1 BGE 122 IV 136 - Bundesgerichtsentscheid vom 10.04.1996

Entscheid des Bundesgerichts: 122 IV 136 vom 10.04.1996

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Sachverhalt des Entscheids 122 IV 136

Der Beschwerdeführer stellte seinen Personenwagen auf einer Abstellfläche beim Zürcher Hauptbahnhof ab, verliess das Fahrzeug, holte einen Freund ab und kehrte mit diesem zurück, lud das Gepäck in das Fahrzeug ein, liess den Freund einsteigen und fuhr weg. Das Vorschriftssignal "Halten verboten" mit dem Zusatz "ausgenommen Ein- und Aussteigenlassen" auf einer einzigen Tafel ist nicht missachtet, da der Fahrzeugführer das Halteverbot zum Zwecke des Ein- und Aussteigenlassens von Personen einhält.

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Details zum Bundesgerichtsentscheid von 10.04.1996

Dossiernummer:122 IV 136
Datum:10.04.1996
Schlagwörter (i):Aussteigen; Aussteigenlassen; Fahrzeug; Zusatz; Aussteigenlassen; Signal; Halten; Halteverbot; Wagen; Personen; Urteil; Nichtigkeitsbeschwerde; Tafel; Halteverbotssignal; Abstellfläche; Zürcher; Hauptbahnhof; Perronkopf; Gepäck; Vorschriftssignal; Sinne; Parkieren; Obergericht; Erwägungen; Verkehrsfläche; Ausnahmen; Fahrzeugs; Erlaubnisvorbehalt

Rechtsnormen:

Artikel: Art. 27 Abs. 1 und Art. 90 SVG , Art. 17 Abs. 1 und Art. 30 Abs. 1 SSV, Art. 30 Abs. 1 SSV, Art. 90 SVG , Art. 19 VRV , Art. 101 Abs. 7 SSV, Art. 30 Abs. 4 und Art. 65 Abs. 2 SSV, Art. 19 VRV , Art. 3 SVG

Kommentar:
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Entscheid des Bundesgerichts

Urteilskopf
122 IV 136

19. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 10. April 1996 i.S. J. gegen Polizeirichteramt der Stadt Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)

Regeste
Signal "Halten verboten" mit Zusatz "ausgenommen Ein- und Aussteigenlassen" (Art. 27 Abs. 1 und Art. 90 Ziff. 1 SVG, Art. 17 Abs. 1 und Art. 30 Abs. 1 SSV).
Der Zusatz "ausgenommen Ein- und Aussteigenlassen" zum Signal "Halten verboten" erlaubt es dem Führer nicht, das Fahrzeug zu verlassen, um beispielsweise im nahe gelegenen Bahnhof jemanden abzuholen (E. 1a).

Sachverhalt ab Seite 137
BGE 122 IV 136 S. 137
J. stellte seinen Personenwagen auf einer Abstellfläche beim Zürcher Hauptbahnhof ab. Er verliess das Fahrzeug, begab sich zum Perronkopf, holte dort einen Freund ab, kehrte mit diesem zum Wagen zurück, lud das Gepäck in das Fahrzeug, liess den Freund einsteigen und fuhr mit diesem weg. An der Abstellfläche ist das Vorschriftssignal "Halten verboten" mit dem Zusatz "ausgenommen Ein- und Aussteigenlassen" auf einer einzigen Tafel angebracht.
Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Zürich verurteilte J. wegen Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 SVG (SR 741.01) i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 19 Abs. 2 lit. a VRV (SR 741.11) sowie Art. 30 Abs. 1 SSV (SR 741.21), begangen durch Parkieren im Halteverbot, zu einer Busse von 60 Franken.
Das Obergericht des Kantons Zürich wies die von J. dagegen erhobene kantonale Nichtigkeitsbeschwerde ab.
J. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung, eventuell zur Neubeurteilung, an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Bei der Verkehrsfläche, auf welcher der Beschwerdeführer seinen Wagen abstellte, ist auf einer einzigen Tafel (im Sinne von Art. 101 Abs. 7 SSV i.V.m. Art. 63 Abs. 1 am Ende SSV) das Vorschriftssignal "Halten verboten" (Signal Nr. 2.49) mit dem Zusatz "ausgenommen Ein- und Aussteigenlassen" angebracht. Die Signalisationsverordnung sieht zwar lediglich Zusatztafeln
BGE 122 IV 136 S. 138
für zeitweilige Ausnahmen vom Halteverbot ausdrücklich vor (siehe Art. 30 Abs. 4 und Art. 65 Abs. 2 SSV, Tafel Nr. 5.10), doch sind auch andere Ausnahmen zulässig, wie sich unter anderem aus Art. 17 Abs. 1 SSV ergibt. Der Begriff des "Ein- und Aussteigenlassens" seinerseits wird beispielsweise in Art. 19 Abs. 1 VRV verwendet, wonach Parkieren das Abstellen des Fahrzeugs ist, das nicht bloss dem Ein- und Aussteigenlassen von Personen oder dem Güterumschlag dient.
Der Beschwerdeführer stellt denn auch nicht in Abrede, dass der fragliche Zusatz zum Halteverbotssignal zulässig ist. Er macht aber geltend, das ihm zur Last gelegte Verhalten sei durch den Erlaubnisvorbehalt "ausgenommen Ein- und Aussteigenlassen" unter der gebotenen Berücksichtigung der seines Erachtens massgebenden Gesichtspunkte (Verkehrssicherheit, Zweck der Verkehrsfläche, subjektive Umstände sowie Abstelldauer) gedeckt; daher habe er das Halteverbotssignal nicht missachtet.
a) Das Signal "Halten verboten" untersagt das freiwillige Halten (Art. 30 Abs. 1 SSV). Die Zusatztafel "ausgenommen Ein- und Aussteigenlassen" gestattet das Halten zum Zwecke des Ein- und Aussteigenlassens von Personen. Der Fahrzeugführer muss dabei zwar nicht im, aber beim Fahrzeug bleiben (siehe GIGER, Strassenverkehrsgesetz, 4. Aufl. 1985, S. 115 [zu Art. 37 SVG]). Er darf mithin aus dem Wagen aussteigen, um den Passagieren beim Ein- oder Aussteigen behilflich zu sein und ihr Gepäck im Kofferraum zu versorgen oder diesem zu entnehmen. Er darf sich unter Umständen auch einige Schritte vom Fahrzeug entfernen, um die Passagiere, insbesondere ältere oder gehbehinderte Personen, an einer geeigneten Stelle, etwa beim nahe gelegenen Eingang eines Gebäudes, in Empfang zu nehmen oder zu verabschieden.
Der Beschwerdeführer stellte seinen Wagen ab, entfernte sich und verschwand für einige Minuten im Zürcher Hauptbahnhof, um seinen Freund am Perronkopf abzuholen. Dieses Verlassen des Fahrzeugs ist durch den Erlaubnisvorbehalt "ausgenommen Ein- und Aussteigenlassen" zum Halteverbotssignal nicht gedeckt.

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