verfügung blieb unangefochten.
Mit Entscheid vom 3. Februar 2004 erteilte der Gerichtspräsident B. der Bank Y. für Fr. 4'929'535.- (die am 23. Mai 2001 anerkannte Schuld von Fr. 5'014'363.-, abzüglich die Rückzahlungen von Fr. 60'000.- und Fr. 20'000.-, zuzüglich Gerichts- und Parteikosten von Fr. 4'728.-) provisorische Rechtsöffnung. Mit Entscheid
BGE 130 III 678 S. 679
vom 7. April 2004 bestätigte der Appellationshof des Kantons Bern, II. Zivilkammer, die erstinstanzliche Rechtsöffnung.
C. Gegen diesen Entscheid hat X. am 19. Mai 2004 staatsrechtliche Beschwerde eingereicht mit den Begehren um dessen Aufhebung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist.

Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Anwendung von Art. 265a SchKG mit der Begründung, das Betreibungsamt hätte den mit fehlendem neuen Vermögen begründeten Rechtsvorschlag dem Richter vorlegen müssen und demzufolge wäre der Appellationshof auch verpflichtet gewesen, diesen Einwand zu prüfen.
2.1 Wird der Rechtsvorschlag mit dem Fehlen neuen Vermögens begründet, so ist der Zahlungsbefehl von Amtes wegen dem Richter zur Beurteilung vorzulegen, und zwar selbst dann, wenn der Betreibungsbeamte der Meinung ist, die Einrede sei unzulässig, beispielsweise weil über den Schuldner gar nie ein Konkurs durchgeführt worden oder weil die Forderung erst nach der Konkurseröffnung entstanden ist (GUT/RAJOWER/SONNENMOSER, Rechtsvorschlag mangels neuen Vermögens, in: AJP 1998 S. 531), denn seine Überprüfungsbefugnis ist auf rein formelle Aspekte beschränkt (BGE 124 III 379).
2.2 Daraus ergibt sich, dass die Verfügung des Betreibungsamtes vom 17. November 2003 im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gemäss Art. 17 SchKG hätte aufgehoben werden müssen. Obwohl die Verfügung detailliert begründet und mit der gehörigen Rechtsmittelbelehrung versehen war, unterliess der Schuldner jedoch die Beschwerdeführung. Die Möglichkeit, sich vor dem Richter auf das fehlende neue Vermögen zu berufen, ist deshalb verwirkt, zumal die Verfügung entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers nicht nichtig ist, sondern bloss anfechtbar gewesen wäre:
Der Schuldner hat die Einrede des fehlenden neuen Vermögens zusammen mit dem Rechtsvorschlag, d.h. spätestens 10 Tage ab Erhalt des Zahlungsbefehls mit ausdrücklicher Erklärung geltend zu machen, ansonsten die Einrede verwirkt ist (Art. 75 Abs. 2 SchKG). Aus welchen Gründen der Schuldner die Einrede unterlässt, ist belanglos; die Verwirkung tritt nicht nur ein, wenn er die Einrede verpasst, sondern auch, wenn er auf sie verzichtet. Steht es jedoch im Belieben des Schuldners, ob er die Einrede des fehlenden neuen
BGE 130 III 678 S. 680
Vermögens erheben will oder nicht, kann es sich bei Art. 265a Abs. 1 SchKG nicht um eine Norm handeln, die im öffentlichen oder gar im Interesse von am Verfahren nicht beteiligten Dritten erlassen worden ist. Vielmehr regelt die betreffende Bestimmung ein Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner bzw. einen ausschliesslich diese beiden Parteien betreffenden Verfahrensschritt. Weil die betreibungsamtliche Verfügung demnach nicht gegen Vorschriften verstösst, die im öffentlichen Interesse oder im Interesse von nicht am Verfahren beteiligten Personen erlassen worden sind, liegt keine in allen Verfahren zu beachtende Nichtigkeit i.S. von Art. 22 SchKG vor.
2.3 Der Appellationshof durfte somit willkürfrei davon ausgehen, dass es sich um eine gewöhnliche provisorische Rechtsöffnung nach Art. 82 SchKG handle und er sich mit der Einrede des fehlenden neuen Vermögens nicht auseinanderzusetzen habe.

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