Bundesgerichtsentscheid

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Bundesgerichtsentscheid 129 III 200 vom 10.01.2003

Dossiernummer:129 III 200
Datum:10.01.2003
Schlagwörter (i):Mehrwertsteuer; Konkurs; Verwertung; Steuer; Beschwerde; Mehrwertsteuerforderung; Grundstückgewinnsteuer; Verteilung; Verwertungskosten; Verteilungsliste; Beschwerdeführerin; Urteil; Grundstücks; SchKG; Erlös; Eidgenössischen; Steuerverwaltung; Schuldbetreibung; Seien; Recht; Schuldbetreibungs; Konkurskammer; Zusammenhang; Erwägungen; Verwaltungs; Ziffer; Behandlung; Obergericht; Aufsichtsbehörde; Rangprivilegierung

Rechtsnormen:

BGE: 120 III 153, 122 III 246

Artikel: Art. 262 SchKG , Art. 26 SchKG , Art. 6 MWSTG , Art. 69 MWSTG

Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Urteilskopf
129 III 200

33. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer i.S. Bank B. (Beschwerde)
7B.184/2002 vom 10. Januar 2003

Regeste
Mehrwertsteuer im Zusammenhang mit der Verwertung eines Grundstücks im Konkurs; Verteilung des Erlöses (Art. 262 SchKG).
Die Mehrwertsteuer, die bei der Verwertung eines Grundstücks anfällt, ist aus dem Erlös des betreffenden Grundstücks vorab zu decken (E. 2).

Erwägungen ab Seite 201
BGE 129 III 200 S. 201
Aus den Erwägungen:
1. Das Konkursamt Zug erstellte im Konkurs der R. AG am 13. Februar 2002 die Verteilungsliste bezüglich verschiedener in X. gelegener Grundstücke, an denen der Gemeinschuldnerin ein Miteigentumsanteil von einem Fünftel zugestanden hatte. Vom Steigerungserlös von Fr. 36'750.- wies es darin vorab Fr. 1'450.- sich selbst (Ziff. 1; Verwaltungs- und Verwertungskosten) und Fr. 1'214.- der Eidgenössischen Steuerverwaltung (Ziff. 2; Mehrwertsteuerforderung gemäss Abrechnung), den verbleibenden Betrag von Fr. 34'086.- der Bank B. als Grundpfandgläubigerin (Ziff. 3) zu.
Die von der Bank B. gegen Ziffer 2 der Verteilungsliste (Behandlung der Mehrwertsteuerforderung) erhobene Beschwerde wies das Obergericht (Justizkommission) des Kantons Zug als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs am 17. September 2002 ab.
Dieses Urteil nahm die Bank B. am 19. September 2002 in Empfang. Mit einer vom 27. September 2002 datierten und am 28. September 2002 zur Post gebrachten Eingabe führt sie (rechtzeitig) Beschwerde an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Sie verlangt, Ziffer 2 der Verteilungsliste aufzuheben und festzustellen, dass für die Mehrwertsteuerforderung der Eidgenössischen Steuerverwaltung keine Rangprivilegierung bestehe und jene in der 3. Klasse zu kollozieren sei.
(...)
2.
2.1 Das Obergericht geht davon aus, dass die Verwertung einer Liegenschaft eine steuerbare Lieferung im Sinne von Art. 5 lit. a in Verbindung mit den Art. 6 und 8 MWSTG (SR 641.20) darstelle. Die strittige Mehrwertsteuerforderung sei im Zwangsvollstreckungsverfahren, mit der Liquidation der Konkursmasse, begründet worden. Als öffentlichrechtliche Verpflichtung, die ihren Entstehungsgrund in einer Tatsache habe, die sich erst nach der Eröffnung des Konkurses verwirklicht habe, bilde sie nach der Rechtsprechung, die
BGE 129 III 200 S. 202
in BGE 120 III 153 E. 2b (S. 156) für die Grundstückgewinnsteuer bestätigt worden sei, eine Masseverbindlichkeit. In BGE 122 III 246 ff. habe das Bundesgericht festgehalten, dass die Grundstückgewinnsteuer bei genauerer Betrachtung unter die Kosten der Verwertung im Sinne von Art. 262 Abs. 2 SchKG falle; sie entstehe erst mit dem Zuschlag, weshalb sie wie andere Verwertungskosten vom Bruttoerlös abzuziehen und zu bezahlen sei, bevor der Nettoerlös an die Gläubiger verteilt werde.
Sodann hält die Vorinstanz dafür, dass aus der Sicht der hier gestellten Frage die massgeblichen Verhältnisse bei Mehrwertsteuer und Grundstückgewinnsteuer vergleichbar seien. Steuersubjekt und Steuerdestinatar, d.h. durch die Steuer definitiv belastete Person, hier die Konkursmasse, seien in beiden Fällen die gleichen. Unter den dargelegten Umständen sei nicht einzusehen, weshalb die beiden Steuern im Konkurs unterschiedlich zu behandeln sein sollten. Auch bei der durch die Zwangsverwertung einer Liegenschaft anfallenden Mehrwertsteuer handle es sich mithin um Massekosten, die vorab aus dem betreffenden Gesamterlös zu bezahlen seien. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin gehe es nicht um eine Rangprivilegierung der Eidgenössischen Steuerverwaltung gegenüber den Grundpfandgläubigern, für die eine gesetzliche Grundlage im Zivilgesetzbuch fehlen würde. In der angefochtenen Verteilungsliste sei die Mehrwertsteuer zwar nicht unter dem Titel "Verwertungskosten" aufgeführt, sondern als separate Position, doch ändere dies nichts daran, dass sie wie Betreibungskosten behandelt worden seien.
2.2 Die kantonale Aufsichtsbehörde hat die in Frage stehende Mehrwertsteuerforderung zu Recht als Verwertungskosten qualifiziert, die nach Art. 262 Abs. 2 SchKG aus dem Erlös der betreffenden Grundstücke vorab gedeckt werden. Was in der Beschwerde eingewendet wird, ist unbehelflich:
2.2.1 Die Ausführungen zur Sicherung und zum Vollzug von Mehrwertsteuerforderungen stossen von vornherein ins Leere. Die von der Beschwerdeführerin angerufenen Bestimmungen der Art. 69 ff. MWSTG beziehen sich auf Forderungen, die auf einem Tatbestand beruhen, der sich vor einem allfälligen Konkurs verwirklicht hat.
2.2.2 Dass es sich bei der Mehrwertsteuer im Gegensatz zur Grundstückgewinnsteuer um eine Konsumsteuer handelt, ist auf die hier massgebenden Kriterien ohne Einfluss. Aus dem gleichen Grund unbehelflich sind die Vorbringen, die Mehrwertsteuer werde nicht in einem ordentlichen Verfahren festgelegt und es handle sich
BGE 129 III 200 S. 203
bei ihr nicht um eine kantonale Steuer wie bei der Grundstückgewinnsteuer, sondern um eine Bundessteuer. Die Beschwerdeführerin zieht ferner in Zweifel, ob die strittige Mehrwertsteuerforderung tatsächlich durch die Zwangsverwertung ausgelöst worden sei. Das in diesem Zusammenhang Vorgebrachte betrifft Fragen des materiellen Steuerrechts, die zu entscheiden einzig die zuständigen Verwaltungsinstanzen, nicht aber die erkennende Kammer befugt sind. Was die Beschwerdeführerin schliesslich zum Begriff der Verwertungskosten ausführt, vermag ein Abweichen von der bisherigen Rechtsprechung zur Behandlung von Grundstückgewinnsteuer-Forderungen indessen nicht zu rechtfertigen.

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